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Bericht der

Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkommission des Nationalrates und des Ständerates über ihre Tätigkeit vom 1. Oktober 1936 Ms zum 30. September 1937.

(Vom 4. Dezember 1937.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen nach Art. 12 des Eegulativs für die gemeinsame Finanzdelegation der eidgenössischen Bäte (vom 25. September 1907) Bericht zu erstatten.

I. Personelles.

Am l, Oktober 1936 war die Finanzdelegation bestellt aus den Herren Nationalräten Berthoud, Bosselet und Troillet; Ständeräten Bosset, Suter und Béguin.

Als Ersatzmänner amteten die Herren Nationalräte Tschudy, Wunderli und Oprecht; Ständeräte Winzeler, Weck und Müller.

Zufolge Hinschied des Herrn Nationalrat Tschudy, im Januar 1937, wurde Herr Nationalrat Seiler als Ersatzmann der Finanzdelegation bezeichnet.

II. Sitzungen.

Im Berichtsjahre fanden achtzehn Sitzungen in Bern statt.

III. Verhandlungsgegenstände.

1. Voranschlag des Bundes für das Jahr 1937.

2. Eidgenössische Staatsrechnung 1936.

3. Nachtragskredite II. Folge 1936 und I. Folge 1937.

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5.

6.

7.

Kreditübertragungen von 1936 auf 1937.

472 von der eidgenossischen Finanzkontrolle verfasste Eevisionsprotokolle.

998 Bundesratsbeschlusse, den Finanzhaushalt des Bundes betreffend.

Bericht des Bundesrates über die Finanzlage der Eidgenossenschaft (endgültiger Voranschlag für das Jahr 1937).

8. Herabsetzung des Genossenschaftskapitals der Schweizerischen Volksbank.

Einzelne Eevisionsprotokolle und schriftliche Anregungen der Finanzkontrolle gaben Anlass zu Anfragen und zur Bekanntgabe des Standpunktes der Finanzdelegation.

Zahlreiche Geschäfte, die Gegenstand unserer Beratungen waren, veranlassten uns zu Meinungsäusserungen dem Bundesrate gegenüber. Wir beschränken uns darauf, diejenigen Geschäfte zu erwähnen, die für Ihre Kommissionen von besonderem Interesse sein durften: 1. Auskunftgabe über dienstliche Angelegenheiten an Mitglieder der eidgenossischen Eäte. -- Der Bundesrat ordnete diese Frage mit Kreisschreiben ·vom 23. April 1937. Wir mussten aber feststellen, dass zwischen Finanzkoramissionen einerseits und Geschaftsprufungskommissionen anderseits ein unbegründeter Unterschied gemacht wurde. Es liess sich nicht einsehen, warum die Mitglieder der letztern unmittelbar Aufschlüsse erhalten können, die jedoch den Mitgliedern der Finanzkommissionen verweigert werden. Dazu kommt, dass die Aufgabe jener Kommissionen und ihrer Mitglieder ausserordentlich erleichtert würde, wenn die Abteilungschefs ermächtigt waren, ihnen über Fragen ihres Wirkungskreises Aufschluss zu erteilen, ohne vorher die Erlaubnis des Departements1* orstehers einholen zu müssen. Der Gang der Geschäfte würde damit wesentlich vereinfacht, und zwar für alle Beteiligten: Departementsvorsteher und Kommissionsmitglieder. Wir haben deshalb den Bundesrat ersucht, seinen Be«chluss in Wiedererwagung zu ziehen, weil der zwischen gleichberechtigten parlamentarischen Kommissionen gemachte Unterschied durch nichts gerechtfertigt war.

Mit «Dienstschreiben» vom 1. Oktober 1937 a) hat nun der Bundesrat die Frage in einer Weise geordnet, die die Finanzkommissionen voll befriedigen kann.

