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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung des Freundschafts- und Handelsvertrages zwischen der Schweiz und Siam.

(Vom 13. Dezember 1987.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Freundschafts- und Handelsvertrag, der am 28. Mai 1931 nach mühevollen Verhandlungen zwischen der Schweiz und Siam abgeschlossen und am 26. September 1931 von den eidgenössischen Eäten genehmigt worden war, Schien, wiewohl er ani Jahresfrist kündbar war, für lange Zeit die Grundlage für die Beziehungen zwischen den beiden Ländern bilden zu sollen. Diese Erwartung ging jedoch nicht in Erfüllung.

Im Herbst 1936 erhielt der Bundesrat die Mitteilung, dass die siamesische Eegierung eine Gesamtrevision der Niederlassungs- und Handelsverträge mit andern Staaten beabsichtige, um jede Spur der alten Kapitulationsvertrage zu beseitigen und dass sie, um sich diese Aufgabe zu erleichtern, ebenfalls die Kündigung des Freundschafts- und Handelsvertrages zwischen der Schweiz und Siam in Aussicht nehme. In der Tat erfolgte diese Kündigung am 4. November 1936. Zugleich unterbreitete uns die siamesische Gesandtschaft einen Entwurf ihrer Eegierung, aus dem sich ergab, wie diese den Vertrag von 1931 abzuändern beabsichtigte.

Da schon der gekündigte Vertrag auf dem Grundsatz der Eechtsgleichheit der beiden vertragschliessenden Staaten beruhte, unterschied sich der Entwurf zu dem neuen Vertrag nicht in wesentlichen Punkten vom alten, indessen enthielt er zwei Bestimmungen, deren Aufnahme in den Vertrag von 1931 wir vergeblich verlangt hatten: Die eine betraf den Erwerb von Liegenschaften, die andere bezog sich auf militärische Eequisitionen. Der Entwurf eröffnete somit Möglichkeiten für einen Fortschritt imd schuf auch eine Grundlage für aussichtsreiche Verhandlungen.

Ein Gegenentwurf, der sich wesentlich an den siamesischen Entwurf anlehnte, ihn jedoch in einigen Punkten verbesserte, wurde Ende April 1937 der siamesischen Eegierung durch Vermittlung ihrer Gesandtschaft überreicht.

Er war im Oktober Gegenstand mündlicher Verhandlungen mit dem siame-

453 sisclien Gesandten, der nach Bern gekommen war, um sein Beglaubigungsschreiben zu übergeben. Eine Einigung wurde rasch erzielt, so dass der neue Freundschafts- und Handelsvertrag am 4. November 1937 in Bern unterzeichnet werden konnte. Die Bestimmungen dieses Vertrages lassen sich folgendermassen zusammenfassen: Der Artikel I sieht in seinem ersten Absatz vor, dass die Angehörigen eines jeden der beiden vertragschliessenden Teile auf dem Gebiete des andern den einheimischen Staatsangehörigen in bezug auf Niederlassung, Handel, Gewerbe, Industrie und die Ausübung sonstiger Berufe gleichgestellt sind. Der zweite Absatz stellt den nämlichen Grundsatz hinsichtlich der Steuerpflicht der Angehörigen beider Vertragsstaaten gegenüber dem Niederlassungsstaat auf. Es ist ferner im dritten Absatz für alles vorgesehen, was die Unverletzlichkeit von Person und Eigentum, betrifft. Der vierte Absatz sieht vor, dass die Angehörigen beider Staaten zwar vom Militärdienst auf dem Gebiete des andern befreit, jedoch militärischen Requisitionen unterworfen sind, vorausgesetzt, dass ihnen in dieser Hinsicht keine härteren Bedingungen als den Einheimischen auferlegt werden. Der fünfte Absatz enthält den Grundsatz der Glaubensfreiheit. Der sechste Absatz sieht für die Ausübung der gewerblichen Berufe und für die Erwerbung von Grundeigentum den Grundsatz der Meistbegünstigung vor. Der siebente Absatz stellt schliesslich den Grundsatz auf, dass die Angehörigen beider Staaten berechtigt sind, den Erlös aus dem Verkauf ihrer Güter unter den nämlichen Bedingungen wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation aus dem Lande auszuführen.

