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Bundesblatt 89. Jahrgang.

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Bern, den 14. Juli 1987.

Band II.

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Ablösung des jährlichen Bundesbeitrages an die Bürgerbibliothek Luzern durch eine Abfindungssumme.

(Vom 2. Juli 1937.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Ablösung des zuletzt durch das Bundesgesetz vom 29. September 1911 betreffend die Landesbibliothek bewilligten Bundesbeitrages an die Bürgerbibliothek in Luzern durch Bezahlung einer Abfindungssumme zu unterbreiten.

I. Historischer Teil.

1. Schon wenige Jahre, nachdem im Wettstreit unter den Städten Basel, Bern, Zürich und Luzern, durch Bundesbeschluss vom 18. Juni 1891, Zürich als Sitz des neu zu gründenden Schweizerischen Landesmuseums bezeichnet worden war, gelangten die Zentralkommission für schweizerische Landeskunde, die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft und der Verband der Geographischen Gesellschaften der Schweiz durch Resolutionen und Eingaben mit dem Begehren an den Bundesrat, es möchte die eidgenössische Zentralbibliothek mit der Sammlung der in der Schweiz erscheinenden Druckschriften (Bücher, Broschüren, Zeit- und Flugschriften, Jahresberichte etc.) betraut werden. Der im übrigen schon von dem weitblickenden helvetischen Minister Ph. A. Stapfer ausgesprochene Gedanke der Gründung einer eidgenössischen Bibliothek für Helvetica fand sofort Anklang. Die Erhebungen, die in der Folge vom eidgenössischen Departement des Einern gemacht wurden, führten zwar zur Feststellung, dass mehrere Bibliotheken des Landes, wie z. B. die vaterländische Bibliothek in Basel, die Stiftsbibliothek in Einsiedeln und vor allem die Stadtbibliothek in Zürich und die Bürgerbibliothek in Luzern sich bereits in erfreulicher Weise darum bemühten, umfassendere Sammlungen von Helvetica anzulegen. Trotzdem bejahte der Bundesrat das Bedürfnis nach Bundesblatt. 89. Jahrg. Bd. II.

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Schaffung einer schweizerischen Landesbibliothek, die als zentrale Sammelstelle der Helvetica alle bedeutsamen Werke und Drucksachen des Landes umfassen sollte. Entgegen der Auffassung der Initianten hielt aber der Bundesrat dafür, die Zentralbibliothek könne mit ihren beschränkten Bäumen und ihren besondern Funktionen einer Verwaltungsbibliothek der neuen grossen Aufgabe nicht genügen. Es sei deshalb notwendig, dafür ein besonderes eidgenössisches Bibliothekinstitut zu schaffen. Anderseits war auch der Bundesrat der Meinung, dass das als schweizerische Landesbibliothek zu bezeichnende neue Institut seinen Sitz in Bern als dem Sitz der Bundesverwaltung und des Parlaments haben müsse, und er sah vor, ihm im eidgenössischen Archivgebäude einen eigenen Flügel einzuräumen. Diesen beiden grundsätzlichen Anträgen, wie sie in der Botschaft des Bundesrates und dem anschliessenden Bundesbeschlussentwurf vom 8. März 1898 formuliert wurden, schlössen sich die eidgenössischen Eäte an. Da damit aber der Wunsch der Stadt Luzern, Sitz eines grösseren eidgenössischen Instituts zu werden, wieder unerfüllt blieb, und in der Annahme, die dortige Bürgerbibliothek besitze die reichsten Bestände an Alt-Helvetica, glaubten die eidgenössischen Kate, Luzern doch eine gewisse Vorzugsstellung gegenüber den andern Bibliotheken des Landes einräumen zu sollen. Sie taten es in der Weise, dass durch Bundesbeschluss vom 28. Juni 1894 betreffend die Errichtung einer schweizerischen Landesbibliothek diesem neuen Institut die Aufgabe zugewiesen wurde, die «Helvetica» von der Zeit des neuen Bundes (1848) an zu sammeln und zur Benützung bereitzustellen, die Bürgerbibliothek Luzern dagegen als Sammelstelle der die Zeit vor dem neuen Bunde betreffenden und vor 1848 erschienenen Helvetica bezeichnet und ihr für diese besondere Aufgabe «ein angemessener jährlicher Bundesbeitrag» zugesichert wurde. Durch nachfolgende Vereinbarung des Bundesrates mit der Bürgerbibliothek vom 21. Januar 1896 wurde dieser zunächst dem ordentlichen Kredit der Landesbibliothek zu entnehmende Beitrag auf Fr. 2000 bis Fr. 5000 festgesetzt und während der Jahre 1896 bis 1901 faktisch mit je Fr. 3500 ausgerichtet, in der Meinung, er sei ausschliesslich für die Erwerbung von Helvetica zu verwenden. Da aber die eigenen Mittel der Korporationsgüterverwaltung Luzern
als Eigentümerin und Leiterin der Bürgerbibliothek für deren Betrieb nicht ausreichten und mehrere ihrer Gesuche um Erhöhung des Beitrages vom Bund nicht berücksichtigt werden konnten, so bot sie letzterem im Jahre 1897 die unentgeltliche Abtretung der Bürgerbibliothek unter der Bedingung an, dass er sie fürderhin auf eigene Eechnung betreibe, sie aber nie von Luzern entferne. Der Bund konnte sich indessen nicht entschliessen, auf dieses Anerbieten einzutreten. Anderseits fand sein Gegenvorschlag, die Bürgerbibliothek käuflich zu erwerben, um deren Bestände der Landesbibliothek in Bern einzuverleiben, bei der Korporationsgüterverwaltung kein Gehör. Im Jahre 1899 richtete diese erneut das Gesuch an die Bundesbehörde, sie möchte den Jahresbeitrag an die Bürgerbibliothek erhöhen und zugleich gestatten, dass fortan ein erheblicher Teil desselben auch für Verwaltungszwecke und insbesondere für eine angemessene

