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Bericht des

Bandesrates an die Bundesversammlung über die XVIII. Völkerbundsversammlung.

(Vom 20. Dezember 1937.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen nachstehend un?ern Bericht über die acht' zehnte ordentliche Tagung der Volkerbundsversammlung vorzulegen.

I. Einleitung.

Die regelmässige Wiederkehr der Versammlungen gehört wohl zu den besten Einrichtungen des Völkerbundes. Es ist ein unbedingter Vorteil, dass die Mitgliedstaaten alljährlich zur selben Zeit ihre Vertreter nach Genf schicken, um dort nicht nur die laufenden Geschäfte zu erledigen, sondern um vorab die wichtigsten Ereignisse der Weltpolitik prüfend zu durchgehen. Man hat so die Gewissheit, dass die Eegierungen ohne Eücksicht auf die Spannungen der internationalen Lage zu bestimmter Zeit am Sitz des Völkerbundes sich über die Mittel und Wege verständigen können, die geeignet sind, die Grundlagen des Friedens zu festigen und besonders die Gefahren zu bannen oder einzudämmen, denen neue Kriegsausbrüche die zivilisierte Welt aussetzen müssten. Diese öffentliche Gegenüberstellung von politischen Grundsätzen und Lehren ist natürlich kein Allheilmittel. Sie reicht nicht aus, um allen Schwierigkeiten zu begegnen und sämtlichen Konflikten ein Ende zu setzen.

Dessenungeachtet stellt sie ausserhalb des üblichen Wirkungskreises der Diplomatie ein anerkennenswertes und notwendiges Streben dar, die Gegensätze, die den Frieden bedrohen oder die bereits in einen bewaffneten Konflikt ausgeartet sind, nach besten Kräften zu verringern.

Die Aufgabe der Versammlung als Hüterin der Grundsätze des Völkerbundspaktes ist allerdings nicht leicht. Die Leidenschaften bleiben nicht aus, besonders wenn, wie dies bisweilen zutrifft, Staaten als Ankläger nach Genf

539 kommen, um ihre Sache, ob gut oder schlecht, vor dem Genfer Forum zu verteidigen. Ist die Versammlung, deren politische und weltanschauliche Ansichten völlig auseinandergehen können, auch nicht immer imstande, über die vor sie getragenen Streitigkeiten ein unparteiisches Urteil zu fallen, so war ihr Eingreifen immerbin schon der Anlass glücklicher Initiativen zur Aufrechterhaltung friedlicher Beziehungen, zur Beachtung des Völkerrechts und zur Wiederherstellung des Friedens.

Man konnte ihr mitunter ihre Machtlosigkeit vorhalten. Doch wird ihr kein wirklicher Kenner der internationalen Verhältnisse je zugemutet haben, Situationen schlichten zu können, die wegen politischer Leidenschaften oder Interessen vorübergehend unlösbar waren. Sie kann Mässigung empfehlen, Vergleiche vorschlagen, ein bestimmtes Verhalten als vertragswidrig verurteilen, und zu diesem Zwecke mag sie sich an die Staaten, ja sogar an die öffentliche Meinung wenden. Wahrend sich indessen ihre Zuständigkeit laut Völkerbundsvertrag auf alle Fragen erstreckt, die «den Frieden der Welt berühren», sind ihre Wirkungsmöglichkeiten, die meist nur auf der Überredung beruhen, beschränkt, und es wäre unvernünftig, mehr von ihr zu verlangen, als was sie mit den Mitteln tun kann, die ihr zu Gebote stehen. Die Versammlung besteht aus Vertretern der Eegierungen, und wenn die Eegierungen den Lauf gewisser bedauernswerter Ereignisse nicht zu hemmen imstande sind, so darf man von einer Zusammenkunft, die oft nur das Krafteergebnis der sich widersprechenden oder gar leidenschaftlich entgegengesetzten Meinungen ist, keine Wunder erwarten.

Auch von der diesjährigen Versammlung erwartete man nicht, dass sie aus eigener Kraft eine internationale Lage wieder aufrichte, die durch Rivalität und Misstrauen zwischen gewissen Landern getrübt ist und durch die Schrecken des Krieges heimgesucht wird, der zwei Staaten zugleich, nämlich Spanien und China, zum Schauplatz hat. Man konnte sich sogar fragen, ob die Auseinandersetzungen im Schosse der Versammlung nicht etwa Wunden aufrissen und Groll anfachten und dadurch die Feindseligkeiten, die die Länder zerrütten, noch verschärfen würden. Solche Befürchtungen waren nicht unbegründet. Man kennt die Unerbittlichkeit, womit in Spanien der Bruderkrieg andauert, und man weiss, dass dieser Krieg, statt sich
innerhalb geographisch bestimmter Grenzen zu halten, die Pyrenäen überschritt und dadurch eine ideologische Beunruhigung hervorrief, die von Land zu Land die Gemüter entflammt. Dieser Umstand trug wesentlich zur Erschwerung der Aufgabe bei, die der Versammlung dieses Jahr zufiel, und er setzte sie der Gefahr aus, dem Zufall gewisser Mehrheitsbildungen folgend Entscheidungen zu treffen, die geeignet sein könnten, auch ausserhalb Genfs die Gegensätze noch zuzuspitzen.

Noch bedrohlicher gestaltete sich diese verworrene und gefahrvolle Lage, als neue Feindseligkeiten ausbrachen, die von neuem den Boden Chinas mit Blut bedeckten. Der Krieg, der nach der Besetzung der Mandschurei und Jehols durch die japanischen Truppen abgeschlossen schien, lebte unversehens

540 wieder auf und überzog mit Feuer und Schwert die ganze Gegend zwischen der Grossen Mauer und dem Tale des Yiangtsekiang. Wieder beschuldigte China Japan des Angriffs, während dieses, wie im Jahre 1932, die Notwendigkeit geltend machte, seine wirtschaftlichen Belange in China mit Hilfe der Waffen verteidigen zu müssen.

Zu diesen beiden Schatten, die sich scharf vom friedlichen Beste der Welt abhoben, kam noch ein dritter, der vielleicht weniger tragisch war, aber bei allen Anhängern der internationalen Zusammenarbeit dennoch berechtigte Besorgnis und Bedauern hervorrief. Das Blatt über die Sanktionen gegen Italien ist umgewandt, doch sind nicht alle Spuren des grossen Konfliktes, der dem Völkerfrieden beinahe zum Verhängnis wurde, verwischt. Italien ist Mitglied des Völkerbundes geblieben, es nimmt aber nicht mehr an seinen Arbeiten teil. Sein Fernbleiben ist schwer tragbar für einen Völkerbund, dem schon die Mitwirkung mehrerer grosser Staaten fehlt und dem die Mitarbeit aller Gutgesinnten äusserst not tut, wenn er sich besser als bis anhin behaupten will.

Was sollte die Versammlung in dieser fast unentwirrbaren Verstrickung entgegengesetzter Ideen und Interessen tun? Vermochte sie eher mässigend zu wirken oder stand zu befürchten, dass sie die allgemeine Verwirrung noch durch unangebrachtes Einschreiten vermehren würde? Wie sollte sie ihre Friedensrolle auffassen ?

Die Antwort hierauf dürfte sich, wie wir hoffen, mit genügender Klarheit aus dem vorliegenden Bericht ergeben.

II. Ausserordentliche Yersammlimg zur Entscheidung über das Aufnahmegesuch Ägyptens.

Bevor wir mit dem Berichte über die Tätigkeit der XVIII. Tagung der Versammlung beginnen, müssen wir einige Worte über die im vergangenen Frühling zur Aufnahme Ägyptens einberufene ausserordentliche Versammlung sagen. Der Bundesrat hatte sich angesichts der Kürze der Tagesordnung -- es sollte noch eine Wahl in den Ständigen Internationalen Gerichtshof dazukommen -- nur durch einen Delegierten, nämlich Bundespräsident Giuseppe Motta, den Vorsteher des Politischen Departements, und einen Ersatzdelegierten, Legationsrat Camille Gorgé, Chef der Vólkerbundssektioii am gleichen Departement, vertreten lassen.

Die Versammlung wählte den türkischen Minister des Auswärtigen, Eüstü Aras, zum Präsidenten. Da keine abessinische Delegation zu dieser Tagung erschienen war, kam die abessinische Frage nicht zur Sprache. Der polnische Delegierte legte jedoch Wert darauf, nach Verlesung des Berichtes der Vollmachtenprüfungskommission zu bemerken, dass seine Begierung die Frage als gelost betrachte, und zwar in dem Sinne, dass die tatsächliche Sij tuation keinen Zweifel mehr am Nichtbestehen eines abessmischen Staates

541 aufkommen lasse. Diese Ausführungen riefen einer Erwiderung der mexikanischen Abordnung, die betonte, dass «jede Absicht, die den Ausschluss eines Mitgliedstaates aus dem Völkerbund bezwecke», ihrem Widerspruch begegnen würde.

Mit Schreiben vom 4. und 16. März 1937 hatte Ägypten den Wunsch ausgesprochen, in den Völkerbund aufgenommen zu werden. Niemand zweifelte daran, dass diesem Wunsch entsprochen würde. Zahlreiche Eegierungen, darunter insbesondere auch der Bundesrat, hatten der Eegierung von Kairo erklären lassen, dass sie den Beitritt Ägyptens zum Völkerbund freudig begrüssen würden. Die ägyptische Mitarbeit in Genf sei geeignet, den Grundsatz der Universalität zu febtigen und derart beizutragen, dass der Völkerbund, den die Ereignisse der vergangenen Jahre beträchtlich erschüttert hätten, wieder an Ansehen gewinne.

Alle sechsundvierzig an der Versammlung vertretenen Staaten stimmten für die Zulassung Ägyptens. Nach Aufnahme der ägyptischen Delegation ergriffen zahlreiche Bedner das Wort, um den neuen Mitgliedstaat willkommen zu heissen. Herr Motta erinnerte daran, dass die Schweiz und Irak die ersten Länder gewesen seien, die «der ägyptischen Eegierung den Wunsch unterbreitet hatten, sie möchte offiziell den Antrag zum Eintritt in unsere grosse Institution stellen». Er betonte bei gleichem Anlass, wie viel uns am Grundsatz der Universalität gelegen sei. «Immer wieder und mit vermehrtem Nachdruck werden wir den Wunsch bekunden, es möchten alle Staaten nach Genf kommen oder dorthin zurückkehren», erklärte der Vorsteher des Politischen Departements. «Wir sind entschiedene Gegner jeder Art ideologischer Blockbildung.

Die Politik solcher Bündnisse scheint uns auf internationalem Boden die schlimmste von allen. Wir sind ein demokratisches Land, das auf freiheitlichen Grundsätzen aufgebaut ist, aber nichts wird uns daran hindern können, in Eintracht, Freundschaft und Zusammenarbeit mit allen Staaten zu leben, die sich nicht widerrechtlich in unsere innern Angelegenheiten einmischen, insbesondere auch mit denjenigen, deren politische Einrichtungen am meisten von den unsrigen abweichen.» In einer dritten und letzten Sitzung ernannten Versammlung und Eat, die gleichzeitig tagten, Herrn Charles de Visscher (Belgien) zum Bichter am Ständigen Internationalen Gerichtshof an Stelle des verstorbenen Grafen Eolin- Jaequemyns.

III. Tagesordnung der Versammlung und Instruktionen der schweizerischen Delegation.

Die schweizerische Delegation wies bis auf zwei Ausnahmen dieselbe Zusammensetzung auf wie im Vorjahr. Herr Nationalrat Wilhelm Meile, in Basel, ersetzte den im vergangenen Jahr leider verstorbenen Herrn Schneller; sodann wurde der Delegation eine weibliche Sachverständige für soziale und

542 humanitäre Fragen in Fräulein Suzanne Ferrière, Mitglied des internationalen Eotkreuzkomitees, zugeteilt. Mit diesem weiteren Mitglied war die Delegation besser in der Lage, den mannigfachen Aufgaben einer Versammlung zu genügen 1).

Die Tagesordnung enthielt wenig neue Fragen. Dies war auch nicht notwendig, da zahlreiche und umfassende Probleme gewissermassen ständig auf der Traktandenliste der Versammlung stehen. Das gilt zum Beispiel für die wirtschaftlichen und finanziellen Fragen, deren grosse Bedeutung nicht besonders betont zu werden braucht, oder für gewisse politische und Wohlfahrtsfragen, wie das Flüchtlingsproblem, auf dessen Wichtigkeit nicht genug hingewiesen werden kann. Eine gewisse Dürftigkeit der Tagesordnung muss indessen zugegeben werden; sie erklärt sich nur zu gut aus der Schwierigkeit, in einer uneinigen Welt wie heute die Initiative zu aufbauenden Massnahmen zu ergreifen. Das Ausbleiben jedes neuen Vorschlages, der geeignet sein könnte, in dieser oder jener Hinsicht die Ordnung des internationalen Lebens zu verbessern, ist ein aulfallendes Merkmal der letzten Versammlungen.

Nachdem die wichtigsten Traktanden der Versammlung durch die bundesrätliche Delegation für Auswärtiges und durch die schweizerische Delegation in gemeinsamer Sitzung geprüft worden waren, hatte der Bundesrat auf Antrag des Politischen Departements beschlossen, folgende Instruktionen zuhanden seiner Vertreter in Genf zu erlassen: 1. Allgemeine Haltung der Delegation. -- Die Delegation wird sich von denselben Grundsätzen wie früher leiten lassen.

2. Revision des Völkerbundsvertrages. -- Da dieses Problem noch keine gründliche Behandlung erfahren hat, werden die letztjährigen Instruktionen bestätigt.

3. Zusammensetzung des Rates. -- Die Delegation wird an den Grundsätzen festhalten, die vom Bundesrat 1933 aufgestellt und in den letztjährigen Instruktionen aufgeführt worden sind.

*) Die Delegation setzte sich wie folgt zusammen: Delegierte: Herr Bundesrat Giuseppe Motta, Chef des Politischen Departements; Herr William Bappard, Direktor des Universitätsinstituts für höhere internationale Studien, in Genf; Herr Walter Stucki, Nationalrat, bevollmächtigter Minister, Delegierter des Bundesrates für den Aussenhandel in Bern.

Stellvertretende Delegierte: Herr Ständerat Emil Klo ti, in Zürich; Herr Nationalrat
Wilhelm Meile, in Basel; Herr Legationsrat Camille Gorgé, Chef der Sektion für Völkerbund beim Politischen Departement, der zugleich als Generalsekretär der Delegation amtete, in Bern.

Sekretär:

Herr Jacques-Albert Cuttat, juristischer Beamter beim Politischen Departement, in Bern.

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4. Eechtliche Stellung der Frau. -- Auf diesem Gebiet, das vor allem in die ausschliessliche Zuständigkeit jedes Staates fällt, wird weiterhin äusserste Vorsicht geübt.

5. Flüchtlingshilfe. -- Es kann nicht davon die Eede sein, das von Fridtjof Nansen unternommene Werk preiszugeben, während noch sehr viele Flüchtlinge in bedrängter Lage sind. Der Völkerbund muss es nach wie vor ah seine Pflicht betrachten, diesen Opfern des Weltkrieges seine Fürsorge angedeihen zu lassen.

Die schweizerische Delegation wird sich in dieser Hinsicht ausschliesslich von humanitären Erwägungen leiten lassen und sich jedem Vorschlag und jeder Initiative anschliessen. die den Zweck verfolgen, die bisherige Tätigkeit zugunsten der Flüchtlinge auf internationaler Grundlage aufrechtzuerhalten.

6. Sklaverei. -- Als Unterzeichner des Abkommens vom 25. September 1926 und in Übereinstimmung mit ihren besten Traditionen nimmt die Schweiz regen Anteil an allem, was Völkerbund und Eegierungen getan haben und noch tun werden, um diese soziale Anomalie in den Gebieten, wo sie noch besteht, zu beseitigen.

7. Technische Organisation. -- Wie bisher wird die Delegation die Stellungnahme der zuständigen Departemente zur Eichtschnur nehmen.

8. Rechnung und Voranschlag. -- Die Delegation kann die geprüfte Eechnung für das Amtsjahr 1936 billigen und dem Voranschlag für 1938 zustimmen, unter Vorbehalt der sich im Laute der Beratungen als zweckmässig oder notwendig erweisenden Verbesserungen.

9. Bückständige Zahlungen. -- Die Delegation wird selbstverständlich jeder Massnahme beipflichten, die vorgeschlagen wird, um diese Frage durch Vereinbarungen mit den Schuldnerstaaten endgültig zu regeln.

10. Kontrollkommission. -- Wie schon öfters wird die Delegation für die Anwendung des Grundsatzes des tatsächlichen Wechsels eintreten bei Wahlen in eine Kommission, die in den Grenzen ihres Auftrages die Völkerbundsversammlung vertritt.

11. Wahlen in den Eat und in den Ständigen Internationalen Gerichtshof. -- Nötigenfalls werden der Delegation später besondere Instruktionen erteilt.

IV. Eröffnung der Versammlung und allgemeine Aussprache.

Die Versammlung wurde Montag den 13. September eröffnet. Es waren wie letztes Jahr zweiundfünfzig Staaten vertreten. Der Negus hatte keine Delegation nach Genf geschickt, so dass die abessinische Frage nicht aufgerollt wurde. Nach Prüfung der Vollmachten bestellte die Versammlung zum erstenmal den sogenannten Bewerbungsausschuss1). Dieser schlug Aga Khan (Indien) zum Vorsitzenden der Versammlung vor. Der Antrag wurde in geheimer Abstimmung einhellig angenommen. Hierauf bestellte die !) Siehe den letztjährigen Bericht, Bundesbl. 1936, Bd. III, S. 492.

544 Versammlung ihr Bureau nach den Vorschlägen des Bewerbungsausschusses 1).

Herr Motta wurde in seiner Eigenschaft als Bundespräsident mit dem Ehrenvorsitz der Versammlung betraut.

Nach Erledigung dieser formellen Geschäfte begann die Versammlung übungsgemäss mit der allgemeinen Aussprache über die vom Völkerbund im verflossenen Jahr geleistete Arbeit. Die Beratung war etwas weniger ausgiebig als im Vorjahr; immerhin meldeten sich vierundzwanzig Eedner zum Wort. Es wurden wohl sämtliche Fragen berührt, die heute die Welt beschäftigen, sei es auf politischem und rechtlichem oder auf wirtschaftlichem, sozialem und humanitärem Gebiet.

Bei den politischen Fragen sprachen zahlreiche Delegierte ihr Bedauern über die Ereignisse im Fernen Osten aus. Einige verurteilten offen die japanische Aktion in China; andere bedauerten, dass der Völkerbund dieser Tatsache machtlos gegenüberstehe, oder gaben der Hoffnung Ausdruck, dass diesem erneuten Blutvergiessen bald Einhalt geboten werde. Der Vertreter Chinas berichtete über die Entwicklung der Feindseligkeiten und trat, wie erwartet, energisch auf gegen das, was er als einen neuen Angriff Japans auf sein Land bezeichnete. Der Vertreter Australiens machte kein Hehl daraus, dass es in einem Konflikt dieser Art schon aus rein geographischen Gründen aussichtslos wäre, die Anwendung von Sanktionen gegen den als Angreifer erkannten Staat in Betracht zu ziehen. Die einzige sofort durchführbare Massnahme sei seines Erachtens die Einberufung einer Konferenz der unmittelbar an den Ereignissen in China beteiligten Länder, also der Vertragsparteien des am 6. Februar 1922 in Washington unterzeichneten Neunmächtevertrags.

In bezug auf Spanien erläuterten die Vertreter Frankreichs und Englands ihre Nichteinmischungspolitik und suchten sie zu rechtfertigen. Andere Länder hingegen, wie Spanien, U. S. S. E. und Mexiko, gaben der Meinung Ausdruck, diese Politik sei enttäuschend gewesen und habe sich übrigens als indirekte Unterstützung der Nationalisten in ihrem Kampf gegen die Eegierung von Valencia erwiesen. Sie machten dem Völkerbund bittere Vorwürfe wegen seiner Untätigkeit gegenüber dem, was sie als eine Einmischung Deutschlands und Italiens in die spanischen Angelegenheiten betrachteten. Auch der Vertreter Norwegens bedauerte die Passivität des Völkerbundes; er hätte
gewünscht, dass dieser die beiden kämpfenden Parteien wenigstens aufgefordert hätte, in einen Waffenstillstand einzuwilligen, auf Grund dessen «eine Volksabstimmung über die Frage der Landesverfassung» unter Aufsicht des Völkerbundes vorgenommen worden wäre.

Die Palästinafrage gab einigen Ländern Gelegenheit, gegen den von der britischen Eegierung befürworteten Teilungsvorschlag aufzutreten. Die Ver1 ) Das Bureau bestand, abgesehen vom Vorsitzenden, aus dem Ehrenpräsidenten, den Vorsitzenden der sechs grossen Kommissionen, dem Vorsitzenden der Kommission zur Prüfung der Vollmachten, dem Vorsitzenden der Tagesordnungskornmission, sowie aus den zu Vize-Präsidenten ernannten Vertretern der sechs folgenden Staaten : Vereinigtes Königreich, Frankreich, U. S. S. B., Polen, Türkei, Irland.

545 treter Ägyptens und Iraks erklärten diese Teilung als unvereinbar «mit den natürlichen und heiligen Bechten der Araber». Es wurde gesagt, dass dies auf die Schaffung «zweier feindlicher, haltloser und lebensunfähiger Kleinstaaten» herauskäme. Die Frage der jüdischen Heimstätte könne im Eahmen des Staates Palästina zu allseitiger Befriedigung gelöst werden.

Einige Abgeordnete sprachen ihre Befriedigung darüber aus, dass die Abrüstungsfrage auf der Tagesordnung der Versammlung stehen blieb. Nach Ansicht des norwegischen Delegierten hätte es verheerend auf die öffentliche Meinung gewirkt, wenn man auf die Befassung mit dieser Frage verzichtet hätte. Der Vertreter Englands gab von neuem die Einstellung seines Landes zu diesem beängstigenden Problem bekannt. Das Vereinigte Königreich ist nach wie vor bereit, die Verhandlungen zur Beschränkung und Herabsetzung der Eüstungen jederzeit wieder aufzunehmen, doch war es bis auf weiteres genötigt, für seine eigene Sicherheit zu sorgen. Für diesen Zweck wird das englische Volk keine Ausgabe scheuen. Darüber mag man sich Eechenschaft geben, wenn man bedenkt, dass die drei letzten, zu Ende geführten oder in Ausführung begriffenen Seerüstungsprogramme insgesamt 130 Millionen Pfund gekostet haben, erklärte Herr Eden.

Die Eevision des Völkerbundsvertrages, die bekanntlich von einer frühem Versammlung grundsätzlich beschlossen worden war, wurde von verschiedenen Seiten wieder aufgegriffen. Die Eedner äusserten den Wunsch, die hierüber begonnenen Arbeiten möchten mit mehr Beschleunigung fortgesetzt werden.

Der Vertreter Chiles, Herr Edwards, betonte mit Nachdruck die Notwendigkeit, die Bemühungen für die Universalität des Völkerbundes zu verdoppeln. Er erklärte, dass die Hauptschuld an der Schwäche und an der politischen Unwirksamkeit des Völkerbundes in der mangelnden Universalität liege. «Das einzig rasche, ehrliche und ernsthafte» Mittel, um den Völkerbund aus der Erlahmung, die sich in politischer Hinsicht seiner bemächtigt hat, zu befreien, bestehe darin, dass man die Nichtmitgliedstaaten auffordere, ihre Auffassung über die Paktreformen und über die Maßnahmen mitzuteilen, die geeignet wären, sie für die Mitarbeit am grossen Friedenswerk zu gewinnen. Er vues darauf hin, dass vier grosse Länder dem Völkerbund nicht angehören (Deutschland, Brasilien, die
Vereinigten Staaten und Japan) und dass ferner sechs Staaten Lateinamerikas nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten (Costa Eica, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Paraguay und Salvador). Die Sezessionsbewegung, die dem Völkerbund gegenüber eingesetzt hat, kann noch um sich greifen; nach Ansicht der chilenischen Eegierung ist es höchste Zeit, auf Mittel bedacht zu sein, um diese Bewegung aufzuhalten.

Der erste Vertreter Eumäniens hielt die Eevision des Völkerbundsvertrages nicht für angebracht. Das Gerüst des Paktes sei stark genug. Was not tue, seien die erforderlichen Massnahmen, um den gegenwärtigen Bestimmungen des Vertrags volle Geltung zu verschaffen. Die sowjetrussische Delegation bestritt sogar jede Zweckmäßigkeit der chilenischen Anregung. Nach Ansicht von Herrn Litwinoff wäre die vorgesehene Einladung nutzlos, da man in den Bundesblatt. 89. Jahrg. Bd. III.

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meisten Fällen die Gründe bereits kennt, die gewisse Staaten von Genf fernhalten. Diese Staaten könnten ihre Mitarbeit im Völkerbund zudem an unannehmbare Bedingungen knüpfen. Worauf der Delegierte Perus erwiderte: «Diese Auffassung präjudiziert eigenwillig das, was geschehen soll, und sie ist überdies aus zweifachem Grunde nicht stichhaltig: einerseits sind die jetzigen Mitglieder des Völkerbundes durchaus nicht verpflichtet, die Anregungen oder Forderungen dieser Staaten anzunehmen; andererseits ist es möglich, ... dass die Staaten keineswegs eine Haltung einnehmen werden, die sie als Gegner der internationalen Rechtsordnung erscheinen lâsst.» Von verschiedenen Delegationen wurde auch bedauert, dass ein beschränkter Ausschuss von achtundzwanzig Mitgliedern mit der Frage der Abänderung des Völkerbundsvertrags betraut worden war. Peru vertrat die Ansicht, es sollten alle Staaten ständig an seinen Arbeiten teilnehmen können. Ungarn erklärte, dass es zur Leistung fruchtbarer Arbeit auf diesem Gebiete von grösster Wichtigkeit sei, einen gerechten Ausgleich zwischen den vorbeugenden und den strafenden Bestimmungen des Völkerbundsvertrages zu schaffen. « . . . Die Zukunft des Bundes und der Weltfriede werden davon abhängen, wie dem Achtundzwanziger Ausschuss die Lösung dieser Frage gelingt, denn nur mit Zwangs- und Strafmassnahmen wird der Völkerbund niemals den Frieden unter den Nationen sichern können», sagte General Tanczos.

Einige Vertreter Lateinamerikas befürworteten das System der Begionalabkommen, das ihres Erachtens, im Eahmen des Völkerbundes und der panamerikanischen Union, die besten Ergebnisse zur Erhaltung des Friedens zeitigen könnte. «Derartige Vereinbarungen oder Verbindungen», hob der Delegierte der Dominikanischen Republik hervor, «vermöchten die Bückkehr oder zumindest die -- auch nur mittelbare -- Mitarbeit einiger Nichtmitgliedstaaten zu sichern, was zugleich der Universalität des Völkerbundes förderlich wäre.» Andere Vertreter desselben Kontinents hielten dem Völkerbund sein allzu europäisches Gepräge vor. Das lateinisch-amerikanische Festland ziehe zu wenig Nutzen aus der technischen Tätigkeit des Völkerbundes; es müsse in dieser Sichtung etwas unternommen werden.

Was das Gebiet der sozialen und Wohlfahrtsfragen betrifft, stand ein Problem von grosser Bedeutung auf der Tagesordnung:
die Liquidierung und Neugestaltung des Fluchtlingswerks. Der Vertreter Norwegens richtete vom Rednerpult aus die Bitte an die Versammlung, die rund 600 000 in der Welt zerstreuten Flüchtlinge, die heute ein kümmerlicheres Leben denn je fristen, nicht ihrem Schicksal zu überlassen. Es wäre ein grosser Fehler, der bisher auf diesem Gebiet entfalteten Tätigkeit den Piiegel vorzuschieben; denn diese wohltätige Wirksamkeit war für den Volkerbund «eine ständige Quelle hohen Ansehens», ein Ansehen, das ihm nach so manchem Misserfolg doppelt not tut. «Zudem trägt ihm dieses Wirken», wie Herr Koht betonte, «die Erkenntlichkeit Tausender von Unglücklichen ein, die eine durch die politischen Gegensätze und vom Hass und den Verfolgungen feindlicher Parteien und verschiedener Eassen geschaffene Klasse von Parias bilden».

547 Auch die wirtschaftlichen und finanziellen Fragen tauchten wiederholt in der allgemeinen Beratung auf. Herr Eden (Grossbritannien) rechtfertigte die gemässigte Schutzpolitik seiner Eegierung. Er wies auf die Anstrengungen hin, die sein Land gemacht hatte, um den Handel mehr und mehr seiner Schranken zu entledigen und dem internationalen Austausch neuen Antrieb zu verleihen. Er benützte diesen Anlass, um den Wert der Bemühungen des Völkerbundes um das Eohstoffproblem hervorzuheben und betonte nachdrücklich, dass diese Frage im Grunde keine Kolonialfrage sei. Alle Kolonialgebiete zusammen erzeugten nämlich keine 3 % der Eohstoffe der Welt. «In Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Eohstoffkommission», fügte Herr Eden hinzu, «ist die Eegierung seiner Majestät bereit, als Beitrag zu dem, was gegenwärtig zur wirtschaftlichen und politischen Befriedung und zur Belebung des internationalen Handels unternommen wird --jedoch vorbehaltlich der Bevorzugung der Kolonien --. Besprechungen mit jedem Lande zu führen, das die Eegierung des Vereinigten Königreichs um Milderung dieser oder jener Vorzugsbehandlung iinselbständiger Kolonialgebiete ersucht, sofern erwiesen ist, dass diese Behandlung dem internationalen Austausch unberechtigte Schranken aiif erlegt.» Herr Bruce (Australien) hob hervor, dass die politischen Schwierigkeiten seines Bedünkens zum grossen Teil wirtschaftlich bedingt seien. Um eine neue Stimmung in der Welt zu schaffen, sollte überall die Lebenshaltung erhöht und zu diesem Zwecke vor allem die Ernährung verbessert werden. Über die vom Völkerbund auf letzterem Gebiete geleistete Arbeit sprach er seine volle Anerkennung aus. Zahlreiche Länder beschäftigen sich heute mit der Frage des Ernährungsstandes ihrer Bevölkerung. Der Völkerbund hat seine Bemühungen hierin fortzusetzen. Für den australischen Delegierten liegen «Sinn und Zweck der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Ländern gerade darin, dass diese Zusammenarbeit unerlässlich ist, um die wirtschaftlichen Verhältnisse auf der ganzen Welt zu verbessern und das Los der Völker im allgemeinen glücklicher zu gestalten».

