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Bundesblatt 89. Jahrgang.

Bern, den 4. August 1987.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko au Stämpfli & de. in Bern.

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Nachtragsbericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zu den Postulaten betreffend die Abänderung der Getreideordnung.

(Vom 16. Juli 1937.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen folgenden Nachtrag zum Bericht vom 11. Mai 1987 zu den Postulaten betreffend die Änderung der gegenwärtigen Getreideordnung zu unterbreiten.

I. Einleitung.

Am 7. Oktober 1936 nahm der Nationalrat ein von Herrn Dr. Hans Müller in Grosshöchstetten eingereichtes Postulat (Nr. 3451) folgenden Wortlautes an: «Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob nicht auf dem Verordnungswege die Ansätze für die Mahlprämie soweit zu erhöhen seien, dass dem Bauer durch den Zwang zur Selbstversorgung kein wirtschaftlicher Schaden erwächst.» Im Bericht des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1986, Abschnitt Finanz- und Zolldepartement, wurde beantragt, dieses Postulat als erledigt zu erklären und abzuschreiben. Seinen Antrag begründete der Bundesrat wie folgt: «Die Ansätze für die Mahlprämie (je nach Höhenlage Pr. 7.50 bis 14 für 300 kg verarbeiteten Getreides) sind in Art. 9 des Getreidegesetzes vom 7. Juli 1932 festelegt. Der Bundesrat ist daher nicht zuständig, die Mahlprämie gemäss Vorschlag es Herrn Nationalrat Müller auf dem Verordnungswege zu erhöhen. In der richtigen Form können die Ansätze für die Mahlprämie nur durch eine Revision des Getreidegesetzes abgeändert werden.

Heute liegen aber, nach der Auffassung des Bundesrates, für eine Erhöhung der Mahlprämien keine triftigen Gründe vor. Die Abwertung unserer Währung hat die Voraussetzungen, welche offenbar das Postulat veranlasst haben, stark verändert: Bundesblatt. 89. Jahrg. Bd. II.

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578 Bis zur Abwertung brachte die Selbstversorgung, infolge des ausserordentlichen Tiefstandes der Getreidepreise am Weltmärkte, dem Getreideproduzenten nicht die gleich günstige Ertragsrechnung wie die Ablieferung an den Bund. Seit dem Sommer 1986 verdoppelte sich indessen der Einstandspreis für fremdes Brotgetreide infolge der festeren Lage am Weltmarkte und unter dem Einflüsse der Abwertung. Das Backmehl und die Futtermittel sind teurer geworden. Damit stellt sich jetzt die Bechnung für die Selbstversorgung nicht mehr ungünstiger als für die Abgabe des Getreides an den Bund.» Der Ständerat und die nationalrätliche Kommission stimmten dem Antrage des Bundesrates, das Postulat Nr. 3451 abzuschreiben, zu. Im Nationalrate wurden jedoch gegen die Abschreibung des Postulates von den Herren Dellberg und Dr. Hans Müller Einwendungen erhoben. Der Vorsteher des Finanz- und Zolldepartementes beharrte nicht auf dem Abschreibungsantrage des Bundesrates. Er erinnerte vielmehr daran, dass ein Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zu verschiedenen Postulaten betreffend die Abänderung der Getreideordnung vorliege, bei dessen Behandlung wahrscheinlich auch über die Mahlprämie gesprochen werden müsse. Im Hinblick auf die Behandlung dieses Berichtes pflichtete Herr Bundesrat Dr. Meyer dem Antrage Dellberg/Dr. Hans Müller bei, worauf der Nationalrat beschloss, das Postulat nicht abzuschreiben.

Der Bundesrat hält es nun für notwendig, Ihnen zu dem Postulat Muller einen ausführlicheren Bericht zu erstatten, als wie es im Rahmen des Geschäftsberichtes möglich war. Dabei erscheint es unerlässlich, bis auf die Anfänge der Bestrebungen zur Einführung einer Mahlprämie für Selbstversorgergetreide zurückzugreifen, um eine Darstellung der Entwicklung dieser für unsern einheimischen Getreidebau wichtigen Massnahme zu bieten. Gestützt auf eine solche Darstellung wird es möglich sein, die Tragweite des Postulates zu überblicken und abschliessend darüber zu entscheiden, ob dem Postulat Folge gegeben werden soll oder ob es, entsprechend dem Antrage des Bundesrates, als erledigt abgeschrieben werden kann. Der Bundesrat hätte sich übrigens schon in seinem Berichte vom 11. Mai 1937 auch zu dem Postulate Nr. 3451 geäussert, wenn er nicht der Auffassung gewesen wäre, es sei durch die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse seit dem Herbst 1936 überholt worden.

II. Die Einführung der Mahlprämie im Jahre 1924.

Die ersten Anregungen zur Einführung einer Mahlprämie gehen bis in das Jahr 1922 zurück. Der Bundesrat schrieb hierüber in seiner Botschaft vom 27. Mai 1924 an die Bundesversammlung betreffend die Sicherung der Getreideversorgung des Landes: «Bei der gegenwärtigen Begelung der Dinge geniesst der Bauer, der sein Getreide dem Bund zum Verkauf anbietet, den Vorteil eines Vorzugspreises. Wer aber das Getreide seiner natürlichsten Bestimmung, der Deckung des Eigenbedarfes zuführt, geht leer aus, und es erfährt also der Getreidebau für die Selbstversorgung, wie man sich auszudrücken pflegt, keine Förderung. In der Kriegszeit und in den ersten Nachkriegs-

579 jähren war die Lage eine andere. Damals bot der Anbau von Getreide zur Selbstversorgung gewisse Vorteile.

Die Getreideproduzenten hatten während der Periode der Brotrationierung die Wahl zwischen der Selbstversorgung, wobei ihnen normalerweise der Ertrag einer Anbaufläche von 9 Aren je erwachsene Person und Jahr überlassen wurde, und der Ablieferung des eigengebauten Getreides gegen Zuerkennung der normalen Brotration. Durch rationelle Kultur konnte sich der Selbstversorger bei ordentlichen Getreideernten in der Regel eine grössere Brotration sichern, als sie ihm mittels der Brotkarte zugekommen wäre. Die Produzenten haben daher vom Eecht der Selbstversorgung ausgiebig Gebrauch gemacht.

Seit Kriegsausbruch bis 1920 bezahlte die Monopolverwaltung für das übernommene Inlandgetreide in der Regel den gleichen Preis, zu dem das eingeführte Getreide für die Brotversorgung abgegeben wurde. Im Interesse der Brotverbilligung verkaufte sie das importierte Getreide unter den eigenen Gestehungskosten. Seither hat sich dieses Verhältnis umgekehrt, sodass die Monopolverwaltung seit 1921 für Inlandgetreide Vorzugspreise gewährt, die um 10 bis 15 Franken höher sind als ihre durchschnittlichen Verkaufspreise. Ziffermässig berechnet stellt sich daher der Produzent günstiger, wenn er auf die Selbstversorgung verzichtet, sein Getreide an die Monopolverwaltung verkauft und sich mit zugekauftem Mehl und Brot versorgt. Dieser Bewegung suchte der Bundesbeschluss vom 1. Juli 1922 betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues. durch die Bestimmung entgegenzutreten, welche die Getreideproduzenten berechtigt, zu dem festgesetzten Vorzugspreise nur selbstgebautes Getreide abzuliefern, das den normalen Bedarf des eigenen Haushaltes übersteigt. Bei der Lösung der damals bestandenen Aufgabe glaubte man auf eine Subvention zugunsten der Selbstversorgung verzichten zu können, weil die Produzenten während den vorausgegangenen brotknappen Kriegsjahren auch deren Vorteile genossen hatten. Bei der gegenwärtig geltenden Regelung stand die Umwandlung bereits eingegangener Verpflichtungen betreffend die Abnahme des Inlandgetreides durch den Bund im Vordergrunde. Der für die Getreideernte 1922 zugesicherte Preis von Fr. 57 wurde auf Fr. 50 je 100 kg Weizen herabgesetzt und die Preisgarantie auf zwei weitere Jahre ausgedehnt. Aber
schon bei der Behandlung des Beschlusses vom 1. Juli 1922 wurden vom Nationalrat zwei Postulate der Nationalräte Gabathuler und Caflisch gutgeheissen, welche die Subventionierung des für die Selbstversorgung verwendeten Getreides und die besondere Berücksichtigung des Getreidebaues in Gebirgsgegenden bezwecken. »

Eine ebenfalls vom 27. Mai 1924 datierte Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Verlängerung des Bundesbeschlusses vom 1. Juli 1922 betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues enthält über die Mahlprämie folgende weitern Ausführungen: «Als wirksamstes Mittel zur Förderung des inländischen Getreidebaues haben wir eine bessere und lohnendere Verwertung seiner Erzeugnisse kennengelernt.