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Erhöhung der Besoldung ihres Bibliothekars verwendet werden dürfe. Dieses Begehren fand seine Erfüllung durch das Bundesgesetz vom 29. September 1911, in dem zugunsten der Bürgerbibliothek nunmehr ein auf Fr. 12 000 erhöhter Sonderkredit bewilligt und bestimmt wurde, dass davon mindestens Fr. 5000 im Jahr für Anschaffungen zu verwenden seien, der Best Verwaltungszwecken zu dienen habe. Zugleich wurde im bezüglichen Bundesgesetz von 1911 der Begriff der «Helvetica» näher umschrieben, die Sammeltätigkeit der Landesbibliothek durch Einschaltung des Wortes «vorzugsweise» vor der Jahreszahl 1848 etwas erweitert und in Art. 7 ausdrücklich bestimmt, dass die aus Bundesmitteln angeschafften Bestände der Bürgerbibliothek in deren Eigentum übergehen. Anlässlich der Beratungen über den letzterwähnten Bundesgesetzesentwurf hat Herr Nationalrat Meister mit Ermächtigung der nationalrätlichen Kommission die Erklärung abgegeben, dass, «falls Luzern früher oder später dazu gelangen sollte, für die gegenwärtig in unzureichenden Bäumlichkeiten untergebrachte Bürgerbibliothek einen Neubau zu erstellen, der Bund die moralische Verpflichtung hätte, diesen Bau durch irgendeinen angemessenen Beitrag zu unterstützen, da durch den Neubau auch die Zugänglichkeit und die Benützbarkeit der Bibliothek in einem den gesamtvaterländischen Interessen entsprechenden Umfange gewährleistet würden».

Während die Bürgerbibliothek von 1911 bis 1915 auch wirklich den vollen Betrag von Fr. 5000 im Jahre zur Vermehrung ihrer Alt-Helvetica-Bestände verwendete, konnte sie von 1915 hinweg, infolge starken Anwachsens der Verwaltungsausgaben, der Verpflichtung nicht mehr in vollem Umfang nachleben, sondern bloss etwa Fr. 3500 im Jahr für Erwerbungen aufwenden. Noch ungünstiger gestaltete sich die Lage, nachdem auf Grund der Finanzprogramme von 1938 und 1936 die Bundessubvention von Fr. 12 000 sukzessive auf Fr. 10 000 und Fr. 7200 im Jahr gekürzt werden musste.