Artikel II garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung der Angehörigen beider Staaten im Gebiete des andern unter den nämlichen Bedingungen wie diejenigen, die für die Einheimischen gelten.

Artikel III sieht hinsichtlich der Anwendung der Verbote und Beschränkungen der Einfuhr aus dem Gebiete des einen der beiden Teile oder der Ausfuhr nach diesem den Grundsatz der Meistbegünstigung vor. Im Ealle einer Kontingentierung garantiert jeder der beiden vertragschliessenden Teile dem andern einen billigen Anteil an der Gesamtmenge der Waren, die Beschränkungen unterworfen sind. Immerhin bleibt das Eecht eines jeden der beiden Vertragsteile vorbehalten, Einfuhr- oder Ausfuhrbeschränkungen in
bezug auf gewisse Warenkategorien (Eauschgifte, Munition, Monopolerzeugnisse, gesundheitsschädliche Waren etc.) einzuführen. Der Schlussabsatz dieses Artikels endlich bezieht sich auf die Warendurchfuhr, d. h. es sollen in dieser Hinsicht die Bestimmungen des Übereinkommens und des Statuts über die Freiheit des Durchfuhrverkehrs von Barcelona vom 20. April 1921 zur Anwendung gelangen.

Artikel IV sieht zugunsten der Angehörigen eines jeden der beiden Staaten den Grundsatz des freien Zutritts zu den Gerichten auf dem Gebiete des andern vor.

Artikel V bestimmt, dass Aktien- oder andere Gesellschaften gleichfalls freien Zutritt zu den Gerichten haben. Sie sollen ausserdeui hinsichtlich Buudesblatt. 89. Jahrg. Bd. III.

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ihrer Tätigkeit das Eecht haben, Zweigniederlassungen zu errichten und können in steuerlicher Hinsicht die Meistbegünstigung beanspruchen. Der nämliche Grundsatz gilt auch bezüglich ihres Eechts, Grundstücke zu erwerben.

Artikel VI sieht den Grundsatz der Meistbegünstigung für alles vor, was sich auf die Durchfuhrgebühren, die Einlagerung und Prüfung der Waren, sowie auf Drawbacks bezieht.

Artikel VII legt, allerdings unter Vorbehalt der Meistbegünstigungsklausel, den Grundsatz fest, dass jede der beiden Eegierungen hinsichtlich des Zolltarifs, der auf die Waren des andern Teils anzuwenden ist, ihre Handlungsfreiheit bewahrt.

Artikel VIII stellt die Einwohner der beiden Staaten den Einheimischen in allem gleich, was Erfinderpatente, Fabrikmarken etc., kurz den Schutz des geistigen Eigentums betrifft.

Artikel IX bestimmt, dass bezüglich der Abgaben, welche die Warenerzeugung zugunsten der Staaten, der Provinzen, der Gemeinden und der genossenschaftlichen Organisationen belasten, die Meistbegünstigung zu gewähren ist.

Artikel X bestätigt das Eecht der beiden Vertragsstaaten, Konsularbeamte (Generalkonsuln, Konsuln und Vizekonsuln) im Gebiete des andern zu bestellen. Auf die Behandlung, welche diese Vertreter beanspruchen können, findet der Grundsatz der Meistbegünstigung Anwendung.

Artikel XI bestimmt das Verfahren, das im Todesfall auf dem Gebiete der Vertragsstaaten zur Anwendung zu kommen hat, um den Nachlass des Verstorbenen zu sichern und die Interessen der Erben zu wahren.

Artikel XII sieht gewisse Einschränkungen der Meistbegünstigung vor, insbesondere hinsichtlich der Vorteile, die benachbarten Staaten oder solchen eingeräumt wurden, mit denen der eine der beiden Vertragsteile durch eine Zollunion verbunden ist, ferner wenn es sich um Vorteile handelt, die zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gewährt wurden.

Artikel XIII sieht vor, dass alle Meinungsverschiedenheiten, die sich zwischen beiden Teilen in bezug auf die Auslegung und die Anwendung des vorliegenden Vertrages ergeben, einem Schiedsgericht unterbreitet werden sollen; dieses Schiedsgericht soll grundsätzlich der Ständige Internationale Gerichtshof im Haag sein.