2. Budgetrecht des Parlamentes und Spezialfonds. -- Der Bund speist eine Anzahl Fonds, deren Mittel für besondere Zwecke verwendet werden. In Anbetracht, 1. dass der Grundsatz der Universalitat des Voranschlages soviel als möglich gewahrt werden muss ;
2. dass es nicht angeht, über Gelder zu verfügen, ohne dazu vom Parlament ermächtigt zu sein: 3. dass jedes Jahr ansehnliche Beträge dem Verfugungsrecht der eidgenossischen Eate entzogen werden, was mit dem Budgetrecht des Parlamentes unvertraglich ist; 4. dass die in Frage kommenden Fonds der gesetzlichen Grundlage entbehren; 5. dass ') Bundesbl. 1937, III, S. 155.

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die Beseitigung dieser Fonds nicht nur vom Standpunkte der Universalität des Voranschlages aus wünschbar ist, sondern auch vom Standpunkte der Kontrolle, hat die Finanzdelegation vom Bundesrat einen Bericht über diese Frage einverlangt; die diesen Erwägungen Rechnung tragende Neuordnung sollte mit dem 1. Januar 1938 in Kraft treten.

Um in Zukunft Beeinträchtigungen des Budgetrechtes des Parlamentes zu verhindern, wurde der Bundesrat eingeladen, geeignete Massnahmen zu treffen, um diesem Zustand ein Ende zu machen.

3. Bundesbeiträge. -- Die Finanzdelegation hat festgestellt, dass das Knanzprogramm in einigen Fällen nicht so angewendet wurde, wie es das Finanzund Zolldepartement beantragte. Wir haben deshalb dem Bundesrat unser Bedauern ausgesprochen, weil solche Abweichungen im Hinblick auf die Folgen, die sie für die Bundesfinanzen nach sich ziehen könnten, gefährlich sind.

Diese Abweichungen lassen den Eindruck aufkommen, dass das Finanzprogramm gewissen Subventionsbeziigern gegenüber nicht mit dem gleichen Willen und nicht in seiner ganzen Tragweite angewendet wird. Dieser bedauerliche Zustand erfordert rasche Abhilfe; der Bundesrat wurde eingeladen, in dieser Hinsicht zum Rechten zu sehen.

4. Viehausfuhr und Vieheinfuhr. -- Im Hinblick darauf, dass der Bund zur Förderung des Vieh exportes einerseits Prämien und Frachtvergütungen gewährt, während anderseits Schlachtvieh importiert wird --· alles Geschäfte, die den Bund teuer zu stehen kommen --, hat es die Finanzdelegation für nötig erachtet, die Frage «Viehausfuhr--Vieh einfuhr» sowie diejenige der Subventionen und Prämien, die eng mit ihr verknüpft ist, einer gründlichen Prüfung zu unterziehen. Vom Bundesrat wurde hierüber ein Bericht einverlangt.

5. Zuchtviehstationen im Ausland. -- In der Absicht, die Ausfuhr von Simmentalerzuchtvieh zu fördern, hat der Bund grosse Beträge (Fr. l 670 310) in den Zuchtviehstationen Rohov (Tschechoslowakei) und Suplia Lipa (Jugoslawien) investiert; für Stützungsaktionen, die im Zusammenhang mit diesen Exporten durchgeführt wurden, hat der Bund von 1934 bis 1936 Fr. l 276 877 verausgabt. Die seither geleisteten Vorschüsse belaufen sich auf Fr. l 226 171, insgesamt Fr. 4173 358. Die Finanzdelegation hat sich gefragt, ob die in diese Länder exportierte Stückzahl Vieh eine derart grosse Kapitalinvestierung
rechtfertige oder ob es nicht besser wäre, diese Zuchtstationen, deren Betrieb von Anfang an verlustbringend war, zu liquidieren. Der Bundesrat wurde eingeladen, über diese Fragen Bericht zu erstatten.