2. Eine weitere Schwierigkeit, mit der die Bürgerbibliothek seit dem Anwachsen ihrer Bestände, zu kämpfen hatte und die heute noch besteht, ergibt sich aus der ständig zunehmenden E a u m n o t . Dazu kommt, wie der eidgenössische Baudirektor bei einem Augenschein vom Oktober 1930 feststellte, noch eine erhebliche Feuersgefahr des als Privathaus erstellten Gebäudes mit zum Teil hölzernen
Balkenanlagen und grossem, hölzernem Dachstuhl, eine Gefahr, die ebenso wie die Raumnot -- Mangel an Lese- und Ausstellungssälen etc. -- selbst durch einen gänzlichen Umbau des Hauses kaum behoben werden könnte. In Erkenntnis dieser Tatsachen haben die Behörden von Luzern und die dortige Korporationsgüterverwaltung, nach Fehlschlagen verschiedener anderer Projekte, erstmals im Jahre 1933 die Absicht bekundet, einen Neubau zu erstellen, der zugleich als kantonales Verwaltungsgebäude und zur Unterbringung der mit der Kantonsbibliothek zu einer Zentralbibliothek der Innerschweiz zu vereinigenden Bürgerbibliothek dienen sollte. Um dieses Projekt verwirklichen zu können, richtete die Korporationsgüterverwaltung mit Schreiben vom 5. April 1935 das doppelte Gesuch an den Bundesrat, er möchte an die in einer analogen Eingabe des Baudepartements des Kantons

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Luzern an die eidgenössische Zentralstelle für Arbeitsbeschaffung auf 2,7 Millionen Franken geschätzten Kosten des Neubaus, einen in Berücksichtigung auch der «Promesse Meister» möglichst hoch bemessenen Beitrag aus den Arbeitsbeschaffungskrediten bewilligen und zugleich die Bundessubvention an die Bürgerbibliothek durch Bezahlung einer Abfindungssumme ablösen.

Auf der Basis des gesetzlichen Subventionsansatzes von Fr. 12 000 berechnet und zu 3% % kapitalisiert, sollte die Abfindungssumme auf mindestens Fr. 850 000 festgesetzt werden, indem die Korporationsgüterverwaltung ihrerseits die ihr zugemutete Quote von Fr. 868 000 der Baukostensumme keinesfalls aufzubringen im Falle wäre. In der Folge hat sich die Landesbibliothekkommission in einem Gutachten an das Departement des Innern in entschiedener Weise sowohl für eine Vereinigung der Luzerner Bibliotheken zu einer umfassenden Zentralbibliothek, als auch für die nachgesuchte Kapitalabfindung der Bundessubvention ausgesprochen. Anderseits bestätigte die eidgenössische Zentralstelle für Arbeitsbeschaffung dem Departement mit Schreiben vom 7. Januar 1936, dass sie mit Bücksicht auf die grosse Arbeitslosigkeit im Baugewerbe der Stadt und des Kantons Luzern bereit sei, an die noch zu bestimmenden reinen Baukosten des projektierten Verwaltungs- und Bibliothekgebäudes in Luzem einen Bundesbeitrag von 15 %, im Maximum Fr. 400 000, zu bewilligen. Daraufhin wurden im Jahre 1936 die mittlerweile unterbrochenen Verhandlungen über die Ablösungsfrage wieder aufgenommen. Über das Ergebnis dieser Verhandlungen und unsere eigene Stellungnahme zu den beiden Fragen orientiert der folgende Abschnitt dieser Botschaft.

II. Materielle Erörterung der Begehren der Korporationsgüterverwaltung Luzern.

1. In erster Linie stellen wir fest, dass die Bürgerbibliothek in Luzern, entgegen dem von der Korporationsgüterverwaltung vertretenen Standpunkt, sich rechtlich zweifellos nicht als eine «Bundesanstalt» bzw. ein der Landesbibliothek koordiniertes Institut darstellt, sondern lediglich eine vom Bund subventionierte Institution eines Dritten, nämlich eben der gesuchstellenden Korporationsgüterverwaltung Luzern, ist. Es ergibt sich das einmal daraus, dass in den bezüglichen Botschaften und Erlassen des Bundes sowie in den von ihm mit der Korporationsgüterverwaltung Luzern
getroffenen Vereinbarungen von einer Angliederung oder sonstigen rechtlichen Gemeinschaft der Bürgerbibliothek mit der Landesbibliothek nirgends die Eede ist. Stets wird nur von einem jährlichen Bundesbeitrag an das Luzerner Institut gesprochen.

