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3662 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreifend den Vertrag zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über die militärischen Pflichten gewisser Personen, die Doppelbürger sind.

(Vom 13. Dezember 1937.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Die Einziehung der Militärpflichtersatzsteuer von den in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässigen Schweizern stösst seit langem auf erhebliche Schwierigkeiten. Diese erklaren sich durch die Tatsache, dass viele unserer dortigen Landsleute, die auch das amerikanische Staatsbürgerrecht besitzen, in der Erfüllung ihrer Pflichten- gegenüber dem Heimatlande nur geringen Eifer an den Tag legen. In der Tat haben sie die Heimat meistens ohne Kückkehrabsicht verlassen und ihr ursprüngliches Staatsbürgerrecht lediglich auf Grund des wesentlich für unsere Gesetzgebung eigenartigen Grundsatzes -- häufig übrigens ohne ihr Wissen -- bewahrt, wonach das Schweizerbürgerrecht nur durch förmliche Entlassung verloren werden kann. Einer gewissen Anzahl dieser schweizerisch-amerikanischen Doppelbürger gelang es, das Interesse der Eegierung der Vereinigten Staaten für diese Angelegenheit zu wecken, und so kam es, dass verschiedentlich in dieser Frage Vorstellungen auf diplomatischem Wege gemacht wurden.

In diesem Zusammenhang lenkte insbesondere im Oktober 1981 die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten in Bern die Aufmerksamkeit des Bundesrates auf das Gewicht, das ihre Eegierung auf die Beseitigung dieser Schwierigkeiten durch den Abschluss eines Abkommens über Staatsangehörigkeit mit der Schweiz legte. Auf Grund dieses Abkommens sollte nämlich die Einbürgerung der Angehörigen des einen der beiden Staaten im andern ohne weiteres den Verlust des ursprünglichen Staatsbürgerrechtes zur Folge haben.

Nachdem dieser Vorschlag eingehend und nach allen Seiten hin geprüft worden war, liess der Bundesrat die Gesandtschaft der Vereinigten Staaten wissen, dass das in der Bundesverfassung verankerte Prinzip der Unverlierbarkeit des

466 Schweizerbürgerrechts ihm den Abschluss eines derartigen Abkommens nicht gestatte, dass er jedoch andererseits keine Bedenken gegen ein Übereinkommen hätte, das sich auf die Befreiung der Angehörigen beider Staaten, die Doppelbürger und auf dem Gebiete des einen von ihnen geboren und wohnhaft sind, von den militärischen Pflichten im andern beschränkte.

Im Mai 1936 benachrichtigte die Eegierung der Vereinigten Staaten den Bundesrat, dass sie grundsätzlich dem Gedanken des Abschlusses eines sich auf den zuletzt genannten Gegenstand beschränkenden Vertrags beipflichte; sie äusserte aber zugleich den Wunsch, dass die erwähnte Befreiung bereits auf die erste Generation Anwendung finde, damit sie den Amerikanern schweizerischer Abkunft, die in den Vereinigten Staaten naturalisiert wurden, zugute komme.

Der Bundesrat glaubte indessen, nicht so weit gehen zu können. In der Tat wäre es nicht angängig, dass ein Schweizerbürger sich seinen militärischen Verpflichtungen durch eine eigenmächtige Willenshandlung entziehen könnte.

Als Regel muss vielmehr gelten, dass diese Befreiung nur als die Folge eines vom Willen des Befreiten unabhängigen Tatbestandes eintreten kann. Dieser Eegel wird Genüge geleistet, wenn die Befreiung vom Militärdienst von dem Umstände abhängig gemacht wird, dass bereits der Vater einer in den Vereinigten Staaten geborenen Person das amerikanische Staatsbürgerrecht besass.

