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3504 Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über das Initiativbegehren des Kantons Neuenburg betreffend die Neuverteilung der aus der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erwachsenden Lasten.

(Vom 5. März 1987.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Mit Zuschrift vom 19. Juni 1936 hat der Staat&rat des Kantons Neuenburg Kenntnis gegeben von einem Initiativbegehren, das der Grosse Eat des Kantons Neuenburg in seiner Sitzung vom 20. Mai 1936 beschlossen hat. Dieses Begehren hat folgenden Wortlaut: «Der Grosse Eat des Kantons Neuenburg, von dem in Art. 93 der Bundesverfassung gewährleisteten Initiativrecht Gebrauch machend, richtet an die Bundesbehörden das Begehren, os soi die Verteilung der aus der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erwachsenden Lasten neu zu ordnen, in einer Weise, die es gestattet, den Verhältnissen der zufolge der Krise meist belasteten Kantone und Gemeinden angemessener Bechnung zu tragen als bisher.» Von diesem Antrag haben Sie mit Beschluss vom 16. Dezember 1936 Kenntnis genommen und ihn gleichzeitig zur Berichterstattung an uns weitergeleitet.

In Erledigung des uns erteilten Auftrages haben wir das Begehren, das schon wiederholt Gegenstand einlässlicher Korrespondenzen und Besprechungen mit dem Staatsrat des Kantons Neuenburg gebildet hat, nochmals eingehend geprüft und können uns dazu wie folgt äussern : 1. Der Ihnen vom Grossen Eat des Kantons Neuenburg unterbreitete Vorschlag.hat den Zweck, eine Erhöhung der diesem Kanton an seine Aufwendungen für die Krisenbekämpfung gewährten Bundesbeiträgo zu ermöglichen.

In Frage kommen die Bundesbeiträge an die Massnahraen für Arbeitsbeschaffung, die Krisenunterstützung und, unter den nachstehend darzustellenden Gesichtspunkten, diejenigen an die Arbeitslosenversicherung. Die Beiträge an die Massnahmen für Arbeitsbeschaffung und die Krisenunterstützung betragen jetzt schon das Höchstmass dessen, was nach den bestehenden Vorschriften zulässig und möglich ist. So ist beispielsweise von den in den Erlassen über Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung enthaltenen Bestimmungen, die es erlauben, solchen Gemeinden, die unter besonders grosser Arbeitslosigkeit zu leiden haben, stark erhöhte Bundesbeiträge an die von ihnen ausgeführten

564 Notstandsarbeiten auszurichten, schon seit langem zugunsten der von der Krise schwer betroffenen neuenburgischen Gemeinden, wie namentlich La Chaux-deFonds und Le Lode, Gebrauch gemacht worden.

Das gleiche gilt hinsichtlich der Krisenunterstützung. Wie die vorausgegangenen Bundesbeschlüsse, so sieht auch der von Ihnen am 28. Dezember vorigen Jahres angenommene Bundesbeschluss über die Krisenunterstützung für Arbeitslose vor, dass der Bundesbeitrag in der Eegel 88% % der als Krisenunterstützung ausgerichteten Beträge umfasst, dass aber dieser Beitrag, je nach den finanziellen Verhältnissen der betreffenden Gemeinden und Kantone auf 40 und 60 % erhöht werden kann. Auf Grund dieser Vorschriften haben wir bereits im Laufe des Jahres 1982 den Bundesbeitrag an die Krisenunterstützung des Kantons Neuenburg entsprechend der finanziellen Lage seiner Gemeinden auf 40 und 60 % festgesetzt, was mit Bücksicht darauf, dass die Grosszahl der Arbeitslosen sich in jenen Gemeinden befindet, die einen Bundesbeitrag von 60 % erhalten, im Durchschnitt, für den ganzen Kanton berechnet, einen Bundesbeitrag von rund 59,1 % der für die Krisenunterstützung in diesem Kanton insgesamt aufgewendeten Summen ausmacht. -- In diesem Zusammenhang mag die Feststellung interessieren, dass für keinen andern Kanton der Bundesbeitrag an die Krisenunterstützung derart weitgehend erhöht worden ist.