Hätte eine rechtliche Verbindung der beiden Institute in der Absicht der Behörden gelegen, so würde das zweifellos in irgendeiner Form daselbst zum Ausdruck gebracht worden sein. Auch hätte dann das Anerbieten der Korporationsgüterverwaltung Luzern vom Jahre 1897, die Bürgerbibliothek geschenkweise dem Bund abzutreten, und der Gegenvorschlag des letztern, die Bürgerbibliothek käuflich zu erwerben, keinen verständlichen Sinn gehabt. Ent-

461 scheidend ist vor allem die Bestimmung in Art. 7, Abs. l, des revidierten Bundesgesetzes vom 29. September 1911, dass die aus Bundesmitteln angeschafften Bestände der Bürgerbibliothek Luzern in deren Eigentum übergehen.

Auch in der stenographischen Wiedergabe der bezüglichen Beratungen der eidgenössischen Bäte, die ihrerseits eben das Bundesgesetz durch diese Bestimmung ergänzt haben, ist kein Anhaltspunkt dafür zu finden, dass sie der Meinung gewesen wären, die Bürgerbibliothek Luzern sei als Bundesinstitut anzusehen. Der Sprecher der nationalrätlichen Kommission, Herr Nationalrat Meister, hat in seinem Eintretensvotum gegenteils darauf hingewiesen, dass die Bürgerbibliothek Luzem auch nach den einschlägigen Erlassen des Bundes, «ein autonomes Institut, unter der Verwaltung der Stadtbürgergemeinde, geblieben ist». Auch hat er besonders betont, dass, wenn der Bundesrat das wiederholte Anerbieten der Korporationsgüterverwaltung Luzern, das Institut geschenkweise dem Bund abzutreten, abgelehnt hat, er es insbesondere aus dem Grunde getan habe, weil er damals, gleich wie im Jahre 1894, willens war, nur die eine Landesbibliothek in Bern zu schaffen und ihr nicht nachträglich in Luzern noch eine zweite hinzuzufügen ; zugleich habe er aber auch der Eventualität vorbeugen wollen, dass, wenn die der Bürgerbibliothek in Luzern zur Verfügung stehenden Bäumlichkeiten späterhin durch ein neues Bibliothekgebäude ersetzt werden müssten, verlangt werden könnte, dass der Bund diesen Bau selbst erstelle und unterhalte. Aus allen diesen Tatsachen folgt zur Evidenz, dass für den Bund auch heute eine eigentliche Bechts pflicht zur Leistung eines Beitrages an die Kosten des Neubaus ebensowenig wie dafür besteht, die Bundessubvention an die Bürgerbibliothek durch Bezahlung einer Abfindungssumme abzulösen. Die Sorge um die Beschaffung zweckentsprechender Bäumlichkeiten für das Institut liegt vielmehr nach wie vor bei der Korporationsgüterverwaltung Luzern als ihrer Eigentümerin.

Was die Frage der Ablösung der Subvention anbetrifft, so liegt der Entscheid hierüber im freien Ermessen des Bundes, während die Höhe der gegebenenfalls zu leistenden Ablösungssumme zwischen ihm und den Verwaltungsorganen der Bürgerbibliothek auf dem Verhandlungswege zu bestimmen ist.

2. Das Ziel, durch Schaffung der Schweizerischen
Landesbibliothek einerund durch Subventionierung der Luzerner Bürgerbibliothek anderseits zum mindesten eine ideelle Zusammenfassung der gesamten Helvetica-Literatur zu erzielen, konnte bisher nur in unvollkommener Weise erreicht werden. Die Verhältnisse, wie sie heute zwischen den beiden Bibliothekinstituten bestehen, befriedigen weder den Bund noch die Bürgerbibliothek Luzern. Die Ausscheidung der Sammelbereiche der beiden Bibliotheken mit dem Jahr 1848 als Grenze, wie sie dem Bundesbeschluss vom Jahre 1894 zugrunde gelegt wurde, erwies sich schon als unbefriedigend, als kurz darauf die Landesbibliothek, mit Zustimmung der eidgenössischen Bäte, die dafür Sonderkredite bewilligten, zuerst für Fr. 24 000 die Staubsche Bibliothek und dann für Fr. 8000 eine Bündnerbibliothek, die beide grösstenteils Helvetica vor 1848 umfassten, erwarb und ihren Sammlungsbeständen einverleibte. Aber auch der