T. Tätigkeit der Kommissionen ').

A. Studienkommission für die Europäische Union.

Auf Antrag des Bureaus hatte die Versammlung beschlossen, für das kommende Amtsjahr den Auftrag dieser Kommission zu erneuern und die Frage auf die Tagesordnung zu setzen. Gestützt auf diesen Beschluss und auf Wunsch der griechischen Delegation wurde die Kommission durch ihren !) Die Schweiz war wie folgt in den verschiedenen Kommissionen vertreten: I. Kommission: Herr Gorgé (Stellvertreter: Herr Klöti), II. Kommission: Herr Stuoki (Stellvertreter: Herr Rappard), Herr Meile III. Kommission: Herr Motta (Stellvertreter: Herr Gorgé), IV. Kommission: Herr Rappard (Stellvertreter: Herr Gorgé), V. Kommission: Herr Klóti (Stellvertreter: Frl. Perrière), VI. Kommission: Herr Motta (Stellvertreter: Herr Meile).

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Vorsitzenden, Herrn Herriot (Frankreich), «zu beratendem Zwecke» einberufen.

Sie hielt eine einzige Sitzung ab, zu deren Beginn sie ihr Bureau wiederwählte, das sich aus dem Präsidenten Herriot und den Vizepräsidenten Motta und Politis (Griechenland) zusammensetzt. Der Vertreter Griechenlands, Herr Polyohroniadis, legte die Grunde dar, die seine Eegierung zu diesem Schritt veranlasst hatten. Die Festigung des Friedens erheischt eine «planmässige, ständige und vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Staaten des Kontinents».

Nach Ansicht der griechischen Eegierung könnte im Bereich der geistigen Zusammenarbeit und auf wirtschaftlichem Gebiet ein neuer Annäherungsversuch unternommen werden; man könnte insbesondere die Frage der «Vermehrung der Zollerleichterungen zur Erweiterung des Güteraustausches» prüfen. Der belgische Delegierte wandte ein, die Behandlung dieser zwei Fragen sei bereits Gegenstand anderer Völkerbundsorgane, und es sei nicht ratsam, eine solche Doppelspurigkeit anzubahnen. Herr Litwinoff (U. S. S. E.)

hielte es angesichts der zunehmenden Vorliebe für Eegionalabkommen für wünschbar, dass auch Europa seine Zusammenkünfte habe, «in denen die gleichen Probleme erörtert würden, wie sie im Schosse der grossen internationalen Konferenzen des Völkerbundes oder in der Versammlung zur Sprache kommen». Dieselbe Ansicht wurde vom französischen Delegierten Paul-Boncour vertreten.

Hinsichtlich der geistigen Zusammenarbeit machte der Vorsitzende die Anregung, die Kommission sollte sich mit der Arbeitslosigkeit der Intellektuellen sowie mit den «materiellen Hindernissen, die die Fühlungnahme unter den Intellektuellen erschweren», befassen. Diese Anregung rief beim britischen Delegierten Bedenken hervor. Herr Elliot fragte sich, ob für den Fall, dass die Studienkommission für die Europäische Union zum Schlüsse gelangen sollte, es handle sich hier um die zwei grossen, an erster Stelle zu erörternden europäischen Probleme, nicht die Gefahr bestünde, dass dieses Ergebnis weder als des Augenblicks noch als Europas würdig beurteilt würde?

Nach kurzer Beratung wurde das Bureau eingeladen, «im Einverständnis mit dem Völkerbundssekretariat eine Tagesordnung für seine nächste Sitzung auszuarbeiten, welche die Besprechung der eigentlich europäischen Fragen vorsieht». Ferner ersuchte die Kommission ihre
Mitglieder, «die Anregungen, die sie in diesem Zusammenhang vorzubringen hätten, dem Bureau zuzustellen». Es wurde endlich beschlossen, die Kommission noch vor einer Tagung des Eates oder der Versammlung einzuberufen; dies je nach den Arbeiten, die auszuführen sein würden auf Grund der Vorschläge, welche nach Befragung der der Kommission angehörenden Eegierungen einlaufen werden 1).

B. Rechtliche Fragen.

Wie im vorigen Jahr werden wir über die Fragen, die von der ersten Kommission behandelt wurden, und über diejenigen, welche sich auf die Bevision des Völkerbundsvertrags beziehen, getrennt berichten.

1 ) Siehe Eesolution in der Beilage, S. 613.

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1. Tätigkeit der ersten Kommission.

Die Kommission hatte dieses Jahr eine verhältnismässig kurze Tagesordnung. Sie hatte sich nur mit zwei grundsätrlichen Fragen zu befassen, während die andern Punkte für die zu fassenden Beschlüsse keiner Yorberatung bedurften.

a. Vorzeitige Zusammenkunft der Finanzkommission.---Es -wurde beschlossen, die seit 1933 'bestehende Vorschrift für die Jahre 1938 und 1939 aufrechtzuerhalten l).

b. Internationales Homer I-nstitut zur Vereinheitlichung des Privatrechts. -- Die Kommission nahm diskussionslos einen Bericht über die interessante Tätigkeit dieses Instituts im vergangenen Jahre zur Kenntnis. Das Institut hat zwei Vorentwürfe zu einheitlichen Gesetzen ausgearbeitet; der eine betrifft den Warenverkauf, der andere die Haftung der Hotelbesitzer. Ein Sachverständigenausschuss prüft gegenwärtig den Vorentwurf zu einem einheitlichen Gesetze über den Vertragsabschluss unter Abwesenden, sowie einen entsprechenden Entwurf über den Vertragsabschluss in Stellvertretung. Ferner sind über die privatrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit, über die zivilrechtliche Haftung und den Versicherungszwang der Automobilisten, sowie über die Erfüllung der Unterstützungspflicht im Ausland und über internationale Anleihensverträge weitere Vorentwürfe zu einheitlichen Gesetzen in Bearbeitung. Das Institut hat sich auch mit dem Problem des geistigen Eigentums sowie mit der Vorbereitung eines universellen Statuts des Urheberrechts befasst.

Angesichts der Bedeutung dieser Arbeiten beschloss die Kommission, die Tätigkeit des Instituts inskünftig alljährlich auf die Tagesordnung der Versammlung zu setzen 2).

o. Stellung der Staaten, die aus dem Völkerbund ausgetreten sind, ohne ihre Beiträge ganz entrichtet zu haben. -- Diese Frage wurde auf Ersuchen der VI. Kommission behandelt. Anlass dazu hatte besonders Paraguay gegeben, das laut früherem Beschluss seinen finanziellen Verpflichtungen vor Austritt aus dem Völkerbund nachzukommen gehabt hätte. Nach Absatz 3 des Artikels l des Völkerbunds Vertrages kann nämlich «jedes Mitglied des Völkerbundes ...

zwei Jahre nach erfolgter Kündigung vom Bund zurücktreten, vorausgesetzt, dass es im Augenblick des Bücktritts alle seine internationalen Verpflichtungen, einschliesslich der in diesem Völkerbundsvertrag niedergelegten, erfüllt hat».

Wörtlich
ausgelegt müsste diese Bestimmung bedeuten, dass ein Staat nicht als ausgeschieden gelten kann, solange er seine Mitgliedsbeiträge nicht restlos entrichtet hat. Daraus würden sich indessen widersinnige Folgen ergeben.

Eine anregende Diskussion fand über diese Frage statt. Besonders Herr Limburg (Niederlande) bestand auf einer vernünftigen Auslegung der Bestimmung. Der Sinn dieses Absatzes schien ihm einfach der zu sein, dass ein 1 2

) Vgl. hierüber unsere frühem Berichte (1. Kommission).

) Siehe die Resolution in der Beilage, S. 595.

550 Staat nach zweijähriger Kündigungsfrist vom Völkerbund zurücktreten kann, indessen auch nach seinem Eücktritt im Ausmass seiner Eückstände Schuldner des Bundes bleibt. Die meisten Delegierten erklärten sich mit diesen wohlbedachten Ausführungen des holländischen Vertreters einverstanden Was nun das Gutachten der Kommission betrifft, so erhob sich die Frage, ob es als Antwort auf bestimmte Einzelfälle betrachtet werden sollte oder eine als rechtsgültig anerkannte Auslegung des Artikels l, Absatz 3, des Völkerbundsvertrages darzustellen habe. Ein Delegierter schlug vor, ein Gutachten des Ständigen Internationalen Gerichtshofs einzuholen; ein anderer regte an, die Frage dem Ausschuss für die Eevision des Völkerbundsvertrages vorzulegen. Beide Vorschläge wurden vorab von unserm Vertreter bekämpft, der in casu die Fassung einer interpretativen Entschliessung, die den Sinn dieses Artikels ein für allemal festlegen würde, als genügend erachtete.

Auf Antrag eines Unterausschusses, der zur nähern Prüfung der Frage bestellt worden war, beschloss die Kommission, sich auf die genaue Beantwortung der von der IV. Kommission gestellten Fragen zu beschränken. Sie erklärte in ihrem Schreiben, dass sie, «ohne eine für alle Fälle gültige Auslegung geben zu wollen», unter anderem der Ansicht sei, (dass Paraguay angesichts des gegebenen Tatbestandes als dem Völkerbund nicht mehr angehörend betrachtet werden kann, und dies trotz der offensichtlichen Nichterfüllung seiner finanziellen Verpflichtung gegenüber dem Bund...», dass es aber «dessenungeachtet weiterhin für den vollen Betrag seiner Schuld dem Völkerbund haftet», dessen Sache es sein werde, «den Betrag seiner Forderung mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln einzutreiben».

d. Eechtliche Stellung der Frau. Vor Abschluss der Arbeiten der XVII. ordentlichen Versammlung hatten fünfzehn Delegationen in einem Schreiben an den Vorsitzenden die Bitte ausgesprochen, die Frage des Statuts der Frau möchte auf die Tagesordnung der nächsten Tagung gesetzt werden. Gegenstand der Beratung sollten vorab die Berichte sein, welche die Begierungen dem Sekretariat in Beantwortung einer gemäss der Versammlungsresolution von 1936 an sie gerichteten Eundfrage noch zustellen würden 1).

Bis zur Eröffnung der Versammlung hatten in der Tat verschiedene Begierungen mehr oder
weniger ausführlich dem Sekretariat über die Eechte der Frau in ihrem Lande berichtet. Darunter befand sich auch der Bundesrat.

Seine Antwort, die auch gewisse allgemeine Bemerkungen enthielt, gab insbesondere über die Stellung der Frau im privaten und im öffentlichen Eechte der Schweiz Aufschluss. Abgesehen vom Stimmrecht, das von den Frauenverbänden verlangt wird, ist dieses Statut durchaus befriedigend.

Die Untersuchung des Sekretariats sollte unter anderen die Frage der Zuständigkeit des Völkerbundes abklären. Zu diesem Punkt hatten die Bundesbehörden ablehnend Stellung bezogen. «Was die Massnahmen betrifft, die der *) Vgl. unsern Bericht über die Versammlung von 1935, Bundesbl. 1936, Bd. I, S. 40 und 41.

551 Völkerbund auf diesem Gebiet ergreif en könnte,» schrieben wir am 6. September 1937 dem Sekretariat, «glaubt die eidgenössische Eegierung erneut erklären zu müssen, dass dieses Gebiet ihres Erachtens ausschh'esslich in die Zuständigkeit der Staaten fällt und sich somit jedem Zugriff des Völkerbundes entzieht.

Sie gibt daher der Erwartung Ausdruck, dass sich die Tätigkeit der Versammlung auf den blossen Austausch von Erkundigungen über diese Probleme beschränken werde.» Die britische Eegierung vertrat in ihrer Denkschrift an den Völkerbund eine sehr ähnliche Ansicht. «Es darf nicht ausser acht gelassen werden,» führte sie aus, «dass es Sache jedes Staates ist, im Eahmen seines Landesrechts und unter Berücksichtigung der Verhältnisse und Bedürfnisse des Landes zu entscheiden, bis zu welchem Grade er defti Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter anzuwenden hat . . . » Sie betonte, dass der Völkerbund «vom Versuch absehen sollte, die Staaten zur Teilnahme an einer allgemeinen Konferenz über diese Frage oder zur Eingehung von Verpflichtungen zur Aufnahme des Grundsatzes der Gleichheit der Geschlechter in die Landesgesetzgebung zu bewegen». Die britische Eegierung gab indessen zu, dass der Völkerbund, wenn er auch keine Meinung in dieser Hinsicht zu äussern habe, sich trotzdem nützlich betätigen könne, indem er die Forschungen auf diesem Gebiete fördere, Erkundigungen über die Eechtsstellung der Frau in den einzelnen Ländern einziehe und verbreite, oder auf irgendeine andere Weise, und besonders indem er dartue, in welchem Ausmass das Eecht dieser Länder vom Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter beherrscht wird.

Die Beratung der ersten Kommission über die Eechtsstellung der Frau war ganz allgemein von dieser Auffassung getragen. Die Möglichkeit des Abschlusses eines allgemeinen, den Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter bestätigenden Abkommens, die von verschiedener Seite in Erwägung gezogen worden war, wurde von den meisten Delegationen zurückgewiesen, sei es, weil sie den Vorschlag verfrüht fanden, wie die irländische Abordnung, sei es, weil sie das Problem als interner Natur ansprachen, wie die belgische, südafrikanische, holländische und polnische Delegation. Die französische Delegation machte geltend, «dass zwischen der ausschliesslichen Zuständigkeit der internen Gesetzgebung und
der Zuständigkeit der internationalen Gesetzgebung mehrere Zwischenstufen bestünden: zunächst die Stufe der Dokumentierung, die beinahe schon überschritten ist, sodann die Stufe der internationalen Abkommen, die man noch nicht erreicht hat». Sie beantragte, man solle sich vorläufig mit der Zwischenstufe begnügen, die sie folgendermassen umschrieb: Vergleichung der Gesetzgebungen und Zusammenstellung der Fortschritte der Landesgesetze.

Der wesentliche Inhalt der Betrachtungen, die unser Vertreter, Herr Gorgé, während der allgemeinen Aussprache anstellte, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Bundesbehörden sehen keinen Grund, weshalb der Völkerbund auf diesem Gebiete eingreifen sollte. Hängt die Lösung des Pro-

552

blems etwa von einer internationalen Zusammenarbeit ab ? Meinungsverschiedenheiten der Staaten auf diesem Gebiete bringen keinen Nachteil mit sich. Welche Unannehmlichkeiten erwachsen den Staaten, die den Gleichheitsgrundsatz ihrer Gesetzgebung einverleibt haben, daraus, dass andere Staaten nicht denselben Weg einschlagen? Man könnte glauben, dass die feministischen Organisationen, die die Seele der Bewegung sind, durch Vermittlung des Völkerbundes vorzugehen suchen, weil sie auf nationaler Ebene hier und dort Schwierigkeiten begegnen. Dieses Verfahren scheint indessen nicht empfehlenswert, zumal nicht für die Schweiz, die jedem Druck von aussen abhold ist.

Man behauptet, der Völkerbundsvertrag verbiete die Erörterung dieser Frage nicht, folglich sei der Völkerbund befugt, einzugreifen. Allein, zahlreich sind die Fragen, in denen, da« Einschreiten des Völkerbundes vom Pakt nicht verboten ist und der Völkerbund dennoch davon Abstand nimmt, auch dann, wenn seine Vermittlung mehr Berechtigung hätte. Man darf ausserdem nicht übersehen, dass die Gleichheit an sich nicht ausreicht; was not tut, ist die Gleichheit auf einer bestimmten Stufe. Die schweizerische Frau ist im Privatrecht dem Manne gleichgestellt. In bezug auf das Stimmrecht weiss man, wie heftig die Frage umstritten ist. Sollten eines Tages die schweizerischen Frauen mehrheitlich entschlossen sein, dieses Eecht zu verlangen, so würden sie es wahrscheinlich erhalten. Das Eingreifen des Völkerbundes könnte der S^t ehe der Frau eher schaden als nützen.

Nach Abschluss der allgemeinen Beratung beauftragte die Kommission eine Unterkommission mit der Ausarbeitung eines Besolutionsentwurfs, worin anzugeben sei, wie der Völkerbund den englischen Anregungen gemäss seine Arbeit auf diesem Gebiete fortsetzen könne. Die vorgeschlagene Besolution wurde unbestritten angenommen. Sie legte der Schweiz keine bestimmten Verpflichtungen auf, und wir enthielten uns daher der Stimme.

Den Wortlaut der Eesolution findet man in der Beilage 1). Wie dort ersichtlich ist, wurde beschlossen, «ein umfassendes Gutachten vorzubereiten und zu veröffentlichen, das ausführlich über die rechtliche Stellung der Frau in den einzelnen Ländern Aufschluss gibt». Diese Arbeit wird einem «beschränkten SachverständigenausschubS aus Vertretern beider Geschlechter» übertragen werden,
der «die genaue Tragweite des geplanten Gutachtens» zu bestimmen und «die Arbeit unter die einzelnen wissenschaftlichen Institutionen» aufzuteilen hat, um so «einen synthetischen Überblick zu gewinnen, der vom Völkerbund zu veröffentlichen sein wird».

Für die Ausführung dieser Arbeit wird allgemein mit einer Frist von drei Jahren gerechnet.

2. Revision des Völkerbundsvertrags.

Im Dezember 1936 hatte der Achtundzwanziger Ausschuss, den die letztjährige Versammlung eingesetzt und mit der sogenannten «Inswerksetzung» i) S. 594.

553 des Völkerbundsvertrags betraut hatte, eine erste Tagung abgehalten. Diese kurze Session war ausschliesslich den Fragen des Verfahrens gewidmet, da es vorerst die Arbeit zu organisieren galt. Nach einem Meinungsaustausch über die verschiedenen Seiten des Problems einer allfälligen Paktreform hatte der Ausschuss folgende, seines Brachtens an erster Stelle zu behandelnde Fragen herausgegriffen: Universalität des Völkerbundes, Teilnahme der Staaten am Völkerbund und Zusammenarbeit mit den Nichtmitgliedstaaten, Koordinierung des Völkerbundsvertrags mit dem Vertrag von Paris und dem sogenannten argentinischen Vertrag, regionale oder kontinentale Gestaltung des Bundes, Artikel 10 und 11 des Paktes, Artikel 16 (allgemeine Verpflichtungen, Regionalabkommen), Artikel 19 (Revision der Friedensverträge), innerer Aufbau des Völkerbundes (Artikel l, 3, 4 und 7), friedliche Beilegung internationaler Streitigkeiten (Artikel 13,14 und 15), Verfahren zur Abänderung oder Auslegung des Paktes, und endlich die Frage der Trennung des Völkerbundsvertrages von den Friedensverträgen. Fur alle Fragen -- mit Ausnahme der letzten -- waren Berichterstatter bezeichnet worden mit dem Auftrag, zur Erleichterung der künftigen Beratungen des Ausschusses über jedes einzelne Problem einen möglichst sachlichen Bericht zu verfassen.

Der Ausschuss trat erneut kurz vor und während der Versammlung zusammen, vorab um die Frage des weitern Verlaufes seiner Arbeiten zu prüfen, da in der Zwischenzeit die meisten Berichterstatter ihrer Aufgabe nachgekommen waren, ferner um gewissen Vorwürfen über das Säumen seiner Tätigkeit entgegenzutreten. Er entschied sich für die sofortige Behandlung der Frage der Trennung von Pakt und Friedensverträgen, die nach Ansicht mehrerer zu sofortiger Prüfung reif war, und er beschloss die Frage der Universalität, die von Staaten wie Chile als besonders dringlich bezeichnet wurde, an zweiter Stelle vorzunehmen.

Das Problem der Trennung von Völkerbundsvertrag und Friedensverträgen wurde einem zehnköpfigen Juristenausschuss übertragen, der von einem unserer Mitarbeiter, Herrn Gorgé, präsidiert wurde 1).

Am Schluss ihrer äusserst heiklen Beratungen, die sich über neun Sitzungen erstreckten und schliesslich in mehr oder weniger vergleichsmässige Schlussfolgerungen mündeten, unterbreiteten die zehn Juristen
dem Achtundzwanziger Ausschuss einen Bericht, worin sie die Mittel und Wege bezeichneten, wodurch die erstrebte Trennung bis zu einem gewissen Grade verwirklicht werden könnte. Sie hielten dieses Ziel einerseits erreichbar durch rein formelle Abänderungen des Ingressos und der Artikel l, 4 und 5 des Paktes, und andererseits durch eine Resolution, worin die Versammlung über Zweck, Tragweite und Geist der Revision Aufschluss zu geben hätte. Da der genannte Bericht den Delegationen erst gegen Ende der Versammlung vorgelegt werden konnte und mehrere dieser Delegationen zur Stellungnahme die Weisungen ihrer Re!) Dieser Ausschuss bestand aus den Vertretern folgender Staaten : Argentinien, Österreich, Chile, Columbien, Frankreich, Neuseeland, Polen, Rumänien, Vereinigtes Königreich und der Schweiz.

554 gierungen einzuholen wünschten, beschloss der Achtundzwanziger Ausschuss, den Bericht und die Schlussfolgerungen des Juristenausschusses den Eegierungen der Völkerbundsmitglieder zur Prüfung zuzustellen. Ein einschlägiger Beschluss wird daher erst später erfolgen können.

Eine Erage war vom Ausschuss schon in der Dezembersession besonders erörtert worden, nämlich die Frage der Universalität. Die Delegierten Chiles und der Schweiz hatten damals nur mit grosser Mühe erreicht, dass diese Frage zu den wichtigsten Aufgaben des Achtundzwanziger Ausschusses geschlagen wurde. Ihr Antrag war auf Widerstand gestossen, weil mehrere Staaten befürchteten, das Streben nach Universalität um jeden Preis könnte eine Abschwächung der wesentlichen Bestimmungen des Völkerbundsvertrages nach sich ziehen. Der Bundesrat hatte bereits in seinem Schreiben an das Sekretariat vom 4. September über die Eevision des Paktes kurz auf diesen Einwand geantwortet, und unserm Vertreter im Achtundzwanziger Ausschuss bot sich Gelegenheit, des nähern auszuführen, dass der Völkerbund nicht umhin könne, die erforderlichen Voraussetzungen für den Eintritt oder die Bückkehr politisch bedeutsamer Staaten zu schaffen, da die Erfahrung der letzten Zeit gezeigt hätte, dass deren Mitarbeit für den Bund unentbehrlich sei.

Die Frage kam im September erneut zur Sprache, im Zusammenhang mit einem chilenischen Antrag, die Nichtmitgliedstaaten zur Meinungsäusserung über die beabsichtigte Paktreforra einzuladen. Herr Edwards brachte zugunsten dieses Auftrages zahlreiche Gründe vor. «Es hat uns von jeher als selbstverständlich geschienen», sagte er unter anderm, «dass man einen souveränen Staat, dessen Mitarbeit an einer internationalen Organisation gewünscht wird, zunächst ersuche, die Grundlagen zu besprechen, auf denen diese errichtet oder neu geordnet werden soll. ... Das Ansinnen, souveräne Staaten vor vollendete Tatsachen zu stellen, zeugt von übertriebenem Optimismus ...

Wesentlich ist es, keine Mühe zu scheuen, um den Völkerbund universell zu gestalten ... Um die Universalität zu verwirklichen, ist kein Opfer zu gross.» Der schweizerische Vertreter unterstützte den Grundgedanken des chilenischen Vorschlags, behielt sich aber die Frage seiner Durchführung im einzelnen vor.

Wenn man von einer direkten Einladung nichts wissen wolle, führte
er aus, so könnte man sich mit einer Mittellösung zwischen Handeln und Nichthandeln begnügen und zumindest ein fiir allemal anerkennen, dass die Nichtmitgliedstaaten, sofern sie es wünschen, durchaus berechtigt sind, sich über die Grundsätze zu äussern, auf denen der Völkerbund ihres Erachtens fussen sollte.

Damit würde man sich keineswegs zum voraus verpflichten, alle etwaigen Forderungen der Aussenstehenden zu erfüllen, sondern nur dazu, sie aufmerksam zu prüfen. Auf alle Fälle, erklärte unser Vertreter, könne kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass die Schwäche des Völkerbundes zum grossen Teil von der mangelnden Mitarbeit gewisser Staaten herrühre. Man könne sich indessen nicht damit begnügen, den Grundsatz aufzustellen, dass der Völkerbund nach der Universalität streben müsse, um seine volle Geltung zu erlangen.

555 Man müsse auch die geeigneten Mittel finden, damit die Staaten, deren Mitarbeit notwendig scheine, wenn immer möglich den Weg nach Genf zurückzufinden.

Selbst in dieser durch unsern Vertreter abgeschwächten Form stiess der chilenische Vorschlag jedoch auf heftigen Widerstand, und erst nach langen und mühsamen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf die chilenische und die schweizerische Abordnung erneut eingreifen mussten, wurde schliesslich ein Eesolutionstext angenommen, der zwar zahlreiche ausdrückliche oder stillschweigende Vorbehalte hervorgerufen hatte, dem Antrag Chiles aber grundsätzlich entsprach, nur dass es dem Eat anheimgestellt blieb, die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen die Nichtmitgliedstaaten aufgefordert werden könnten, ihre Stellungnahme zu dem oder zu jenem die «Inswerksetzung des Völkerbundsvertrages» betreffenden Punkte bekanntzugeben1).

Dem Achtundzwanziger Ausschuss war ausserdem ein Antrag der argentinischen Delegation betreffend die Koordinierung der Verträge unterbreitet worden. Auch sollte nach diesem Antrag erklärt werden, dass «der Völkerbund im Kriegsfall oder bei Kriegsgefahr die nötigen Massnahmen treffen und die erforderliche Fühlungnahme veranlassen werde, um sich bei seinen Bemühungen um den Frieden die Mitwirkung der Staaten zu sichern, die dem Völkerbund nicht angehören», unter sich aber durch den Pariser Vertrag vom 27. August 1928 über den Verzicht auf den Krieg und den Nichtangriffs- und Vergleichsvertrag von Eio de Janeiro vom 10. Oktober 1933 gebunden sind, durch zwei Verträge also «deren gemeinsames Ziel die Erhaltung des Friedens ist». Dieser Vorschlag rief keiner langen Aussprache, da sich alle Delegationen grundsätzlich damit einverstanden erklärten. Mit geringen Abänderungen wurde er schliesslich in Form einer Eesolution angenommen 2).

Der Achtundzwanziger Ausschuss wird seine Arbeiten demnächst wieder aufnehmen, um sich mit der Frage der Universalität zu befassen.

C. Technische Fragen.

Wie in den vergangenen Jahren wurden diese Fragen von der zweiten Kommission behandelt, mit Ausnahme der Fragen über die geistige Zusammenarbeit und die Verwendung moderner Propagandamittel im Interesse des Friedens.

1. Wirtschafts- und Finanzorganisation.

a. Wirtschaftliche Fragen. -- Seit der letzten Tagung der Versammlung hatte der Wirtschaftsausschuss
drei Tagungen abgehalten, deren Schlussfolgerungen in einem «Bericht über die internationale Wirtschaftslage» wiedergegeben sind. Im allgemeinen empfahl der Ausschuss ein gemeinsames und gleichzeitiges Vorgehen auf wirtschaftlichem, politischem und finanziellem *) Siehe die Resolution in der Beilage, S. 615.

2 ) Siehe Resolution in der Beilage, S. 615.

556

Gebiet, um dank der gegenseitigen Angleichung mehrerer Währungen die dem Handel gesetzten Schranken stufenweise abzubauen.

Ein auf Antrag Grossbritanniens bestelltes Komitee hatte unter dem Vorsitz von Herrn Stucki (Schweiz) das Kohstoffproblem behandelt. In seinem Bericht hatte es darauf hingewiesen, dass diese Frage im Grunde genommen kein Kolonialproblem sei, da die Kolonien nur etwa 3 % der in der Welt verwendeten Eohstoffe erzeugen.

Im Lauf der Beratungen der zweiten Kommission anerkannten zwar die meisten Vertreter die Fortschritte, die seit dem letzten Jahr zu verzeichnen sind, hoben aber zugleich hervor, dass die Hoffnungen, die man auf die bekannte Dreier-Erklärung vom 26. September 1937 gesetzt hatte, nicht in Erfüllung gegangen seien, und zwar vorab wegen der Eückwirkungen des politischen Unbehagens auf die wirtschaftliche Lage. Der australische Delegierte, Herr Bruce, ermahnte trotzdem zur Zuversicht. Um Autarkie und Protektionismus zu bekämpfen, wies er auf neue Wege hin, die ihm zur Überwindung von Schwierigkeiten politischer Art geeignet schienen. Seiner Ansicht nach sollten vor allem jene schreienden Gegensätze behoben werden, die selbst in reichen Ländern zwischen intensiver Produktion einerseits und dem Elend gewisser Volksschichten anderseits bestehen, wie dies im Berichte des Ernährungsausschusses ausgeführt wird. Dabei scheint die Mitwirkung sämtlicher Länder keineswegs unerlässlich, können doch schon Abkommen unter einzelnen Staaten, die dem Beitritt anderer offen stehen, von entscheidender Bedeutung sein.