6. Wehranleihe. -- Die Finanzdelegation bedauert es, dass ihr nicht Gelegenheit geboten wurde, die Rechnung des Aktionskomitees für die Wehranleihe effektiv zu kontrollieren; sie ist aber davon fest überzeugt, dass nur wirkliche Auslagen in Rechnung gestellt wurden. Nach Schluss der Rechnung ist dem Aktionskomitee ein Betrag zur Verfügung gestellt worden; unsere

423 Delegation bedauert ebenfalls den in dieser Angelegenheit eingeschlagenen Weg. Das System der «in globo »-Bezahlung ruft ernsthaften Vorbehalten, weil es über die Uneigennützigkeit einzelner Personen Zweifel aufkommen lässt. Der Sache wäre besser gedient gewesen, wenn man die Zeit, welche für die Propaganda verwendet wurde, kontrolliert und dafür Rechnung gestellt hätte; diese Art der Bezahlung hätte sich gerechtfertigt. Tm übrigen ist das Aktionskomitee für seine aufopfernde Tätigkeit im Interesse des Landes zu beglückwünschen; seine Hingabe zugunsten eines vaterländischen Werkes verdient volle Anerkennung. Wir möchten aber nicht missverstanden werden: dieser Fall soll nicht Schule machen; in Zukunft sollen Massnahmen ergriffen werden, die eine wirkliche Kontrolle ermöglichen; es soll auch verhindert werden, dass solche Aktionen das Monopol gewisser Unternehmungen werden.

Anderseits sollten die Bundesfinanzen nicht mehr zur Bestreitung von Propagandakosten, die sich aus Abstimmungskämpfen für Gesetzesvorlagen ergeben, herangezogen werden, wie es anlässlich der Volksabstimmung über das Alkoholgesetz schon einmal der Fall war.

7. Ausserordentliche Besoldungszulagen. -- Zu wiederholten Malen hat die Mnanzdelegation den Bundesrat auf Fälle von Besoldungszulagen aufmerksam gemacht, die vielfach entgegen dem ablehnenden Bericht des Finanz- und Zolldepartementes bewilligt wurden. Wir haben wiederholt festgestellt, dass die vorsichtigen Anträge des Finanz- und Zolldepartementes -- welche von der ständigen Sorge getragen waren, alle unnützen Ausgaben peinlich zu vermeiden oder in ihrer Auswirkung einzuschränken, wie der Sinn der beiden Finanzprogramme und der Wille des Parlaments es verlangen -- vor der Exekutive fast immer unterlagen. Wir haben dem Bundesrat unser Erstaunen kundgegeben, dass man auf diese Weise die Bemühungen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts zunichte mache.

8. Versicherungskasse der eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter. -- Mit Beschluss vom 17. Januar 1921 hat der Bundesrat die Grundsätze aufgestellt, nach welchen die Dieustjahre für die Bemessung der Kassenleistungen zu rechnen sind. Da die Verwaltung im Jahre 1933 diese Bestimmungen von sich aus abänderte, wurde die Finanzdelegation beim Bundesrat vorstellig. Wir haben nun davon Vormerk genommen,
dass der Bundesrat der Ansicht ist, die Verwaltung sei nicht zuständig gewesen, von den zu Kraft bestehenden Bestimmungen abzugehen; die vor 1933 befolgte Praxis wurde denn auch wieder aufgenommen. Wir bedauern indessen diese unzeitmässige und für die Bundesfinanzen schädliche Initiative, weil sie einen Eingriff in die Kompetenzen und in die Rechtsanwendung auf dem Gebiete der Personalversicherung bedeutet.

9. Unterstützungen an entlassene oder aus eigenem Verschulden nicht wiedergewählte Beamte. -- Einzelne Fälle haben die Finanzdelegation veranlasst, ihren Standpunkt dem Bundesrate mitzuteilen: Wir glauben nicht, dass die eidgenössischen Räte den Artikel 56 des Beamtengesetzes in dem Sinne an-

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genommen haben, der ihm nun in der Anwendung gegeben -wird und der über das hinaus geht, was ursprunglich beabsichtigt war. Diese Bestimmung will so viel als möglich und bei berücksichtigenswerten Gründen verhindern, dass der fehlbare Beamte wirtschaftlich zugrunde gehe. Die Finanzdelegation gibt der Hoffnung Baum, dass solche Falle in Zukunft Gegenstand von Beschlüssen sein werden, die sowohl auf die Begleitumstände als auf den wahren Sinn der erwähnten Gesetzesbestimmung Rücksicht nehmen.