Artikel XIV setzt die Dauer des Vertrages auf fünf Jahre und die Kündigungsfrist auf ein Jahr fest.

Artikel XV bestimmt, dass der A^ertrag ratifiziert werden muss
und dass der Austausch der Eatifikationen in Bern stattfinden soll.

Der Vertrag enthält ein Schlussprotokoll, in dem vorgesehen ist, dass seine Bestimmungen nicht anwendbar sind auf das Wander- und Hausiergewerbe, auf das Aufsuchen von Bestellungen, auf das Eischereirecht und auf das Eecht beider Vertragsstaaten, nach freiem Ermessen Gesetze über die Einbürgerung,

455 die Einwanderung und die öffentliche Ordnung zu erlassen. Es sieht überdies hinsichtlieh der Einwanderungs- und Niederlassungstaxen den Grundsatz der Meistbegünstigung vor.

Es bestimmt ferner, dass der Vertrag ebenfalls auf das FürstentumLiechtenstein anwendbar ist.

Da der gekündigte Vertrag seit Anfang Mai 1937 ausser Kraft getreten ist, so hätten wir gewünscht, dass ein Notenwechsel die rechtlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern provisorisch geregelt,hätte. Verfassungsrechtliche Schwierigkeiten hinderten jedoch die siamesische Eegierung, auf unsere Wünsche einzugehen. Indessen erhielten wir die Zusicherung, dass der neue Vertrag nach seiner Unterzeichnung in Siam tatsächlich zur Anwendung gelangen werde.

Unsere in der Botschaft vom 4. August 1931 über die Genehmigung des frühern Freundschafts- und Handelsvertrages vom 28. Mai 1931 enthaltenen Bemerkungen zu dem freundschaftlichen Charakter der Beziehungen zwischen der Schweiz und Siam entsprechen nach wie vor den Tatsachen : Nichts hat sich seither ereignet, was diese vorzüglichen Beziehungen hätte stören können.

Wenn sich auch aus unsern Statistiken ergibt, dass seit dem Jahre 1931 unsere Ausfuhr in dieses Land ziemlich stark abgenommen hat -- unsere Handelsbilanz ist gleichwohl immer stark aktiv für uns geblieben --, so ist dieser Bückgang zweifellos der allgemeinen Weltwirtschaftskrise zuzuschreiben (schweizerische Ausfuhr nach Siam 1931: Fr. 4332615, 1932: Fr. 2 392 624, 1933: Fr. 1792205, 1934: Fr. 730 128, 1935: Fr. 576 805). Seit 1936 weist unsere Ausfuhr übrigens eine neue merkliche Vermehrung auf -- ein gutes Vorzeichen für die Zukunft -- (Export während des Jahres 1936: Fr. 867 281, 1937: für die ersten zehn Monate Fr. l 128 908).

Die Bestimmungen des neuen Freundschaftsvertrages stellen einen Fortschritt gegenüber denjenigen des gekündigten Vertrages dar und sind geeignet, in wirkungsvoller Weise die schweizerischen Interessen in Siam zu wahren.

Demnach bitten wir Sie, den beigefügten Entwurf eines Bundesbeschlusses gutheissen zu wollen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 13. Dezember 1937.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Motta.

Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

456 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des Freundschafts- und Handelsvertrags zwischen der Schweiz und Siam.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 18. Dezember 1937, beschliesst : Art. 1.

Der am 4. November 1937 abgeschlossene Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen der Schweiz und Siam wird genehmigt.

Art. 2.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

457 Übersetzung.

Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen

der Schweiz und Siam.

Der Schweizerische Bundesrat und Seine Majestät der König von Siam, vom Wunsche geleitet, die in BÖ glücklicher Weise zwischen den beiden Staaten bestehenden Bande der Freundschaft und Eintracht enger zu knüpfen und überzeugt, dass die Eevision der vordem zwischen beiden Ländern abgeschlossenen Verträge dazu angetan ist, zur Erreichung dieses Zieles beizutragen, haben beschlossen, diese Eevision gemäss den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und der Billigkeit vorzunehmen und haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Der Schweizerische Baudesrat: Herrn Giuseppe Motta, Bundespräsidenten und Vorsteher des Eidgenössischen Politischen Departements, Seine Majestät der König von Siam: Phra Bahiddha N u k a r a , ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Siam in der Schweiz, welche nach Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten über folgende Bestimmungen übereingekommen sind: Artikel I.