Der belgische Delegierte, Herr van Langenhove, schloss sich den Anregungen des Herrn Bruce an und hob hauptsächlich die Notwendigkeit hervor, trotz allen Widerständen die Anstrengungen tortzusetzen, die auf Grund der Dreier-Erklärung unternommen worden sind. Herr van Lanschot, der holländische Abgeordnete, war weniger optimistisch. Er erinnerte daran, dass ein wirtschaftlicher Aufschwung in Grossbritannien und in den skandinavischen Ländern zwar unverkennbar sei, in Frankreich, in der Schweiz und in den Niederlanden aber erst beginne. Man müsse sich vor allem vor extremen Massnahmen hüten. So wünschenswert, zum Beispiel die Abschaffung der Kontingentierungen und der Clearingabkommen auch scheine, so sei ihre Aufrecht erhaltung im Interesse bestehender Industrieübereinkommen
oder zur Abwehr von Dumping- und Devisenkontrollmassnahmen mehrerer Länder zuweilen doch notwendig. Herr Eose (Polen) betonte die gegenseitige Abhängigkeit der drei Faktoren des internationalen Güteraustausches: Kapital, Ware und Arbeit. Es genügt, den natürlichen Umlauf eines einzigen dieser drei Faktoren zu hemmen, um das freie Spiel der Kräfte, das eine liberale Wirtschaftsordnung kennzeichnet, gänzlich zu stören. Der Vertreter Polens zog daraus den Schluss, dass der Volkerbund, wenn er aus dieser wirtschaftlichen Sackgasse herauskommen wolle, an alle diese Fragen gleichzeitig herantreten müsse. Diese Auffassung blieb nicht unwidersprochen. Die Herren Bagge (Schweden) und Montchiloff (Bulgarien) sahen viel eher die Notwendigkeit, nur bestimmte

557 Fragen zum Gegenstand internationaler Massnahmen zu machen; man müsse sich vor allzu kühnen Versuchen hüten.

Im Namen Frankreichs unterstützte Paul Faure nachdrücklich die Folgerungen, die sich aus dem Bericht des Eohstoffausschusses ergeben. Die Frage der Eohstoffe ist im Grunde keine Kolonialfrage. Es gibt Produkte, die Frankreich in seinen Kolonien teurer bezahlt als in andern Ländern. Sein Kollege, der Berichterstatter Herr Brunet, erklärte, Frankreich sei in seiner Wahrungspolitik «immer bestrebt, das erforderliche Gleichgewicht zwischen Währung und Wirtschaftslage aufrechtzuerhalten», und «niemand denke daran, diese Politik mit einem Währungsdumping zu verbinden». Er drängte sodann auf die Inkraftsetzung eines Abkommens über die Steuerflucht, wenigstens zwischen einigen Staaten. Unser Delegierter, Herr Stucki, machte diesbezüglich einen Vorbehalt, da die zuständigen schweizerischen Behörden zur Zweckrnässigkeit einer völkerrechtlichen Kegelung dieser Frage nicht Stellung bezogen hätten.

Herr Pospisil (Tschechoslowakei) zweifelte an der Möglichkeit, mit Erfolg auf die wirtschaftliche Konjunktur einwirken zu können, solange sich die politische Lage nicht beruhigt habe. Er verkannte den Wert der bisherigen Tätigkeit durchaus nicht, doch schien ihm das Gelingen künftiger Arbeiten von einem günstigem politischen «Klima» und insbesondere von der Mitarbeit gewisser, in Genf nicht vertretener Staaten abzuhängen.

Herr Minister Stucki schloss sich dieser Auffassung völlig an und widersetzte sich der Behauptung, wonach die mangelnde Universalität nur den politischen Fortschritten, nicht aber einem wirksamen Eingreifen des Völkerbundes in wirtschaftlicher Hinsicht im Wege stehe. Die gegenseitige Abhängigkeit von Wirtschaft und Politik ist offensichtlich und braucht nicht erst des nähern erörtert zu werden. Er wies auf unsere geographische Lage hin, die uns zwingt, die Universalität als Grundbedingung für jedes internationale Vorgehen, ob wirtschaftlicher oder politischer Natur, zu betrachten. Herr Stucki kam sodann auf die Frage der verschiedenen Schranken des internationalen Handels zu sprechen, nämlich die Dévaluation (im Sinne eines gewissen Währungsdumpings), die Devisenkontrolle, die Zolltarife und die Kontingentierungen. Er hob hervor, dass die beiden ersten Massnahmen sich auf den gesamten
internationalen Güteraustausch auswirken (Kapital, Fremdenverkehr, Waren usw.) und dass die Zolltarife alle Waren ohne Unterschied erfassen, während die Kontingentierungsmassnahmen nur den Austausch bestimmter Waren einschränken. Man muss somit dieser Massnahme, die das geringere Übel ist, den Vorzug geben, sowohl vom nationalen wie vom internationalen Gesichtspunkt aus, um so mehr, als sie bei einer Besserung der Lage viel leichter rückgängig zu machen ist. Herr Stucki wies sodann auf die klassische Unterscheidung zwischen selbständigem, zweiseitigem und kollektivem Vorgehen hin und schloss mit der Erklärung, dass die schweizerische Delegation «mehr denn jede andere von der Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit überzeugt sei, ein kollektives Eingreifen jedoch für verfrüht halte. Auch ein selbständiges Vorgehen der Begierungen scheint ihr keine Aussicht auf Er-

558 folg zu bieten, hingegen glaubt sie, dass zweiseitige Massnahmen, die im Geiste oder gar unter der Leitung des Völkerbundes getroffen werden, das einzige Mittel sind, um nennenswerte Ergebnisse zu erzielen.» Die Ausführungen unseres Vertreters fanden die Zustimmung des britischen Delegierten, Oberst Colville, der den Vorwurf, zweiseitige Abkommen verfolgten egoistische Ziele, als unzutreffend bezeichnete. Die Abkommen, die Grossbritannien seit 1932 abgeschlossen hat, haben in grossem Masse zur Wiederbelebung der Wirtschaft beigetragen. Was die Meistbegünstigungsklausel anbetrifft, so hielt er dafür, dass sie allgemein angewendet werden sollte, und im Gegensatz zum schweizerischen Vertreter glaubte er nicht, dass die Kontingentierungsmassnahmen davon auszuschliessen seien.

Der vom französischen Delegierten der Versammlung unterbreitete Bericht enthält die Grundgedanken, die sich aus den Kommissionsverhandlungen ergaben, und er hebt hervor, dass ein internationales Vorgehen die Eestiltate der Untersuchung, womit die britische und französische Eegierung Herrn van Zeeland betraut haben, in Betracht zu ziehen habe. Dem Bericht waren drei Eesolutionen beigeschlossen, deren Wortlaut im Anhang wiedergegeben ist *).

b. Finanzielle Fragen. ·-- Wie in den vergangenen Jahren, führte der Finanzausschuss seme wichtigste Aufgabe fort, die darin besteht, die Entwicklung der finanziellen imd wirtschaftlichen Lage in Bulgarien und Ungarn, sowie in andern Ländern, die unter dem Schutz des Völkerbundes Anleihen aufgenommen haben, zu verfolgen.

Was Österreich anbetrifft, ist auf den Batsbeschluss vom 25. September 1986 hinzuweisen, der dem Amte des Völkerbundsvertreters in Wien und des Beraters bei der österreichischen Nationalbank ein Ende setzte. Die Arbeit des Finanzausschusses wurde durch die allgemeine wirtschaftliche Besserung erleichtert, an der in verschiedenem Masse Österreich, Bulgarien und Ungarn teilnahmen. Die finanziellen und währungspolitischen Prägen, die diese Staaten in den letzten Jahren in Anspruch genommen hatten, stehen nicht mehr im Vordergrund. Der Aussenhandel ist im Begriff, die verlorenen Absatzgebiete zurückzuerobern oder neue zu gewinnen.

In der zweiten Kommission fand über diese Fragen keine besonders Aussprache statt.

2. Organisation ìur die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr.
Die vielseitige Tätigkeit dieser Organisation hatte dieses Jahr wiederum Fragen juristischer, wirtschaftlicher und technischer Natur zum Gegenstand.

Seit 1935 beschäftigt sich die Organisation mit der Frage der Beziehungen zwischen Eisenbahn, Strassenverkehr und Binnenschiffahrt. Die Antworten der Eegierungen auf die kürzlich ergangene Eundfrage werden demnächst in einem Bericht zusammengefasst werden. Mehrere Delegierte unterstrichen die Bedeutung dieses Problems, das nicht nur die Transportunternehmungen !) Siehe S. 597.

559 und deren Benutzer, sondern wegen seiner Bückwirkungen auf die Staatsfinanzen die gesamte nationale Wirtschaft mehrerer Länder berührt.

Auch das Problem der öffentlichen Arbeiten in seinen Beziehungen zum Wiederaufleben der wirtschaftlichen Tätigkeit und zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, das den Gegenstand von Berichten an die Eegieruiigen gebildet hatte, nahm die Aufmerksamkeit der zweiten Kommission in Anspruch.

Was die eigentlich technischen Fragen betrifft, so sei auf den von einem Sachverständigenausschuss verfassten Bericht über die Vereinheitlichung der Statistiken betreffend die Strassenverkehrsunfälle hingewiesen. In der Septembertagung hatte der Eat beschlossen, diesen Bericht den Eegierungen zuzustellen.

Verschiedene Staaten hatten sich ferner bereit erklärt, an einer Konferenz teilzunehmen, die den Abschluss eines Abkommens zur Aufhebung der Niveaukreuzungen bezweckt. Dank der Zusammenarbeit der Organisation mit dem internationalen Institut zur Vereinheitlichung des Privatrechts in Eom sind zwei Vorentwürfe über die zivilrechtliche Haftung der Automobilisten zustandegekommen. Hinsichtlich der Kalenderreform nahm die zweite Konimission den vom beratenden Ausschuss dem Eat unterbreiteten Bericht zur Kenntnis, der sich angesichts der gegenwärtigen Umstände gegen die Einberufung einer Konferenz zur Durchführung der angestrebten Eeform aussprach.

Der Eat schloss sich dieser Auffassung an und strich die Frage von der Tagesordnung.

Die Eesolution, die über die Tätigkeit der Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr genehmigt wurde, findet sich in der Beilage 1).

i 3. Hygieneorganisation.

Die Organisation setzte im Laufe des Jahres ihre ständige Tätigkeit (epidemiologische Auskünfte, biologische Standardisation, Sumpifieber, Mutterschutz) fort und gab sich besonders mit der Ernährungsfrage 2), der Wohnungsfrage, der Hygiene auf dem Lande und der körperlichen Ertüchtigung ab.

Was die Hygiene auf dem Land betrifft, war die zweite Kommission der Meinung, die Eegierungen sollten vom Eat aufgefordert werden, die Empfehlungen der jüngst in Java abgehaltenen Konferenz über diesen Gegenstand in die Tat umzusetzen. Der Hygiene auf dem Lande wird übrigens in dem vom Hygiene-Ausschuss im letzten Mai aufgestellten Dreijahresplan ein hervorragender Platz eingeräumt. So wird
zum Beispiel die Hygieneorganisation an der Vorbereitung einer amerikanischen Konferenz über die Hygiene auf dem Lande, die im Dezember 1938 in Mexiko stattfinden wird, regen Anteil nehmen.

Der Ausschuss nimmt ausserdem die Einberufung einer zweiten europäischen Konferenz über das Leben auf dem Land in Aussicht; die zweite Kommission schlug als Zeitpunkt für diese Konferenz den Monat Juli 1939 vor.

!)

Siehe S. 597.

2 ) Siehe unten S. 561.

560

Die Versammlung billigte die Schlussfolgerungen des Berichterstatters, Herrn Arias (Panama), und genehmigte fünf Resolutionen, die im Anhang wiedergegeben sind1).

4. Organisation für geistige Zusammenarbeit.

Fast alle Zusammenkünfte der Organisation für geistige Zusammenarbeit wurden dieses Jahr im Eahmen der Pariser Ausstellung abgehalten, gemäss einem umfassenden Programm, betitelt «Monat der geistigen Zusammenarbeit».

So hielt zum Beispiel die Konferenz für höhere internationale Studien -- eine selbständige Organisation, deren Sekretariat vom Institut für geistige Zusammenarbeit geführt wird -- in Paris ihre zehnte Tagung ab über das Thema : «Die friedliche Beilegung der internationalen Konflikte.» Diese Kundgebung versammelte die Abgeordneten von sechsundzwanzig Staaten; das schweizerische Koordinationskomitee für höhere internationale Studien war ebenfalls vertreten. Es wurden im besondern demographische Fragen, die Bohstoffverteilung und koloniale Probleme erörtert.

Ebenfalls im Eahmen des «Monats der geistigen Zusammenarbeit» fand unter dem Vorsitz von Paul Valéry die «Aussprache» (entretien) des ständigen Komitees für Literatur und Kunst statt. Zahlreiche, bekannte Schriftsteller legten ihre Ansicht über das «Schicksal der Literatur und der Kunst» dar, und zwar vom Gesichtspunkt der Literatur, des Schriftstellers und des Lesers aus betrachtet. Eine internationale Konferenz für Hochschulunterricht versammelte in Paris 180 Professoren -- worunter ein Schweizer --, die 115 Hochschulen aus 40 verschiedenen Staaten vertraten. Die Direktoren der Landes ämter für den internationalen Schulbriefwechsel haben ebenfalls in Paris ihre Ansichten ausgetauscht. Sie nahmen bei dieser Gelegenheit die Gründung eines schweizerischen Amtes zur Kenntnis.

Auch die Tätigkeit der Organisation im Laufe des Jahres soll nicht unerwähnt bleiben: Arbeitslosigkeit der Intellektuellen, Überfüllung der Universitäten, Volksbibliotheken, Abkommen über geistige Zusammenarbeit.

Sodann sei auf die vom Institut in die Wege geleitete allgemeine Konferenz über das Urheberrecht hingewiesen, die eine Annäherung der Verträge von Bern und von Havanna anstrebt.

Die wichtigste Zusammenkumt des «Monats der geistigen Zusammenarbeit» war ohne Zweifel die zweite allgemeine Konferenz der nationalen Kommissionen für geistige
Zusammenarbeit. Die schweizerische Kommission war durch eine bedeutende Delegation vertreten. Gestützt auf die Feststellung, dass die geistige Zusammenarbeit unbedingt über den politischen Streitigkeiten stehen und völlige Bewegungsfreiheit gemessen muss, befürwortete die Konferenz den Abschluss eines internationalen Abkommens, das die Verbesserung der finanziellen Grundlage des Instituts bezweckt. Die internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit unterbreitete dem Eat und der Versammlung zu diesem Zwecke den Entwurf zu einer internationalen Akte, wonach i) Siehe S. 596.

561 die unterzeichneten Eegierungen sich unter auderm verpflichten würden, dem Institut in Paris einen finanziellen Beitrag zu gewähren, dessen Höhe noch zu bestimmen wäre.

Die Anregungen dieses Entwurfes beherrschten die Beratungen der sechsten Kommission über die geistige Zusammenarbeit. Der Entwurf wurde der Kommission von ihrem Berichterstatter, Herrn Herriot, unterbreitet. In seiner Eigenschaft als Berichterstatter der internationalen Kommission wies Herr de Eeynold auf die Vorteile dieses Entwurfes hin. Zu den finanziellen Abänderungsvorschlägen führte er aus, dass die Organisation, wenn sie sich mit den Beiträgen begnügen müsse, die ihr der Völkerbund und dio französische Regierung zur Verfügung stellen, ihre Tätigkeit zwangsläufig ihren Geldmitteln anzupassen hätte, was gewisse Opfer bedingen würde. Falls dagegen die internationale Akte angenommen würde, so wäre die Zukunft der geistigen Zusammenarbeit gesichert. Der Entwurf fand bei den zahlreichen Abgeordneten, die im Lauf der Besprechungen das Wort ergriffen, die denkbar gunstigste Aufnahme.

Herr Motta billigte im Namen der Schweiz den Gedanken, die Eegierungen über dieses internationale Abkommen zu befragen. Der Bundesrat wird das Abkommen ohne Zweifel mit Wohlwollen prüfen, erklärte der Bundespräsident, um so mehr, als es -- seine formelle Durchführung vorbehalten -- die Verwirklichung der Instruktionen darstellt, die der Bundesrat schon vor zehn Jahren seiner Delegation erteilte. Herr Motta fügte hinzu, die Universalität des Volkerbundes sei im Bereich der geistigen Zusammenarbeit virtuell schon verwirklicht, und er schloss mit einem Hinweis auf die entscheidende Eolle, die diese Zusammenarbeit in den Geschicken der Schweiz gespielt hat.

Die Versammlung genehmigte die Eesolutionen, die ihr die sechste Kommission unterbreitete *).

5. Die Ernährungsfrage.

Nach zweijähriger Tätigkeit hat der zur Behandlung der Ernährungsfrage bestellte gemischte Ausschuss am Vorabend der Versammlung seine Schlussfolgerungen in einem Bericht niedergelegt, der folgende Überschrift trägt: «Die Ernährung in ihren Beziehungen zur Hygiene, zur Landwirtschaft und zur Wirtschaftspolitik.» Der Vorsitzende des gemischten Ausschusses, Lord Astor, unterbreitete diese Schrift, die ein erster Versuch zu einer wissenschaftlichen Bearbeitung dieser Frage ist,
der zweiten Kommission. Der Ausschnss stellte selbst in reichen Ländern oder in Zeiten wirtschaftlichen Autschwungs eine mangelhafte oder ungenügende Ernährung fest. Diese hat ihren Grund nicht nur in der Unwissenheit, sondern vorab in der Armut. Zur Behebung dieses Übels werden unter anderm folgende Mittel vorgeschlagen: Kredite für die Landwirtschaft, Verkauf schützender Nahrungsmittel zu massigen Preisen, finanzielle Förderung des Konsums, Gründung nationaler Ausschüsse, wie sie schon von verschiedenen Staaten eingesetzt wurden. Die zuständigen !) Siehe S. 608.

Bundesblatt. 89. Jahrg. Bd. III.

42

562 schweizerischen Kreise hielten es nicht für nötig, diesem Beispiel zu folgen, da die Frage der ungenügenden oder mangelhaften Ernährung in der Schweiz nicht aktuell ist.

Zahlreiche Delegierte gaben ihrer Genugtuung über die auf diesem Gebiet geleistete Arbeit Ausdruck ; in der Beilage findet sich die von der Kommission genehmigte Eesolution 1).

6. Der Völkerbund und die modernen Propagandamittel im Dienste des Friedens.

Die siebzehnte Versammlung hatte die internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit beauftragt, Anregungen zu machen über die Verwendung der modernen Propagandamittel (Film und Eadio) im Interesse des Friedens. Ferner war das Völkerbundssekretariat eingeladen worden, einen Bericht über die technischen Informationsmittel, die den zuständigen Sektionen des Sekretariats zur Verfügung stehen, auszuarbeiten 2).

Nach einer kurzen Aussprache über die ausführlichen Anregungen, die von der Organisation für geistige Zusammenarbeit unterbreitet worden waren, überwies die sechste Kommission die Behandlung dieser Frage einem Unterausschuss, in dem auch die Schweiz vertreten war. Der Bericht des Unterkomitees, der diskussionslos von der Kommission genehmigt wurde, empfiehlt der Versammlung in erster Linie, bei den Eegierungen, die das Abkommen zur Erleichterung des internationalen Verkehrs mit Filmen erzieherischen Charakters und das Abkommen über die Verwendung des Eundfunks im Interesse des Friedens noch nicht unterzeichnet oder ratifiziert haben, die nötigen Schritte zu unternehmen. Er sieht andererseits die Ausdehnung des ersteren dieser beiden Abkommen auf neue Filmgattungen vor. Zur Frage des Films bemerkt der Bericht, dass die wichtigste Aufgabe, nämlich die Herstellung von volkskundlichen Filmen, von Koloniefilmen, von Aktualitätenfilmen usw., sowie die Erziehung des kindlichen Urteils über den Film den nationalen Organisationen zufalle. Auf internationalem Boden könnten Besprechungen zwischen Fachmännern, Erziehern und Intellektuellen die Bekämpfung tendenziöser Filme ermöglichen und die Herstellung gediegener Darbietungen fördern.

Was die Propagandamittel des Sekretariates betrifft, so unterbreitete derselbe Unterausschuss der sechsten Kommission eine Anzahl Vorschläge zum Ausbau und zur Verbesserung dieser Mittel (radio-elektrischer Vertrieb von Nachrichten über den
Völkerbund, kinernatographischer Dienst, Werbetätigkeit für die Veröffentlichungen des Sekretariats usw.). Die sechste Kommission hatte sich sodann über die an den Völkerbund ergangene Einladung zur Teilnahme an der Weltausstellung von 1939 in New York auszusprechen.

Sie beschloss einstimmig, die Einladung anzunehmen und der vierten Kommission vorzuschlagen, zur Deckung der Kosten einen ersten Kredit von 100 000 Franken in den Voranschlag für 1938 aufzunehmen.

*) Siehe S. 600.

2

) Siehe frühern Bericht, Bundesbl. 1936, Bd. III, S. 551.

563 D. Sicherheit und Abrüstung.

Bekanntlich hatte die Abrüstungskonferenz ihre Arbeiten nicht abgeschlossen sondern sie hatte sich in Erwartung besserer Zeiten vertagt. Auf Antrag der französischen Regierung trat ihr Bureau am 81. Mai in Genf zusammen, um zu prüfen welche Tätigkeit ungeachtet der gegenwärtigen Lage im Eahmen des allgemeinen Programms der Konferenz fortgesetzt werden könnte. Am Schluss seiner Beratungen hatte es folgende Eesolution angenommen: «Das Bureau der Konferenz für die Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen, das auf Antrag der französischen Delegation und gemäss dem am 10. Oktober 1936 von der Versammlung ausgesprochenen Wunsch durch den Völkerbundsrat einberufen wurde, hat von der Tätigkeit der Ausschüsse der Konferenz seit der letzten Zusammenkunft des Bureaus am 20. November 1934 Kenntnis genommen; hat die Erklärungen und Vorschläge einzelner Mitglieder, die im Protokoll des heutigen Tages niedergelegt sind, angehört; stellt fest, dass angesichts der allgemeinen politisfhen und wirtschaftlichen Lage gegenwärtig keine Aussicht besteht, die im Programm der Konferenz vorgezeichnete Tätigkeit in ihrer Gesamtheit mit Erfolg wieder aufzunehmen; glaubt trotzdem, dass unter den von der Konferenz ausgearbeiteten Entwürfen derjenige, der die Veröffentlichung der Rüstungsausgaben und die Tätigkeit eines Kontroll- und Koordinationsorgans betrifft, unter gewissen Bedingungen schon jetzt Gegenstand eines Abkommens bilden könnte, das einen ersten Schritt bedeuten würde; zieht andererseits in Betracht, dass in mehreren Staaten gesetzliche Massnahmen zur Einführung einer nationalen Aufsicht über die Herstellung und den Handel mit Waffen getroffen worden sind; und beschliesst daher: 1. Allen Regierungen, die an der Konferenz vertreten sind oder waren, den Wortlaut des Abkoinmens betreffend die Veröffentlichung der Rüstungsausgaben und die Tätigkeit eines Kontroll- und Koordinationsorgans mitzuteilen mit der Bitte, dem Sekretariat der Konferenz bekanntzugeben, ob sie grundsätzlich bereit wären, ein diesem Abkommen entsprechendes Publizitätssystoem anzunehmen; 2. an einem vom Völkerbundsrat zu bestimmenden Zeitpunkt wieder zusammenzutreten, um die Antworten der Regierungen zur Kenntnis zu nehmen, den Entwurf zu einem Abkommen über die Veröffentlichung der Rüstungsausgaben zu prüfen
und für geeignete Massnahmen zu sorgen; 3. das Sekretariat zu beauftragen, alle nützlichen Erkundigungen über den gegenwärtigen Stand der nationalen Aufsicht über die Herstellung und den Handel mit Waffen in den wichtigsten Staaten einzuziehen und den Mitgliedern des Bureaus mitzuteilen.» Die dritte Kommission, die auf Antrag des Bureaus der Versammlung einberufen worden war, nahm die Beschlüsse des Bureaus der Konferenz zur

564 Kenntnis. Nach einer Beratung, aus der sich im allgemeinen ergab, dass an eine Einberufung der Konferenz zurzeit nicht gedacht werden könne, prüfte die Kommission einen Besolutionsentwurf, der ihr von den Delegationen Belgiens, Dänemarks, Finnlands, Norwegens, Hollands und Schwedens vorgelegt worden war und dem sich auch die schweizerische Delegation angeschlossen hatte. Der Entwurf hatte die Veröffentlichung der Eüstungsausgaben und die Einführung einer nationalen Kontrolle über die Herstellung und den Handel mit Waffen in mehreren Staaten zum Gegenstand. Es fand nur ein kurzer Meinungsaustausch statt, und die Eesolution wurde schliesslich mit einigen redaktionellen Änderungen genehmigt1).

Was den Wunsch betreffend den Abschluss eines internationalen Abkommens über die Publizität betrifft, nahm unser Vertreter während der Aussprache eine Eichtigstellung vor, die uns notwendig schien. Er machte geltend, dass die Schweiz, gemeinsam mit andern Ländern, den Abschluss eines Abkommens über die Publizität nur im Hinblick auf die Mitwirkung aller besonders beteiligten Staaten empfehle. Sollte das Abkommen nur eine beschränkte Anzahl von Staaten erfassen, so könnte sich die Eidgenossenschaft ihm mit Eücksicht auf ihre geographische Lage nur schwerlich anschliessen. Sie hat von jeher die Ansicht vertreten, dass die Abrüstung ohne Mitwirkung der Grossmächte undurchführbar sei.

Bei Behandlung der Erage der nationalen Kontrolle der Herstellung und des Handels mit Waffen gab Herr Gorgé über die Massnahmen Auskunft, die der Bundesrat auf diesem Gebiete bereits in Aussicht genommen hat.

E. Budget- und Verwaltungsfragen.

Wie bis anhin, hatten die Mitglieder des Völkerbundes schon vor Eröffnung der Versammlung die geprüften Eechnungen für das dem laufenden vorangegangene Geschäftsjahr sowie den Entwurf zum Voranschlag für das Geschäftsjahr 1938 erhalten. Dieser war vom Generalsekretär in Zusammenarbeit mit der Kontrollkommission aufgestellt worden. Die beiden Vorlagen, die durch die zuständigen eidgenössischen Behörden geprüft worden waren, hatten zu keinen besondern Bemerkungen Anlass gegeben, es sei denn, dass sich der Voranschlag des Völkerbundes durch einen besonders hohen Stand der Besoldungen auszeichnet, wobei das Personal noch Steuerfreiheit geniesst und auf Altersrenten Anspruch hat. Dieser Zustand
besteht indessen seit der Gründung des Völkerbundes, und es ist nicht Sache der Schweiz -- die übrigens schon wiederholt Vorbehalte in dieser Hinsicht angebracht hat --, ihn erneut in Diskussion zu ziehen. Wh- können höchstens den Bestrebungen entgegentreten, die sich von Zeit zu Zeit zugunsten einer neuen Erhöhung der nach unseren Begriffen bereits übersetzten Gehälter geltend machen.

1. Abrechnung über das achtzehnte und Voranschlag für das zwanzigste Geschäftsjahr. -- Die Abrechnung für 1936 ergab einen Überschuss von ungefähr !) Siehe Resolution S. 601.

565

6% Millionen Schweizerfranken. 2% Millionen waren auf den rückständigen Beiträgen eingegangen. Die Beiträge für das laufende Geschäftsjahr waren bis zu 91,75 % einbezahlt worden, was den höchsten Prozentsatz darstellt, der je erreicht worden ist. Im übrigen sei daran erinnert, dass die Versammlung von 1936 beschlossen hatte, den Grundsatz, nach dem die Beiträge an die Auslagen des Völkerbundes in Goldfranken zu entrichten sind, wegen der Abwertung des Schweizerfrankens nicht abzuändern. Dadurch belief sich der Gewinn, der sich aus dem Unterschied zwischen der Höhe der Beiträge in Goldfranken (umgewandelt in Schweizerfranken zur Parität l Goldfranken = 1,41381418 Schweizerfranken) und dem in alter Währung berechneten Betrag ergab, auf mehr als 2 Millionen Schweizerfranken. Dieser Betrag wurde auf eine besondere Bechnung einbezahlt, die unter Aufsicht der Kontrollkommission gestellt und dazu bestimmt wurde, allenfalls den Folgen einer plötzlichen und merklichen Preissteigerung zu begegnen.

In seinem Bechnungsprüfungsbericht hob der Bechnungskommissar, Herr Ceresa, hervor, dass der Prozentsatz der im Jahre 1936 auf den bewilligten Krediten erreichten Einsparungen im Vergleich zum vorhergehenden Bechnungsjahr eine Verminderung von 3,36 % für das Sekretariat und von 5,24 % für den Ständigen Internationalen Gerichtshof aufweist, während für die internationale Arbeitsorganisation eine Erhöhung von 0,80 % zu verzeichnen ist.

Die Ausgaben für das Sekretariat belaufen sich auf 11 137047.96 Franken, was einer Ersparnis von 3 454 587.04 Franken auf den budgetierten Ansätzen gleichkommt. Ein Teil dieser Einsparungen rührt davon her, dass gewisse Kredite nicht oder nur in geringem Masse beansprucht worden sind. So wurden auf dem Kredit von 500 000 Franken für «unvorhergesehene Auslagen politischer Art» nur 59754.30 Franken verausgabt und für «ausserordentliche Auslagen finanzieller oder wirtschaftlicher Natur» wurde nichts ausgegeben.

Der Kredit von 500 000 Franken für eine allfâllige Zusammenkunft der Abrüstungskonferenz ist nur mit einem Betrag von annähernd 28 000 Franken beansprucht worden, und der Kredit von 315 000 Franken, der für die Währungsund Wirtschaftskonferenz bewilligt worden war, blieb unangegriffen. Eine Einsparung von 943 825.05 Franken wurde schliesslich auf dem Kredit «Besoldungen und
allgemeine Dienste» erzielt.

Der Ständige Internationale Gerichtshof erreichte eine Einsparung von 380 900.37 Franken bei einem Voranschlag von 2321200 Schweizerfranken, was hauptsächlich der gegenüber 1935 noch eingeschränkteren Tätigkeit des Gerichtshofes im Jahre 1936 zuzuschreiben ist. Einzig die internationale Arbeitsorganisation hatte -- in einem allerdings geringeren Masse als früher ·-- ihr Budget überschritten.

