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Kreisschreiben des

eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes an die Kantonsregierungen betreffend Mehl- und Brotpreis.

(Vom 3. September 1937.)

Herr Regierungspräsident !

Herren Begierungsräte !

Das Departement hat am 2. September 1937 gestützt auf die ihm durch Art. 11, Abs. 3, des Bundesratsbeschlusses vom 14. Dezember 1936 betreffend die Verbilligung des Mehl- und Brotpreises erteilte Vollmacht eine Verfügung erlassen über die Herabsetzung des Vollmehlpreises um Fr. 3 je q und des Vollbrotpreises um 2 Bappen je Einkilolaib Bundbrot. Wir beehren uns, Ihnen anbei einige Exemplare dieser Verfügung zuzustellen mit dem Ersuchen, die erforderlichen Massnabmen zum Vollzuge treffen zu wollen. Die Handelsmüller sind durch die eidgenössische Getreideverwaltung direkt unterrichtet worden. Dagegen ersuchen wir Sie, soweit dies noch notwendig ist, dem Bäckergewerbe und den Brotverkaufsstellen Ihres Kantons in Ihnen geeignet erscheinender Weise die Bestimmungen der Verfügung vom 2. September 1937 bekanntzugeben. Weiter gestatten wir uns folgende Bemerkungen: 1. Die Vollbrotaktion ist da und dort durch alle möglichen Spezialbrote beeinträchtigt worden, die unter dem Namen «Bauernbrot», «pain de ménage» und dergleichen aufkamen. Diese Spezialbrote kommen hinsichtlich ihres Nährwertes nicht an das Vollbrot heran, da zu ihrer Herstellung Mehle verwendet werden, denen einerseits Weissmehl entzogen ist und die andererseits die vitaminreichen Nachmehle nicht mehr enthalten. Diese Spezialbrote sind aber etwas weisser als das Vollbrot, Grund genug für einen Teil der Brotverbraucher, sich vom dunkleren, aber vollwertigen Vollbrot weg dem helleren Spezialbrot zuzuwenden und dafür noch höhere Preise zu bezahlen als für das Vollbrot. Von einem Verbot dieser Spezialbrote wird Umgang genommen.

Man will dem Brotverbraucher in der Wahl seines Brotes volle Freiheit lassen.

Dagegen erwarten wir, dass die nun eingetretene weitere Verbilligung des Vollmehl- und des Vollbrotpreises viele Brotverbraucher wieder veranlassen werde, sich dem wertvolleren und dazu billigeren Vollbrot zuzuwenden. Es darf wohl angenommen werden, dass der Vollbrotverbrauch sich wieder erhöhen und in einem bestimmten, von Anfang an vorgesehenen Mindestumfang sich halten werde.

2. Dadurch, dass das Vollmehl im Preis von Fr. 29.50 auf Fr. 26.50 herabgesetzt wurde, wird zweifellos da und dort die Versuchung wieder grösser, Voll-

830 mehl zu Futterzwecken zu verwenden. Wir gestatten uns, das in Art. 4 des Bundesratsbeschlusses vom 14. Dezember 1986 enthaltene Verbot in Erinnerung zu rufen, Vollmehl zu Futterzwecken zu verarbeiten, zu veräussern, zu vermitteln oder zu verwenden. Es besteht auch heute noch ein grosses ·Interesse daran, das"s die Kantonsregierungen die Einhaltung des Verfütterungsverbotes für Vollmehl nachhaltig überwachen lassen.

3. Gemäss Art. 5, Abs. 3, des oben erwähnten Bundesratsbeschlusses ist das gewerbsmässige Verbacken von Vollmehl zusammen mit helleren Mehlen untersagt. In einzelnen Bäckerbetrieben wurde dieses Verbot dadurch umgangen, dass zum Hebeln des Vollbrotteiges Weissmehl oder Halbweissmehl verwendet wurde unter dem Vorwand, nur auf diese Weise ein Vollbrot von guter Qualität herstellen zu können. In andern Bäckerbetrieben wurde, angeblich um Arbeit zu sparen, für die Herstellung von Halbweiss- und Vollbrot nur ein Hebel aus Halbweissmehl angesetzt. Daraus ergaben sich Unzukömmlichkeiten, welche die eidgenössische Getreideverwaltung veranlassten, die Verwendung von Weissmehl und Halbweissmehl zum Hebeln des Vollbrotteiges zu verbieten. Die eidgenössische Fachkommission für Brotfragen hat den Standpunkt der Getreideverwaltung gebilligt. Die mit der Durchführung des Bundesratsbeschlusses vom 14. Dezember 1936 von Ihnen betrauten Departemente und Direktionen sind mit Kreisschreiben der Getreideverwaltung vom 15. April 1937 unterrichtet worden. Wir gestatten uns, die Bitte an Sie zu richten, die in Ihrem Kantonsgebiete niedergelassenen Bäckermeister in gutfindender Weise auf die Unzulässigkeit des gewerbsmässigen Verbackens von Vollmehl mit helleren Mehlen und der Verwendung von Halbweiss- oder Weissmehl zum Hebeln des Vollbrotteiges erneut hinzuweisen und die Beachtung dieser Vorschrift überwachen zu lassen.

4. Art. 10, Abs. 2, des Bundesratsbeschlusses vom 14. Dezember 1936 sieht vor, dass während der Geltungsdauer des Beschlusses die kantonalen Urteile, Strafbescheide der Verwaltungsbehörden und Einstellungsbeschlüsse, welche in Anwendung des Beschlusses oder seiner Ausführungsverordnungen ergehen, der eidgenössischen Getreideverwaltung in Bern ohne Verzug nach ihrem Erlass in vollständiger Ausfertigung unentgeltlich mitzuteilen sind. Wir erlauben uns, erneut darauf hinzuweisen und Sie zu
bitten, die Bestimmung den in Betracht kommenden Amtsstellen Ihres Kantons in gutscheinender Weise in Erinnerung zu rufen.

Genehmigen Sie, Herr Eegierungspräsident, Herren Begierungsräte, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 3. September 1937.

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Eidgenössisches

Volkswirtschaftsdepartement: Obrecht.

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Kreisschreiben des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes an die Kantonsregierungen betreffend Mehl- und Brotpreis. (Vom 3. September 1937.)

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1937

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36

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08.09.1937

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829-830

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