Es soll zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Siam dauernder Friede und ewige Freundschaft bestehen. Die Staatsangehörigen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile sollen berechtigt sein, das Gebiet des andern Teiles zu betreten, zu bereisen und sich dort niederzulassen, sich daselbst Handel und Gewerbe zu widmen, jeglichen wissenschaftlichen Studien und Forschungen obzuliegen, mit allen Erzeugnissen und Waren jede zulässige Art von Handel zu treiben, sich religiösen, Erziehungs- und Wohltätigkeitswerken zu widmen, als Eigentümer oder Mieter Häuser, Fabriken, Lager und Magazine zu besitzen und zu benützen, Vertreter nach freier Wahl zu bestellen, Grundstücke zum Behufe des Wohnens, des Handels, der Industrie, der religiösen Betätigung, der Wohltätigkeit und sonstiger zulässiger Zwecke, desgleichen für die Anlegung von Kirchhöfen, zu mieten und ganz allgemein jegliche mit dem Handel zusammenhängende Tätigkeit unter den

458 gleichen Bedingungen wie die Angehörigen des Wohnsitzstaates auszuüben, insofern die Landesgesetze sie dazu ermächtigen und unter denselben Voraussetzungen wie die Staatsangehörigen der meistbegünstigten Nation.

Es werden ihnen auf dem Gebiete des andern Staates keine anderen oder höheren Abgaben, Steuern oder sonstige Lasten als den Angehörigen des Wohnsitzstaates auferlegt werden.

Die Angehörigen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile gemessen auf dem Gebiete des andern in Ansehung ihrer Person und ihres Eigentums dauernden Schutz und Sicherheit, und sie haben in dieser Hinsicht die gleichen Bechte und Privilegien wie die Angehörigen des Wohnsitzstaates, vorausgesetzt, dass sie die für diese geltenden Bestimmungen beobachten.

Sie sind jedoch auf dem Gebiete des andern Teiles von der Militärdienstpflicht zu Lande, zur See und in der Luft, im stehenden Heer, der nationalen Garde oder der Miliz, desgleichen von jeder Abgabe in Geld oder in natura, die an Stelle des persönlichen Militärdienstes erhoben wird, ebenso von jeder Zwangsanleihe und jeder militärischen Abgabe befreit. Im Frieden und im Kriege sollen ihnen keine andern militärischen Eequisitionen als den Einheimischen auferlegt werden, und sie werden in dieser Hinsicht unter der Bedingung der Gegenseitigkeit auf die gleichen Entschädigungen Anspruch haben wie die Bewohner des Wohnsitzstaates. Im übrigen werden die Angehörigen jedes der beiden hohen vertragschliessenden Teile in dieser Hinsicht auf dem Gebiete des andern Anrecht auf die Meistbegünstigung haben.

Die Angehörigen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile haben auf dem Gebiet des andern Anspruch auf vollkommene Gewissensfreiheit und dürfen, unter der Voraussetzung, dass sie die Gesetze, Verordnungen und Eeglemente des Landes beobachten, in privater oder öffentlicher Weise ihren Kultus pflegen.

In allem, was die Ausübung von Gewerben und sonstigen Berufen anbelangt, sollen die Angehörigen eines jeden der hohen vertragschliessenden-Teile auf dem Gebiete des andern und unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit wie diejenigen der meistbegünstigten Kation behandelt werden. Sie haben ferner das Eecht, jegliche Art beweglichen Eigentums zu erwerben und zu besitzen und über dieses gemàss den im Wohnsitzstaate geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu verfügen. Was
den Erwerb und den Besitz unbeweglicher Güter und die Verfügung über sie anbelangt, so haben die Angehörigen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile auf dem Gebiete des andern, unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit, Anspruch auf Meistbegünstigung.

Es steht ihnen endlich frei, den Erlös aus dem Verkauf der ihnen gehörenden Güter oder ganz allgemein, was sie besitzen, auszuführen, ohne andern Bedingungen oder schwereren Lasten unterworfen zu sein als denjenigen, die den Angehörigen der meistbegünstigten Nation unter den gleichen Voraussetzungen auferlegt werden.