Diese kann entweder durch Selbstverbrauch oder durch Verkauf des Getreides erfolgen. Durch den Bundesbeschluss vom 1. Juli 1922 erfährt die Selbstversorgung mit Brot aus eigengebautem Getreide keine Förderung, wogegen die Getreideüberschüsse, die den Bedarf des eigenen Haushaltes übersteigen, den Produzenten zu dem festgesetzten Vorzugspreise abgenommen werden. Diese Ordnung der Dinge ist keineswegs auf eine Geringschätzung der Selbstversorgung zurückzuführen, sondern ist vielmehr aus den besondern Verhältnissen heraus entstanden. Bei der Neuordnung, die durch den Bundesbeschluss vom 1. Juli 1922 erfolgt ist, war bekanntlich auch die Aufgabe zu lösen, die für das Erntejahr 1922 schon früher zugesicherten Getreidepreise angemessen herabzusetzen und zum Ausgleich für das damit von den Produzenten geforderte Opfer die Preisgarantie um eine weitere Periode zu verlängern.

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Dabei wurde der Weizenpreis für die Ernte 1922 von Fr. 57 auf Fr. 50 reduziert und, wie erwähnt, für 1923 auf mindestens Fr. 47 und für 1924 auf mindestens Fr. 42 festgesetzt. Die Bundesversammlung gewährte hiebei für 1923 und 1924 um je Fr. 2 höhere Preise, als wir beantragt hatten. Den Produzenten ist durch diesen Beschluss das Recht eingeräumt, zu den festgesetzten Preisen alles selbstgebaute Getreide abzuliefern, das den normalen Bedarf des eigenen Haushaltes übersteigt. Die S elbstversorgung wurde demnach vorausgesetzt, und die Abnahme zu den gewährten Vorzugspreisen sollte auf die Überschüsse beschränkt bleiben.

Die Nationalräte Caflisch und Gabathuler gaben der Auffassung über die Bedeutung einer Förderung der Selbstversorgung durch folgende Postulate Ausdruck, die anlässlich der Beratung des Bundesbeschlusses vom 1. Juli .1922 vom Rate ohne Opposition gutgeheissen wurden. ,,Der Bundesrat wird eingeladen, beförderlich zu prüfen, ob nicht der Getreidebau im Gebirge, soweit er für die Selbstversorgung der Gebirgsbevölkerung und nicht zur Abgabe von Brotgetreide an den Bund dient, erhalten und gefördert werden sollte, sei es durch genügende Anbauprämien oder auf andere Weise" (Postulat Caflisch). ,,Der Bundesrat wird eingeladen, Mittel und Wege zu prüfen und sobald wie möglich den eidgenössischen Räten Bericht und Antrag zu stellen, wie auch der Anbau von Brotgetreide für die Selbstversorgung gefördert werden kann" (Postulat Gabathuler)...

Infolge der auffallend rückläufigen Preisbewegung am Weltmarkte wurde die Preisdifferenz zwischen Auslandgetreide franko Schweizergrenze und Inlandgetreide allmählich bedeutend grösser, als seinerzeit angenommen wurde. So betrug sie im Jahre 1923 statt der im Bundesbeschluss vom 1. Juli 1922 vorgesehenen Fr. 12 im Mittel etwa Fr. 15, zeitweise sogar bis Fr. 18 je 100 kg. Verglichen mit den Verkaufspreisen der Getreideverwaltung franko schweizerische Empfangsstationen der Müller, standen die den Produzenten für Inlandgetreide bezahlten Preise der Ernte 1922 und 1923 im Mittel um rund Fr. 13 je 100 kg höher. Die Ablieferung des Getreides an den Bund erschien daher für den Produzenten finanziell vorteilhafter als dessen Verbrauch im eigenen Haushalte. An Stelle der Selbstversorgung trat deshalb öfters der Bezug des Backmehles vom Müller oder des Brotes vom
Bäcker. Der wiederholte Hinweis der mit der Abnahme des Inlandgetreides betrauten Verwaltung auf die geltenden Bestimmungen und die indirekten Vorteile der Selbstversorgung vermochten diese Entwicklung wohl zu hemmen, aber nicht zu verhindern. Von ihr wurden auch die Kundenmühlen betroffen, deren Beschäftigung entsprechend der Abnahme der Selbstversorgung zurückging. Eine Änderung liegt daher gleichzeitig im Interesse der Förderung des Getreidebaues und der Erhaltung einer leistungsfähigen Kundenmüllerei. Für eine wirksame Förderung der Getreideproduktion im kleinbäuerlichen Betriebe, namentlich in abgelegenen Gebieten und Berglagen, ist die Unterstützung der Selbstversorgung von besonderer Wichtigkeit.

Die umschriebene Aufgabe kann zweckrnässig durch eine Verlängerung und Ergänzung des Bundesbeschlusses vom 1. Juli 1922 betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues gelöst werden. Die nach diesem Beschluss geordnete Getreideabnahme hat sich im allgemeinen bewährt, bedarf aber, wie erwähnt, einer Ergänzung durch die Förderung der Selbstversorgung mit Brotgetreide.

Es ist wiederholt, namentlich vom Verband schweizerischer Kundenmüller, angeregt worden, die Selbstversorgung möchte schon unter der Herrschaft des Bundesbeschlusses vom 1. Juli 1922 einer speziellen Förderung teilhaftig werden. Dabei wurde geltend gemacht, dass eine solche Massnahme die Ablieferung von Getreide an den Bund erheblich vermindere und diesem daher bedeutende Ersparnisse bringen würde, die zur Bestreitung der Ausgaben für die Unterstützung der Selbstversorgung vollständig oder annähernd ausreichen könnten. Es wird in diesen Kreisen aber offenbar übersehen, dass auch bei der heutigen Regelung immer noch ein bedeutender Teil des Inlandgetreides der Selbstversorgung der Produzenten dient, ohne dass der Bund hierfür Beiträge gibt und dass infolge des zurzeit noch

581 sehr hohen Überpreises für abgeliefertes Getreide eine nur bescheidene Subvention zugunsten der Selbstversorgung die erwartete durchgreifende Wirkung wahrscheinlich nicht zeitigen würde. Wir haben daher aus finanziellen Erwägungen davon Umgang genommen, Ihnen eine Ergänzung des Bundesbeschlusses vom 1. Juli 1922 für das Erntejahr 1924 zu beantragen ...

Nach dem vorliegenden Entwurf wird Getreide, das der Selbstversorgung im Haushalte des Produzenten dient, mit einer Mahlprämie von Fr. 5 bedacht. Dabei ist Gleichstellung von Weizen, Boggen, Korn und von Mischelfrucht (Gemengesaaten dieser Getreidearten) vorgesehen ...

Die Überschüsse an Weizen, Roggen und Korn, die über die Bedürfnisse der Selbstversorgung hinausgehen, werden auf Rechnung des Bundes übernommen. Hiefür wird in der Vorlage für 100 kg Weizen, Roggen und Korn ein Überpreis von Fr. 7 vorgesehen gegenüber dem Preis für Auslandweizen ähnlicher Qualität franko verzollt Schweizergrenze.» Die eidgenössischen Eäte genehmigten damals den Vorschlag des Bundesrates. Sie erhöhten allerdings den Überpreis für das Inlandgetreide von Fr. 7 auf Fr. 8 je q. Damit bestand zwischen der normalen Mahlprämie (ohne Gebirgszuschlag) und dem Überpreis von allem Anfang an ein Unterschied von Fr. 3. Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesbeschlusses vom 20. Juni 1924 betreffend die Förderung des inländischen Getreidebaues lauten: «Art. 2. Wer selbstgebautes, mahlfähiges Getreide einheimischer Produktion zur Versorgung seines Haushaltes mit Brot und Mehl verwendet, hat Anspruch auf eine Mahlprämie von Fr. 5 für je 100 kg Getreide (Weizen, Roggen, Korn, Mischelfrucht und Mais, sowie in Gebirgsgegenden auch Gerste). In Gebirgsgegenden kann diese Prämie abgestuft -bis auf Fr. 8 für je 100 kg Getreide steigen (Weizen, Roggen, Korn, Mischelfrucht und Gerste).

Art. 3. Selbstgebautes, mahlfähiges Brotgetreide einheimischer Produktion (Weizen, Roggen, Korn und Gemenge von Weizen und Roggen), das den Bedarf für die Selbstversorgung (Art. 2) übersteigt, wird auf Rechnung der eidgenössischen Getreideverwaltung übernommen. Diese bezahlt dafür einen Preis, der für 100 kg Weizen Fr. 8 höher ist als die mittleren Gestehungskosten der Getreideverwaltung franko Schweizergrenze für Auslandgetreide gleichwertiger Qualität.» Zusammenfassend sei hier festgehalten, dass bei
ihrer Einführung im Jahre 1924 die Mahlprämie wie folgt geordnet wurde: a. Mahlprämie'für das Flachland (bis 800 m Höhenlage über Meer) Fr. 5 je q Getreide.

b. Abgestufter Gebirgszuschlag von Fr. l bis 3 je q Getreide zu der Mahlprämie gemäss lit. a, für Höhenlagen über 800 m.

c. Auf die Mahlprämie hat nur selbstgebautes, mahlfähiges Getreide einheimischer Produktion Anspruch, welches zur Versorgung des Haushaltes des Produzenten mit Brot und Mehl verwendet wird. Für Getreide, dessen Mahlprodukte dem Vieh gefüttert werden, darf die Mahlprämie nicht beansprucht werden.

d. Die Durchführung der Selbstversorgung ist Voraussetzung dafür, dass der Bund Getreide zu einem Vorzugspreise abnimmt. Nur die Überschüsse über den Bedarf für die Selbstversorgung hinaus werden durch die Getreideverwaltung zu Vorzugspreisen abgenommen.