Hinsichtlich der Beiträge an die Arbeitslosenversicherung ist in Betracht zu ziehen, dass diese nicht dem Kanton, sondern den Arbeitslosenkassen verabfolgt werden ; dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die im Kanton Neuenburg von den Arbeitslosenkassen ausgerichteten Taggelder, im Durchschnitt berechnet, zu den höchsten bei uns gewährten Taggeldern gehören und dass dieser Durchschnitt höher ist als der entsprechende gesamtschweizerische Durchschnitt.

Für den Bund hat dies zur Folge, dass er an die Arbeitslosenunterstützungen im Kanton Neuenburg, ebenfalls im Durchschnitt berechnet, mehr beizutragen hat als an diejenigen der gesamten Schweiz.

2. Eine Erhöhung der zur Diskussion stehenden Bundesbeiträge wäre nur nach vorausgegangener Revision der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen denkbar. Die Bundesversammlung hat die Beiträge an die Massnahmen für Arbeitsbeschaffung geregelt durch den Bundesbeschluss über Krisenbekämpfung und
Arbeitsbeschaffung vom 28. Dezember 1986, diejenigen an die Krisenunterstützung durch den am selben Tag erlassenen Bundesbeschluss über die Krisenunterstützung für Arbeitslose. Wir glauben nicht, dass es angezeigt wäre, diese Bundesbeschlüsse heute schon zu revidieren. Ohne eine solche Bevision ist es aber unmöglich, auf die Initiative einzutreten. Bei der Arbeitslosenversicherung würde eine Erhöhung des Ansatzes der gesetzlichen Bundesbeiträge ausschliesslich den Arbeitslosenkassen zugute kommen, so dass für den Kanton Neuenburg eine solche Massnahme unwirksam wäre, es sei denn, dass die Grundlagen des Gesetzes geändert würden.

Der Bundesrat hat es aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt, eine Erhöhung der Subventionsansätze vorzuschlagen, und die Bundesversammlung hat seinen bezüglichen Anträgen immer zugestimmt. In dieser Beziehung ist

565 darauf hinzuweisen, dass die Durchführung und Organisierung der Arbeitslosenfürsorge grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Kantone fällt und dass der Bund daran nur indirekt, durch die Gewährung von Subventionen mitwirkt. Mit dieser Ordnung ist aber ein Vorschlag, der -- wie derjenige des Kantons Neuenburg -- auf eine gänzliche oder annähernd gänzliche Übernahme der von einem Kanton für die Arbeitslosenfürsorge aufzubringenden Lasten durch den Bund hinausläuft, unvereinbar. Dazu kommt die Überlegung, dass es als angezeigt erscheint, die Kantone und Gemeinden in einem genügenden Masse finanziell an der Arbeitslosenfürsorge zu interessieren, weil damit eine Garantie für sorgfältige und haushälterische Durchführung der mit der Arbeitslosenfürsorge zusammenhängenden Aufgaben gegeben ist. Würden die Kantone und Gemeinden in zu weitgehendem Masse von der Pflicht zur Mittragung dieser Aufwendungen befreit, so ist zu befürchten, dass dies mit der Zeit da oder dort eine Schwächung des Verantwortungsgefühls und damit ein Nachlassen in der Kontrolle und die Entstehung von Missbräuchen zur Folge haben könnte. Um diesen Übelständen entgegenzuwirken, wäre der Bund gezwungen, einen gross aufgezogenen Kontrollapparat einzusetzen, wobei der Erfolg immer noch fraglich wäre.

In finanzieller Hinsicht ist zu bemerken, dass nach der Auffassung der neuenburgischen Behörden die Erhöhung dieser Bundesbeiträge in einem Ausinass erfolgen sollte, dass dadurch diesem Kanton die Deckung seines Budgetdefizites ermöglicht würde. Es unterliegt somit keinem Zweifel, dass die Durchführung dieses Vorschlages, selbst dann, wenn er sich auf diesen einen Kanton beschränken liesse, eine grosse Mehrbelastung für den Bund zur Folge hätte, es sei denn, dass gleichzeitig die Subventionen an andere Kantone herabgesetzt werden könnten.

Aus diesen Gründen beantragen wir: der vom Grossen Eate des Kantons Neuenburg gestellte Antrag betreffend Neuverteilung der aus der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erwachsenden Lasten sei abzulehnen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den S.März 1987.

aio

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident : Motta.

Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Initiativbegehren des Kantons Neuenburg betreffend die Neuverteilung der aus der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erwachsenden Lasten. (Vom 5. März 1937.)

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1937

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3504

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10.03.1937

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