459 Artikel II.

Die Wohnungen, Lager, Fabriken und Magazine und alle andern Lokale, die den Angehörigen eines der beiden hohen vertragschliessenden Teile auf dem Gebiete des andern gehören, sowie ihre sämtliche mit ihrer Wohnung und mit ihrem Handel in Beziehung stehende Habe werden respektiert werden. Weder sollen in den genannten Räumlichkeiten Haussuchungen oder gerichtliche Durchsuchungen vorgenommen noch die Bücher, Schriftstücke oder Eechnungen eingesehen oder untersucht werden, es sei denn unter den Bedingungen und in den Formen, die laut den gesetzlichen Bestimmungen für die Angehörigen des Wohnsitzstaates gelten.

Artikel III.

Keiner der hohen vertragschliessenden Teile wird Verbote oder Beschränkungen hinsichtlich der aus dem Gebiete des andern Teiles stammenden Einfuhr oder der für dieses Gebiet bestimmten Ausfuhr erlassen oder aufrechterhalten, die unter ähnlichen Umständen nicht auch für die Einfuhr oder Ausfuhr entsprechender Waren gelten, die aus einem dritten Lande stammen oder für dieses bestimmt sind. Wird ein Einfuhr- oder Ausfuhrverbot oder eine Einfuhr- oder Ausfuhrbeschränkung von einem der beiden hohen vertragschliessenden Teile, sei es auch nur vorübergehend, zugunsten der Waren eines dritten Landes aufgehoben, so wird diese Massnahme unter ähnlichen Umständen sofort und bedingungslos den entsprechenden Waren, die aus dem Gebiete des andern Teiles stammen oder für dieses bestimmt sind, zugute kommen. Im Falle der Kontingentierung, der Festsetzung von Anteilen oder jeglicher Art mengenmässiger Beschränkung der Einfuhr oder der Ausfuhr von Waren, für die Beschränkungen gelten, verpflichtet sich ein jeder der hohen vertragschliessenden Teile, für die aus dem Gebiete des andern Teiles stammende Einfuhr oder für die Ausfuhr dorthin einen gerechten Anteil an den zur Einfuhr oder zur Ausfuhr zugelassenen Waren zu gewähren.

Keine Bestimmung dieses Vertrages soll in der Weise ausgelegt werden, dass sie eine Beschränkung des Hechtes eines jeden der beiden hohen vertragschliessenden Teile bedeutet, unter den ihm angezeigt erscheinenden Bedingungen und unter der Voraussetzung nicht unterschiedlicher Behandlung nachstehende Verfügungen zu erlassen: 1. Verbote, Einschränkungen oder sonstige Bestimmungen hinsichtlich der Inkraftsetzung von Polizei- oder Steuergesetzen, unter Einschluss
der Gesetze, die die Einfuhr, die'Ausfuhr oder den Verkauf von Alkohol, alkoholischen Getränken, Opium, Kokablättern und deren Derivaten und aller sonstiger narkotischer Substanzen verbieten oder einschränken, desgleichen alle übrigen Gesetze, die sich auf Waren beziehen, deren Erzeugung, Verbrauch, Verkauf oder Beförderung im Innern gemäss den Landesgesetzen verboten oder beschränkt sind oder sein werden; 2. Verbote oder Einschränkungen betreffend den Handel und Verkehr mit Waffen und Kriegsmunition und, unter ausserordentlichen Umständen, mit

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jeglichem sonstigen Kriegsmaterial, wobei es einem jeden der hohen vertragschliessenden Teile freisteht, für den Fall, dass er in einen Krieg verwickelt ist, alle für die nationalen Belange erforderlichen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen in Kraft zu setzen; 8. Verbote oder Einschränkungen, die für die Sicherheit oder das Sanitätswesen notwendig sind oder die den Schutz der Tier- und Pflanzenwelt gegen Krankheiten und Seuchen bezwecken oder dazu bestimmt sind, sie vor dem Aussterben zu bewahren; 4. Verbote oder Einschränkungen betreffend Waren, die hinsichtlich ihrer Herstellung oder des Handels mit ihnen Gegenstand eines staatlichen oder unter staatlicher Aufsicht bestehenden Monopols sind oder sein werden.