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III. Die Entwicklung der Mahlprämie seit 1924.

Die Erfahrungen, welche im ersten Geschäftsjahre mit der Mahlprämie gemacht wurden, schildert der Bericht des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1925 wie folgt: «Die Mahlprämie für Selbstversorger mit Nahrungsmitteln aus eigen produziertem Brotgetreide wurde durch den Bundesbeschluss vom 20. Juni 1924 erstmals für die Getreideernte 1925 eingeführt. Dabei war die Selbstversorgung als Voraussetzung für die Abgabe der Getreideüberschüsse zum festgesetzten Überpreis gedacht.

Es sind rund 100,000 Mahlkarten bezogen worden. Zahlreiche Produzenten, in vereinzelten Fällen alle Produzenten einer Ortschaft, mussten dispensiert werden, weil besondere Verhältnisse vorlagen, welche die Durchführung der Selbstversorgung verhinderten oder doch wesentlich erschwerten. Diese Dispensierten konnten sich fast ausnahmslos darauf berufen, dass sie auch während der Brotrationierung nicht Selbstversorger waren, sondern das Getreide ablieferten und die Brotkarte bezogen.

Die Dispensationsfälle waren denn auch am zahlreichsten in den Gegenden, wo der Getreidebau erst infolge der kriegswirtschaftlichen Ereignisse wieder aufgenommen wurde. Es fehlen hier häufig die Hausbackeinrichtungen und die Backkenntnisse, und der Umtausch von Mehl gegen Brot beim Ortsbäcker stösst oft auf Schwierigkeiten. Zahlreich sind sodann die Dispensationsfälle in Kleinbetrieben mit nur wenigen, oft älteren, alleinstehenden Leuten, wo das Selbstbacken sich nicht oder höchstens über den Winter lohnen würde, ferner infolge Veränderung der Eigentums- oder Pachtverhältnisse. Es ist der Getreideverwaltung auch bekannt geworden, dass eine bedeutende Zahl von Produzenten nur ungern und zögernd zur Selbstversorgung übergegangen sind, es aber taten, um den Vorschriften zu genügen.

Auf Grund der Botschaft des Bundesrates vom 27. Mai 1924 über die Sicherung der Getreideversorgung des Landes konnte damals die Liquidation des Einfuhrmonopoles als nahe bevorstehend angenommen werden. Bekanntlich galt die Übernahme und die Verwertung des Inlandgetreides von Anfang an als das schwierigste Problem in der Getreidefrage, besonders bei einer monopolfreien Lösung. Infolgedessen mussten Mittel und Wege gesucht werden, um die Menge des zu übernehmenden Inlandgetreides herabzusetzen. Als hierzu geeignet war
die genannte Lösung der Selbstversorger- und Abgabefrage willkommen. Dabei hat man aber den erwähnten Sonderfällen und den damit verbundenen Dispensationsgesuchen nicht genügend Rechnung Unter dem Einfuhrmonopol bieten Übernahme und Absatz des Inlandgetreides keine besonderen Schwierigkeiten, gleichviel, ob einige 100 Wagenladungen mehr oder weniger abgeüefert werden. Nachdem nun die Erfahrungen für die Ernte 1925 vorliegen, haben wir die Absicht, für die Getreideernte 1926 es den Produzenten freizustellen, ihr Getreide nach Bedarf für die Selbstversorgung zu verwenden und dafür die Mahlprämie zu beziehen oder aber.an die Getreideverwaltung zu den bestehenden Überpreisen abzuliefern. Damit könnten auch bei dieser freiheitlicheren Ordnung Erfahrungen gesammelt werden, die für künftige Entschliessungen von Wert sein dürften.» Schon für die Ernte 1926 wurde die Pflicht zur Selbstversorgung der Getreideproduzenten, welche dem Bunde zum garantierten Vorzugspreise Inlandgetreide abliefern wollen, fallen gelassen. Man stellte es den Produzenten frei, von ihrem selbstgebauten Getreide nach Belieben zur Selbstversorgung zu verwenden und dafür die Mahlprämie zu beanspruchen oder den gesamten Ertrag ihrer Ernte zum Vorzugspreise an die Getreide Verwaltung abzuliefern.

Diese Eegelung blieb bis zum Schlüsse der Monopolwirtschaft (30. Juni 1929) unverändert bestehen.

583 Am 1. Juli 1929 trat die provisorische, monopolfreie Getreideordnung gemäss Bundesbeschluss vom 22. Juni 1929 in Kraft. Die Mahlprämie wurde beibehalten ; die bezüglichen Vorschriften erfuhren aber gegenüber dem früheren Zustande erhebliche Abänderungen, nämlich: a. Die Mahlprämie für das Flachland wurde um 50 % erhöht, d. h. von Fr. 5 auf Fr. 7.50 je q Getreide hinaufgesetzt.

b. Im gleichen Verhältnis wurde der Gebirgszuschlag zu der Mahlprämie erhöht, d. h. von Fr. 3 auf Fr. 4.50 hinauf gesetzt. Dadurch stieg der Höchstansatz der Mahlprämie für Gebirgsgegenden von Fr. 8 auf Fr. 12.

c. Auf die Wiedereinführung der Selbstversorgungspflicht wurde vorerst verzichtet. Immerhin erhielt der Bundesrat die Ermächtigung, die Abnahme von Inlandgetreide zu Überpreisen von der Durchführung der ganzen oder teilweisen Selbstversorgung durch die betreffenden Produzenten abhängig zu machen.

d. Die Berechtigung zum Bezüge der Mahlprämie blieb nicht mehr beschränkt auf Getreide, dessen Mahlprodukte zur Versorgung des Haushaltes mit Brot und Mehl verwendet werden ; die anderweitige Verwendung der Mahlprodukte im landwirtschaftlichen Betriebe des Produzenten, d. h. also auch die Verfütterung, wurde gestattet.

e. Um Missbräuchen durch allzu weitgehende Verfütterung von Mahlprodukten vorzubeugen, wurde die Berechtigung zum Bezüge der Mahlprämie auf 200 kg Nacktfrucht oder 300 kg Spelzfrucht je ständig im Haushalte des Produzenten verpflegte Person beschränkt.

Die Erfahrungen im ersten Jahre der monopolfreien, provisorischen Getreideordnung veranlassten den Bundesrat, schon für die E r n t e 1980 die A b n a h m e von I n l a n d g e t r e i d e zu den festgesetzten Überpreisen von der D u r c h f ü h r u n g der Selbstversorgung abhängig zu machen (Bundesratsbeschluss vom 17. Oktober 1930 über die Durchführung der Selbstversorgung durch die Getreideproduzenten). Die Botschaft des Bundesrates vom 19. September 1930 über die Festsetzung der Übernahmepreise für das Inlandgetreide der Ernte 1930 enthält zur Frage der Eückkehr zur Selbstversorgungspflicht nachstehende Darlegungen : «Die Selbstversorgung ist im Art. 5 des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1929 geordnet. Dort ist auch die Ermächtigung des Bundesrates niedergelegt, die Abnahme von Inlandgetreide zu Überpreisen von der Durchführung der ganzen oder teilweisen
Selbstversorgung durch die Produzenten abhängig zu machen ...

Die Mahlprämie für Selbstversorger wurde erstmals durch den Bundesbeschluss vom 20. Juni 1924 für die Getreideernte 1925 eingeführt. Dabei war die Selbstversorgung als Voraussetzung für die Abgabe der Getreideüberschüsse zum festgesetzten Vorzugspreise gedacht. Bei der Durchführung dieser allgemeinen Selbstversorgungspflicht stiess die Getreideverwaltung damals auf Schwierigkeiten ...