Der Bechnungskommissar stellte fest, dass die Gesamtsumme der im Jahre 1936 erzielten Ersparnisse 15 % der im Voranschlag vorgesehenen Kredite ausmache und dass der Einnahmenüberschuss ungefähr 4% Millionen betrage. Die merkliche Besserung der finanziellen Lage des Völkerbundes werde noch verstärkt durch beträchtliche Beserven (Vorschussrechnung,

566 Garantie- und Eeservefonds), und insbesondere durch die «potentielle Beserve», die in der Differenz zwischen dem Goldfrankenbetrag der Banksaldi am 81. Dezember 1936 und ihrem Gegenwert in Schweizerfranken zur gegenwärtigen Parität besteht.

Die Kontrollkommission empfahl der Versammlung, die Abrechnung für 1936 in der Form, wie sie ihr unterbreitet worden war, zu genehmigen. Sie stellte vor allem fest, dass «die Erhebung der Beiträge weiterhin befriedige, da die Eingänge an laufenden und rückständigen Beiträgen 102 % des Ausgabenvoranschlages betrugen».

Der Entwurf zum Voranschlag für 1938, der dieses Jahr aus den unten angegebenen Gründen in Schweizerfranken aufgestellt worden war, belief sich auf 31268810 Schweizerfranken (22116634 Goldfranken). Er war somit um 2 084 682 Schweizerfranken höher als der für 1937 genehmigte Voranschlag (29 184128 Schweizerfranken). Immerhin musate ein Betrag von l 168 087.84 Goldfranken, der grösstenteils aus den Kursgewinnen bestand, die auf den vom 26. September bis 31. Dezember 1936 in Goldfranken geleisteten Beiträgen erzielt worden waren, aus dem Überschuss des Jahres 1936 an die Mitgliedstaaten zurückerstattet werden, wodurch sich die Budgetsumme, die unter die Völkerbundsmitglieder aufzuteilen war, auf 20948546.16 Goldfranken beziiterte.

Der erste Entwurf, der vom Sekretariat vorgelegt worden war, belief sich auf 30 476 574 Schweizeriranken. Die Kontrollkommission hatte Abstriche im Betrage von 596 505 Schweizerfranken vorgenommen, jedoch andererseits Erhöhungen zugestimmt, die l 388 741 Schweizerfranken ausmachten. Diese Erhöhungen, die übertrieben scheinen konnten, waren fast ausschliesslich durch die Bildung eines Fonds bedingt, der im Hinblick auf die Entwertung gewisser Währungen geschaffen und der Kontrollkommission zur Verfügung gestellt worden war. Der Generalsekretär hatte vorgeschlagen, für 1938 den Beduktionskoeffizienten für die Umwandlung des Ausgabenvoranschlages in Schweizerfranken in den Einnahrnenvoranschlag in Goldfranken auf 25 % festzusetzen anstatt auf 20 % wie im Jahre 1937. Der Saldo von 4,26 %, der der Differenz zwischen 25 % und der tatsächlichen Entwertung des Schweizerfrankens entspricht, sollte auch w eiterhin auf der Spezialrechnung figurieren, von der oben die Bede war. Die Kontrollkommission befürwortete indessen eine
andere Lösung: diese bestand darin, dass nicht nur der Ausgabenvoranschlag, sondern auch der Einnahmenvoranschlag in Schweizerfranken aufgestellt -werden sollte, wodurch den Mitgliedstaaten der ungeschmälerte Gewinn aus der Abwertung unseres Frankens überlassen wurde. Um die Einnahmenvermindenmg, die dieses neue Vorgehen mit sich bringen würde, auszugleichen, schlug die Kommission vor, einen Gesamtkredit von l 300 000 Schweizerfranken zu eröffnen, der im Falle einer aussergewöhnlichen Preissteigerung beansprucht werden könnte.

Die allgemeine Aussprache über den Voranschlag begann wie üblich nach Anhören eines Berichtes des Generalsekretärs, Bericht, der wie der letzt-

·

567

jährige wieder Sehr optimistisch Mang. Herr Avenol war über den Überschuss des letzten Bechnungsjahres erfreut. Nach seiner Meinung war dieser Überschuss hauptsächlich «den Ersparnissen in der Verwendung der veranschlagten Kredite», der Verbesserung der Eingänge und der Entrichtung der Beiträge in Goldfranken nach der Abwertung des Schweizerfrankens, zuzuschreiben.

Er fügte bei, dass diese Besserung das Ende der gefährlichsten Krise bedeute, die nicht nur die Finanzen des Volkerbundes, sondern sogar seine Existenz bedroht habe.

Die geprüften Bechnungen wurden diskussionslos genehmigt.

Der Voranschlag selber rief im Gegensatz zu gewissen anderen Jahren keinen langen Erörterungen über seine Wirtschaftlichkeit oder über die Grundsätze, die bei seiner Ausarbeitung massgebend gewesen waren. Die Kommission nahm unverzüglich die kapitelweise Beratung in Angriff, und bei dem einen oder dem andern Abschnitt machten gewisse Abgeordnete Bemerkungen allgemeiner oder spezieller Art. So sprach sich der britische Delegierte lobend darüber aus, dass man «das Übel übertriebener Budgetierung» in seinen beiden Hauptursachen bekämpft habe. Diese Ursachen sind seines Erachtens «die Verspätung, die sich gewisse Staaten bei der Entrichtung ihrer Beiträge zuschulden kommen lassen, und die Tatsache, dass der Voranschlag notwendigerweise vor Jahresbeginn aufgestellt werden muss, so dass es ausgeschlossen ist, im Verlaufe des Jahres Nachtragskredite zu verlangen». Er äusserte sich auch zugunsten der Beibehaltung des Systems, wonach die Beiträge in Goldfranken berechnet werden, während das Ausgabenbudget auf dem Schweizertranken fusst. Desgleichen hält er die Politik, die nach einer Stabilisierung der Beiträge strebt, für empfehlenswert. Die Mitgliedstaaten ziehen eine Verteilungseinheit vor, die sich nicht oder nur wenig verändert. Es ist indessen angezeigt, «eine künstliche Stabilisierung der Ausgaben, die durch eine übertriebene Budgetierung während der guten Jahre erreicht wurde», zu vermeiden. Der Vertreter Englands erachtete vor allem für wichtig, «dass die Stabilisierung durch gesunde Mittel verwirklicht werde». Der schweizerische Delegierte, Herr Bappard, gab dem Wunsche Ausdruck, dass die dem Sekretariat und dem internationalen Arbeitsamt angeschlossenen Dienststellen nach Möglichkeit vereinigt würden. Die
Kontrollkommission teilte grundsätzlich diese Ansicht, aber in der Praxis hatten sich gewisse Schwierigkeiten ergeben.

Der Vertreter Indiens beschwerte sich, dass sein Land, das in der Beihenfolge der Beitragspflichtigen des Völkerbundes an fünfter Stelle stehe, im Sekretariat nicht gebührend vertreten sei. Er richtete einen dringenden Appell an den Generalsekretär, er möchte das Indien zugefügte Unrecht wieder gut machen.

Beim Abschnitt über das internationale Arbeitsamt hob dessen Vorsteher, Herr Butler, unter anderem hervor, dass die Dienste des Amtes im Laufe der letzten Jahre mehr und mehr beansprucht worden seien. Er bemerkte, «eine der auffallendsten Folgen der Weltwirtschaftskrise der letzten fünf

568 Jahre bestehe darin, dass die Auffassung an Baum gewonnen habe, dass die sozialen Folgen der Krise, wie Arbeitslosigkeit, Senkung der Lebenshaltung, und die verschiedenen durch krisenartige Störungen bedingten Zustände Erscheinungen sind, die sich nicht nur verhindern lassen, sondern die man in weitgehendem Masse auch verhindern muss». Diese Tatsache wurde insbesondere durch die diesjährige Arbeitskonferenz beleuchtet, welche «die wichtigste war, die jemals abgehalten wurde, sowohl was die Teilnehmerzahl wie die Eeichhaltigkeit der Tagesordnung anbetrifft». Trotz der Arbeitsüberlastung, die dem internationalen Arbeitsamt hieraus erwächst, ist, wie Herr Butler feststellte, «der Betrag, der von den Mitgliedstaaten des Völkerbundes verlangt wurde, um Fr. 208 000 niedriger als im Jahre 1937».

Zahlreiche Delegierte, namentlich die Vertreter von Südamerika, beglückwünschten das internationale Arbeitsamt zu seiner Tätigkeit. Herr Eappard begrüsste ganz besonders den Gedanken, wonach eine Konferenz von Arbeitsinspektoren einberufen werden soll, habe ihm doch sein Amt erlaubt, sich ein Bild von der beträchtlichen Kluft zu machen, die zwischen den Bemühungen für die Ausarbeitung von Konventionen und den bis dahin erreichten Verbesserungen in der Stellung der Arbeiter bestehe. Die Arbeitsinspektoren werden in dieser Hinsicht ohne Zweifel Verbesserungsvorschläge vorbringen können. Der schweizerische Vertreter lenkte die Aufmerksamkeit auf die Kontrollschwierigkeiten, die sich in bezug auf den Voranschlag des internationalen Arbeitsamtes für die Staaten bieten, die im Verwaltungsrat, dem die Aufstellung des Budgetentwurfs obliegt, nicht vertreten sind. Der Präsident der Kontrollkommission. Herr Osusky, anerkannte, dass diese Schwierigkeit in der Tat bestehe; aber wenn die Kommission auch nicht die Möglichkeit besitze, den Budgetentwurf des internationalen Arbeitsamtes in ebenso eingehender Weise zu prüfen wie den des Sekretariats, so habe sie das doch nicht gehindert, ihre wesentlichen Befugnisse auszuüben. Sie war nie der Ansicht, dass die Genehmigung des Voranschlages eine blosse Formalität sei; wo sie es für nötig hielt, hat sie ihre Bemerkungen angebracht. Herr Eappard kritisierte dessenungeachtet das zurzeit in Kraft stehende konstitutionelle System «wegen des Missbehagens, das die im Verwaltungsrat
nicht vertretenen Staaten deshalb empfinden, weil sie keine wirksame Kontrolle über die beschlossenen Ausgaben ausüben können». Unser Delegierter erklärte, «dass es im Interesse der internationalen Arbeitsorganisation liegen würde, wenn der Voranschlag einer entsprechenden Kontrolle durch die Konferenz unterzogen würde, wie der des Volkerbundes durch die Völkerbundsversammlung». Herr Butler hob hervor, dass ein Staat stets die Möglichkeit habe an der Arbeitskonferenz Fragen über den Voranschlag zu stellen, und falls man den Bindruck haben sollte, dass das gegenwärtige System nicht befriedige, so möge die schweizerische Delegation die Frage gegebenenfalls vor der Arbeitskonferenz aufrollen. Ein solches Vorgehen wäre keineswegs unangebracht.

Der Voranschlag des internationalen Arbeitsamtes sowie der des ständigen internationalen Gerichtshofs wurden hierauf ohne Bemerkungen genehmigt.

i

569

Nachdem wie alljährlich eine ganze Keine von Fragen verwaltungs- und finanztechnischer Art geprüft worden waren, stimmte die vierte Kommission dem A u s g a b e n b u d g e t in folgender Fassung zu: Schweizerfranken

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Sekretariat Internationales Arbeitsamt Ständiger internationaler Gerichtshof Ständiger Zentralausschuss für Opium Internationales Flüchtlingsamt Nansen Liegenschaften in Genf Pensionen Niederlassung der Assyrer aus dem Irak Hohes Kommissariat für die Flüchtlinge aus Deutschland.

Fonds zur Verfügung der Kontrollkommission für Ausgaben aus der Abwertung gewisser Währungen 11. Hoher Völkerbundskommissar in Danzig Insgesamt

15929331 8 335 272 2 894 516 124064 207 109 1584000 l 713 791 300000 73 168 l 040 000 72000 32 273 251

Das entsprechende Einnahmenbudget beläuft sich auf 22 682 148.34 Goldfranken. Der neue Voranschlag weist also eine Erhöhung von 3 089 123 Schweizerfranken (2185000 Goldfranken) gegenüber dem des Jahres 1937 auf.

2. Personalbesoldungen. -- Auf Ersuchen des Sekretariats und des internationalen Arbeitsamtes schlug die Kontrollkommission vor, auf den Beschluss zurückzukommen, der von der Versammlung im Jahre 1932 gefasst und im Jahre 1934 bestätigt worden war. Dieser Beschluss hatte die Gehaltsskala für die neuen Verträge und Beförderungen um 10 % herabgesetzt, insoweit als die Besoldung 6500 Franken erreichte oder überschritt. Um diese Gehaltserhöhung zu begründen, berief sich die Kommission nicht auf eine Erhöhung der Lebenskosten in der Schweiz ; sie wies lediglich auf die Schwierigkeiten hin, auf die man bei der Aushebung des internationalen Personals stossen könnte.

Dieser im Grunde ziemlich schlecht vorbereitete Antrag wurde von mehreren Delegierten lebhaft kritisiert. Auch die schweizerische Abordnung widersetzte sich der Aufbesserung von Stellungen, die im Grunde genommen als sehr günstig bezeichnet werden müssen. Herr Eappard betonte, dass die schweizerische Eegierung ihren Beamten, die weit geringere Löhne beziehen als die des Völkerbundes, eine Gehaltskürzung von 15 % auferlegt hätte. Wäre es unter diesen Umständen richtig, den Unterschied noch zu vergrössern, der zwischen den Gehältern in Genf besteht und denen, die von den Verwaltungen der einzelnen Staaten bezahlt werden? Andererseits bestritt unser Vertreter, dass man bei einer Durchschnittsbesoldung von 15 000 Schweizerfranken und bei völliger Steuerfreiheit nicht die Mitarbeit hervorragender ausländischer Kräfte erhalten könne. Er machte geltend, dass der Generaldirektor der Schweizerischen Bundesbahnen, der etwa 30 000 Angestellte unter sich hat, weniger

570 gut bezahlt sei als ein einfaches Sektionsmitglied des Sekretariates. Herr Eappard lud das Sekretariat und das internationale Arbeitsamt zum Masshalten ein, da der Euf des Völkerbundes, «dass er seinen Beamten allzu glänzende Stellungen verschaffe, sich nachteilig auswirke». Der Delegierte von Chile äusserte sich nicht weniger kategorisch. Herr Garcia-Oldini erklärte, «dass in einer Welt, wo allenthalben Elend herrscht und wo sich die Gehälter nur mit Mühe auf einem Krisenniveau zu halten vermögen, es unangebracht ist, zu erklären, dass die Besoldungen der Beamten des Völkerbundes erhöht werden müssen. Der Vergleich, fügte er bei, den der schweizerische Delegierte zwischen den Besoldungen des Völkerbundes und denjenigen der kantonalen und der Bundesbehörden gemacht hat, lässt sich auf fast alle Länder anwenden». Der Abgeordnete Belgiens vertrat dieselbe Ansicht. «Man muss den Vergleichen Eechnung tragen, die Anlass zu Angriff und Polemik bieten könnten, denn das Gehalt eines mittleren Angestellten des Völkerbundes ist höher als das des belgischen Premierministers», betonte Herr Carton de "Wiart.

Nach einer Diskussion, in deren Verlaufe die Herren Avenol und Butler an ihrem Antrag auf Erhöhung festhielten, wurde mit 18 gegen 15 Stimmen beschlossen, die Prüfung der Frage auf nächstes Jahr zu verschieben.

3. Beiträge an die Auslagen des Völkerbundes. -- Der Sonderausschuss für Beiträge, der letztes Jahr eingesetzt worden war, unterbreitete der Versammlung einen Bericht, worin er über die genaue Lage in bezug auf die Beiträge der Eechnungsjahre 1936 und 1937. wie in bezug auf die konsolidierten und auf die rückständigen Beiträge. Aufschluss gab. Die Zahlungen auf Eechnung der letzten Jahre sind verhältnismässig befriedigend. Der Prozentsatz der für das laufende Eechnungsjahr eingegangenen Beitrage war, wie schon gesagt, noch nie so hoch. Trotzdem bleibt die Tatsache, dass im Verlaufe der ersten sechs Monate des Jahres 1936 dreiunddreissig Staaten noch keinerlei Einzahlung geleistet und neunzehn davon nicht einmal den Zeitpunkt ihrer Zahlungen angekündigt hatten. Der Sonderausschuss erachtet, dass in dieser Hinsicht die Lage verbessert werden niuss. Er sagt in seinem Bericht : «Die Völkerbundsmitglieder, die regelmässig ihre Beiträge entrichten, müssen sich Eechenschaft darüber geben, dass ihr
eigenes Interesse es nicht zulässt, dass die andern Mitgliedstaaten ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Völkerbund vernachlässigen. Auch haben diese Verpflichtungen infolge der Eevision des Verteilungsschlüssels schon zu verschiedenen Malen Erleichterungen erfahren.» Die konsolidierten Beiträge, die sich am 81. August 1936 auf 7 729 816 Goldfranken beliefen, geben noch zu einiger Beunruhigung Anlass. Trotz der beträchtlichen Herabsetzungen, die den Staaten durch Abkommen mit dem Völkerbund gewährt worden sind, hatten im Monat August nur fünf von elf Staaten die Zahlungen für das laufende Jahr geleistet.

Was die rückständigen Beiträge anbetrifft, so bessert sich die Lage zusehends. Am 30. Juni 1937 beliefen sich die geschuldeten Beträge auf l 119 567

571 Goldfranken (3579944 Goldfranken am 31. Dezember 1935). Eine fortschreitende Erholung lägst sich in dieser Hinsicht feststellen.

Im Verlaufe der Beratung beklagte sich der Delegierte Indiens über die Länder, die ihre Beiträge nicht rechtzeitig entrichten. Nach ihm sollten die rückständigen Beiträge verzinst werden müssen. «Es ist ganz ungerecht, führte er aus, dass die Staaten, die unpünktlich sind oder die unregelmässig bezahlen, die nämlichen Rechte gemessen wie die Staaten, die ihren Verpflichtungen regelmässig nachkommen. » Herr Eappard erklärte namens der schweizerischen Delegation, dass die Abmachungen mit den Schuldnerstaaten oft allzu entgegenkommend gewesen seien. Um 20 000 Franken zu bezahlen, hätten gewisse Länder einen Aufschub von zwanzig Jahren erlangt. Das sei übertrieben.

Der Auftrag des Sonderausschusses wurde für ein Jahr erneuert; da indessen alles vermieden werden muss, was die Staaten zur unvollständigen Abtragung ihrer Schulden veranlassen könnte, so soll er keine Kompetenz mehr besitzen, neue Abkommen mit weiteren Schuldnern zu beantragen.

4. Verteilungsschlüssel für die Ausgaben. -- Einige Delegationen beklagten sich, dass der gegenwärtig in Kraft stehende Verteilungsschlüssel ihres Erachtens Ungleichheiten mit sich bringe ; sie bekundeten den Wunsch, dass eine Sonderkommission sich unverzüglich mit dessen Revision befasse. Die Kommission hielt diesen Vorschlag für verfrüht, da der gegenwärtige Verteilungsschlüssel bis zum 31. Dezember 1939 anwendbar sei. Auf Antrag von Mexiko genehmigte sie indessen eine Entschliessung, die die Regierungen einlud, «alle Anregungen bekanntzugeben, die geeignet sind, die Völkerbundsversammlung von 1938 sowie das Organ, das zur Aufstellung des künftigen Schlüssels eingesetzt werden könnte, über diesen Punkt aufzuklären» 1).

5. Zusammensetzung der Kontrollkommission. -- Man erinnert sich, dass diese Frage infolge eines erneuten Eingreifens der schweizerischen Abordnung im Jahre 1936 zur Prüfung einem Dreierausschuss überwiesen worden war, dem auch Herr Rappard angehörte 2). Dieser Ausschuss unterbreitete der Versammlung seine Schlussfolgerungen, die einerseits einen effektiven Wechsel in der Wahl der Mitglieder der Kontrollkommission vorsahen und andererseits auch eine gewisse Stabilität in den Kommissionsarbeiten erstrebten. Nach der
vorgeschlagenen Ordnung ist jedes Mitglied der Kontrollkommission für drei Jahre gewählt und hat die Möglichkeit, für eine weitere dreijährige Periode wiedergewählt zu werden. Es wird an der Regel festgehalten, wonach ein Mitglied, das während zwei vollen aufeinanderfolgenden Perioden von drei Jahren geamtet hat, während der folgenden drei Jahre nicht mehr wählbar ist.

Der Ausschuss sprach bei dieser Gelegenheit die Hoffnung aus, «dass die nicht wieder wählbaren Kommissionsmitglieder nicht durch Abgeordnete derselben Nationalität ersetzt werden, damit einer möglichst grossen Zahl von Staaten 1 ) Siehe ^Resolution im Anhang, S. 601.

2

) Siehe im letztjährigen Bericht, Bundesbl. 1936, III, 518.

572

Gelegenheit geboten werde, sich mit den Arbeiten der Kommission und den Finanzen des Völkerbundes vertraut zu machen».

Die vierte Kommission nahm die Vorlage unverändert an, nachdem eine kurze Ansprache stattgefunden hatte, in deren Verlauf Herr Eappard die neue Regelung wie folgt kennzeichnete: weder ein Umsturz noch eine Versteifung.

Das forderten wir seit Jahren. Wir wollen hoffen, dass wir weder aus personellen noch aus anderen Gründen anlässlich der künftigen Wahlen einen neuen Misserfolg erleben werden hinsichtlich des Grundsatzes des Personenwechsels, dieses echt demokratischen Prinzips, an dem uns sehr viel gelegen ist.

6. Pensions- und Personalkasse. -- Wie alljährlich, wurde der Versammlung ein Bericht des Verwaltungsrates der Pensions- und Personalkasse unterbreitet, um sie über die hauptsachlichsten Prägen zu unterrichten, die die Verwaltung der Kasse betreffen. Der Verwaltungsrat schlug unter anderem vor, «dass für das Jahr 1938 keine Veränderung des Prozentsatzes der auf den Gehaltern der Kassamitglieder zurückzubehaltenden Beträge vorgenommen werde; dieser Prozentsatz stellt die Beitragsleistung an diese Kasse dar und belief sich bis dahin auf 9 von Hundert». Wahrend der Diskussion erwähnte der Präsident des Verwaltungsrates, Herr Bappard, dass es 953 Kassabezüger gebe und dass das Vermögen der Kasse annähernd 24 Millionen betrage. Er betonte ferner, dass infolge der Abwertung des Schweizerfrankens «sich der Fehlbetrag, den die Beatmungen aufwiesen, in einen beträchtlichen Überschuss verwandelt habe»; dies dank der Voraussicht der finanziellen Berater der Kasse, «die jedes Jahr für die Anlage eines ansehnlichen Teils des Vermögens in Gold eingetreten waren». «Dies Massnahrue, erklärte Herr Bappard, hatte keineswegs den Charakter einer Spekulation gegen den Schweizerfranken. Die Berater Hessen sich von der Erwägung leiten, dass die Kasse geschaffen wurde, um den Ruhestand von Beamten zu sichern, von denen sich die meisten ausserhalb der Schweiz begehen und die ihre Renten in andere Wahrungen umsetzen werden. .Die Lage der Kasse war somit deutlich verschieden von derjenigen der gewöhnlichen Versicherungsgesellschaften.» Herr Rappard legte dar, dass die Lage für die Zukunft heikel bleibe. Die Kasse müsste 4% % des angelegten Geldes zurückziehen, wenn sie sich nach den Berechnungen
der Verfasser ihrer Statuten richten wollte. Dies ist nun gegenwärtig nicht möglich, da die Staaten mit dem sichersten Kredit gegenwärtig Anleihen zu 3 % aufnehmen. Wie soll man da die Erfordernisse der sicheren Anlage, was die erste Pflicht der Kassaverwalter ist, mit denjenigen des Ertrages in Einklang bringen? Für den Augenblick habe der Ausschuss für die Kapitalanlagen den Rat erteilt, alles im Besitze der Kasse befindliche Gold zu verkaufen, «da eine zweite Abwertung des Schweizerfrankens unwahrscheinlich» sei. Nach einem Meinungsaustausch, in dessen Verlauf verschiedene Redner dem Verwaltungsrat für seine Geschäftsführung Anerkennung zollten, während andere gewisse Befürchtungen für die Zukunft àusserten, wurde beschlossen, die Kapitalanlage dem Generalsekretär und der Kontrollkommission zu übertragen, die ihren Entscheid nur fassen

573 sollte «nach Befragung eines Placierungsausschusses bestehend aus drei Mitgliedern, die vom Eat auf Vorschlag des Finanzkomitees zu ernennen sind » 1 ).

7. Technische Zusammenarbeit mit China. -- Es handelt sich um eine sanitarische Hilfe an China, um ihm im Kriege mit Japan zu ermöglichen, gegen die Gefahr einer raschen Verbreitung der Epidemien anzukämpfen, die bei den durch die gegenwärtigen Verhältnisse bedingten Bevölkerungsverschiebungen leicht um sich greifen könnten. Auf Gesuch der chinesischen Delegation war das Problem zunächst im Völkerbundsrat 2) behandelt worden, der es zur Beschlussfassung an die Versammlung gewiesen hatte. Der Entwurf, der einen vornehmlich humanitären Charakter hatte, wurde von allen DeleJ

) Siehe Beschluss im Anhang, S. 602.

) Der Ratsausschuss, der 1933 bestellt worden war, um sich mit der technischen Zusammenarbeit zwischen dem Völkerbund und China zu befassen, hatte dem. Völkerbundsrat nach eingehender Prüfung der Lage einen Bericht unterbreitet, der einstimmig angenommen wurde und der mit folgender Resolution endigte: «Der Ratsausschuss, Hat das Schreiben und die Denkschrift geprüft, welche die chinesische Delegation an den Generalsekretär gerichtet hat und in denen die chinesische Regierung nach Schilderung der schwierigen Lage, die sich für China wegen der drohenden oder schon ausgebrochenen gefährlichen Epidemien ergibt, ersucht, es möchten alle für die technische Zusammenarbeit mit China zu Verfügung stehenden Hilfsmittel unverzüglich eingesetzt werden, um den zuständigen chinesischen Behörden zu ermöglichen, der Situation zu begegnen; In Erwägung, dass die Epidemien sich nicht nur auf dem chinesischen Gebiet zu verbreiten drohen, sondern auch in den Nachbarstaaten und in den überseeischen Ländern ; In Erwägung, dasa die Befugnis des Ausschusses auf die technische Zusammenarbeit mit der chinesischen Regierung beschränkt ist und insbesondere, wie das bis anbin der Fall war, auf die Bezeichnung von Beratern und Technikern, die auf Grund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen ganz besonders geeignet sind, das Problem der hygienischen Fragen zu lösen; Überzeugt, dass die Grosse des zu lösenden Problems, wie es die betreffende Denkschrift zeigt, Hilfsmittel erfordert, die die Kredite beträchtlich übersteigen, die gegenwärtig für die technische Zusammenarbeit mit China zur Verfügung stehen; In Erwägung, dass er indessen in technischer Hinsicht nicht zuständig ist, um eine Ansicht über den tatsächlichen Wert irgendeines Aktionsplans zu äussern; Empfiehlt dem Generalsekretär, sogleich alle verfugbaren und erforderlichen Mittel zu beschaffen, um den chinesischen Behörden zu ermöglichen, den Kampf gegen die Epidemien unverzüglich zu organisieren und dies allenfalls im Rahmen eines weitgehenderen Planes, dessen Durchführung eventuell noch beschlossen werden könnte, aber ohne zuzuwarten, dass dies ausgeführt werde; Lenkt die Aufmerksamkeit des Rates auf den Ernst einer Lage, die mangels rascher Hilfe die angrenzenden und sogar die entfernteren Länder zu bedrohen vermag ; Ersucht den Rat,
zu prüfen, ob es nicht angezeigt sei, die Völkerbundsversammlung im Verlaufe der gegenwärtigen Session einzuladen, die alljährlich für die technische Zusammenarbeit mit China bewilligten Kredite beträchtlich zu erhohen, damit man über die notwendigen Mittel verfuge, um einen Plan anzuwenden, der sobald als möglich durch das Hygienekomitee ausgearbeitet werden sollte, oder durch einen ad hoc besonders bestellten Ausschuss, der nötigenfalls durch Zuwahl auch Experten beiziehen könnte.» 2

574 gationen wohlwollend aufgenommen; doch wurde er unter recht eigenartigen Verhältnissen eingebracht, da umständehalber von den zuständigen technischen Diensten noch keinerlei Hilfsplan ausgearbeitet worden war. Die Kontrollkommission, die den Auftrag erhalten hatte, die finanzielle Seite der Präge zu prüfen, führte in einem kurzen Berichte aus, «dass der Betrag von zwei Millionen Schweizerfranken die vernünftige Grenze bilde für die finanzielle Hilfe, die vom Völkerbund unter so unvorhergesehenen wie auch ausserordentlichen Verhältnissen gewährt werden kann». Diese Summe sollte nach Ansicht der Kommission einmal durch die restlose Zuwendung des chinesischen Beitrages für 1937 an das Hilfswerk aufgebracht werden, d. h. von l 369 335 Franken (abzüglich zirka 422 000 Franken, die dem Internationalen Arbeitsamt und dem Ständigen Internationalen Gerichtshof zukommen), und sodann durch die Aufnahme eines Betrages von ungefähr 750 000 Franken in den Voranschlag; letztere Summe soll zum Kredit von 450 000 Franken, der für die technische Zusammenarbeit mit China schon vorgesehen ist, hinzukommen1).

Mit gewissen Vorbehalten über das zu verfolgende Verfahren fanden diese Anträge die Billigung der Kommission. In Anbetracht des aussergewöhnlichen Charakters des Kredites wurde indessen beschlossen, die Kontrollkommission mit einer besonders genauen Prüfung der Vorschläge zu beauftragen, die der zur Ausarbeitung des sanitarischen Hilfsplanes bestellte technische Ausschuss einbringen wird, damit auf diese Weise die Verwendung des Zweimillionenbetrages kontrolliert werden kann.