Hinsichtlich der Durchfuhr von Waren aus dem Gebiet eines der hohen vertragschliessenden Teile oder nach dessen Gebiete durch das Gebiet des andern Teiles werden beide die Bestimmungen des Übereinkommens und des Statuts über die Freiheit des Durchgangsverkehrs von Barcelona, vom 20. April 1921, zur Anwendung bringen.

Artikel IV.

Die Angehörigen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile sollen zur Geltendmachung und Wahrung ihrer Eechte freien Zutritt zu den Gerichten des andern Teiles haben; es soll ihnen im gleichen Masse wie den Angehörigen des Wohnsitzstaates und denjenigen der meistbegünstigten Nation freistehen, Eechtssachverständige, Fürsprecher und Bevollmächtigte zur Geltendmachung und Wahrung ihrer Eechte vor diesen zu wählen.

Den Angehörigen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile wird hinsichtlich des Zutritts zu den Gerichten keine Bedingung oder Verpflichtung auferlegt werden, die nicht auch auf die Angehörigen des Wohnsitzstaates oder die Angehörigen der meistbegünstigten Nation Anwendung fänden.

Artikel V.

Aktien- oder andere Gesellschaften, sowie bereits bestehende Vereine oder solche, die später gemäss den gesetzlichen Bestimmungen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile gegründet werden, sind befugt, auf dem Gebiete des andern Teiles ihre Eechte auszuüben und vor Gericht zu erscheinen, sei es als Kläger, sei es als Beklagter, vorausgesetzt, dass sie die Gesetze dieses Staates beobachten.

Unter der Bedingung der Gegenseitigkeit wird den Aktien- oder andern Gesellschaften sowie den gemäss den Gesetzen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile
gegründeten Vereinen hinsichtlich ihres Zutritts zu den Gerichten des andern Teiles keine Bedingung oder Verpflichtung auferlegt werden, die nicht auch auf die Aktien- oder andern Gesellschaften und auf die Vereine dieses Staates oder aber auf diejenigen der meistbegünstigten Nation Anwendung fänden.

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Diese Gesellschaften und Vereine haben hinsichtlich ihrer Tätigkeit, des Eechts, Filialen zu gründen, sovrie in fiskalischer Hinsicht Anspruch auf eine nicht ungünstigere Behandlung, wie diejenige, die den Gesellschaften und Vereinen der meistbegünstigten Nation eingeräumt wird.

Ferner sind die erwähnten Gesellschaften und Vereine berechtigt, gemäss den hiefür geltenden gesetzlichen Bestimmungen jede Art beweglichen Eigentums zu erwerben, zu besitzen und darüber zu verfügen. Was den Erwerb und den Besitz von Grundeigentum und die Verfügung darüber anbelangt, sowie hinsichtlich des Eechts, alle Arten von Handel und Gewerbe zu treiben, sollen die genannten Gesellschaften und Vereine, die die Staatsangehörigkeit eines der hohen vertragschliessenden Teile besitzen, auf dem Gebiete des andern Teils unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit Anrecht auf Meistbegünstigung haben.

Artikel VI.

Die Angehörigen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile sollen auf dem Gebiete des andern in allem, was die Transittaxen, die Einlagerung, die Prüfung und Schätzung der Waren, Erleichterungen, sowie Drawbacks anbelangt, Anspruch auf dieselbe Behandlung wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation haben.

Artikel VII.

Es wird vereinbart, dass die Zolltarife, die auf die Eohprodukte oder die Fertigwaren des einen der hohen vertragschliessenden Teile bei der Einfuhr in das Gebiet des andern Anwendung finden, durch die inneren Gesetze des Einfuhrlandes geregelt werden.

Jeder der hohen vertragschliessenden Teile verpflichtet sich, in allem was die Höhe und die Einziehung der Zölle, sowie der Ein- und Ausfuhrtaxen jeder Art betrifft, den Angehörigen oder Waren des andern Teiles alle Vergünstigungen, Vorrechte oder Ausnahmebestimmungen, die er den Angehörigen oder Waren irgend eines andern Staates zugute kommen lässt oder in der Folge zugute kommen liesse, zuzubilligen, ohne Bücksicht darauf, ob sie dem dritten Staate ohne Gegenleistung oder auf Grund gegenseitiger Kompensationen gewährt wurden.

Artikel VIII.