584 Diese Erfahrungen und die grundsätzliche Abneigung gegen Zwangsmassnahmen rührten dazu, dass auch für die Neuordnung der Getreideversorgung gemäss Bundesbeschluss vom 22. Juni 1929 von der allgemeinen Selbstversorgungspflicht Umgang genommen wurde. Man glaubte auch, dass die 50 %ige Erhöhung der Mahlprämie genügen würde, um für die Zulcunft die Durchführung der Selbstversorgung in wesentËchem Umfange sicherzustellen. Leider befriedigen die Erfahrungen des verflossenen Betriebsjahres in dieser Hinsicht nicht vollauf. Der im Verhältnis zur Mahlprämie übersetzte Vorzugspreis für an den Bund abgeliefertes Getreide und die Möglichkeit, sich zu aussergewöhnlich billigen Preisen Futtergetreide, Futtermehl und namentlich auch gesohrotenen Roggen ausländischer Herkunft zu beschaffen, veranlassten viele Produzenten zum Verzichte oder doch zu einer wesentlichen Einschränkung der Selbstversorgung. Eine solche Entwicklung liegt nicht im Sinn und Geiste der Getreideordnung. Der Bundesrat hat wiederholt auf die Wichtigkeit hingewiesen, welche der Selbstversorgung des bäuerlichen Haushaltes mit eigengebautem Getreide zukommt.

... Ein weiterer Eückgang der Selbstversorgung muss nicht nur im eigenen Interesse unserer Landwirtschaft verhindert werden ; auch die Bücksichten auf die Erhaltung einer leistungsfähigen Kundenmüllerei im Lande drängen Vorkehren gegen die Einschränkung der Selbstversorgung auf. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass eine Anwendung der in Art. 5, Abs. 3, des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1929 über die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung des Landes enthaltenen Bestimmungen nicht zu umgehen sein -wird.» Auf den Zeitpunkt der Bückkehr zur Selbstversorgungspflicht wurde zur weitern Förderung des Getreidebaues in den Höhenlagen der Gebirgszuschlag zu der Mahlprämie neuerdings erhöht, und zwar von Fr. 4.50 auf Fr. 6.50 je q Getreide. Damit stellte sich der Höchstansatz der Mahlprämie für Höhenlagen über 1200 m auf Fr. 14 gegenüber bisher Fr. 12 und ursprünglich Fr. 8.

Diese Eegelung der Mahlprämie galt für die Ernten der Jahre 1930--^1932.

Auf den 1. Juli 1933 wurde das Getreidegesetz vom 7. Juli 1982 in Kraft erklärt. Es brachte inbezug auf die Mahlprämie gegenüber der Ordnung von 1930--1932 nur eine kleine Änderung zugunsten der Gebirgsbevölkerung : Während bisher der Höchstansatz für
die Mahlprämie mit Fr. 14 erst für Höhenlagen über 1200 m ausgerichtet wurde, setzte das neue Getreidegesetz die Grenze für die höchste Mahlprämie auf 1100 m zurück.

Die Botschaft des Bundesrates vom 26. Januar 1932 zum Entwurf eines; Bundesgesetzes über die Getreideversorgung des Landes enthält u. a. über die Mahlprämie und die Selbstversorgung folgende Ausführungen, welche wir im Hinblick auf die Beratungen über das Postulat Nr. 3451 in Erinnerung rufen möchten : «In unserer Botschaft vom 18. Mai 1929 an die Bundesversammlung betreffend die vorläufige Ordnung der Getreideversorgung des Landes haben wir die Wichtigkeit der Mahlprämie als ausgezeichnetes Mittel zur Förderung des einheimischen Getreidebaues hervorgehoben ...

Die 50 %ige Erhöhung der Mahlprämie bei der Einführung der neuen Getreideordnung bewirkte zunächst, dass für die Ernte 1929 von den Getreideproduzenten mehr Mahlkarten bezogen wurden als im Vorjahre. Es zeigte sich aber bei der Abrechnung, dass mehrere 1000 Karten unbenutzt geblieben waren. Dieser bedauerlichen Entwicklung konnte nur durch die Wiedereinführung der Selbstversorgungs-

585 pflicht für solche Getreideproduzenten, welche zum Überpreise Getreide an den Bund abliefern wollen, begegnet werden ...

Wiederholt ist angeregt worden, als Massnahme zur Verhinderung eines weiteren Rückganges der Selbstversorgung die Mahlprämie auf den Betrag des wirklichen Überpreises beim abgelieferten Inlandgetreide zu erhöhen. Bei den von der Bundesversammlung für die Ernten der Jahre 1929 und 1930, ausnahmsweise, mit Rücksicht auf die allgemeine Landwirtschaftskrise und im Sinne einer Übergangsmassnahme bewilligten Preisen von Fr. 42.50 bzw. Fr. 41.50 für 100 kg Weizen betrug in den letzten zwei Jahren der wirkliche Überpreis des Inlandweizens gegenüber dem Weltmarktpreise für gleichwertigen Auslandweizen mindestens Fr. 13.50 bzw. Fr. 20.

Die Heraufsetzung der Mahlprämie von Fr. 7.50 auf Fr. 13.50 oder gar auf Fr. 20 hätte dem Bunde bei einer Gesamtmenge von rund 6000 Wagen Selbstversorgungsgetreide eine jährliche Mehrbelastung von 3% bzw. 7% Millionen Franken verursacht, ohne dass damit die Sicherheit für eine allgemeine Durchführung der Selbstversorgung geschaffen worden wäre ...

In bezug auf die Höhe der Mahlprämie sehen wir im Gesetze keine Änderung des gegenwärtigen Zustandes vor. Nach der vor zwei Jahren erfolgten, 50 %igen Erhöhung dürfen die heutigen Ansätze als richtig bemessen beurteilt werden.

Bei der Vorberatung des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1929 war aus Kreisen der Landwirtschaft und der Kundenmüllerei eine besondere Mahlprämie für zu Futterzwecken vermahlenes Getreide angeregt worden. Damals wurde dieser Anregung keine Folge gegeben, hauptsächlich um die Durchführung der Mahlprämie nicht unnötig zu erschweren. Die seitherige Erfahrung lehrt, dass eine besondere Mahlprämie mit ermässigten Ansätzen für Futtergetreide unwirksam geblieben wäre.

Man kam in der Übergangslösung den Wünschen der Landwirtschaft und der Kundenmüllerei dadurch entgegen, dass man die ^ ursprünglich bestandene Vorschrift, die Mahlprodukte aus prämienberechtigtem Getreide seien zur menschlichen Ernährung im Haushalte des Produzenten zu verwenden, fallen liess. Man beschränkte sich auf die Forderung, die Mahlprodukte seien im eigenen Haushalte oder landwirtschaftlichen Betriebe des Produzenten zu verbrauchen. Damit war die eventuelle Verfütterung der Mahlprodukte freigegeben. Der Verkauf der
Mahlprodukte aus prämienberechtigtem Getreide blieb nach wie vor verboten. Um einen missbräuchlichen Bezug der Mahlprämie zu verhindern, wurde die Berechtigung auf mahlfähiges Getreide und auf eine durch die Ausführungsverordnung festzusetzende Höchstmenge, berechnet nach der Zahl der im Haushalte des Produzenten verpflegten Personen, beschränkt.

Nach den seitherigen Erfahrungen war diese klare und für die Durchführung einfache Lösung richtig. Sie erfüllte ihren Zweck besonders auch in der Richtung, dass gegenüber früher in vermehrtem Masse Roggen und Mischel zur Selbstversorgung zurückbehalten wurden. Nach Anhörung der Vertreter der Landwirtschaft wurde in unserer Ausführungsverordnung vom 28. Juni 1929 die Kopfquote für den Bezug der Mahlprämie auf 200 kg Nacktfrucht oder 300 kg Mais oder Spelzfrucht angesetzt. Mit diesen Höchstmengen ist die Landwirtschaft im allgemeinen die letzten zwei Jahre gut ausgekommen. Wir haben deshalb diese Bestimmung im Art. 10 des Entwurfes übernommen.

Der Begriff der Gebirgsgegend ist im Art. 9 in gleicher Weise wie bisher umschrieben. Die Abstufung des Zuschlages zu der Mahlprämie soll auch fernerhin nach der Höhenlage der landwirtschaftlichen Betriebe erfolgen. Bei der Durchführung soll die Verwaltung die Möglichkeit besitzen, sich von Fall zu Fall besondern Verhältnissen anzupassen und Ausnahmen von aufgestellten Regeln zu bewilligen. Solche Ausnahmen werden namentlich dort, wo der Getreidebau in Gebirgsgegenden durch besonders ungünstige Oberflächengestaltung des Getreidelandes wesentlich erschwert wird, gemacht-werden. »

586

Über die E n t w i c k l u n g der Selbstversorgung gegen Bezug der Mahlprämie von 1925--1936 gibt die nachfolgende Zusammenstellung Aufschluss: _ ,

Anzahl Mahlkarten = Produzentenfamilien

1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936*)

100644 98820 97234 97712 98100 101341 95980 97176 103497 104330 108017 109000

Durch die Mahlprämie erfasste Getreidemenge

Gesamtbetrag der Mahlprämie

kg

Fr.