F. Soziale und humanitäre Fragen.

Die fünfte Kommission hat sich wie im Vorjahr mit den sozialen Fragen (Kinderschutz, Frauen- und Kinderhandel, Unterstützung unbemittelter Ausländer), mit dem Handel mit Betäubungsmitteln, mit dem Strafrechts- und Gefängniswesen und mit der Tätigkeit des internationalen Hilfsverbandes befasst.

1. Soziale Fragen. -- Der Ausschuss für den Kinderschutz und der zur Bekämpfung des Frauenhandels wurden zu einem einzigen Organ verschmolzen, nämlich zur beratenden Konimission für soziale Fragen. Die Schweiz ist aufgefordert worden, diesem Ausschuss, der zurzeit aus einundzwanzig Ländern besteht, anzugehören. Wir sind in ihm durch Herrn Legationsrat Camille Gorgé, Chef der Völkerbundssektion des Politischen
Departements, vertreten.

Von den Fragen, die von der neuen Kommission an ihrer Tagung vom April 1937 behandelt wurden, sind folgende zu erwähnen: das Programm für die zukünftigen Arbeiten, die Zusammenarbeit mit den anderen technischen Organisationen des Völkerbundes, die Heranbildung von Personen für den Sozialdienst, das Problem der verwahrlosten oder moralisch gefährdeten 1 ) Der Beitrag der Mitglieder des Völkerbundes wird nicht entsprechend erhöht werden, da eine Summe von ungefähr 2 170 000 Schweizerfranken den Mitgliedstaaten aus dem Saldo des Überschusses des Jahres 1936 zurückerstattet wird.

575 Kinder, das der unehelichen Kinder, die Grundsätze für die Jugendgerichte, der Kinematograph, die Gründung einer Zeitschrift für soziale Fragen usw.

Die beratende Kommission befasste sich auch mit einem Vorentwurf zu einem Abkommen über die Zuhälterei, wozu siebenunddreissig Staaten -- einschliesslich der Schweiz -- ihre Bemerkungen bekanntgegeben hatten. Dieser Entwurf, der den Frauenhandel im Innern jedes Landes und die Umtriebe der Zuhälter erfassen willJ1), ist umgearbeitet worden. Ein Unterausschuss, der hierauf im Juni 1937 in Paris zusammentrat, empfahl überdies, dass die Länder, welche noch die geregelte Prostitution haben, statt der Anbringung von Vorbehalten bei der Unterzeichnung des Abkommens eine Erklärung abgeben sollten, wonach sie sich bemühen würden, ihre Gesetzgebung in absehbarer Zeit abzuändern. Die Kommission nahm endlich von den Ergebnissen der Konferenz der Zentralbehörden der Staaten des Orients, die im Februar 1937 in Badoeng (Java) getagt hatte, Kenntnis. Diese Konferenz sprach sich zugunsten der Abschaffung der öffentlichen Häuser aus, sowie für die Schaffung eines Spezialamtes des Völkerbundes im Orient mit der Aufgabe, den Begierungen bei der Bekämpfung des Frauen- und Kinderhandels in diesen Gebieten behilflich zu sein.

Diese Arbeiten führten im Schosse der fünften Kommission zu einer Aussprache, die die Abfassung eines einzigen Berichtes über den Kinderschutz, den Frauen- und Kinderhandel und die Unterstützung unbemittelter Auslander nebst fünf Besolutionen, deren Text man in der Beilage vorfindet a), zur Folge hatte.

o. Kinderschutz. Die Berichterstatterin, Frau Malaterre-Sellier (Frankreich), wies auf die stets zunehmende Bedeutung des Sozialdienstes hin und auf den Ansporn, den die Veröffentlichung einer Druckschrift über die Tätigkeit des Völkerbundes auf sozialem Gebiet zu geben vermöchte. Wie üblich benutzten mehrere Delegierte die Gelegenheit, um vor dem Ausschuss die Fortschritte darzulegen, die auf dem Gebiete des Kinderschutzes in ihren Ländern zu verzeichnen sind. Fräulein Ferrière (Schweiz) berichtete über die Organisation der sozialen Schulen, die in Genf, Luzern und Zürich bestehen. Die Frage der Veröffentlichung einer besonderen Druckschrift über soziale Fragen wurde ziemlich lange besprochen. Der Vertreter Mexikos bestand darauf, dass eine solche
Schrift auch ins Spanische übersetzt -n erde, während unser Vertreter betonte, dass für uns eine deutsche Ausgabe wertvoll wäre. Im Namen Bumäniens bekundete, wie schon in früheren Jahren, Fräulein Vacaresco den Wunsch, es mochte das Problem der Vernachlässigung der Familie geprüft werden.

6. F r a u e n - und Kinderhandel. Der Berichterstatter lenkte die Aufmerksamkeit auf die Fortschritte der internationalen Gesetzgebung in bezug auf den Frauen- und Kinderhandel. Zurzeit sind fünfzig Staaten an der Über1 ) Vgl. unseren Bericht über die XVII. Versammlung, vom 18. Dezember 1936, Bundeabi. 1936, Bd. III, S. 521.

«) Siehe S. 605.

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einkauft von 1921 zur Unterdrückung des Frauenhandels beteiligt; achtundvierzig Staaten sind durch das Abkommen von 1923 zur Unterdrückung der Verbreitung und des Vertriebes unzüchtiger Veröffentlichungen gebunden; ferner wird das Abkommen vom 11, Oktober 1933 betreffend die Unterdrückung des Handels mit volljährigen Frauen von zweiundzwanzig Staaten angewandt.

Der Berichterstatter war auch erfreut, auf die Fortschritte hinweisen zu können, die in verschiedenen Ländern, wie Argentinien, Uruguay und Japan, in bezug auf die Abschaffung der öffentlichen Häuser erzielt worden sind, und er erinnerte daran, dass in Franfa-eieh Gesetzesentwürfe vorbereitet werden betreffend die Prophylaktik der Geschlechtskrankheiten sowie die Unterdrückung des öffentlichen Anlockens zur Unzucht und der Kuppelei.

Fräulein Yen (China) pflichtete dem Gedanken der Schaffung einer Zentralstelle im Orient lebhaft bei. Sie erwähnte die Schwierigkeiten, auf die die chinesische Regierung bei ihren Bestrebungen zur Bekämpfung des Mädchenhandels gestossen ist; diese Schwierigkeiten sind auf die mangelnde Koordination der Bemühungen der chinesischen Behörden einerseits und derjenigen der Behörden der fremden «Settlements» und der Kolonien der Westmächte andererseits, zurückzuführen.

c. U n t e r s t ü t z u n g unbemittelter Ausländer. Im September 1987 hatte der Völkerbundsrat *) die Bemerkungen der Regierungen über den zweiten Entwurf eines mehrseitigen Abkommens zur Unterstützung unbemittelter Ausländer an den Sachverständigenausschuss gewiesen. Dieser Ausschuss wird voraussichtlich anfangs 1938 wieder zusammentreten. Fräulein Ferrière erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass sich die schweizerische Regierung dem Entwurt eines mehrseitigen Abkommens für die Unterstützung unbemittelter Ausländer nicht habe anschliessen können, dass sich ihre Vertreter im Expertenausschuss aber bereit erklärt hätten, nötigenfalls einen Musterentwurf zu einem zweiseitigen Abkommen auszuarbeiten.

Der Berichterstatter erwähnte sodann die in Brüssel im August 1937 stattgefundene Zusammenkunft eines Sachverständigenausschusses, der durch das Institut zur Vereinheitlichung des Privatrechtes in Rom einberufen worden war, um das Problena der Erfüllung der Unterstützungspflichten im Ausland zu prüfen.

2. Handel mit Betdubunrjsmittelnund seine
Überwachung. -- Seit der letzten Versammlung hatte die beratende Volkerbundskommission für den Handel mit Opium und anderen schädlichen Drogen vom 24. Mai bis zum 12. Juni 1937 ihre jährliche Tagung abgehalten. Ihre Aufmerksamkeit hatte vornehmlich den Ergebnissen aus der Anwendung der bestehenden Abkommen, dem Schleichhandel, der Lage im Fernen Osten und den Vorbereitungsarbeiten für eine Konferenz für die Beschränkung und Überwachung der Opiumpflanzungen und der Erzeugung von Rohopium gegolten 2).

1 ) Vgl. unseren Bericht über die XVII. Versammlung, vom 18. Dezember 1936, Bundesbl. 1936, Bd. III, S. 520.

2 ) Vgl. unseren Bericht über die XVII. Versammlung, Bundesbl. 1936, Bd. III, S. 522 bis 524.

577 Die immer allgemeiner und strenger werdende Anwendung der internationalen Abkommen, die engere Zusammenarbeit zwischen den Eegierungen, den Verwaltungen und den Polizeiorganen haben eine merkliche Besserung der Lage mit sich gebracht. Eine Prüfung der Statistiken der Jahre 1931 bis 1935 zeigt, dass nicht nur das Gesamtvolumen der erlaubten Herstellung von schädlichen Drogen beträchtlich eingeschränkt wurde, sondern dass diese Herstellung auch eine starke Tendenz aufweist, sich auf dem Niveau des berechtigten Weltbedarfes zu stabilisieren. Immerhin muss eine beträchtliche Zunahme im Jahre 1936 vermerkt werden.

Aus den Erklärungen, die der beratenden Kommission abgegeben wurden, geht leider hervor, dass trotz der von der chinesischen Eegierung bei der effektiven Durchführung des Sechsjahresplanes erzielten Fortschritte -- dieser Plan bezweckt die fortschreitende Unterdrückung der Anpflanzung und des Gebrauchs von Opium sowie der nicht medizinischen Verwendung von Betäubungsmitteln -- die Lage in den Gebieten Chinas, die dem japanischen EinfluhS unterstehen, sich im Laufe der Jahre 1936 und 1937 zusehends verschlimmert hat. Zwar hat in den drei wichtigsten Provinzen südlich der grossen Mauer die Herstellung von Bohopium abgenommen, doch ist in anderen Gegenden die entgegengesetzte Erscheinung beobachtet worden, hauptsächlich in der Mandschurei und im Hopei, wo die heimliche Fabrikation von Betäubungsmitteln blüht, wobei sie nicht nur durch chinesisches, sondern auch durch iranisches Opium beliefert wird. Immerhin hat Japan seine Gesetzgebung gegen die Bauschgifthändler kürzlich durch drei neue Verordnungen verschärft, die auch auf japanische Staatsangehörige in China anwendbar sind.

Was die Vorbereitungsarbeiten für die Konferenz zur Beschränkung der Mohnpflanzungen und der Erzeugung von Eohopium anbetrifft, konnte im Schosse der beratenden Kommission für Opium und andere schädliche Drogen ein Vergleich über gewisse Grundsätze erzielt werden. Es wurde unter anderem festgelegt, dass der Auftrag der Konferenz weit genug gefasst sein müsse, um jede Frage betreffend Produktion und Verwendung der Mohnpflanze und des Opiums behandeln zu können.

Die Beratungen der fünften Kommission wurden eröffnet durch eine Darlegung des Berichterstatters, Herrn da Matta (Portugal), über die Eatifizierung des
Abkommens von 1936 zur Unterdrückung des unerlaubten Handels mit schädlichen Drogen, sowie über die Vorbereitungsarbeiten für die internationale Konferenz zur Beschränkung der Mohnpflanzungen und der Erzeugung von Eohopium. Da das Abkommen von 1936 bis dahin nur von Indien ratifiziert wurde, wies Herr da Matta nachdrücklich auf die Tatsache hin, dass die strenge Eegelung, die durch die Konventionen von 1912, 1925 und 1931 getroffen wurde, sich nur dann als völlig wirksam erweisen könne, wenn das im letzten Jahr unterzeichnete Abkommen in Kraft trete. Er versuchte sodann darzulegen, dass eine Beschränkung der Eohstoffe, die zur Herstellung der Betäubungsmittel dienen, das Übel bei der Wurzel fassen und den beunruhigenden Fortschritten der heimlichen Fabrikation ein Ende setzen würde.

Bundesblatt. 89. Jahrg. Bd, III.

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Im Verlaufe der Diskussion gab Miss Ward (Vereinigtes Königreich) von einem Gesetz über die Betäubungsmittel Kenntnis, das im Juli 1937 in der Mandschurei in Kraft gesetzt wurde und das eine äusserst genaue Überwachung der Fabrikation, der Lieferung und der Ausfuhr der schädlichen Drogen vorsieht. Herr Hoo Ghi-Tsai (China) teilte mit, dass seine Eegierung der Konferenz zur Beschränkung der Mohnpflanzungen den grössten Wert beimesse und alles daran setzen werde, um den Erfolg dieser Zusammenkunft zu sichern.

Er unterstrich erneut die Anstrengungen Chinas zur Unterdrückung der Herstellung und des Schleichhandels mit Betäubungsmitteln, indem er gleichzeitig auf die Tatsache hinwies, dass es eine grosse Zahl von Händlern gebe, die nicht den chinesischen, sondern nationalen Gesetzen mit ungenügenden Strafbestimmungen unterstehen.

Nach Schluss der Beratung fasste der Ausschuss die Resolution, deren Wortlaut wir in der Beilage zu diesem Bericht veröffentlichen1).

3. Fragen des Strafrechtes und des Gefängniswesens. ·-- Seit der letzten Tagung der Versammlung hatten 9 Regierungen dem Sekretariat des Völkerbundes Auskunft über das Strafrechts- und Gefängniswesen und über die Inkraftsetzung der Gesamtheit der von der Versammlung früher genehmigten Vorschriften zur Behandlung der Gefangenen erteilt. Die Zahl der eingelaufenen Regierungsberichte über diese Frage erhöhte sich dadurch auf vierzig.

Der Berichterstatter, Herr Hearne (Irland) stellte mit Befriedigung die Verbesserung in der Behandlung der Gefangenen fest, die dank der Unterstützung des Völkerbundes erzielt wurde. Er zollte ebenfalls der Mitarbeit verschiedener internationaler technischer Organisationen und insbesondere den Arbeiten von Professor Simon van der Aa, des Sekretärs der internationalen Kommission für Strafrechts- und Gefängniswesen, seine Anerkennung. Sodann wies er auf das Problem der Behandlung der Angeklagten und der Zeugen hin, das von der «Howard League for Penai Reform» aufgeworfen worden war, und auf die Frage der Ausweisung der ausländischen oder staatenlosen Delinquenten nach der Strafverbüssung. Herr Pella (Rumänien) erinnerte andererseits an die von der internationalen Kommission für Strafrechts- und Gefängniswesen eingeleitete Untersuchung über die Zahl der Gefangenen über achtzehn Jahren sowie über die Mittel, diese Zahl
zu verringern. Der Vertreter Frankreichs gab von verschiedenen Reformen auf dem Gebiete der beaufsichtigten Erziehungsanstalten Kenntnis, und er hob hervor, dass ein Gesetzentwurf über die Aufhebung des Bagno vor dem französischen Parlament liege.

Die fünfte Kommission fasste keine besondere Resolution; sie beschränkte sich darauf, ihre Schlussfolgerungen in einem Bericht niederzulegen. Der Generalsekretär wurde einerseits beauftragt, die verschiedenen internationalen Organisationen einzuladen, ihre Anregungen in bezug auf die Massnahmen zum Schutz der Angeklagten und der Zeugen gegen alle geistigen und körperlichen Zwangsmittel vorzubringen, und andererseits die siebente internationale Kon!) Siehe S. 604.

579 ferenz für die Vereinheitlichung des Straf rechts, die im Januar 1938 in Kairo stattfinden wird, zu bitten, die Frage der Lage der Verurteilten nach der Freilassung auf ihre Tagesordnung zu setzen.

4. Welthilfsverband. -- Herr Para-Pérez (Venezuela) legte dar, dass der Welthilfsverband ungeachtet der Tatsache, dass er während des Berichtsjahres nicht um Beistand angegangen wurde, nichts unterlassen habe, um sich für die Übernahme der Mission vorzubereiten, die ihm durch Konvention anvertraut worden war. So hat er mit der Unterstützung der franzosischen Eegierung die erste internationale Konferenz zum Schutz gegen die Naturkatastrophen, die vom 13. bis 17. September 1937 in Paris abgehalten wurde, organisiert. Der Exekutivausschuss fährt fort, das Problem der Anwendung des Versicherungsprinzipes auf den Schutz gegen die Katastrophen zu prüfen, und er ist ferner bemüht, weitere Länder für das Übereinkommen vom 12. Juli 1927 zu gewinnen.

G. Politische Fragen.

Die Versammlung hatte wie üblich die Frage der Mandate und die Flüchtlingsfrage zur Prüfung an die sechste Kommission gewiesen. Zu diesen Fragen trat dieses Jahr noch das spanische Problem. Was den chinesisch-japanischen Konflikt anbetrifft, wurde er. wie man später sehen wird, von dem beratenden Ausschuss für den Fernen Osten, der seit Mai 1934 nicht mehr zusammengetreten war, behandelt.

1. Mandate. -- Wie im Vorjahr wurde die von der ständigen Mandatkommission im Berichtsjahre geleistete Arbeit vom norwegischen Delegierten, Herrn Lange, besprochen und erläutert. Dieser zeigte sich erfreut, dass die Kommission dem Grundsatz der offenen Ture in den Mandatgebieten vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Auch bekundete er seine Befriedigung über die erfolgreichen Bemühungen des Volkerbundes zur gütlichen Beilegung des Streites von Alexandrette, der sich zwischen der Türkei und Frankreich als Vertreter von Syrien, erhoben hatte. Mit Bezug auf Palästina wies Herr Lange auf die Schwierigkeiten hin, die dem Teilungsproblem anhaften. Er erinnerte daran, dass die Mandatkommission, als sie sich zur Prüfung dieser Möglichkeit bereit erklärte, «damit nicht ihre Zustimmung zum Gedanken der sofortigen Schaffung zweier neuer unabhängiger Staaten gegeben habe». Sie vertrat im Gegenteil die Auffassung, «dass die Verlängerung der Lehrperiode für die
politische Freiheit, wie sie das Mandat darstellt, für jeden der beiden zu bildenden Staaten unerlässlich wäre». Nach der Ansicht des norwegischen Delegierten sollte diese abwartende Haltung der Kommission auch der Versammlung eine gewisse Zurückhaltung gebieten.

Die allgemeine Aussprache, an der sich mehrere Abgeordnete beteiligten, war ganz dem palästinischen Problem gewidmet. Der Vertreter Polens, also eines Landes mit verhältnismässig zahlreicher jüdischer Bevölkerung, vertrat die Auffassung, «dass die jüdische Heimstätte der jüdischen Nation nicht nur die Grundlagen ihres geistigen und politischen Lebens geben sollte, sondern

580 auch die Hoffnungen nicht zerstören, dürfe, die ein grosser Teil der gegenwärtig im Schatten des Mandates in Verzweiflung lebenden jüdischen Bevölkerung auf die Verwirklichung der Grundsätze der Balfourdeklaration gesetzt hat».

Er verlangte, dass diese Heimstätte geeignet bleiben müsse «einen ansehnlichen Teil der jüdischen Volksmassen, deren wirtschaftliche Existenz heute nur durch die Auswanderung gesichert werden kann, innerhalb ihrer Grenzen aufzunehmen». Der-albanische Delegierte glaubte, dass es möglich sein sollte, einen modus vivendi zu finden, der Juden und Araber zu befriedigen vermochte.

«Warum», so fragte er, «schafft man in Palästina nicht statt kleiner Staaten, die sich andauernd streiten und zur Beilegung ihrer Zwistigkeiten an den Völkerbund gelangen würden, Kantone wie in der Schweiz?» Ägypten und Irak bezogen unzweideutig für die Integrität des palästinischen Gebietes Stellung. «Alle Argumente, die zur Bechtfertigung der Einwanderung von Juden nach Palästina angeführt werden, gründen sich auf eine Eeihe von Zusammenhanglosigkeiten, die, falls anderswo angewandt, nur Gespött hervorrufen würden», bemerkte der irakische Delegierte Tawfik el Swaidy. Der Vertreter Grossbritanniens verschwieg nicht, dass es für seine Regierung keine andere Lösung gebe als die Aufteilung; es sei dies der einzige Weg, der ihr erlaube, «die beiden ihr obliegenden Verpflichtungen in Einklang zu bringen: die von Artikel 22 des Paktes, nach der sie daran zu arbeiten habe, das unter Mandat stehende Gebiet seiner politischen Unabhängigkeit zuzuführen, und diejenige der Balfourdeklaration, wonach sie in Palästina eine jüdische Heimstätte zu schaffen habe».

Auf Antrag des Berichterstatters, dessen Bericht der heiklen Frage wegen absichtlich kurz gefasst war, genehmigte die Kommission zum Schlüsse eine Besolution, worin der Mandatkommission und dem Bat das Vertrauen bekundet und insbesondere der Überzeugung Ausdruck gegeben wird, dass die palästinische Frage, womit sich der Bat zurzeit befasst, in gerechter Weise gelöst werden wird, wobei in weitestem Masse allen berechtigten Interessen Bechnung getragen werden soll1).

2. Flüchtlinge. -- In Erfüllung des Auftrages, der ihm von der siebzehnten Versammlung übertragen worden T, ar 2), hatte Herr Michael Hanssen, Präsident des Flüchtlingsarntes Xansen. zuhanden
der Begierungen einen Bericht über die Liquidation des Amtes bis Ende 1938 sowie über die Fortführung der Aufgaben des Amtes nach seiner Auflösung ausgearbeitet. Was die Liquidation des Amtes anbetrifft, so bietet sie keinerlei Schwierigkeiten, da die Verträge des Personals der Zentralstelle und ihrer achtzehn Delegationen im Ausland nicht über den 31. Dezember 193S hinaus gültig sind. Hinsichtlich der Weiterführung der dem Amt zukommenden Aufgaben betonte der Bericht die Grosse und Wichtigkeit der noch zu bewältigenden Arbeit. Von den 600 000 Flüchtlingen, die unter dem Schutze des Nansenamtes stehen, bedarf die Mehrzahl noch einer wirksamen Hilfe, falls sie nicht dem Elend anheimfallen soll. Denn *) Siehe Eesolution in der Beilage, S. 607.

2 ) Siehe unseren letzten Bericht, Bundesbl. 1936, Bd. III, S. 527.

581 wenn die Liquidierung des Problems der Saarflüchtlinge bis zum vorgesehenen Datum in Aussicht genommen werden kann, so trifft dies in bezug auf die russischen und armenischen Flüchtlinge nicht zu, und zwar vorab wegen des Mangels an Geldmitteln. So müssen noch an die 1000 Familien armenischer Flüchtlinge in Syrien untergebracht werden. Der Bericht betonte zudem die Notwendigkeit der Fortsetzung der materiellen Hilfe für die notleidenden Flüchtlinge (Verallgemeinerung des Nansenmarkensystems, Verwaltung des Humanitätsfonds), sowie der Massnahmen für die graduelle Assimilation der Flüchtlinge und endlich der Fürsorge für ihre Ansiedlung und für die Verbesserung ihrer Eechtsstellung.

Der Oberkommissar für die Flüchtlinge aus Deutschland, Sir Neill Malcolm, hatte seinerseits als Ergebnis der Schritte, womit ihn die letzte Versammlung beauftragt hatte, die Unterschrift von sieben Staaten -- einschliesslich der Schweiz -- für die provisorische Vereinbarung vom 4. Juli 1936 betreffend das Statut dieser Flüchtlinge beigebracht. Die Auswanderung und die Niederlassung der besagten Flüchtlinge hat seit 1936 wegen der einschränkenden Massnahmen, die in verschiedenen Ländern getroffen wurden und die vorab die Einwanderung in gewisse Nachbarstaaten Deutschlands noch vergrösserten, keine Fortschritte mehr gemacht.

Die Aussprache im Schosse der sechsten Kommission wurde mit der Frage eröffnet, ob das Werk zugunsten der Flüchtlinge unter irgendeiner Form weitergeführt werden solle oder nicht. Mit Ausnahme des Vertreters der Sowjets, der sich darauf beschränkte, die von seinem Lande in der letzten Versammlung eingenommene Haltung zu bestätigen, sprachen sich alle Abgeordneten entschieden in bejahendem Sinne aus und schlössen sich den Anregungen von Herrn Koht, norwegischen Aussenministers, und von Lord Cranborne (Vereinigtes Königreich) an, die die Verschmelzung des Nansenaintes und des Oberkommissariates in London in eine einzige Institution befürworteten.

Einige Abordnungen beharrten darauf, dass nicht vom Grundsatz abgewichen werde, wonach die Mittel des Völkerbundes nur zum rechtlichen Schutz der Flüchtlinge und nicht zu ihrer Unterstützung oder Ansiedlung dienen dürfen.

Wie in früheren Jahren wurde beschlossen, das ganze Problem wieder an den durch Herrn Motta präsidierten Unterausschuss zu weisen. Dieser
hatte in erster Linie darüber zu befinden, ob dem Nansenamt der verlangte Nachtragskredit von 104 000 Franken, der ihm die Fortsetzung seiner Tätigkeit im nächsten Geschäftsjahr ermöglichen sollte, zu bewilligen sei. Nachdem sich die U. S. S. E. gegen die Gewährung dieses Kredites ausgesprochen hatte, empfahl der Unterausschuss mit allen gegen eine Stimme, das Kreditbegehren mit günstigem Mitbericht der vierten Kommission zu unterbreiten.

Im Verlaufe der Diskussion, die in der sechsten Kommission einsetzte, iob Herr Stern (U. S. S. E.) hervor, dass gemäss dem von der Versammlung im Jahre 1931 beschlossenen Finanzprogramm das Nansenamt für 1938 nur einen Betrag von 63 000 Franken beanspruchen könne. Herr Hansson entgegnete, dass dieses Programm von der tatsächlichen Vollendung des he-

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gonnenen Werkes abhänge und dass es übrigens in der Macht der Versammlung stehe, jederzeit auf ihre früheren Beschlüsse zurückzukommen. In der vierten Kommission bestand die sowjetische Abordnung auf ihrer Weigerung.

Die gleiche Opposition zeigte sich im Unterausschuss mit Bezug auf die Fortführung des Hilfswerkes nach 1938. Die Mehrheit fand sich indessen damit ab und brachte einen Besolutionsentwurf ein, der auf folgenden Grundsätzen fusste: 1. da das Fluchtlingsproblem weiter besteht, ist ein Versammlungsbeschluss über die Zukunft des Hilfswerkes erforderlich; 2. der Völkerbund wird seine Tätigkeit auf dein Gebiete des politischen und rechtlichen Flüchtlingsschutzes fortsetzen; 3. die Versammlung von 1938 wird die Frage des Hilfswerkes in seiner Gesamtheit erneut prüfen; 4. der Generalsekretär wird den Eegierungen vor dem Monat Mai des nächsten Jahres einen eingehenden Plan über die Weiterführung des Hilfswerkes nach 1938 unterbreiten.

In der Plenarversammlung der Kommission erklärte der sowjetrussische Delegierte, dass seine Eegierung nicht in der Lage sei, einer Fortführung des Werkes über den früher festgesetzten Zeitpunkt hinaus beizupflichten. Da diese Opposition jeden Versammlungsbeschluss verhindern sollte, empfahl der französische Delegierte Grumbach der Kommission, darauf zu verzichten, die gegenwärtige Versammlung mit dieser Frage zu befassen und sie, um Zeit zu gewinnen, an den Ausschuss zurückzuweisen, der vordem für die internationale Flüchtlingshilfe gebildet worden war; dieser sollte dem Bat vor der nächsten Versammlung Bericht erstatten. Lord Cranborne wandte ein, dass diese Lösung trotz ihrer Scharfsinnigkeit nicht erlauben würde, das Wesentliche zu erreichen, nämlich eine formelle Zusage der Eegierungen in bezug auf die Zukunft des Hilfswerkes; das hiesse den Völkerbund vor das Ungewisse stellen. Nach einer Intervention des Berichterstatters, Herrn Motta, der verlangte, die Kommission möchte unumwunden die Verantwortung übernehmen, hielt man den französischen Vorschlag nicht aufrecht und brachte die Anträge des Unterausschusses zur Abstimmung. Die Teile der Eesolution über die Flüchtlinge aus Deutschland und über die im Gange befindlichen Arbeiten des Nansenamtes erzielten Einstimmigkeit, während die Abschnitte betreffend die Zukunft des Hilfswerkes, wie erwartet, dem Widerstand
der U. S. S. E. begegneten 1). Die französische Abordnung behielt sich vor, ihren Vergleichsvorschlag vor der Versammlung wieder aufzunehmen. Das nächste Kapitel wird zeigen, wie dieser Antrag von vier Delegationen der Versammlung unterbreitet wurde und was diese schliesslich beschloss.

3. Lage in Spanien. -- Die Frage vrar auf Wunsch der spanischen Delegation selber an die sechste Kommission gewiesen worden. Diese hörte einen langen Bericht des Herrn del Vayo an, der unter anderem verlangte, «dass man den Angriff anerkenne, dem Spanien von Seiten Deutschlands und Italiens zum Opfer fiel» und dass «der Völkerbund mit aller Dringlichkeit die Möglichkeit prüfe, diesem Angriff ein Ende zu setzen». «Falls ... der Völkerbund», 1

) Siehe in bezug auf die Abstimmung der Versammlung S. 589.

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fügte er bei, «nicht in der Lage ist, dem angegriffenen Staate die aktive Unterstützung zu leihen, auf die er gemäss Pakt Anspruch hat, so soll er wenigstens nicht die Ungerechtigkeit begehen, ihn zu hindern, sich aus eigener Kraft die Mittel zur Verteidigung zu beschaffen.» Herr Delbos legte im Namen Frankreichs dar, in welchem Geiste seine Eegierung die europäischen Mächte eingeladen habe, «gemeinsam die Verpflichtungen der Nichteinmischung zu übernehmen». Es hätte nach seiner Ansicht weder den Interessen des Friedens noch denen Spaniens entsprochen, wenn sich ein Wettbewerb gebildet hätte mit dem Ziele, den beiden kämpfenden Parteien materielle Hilfe zu bringen.

«Die Ideologien waren schon aufeinander gestossen; sollten auch die Völker zusammenprallen? Es ist ganz unbestreitbar, dass die Politik der Nichteinmischung, wie sie gedacht gewesen war, im Prinzip der striktesten Auslegung des Völkerbundsvertrages entsprach», erklärte der Vertreter Frankreichs. Dank dieser Politik, habe übrigens «der europäische Friede trotz tausend Drohungen und durch tausend Gefahren hindurch bis heute erhalten werden können».