Die Angehörigen eines jeden der hohen vertragschliessenden Teile sollen auf dem Gebiete des andern in bezug auf Erfinderpatente, Fabrik- oder Handelsmarken, Handelsfirmen, Zeichnungen und Modelle und die Urheberrechte auf literarische oder künstlerische Werke, unter Vorbehalt der vom Gesetz
vorgeschriebenen Formalitäten, die gleichen Eechte wie die Einheimischen haben.

Dasselbe gilt auch für das Verbot des unlauteren Wettbewerbs.

Artikel IX.

Die Steuern, die auf dem Gebiete eines der vertragschliessenden Teile auf der Herstellung oder auf dem Gebrauch gewisser Waren zugunsten des Staates,

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der Provinzen, der Gemeinden oder der Körperschaften des öffentlichen Eechts lasten, sollen hinsichtlich der Erzeugnisse des andern Teiles nicht höher oder drückender sein als diejenigen für die Erzeugnisse der meistbegünstigten Nation.

Artikel X.

Jeder der hohen vertragschliessenden Teile hat das Eecht, Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und andere Konsularbeamte und -agenten zu ernennen, die in denjenigen Städten und Häfen des Gebietes des andern Teiles ihren Wohnsitz haben sollen, wo entsprechende Beamte anderer Länder zu wohnen ermächtigt sind.

Die Konsularbeamten und -agenten können jedoch nur mit der Bewilligung und der Zustimmung der Eegierung, zu der sie entsandt werden, ihre Tätigkeit aufnehmen.

Unter der Bedingung der Gegenseitigkeit sind sie ermächtigt, alle Funktionen auszuüben und aller Ehren, Privilegien, Befreiungen und Ausnahmebedingungen aller Art teilhaftig zu werden, die den Konsularbeamten der meistbegünstigten Nation zugestanden werden.

Artikel XI.

Wenn ein Angehöriger der hohen vertragschliessenden Teile auf dem Gebiete des andern verschieden ist. ohne dort einen bekannten Erben oder einen von ihm bezeichneten Testamentsvollstrecker hinterlassen zu haben, so muss die zuständige Ortsbehörde sobald als möglich dem nächsten Konsularagenten des Staates, welchem der Betreffende angehorte, davon Mitteilung machen, damit die beteiligten Personen sofort verständigt werden können.

Wenn ein Angehöriger eines der hohen vertragschliessenden Teile auf dem Gebiete des andern verschieden ist, ohne am Orte seines Hinscheidens eine Person hinterlassen zu haben, die nach den Gesetzen des Landes ermächtigt ist, sich seiner Hinterlassenschaft anzunehmen und sie zu verwalten, so kann die Verwahrung und Verwaltung dieser Hinterlassenschaft dem zuständigen Konsularbeamten des Staates, welchem der Verstorbene angehörte, anvertraut werden, wenn er die nötigen Formalitäten erfüllt Und sowohl das Verfahren wie die Schranken beobachtet, die von den Gesetzen des Landes vorgeschrieben werden, wo sich die Güter des Verstorbenen befinden.

Die vorhergehende Bestimmung soll ebenfalls für den Fall Anwendung finden, dass ein Angehöriger des einen der hohen vertragschliessenden Teile ausserhalb des Gebietes des andern stirbt, jedoch dort Güter besitzt, ohne in diesem Lande eine Person hinterlassen zu
haben, die dazu ermächtigt ist, sich der Hinterlassenschaft anzunehmen und sie zu verwalten.

Artikel XII.

Die Bestimmungen des vorstehenden Vertrages betreffend die Meistbegünstigung finden keine Anwendung:

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1. auf die Vorteile, die einem Grenzstaate zur Erleichterung des Grenzverkehrs zugestanden sind oder zugestanden werden könnten; 2. auf die Vorteile, die einem dritten Staat auf Grund einer Zollunion zugestanden sind oder zugestanden werden könnten; 3. auf die Vorteile, die auf Grund besonderer Abkommen einem dritten Staate zu dem Zwecke zugestanden sind oder zugestanden werden könnten, Doppelbesteuerungen zu vermeiden und eine gegenseitige Rechtshilfe in Steuersachen zu gewährleisten; 4. auf die Vorteile, die einem Grenzstaate hinsichtlich der Schiffahrt auf den Grenzwasserläufen ohne Verbindung mit dem Meer oder hinsichtlich ihrer sonstigen Verwendung zugestanden sind oder zugestanden werden könnten.