76734742 63228691 62193094 65789023 60415141 65272608 60055702 62184487 73532794 74954905 77874765 83000000

4083981.66 3424718.54 3347954.59 3554934.10 4781446.19 5262261.17 4843918.10 5052660.59 5970510.78 6078515.35 6293205.95 6800000.--

Aus diesen Zahlen geht hervor, dass eine Erhöhung der Ansätze für die Mahlprämie eine wesentliche Vermehrung der Selbstversorgung kaum erwarten lässt. Für die Ernte 1929 war die Mahlprämie um 50 % hinaufgesetzt worden.

Trotzdem wurden gegenüber dem Vorjahre bloss rund 400 Mahlkarten mehr bezogen. Für die Ernte 1930, d. h. nach der Eückkehr zur Selbstversorgungspflicht, nahm die Zahl der Selbstversorger um rund 3200 zu. 1931 und 1932 verzeigen im Umfange der Selbstversorgung namhafte Bückschläge: Trotz der Selbstversorgungspflicht sank die Anzahl der Mahlkartenbezüger gegenüber 1930 um rund 5000 bzw. 4000. Dieser Eückgang war zweifellos die Folge der im Vergleich zu 1929 erheblich ungünstigeren Getreideernten. Die gute Getreideernte 1933 brachte dann die Erholung mit einer Zunahme von mehr als 6000 Mahlkarten und einer Erhöhung der zur Selbstversorgung verbrauchten Getreidemenge um rund 11 400 Tonnen. Seither hielt die Zunahme der Selbstversorgung an. Nach den Feststellungen der Getreide Verwaltung, soweit solche bis heute möglich waren, blieb sogar 1936 ein Eückschlag aus, trotzdem die Ernte im Vergleiche zu den drei Vorjahren bedeutend geringer ausgefallen ist. Die vermehrte Nachfrage nach Mahlkarten machte sich allerdings bei der Ernte 1936 erst nach der Abwertung unserer Währung geltend; sie scheint da und dort auch darauf zurückzuführen zu sein, dass man in Produzentenkreisen der politischen Lage nicht traute und deshalb mehr selbsterzeugtes Getreide zurückbehielt als früher, trotz dem bedeutenden Unterschied zwischen Mahlprämie und Überpreis für abgeliefertes Getreide. Befürchtungen, die Futter*) Mutmasslioh, da Kechnung noch nicht abgeschlossen.

587 mittelpreise auf dem Weltmarkte könnten weiter ansteigen, haben wohl ebenfalls zur Selbstversorgung angeregt.

Das Verhältnis zwischen Mahlprämie, Übernahmepreis, Überpreis, Mehl- und Brotpreis seit 1925 ist aus der beiliegenden Tabelle Nr. l ersichtlich. Die Getreideverwaltung hat auch das umfangreiche Belegmaterial betreffend die Getreideernte 1934 statistisch verarbeitet. Die Ergebnisse dieser Arbeit vermitteln in bezug auf die Mahlprämie und Selbstversorgung interessante Erkenntnisse. Wir verweisen auf die beiliegenden Tabellen Nrn. 2--5.

IT. Die Stellungnahme des Bundesrates zum Postulat Nr. 3451.

Das Postulat Nr. 3451 ist im Oktober 1936 gestellt worden. Damals bestand ein grosser Unterschied zwischen der Mahlprämie und dem Überpreis für Inlandgetreide, namentlich für das Flachland, wo die normale Mahlprämie ohne Zuschlag ausgerichtet wird. Bei einer Mahlprämie von Fr. 7.50 betrug dort der Überpreis für das an den Bund abgelieferte Getreide mindestens Fr. 17.50 je q. Damals empfanden die Getreideproduzenten den Anreiz, möglichst viel Getreide an den Bund abzuliefern und für den eigenen Bedarf Backmehl, Brot und Futtermittel zuzukaufen. Seither ist aber auf dem Weltmarkte eine starke Erhöhung der Getreidepreise eingetreten, welche für die Schweiz durch die Währungsabwertung noch merklich verschärft wurde. In der Folge mussten unter verschiedenen Malen die Mehl- und Brotpreise den verteuerten Getreidepreisen angepasst werden. Heute ergibt die Berechnung der Wirtschaftlichkeit der Selbstversorgung mit Getreide im Vergleiche zur Ablieferung an den Bund folgendes Bild: 1. Berechnung gestützt auf die Preise der Mahlprodukte.

70 10 18 ( 2

100 kg Inlandweizen ergeben: kg Halbweissmehl » Futtermehl » Kleie und Ausmahleten » Mahlschwund)

zu Fr. 39.50 je q = Fr. 27.65 » » 25.-- » q = » 2.50 » » 17.-- » q = » 3.05 » --.--

98 kg Mahlprodukte, Wert Dazu Mahlprämie Fr. 7.50 abzüglich Mahllohn » 5.-- Somit Wert der M a h l p r o d u k t e , einschliesslich Mahlprämie, abzüglich Mahllohn

= Fr. 33.20

=

»

2.50

Fr. 35.70

588 2. Berechnung gestützt auf den Brotpreis.

Der Selbstversorger erhält aus 100 kg Weizen nach Abzug von 2 % Mahlschwund : 10 kg Futtermehl zu Fr. 25 je q = Fr. 2.50 18 » Kleie und Ausmahleten zu Fr. 17 je q = » 8.05 70 » Halbweissmehl

Diese 70 kg Mehl ergeben 94 % kg Halbweissbrot, welche zum Preise von 48 Ep; je kg einen Wert darstellen von . . .

» 45.86

Gesamtwert der Mahl- und Backprodukte aus 100 kg Weizen .

Fr. 50.91

Dazu Mahlprämie Fr. 7.50 abzüglich Mahllohn » 5.-- Somit Wert von 100 kg Weizen beim Selbstbacken .

»

2.50

Fr. 53.41 *}

Die Berechnungen zeigen, dass bei einem Ubernahmepreis von 84 Franken, wie er für die Ernte 1936 galt, heute der Selbstversorger seinen Inlandweizen ziffermässig um Fr. 1.70 je q vorteilhafter verwertet, als wenn er ihn dem Bunde abliefert, auch wenn man in die Vergleichsrechnung bloss die Preise der Mahlprodukte einsetzt. Geht man in der Berechnung vom Brotpreise aus, d. h. von der Voraussetzung, dass der Bauer sein Brot selber backt, so ist die Verwertung bei der Selbstversorgung noch bedeutend besser: Unsere Rechnung zeigt dann einen Mehrerlös von Fr. 19.41 zugunsten der Selbstversorgung. Zieht man von diesem Mehrerlös angemessene Backkosten ab, so verbleibt dem Selbstversorger für die Arbeit des Brotbackens ein Lohn, wie er sonstwo im landwirtschaftlichen Betriebe kaum zu erreichen ist. In unsern Vergleichsrechnungen ist nicht berücksichtigt worden, dass besondere Verhältnisse die Selbstversorgung noch vorteilhaft gestalten, selbst wenn sich nach den Preisen der Mahlprodukte, gegenüber dem vollen Abnahmepreis des Bundes, ziffermässig ein Mindererlös von ca. Fr. 2 je q Getreide ergibt. Auch haben wir für das Backmehl und die Mahlnebenerzeugnisse bloss die Engrospreise in die Vergleichsrechnung eingestellt, trotzdem der Landwirt diese Waren fast ausnahmslos sackweise, d. h. im Kleinhandel bezieht und daher entsprechend höhere Preise zahlt. Bei ungefähr gleichbleibenden Verhältnissen auf dem Weltmarkte wie heute und unveränderten Mehl- und Brotpreisen erleidet nach unserer Vergleichsrechnung der *) Abzüglich Backkosten für 94% kg Brot.

589 Selbstversorger gegenüber dem L a n d w i r t , welcher sein Getreide an den Bund abliefert, keinen wirtschaftlichen Schaden, selbst wenn der Abnahmepreis für Inlandweizen der Ernte 1987 erhöht werden sollte.

Es muss auch beachtet werden, dass die Wirtschaftlichkeit der Selbstversorgung mit Dinkel und Eoggen eher noch besser ist als unsere vorstehende Berechnung für Weizen zeigt. Diese Tatsache ist der Aufmerksamkeit der Getreideproduzenten nicht entgangen, denn seit einer Eeihe von Jahren hat die Verwendung von Dinkel und Eoggen zur Selbstversorgung erheblich stärker zugenommen als der Verbrauch von Weizen. Aus dieser günstigeren Eechnung für die Selbstversorgung mit Dinkel und Eoggen gegenüber Weizen ziehen in erster Linie die Getreideproduzenten der Höhenlagen und der sogenannten Eandgebiete des Getreidebaues Nutzen.

In Gebirgsgegenden, wo zu der Mahlprämie von Fr. 7.50 ein Zuschlag bis zu Fr. 6.50 je q Getreide vergütet wird, stellt sich die Eechnung über die Wirtschaftlichkeit der Selbstversorgung im Vergleich zur Ablieferung an den Bund vorerst um die Höhe des Zuschlages besser als im Flachlande. Überdies spart der Produzent in Gebirgsgegenden bei der Selbstversorgung die teuren Transportkosten, welche ihm bei der Ablieferung des Getreides an den Bund entstehen würden.