10. Militärversicherung. -- Im Hinblick auf die verhaltnismässig hohen Kosten der Institution der Vertrauensärzte, deren Wirksamkeit ziemlich beschränkt sein soll, hat die Finanzdelegation die Frage aufgeworfen, ob es für den Bund nicht von Vorteil wäre, darauf überhaupt zu verzichten. Es ist zu hoffen, dass die Militärversicherung nicht zögern wird, einen ärztlichen Dienst zu organisieren, der vollauf befriedigt und zugleich auf die Bundeskasse Bucksicht nimmt.

IV. Verkehr mit der eidgenössischen Finanzkontrolle.

Die Finanzdelegation erhielt von der eidgenössischen Finanzkontrolle im Berichtsjahre die im Abschnitt III erwähnten Revisionsprotokolle zur Einsichtnahme, ebenso die Berichte, welche sich auf Budgetkredite und den Finanzhaushalt im allgemeinen beziehen.

Am 1. Juli 1937 waren es zehn Jahre, dass das neue Regulativ für die Finanzkontrolle (vom 2. April 1927) in Kraft getreten ist. Dieses Regulativ hat die "Wirksamkeit der Kontrolle durch die Ausdehnung ihrer Befugnisse und vor allem durch die genaue Festlegung der ihr obliegenden Revisionstätigkeit verschärft. Die im Verlaufe dieses ersten Jahrzehnts gemachten Erfahrungen beweisen, dass Organisation und Betrieb dieses wichtigen Kontrolldienstes voll befriedigen; die Kontrolle wird mit Sorgfalt und grösster Peinlichkeit durchgeführt. Hier ist der Ort, daran zu erinnern, 1. dass die Finanzkontrolle den Dienstzweigen der Bundesverwaltung gegenüber selbständig und unabhängig ist und 2. dass sie sowohl ihre Revisionsbemerkungen wie ihre Entscheide in voller Unabhängigkeit von den Oberbehörden verfas^t.

Nachdem bei der Beratung des Geschäftsberichtes des Bundesrates für das Jahr 1936 das Verhältnis der Finanzkontrolle zur Bundesverwaltung Anläss zu Erörterungen gegeben hat, prüft gegenwärtig Ihre Delegation, ob und auf welche Weise die Finanzkontrolle noch unabhängiger von der übrigen Bundesverwaltung gestaltet werden könnte; die Prüfung dieser Frage ist aber noch nicht beendigt.

Die Finanzkontrolle erfüllt ihre schwierige und nicht immer angenehme Aufgabe mit grösster Gewissenhaftigkeit und Sachkenntnis ; ihre Bemühungen sind unserer Unterstützung würdig. Für die Delegation ist die Finanzkontrolle eine sehr willkommene Stütze; wir sprechen ihr deshalb gerne unsere volle Anerkennung aus.

425 V. Inspektionen.

Im Berichtsjahre wurde eine kleinere Anzahl von Inspektionen durchgeführt. Die damit betrauten Organe haben dabei im allgemeinen einen vorzuglichen Eindruck von den Bundesbetrieben erhalten. Dort, wo es angebracht erschien, wurden zuhanden der zuständigen Stellen Anregungen im Sinne von Vereinfachungen usw. gemacht.

Bern, den 4. Dezember 1937.

Im Namen der Finanzdelegation der eidgenössischen Eäte, Der P r ä s i d e n t : Dr. H. Berthoud, Nationalrat.

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Bericht der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte an die Finanzkommission des Nationalrates und des Ständerates über ihre Tätigkeit vom 1. Oktober 1936 bis zum 30.

September 1937. (Vom 4. Dezember 1937.)

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08.12.1937

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