Nach diesen Ausführungen gab der französische Delegierte zu, dass «grobe Verstösse in bezug auf die Nichteinmischung begangen wurden», aber seine Eegierung sei entschlossen, ihre ganze Macht einzusetzen, «um die Anwendung der eingegangenen Verpflichtungen tatsächlich zu verwirklichen». Nach Ansicht des Vertreters des Vereinigten Königreiches kam das Nichteinmischungsabkommen zur richtigen Stunde, denn «es war wichtig, es war dringlich zu verhindern, dass der internationale Konflikt nicht über die Grenzen Spaniens hinaustrete, um sich auf ganz Europa zu erstrecken». Wohl sind Verletzungen des Abkommens vorgekommen, doch hat die britische Regierung ihre Haltung nie geändert: «Es ist Sache des spanischen Volkes, darüber zu entscheiden, welche Eegierungsform es sich geben will.» Der mexikanische Delegierte machte gemeinsame Sache mit Herrn del Vayo. «Für uns», erklärt er, «besteht kein Zweifel, dass ein Angriff auf die Unabhängigkeit Spaniens vorliegt, wenn man, sich in dessen innere Angelegenheiten einmischend, eine gegen die verfassungsmässige Eegierung erhobene Partei unterstützt, um einer bestimmten Ideologie zum Siege zu verhelfen.» Der Vertreter Norwegens, Herr Koht, vertrat die Ansicht,
dass sich der Völkerbund nicht in Stillschweigen hüllen dürfe; er habe die Pflicht, zu handeln.

Er sollte mehr tun als die «militärische Einmischung der fremden Nationen in den spanischen Bürgerkrieg zu verurteilen»; er sollte sich bemühen, einen Waffenstillstand herbeizuführen, der gestatten würde, «mit Hilfe des Völkerbundes Mittel und Wege für eine friedliche Lösung des Konfliktes zu suchen». Nach Auffassung des Herrn Litwinoff (U. S. S. E.) war die Nichteinmischungspolitik ein Fehlschlag; man sollte eine andere Art des Vorgehens finden. Andere Delegierte, so der österreichische, der ungarische und der polnische, mahnten im Gegenteil zur Vorsicht und, nachdem der spanische Vertreter nochmals Einspruch erhoben hatte gegen das, was er «die Fiktion der Nichteinmischungspolitik» nannte, wurde die ganze Angelegenheit an eine Eedaktionskommission gewiesen.

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Die Aufgabe dieser Kommission war sehr beschwerlich; erst nach drei langen Sitzungen, in denen sehr entgegengesetzte Meinungen vorgetragen wurden, gelang es, sich auf einen Eesolutionsentwurf zu einigen. Dieser Entwurf rief in der Kommission einer ziemlich langen Diskussion. Verschiedene Abgeordnete vertraten die Ansicht, dass er in gewissen Punkten nicht deutlich genug oder allzu schwerfällig sei. So weigerte sich Herr de Vaierà (Irland) für den Fall, dass eine Zurückziehung der ausländischen Kämpfer nicht erzielt werden könnte, das Ende der Nichteinmischungspolitik in Erwägung zu ziehen.

Trotz dieser Vorbehalte stimmte die Mehrheit der Kommission dem Entwurf in der Form, wie er ans den Beratungen der Eedaktionskommission hervorgegangen war, zu. Wie man unten sehen wird, wurde die Eesolution von der Versammlung nicht angenommen1).

4. Chinesisch-japanischer Konflikt. -- Gestützt auf die Artikel 10,11 und 17 des Paktes war die chinesische Regierung am 30. August und am 12. September an den Völkerbundsrat gelangt, um darzutun, unter welchen Bedingungen sich das, was sie «den japanischen Angriff in China» nannte, ereignet und entwickelt hatte. Der erste Hilferuf endete mit folgenden Worten: «Indem es willentlich den Frieden im Fernen Osten störte, hat Japan die wesentlichen Grundsätze des Völkerbundsvertrages verletzt? durch die Benützung des Krieges als eines Instrumentes nationaler Politik und durch die Missachtung aller friedlichen Mittel für die Beilegung internationaler Streitigkeiten hat es gegen den Pariser Vertrag von 1928 verstossen; indem es die von ihm eingegangene Verpflichtung zur Achtung der Souveränität und der Unabhängigkeit sowie der territorialen und administrativen Unverletzbarkeit Chinas nicht einhielt, handelte es dem im Jahre 1922 in Washington abgeschlossenen Neunmächtevertrag zuwider.» Nach Anhörung des chinesischen Delegierten Wellington Koo, der hervorhob, dass «dieser Angriff die territoriale Integrität und die Unabhängigkeit Chinas, eines Mitgliedes des Völkerbundes, bedrohe und daher umsichtige und wirksame Mittel erfordere, um den Völkerfrieden aufrechtzuerhalten», hatte der Rat in seiner Sitzung vom 16. September beschlossen, die Frage an den Beratenden Ausschuss zu weisen, der von der Versammlung am 24. Februar 1933 zur Behandlung des chinesisch-japanischen Konfliktes
eingesetzt worden war 2). Der Abgeordnete Chinas hatte sich mit dieser Überweisung einverstanden erklärt, indem er feststellte, dass «der Rat dennoch mit dem Begehren befasst bleibe und dass sich die chinesische Regierung das Recht vorbehalte, den Rat. falls die Umstände es erforderten, zu bitten, Massnahmen gemäss Artikel 17 des Paktes zu ergreifen, welcher Artikel zusammen mit den Artikeln 10 und 11 von China formell angerufen wurde».

In einer ersten Sitzung vom 21. September bezeichnete der beratende Ausschuss einen neuen Präsidenten, und zwar Herrn Munters, Lettlands Minister des Auswärtigen, und beschloss daraufhin, China und Japan, die 1) Siehe Kapitel VI, S. 589.

2 ) Die Schweiz ist darin vertreten.

585 streitenden Parteien, sowie Deutschland und Australien zur Teilnahme an seinen Arbeiten aufzufordern. Deutschland und Japan lehnten in der Folge die Einladung ab. Wie 1933 waren die Vereinigten Staaten von Amerika durch ihren Minister in Bern vertreten, der das Amt eines Beobachters versah1).

Am 27. September hörte das Komitee eine wahre Anklagerede des Herrn Wellington Koo gegen das Eindringen der japanischen Armee in sein unglückliches Land. Er trat unter anderm entrüstet gegen die japanischen Kampfmethoden auf. Nach Beendigung dieser Eede bat der britische Vertreter den Ausschuss, sich unverzüglich über die Luftangriffe der japanischen Truppen zu äussern. «Worte sind nicht imstande,» erklärte Lord Cranborne, das «Entsetzen der zivilisierten Welt auszudrücken über diese Beschiessungen offener, weit vom Kriegsschauplatz entfernter Städte, wobei militärische Ziele oft von untergeordneter Bedeutung erscheinen. Zweck solcher Bombenangriffe ist es natürlich, durch Niedermetzelung der Zivilbewohner panischen Schrecken einzuflössen.» Der englische Delegierte fand lebhafte Unterstützung bei den Vertretern Frankreichs, Schwedens und der U. S. S. E., worauf das Komitee die Annahme einer Eesolution beschloss, welche die erwähnten Bombenangriffe brandmarkt. Da ein gewisses Interesse bestand, dass der gesamte Völkerbund diese Art der Kriegsführung verurteile, wurde die Eesolution der Versammlung unterbreitet, von der sie dann einstimmig gutgeheissen wurde 2).

Der Vertreter der Vereinigten Staaten teilte später mit, auch in den Augen der amerikanischen Eegierung sei «die allgemeine Beschiessung ausgedehnter, von einer zahlreichen und in Frieden lebenden Bevölkerung bewohnter Gebiete nicht zu rechtfertigen und verletze die Gebote des Eechts und der Menschlichkeit».

In einer weitern Sitzung des Komitees setzte die allgemeine Aussprache über die Lage in China ein. Sie fiel verhältnismässig kurz aus. Der Vertreter Ecuadors äusserte sich dahin, der Völkerbund sei nur lebensfähig, wenn er die «Verletzungen des Völkerbundsvertrags, des Völkerrechts und der internationalen Verpflichtungen» wenigstens moralisch verurteile. Lord Granborne focht namens des Vereinigten Königreichs die These an, wonach dieser Krieg lediglich Sache der Parteien sei; «diese Frage muss im Gegenteil die zahlreichen Mächte beunruhigen,
die Interessen im Fernen Osten besitzen». Die britische Eegierung hat denn auch alles getan, was in ihren Kräften stand, um eine friedliche Beilegung des Konfliktes herbeizuführen. Sie hat die streitenden Parteien zur Mässigung aufgefordert. Dessenungeachtet «wurde der Streit mit zunehmender Wucht fortgesetzt, ohne die geringste Eücksicht auf die Gebote der Menschlichkeit». Gewiss soll der Völkerbund keine Massnahmen ins Auge *) Der sogenannte Dreiundzwanziger Ausschuss bestellt inskünftig aus folgenden Staaten: Australien, Belgien, Bolivien, Vereinigtes Königreich, Canada, China, Columbien, Ecuador, Vereinigte Staaten von Amerika, Prankreich, Ungarn, Iran, Lettland, Neuseeland, Niederlande, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Tschechoslowakei, U. S.S.B.

2 ) Vgl. den Wortlaut dieser Piesolution in der Beilage, S. 614.

586 fassen, die er nicht durchzuführen vermag, doch darf er die Bemühungen zur Beendigung der Feindseligkeiten nicht einfach preisgeben. Daher begrüsste auch Lord Cranborne die von Australien angeregte Einberufung einer Konferenz der an den fernöstlichen Ereignissen besonders beteiligten Mächte, «um zu versuchen, ein Mittel zur Beilegung des Konfliktes zu finden oder sich über zweckdienliche Massnahmen zu einigen». Die franzosische Delegation zog es vor, ihre Stellungnahme nicht öffentlich bekanntzugeben und beantragte die sofortige Überweisung der ganzen Angelegenheit an einen Unterausschuss ; gegen diesen Vorschlag wurde nichts eingewendet, so dass die Aussprache mit Ausschluss der Öffentlichkeit ihren Fortgang nahm.

Der Unterausschuss *·) stand vor einer ebenso verworrenen wie heiklen Aufgabe; nach viertägiger Beratung überreichte er dem Dreiundzwanziger Ausschuss zwei Berichte. Im ersten gab er einen Überblick über die Ereignisse, die sich in China seit Anfang Juli 1937 abgespielt hatten, und erinnerte an die Verpflichtungen, die Japan übernommen hat, vornehmlich im Schlussprotokoll vom 7. September 1901 des Neunmächtevertrages von Washington und im Pariser Vertrag von 1928, Nachdem er hervorgehoben, Japan habe «dem ersten Ansehen nach die Verpflichtungen, die ihm die vorgenannten Verträge gegenüber China und den übrigen Mächten auferlegen», nicht eingehalten, schloss der Bericht mit folgender Bemerkung : « . . . Das Komitee sieht sich zur Feststellung veranlasst, dass die militärischen Operationen Japans gegen China zu Land, zur See und in der Luft im schroffsten Missverhältnis stehen zum Zwischenfall, der den Konflikt veranlasst hat ; dass dieses Verhalten in keiner Weise geeignet ist, die freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern, die von den japanischen Staatsmännern als Ziel ihrer Politik bezeichnet wurde, zu erleichtern oder gar zu fördern; dass es weder in bestehenden rechtlichen Bestimmungen eine Stütze, noch im Notrecht eine Eechtfertigung finden kann und dass es im Widerspruche steht zu den Verpflichtungen Japans, wie sie im Nennmächtevertrag vorn 6. Februar 1922 und im Pariser Vertrag vom 27. August 1928 umschrieben sind.» Im zweiten Bericht erörterte der Unterausschuss «die Verpflichtungen, die der Völkerbundsvertrag unter solchen Uniständen den Mitgliedstaaten
auferlegt». Er erinnerte an Artikel 3 des Paktes, wonach die Versammlung über alle Fragen befindet, die den Frieden der Welt berühren, und an Artikel 11, laut welchem der Völkerbund die erforderlichen Massnahmen ergreifen soll, die als geeignet und wirksam erscheinen, um den Völkerfrieden aufrechtzuerhalten. Er stellte andererseits fest, dass der Neunmächtevertrag, der «die Landeshoheit, die Unabhängigkeit und die territoriale und administrative Unversehrtheit Chinas» gewährleistet, die vertragschliessenden Parteien ausdrücklich verpflichtet, «aufrichtige und vollständige Mitteilungen» auszutauschen, wenn «die Lage der Dinge die Anwendung bestehender Vertrags*) Folgende Staaten gehörten ihm an: Australien, Belgien, Vereinigte Staaten von Amerika., Vereinigtes Königreich, China, Ecuador, Frankreich, Niederlande, Polen, Schweden und U. S. S. B.

587 bestimmungen erheischen sollte». Nach Ansieht des Komitees «sollte die Versammlung als e^ste Massnahme im Namen des Bundes an die dem Völkerbund angehörenden Signatarstaaten des Neunmächtevertrags die Aufforderung richten, innert kürzester Frist in solche Verhandlungen einzutreten». Es wäre sodann Sache dieser verhandelnden Staaten, «durch Vermittlung des beratenden Ausschusses, der nach Monatsfrist wieder zusammenzutreten hätte 1), «der Versammlung jederzeit Vorschläge zu unterbreiten. Bis die beantragten Massnahmen sich auswirken können,» hiess es im Bericht, «sollte der beratende Ausschuss die Versammlung einladen, China moralisch zur Seite zu stehen und den Völkerbundsmächten zu empfehlen, sich jeder Betätigung zu enthalten, die der Widerstandskraft dieses Landes Eintrag tun könnte und ihm dadurch den Stand in diesem Kampf noch erschweren würde, und ausserdem zu prüfen, in welchem Ausmass jede Macht für sich China zu Hilfe kommen könne».

Die Bedingungen, unter denen die Schlussfolgerungen des Unterkomitees vor den beratenden Ausschuss gelangten, riefen gewisse Vorbehalte einiger Delegationen, besonders auch der schweizerischen, hervor. Man verlangte vom Ausschuss, dass er zu Schriftstücken, deren Ausarbeitung langwierige Beratungen gekostet hatte, innert kürzester Frist Stellung nehme. Allein, angespornt von einer Versammlung, die ihre Arbeiten abzubrechen wünschte, billigte er trotzdem die Berichte und Schlussfolgerungen des Unterkomitees.

Auch im Schoss der Versammlung, die unverzüglich nach der Sitzung des Ausschusses zusammentrat, verwahrten sich die in letzterem nicht vertretenen Staaten gegen die überniässige Beschleunigung, mit welcher in dieser Sache verfahren worden war, so dass sich der Vorsitzende schliesslich genötigt sah, die Beschlussfassung auf den nächsten Tag zu verschieben. Nach dieser Bedenkfrist schloss sich die Versammlung, wie man weiter unten sehen wird, sämtlichen Schlussfolgerungen des beratenden Ausschusses an und genehmigte die in der Beilage wiedergegebene Eesolution 2).

In dieser Eesolution versichert die Versammlung «China ihres moralischen Beistandes und empfiehlt den Völkerbundsmächten, sich jeder Betätigung zu enthalten, welche die Widerstandskraft dieses Landes schwächen könnte und dadurch seinen Stand im gegenwärtigen Konflikt erschweren würde, und
ausserdem zu prüfen, in welchem Umfang jede Macht für sich in der Lage sei, China zu unterstützen». Wie alle übrigen Mitglieder des Bundes haben auch wir dieser Eesolution zugestimmt; sie bot uns die Möglichkeit, Hand in Hand mit dem Völkerbund zu gehen, ohne dadurch unsere Neutralität irgendwie aufs Spiel zu setzen. Unsere Haltung in dieser Sache entsprach in allen Stücken dem Standpunkt, den wir im italienisch-abessinischen Konflikt vertreten haben und worüber unser Bericht an die eidgenössischen Eäte vom 2. Dezember 1935 Aufschluss gibt 3 ).

*) Diese Frist wurde in der Folge nicht eingehalten, da in der Zwischenzeit die Brüsseler Konferenz stattfand, deren Ergebnis vom Unterausschuss abgewartet werden musate.

>) Siehe S. 614.

s ) Siehe Bundesbl. 1935, Bd. II, S. 921.

588

VI. Beschlüsse und Resolutionen der Yersamnünng.

Die Versammlung bestätigte fast alle von den Kommissionen genehmigten Eesolutionen, und zwar im beschleunigten Verfahren, das vor vier Jahren eingeführt worden war.

Wie man feststellen konnte, hatte sich die Versammlung zunächst einer Eesolution des beratenden Ausschusses angeschlossen, worin die Luftbombardements offener chinesischer Städte durch die japanischen Truppen verurteilt werden. Die zweite Eesolution über die Ereignisse in China wurde der Versammlung durch den Präsidenten des beratenden Ausschusses, Herrn Munters, vorgelegt. Der Vertreter Siarus erklärte sich zur Stimmenthaltung entschlossen.

Der polnische Abgeordnete bezweifelte, dass die Versammlung überhaupt befugt sei, auf Grund von Artikel 3 des Paktes «Feststellungen zu machen», und unabhängig von den übrigen Vertragsartikeln «ein Eingreifen der Bundesmächte» in einen internationalen Konflikt in Erwägung zu ziehen. Er führte aus, dass die «losgelöste und extensive Auslegung des Artikels 3 ein ganz neues Verfahren schaffen und den bestehenden Pflichten der Völkerbundsmächte gewissermassen andere, bis jetzt unbekannte und ungenau umschiiebene Verpflichtungen überlagern könnte». Er machte ferner Vorbehalte «zum Gedanken eines Völkerbundsmandats, das einer Gruppe von Mächten zugewiesen würde; letztere können durch ihr Handeln die Verantwortlichkeit der andern Mitglieder nicht verpflichten». Die polnische Abordnung erklärte, sich aus diesen Gründen der Stimme zu enthalten. Der britische Delegierte Elliot verteidigte das vom beratenden Ausschuss eingeschlagene Verfahren. «Wenn der Völkerbund jemals in einem Konflikt die ihm zustehende Versöhnungsbefugnis ausüben musste, führte er aus, so trifft dies im chinesisch-japanischen Streitfall zu.» Er betonte überdies die Zweckmässigkeit des Vorschlages, sich an die Parteien des Neunmächtevertrags zu wenden. Paul-Boncour gab im Namen Frankreichs seine vorbehaltlose Zustimmung zur Eesolution bekannt.

Litwinoff (U. S. S. B.) erklärte, seine Delegation hatte zwar vorgezogen, dass der Völkerbund selbst, ohne anderweitige Institutionen heranzuziehen, die moralische und materielle Unterstützung Chinas an die Hand nehme, «doch mussten wir die Ansicht anderer Mitglieder des Komitees und des Völkerbundes in Betracht ziehen». Auch der chinesische
Vertreter verhehlte nicht, «dass die im zweiten Bericht enthaltenen Anregungen des Ausschusses dem Gesuch der chinesischen Eegierung bei weit era nicht entsprechen». Er erklärte sich trotzdem mit den beiden Berichten einverstanden, behielt aber für seine Eegierung «das Eecht vor, die dem beratenden Ausschuss vorgelegten Anträge nötigenfalls erneut zu stellen». Auf Ersuchen der norwegischen Delegation wurde die Abstimmung auf den nächsten Tag verschoben, da die Abgeordneten keine Zeit gehabt hatten, die Berichte näher zu prüfen und gegebenenfalls ihre Eegierungen um Eat anzugehen. In der folgenden Sitzung wurde die Eesolution angenommen ohne dass eine eigentliche Abstimmung stattfand. Ausser den Vorbehalten Siams und Polens machte sich nämlich

589 gegen die Schlussfolgerungen des beratenden Ausschusses kein Widerstand geltend.

Auch die Flüchtlingsfrage wurde im Schosse der Versammlung erörtert.

Wie oben erwähnt1), legte die sechste Kommission über diese Frage drei Eesolutionen vor. Die zwei ersten wurden widerspruchslos genehmigt. Man weiss, dass die letzte, welche die zukünftige Gestaltung des Fhichtlingswerkes zum Gegenstand" hat, dem Einspruch der U. S. S. E. begegnen inusste. Ein ablehnendes Abstimmungsergebnis hätte nach der Ansicht der französischen Delegation dem Flüchtlingswerk beträchtlichen Schaden zugefügt; urn dies zu verhindern, schloss sie sich mit der belgischen, niederländischen und tschechoslowakischen Delegation zusammen, um die Versammlung in letzter Stunde zu ersuchen, die Fassung jeglichen Beschlusses bis zum nächsten Jahr aufzuschieben. Der Abänderungsvorschlag lautete dahin, die Versammlung sollte sich einerseits auf die Feststellung beschränken, dass die Frage «in kurzer Frist einer neuen Prüfung» bedürfe, und andererseits den Bat ersuchen, «vor der nächsten Versammlung einen Plan über die internationale Flüchtlingshilfe aufzustellen oder aufstellen zu lassen». Die britische Delegation, unterstützt von der australischen und der schweizerischen, wandte ein, dass der Abänderungsvorschlag der wichtigsten und dringendsten Frage ausweiche, nämlich der Frage : Wird die Tätigkeit zugunsten der Flüchtlinge inskünftig ausserhalb des Völkerbunds fortgesetzt werden oder bleibt sie auch weiter unter seiner Obhut. Falls diese Frage nicht klar beantwortet werde, so würden dem Bat die Grundlagen unbekannt bleiben, auf denen er seinen Plan aufzubauen habe. Der Vertreter Englands fügte hinzu, dass es der elementarsten Gerechtigkeit entsprochen hätte, die Flüchtlinge vor einen klaren Beschluss über die Grundsätze zu stellen, nach denen dieses internationale Hilfswerk fortan gestaltet werden soll. Da jedoch eine Ablehnung durch die U. S. S. E. zur Folge gehabt hätte, dem Nansenamt zum grössten Schaden der Flüchtlinge bedeutende Kredite zu entziehen, die gegen den Willen der Sowjets nicht eingeräumt werden konnten, wurde schliesslich der Abänderungsantrag der vier Länder trotz der obigen Vorbehalte mit 25 Stimmen bei 22 Enthaltungen angenommen 2).

Die von der sechsten Kommission und ihrem Unterausschuss mühevoll ausgearbeitete
Besolution über Spanien, die so grosse Meinungsverschiedenheiten zutage gefördert hatte, rief natürlich im Schoss der Versammlung neue Auseinandersetzungen hervor. Neun Delegationen (Irland, Bolivien, Venezuela, Südafrikanische Union, Chile, Argentinien, Uruguay, Schweiz und Bulgarien) erklärten unter kurzer Begründung ihrer vorab durch den Neutralitätswillen diktierten Haltung ohne weiteres, dass die Eesolution für sie unannehmbar sei und dass sie sich daher der Stimme enthalten werden. Die österreichische und ungarische Delegation beantragten mit Unterstützung *) Siehe S. 582.

') Für die Resolutionen, die in diesem Zusammenhang genehmigt wurden, siehe Beilage S. 611 ff.

590

der albanischen Abordnung in letzter Stunde die Abänderung gewisser Punkte der Entschliessung. Diese sollte von fremden «bewaffneten Korps» (corps armés) sprechen, anstatt von Armeekrops (corps d'armée), die auf spanischem Gebiet «in beiden Lagern operieren», und andererseits von «gewissen» (nicht von allen) Völkerbundsmächten, die das Ende der Nichteinmischungspolitik in Erwägung zögen, sofern «der sofortige und vollständige Rückzug der in Spanien mitkämpfenden Nichtspanier» scheitern sollte. Diese Abänderungsvorschläge, die von der britischen, französischen und sowjetrussischen Delegation bekämpft wurden, erreichten bloss die Stimmenzahl ihrer Urheber, wobei sich dreizehn Land er, worunter auch die Schweiz, der Stimme enthielten.

Der Vertreter Portugals hatte erklärt, dass er gegen die vorgeschlagene Resolution als Ganzes stimmen werde, da diese seines Erachtens den Tatsachen widersprechende Angaben enthalte und überdies für Staaten, die bis heute von jeder Einmischung Abstand genommen hätten, einen Grund bilden könnte, um unter Missachtung von Artikel 10 des Pakts in Spanien einzugreifen. Herr da Matta bestritt, dass in Spanien irgendeine fremde Einmischung stattgefunden habe. «Sofern das Ausland in Spanien wirklich eingegriffen hat, so gibt es nicht eine Intervention, sondern mehrere Interventionen.» Im übrigen betrachte die portugiesische Regierung die Versorgung mit Waffen und Kriegsgerät, worüber die Resolution sich ausschweige, als eine weitere Form der Einmischung.

Die Abstimmung über den Resolutionsentwurf ergab 82 Ja gegen 2 Nein (Portugal und Albanien) bei 14 Enthaltungen. Der Entwurf fiel somit dahin1).

1 ) Wir geben hiernach den Wortlaut wieder, der allerdings nur rückblickend Interesse hat: «Die Versammlung, 1. Erinnert zusammen mit dem Bat an die Pflicht jedes Staates, die territoriale Unversehrtheit und die politische Unabhängigkeit eines andern Staates zu achten, welche Pflicht in bezug auf die Völkerbundsmitglieder vom Völkerbundsvertrag anerkannt worden ist; 2. Bestätigt, dass jeder Staat verpflichtet ist, sieh der Einmischung in die innern Angelegenheiten eines andern Staates zu enthalten; 3. Erinnert daran, dass besondere Verpflichtungen von den europäischen Regierungen eingegangen worden sind und dass der Londoner Nichteinmischungsausschuss von den Staaten, die seine
Einsetzung veranlagst haben, in der Absicht bestellt worden ist, den spanischen Konflikt zu beschränken und dadurch den allgemeinen Frieden zu sichern; 4. Bedauert, dass der Nichteinmischungsausschuss trotz der Bemühungen der Mehrzahl seiner Mitglieder ·-- Bemühungen, denen die Versammlung ihre Anerkennung zollt -- nicht nur nicht in der Lage war, den Bückzug der in Spanien mitkämpfenden Nichtspanier herbeizuführen, sondern dass man heute auch noch die Gegenwart eigentlicher ausländischer Armeekorps auf spanischem Gebiet feststellen muss, was eine fremde Einmischung in die spanischen Angelegenheiten bedeutet; 5. Erinnert daran, dass der Rat in seiner Resolution vom 29. Mai d. J. den vorerwähnten Rückzug der nichtspanischen Streitkräfte zutreffend als ,,das wirksamste Mittel" bezeichnet hat, ,,um einer Lage zu begegnen, deren ernste Bedeutung für den allgemeinen Frieden der Rat betonen zu müssen glaubt, und den sichersten Weg zur uneingeschränkten Durchführung der Nichteinmischungspolitik" ;

591 Wie alljährlich hatte die Versammlung die Wahlen in den Völkerbundsrat vorzunehmen. Es war die Amtsperiode dreier Batsrmtgh'eder (Chile, Spanien und Türkei) abgelaufen. Spanien und die Türkei hatten gemäss den Vorschriften von 1926 Wiederwahlgesuche eingereicht. Diese beiden Gesuche, für deren Annahme die Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich war, wurden abgelehnt: das spanische Begehren erreichte 23 (Zweidrittelmehrheit: 32), das türkische 25 (Zweidrittelmehrheit: 34) Stimmen.

Es waren drei Sitze freigeworden; die Versammlung beschloss jedoch nur zwei davon neu zu besetzen. Die Wahl fiel auf Iran und Peru (mit je 48 und 46 Stimmen). In einer späteren Sitzung, die mit der Einweihung des neuen Versammlungssaals zusammenfiel (28. September), wurde Belgien mit 47 von 52 abgegebenen Stimmen in den Eat gewählt1).

Im Hinblick auf die Ereignisse im Fernen Osten und gemäss dem Antrage des beratenden Ausschusses beschloss die Versammlung, ihre Arbeit nicht zu schliessen. Sie vertagte sich nach einer Eede des Vorsitzenden am Abend des 6. Oktobers, nachdem sie vierzehn Vollsitzungen abgehalten hatte.

TU. Schluss.

Mochten die ernstlichen Schwierigkeiten einer bewegten Welt die Versammlung auch lange hinhalten und ihr manche Verlegenheit bereiten, so darf man sich doch über die Art, wie sie ihre Aufgabe erfüllt hat, nicht zu sehr beklagen. Sie besitzt keinen Zauberstab, mit dem sie die herrschende politische Eatlosigkeit in eine friedliche und harmonische Weltordnung verwandeln könnte. Sie ist hiefür zu uneinig. Immerhin muss anerkannt werden, dass die Leidenschaftlichkeit der einen in der Kaltblütigkeit der andern ihren Ausgleich findet. Extreme Eichtungen verlieren im Schoss der Versammlung regelmässig 6. Wünscht inständig, dass die kürzlich von einigen Mächten unternommenen diplomatischen Schritte den sofortigen und vollständigen Buckzug der in Spanien mitkämpfenden Nichtspanier zur Folge habe; 7. Fordert die Regierungen, die alle von der gleichen Sorge um Aufrechterhaltung des europäischen Friedens getragen sein müssen, zu einer erneuten aufrichtigen Anstrengung in dieser Richtung auf; Und stellt fest, dass, sofern dieses Ergebnis nicht innert kurzer Frist erreicht werden kann, die am Nichteinmischungsabkommen beteiligten Völkerbundsmächte das Ende der Nichtinterventionspolitik in Erwägung ziehen werden; 8. Ersucht den Rat, gestützt auf die Vorschriften des Art. 11 des Völkerbundsvertrages die Entwicklung der Dinge in Spanien aufmerksam zu verfolgen und jeden Anlass zu benützen, um die Grundlagen für eine friedliche Lösung des Konfliktes zu ermitteln. » 1 ) Der Rat setzt sich nunmehr wie folgt zusammen: Ständige Mitglieder: Nichtständige Mitglieder: Frankreich Polen China Grossbritannien Ecuador Lettland Italien Rumänien Iran U. S. S. R.