Beim Vergleich der Verwertung des Getreides zur Selbstversorgung mit dem Erlös bei der Abgabe an den Bund darf nicht übersehen werden, dass zur Selbstversorgung sehr oft zweitklassige Ware verwendet wird, für die bei der Ablieferung an den Bund erhebliche Preisabzüge gemacht werden müssten oder welche überhaupt nicht abgegeben werden könnte, weil sie die Mindestanforderungen nicht erfüllt (z. B. Getreide mit zu kleinem Hektolitergewicht usw.). Aus diesem Titel ergibt sich zugunsten der Selbstversorgung ein weiterer, nennenswerter Vorteil.

Nach der Einführung der Mahlprämie im Jahre 1925 erwartete man einen starken Eückgang der Getreideablieferungen an den Bund und, dadurch bedingt, ein entsprechendes Sinken der Aufwendungen für den Überpreis.

Aus der Tabelle 2 unseres Berichtes vom 11. Mai 1937 ist ersichtlich, dass der erwartete Eückschlag der Ablieferungsmengen ausblieb. Auch die Erhöhung der Mahlprämie um 50 % ab 1929 brachte keinen Eückgang der Ablieferungen. Unter diesen Umständen hätte die Anpassung der Mahlprämie
an den Überpreis für abgeliefertes Inlandgetreide, im Sinne des Postulates Nr. 3451, eine erhebliche Erhöhung der A u f w e n d u n g e n des Bundes für die Getreideversorgung des Landes zur Folge. Für die Ernte 1934 hätte nach den Berechnungen der Getreideverwaltung die Mehrbelastung des Bundes aus einer solchen Ordnung die Summe von 9 Millionen Franken überschritten. Trotz der Verkleinerung des Unterschiedes zwischen Mahlprämie und Überpreis, die für 1937 erwartet wird, würde die Neuordnung nach dem Postulat die Bundeskasse jährlich doch

590 noch mit etwa 3 Millionen Franken Mehrausgaben belasten. Der B u n d e s r a t hält mit Bücksicht auf die Finanzlage des Bundes eine derartige dauernde Mehrbelastung nicht für t r a g b a r , umsoweniger, als seinerzeit die eidgenössischen Eäte den ihnen vorgeschlagenen, als Beisteuer an die Aufwendungen für die Getreideversorgung des Landes gedachten Getreidezoll von Fr. 8 je q im Eahmen des II. Finanzprogrammes abgelehnt haben.

Der Bundesrat hegt auch Bedenken, die Mahlprämie weiter zu erhöhen, weil die Erfahrung lehrt, dass jede Heraufsetzung der Mahlprämie vermehrten Missbräuchen ruft. Eine Mahlprämie in der Höhe des Überpreises könnte mit genügender Sicherheit nur in Verbindung mit einem gegenüber dem heutigen Zustande erheblich verstärkten Kontrollapparat durchgeführt werden.

Das würde eine Vermehrung des Personalbestandes des Bundes und erhöhte Kosten verursachen. Wiederholt haben sich in den letzten Jahren die eidgenössischen Eäte und ihre Kommissionen für eine Einschränkung des Verwaltungsapparates ausgesprochen. Die Bestrebungen des Bundesrates gingen bisher in der gleichen Eichtung. Das Ziel kann indessen nur erreicht werden, wenn man der Bundesverwaltung nicht immer neue Aufgaben überbindet oder bestehende Aufgaben erschwert. Das allgemeine Landesinteresse scheint uns übrigens in dem vorliegenden Falle die Erschwerungen nicht zu verlangen.

Wie bereits ausgeführt, lässt sich eine Verminderung der Aufwendungen für den Überpreis nicht erreichen durch die Ausdehnung der Selbstversorgung in Verbindung mit einer Erhöhung der Mahlprämie auf den Betrag des Überpreises. Der Umfang der Selbstversorgung hängt nicht bloss von der Höhe der Mahlprämie, sondern auch stark vom Ausfall der Ernte ab. Die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft übt ferner einen Einfluss aus: Je schärfer gewisse Krisenwirkungen und je grösser die Geldknappheit im Bauernbetriebe, umso stärker das Bestreben, das Getreide weitgehend dem Bunde gegen Barzahlung abzutreten und die Selbstversorgung auf ein Mindestmass einzuschränken.

Gegen die grundsätzliche Gleichstellung der Mahlprämie mit dem Überpreis ergeben sich auch Bedenken allgemeiner, wirtschaftlicher Natur. Es hat sich gezeigt, dass vom Augenblicke an, da die Futtermitteleinfuhr zum Zwecke der Drosselung der Überproduktion an Vieh und Milch mit Preiszuschlägen
belastet wurde, die Getreideproduzenten mehr und mehr das Getreide, für welches sie die Mahlprämie bezogen, zu Futterzwecken zusammenmahlen liessen, statt es für die Brotversorgung zu verwenden, wozu es in erster Linie und dem Sinne der ganzen Massnahme nach bestimmt ist. Wir verweisen für die Einzelheiten auf die beiliegende Tabelle Nr. 4. Aus.jener Zusammenstellung geht hervor, dass in gewissen Kantonen der Anteil des zu Viehfutter verarbeiteten, mahlprämienberechtigten Brotgetreides bis zu % der Gesamtmenge ausmacht, welche für die Selbstversorgung vermählen wurde.

591 Nach dem Protokoll über die Beratung des Geschäftsberichtes von 1936 der Getreideverwaltung im Nationalrat (Juni 1937) begründeten die Herren Nationalräte Dellberg und Dr. Hans Müller-Grosshöchstetten ihren Antrag auf Festhalten am Postulat Nr. 3451 zur Hauptsache wie folgt : 1. Grundsätzlich sei die Mahlprämie als Bundessubvention nach der wirtschaftlichen Lage der Empfänger abzustufen.

2. Die Mahlprämie in der heutigen Abstufung sei ungerecht, weil dabei in der Endwirkung für die Getreideproduzenten im Gebirge gleichviel herausschaue wie für das Flachland.

3. Ein Zuschlag von Fr. 3 zugunsten der Gebirgsgegenden sei ungenügend.

4. Bei der gegenwärtigen Ordnung zwinge man den kleinen Getreideproduzenten, das teuerste Brot im ganzen Lande zu essen.

5. Seit der Bundesrat im Geschäftsberichte beantragt habe, das Postulat Nr. 3451, weil überholt, abzuschreiben, weil infolge der erhöhten Getreidepreise am Weltmarkte ein genügender Ausgleich zwischen Überpreis und Mahlprämie geschaffen sei, seien die Getreidepreise wieder stark gesunken, weshalb mit der Möglichkeit einer Bückkehr des ungünstigen Verhältnisses zwischen Überpreis und Mahlprämie gerechnet werden müsse.

Zu dieser Begründung gestatten wir uns folgende Feststellungen : Zu 1. Bezüglich der Abstufung der Mahlprämie nach der Bedürftigkeit des Empfängers liegen die Verhältnisse grundsätzlich gleich wie inbezug auf die Abstufung des Übernahmepreises für das Inlandgetreide. Wir verweisen hierüber auf unseren Bericht vom 11. Mai 1937 (Bundesbl. 1937, I, 954).

Zu 2. Wie im Berichte des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1936 ausgeführt ist, erhält.im Durchschnitt die Selbstversorgerfamilie im Flachlande jährlich an Mahlprämien ungefähr den gleichen Betrag, wie der Getreideproduzent in den Gebirgslagen, nämlich rund Fr. 58. Aus dieser Tatsache zu schliessen, die Mahlprämien in der heutigen Abstufung seien ungerecht, weil dabei in der Endwirkung für das Flachland gleichviel herausschaue wie für die Getreideproduzenten im Gebirge, ist nicht angängig.

Der Betrag von durchschnittlich Fr. 58 jährlich wird, wie ebenfalls im Geschäftsberichte ausgeführt ist, im Flachlande für 700 kg zur Selbstversorgung vermahlenes Inlandgetreide ausgerichtet, während der Getreideproduzent in Gebirgslagen den gleichen Betrag erhält, für rund 500 kg
Getreide. Uns scheint, diese Ziffern beweisen gerade die Richtigkeit und Zweckmässigkeit der gegenwärtigen Abstufung : Die Gebirgsbewohner erhalten ungefähr die gleiche Mahlprämie wie die Flachlandbauern, obschon sie im Durchschnitt weniger Getreide anbauen und zur Selbstversorgung verwenden.