Ein dahingehender Vertrag, dessen Dauer auf drei Jahre bemessen ist und der alsdann sechs Monate zum voraus gekündigt werden kann, ist in Bern am 11. November 1937 von Herrn Bundespräsidenten Motta. Chef des Politischen Departements, und dem Gesandten der Vereinigten Staaten von Amerika unterzeichnet worden.

Wir sind überzeugt, dass dieser Vertrag der Schweiz keine irgendwie in Betracht kommende Leistung militärischer Art entziehen wird, denn er findet auf eine Kategorie von Landsleuten Anwendung, die schwerlich noch anders denn dem blossen Namen nach Schweizer sind und die zur Zahlung der Militärpflichtersatzsteuer wirksam anzuhalten kaum möglich war. Er ist andererseits dazu geeignet, einen Anlass zu häufigen Beschwerden der amerikanischen Behörden zu beseitigen. Unter diesen Umständen glauben wir, Ihnen empfehlen zu sollen, den beiliegenden Bundesbeschluss gutzuheissen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident,
hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 13. Dezember 1937.

Im. Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Motta.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des Vertrags zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über die militärischen Pflichten gewisser Personen, die Doppelbürger sind.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 18. Dezember 1937, beschliesst :

Art. 1.

Der in Bern am 11. November 1937 abgeschlossene Vertrag zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über die militärischen Pflichten gewisser Personen, die Doppelbürger sind, wird genehmigt.

Art. 2.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

468 Übersetzung.

Vertrag zwischen

der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika Über die militärischen Pflichten gewisser Personen, die Doppelbürger sind.

Der schweizerische Bundesrat

und der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika,

vom Wunsche geleitet, die militärischen Pflichten gewisser Personen, die sowohl das schweizerische ah da« amerikanische Bürgerrecht besitzen, zu regeln, haben beschlossen, zu diesem Behufe einen Vertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Der schweizerische Bundesrat:

Herrn Giuseppe Motta, Bundespräsidenten, Vorsteher des eidgenössischen Politischen Departements ; Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika:

Herrn Leland Harrison, ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Vereinigten Staaten von Amerika in Bern, welche, nachdem sie sich ihre in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten mitgeteilt haben, über folgende Bestimmungen übereingekommen sind: Artikel 1.

Eine auf dem Gebiet eines der beiden vertragsehliessenden Teile geborene Person, deren Eltern Angehörige des andern sind und -welche das Bürgerrecht dieser beiden Staaten besitzt und ihren üblichen Wohnsitz im Geburtsstaat hat, soll vom andern Staate selbst im Falle vorübergehenden Aufenthalts auf seinem Gebiete nicht zum Militärdienst oder zur Zahlung von ihn ersetzenden Abgaben angehalten werden. Wenn indessen dieser Aufenthalt über die Dauer

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von zwei Jahren hinaus ausgedehnt wird, soll er als ständig gelten, es sei denn, dass die betreffende Person ihre Absicht nachweisen kann, kurz nach Ablauf dieser Frist in ihr Geburtsland zurückzukehren.

Artikel 2.

Dieser Vertrag soll ratifiziert werden.

Er soll nach dem Austausch der Batifikationsurkunden in Kraft treten und drei Jahre lang wirksam bleiben. Nach Ablauf dieser Frist kann er von jedem der beiden vertragschliessenden Teile jederzeit sechs Monate zum voraus gekündigt werden.

Zu Urkund dessen haben die genannten Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Geschehen zu Bern, in zweifacher Ausfertigung, in französischer und englischer Sprache, am elften November eintausendneunhundertsiebenunddreissig.

L. S. (gez.) Motta.

L. S. (gez.) Leland Harrison.

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Bundesblatt.

89. Jahrg.

Bd. HI.

36

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Vertrag zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über die militärischen Pflichten gewisser Personen, die Doppelbürger sind. (Vom 13. Dezember 1937.)

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Jahr

1937

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

50

Cahier Numero Geschäftsnummer

3662

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.12.1937

Date Data Seite

465-469

Page Pagina Ref. No

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