Bolivien Peru Neuseeland Schweden.

592

ihre Stosskraft. Die Versammlung trifft eine Lösung der Mitte und es ist nahezu ausgeschlossen, dass Ausschreitungen nach der einen oder andern Eichtung zu beklagen wären.

Wie wir dargetan haben, hatte sich die Versammlung zu vier wichtigen Problemen auszusprechen, nämlich zur Flüchtlingsfrage, zur Revision des Paktes, zum spanischen Bürgerkrieg und zum chinesisch-japanischen Konflikt.

Unvermeidlich musste es in ihren Beschlüssen zum Ausdruck kommen, dass der Völkerbund vor Tatsachen stand, an denen er nichts ändern kann.

In der Flüchtlingsfrage konnte wegen der hartnäckigen Haltung der U. S. S. E. kein Fortschritt erreicht werden, doch ist das Werk als solches nicht verloren. Es hat die Geldmittel bekommen, die es benötigt, um weiter zu bestehen. Das war zunächst der wichtigste Punkt, den die Versammlung nach mühevollem Kampf durchsetzte. Hunderttausend Unglückliche, die seit dem Weltkrieg kein dauerndes Heim mehr besitzen, werden ihr für diesen Sieg dankbar sein.

Auch die Eevision des Völkerbundsvertrages hätte am Widerstand der Staaten scheitern können, die dem Universalitätsgedanken eher abgeneigt sind, weil er ihnen übermässige Konzessionen zu erfordern scheint. Wäre man indessen den Anhängern der Universalität, die immer noch die wesentliche Grundlage für den Wiederaufbau bildet, in keiner Weise entgegengekommen, so hätte dies die Stimmung in Genf denkbar ungünstig beeinflusst und das begonnene Werk der Völkerbundsreform ernstlich gefährdet. Andererseits ist ein erster Schritt zur Trennung des Völkerbundspaktes von den Friedensverträgen getan worden. Zahlreiche Staaten legen grossen Wert auf dieses Problem, dessen endgültige Lösung in psychologischer Hinsicht wesentlich zur Befriedigung der Ideen und der Gemüter beitragen wird.

Die Eesolution über den Bürgerkrieg in Spanien, die von der sechsten Kommission mehrheitlich beantragt worden war, scheiterte vor der Versammlung am Widerstand zweier Staaten. Doch hätte sich auch die Annahme dieser Eesolution kaum störend auf die internationalen Beziehungen ausgewirkt, trug sie doch so deutliche Spuren der Vermittlungsversuche, dass ihr Wortlaut den eifrigsten A'erfechtern der Völkerbundsintervention in Spanien recht farblos vorkommen niusste. Auch hier hatte sich also der Geist der Mässigung zu behaupten vermocht.

Hinsichtlich des chinesisch-japanischen
Konfliktes muss der Versammlung in erster Linie als Verdienst angerechnet werden, dass sie die Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung in feierlichster Weise verurteilt hat. Es gibt Kriegsgebrauche, die die Menschheit nicht mehr dulden kann, und es war die Pflicht einer Konferenz, die vor allen andern zur Vertretung der Völkergemeinschaft berufen ist, ihrer Meinung über diesen Punkt Ausdruck zu verleihen. Sie hat dies in einer Weise getan, die mit den Gefühlen der Allgemeinheit derart im Einklang steht, dass sich selbst Japan heftig gegen die Anschuldigung verwahrte, den von der Versammlung aufgestellten Grundsatz verletzt zu haben.

593 Wohl hält es nicht schwer, das Verfahren zu beanstanden, das die Versammlung einschlug, um die Beilegung dieses China mit Tod und Verderben überziehenden Konfliktes zu ermöglichen. Doch glauben wir, dass die Versammlung gut beraten war, als sie empfahl, einen Ausweg aus den tragischen Ereignissen im Fernen Osten im Eahmen eines internationalen Abkommens zu suchen, das gerade zum Zweck abgeschlossen worden war, die territoriale Unversehrtheit und die politische Unabhängigkeit Chinas vor jeder Gefahr zu schützen.

Ist die knappe Bilanz der diesjährigen Tagung auch nicht gerade vielversprechend, so muss sie im Grunde doch positiv bewertet werden. Hatte die Versammlung übertriebenen Tendenzen nachgegeben, so hätte die Septembersession der Sache des Friedens wohl mehr geschadet als genützt. Sie ist vom richtigen Mittelweg nicht abgewichen, und man darf daher sagen, dass sie weise gehandelt hat.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20. Dezember 1937.

656

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsideiit : Motta.

Der Bundeskanzler:

G. Boret.

Bundesblatt. 89. Jahrg. Bd. III

44

594

Resolutionen und Wünsche der Versammlung1).

A. Resolutionen zur Berichterstattung der ersten Kommission.

I. Geschäftsordnung der Versammlung: Aufrechterhaltung der Vorschrift liber Einberufung der Finanzkommission (vierte Kommission) durch die Versammlung.

Die Versammlung beschliesst, die durch Resolution der Versammlung vom II. Oktober 1938 aufgestellte Vorschrift über die Einberufung der Finanzkommission (vierte Kommission) für die Sessionen von 1938 und 1939 beizubehalten.

(30 September 1937 } Z. Rechtsstellung der Frau.

Die Versammlung: 1. hat die Informationen über die Rechtsstellung der Frau, insbesondere über ihre politische und zivilrechtliche Stellung, die vom Generalsekretär gemäss der Eesolution der Versammlung vom 27. September 1935 gesammelt wurden (Dokumente A. 33. 1936. V., A. 14 und A. 14 (a), (b), (c), (d) und (e).

1937. V.), in Betracht gezogen : 2. stellt fest, dass die Rechtsentwicklung im allgemeinen eine Tendenz zur Gleichberechtigung beider Geschlechter aufweist; 3. betrachtet als wünschenswert, ein umfassendes Gutachten vorzubereiten und zu veröffentlichen, das ausführlich über die rechtliche Stellung der Frau in den einzelnen Landern Aufschluss gibt, wie sie aus dem nationalen Recht und seiner Anwendung hervorgeht: 4. zieht in Erwägung, dass die Versammlung in ihrer Eesolution vom 27. September 1935 anerkannt hat. «dass die Frage der Anstellungsbedingungen, ob es sich um Männer oder Frauen handle, mit Eecht im Arbeitsfelde der internationalen Arbeitsorganisation stehe», und den Wunsch ausgesprochen hat, diese Organisation möchte «im Eahmen ihres ordentlichen Verfahrens diejenigen Punkte der vorliegenden Frage einer Prüfung unterziehen, die im Bereich ihrer Zuständigkeit liegen -- d. h. die arbeitsrechtliche Gleichbehandlung --, und ihr Augenmerk auf die unterschiedlichen Behandlungen in der Gesetzgebung richten, von denen einige geeignet sein dürften, das Eecht der Frau auf Arbeit zu beeinträchtigen»; !) Übersetzung aus dem Französischen. Die Reihenfolge der Resolutionen und Wünsche ist hier dieselbe wie in den Veröffentlichungen des Völkerbundes.

895 5. zieht in Erwägung, dass die internationale Arbeitsorganisation zurzeit, gemass dieser Eesolution der Versammlung, die Behandlung dieser Frage vornimmt und dass die heute in Aussicht genommene Gesamtprufung sieh nicht auf die Punkte erstrecken sollte, die von der Versammlung dem Zuständigkeitsbereich der internationalen Arbeitsorganisation zuerkannt worden sind; 6. zieht ferner in Betracht, dass diese Gesamtprüfung sich auch nicht auf die Staatsangehörigkeit der Frau beziehen sollte, worüber die Versammlung die bereits gefassten Beschlüsse aufrechterhält; 7. ist der Ansicht, dass die Behandlung der andern Punkte des Problems den zuständigen wissenschaftlichen Institutionen übertragen werden sollte, wobei diesen zur Koordinierung ihrer Arbeiten Anleitungen zu erteilen wären; 8. berücksichtigt, dass das internationale Institut zur Vereinheitlichung des Privatrechts das geeignete Organ des Völkerbundes ist, um eine rechtsvergleichende Untersuchung vorzunehmen, und dass zur Behandlung der übrigen Gesichtspunkte des Problems andere zuständige wissenschaftliche Institutionen beigezogen werden sollten; 9. ist der Ansicht, dass ein beschränkter Sachverständigenausschuss aus Vertretern beider Geschlechter bestellt werden sollte, um die in Aussicht genommene Gesamtprüfung genau zu umschreiben und um die Arbeit unter die einzelnen wissenschaftlichen Institutionen zu verteilen; dass dieser Ausschuss gegebenenfalls im Verlauf seiner Tätigkeit mit diesen Institutionen Fühlung nehmen sowie den endgültigen Inhalt der zu verfassenden Dokumente prüfen und festsetzen sollte, um so einen synthetischen Überblick zu gewinnen, der vom Völkerbund gleichzeitig mit den genannten Dokumenten zu veröffentlichen sein wird; 10. zieht in Betracht, dass es diesem Ausschuss freigestellt werden sollte, internationale Frauenorganisationen zu befragen und ihre Mitarbeit in der ihm richtig erscheinenden Form beizuziehen; 11. bittet daher den Bat, einen aus Sachverständigen beider Geschlechter bestehenden Ausschuss zum vorerwähnten Zwecke zu bestellen, und gibt der Hoffnung Ausdruck, dieser Ausschuss werde die nötige Unterstützung finden zur befriedigenden Erfüllung der in vorliegender Eesolution umschriebenen Aufgabe>

(30. September 1937.)

3. Tätigkeit des internationalen Instituts zur Vereinheitlichung des Privatrechts.

Die Versammlung nimmt den Bericht der ersten Kommission über das internationale Institut zur Vereinheitlichung des Privatrechts zur Kenntnis (Dokument A. 64.1937. V.) ; sie beschliesst, die Tätigkeit dieser Institution jedes Jahr auf die Tagesordnung der Versammlung zu setzen.

(2. Oktober 1937.)

596

B. Resolutionen zur Berichterstattung der zweiten Kommission.

1. Tätigkeit der Hygieneorganisation.

1.

Die Versammlung: stellt mit Genugtuung fest, dass die Hygieneorganisation ihre wirkungsreiche Tätigkeit zum Schutze der Volksgesundheit und zur Förderung des Sanitätswesens ununterbrochen fortsetzt, und hebt ihre sozialen Eückwirkungen besonders hervor: billigt die seit September 1936 geleistete Arbeit.

2.

Die Versammlung: stellt den Erfolg fest, den die «internationale Konferenz der Orientstaaten über die Hygiene auf dem Lande» (Java 193e) zu verzeichnen hatte; dankt der niederländischen Eegierung für den Anteil, der ihr am Gelingen der Konferenz zukommt; und bittet den Eat, a. den Bericht (Dokument A. 19. 1937) den beteiligten Regierungen zuzustellen und diese aufzufordern, die Empfehlungen des Berichtes in die Tat umzusetzen und b. die zuständigen Organisationen zu beauftragen, die technischen Massnahmen einzuleiten, welche die Konferenz dem Völkerbund anzuvertrauen wünschte.

3.

Die Versammlung: stellt mit Genugtuung fest, dass die «Konferenz über die Hygiene auf dem Lande für die Länder Amerikas», die in Hexico im Dezember 1938 stattfinden wird, die Zustimmung der Staaten des amerikanischen Kontinents gefunden hat ; dankt der mexikanischen Regierung für ihre Einladung; billigt die Bestellung einer vorbereitenden Kommission der Hygieneorganisation, worin das Internationale Arbeitsamt vertreten sein wird und die beauftragt ist, sich in nächster Zeit nach Amerika zu begeben, um im Einvernehmen mit der mexikanischen Regierung und dem Direktor des panamerikanischen Sanitätsamtes noch vor Ende des Jahres die Tagesordnung der Konferenz festzusetzen und ihre technische Vorbereitung in die Wege zu leiten.

4.

Die Versammlung: stellt fest, dass gemäss dem Ratsbeschluss vom 25. Januar 1937 Besprechungen über eine «europäische Konferenz über das Leben auf dem Lande» mit den verschiedenen technischen Organisationen stattgefunden haben;

S97 schlägt vor, dass die Konferenz im Juli 1939 stattfinde und bittet den Bat, den Bereich und die Tagesordnung der Konferenz zu bestimmen und die erforderlichen Vorbereitungen anzuordnen.

5.

Die Versammlung: billigt die Schlussfolgerungen des Berichts der zweiten Kommission (Dokument A. 48.1937. III.) ; weist die technischen Vorschläge, die er enthält, an den Hygieiieausschuss ; macht diesen besonders auf den Wunsch des Vertreters Ägyptens nach Ausdehnung des Tätigkeitsbereichs der Hygieneorganisation auf den nahen Orient aufmerksam.

(23 September m?j 2. Tätigkeit der Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr.

Die Versammlung: nimmt die im Geschäftsjahr 1936/37 geleistete Arbeit der Organisation für die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr zur Kenntnis; weiss die im vielseitigen Wirkungsbereich dieser Organisation erzielten Ergebnisse sehr zu schätzen und billigt ihre Tätigkeit; genehmigt den Bericht und die Schlussfolgerungen der zweiten Kömmission (Dokument A. 58.1937. VIII.).

(28_ 8eptember 1937j 3. Wirtschaftliche und finanzielle Fragen.

Die Versammlung: in der Überzeugung, dass die Regierungen die Lösung der bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten als wichtigstes Ziel ihrer Politik betrachten sollten und dass sich die Welt sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht entschlossen für den Frieden einsetzen sollte; stellt fest, dass die politische Stimmung ungünstig ist, dass Misstrauen herrscht, dass Kriegsgefahr besteht und in verschiedenen Teilen der Welt sogar Feindseligkeiten ausgebrochen sind; zieht in Erwägung, dass unter diesen Umständen die engste Zusammenarbeit der Staaten, die nach Erhaltung des Friedens trachten, sowohl auf wirtschaftlichem als auch auf politischem Gebiete notwendig ist; ist der Ansicht, dass eine solche Zusammenarbeit den Verzicht auf Gewalt und Krieg als Instrument der Politik und die gewissenhafte Erfüllung der internationalen Verpflichtungen zur Grundlage haben sollte; lädt alle Staaten ein, sich von diesen wesentlichen Grundsätzen der internationalen Zusammenarbeit leiten zu lassen, ohne die kein wirklicher Fortschritt auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiete möglich wäre.

598 I.

Die Versammlung: spricht erneut den allgemeinen Wunsch der Völkerbundsmächte aus, die in der gemeinsamen Erklärung der Eegierungen Frankreichs, der Vereinigten Staaten und des Vereinigten Königreichs vom 26. September 1936 vorgezeichneten Ziele weiter zu verfolgen, und ist überzeugt, dass die Erfüllung dieser Aufgaben eine wesentliche Vorbedingung zu einer tatsächlichen und dauernden Hebung des Völkerwohls bildet; 1. nimmt den Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Arbeiten seiner sechsundvierzigsten Tagung (Dokument G. 358. N. 242. 1937. II. B.) zur Kenntnis und billigt seine Vorschläge zur Milderung der bestehenden Kontingentierungs- und Devisenkontrollmassnahmen im Hinblick auf deren möglichst baldige Abschaffung; 2. billigt allgemein die Schlussfolgerungen des Berichtes der Eohstoffkommission (Dokument A. 27.1937. II. B.) ; 3. bittet den Wirtschafts- und den Finanzausschuss, im Eahmen ihrer Kompetenz und im Einvernehmen mit den beteiligten Kreisen die Prüfung der Methoden fortzusetzen, die zu befolgen wären, um die unter Alinea l und 2 erwähnten Anträge und Schlussfolgerungen durchzuführen und vor allen Dingen praktische Massnahmen zur Vermehrung des internationalen Güteraustausches und besonders zur Abschaffung der Währungskontrolle zu empfehlen, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Landes; 4. richtet an alle beteiligten Staaten die dringende Mahnung, die Bemühungen dieser Ausschüsse zu unterstützen, um praktische Ergebnisse zu ermöglichen; 5. die Versammlung, um das Vorgehen des Völkerbundes auf allen Gebieten möglichst wirksam zu gestalten, a. lenkt die Aufmerksamkeit des Eates auf die grosse Bedeutung der Arbeiten, die der Wirtschafts- und Finanzorganisation durch vorliegende Eesolution zugewiesen werden: 6. ersucht ihn, diese Arbeiten auf angemessene Weise zu koordinieren und, soweit es ihm notwendig scheint, diese Aufgabe einer befähigten Persönlichkeit zu übertragen, wobei der Eat der Wirtschafts- und FinanzOrganisation Experten beigeben kann, die in den Mitgliedstaaten oder in den Nichtmitgliedstaaten gewählt werden können.

II.

Die Versammlung: anerkennt, dass die technischen Fortschritte in der Industrie, in der Landwirtschaft und im Verkehrswesen den menschlichen Wohlstand gefördert haben; anerkennt auch, dass diese Errungenschaften von der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Nationen abhängen:

599

1. fordert die Wirtschafts- und Finauzorganisation auf, wenn nötig unter Zuziehung des Internationalen Arbeitsamtes, folgende Probleme einer Prüfung zu unterziehen: a. nationale und internationale Massnahmen zur Hebung des Existeuzniveaus, wobei man sich zunächst auf eine Voruntersuchung beschranken kann, wenn nötig unter Zuziehung von Sachverständigen, so dass die nächstjährige Versammlung erneut ihre Aufmerksamkeit dieser Frage zuwenden könnte; &. Massnahmen zur Verhinderung oder Milderung wirtschaftlicher Tiefstände; c. landwirtschaftliche Kredit- und Versicherungssysteme, um Eichtlinien auszuarbeiten, die eine Stärkung des innern und äussern Kredites anstreben und in den Ländern anwendbar wären, die zur Revision ihrer einschlägigen Gesetzgebung bereit sind; d. wirtschaftliche und finanzielle Tendenzen, die von den Staaten bei der Einführung der Währungssysteme zu berücksichtigen sind; e. Entwicklung der Staatsschuld, der Körperschaftsschulden und der Schulden öffentlicher Unternehmen; /. Mittel und Wege zur möglichst baldigen Inkraftsetzung, wenigstens durch einige Staaten, eines Abkommens zur Bekämpfung der Steuerflucht, das den Eichtlinien entspricht, die vom Steuerausschusä aufgestellt und vom Eat den einzelnen Staaten vorgelegt worden sind; 2. bittet den Eat, die Aufstellung eines Arbeitsplans zu veranlassen, auf Grund dessen die Wirtschafts- und Finanzorganisation des Völkerbundes in enger Mitarbeit mit dem internationalen Arbeitsamte die Behandlung der demographischen Probleme vorzunehmen hätte; 3. beschliesst, das Problem der internationalen Migrationen, mit Einschluss der Heimschaffungsfragen, auf die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Völkerbundsversammlung zu setzen, um den zuständigen Völkerbundsorganen Gelegenheit zu bieten, diese Arbeiten auf Grund des Berichtes des Arbeitsamtes zu verfolgen und sich nötigenfalls daran zu beteiligen; 4. fordert die Wirtschafts- und Finanzorganisation auf, zu prüfen, mit welchen Mitteln eine ständige Ausstellung veranstaltet werden könnte, worin die geläufigsten Erscheinungen der Wirtschaft und Finanz anhand graphischer Darstellungen veranschaulicht würden; 5. bittet den Völkerbundsrat, die Aufmerksamkeit aller Eegierungen auf den von der Wirtschafts- und Finanzorganisation ausgearbeiteten Entwurf zu einer Zollnomenklatur (Dokument C. 295. M. 194.1937. II. B.) zu lenken, mit der Empfehlung, diese Nomenklatur bei der Revision ihrer Zolltarife nach Möglichkeit zu berücksichtigen;

600

III.

Die Versammlung: ersucht den Eat, einen Ausschuss zu bestellen, dem die Aufgabe zufällt, die Struktur und das Funktionieren der Wirtschafts- und Finanzorganisation des Völkerbundes zu prüfen, vorab zum Zwecke, die internationale Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiete auf eine breitere Grundläge zu stellen.

(1. Oktober 1937).

4. Ernährung.

Die Versammlung: 1. spricht dem Präsidenten und den Mitgliedern des gemischten Ausschusses den wärmsten Dank für ihren umfassenden und überaus lehrreichen Bericht aus (Dokument A. 13. 1937. II. A.); 2. richtet das Augenmerk aller Eegierungen auf diesen Bericht, vor allem auf Kapitel 8, Teil I, -no die Schlussfolgerungen zusammengefasst sind, und weist insbesondere auf die engen Beziehungen zwischen der Ernährungsfrage und dem Nationaleinkommen hin; 8. gibt der Hoffnung Ausdruck, dass alle Regierungen diesem Bericht die weiteste Verbreitung sichern und soweit nötig dessen Übersetzung in andere Sprachen veranlassen werden; 4. hofft ferner, dass die Staaten, die noch keine nationalen Ausschüsse eingesetzt haben, die Möglichkeit prüfen werden, dies zu tun.

5. Die Versammlung, um das Interesse für dieses wichtige Problem wachzuhalten und um die Massnahmen zu fördern, die eine Hebung des Ernährungsstandes aller Bevölkerungsklassen der Welt, in den Städten und auf dem Lande, bezwecken : a. lädt den Eat ein, dafür zu sorgen, dass alljährlich eine Zusammenkunft der Vertreter der nationalen Ernährungsausschüsse stattfinden könne; b. ersucht die Eegierungen. dem Völkerbund jährliche Berichte zuzustellen über die Massnahmen, die sie zur Prüfung des Ernährungsstandes und zu dessen Hebung getroffen haben werden; c. beschliesst, dass das Völkerbundssekretariat alljährlich in handlicher Form eine kurze Zusammenfassung dieser Mitteilungen sowie der Berichte über die Zusammenkünfte der Vertreter nationaler Ausschüsse veröffentlichen soll; d. empfiehlt der Hygieneorganisation, ihre Arbeiten über die Ernährungsfrage fortzusetzen, besonders die Arbeiten ihres technischen Komitees, damit die Möglichkeit bestehe, aus den Fortschritten der wissenschaftlichen Forschung praktische Folgerungen zu ziehen.

(2. Oktober 1937.)

601 5. Die Wohnungsfrage in den Städten und auf dem Land.

Die Versammlung nimmt den von der zweiten Kommission vorgelegten Bericht zur Kenntnis und billigt die Schlussfolgerungen dieses Berichtes (Dokument A. 46. 1937. III.).

(2. Oktober 1937.)

C. Resolution zur Berichterstattung der dritten Kommission.

Herabsetzung und Beschränkung der Rüstungen.

Die Versammlung: betrachtet es als wünschenswert, dass ein erster Schritt zum Abschluss eines allgemeinen Abkommens zur Herabsetzung und Beschränkung der Eüstungen getan werde und dass zu diesem Zweck die Arbeiten der Abrüstungskonferenz verwertet werden; 1. empfiehlt im Anschluss an die Eesolution des Bureaus vom 31. Mai 1937 den Abschluss eines internationalen Abkommens über die Publizität der Eüstungsausgaben und über die Befugnisse eines Kontroll- und Koordinationsorganes ; 2. empfiehlt den Mitgliedern des Völkerbundes, jedes für sich, sofern dies noch nicht geschehen ist, eine Prüfung der internen Massnahmen vorzunehmen, die eine wirksame Überwachung sowohl der Fabrikation als auch des Handels mit Waffen, Munition und Kriegsmaterial bezwecken, wobei die Arbeiten des Sonderausschusses der Abrüstungskonferenz in Anschlag zu bringen waren; und ersucht die Eegierungen, den Generalsekretär des Völkerbundes über die Folge unterrichten zu wollen, die sie dieser Empfehlung gegeben haben; 3. bittet den Generalsekretär, diese Eesolution den Nichtmitgliedstaaten des Völkerbundes zur Kenntnis zu bringen.

/^ September 2937 )

D. Resolutionen zur Berichterstattung der vierten Kommission.

1. Abänderungen des Artikels l des Finanzreglements. (Znsammensetzung der Kontrollkommission.)

Die Versammlung: genehmigt die Schlussfolgerungen über die Zusammensetzung der Kontrollkommission und die Erneuerung ihrer Mitglieder, die im Schriftstück A. 7. 1937. X. vom 9. April 1937 betreffend die Abänderungen des Artikels l des Finanzreglements enthalten sind; spricht Herrn Stefan Osusky und Lord Meston of Agra ihren wärmsten Dank aus für die unschätzbaren Dienste, die sie in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Kontrollkommission dem Völkerbund im Laufe der letzten 15 Jahre geleistet haben.

(30. September 1937.)

602 2. Finanzielle Fragen.

I.

Die Versammlung billigt den Bericht der vierten Kommission (Dokument A. 76. 1987. X.) und genehmigt die darin beantragten Eesolutionen und Beschlüsse.

II.

Die Versammlung: 1. genehmigt endgültig, gemäss Artikel 38 des Eeglements über die FinanzVerwaltung des Völkerbundes, die geprüften Eechnungen des Völkerbundes für das achtzehnte, am 31. Dezember 1936 abgeschlossene Eechnungsjahr (Dokument A. 3. 1937. X.); 2. genehmigt, gemäss dem Eeglement betreffend die Finanzverwaltung des Völkerbundes : das Ausgabenbudget des Völkerbundes für das am 31. Dezember 1938 ablaufende Eechnungsjahr, das sich auf 32 273 251 Schweizerfranken beläuft, und das Einnahmenbudget, das 22 682 148.34 Goldfranken beträgt ; und beschliesst die Veröffentlichung des erwähnten Voranschlages im «Journal officiel»; 3. genehmigt, unter Vorbehalt der Vorschläge und Abänderungen, die im Bericht der vierten Kommission enthalten sind, die Schlussfolgerungen der verschiedenen ihr zur Prüfung vorgelegten Berichte der Kontrollkommission; 4. nimmt den Bericht des Verwaltungsrates der Pensionskasse des Personals für das Jahr 1937 zur Kenntnis (Dokument A. 12. 1937. X.) ; beschliesst, die Kasse weiterhin alljährlich vom beratenden Aktuar veranschlagen zu lassen; nimmt den vom beratenden Aktuar vorgelegten Bericht über den vierten Kassenanschlag zur Kenntnis (Dokument A. 10. 1937. X.); genehmigt die Kassenrechnung in der vom Eechnungskommissar unterbreiteten Form; beschliesst auf Grund von Paragraph o des Artikels 7 des Eeglements der Pensionskasse des Personals, den Beitrag des Völkerbundes an die Pensionskasse für 1938 auf 9 % des Betrages der abzugspflichtigen Gehälter der Pensionskassenmitglieder festzusetzen; und beschliesst, die Abänderungen des Pensionskassenreglements, die ihr vom Verwaltungsrat und von der Kontrollkommission unterbreitet wurden, in der abgeänderten Fassung, die im Anhang zu dieser Eesolution abgedruckt ist, zu genehmigen *) ; 5. billigt den Bericht des Sonderausschusses für die Beiträge (Dokument A. 16. 1937. X.); *) Diese Beilage rein technischen Inhalts wird im vorliegenden Bericht nicht wiedergegeben.

603 ist der Ansicht, dass es notwendig ist, obwohl sich die Sachlage bedeutend verbessert hat, weiterhin mit Sorgfalt auf die Entrichtung sowohl der laufenden als auch der rückständigen Beiträge bedacht zu sein; erneuert auf ein weiteres Jahr das Mandat der Mitglieder des Sonderausschusses: Graf Carton de ÌViart (Belgien); Sir Frederick Phillips (Vereinigtes Königreich); Herr M. C. Hambro (Norwegen); Herr Stefan Osusky (Tschechoslowakei) ; Herr A. Guani (Uruguay), und erinnert bei diesem Anlass daran, dass das Komitee nicht befugt ist, mit den Schuldnerstaaten neue Vergleiche abzuschliessen, ausgenommen die Vereinbarungen, über die zurzeit Verhandlungen schweben; 6. ernennt zu Mitgliedern der Kontrollkommission für die am 81. Dezember 1940 ablaufende Amtsdauer: Sir Cecil H. Kisch (Vereinigtes Königreich) und Herrn Harri Holma (Finnland); 7. ernennt Herrn Nicolas Momtchiloff (Bulgarien) zum Ersatzmitglied des Verwaltungsrates der Pensionskasse des Personals für die am 81. Dezember 1989 endigende Amtsdauer.

III.

Die Versammlung erklärt die neuen Anstellungsbedingungen der Sektionsmitglieder, Übersetzer, Revisoren und Übersetzerredaktoren in der von der Versammlung durch Resolution vom 10. Oktober 1936 genehmigten Form gemäss dem Personalstatut auf die bereits im Dienst stehenden Beamten anwendbar.

IV.

Die Versammlung beschliesst, dass in dem Mass, in welchem die an den Ausgaben des Orientbureaus der internationalen Hygieneorganisation direkt beteiligten Staaten ihre Beiträge im Vergleich zur Gesamtschätzung (81 915 Singaporesdollars laut Voranschlag für 1938, vom 20. Mai 1987) erhöhen, auch das Ausgabenbudget bis auf folgende Beträge erhöht werden kann: ..

uiitjjäiiorGS' Artikel I. -- Gehälter des Personals, stellvertretender Direktor, Fest- dollars Setzung eines Kredites von 8 000 Artikel IV. -- Internationale Vorlesungen über Malariologie für den Orient, Festsetzung eines Kredites von 5 000 Artikel VII. -- Eeisespesen für die Mitglieder des beratenden Ausschusses, Festsetzung eines Kredites von 5 500 Maximum der beschlossenen Erhöhung 18 500

V.

Die Versammlung: zieht in Betracht, dass der geltende Verteilungsschlüssel für die Ausgaben am 31. Dezember 1939 ausser Kraft treten wird;

604 berücksichtigt, dass die nächste Versammlung daher ein neues Organ einzusetzen haben wird, das eine Neuprüfung dieser Frage im Jahre 1939 vornehmen muss; ist der Ansicht, dass es von Vorteil wäre, unverzüglich vorbereitende Besprechungen aufzunehmen ; hat in Erfahrung gebracht, dass bisher hauptsächlich auf Bevölkerung, Produktion, Handel und Banken, Transport und Staatsbudget abgestellt wurde und ersucht daher den Generalsekretär, die Eegierungen zu bitten, ihm alle Anregungen mitzuteilen, die für die Versammlung von 1938 und für das Organ, dem sie die Aufstellung des neuen Verteilungsschlüssels übertragen kann, aufschlussreich sind.