Zu 3. Im Geschäftsberichte steht, dass für die Getreideproduzenten mie Anspruch auf einen Gebirgszuschlag bei der Ernte 1935 die durchschnittlicht Mahlprämie Fr. 10.55 für je 100 kg zur Selbstversorgung verwendetes Getreide

592

betrug, gegenüber Fr. 7.50 im Flachlands. Hieraus ist nach unserer Meinung zu Unrecht geschlossen worden, «der durchschnittliche Zuschlag zugunsten der Gebirgsgegenden von Fr. 3» sei ungenügend, um einigermassen die erhöhten Produktionskosten auszugleichen und den Fortbestand des Getreidebaues im Gebirge sicherzustellen. Der rechnungsmässig durchschnittliche Zuschlag erreicht bloss den Betrag von Fr. 3.50, weil in der Durchschnittsrechnung weite Gebiete der Hochebene, der Voralpen und des Jura mitberücksichtigt sind. Bei dieser Ubergangszone vom Flachlande zu den Gebirgsgegenden beträgt der Zuschlag teilweise bloss Fr. 1.50; dadurch wird der Durchschnittsbetrag ungünstig beeinflusst. In den ausgesprochenen Gebirgsgegenden übersteigt der mittlere Zuschlag zur Mahlprämie den Betrag von Fr. 3.50 wesentlich, -wie aus der nachstehenden Gegenüberstellung ersichtlich ist. Es erhielten nämlich je q Getreide für die Ernte 1934: Im Kanton Bern 30 % der Selbstversorger einen mittleren Zuschlag von Fr. 1.88; . im Kanton Freiburg 15,5 % der Selbstversorger einen mittleren Zuschlag von Fr. 1.31; im Kanton Graubünden 89,4 % der Selbstversorger einen mittleren Zuschlag von Fr. 5.60; im Kanton Wallis 76 % der Selbstversorger einen mittleren Zuschlag von Fr. 5.61.

Die Getreideverwaltung hat festgestellt, dass bei dieser Abstufung die Zuschläge für die wirklichen Gebirgslagen genügen. Seit dieser Eegelung der Mahlprämie nimmt der Getreidebau gerade in jenen Gebieten beständig etwas zu. Der Höchstzuschlag von Fr. 6.50 je q Getreide, welcher seit einer Eeihe von Jahren bereits in Höhenlagen über 1100 m zur Anwendung gelangt, wird dort von den Produzenten als weitgehendes Entgegenkommen empfunden.

Bekanntlich hängen die Produktionskosten stark vom Ertrag an Körnern und Stroh je Flächeneinheit ab. Es muss nun gesagt werden, dass in vielen Gebirgsgegenden die Erträge deshalb immer noch verhältnismässig klein sind, weil die Produzenten in der Technik des Getreidebaues nur sehr langsam Fortschritte machen. Neuzüchtungen, welche erhebliche Mehrerträge an Körnern wie an Stroh versprechen, können sich dort meistens nur schwer Eingang verschaffen, weil die Produzenten allzu stark an althergebrachten Gewohnheiten festhalten. Es besteht aber unter der gegenwärtigen Eegelung für die Getreideproduzenten in den Gebirgsgegenden
die Möglichkeit, sich die Einnahmen an Mahlprämien bedeutend zu vermehren, durch einen zweckmässigen Saatgutwechsel, Verbesserung der rückständigen Anbautechnik und da und dort auch ·durch eine Ausdehnung der Getreideanbaufläche.

Zu 4. Es ist nicht richtig, dass bei der heutigen Ordnung die kleinen Getreideproduzenten und die Getreidebauern im Gebirge gezwungen werden,

593 das teuerste Brot des ganzen Landes zu essen. Die Berechnungen in der Einleitung des Abschnittes IV. dieses Berichtes beweisen das Gegenteil. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle aber auch erwähnt, dass gerade für die kleinen Produzenten wesentliche Ausnahmebestimmungen bestehen: Wer 5 q oder weniger Inlandgetreide an den Bund abliefert, ist von der Selbstversorgungspflicht vollständig befreit, und wer über 5 q, aber weniger als 10 q Getreide abliefert, hat die Selbstversorgung nur zu 2/3 des allgemein vorgeschriebenen Ausmasses durchzuführen. Diese ausnahmsweise Eegelung der Selbstversorgung für kleine Getreideproduzenten bedeutete bisher für die Kundenmühlen in Gegenden hauptsächlich kleinbäuerlicher Betriebsweise eine fühlbare Belastung. Wiederholt sind von jener Seite Begehren um Aufhebung oder doch erhebliche Einschränkung der Ausnahmebestimmungen gestellt worden. Der Bundesrat ist bis jetzt auf diese Gesuche nicht eingetreten.

Wir hoffen aber, es werden in Zukunft immer mehr kleine Getreideproduzenten freiwillig die Selbstversorgung durchführen, nachdem sie, wie in unseren Berechnungen nachgewiesen, nun im Vergleiche zu der Getreideablieferung an den Bund lohnend geworden ist.

Zu 5. Wir halten die Befürchtungen, es könnten bald infolge veränderter Lage auf dem Getreidemarkte wieder die ungünstigen Verhältnisse in bezug auf die Selbstversorgung zurückkehren, wie sie bei der Einreichung des Postulates Nr. 8451 bestanden, nicht für begründet. Der Getreidepreisabschlag, auf den Herr Nationalrat Müller hingewiesen hat, war nur eine vorübergehende Erscheinung von sehr kurzer Dauer. Seit den Verhandlungen des Nationalrates im Juni dieses Jahres sind die Getreidepreise neuerdings stark gestiegen.

Sie haben seither einen neuen Höchststand erreicht.

Zusammenfassend halten wir fest, dass a. durch die Selbstversorgungspflicht dem Getreideproduzenten gegenwärtig kein wirtschaftlicher Nachteil erwächst ; b. die bisherige Begelung der Zuschläge zur -Mahlprämie für die Gebirgsgegenden den Verhältnissen richtig und zweckmässig angepasst ist; c. jede Erhöhung der Mahlprämie oder der Zuschläge neue schwere Belastungen der Bundeskasse mit Aufwendungen für die Getreideversorgung des Landes zur Folge hätte.

In den letzten Jahren hat die Selbstversorgung mit Brotgetreide langsam, aber stetig,
zugenommen. Diese Entwicklung scheint unter dem ungünstigen Verhältnis zwischen Mahlprämie und Überpreis, wie es während des Preiszerfalles am Weltmarkte bestand und bei der Schaffung der heutigen Getreideordnung nicht vorausgesehen werden konnte, nicht erheblich beeinträchtigt worden zu sein. Man gewöhnt sich langsam wieder an die Selbstversorgung, auch in Gegenden, wo sie früher mit dem Getreidebau stark eingeschränkt oder sogar ganz aufgegeben worden war. Die bisherige Begelung hat genügt, um die Getreideproduzenten dort, wo es überhaupt nötig war, zur Bückkehr Bundesblatt. 89. Jahrgang. Bd. II.

43

594 zu der bodenständigen Selbstversorgung zu veranlassen. Es gelang der Getreideverwaltung im Laufe einiger Jahre, der gesetzlichen Selbstversorgungspflicht fast auf der ganzen Linie Nachachtung zu verschaffen, ohne dass zu drakonischen Mitteln und schweren Strafen gegriffen werden musste und trotzdem man von gewisser Seite der Selbstversorgungspflicht von allem Anfange an den Kampf angesagt hatte. Durch Aufklärung und massvolle Anwendung der Bestimmungen des Getreidegesetzes über die Selbstversorgung sollten weitere Fortschritte noch möglich sein, ohne dass man die Bundeskasse mit neuen in die Millionen gehenden jährlichen Aufwendungen belastet oder den Getreidebau in seinem gegenwärtigen Bestände gefährdet.

Die erneute, gründliche Prüfung des Postulates Nr. 8451 vermochte den Bundesrat nicht von der Notwendigkeit zu überzeugen, Änderungen der gegenwärtigen Ordnung der Mahlprämie und der Selbstversorgung vorzunehmen.

Gestützt auf den vorstehenden Bericht stellen wir den Antrag : Das Postulat Nr. 8451 wird als erledigt erklärt und abgeschrieben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 16. Juli 1937.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Motta.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

Beilagen: 5 Tabellen.

Tabelle 1.

Mahlprämie, Überpreis für Inlandgetreide und Mehl- und Brotpreise seit 1925.

Weizenpreis

Mahlprämie Erntejahr

+ 800 m + 900 m + 1000m + 1100 m + 1200 m Übernahme U.M.

U.M.

U.M.

ü.M.

U.M.

Fr.

42.50 42.50 42.50 42.50 ab Dez.

42.50 41.50 38.-- 37 -- 36.-- 34.-- 34.-- 34.--

1925 1926 1927 1928

Fr.

6.-- 6.-- 6.-- 6.--

1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936

8.-- 8.50 8.50 8.50 8.50 8.50 8.50 8.50

Fr.

rj 7t .

'

7.-- 7.-- g .

9Ì50 9.50 9.50 10.-- 10.-- 10.-- 10.--

Fr.

8.-- 8.-- 8.-- 8.--

Fr.