Artikel XIII.

Die hohen vertragschliessenden Teile kommen überein, dass alle Streitigkeiten, die sich zwischen ihnen hinsichtlich der Auslegung oder der Anwendung einer der Bestimmungen des vorstehenden Vertrages ergeben könnten, auf das Ersuchen des einen oder andern der beiden Teile einem Schiedsverfahren unterworfen werden sollen, und dass &ie sich verpflichten, den Schiedsspruch als verbindlich anzuerkennen.

Das Schiedsgericht, dem die Streitigkeiten vorgelegt werden sollen, ist, soweit in einem Einzelfalle nicht etwas anderes vereinbart wird, der Ständige Internationale Gerichtshof im Haag.

Artikel XIV.

Vorstehender Vertrag wird vom Datum seines Inkrafttretens an fünf Jahre gültig bleiben. Für den Fall, dass keiner der hohen vertragschliessenden Teile zwölf Monate vor dem Ablaufen der genannten fünf Jahre seine Absicht, ihm ein Ende zu setzen, kundtut, wird der vorstehende Vertrag weiterhin in Kraft bleiben bis zum Ablaufe eines Jahres von dem Tage an, wo der eine oder andere Teil ihn gekündigt hat.

Artikel XV.

Vorstehender Vertrag wird ratifiziert, und die Eatifikationen sollen, sobald als möglich, in Bern ausgetauscht werden. Er wird am Tage des Austausches der Ratifikationen in Kraft treten.

Zu Urkund dessen haben die hierzu bezeichneten Bevollmächtigten den vorstehenden Vertrag unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Geschehen in Bern, in doppelter Ausfertigung, am vierten November des Jahres Neunzehnhundertsiebenunddreissig der christlichen Zeitrechnung, entsprechend dem vierten Tag des achten Monats des Jahres Zweitausendvierhundertachtzig der buddhistischen Zeitrechnung.

L. S. (gez.) Motta.

L. S. (gez.) Phra Bahiddha Nukara.

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Schlussprotokoll.

Bei der Unterzeichnung des am heutigen Tage zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Siam geschlossenen Freundschafts- und Handelsvertrages haben die unterzeichneten, hierzu gehörig befugten Bevollmächtigten folgende Bestimmungen vereinbart: 1. Die Bestimmungen des vorstehenden Vertrages finden keine Anwendung auf den Gewerbebetrieb im Umherziehen, den Hausierhandel und die Annahme von Bestellungen bei Personen, die weder Gewerbe noch Handel betreiben, noch auf die Fischereirechte, noch auf das Recht eines jeden der beiden hohen vertragschliessenden Teile, auf seinem Gebiete Gesetze über Einbürgerung, Einwanderung und die öffentliche Ordnung zu erlassen. Hinsichtlich der Abgaben oder Lasten für die Einwanderung oder den Aufenthalt werden die Angehörigen der hohen vertragschliessenden Teile nicht ungünstiger behandelt werden als die Angehörigen der meistbegünstigten ISTation.

2. Gemäss Artikel 8 des am 29. März 1923 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein abgeschlossenen Zollunionvertrages werden die Bestimmungen des vorgenannten Vertrages sowie die vorhergehende Bestimmung dieses Schlussprotokolls vom Tage der Inkraftsetzung an auf das Fürstentum Liechtenstein solange Anwendung finden, als es mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft durch einen Zollunionvertrag verbunden ist.

Zu Urkund dessen haben die hierzu Bevollmächtigten das vorliegende Schlussprotokoll unterzeichnet und es mit ihren Siegeln versehen.

So geschehen, in doppelter Ausführung, in Bern am vierten November des Jahres Neunzehnhundertsiebenunddreissig der christlichen Zeitrechnung, entsprechend dem vierten Tag des achten Monats des Jahres Zweitausendvierhundertachtzig der buddhistischen Zeitrechnung.

660

L. S.

(gez.) Motta.

L. S.

(gez.) Phra Bahiddha Nukara.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung des Freundschafts- und Handelsvertrages zwischen der Schweiz und Siam. (Vom 13. Dezember 1937.)

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