VI.

Die Versammlung beschliesst auf Grund der Ausführungen des Sonderausschusses für die Beiträge, dass der von Uruguay bereits entrichtete Betrag von 115 108.30 Goldfranken als volle Beitragsleistung für 1936 zu gelten hat.

(5. Oktober 1937.)

E. Resolutionen zur Berichterstattung der fünften Kommission.

1. Handel mit Opium und andern Betäubungsmitteln.

I.

Die Versammlung: In Anbetracht der bedenklichen Lage im Fernen Osten, wie sie aus den Besprechungen der zweiundzwanzigsteii Tagung der beratenden Kommission für den Handel mit Opium und andern Betäubungsmitteln sowie aus neueren Mitteilungen an die fünfte Kommission hervorgeht; und in der Erwägung, dass eine derartige Situation eine Gefahr nicht nur für China, sondern auch für die ganze Welt bedeutet; schliesst sich der hierüber von der beratenden Kommission für den Handel mit Opium und andern Betäubungsmitteln in ihrer letzten Tagung angenommenen und vom Eat gebilligten Eesolution vorbehaltlos an; erneuert die dringende Mahnung, die sie früher an die japanische Eegierung gerichtet hat, unverzüglich wirksame ilassnahmen zu ergreifen, um der geheimen Herstellung und dem gesetzwidrigen Handel, die von japanischen Staatsangehörigen in China betrieben werden, ein Ende zu setzen und bittet die japanische Eegierung, der beratenden Kommission für Opium alle zu diesem Zwecke getroffenen Massnahmeu bekanntzugeben; und hofft, dass die Bemühungen der chinesischen Eegierung trotz der anerkannten Schwierigkeiten nicht nachlassen werden und dass sie in der Lage sein wird, der beratenden Kommission eine zunehmende Besserung der Lage in den Gebieten Chinas zu melden, die keinem fremden -- japanischen oder anderweitigen -- Einfluss unterworfen sind.

605 II.

Die Versammlung nimmt den von der fünften Kommission vorgelegten Bericht (Dokument A. 66. 1987. XI.) zur Kenntnis und genehmigt dessen Schlussfolgerungen und Eesolutionsanträge.

^ Oktober 1937 )

2. Soziale Fragen.

I.

Die Versammlung: angesichts der zunehmenden Bedeutung des Sozialamtes und der Notwendigkeit einer beruflichen Ausbildung, um sich mit diesen Fragen befassen zu können; in der Erwägung, dass diese überaus komplexen Fragen einen theoretischen und praktischen Unterricht erheischen; nimmt mit Genugtuung Vormerk vom Beschluss der beratenden Kommission für soziale Fragen, wonach eine ihrer ersten Arbeiten die Ausbildung des Personals von Sozialämtern zum Gegenstand haben wird, eine Frage, die vom Ausschuss für Kinderschutz seit einigen Jahren unter verschiedenen Gesichtspunkten behandelt wurde; empfiehlt der beratenden Kommission für soziale Fragen, die Bearbeitung dieser Frage mit der ganzen Sorgfalt, die ihrer Bedeutung entspricht, fortzusetzen.

II.

Die Versammlung: erinnert an die [Resolution der siebzehnten Versammlung über eine bessere Zusammenarbeit zwischen der beratenden Kommission für soziale Fragen und andern Körperschaften, die sich mit den verschiedenen Anwendungsgebieten der sozialen Fragen abgeben; zieht in Erwägung, dass keine scharfe Grenze zwischen den Bereichen der Wirtschaft, der Hygiene und der sozialen Fürsorge gezogen werden kann; zieht andererseits in Betracht, dass die gegenwärtig geübte Fühlungnahme zwischen der beratenden Kommission für soziale Fragen und andern Körperschaften einseitig und daher unvollständig ist; ist der Ansicht, dass manche Fragen, mit denen sich verschiedene Organe des Völkerbundes befassen und insbesondere die Ernährung, die Wohnung, die Hygiene und der landwirtschaftliche Wiederaufbau usw. wichtige soziale Gesichtspunkte aufweisen; empfiehlt der beratenden Kommission für soziale Fragen, die Möglichkeiten einer gegenseitigen technischen Zusammenarbeit mit andern Körperschaften zu prüfen; empfiehlt für die künftige Behandlung solcher Fragen, dass zwischen den zuständigen Organen des Völkerbundes, die sich für die verschiedenen

606

Gesichtspunkte dieser Fragen interessieren, eine rege und unmittelbare Zusammenarbeit herbeigeführt -werde, sei es durch Untersuchungen und Konferenzen, sei es durch andere Mittel.

III.

Die Versammlung: stellt fest, dass die soziale Tätigkeit des Völkerbundes nicht die Publizität erfährt, die seiner Bedeutung entspricht; stellt allgemeine Übereinstimmung fest in bezug auf die Notwendigkeit einer Zeitschrift über soziale Fragen sowie auf den Wert einer solchen Zeitschrift für Personen und Gemeinschaften, die sich mit diesen Fragen befassen; empfiehlt daher: 1. dass eine Zeitschrift über soziale Fragen herausgegeben werde; 2. dass diese Veröffentlichung einem befähigten Eedaktoren übertragen und so angenehm und lebendig wie möglich gestaltet werde; 8. dass die Zeitschrift, gemäss den Vorschlägen der beratenden Kommission für soziale Fragen, namentlich folgende Punkte behandle: Aufschlüsse über die wichtigsten Gesetze und Verwaltungsmassnahmen der einzelnen Länder; eine Analyse der Dokumente, die bei der Auskunftsstelle und bei der Bibliothek eingehen; ein Bericht über die Spezialarbeiten, die im Lauf jeder Tagung der beratenden Kommission und der Versammlung ausgeführt werden; eine Literaturauswahl und Berichte über Kongresse, Konferenzen etc.; eine Wiedergabe der Mitteilungen wohltätiger Vereine; Aufsätze über Fragen, mit denen sich die beratende Kommission und die Versammlung befassen; 4. dass die Zeitschrift vierteljährlich in den zwei offiziellen Sprachen veröffentlicht werde und der Generalsekretär die Möglichkeit prüfe, sie in andern Sprachen, vorab auf spanisch erscheinen zu lassen.

IV.

Die Versammlung; gemäss Artikel 23 (c) des Paktes, der den Völkerbund mit der allgemeinen Überwachung des Frauen- und Kinderhandels betraut; nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass auf der Konferenz der Zentralbehörden der Orientstaaten, die unter dem Schutz des Völkerbundes im Februar 1937 in Bandoeng stattfand, volle Übereinstimmung in bezug auf die Massnahmen herrschte, die von den Eegierungen der Orientstaaten zur Bekämpfung des Frauen- und Kinderhandels zu treffen sind; hat die Empfehlungen der Konferenz eingesehen, die eine engere Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Behörden und eine wirksamere Koordinierung ihrer Tätigkeit anstreben;

607

nimmt besondern Vermerk davon, dass die Konferenz als geeignetstes Mittel hiezu die Errichtung eines Völkerbundsamtes im Orient empfohlen hat, das Erkundigungen über Frauen- und Kinderhandel einzuziehen und weiterzuleiten und allgemein die Zusammenarbeit zwischen den Ländern des Ostens auf diesem Gebiete zu fördern hätte; ist der Ansicht, dass die Schaffung eines solchen Amtes wünschbar wäre, dass aber die Ausarbeitung dieses Planes eine nähere Prüfung erheischt; ersucht den Bat, einen beratenden Sachverständigen zu bezeichnen, der sich so bald als möglich nach dem Orient begeben sollte, um die Frage an Ort und Stelle mit den zuständigen Behörden der beteiligten Eegierungen zu besprechen ; empfiehlt die Festsetzung der erforderlichen Kredite im Kostenvoranschlag für 1988.

V.

Die Versammlung nimmt diesen Bericht zur Kenntnis (Dokument A. 65.

1987. IV.) und genehmigt dessen Eesolutionen und Schlussfolgerungen.

(4. Oktober 1937.)

3. Weltnilîsverband.

Die Versammlung: nach Einsicht in den Bericht über die Tätigkeit des Exekutivausschusses des Welthilfsverbandes für die Amtsdauer vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1986 (Dokument A. 15. 1937. XII.); spricht ihre Befriedigung aus über die erfolgten Bemühungen zur Vervollkommnung der Methoden, die dem Verband die einwandfreie Erfüllung der Aufgabe ermöglichen sollen, die ihm bei seiner Gründung zugedacht wurde; betont den Wert der technischen Studien, die bezwecken, die Auswirkung der Kalamitäten einzuschränken; erneuert ihren Wunsch, die Wirksamkeit der Aktionsmittel des Welthilfsverbandes möchte durch neue Beitrittserklärungen erhöht werden.

(2. Oktober 1937.)

F. Resolution zur Berichterstattung der sechsten Kommission.

1. Mandate.

Die Versammlung: nachdem sie die Tätigkeit der Mandatarmächte, der ständigen Mandatskommission und des Eates über die Anwendung der in Artikel 22 des Paktes und in den Mandatsurkunden enthaltenen Grundsätze zur Kenntnis genommen ; a. erneuert ihr Vertrauen in diese Grundsätze, das schon in den vergangenen Tagungen ausgesprochen wurde, und anerkennt die Ergebnisse, die dank einer engen und aufrichtigen Zusammenarbeit, deren Aufrechterhaltung wesentlich ist, erzielt wurden:

608

i), gibt der Überzeugung Ausdruck, dass die Palästinafrage, die der Eat zurzeit behandelt, in gerechter Weise gelöst wird, unter möglichst weitgehender Berücksichtigung aller berechtigten Interessen.

,<>Q « . , 70?? \ 2. Organisation für geistige Zusammenarbeit.

1. Allgemeine Resolution.

Die Völkerbundsversamrnlung : stellt mit grosser Genugtuung die Entwicklung der internationalen Organisation für geistige Zusammenarbeit wahrend der Amtsdauer 1936/87 fest, eine Entwicklung, die in den Kundgebungen des «Monats der geistigen Zusammenarbeit» den hervorragendsten Ausdruck fand; spricht der Eegierung der französischen Kepublik und dem Generalkommissariat der Pariser Ausstellung ihren ^ ärmsten Dank aus für die Aufnahme und die freigebige Unterstützung, die sie diesen Zusammenkünften gewährt haben; genehmigt die Berichte, die ihr von der internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit über ihre neunzehnte Tagung (Dokument C. 327.

M. 220. 1987. XII.) und vom Yerwaltungsrat des internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit über seine vierzehnte Tagung (Dokument C. 326.

M. 219. 1987. XII.) vorgelegt wurden; hebt die Bedeutung der zehnten Tagung der ständigen Konferenz für höhere internationale Studien und der internationalen Konferenz für Hochschulunterricht hervor ; gibt ihrer besondern Befriedigung über den Erfolg der zweiten allgemeinen Konferenz der nationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit Ausdruck und freut sich über die standig zunehmende Bedeutung, die den nationalen Ausschüssen im Schosse der Organisation zukommt; sie hofft, dass die Eegierungen der Völkerbundsmächte und der Nichtmitgliedstaaten die Wünsche und Eesolutionen der Konferenz, die ihnen das Generalsekretariat zustellen wird, mit Wohlwollen aufnehmen werden.

2. Erklärung über den Geschichtsunterricht.

Die Versammlung: erinnert an ihre Eesolution vom 10. Oktober 1936 über die Unterzeichnung der «Erklärung über den Geschichtsunterricht»; ist über die grundsätzliche Zustimmung zahlreicher Staaten zur Erklärung unterrichtet ; billigt die Ergänzung dieser Akte durch die von der Kommission verfassten Schlussbestimmungen, die die Unterzeichnung durch die Staaten und die Hinterlegung beim Völkerbundssekretariat ermöglichen, und bittet den Generalsekretär, die nötigen Zustellungen vorzunehmen, um die Unterschriften sowohl der Völkerbundsmächte als auch der Nichtmitgliedstaaten zu vereinigen.

609 3. Bildende Künste.

A. Schutz des künstlerischen und historischen Nationalbesitzes.

Die Versammlung: billigt die Einberufung im Jahr 1988 der diplomatischen Konferenz zum Abschluss einer internationalen Konvention zum Schutze des künstlerischen und historischen Nationalbesitzes.

B. Internationales Ausgrabungsinstitut.

Die Versammlung: angesichts der Bedeutung des guten Einvernehmens zwischen den Völkern für die Bereicherung der menschlichen Kultur; erinnert an die Empfehlungen, die sie am 10. Oktober 1932 an die Staaten gerichtet hatte; ist davon überzeugt, dass zwar die Ausgrabungsordnung in erster Linie für den Staat von Bedeutung ist, auf dessen Boden die Ausgrabungen vorgenommen werden, und demgemäss vorab von dessen internen Gesetzgebung abhängen muss, dass es aber auch sehr wichtig ist, diesen Grundsatz mit den Erfordernissen einer weitherzigen und freiwilligen internationalen Zusammenarbeit in Einklang zu bringen; ist der Ansicht, dass die zu diesem Zwecke von der Internationalen Konferenz für Ausgrabungen, die in Kairo vom internationalen Museumsamt und mit der freigebigen Unterstützung der ägyptischen Eegierung einberufen wurde, ausgearbeiteten Begeln diesem Ziel durchaus entsprechen: bittet den Generalsekretär, den Wortlaut der Beschlüsse der Konferenz von Kairo den Völkerbundsmächten und den Nichtmitgliedstaaten zuzustellen, damit sie diesen für ihre innere Gesetzgebung über Altertümer und Ausgrabungen zum Vorbild nehmen können.

4. Ethnographische und historische Sammlung über den Ursprung der amerikanischen Zivilisation.

Die Versammlung: erinnert an ihre Eesolution vom 10. Oktober 1986, durch welche die internationale Organisation für geistige Zusammenarbeit gebeten wurde, innert kürzester IVist den Entwurf zu dieser Sammlung und seine Ausführung im einzelnen zu prüfen; ist der Ansicht, dass die von der internationalen Organisation für geistige Zusammenarbeit in ihrer letzten Tagung umschriebene Durchführungsmethode die erforderliche Gewähr bietet; genehmigt den Kommissionsentwurf und spricht den Eegierungen, mit deren Mitwirkung die Ausführung begonnen werden konnte, ihren aufrichtigen Dank aus.

Bundesblatt.

89. Jahrg.

Bd. III.

45

610 5. Exakte Wissenschaften.

Die Versammlung nimmt den Abschluss des Abkommens zwischen der internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit und dem internationalen Eat der wissenschaftlichen Unionen zum Zwecke, in Zukunft eine enge Zusammenarbeit auf dem Gebiete der wissenschaftlichen Forschung zu sichern, mit Genugtuung zur Kenntnis.

6. Intellektuelle Rechte.

Die Versammlung: ist davon überzeugt, dass der Abschluss einer universellen Vereinbarung zum Schutze der geistigen Werke den günstigsten Einfluss auf die geistigen Beziehungen zwischen den Völkern ausüben niüsste; nimmt zur Kenntnis, dass die beiden Entwürfe zu einem universellen Abkommen, die in diesem Sinne von der Sonderkommission von Montevideo und von dem durch das Internationale Institut für geistige Zusammenarbeit und durch das Internationale Eömer Institut zur Vereinheitlichung des Privat^ rechts einberufenen Sachverständigenausschuss ausgearbeitet wurden, von der Panamerikanischen Union den Eegierungen offiziell zugestellt worden ist; ist ferner über die Absicht der belgischen Verwaltung unterrichtet, allen Eegierungen eine Denkschrift zuzustellen, die unter Mitwirkung des Internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit aufgestellt wurde und die gesamte einschlägige Literatur enthält; hofft, dass die belgische Eegierung in der Lage sein wird, möglichst bald die beiden Konferenzen zur Eevision der Berner Konvention und zur Ausarbeitung eines Universalstatuts des Urheberrechtes einzuberufen; lädt das Internationale Institut für geistige Zusammenarbeit und das Internationale Eörner Institut zur Vereinheitlichung des Privatrechtes ein, eine neue Zusammenkunft des Sachverstàndigenausschusses anzusetzen zur Prüfung der künftigen Stellungnahme der Eegierungen zu den Abkommensentwürfen und zur Ausarbeitung, auf Grund obiger Meinungsäusserungen, endgültiger Vorschläge für die Universalkonferenz; betrachtet es heute schon als wünschenswert, dass in diesen Vorschlägen der Notwendigkeit Eechnung getragen werde, die gegenseitige Durchdringung der Zivilisationen zu fördern, vorab durch geeignete Eegelung der Übersetzungsrechte.

7. Entwurf zu einer internationalen Akte ïiber geistige Zusammenarbeit.

Die Versammlung: hat den Bericht eingesehen, den ihr die internationale Kommission für geistige Zusammenarbeit und der Verwaltungsrat
des internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit über den Entwurf zu einer internationalen Akte über geistige Zusammenarbeit gemeinsam zugestellt haben;

611

ist über das Gutachten des Völkerbundsrates vom 15. September 1937 unterrichtet, das die Bedeutung dieser Vorschläge anerkennt, und lenkt die Aufmerksamkeit der Versammlung auf diese Vorschläge; stellt fest, dass zahlreiche grundsätzliche Zustimmungserklärungen während der Diskussion abgegeben wurden; beauftragt den Generalsekretär des Völkerbundes, den Wortlaut des Vertragsentwurfes den Völkerbundsmächten und den Nichtmitgliedstaaten zur Stellungnahme vorzulegen. Die einlaufenden Antworten würden vom Exekutivausschuss der internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit eingesehen und nach den erforderlichen Prüfungen und Eevisionen würde dieser dem Völkerbundsrat einen Bericht zustellen. Sache des Eates wäre es, gegebenenfalls die Konferenz zum Abschluss des Abkommens einzuberufen.

(30. September 1937.)

3. Internationale Flüchtlingshilfe.

I.

Internationales Nansenamt.

Die Versammlung: nimmt den Bericht des Verwaltungsrates des Nansenamtes für das ani 30. Juni 1937 ablaufende Geschäftsjahr zur Kenntnis (Dokument A. 21.

1937. XII.); spricht ihre Befriedigung über die wichtigen Ergebnisse aus, die das Nansenamt sowohl im Interesse der Flüchtlinge wie auch im Interesse der Länder, die ihnen Aufnahme gewähren, erzielt hat; spricht Herrn Michael Hansson, dem Präsidenten des Verwaltungsrats, ihre Anerkennung aus für die unermüdlichen Bemühungen, die er in den Dienst dieser Sache gestellt hat; bittet einerseits die Eegierungen der Staaten, die dem Abkommen vom 28. Oktober 1933 (Dokument C. 650 (I). M. 311 (I) 1933) noch nicht beigetreten sind, die Möglichkeit ihres Beitrittes, und andererseits diejenigen Kegierungen, die bereits das Abkommen mit Vorbehalten ratifiziert haben, die Möglichkeit der Aufhebung dieser Vorbehalte in Erwägung zu ziehen; empfiehlt den Eegierungen, der Vereinbarung vom 30. Juni beizutreten stellt mit Befriedigung fest, dass die Zahl der Ausweisungsverfügungen gegen Flüchtlinge abgenommen hat; bittet die Eegierungen inständig, keinen Flüchtling auszuweisen, bevor ihm Einreise und Aufenthalt in einem andern Lande bewilligt worden ist; macht die Eegierungen auf die dringende Notwendigkeit aufmerksam, die Lage derjenigen Flüchtlinge abzuklären, die in Ermangelung eines Einreisevisums nach einem andern Land nicht imstande sind, einer Ausweisungsverfügung nachzukommen;

612 bittet die Eegierungen, die die Nansenbriefmarke noch nicht eingeführt oder deren Bezug nicht vorgeschrieben haben, das System dieser Marke einzuführen und allgemein zur Geltung zu bringen; empfiehlt den Eegierungen, die Schutzvorschriften gegen ausländische Arbeitskräfte nicht auf die Flüchtlinge anzuwenden und deren Eingliederung in das Wirtschaftsleben des Zufluchtlandes durch entsprechende Massnahmen zu fördern; ersucht die beteiligten Eegierungen an der Ausführung der Vorschläge des Nansenamtes betreffend die Übersiedlung der armenischen Flüchtlinge nach Erivan beizutragen; nimmt Vormerk von den Vorschlägen des Amtes zur Errichtung von Wohnungen für die armenischen Flüchtlinge in Griechenland; macht die Eegierungen besonders auf die trostlose Lage aufmerksam, in der sich die russischen Flüchtlinge in Shanghai befinden; bittet die Eegierungen, alle Massnahmen zu treffen, die zur endgültigen Aufnahme der Flüchtlinge auf dem Wege der Einbürgerung geeignet sind.

II.

Aus Deutschland kommende (israelitische und andere) Flüchtlinge.

Die Versammlung: hat den Bericht des Hohen Kommissars zur Kenntnis genommen (Dokument A. 17. 1937. XII.) und spricht ihm ihren Dank aus für seine Bemühungen zugunsten der aus Deutschland kommenden Flüchtlinge während des verflossenen Jahres; erteilt ihm den Auftrag, im Einvernehmen mit dem Generalsekretär auf Anfang 1988 eine Begierungskonferenz zur Aufnahme eines internationalen Abkommens zugunsten der aus Deutschland kommenden Flüchtlinge einzuberufen; billigt hinsichtlich der vor der Auswanderung von den Bewerbern zu bietenden Gewähr die im Bericht aufgeführten Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen den Eegierungen und dem Hohen Kommissar einerseits und den Hilfsorganisationen andererseits; empfiehlt den Eegierungen der Staaten, in denen sich die Flüchtlinge gegenwärtig aufhalten, alle zur Erleichterung der Auswanderung geeigneten Massnahmen zu treffen (technische Vorbereitung, Anpassung an den neuen Beruf usw.); spricht den Wunsch aus, die Eegierungskonferenz möchte eine Definition des Flüchtlings aufstellen, welche die Ausdehnung der Vorschriften des Artikels l der Vereinbarung vom 4. Juli 1936 auf die aus Deutschland kommenden Heimatlosen zulässt.

III.

Die Versammlung: erinnert daran, dass sie in ihrer Eesolution von 1929 die planmässige Liquidierung des Flüchtlingswerks beschlossen hat;

613 dass sie im Jahre 1930 die ordentlichen Völkerbundsorgane mit dem politischen und rechtlichen Schutz und das Nansenamt für bestimmte Zeit mit dem Wohltätigkeitswerk betraut hat; dass sie im Jahre 1981 einen Plan zur Liquidierung des Nansenamts auf Ende 1938 zur Annahme empfohlen hat; dass sie im Jahre 1936, gemass Beschluss von 1931, den Präsidenten des Amtes beauftragt hat, einen Liquidationsentwurf auszuarbeiten und Anregungen vorzubringen über die Weiterführung der vom Amte unternommenen Tätigkeit; dass sie im Jahre 1936 einen Hohen Kommissar des Völkerbunds für die aus Deutschland kommenden Flüchtlinge eingesetzt hat; und bestätigt ihren frühern Beschluss, durch den sie dem Präsidenten des Verwaltungsrates des Nansenamtes die tatsächliche und vollständige Liquidierung des Amtes übertragen hat; stellt fest, dass der Auftrag des Hohen Kommissars für die aus Deutschland kommenden Flüchtlinge am 31. Dezember 1938 zu Ende geht, gemass dem frühern Beschluss der Versammlung; zieht indessen in Betracht, dass der durch diese Beschlüsse aufgeworfene Fragenkomplex eine erneute und baldige Prüfung erheischt; und ersucht daher den Eat, noch vor der nächsten Versammlung einen Entwurf über die internationale Flüchtlingsfürsorge auszuarbeiten oder ausarbeiten zu lassen.

(O.OUoler 1937.)

4. Moderne Propagandamittel im Dienste des Friedens.

Die Versammlung: billigt den Bericht und die Schlussfolgerungen der sechsten Kommission (Dokument A. 68. 1937. XII.); beschliesst, gemass dem Vorschlag der vierten Kommission, im Voranschlag zum nächsten Geschäftsjahr einen Nachkredit von 12 000 Schweizerfranken festzusetzen.

(2. OUob&r 1937.)

5. Informationsmittel des Sekretariats.

Die Versammlung nimmt den von der sechsten Kommission (Dokument A. 71. 1937) vorgelegten Bericht zur Kenntnis und genehmigt dessen Schlussfolgerungen.

(2. Oktober 1937.)

6. Auf Antrag des Bureaas der Versammlung genehmigte Resolution.

Studienkommission für die europäische Union.

Die Versammlung: nach Befragung ihres Bureaus über die in der Tagesordnung unter Nr. 5 (c) (Studienkommission für die europäische Union) aufgeführten Fragen:

614 stellt fest, dass diese Kommission nicht in der Lage war, seit ihrer letzten Tagung zusammenzutreten ; beschliesst infolgedessen, den Auftrag der Studienkommission für die europäische Union für das kommende Geschäftsjahr zu erneuern und diese Frage auf die Tagesordnung der nächstjährigen Versammlung zu setzen.

(30. September 1937.)

H. Auf Antrag des von der Versammlung am 24. Februar 1933 eingesetzten beratenden Ausschusses für den Fernen Osten gebilligte Resolutionen.

Chinesisch-japanischer Konflikt.

I.

Die Versammlung: nach dringlicher Beratung über die Luftangriffe auf offene Städte in China durch japanische Flugzeuge; gibt ihrer tiefen Bewegtheit über diese Beschiessungen Ausdruck, die unschuldige Zivilpersonen, worunter zahlreiche Frauen und Kinder, ums Leben brachten ; erklärt, dass es für ein solches Vorgehen, das auf der ganzen Welt Abscheu und Empörung hervorgerufen hat, keine Entschuldigung gibt; und verurteilt es feierlich.

(28. September 1937.)

II.

Die Versammlung: schliesst sich den vom beratenden Ausschuss für den chinesisch-japanischen Konflikt vorgelegten Berichten an (Dokumente A. 78., A. 79. und A. 80.

1937. VIL); billigt die im zweiten dieser Berichte enthaltenen Vorschläge (Dokument A. 80. 1937. VII.) und bittet ihren Präsidenten, die nötigen Schritte zur beantragten Einberufung der Völkerbundsmitglieder, die Vertragsparteien des Washingtoner Neunmächtevertrags vom 6. Februar 1922 sind : versichert China ihres moralischen Beistandes und empfiehlt den Völkerbundsmächten, sich jeder Betätigung zu enthalten, die dem Widerstand dieses Landes Eintrag tun könnte und ihm dadurch den Stand in diesem Kampf noch erschweren würde, und ausserdem zu prüfen, in welchem Ausmasse jede Macht China zu Hilfe kommen könnte; beschliesst, die gegenwärtige Session zu vertagen und ihren Präsidenten zu ermächtigen, auf Antrag des beratenden Ausschusses eine neue Zusammenkunft einzuberufen.

(ß_ Oktober 1937.)

615

J. Auf Antrag des Sonderausschusses für die ,,Inswerksetzung" der Grundsätze des Völkerbundsvertrages angenommene Resolutionen.

J.

Die Versammlung: angesichts des Vorschlages der chilenischen Delegation (Dokument A. 42.

1937); zollt dem Bestreben, die Autorität des Völkerbundes zu stärken, ihre Anerkennung ; in Anbetracht der vom Sonderausschuss für die «Inswerksetzung» der Völkerbundsprinzipien geäusserten Meinung ; in Erwägung, dass es ausserordentlich wünschenswert wäre, dass der Völkerbund möglichst zahlreiche Staaten an der «Inswerksetzung» der Grundsätze, auf denen er beruht, beteiligen könnte; in Erwägung, dass der Sonderausschuss, der nichts versäumen möchte, was eine solche Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit fördern könnte, es nur begrüssen würde, die Ausserungen und Vorschläge zu kennen, welche die Nichtmitgliedstaaten sowie die Staaten, die ihren Rücktritt aus dem Völkerbund erklärt haben, vorbringen könnten; bittet den Eat, zu prüfen, auf welche Weise diese Informationen je nach den Umständen einzuziehen und dem vorerwähnten Ausschuss zur Verfügung zu stellen wären.

(4. Oktober 1937.)

T J T.

H.

In der Erwägung: dass die Verträge, welche die Universalität und die friedliche Lösung der internationalen Konflikte anstreben und Völkerbundsmächte sowie Nichtmitgliedstaaten erfassen, wie zum Beispiel der am 27. August 1928 in Paris abgeschlossene Vertrag über den Verzicht auf den Krieg und der auf Anregung der argentinischen Eepublik am 10. Oktober 1933 in Eio de Janeiro gezeichnete Nichtangriffs- und Vergleichsvertrag, die Aufrechterhaltung des Friedens zum Ziele haben, wie der Pakt selber, und zwar im Sinne seines Artikels 21; dass die interamerikanische Konferenz zur Erhaltung des Friedens, die in Buenos Aires am 1. September 1936 auf Anregung des Präsidenten Eoosevelt stattfand, vom Gedanken ausging, die Bemühungen des Völkerbundes zu ergänzen und zu verstärken, sofern sie die Verhütung des Krieges bezwecken; erklärt die Versammlung: Im Kriegsfall oder im Fall einer Kriegsdrohung wird der Völkerbund, ohne sein eigenes Vorgehen gemäss dem Völkerbundsvertrag zu verzögern, die nötigen Schritte einleiten und die erforderliche Fühlungnahme herbeiführen, um sich bei seinen Bemühungen um den Frieden die Mitwirkung derjenigen Nichtmitgliedstaaten zu sichern, die den vorerwähnten Abkommen, deren gemeinsames Ziel die Erhaltung des Friedens bildet, beigetreten sind.

(4. Oktober 1937.)

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die XVIII.

Völkerbundsversammlung. (Vom 20. Dezember 1937.)

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1937

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3653

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22.12.1937

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