8.-- 8.-- 8.-- 8.--

10.-- 11.-- 11.-- 11.-- 12.-- 12.-- 12.-- 12.--

11.-- 12.50 12.50 12.50 14.-- 14.-- 14.-- 14.--

.

Fr.

8.-- 8.-- 8.-- 8.--

12.-- 14.-- 14.-- 14 -- 14.-- 14.-- 14.-- 14.--

Abgabe

Überpreis (ohne Kosten)

Mehlpreis in Bern je I.Juli

Brotpreis in Bern je I . J u l i

Fr.

36.75 36.25 36.25 33.25 81.-- 29.-- 25.-- 17.-- 15 -- 14.-- j^_ 15Ì 50 16.50

Fr.

5.75 6.25 6.25 9.25 11.50 13.50 16.50 21.-- 22 -- 22.-- 20.-- 18.50 17.50

Fr.

56.-- 50.-- 50.-- 50.-- 43.-- 43.-- 40.-- 28.-- 23 -- 23.-- 23.-- 21.-- 23.--

Fr.

--.60 --.55 --.55 --.55 -- .50 --.50 -- ,48 -- .38 -- 35 -- .35 -- .35 --.33 -- .35

595

Kanton

Zürich . . . .

Bern Luzern . . . .

Uri Schwyz . . . .

Unterwaiden .

Glarus . . . .

Zug . . . .

Freiburg . . .

Solothurn . .

Basel-Stadt . .

Basel-Land . .

Schaffhausen .

Appenzell . . .

St. Gallen . . .

Graubünden . .

Aargau . . . .

Thurgau . . .

Tessin . . . .

Waadt . . . .

Wallis . . . .

Neuenburg . .

Genf Total Liechtenstein .

Gesamttotal Ernte 1934 . .

Ernte 1933 . .

Karten

Weizen

Roggen

7366 3 923 556 1 085 590 22250 5 614 207 3 554 599 4403 464089 1 072 372 ---- -- -- .

-- 24 .-- -- -- -- -- -- 72 39726 13555 395340 7171 4098517 936 515 927 890 4053 13662 55 63286 2660 Ì 150 831 163523 2328 1 245 529 140045 -- -- -- 4012 49999 17006 5399 197 833 462 990 11715 2994573 2433974 3254 1 670 386 259 528 4616 73213 163148 114 484 10170 7 193 401 11567 672944 3 242 297 1212 48156 683 316 222 857 611,162 103184 31 683 083 14108381 1146 5154 --

Misehel

Dinkel

131 192 619 106 3 248 383 8 354 910 118 057 3 236 524 -- -- -- -- -- -- --.

-- 656 11965 2 192 594 12494 363 677 945 055 -- -- 30304 410596 5988 165 747 -- -- 42688 -- 483 203 60 187 012 3 105 207 19328 153 566 672 75 1 043 121 5781 34462 4055 28120 628 .

Mais

410 -- 2274 -- --.

-- -- -- -- -- -- 877 573 74149 79 -- 602 914 -- 166 881 --

7 607 049 17068457 1 724 280 9864 575 892 --

Gerste

Total

Betrag

Fr.

kg 5 759 854 432009.90 -- 392 21 443 491 1729665.50 671 1162 4892204 372844.55 .--.

--2274 -- 170.35 --.

--L -- -- -- -- 65 902 5050.70 27396 6726341 518148.05 17191 3 190 328 241541.70 -- 5770.60 76948 4079 1 759 333 132424.05 -- 1 557 309 116783.80 -- 260 -- 526 -- 74088.80 987 749 398 1687913 211040.60 727 8 721 572 654030.35 .--.

2 102 808 157675.75 7227 69940.85 847249 123 278 8480065 652161.25 338 186 4458825 524062.05 90934.65 232449 992 669 45852.15 611 384 2 172 745 74363995 6034195.65 44319.70 -- 590 910

104380 31 688 237 14 108 381 7 607 049 17 078 321 2 300 172 2172745 74954905 6078515.35 103 497 31 581 604 13 117 460 7 902 100 17 024 253 2029744 1 877 63373 532 794 5970510.78

596

Tabelle 2.

Mahlprämie Ernte 1934.

Tabelle 3.

Umfang der Selbstversorgung nach Haushaltungen und Personen (Ernte 1934, ohne Liechtenstein).

Anzahl Haushaltungen

Kanton

Total

7366 22250 4403

42396 140 395 32553

kg 5759854 21 424 006 4892204

kg 782 963 1111

kg 136 153 150

24

140

2274

95

16

72 7171 4053 55 2660 2328

563 50048 24258 489 15315 10893

65902 6 726 341 3 209 813 76948 1 759 333 1 557 309

915 938 789 1399 661 668

117 134 132 157 114 143

4012 5399 11715 3254 4616 10170 11567 1212 857

21324 28125 66197 18103 21000 57240 59948 6816 4175 599 978 599 438 574 981 571 081

987 526 1 687 913 8 721 572 2 102 808 847 249 8 480 065 4 458 825 992 669 611 384 74 363 995 73 037 287 61 710 828 59 607 393

246 312 744 646 183 834 385 819 713 721 713 642 628

46 60 132 116 40 148 74 145 146 124 122 107 104

·

' . .

·

103184 102440 96158 94965

597

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Unterwaiden Glarus Zug Freiburg Solothurn Basel-Stadt Basel-Land Schaffhausen Appenzell St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf Total Ernte 1934 Ernte 1933 Ernte 1932 Ernte 1931. .

Selbstve rsorgung pro Haushaltg. pro Person

Personenzahl

598 Tabelle 4.

Vermahlungen zu Futterzwecken (Ernte 1934, ohne Gebirgskantone).

Prämienberechtigte Vermahlungen

Kanton

Zürich Bern . .

Luzern . .

Schwyz Zug Freiburg . .

Solothurn .

Basel-Stadt Basel-Land Schaffhausen St. Gallen Aargau Thurgau Waadt .

Neuenburg .

Genf

. .

. .

. .

.

. .

. . .

. .

. .

.

. .

Total

Vermahlungen zu Futterzwecken

kg kg 5759854 905 302 8 500 257 21 443 491 4 892 204 3 705 067 2274 65,902 34298 555 769 6 726 341 3 190 328 1 355 978 76948 7998 1 759 333 152 632 1 557 309 105 001 987 526 94735 8 721 572 2441 330 2 102 808 292 262 8 480 065 643 575 992 669 262 167 19502 611 384 67 370 008 19 075 873

Ernte 1934

Ernte 1933

o/ /o

15,7 39,6 75,7

% 11,1 37,7 72,9

52,0 8,3 42,5 10,3 87 6,7 9,6 280 13,9 7,6 26,4 32 28,3

34,1 5,7 36,3 22,3 5,5 5,8 10,1 22,6 9,8 4,8 18,4 4,2 24,8

Ernte 1932

Ernte 1931

Ernte 1930

o/ /o

o/ /o

o/ /o

12,9 33,2 75,9 6,7 38,0 6,8 33,3 27,1 61 4,4 5,8 18,3 9,3 5,1 7,4 50 18,5

7,4 28,6 70,2 1,5 46,5 3,1 26,1 27,4 5,0 3,5 6,5 16,1 8,2 3,0 6,6 2,5 10,9

5,9 18,0 55,5

22,6 2,3 22,9 31,5 4,2 2,5 4,5 12,8 2,6 2,9 5,2 0,0 12,7

Tabelle 5.

Selbstversorgung und Mahlprämie seit 1925 (nach Getreidearten).

Ernte

1925 1926 1927 . .

1928 1929 1930 1931 1932 . .

1933 1934 1985

Anzahl Mahlkarten

Weizen

Roggen

Mischel

Dinkel

Mais

Gerste

Total

Mahlprämie

100644 98820 97234 97712 97226 100 353 94965 96158 102440 103 184 106 792

t 41 489 32819 33 129 33522 28086 29444 29414 27438 31 581 31 683 32953

t 6653 6565 6 357 6523 8299 10497 8409 10803 13 117 14 108 14918

t 8320 7754 7929 9120 7878 7686 6546 6773 7902 7 607 7575

t 17735 13086 11 645 13975 13050 13970 12194 18 289 17016 17069 17571

t 1 744 2019 2 116 1 859 1811 2170 1 846 1 863 1 543 1 724 1 864

t 794 985 1 017 790 1 006 1 068 1 198 1 545 ] 878 2173 2281

t 76 735 63228 62193 65789 60130 64835 59607 61 711 73037 74364 77162

Fr.

4083981.66 3424718.54 3 347 954 59 3 554 934 10 4760062 99 5229459.07 4810288.50 5 017 123 89 5 933 343 58 6034195 65 6239726 15

493

599

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Nachtragsbericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zu den Postulaten betreffend die Abänderung der Getreideordnung. (Vom 16. Juli 1937.)

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1937

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

31

Cahier Numero Geschäftsnummer

3569

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

04.08.1937

Date Data Seite

577-599

Page Pagina Ref. No

10 033 354

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