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Kompromiss von 1911, durch den die starre Grenze von 1848 für die Sammeltätigkeit der Landesbibliothek durch Einschaltung der Worte: «vorzugsweise seit 1848» etwas gelockert wurde, stellte sich bald als unzureichender Notbehelf dar, indem auch durch ihn weder der Landesbibliothek die nötige Bewegungsfreiheit verschafft wurde, noch unzweckmässige Doppelanschaffungen aus Bundesmitteln durch sie und die Bürgerbibliothek Luzern verhindert werden konnten. Noch unbefriedigender aber ist der jetzige Zustand für die Bürgerbibliothek Luzern selbst ; ein grosser Teil sowohl der bescheidenen Mittel, die ihr die dortige Korporationsgüterverwaltung zur Verfügung steilen kann, als der jährlichen Bundessubvention sind für den Bibliothekbetrieb notwendig; die Quote, die für Erwerbungen von Alt-Helvetica, als dem eigentlichen Zweck des Instituts, übrigbleibt, ist so bescheiden, dass eine Mehrung ihrer Bestände nur sehr langsam Platz greifen kann. Dazu kommt, dass die Korporationsgüterverwaltung die i Trimm- dringlicher werdende Aufgabe der Beschaffung ausreichender und feuersicherer Bäume für die Bürgerbibliothek durch Erstellung eines zweckentsprechenden Neubaus aus eigenen Mitteln unmöglich erfüllen kann. Aus allen diesen Gründen schliessen wir uns grundsätzlich der Auffassung unseres Departements des Innern und der Landesbibliothekkommission an, dass dem Begehren der Korporationsgüterverwaltung um Ablösung der Bundessubvention durch Bezahlung einer angemessenen Abfindungssumme an' die Bürgerbibliothek Folge zu geben sei. Auf Grund einlässlicher Prüfung sind wir indessen zur Überzeugung gelangt, dass die Zubilligung und Ausrichtung einer solchen Abfindungssumme an sich auch noch keine genügende Gewähr für eine wirksame Behebung der bestehenden Übelstände bieten würde.

Die prekäre Finanzlage, in der sich die Bürgerbibliothek befindet, könnte auch so nicht dauernd saniert werden. Die Bürgerbibliothek müsste einen erheblichen Teil sowohl der Zinsen des Abfindungskapitals, als der Zuschüsse der Korporationsgüterverwaltung nach wie vor für Verwaltungszwecke aufwenden, und was noch übrig bliebe, wäre weiterhin für die Mehrung ihrer Bestände nötig, so dass die Forderung nach Beschaffung neuer Bäume für die Bibliothek wohl weiterhin unerfüllt bleiben müsste. Völlige Garantie für eine allseitig befriedigende Lösung kann
unserer Überzeugung nach vielmehr nur geschaffen werden, wenn das Vorhaben der interessierten Kreise von Luzern, die Bürgerbibliothek mit der Kantonsbibliothek zu einer Zentralbibliothek des Kantons und damit zu einem bedeutenden innerschweizerischen Kulturzentrum zu vereinigen und für deren gemeinsame Zwecke, zu denen noch andere hinzukommen können, einen Neubau in Luzern zu erstellen, auch wirklich zur Ausführung kommt.

Infolgedessen sind wir der Meinung, der Bund solle seine Bereitwilligkeit zur Ablösung seiner Subvention an die Luzerner Bürgerbibliothek ausdrücklich an den Vorbehalt und die Bedingung der Bealisierung dieses Vorhabens knüpfen. Die Interessen Luzerns selbst erfordern absolut diese Lösung. Erst durch die Zusammenlegung der universellen Bestände der Kantonsbibliothek mit den vorzugsweise historisch orientierten Beständen der Bürgerbibliothek wird sich in der Tat eine allen Bedürfnissen Luzerns entsprechende, leistungs-

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fähige Bibliothek, mit Wirksamkeit über die ganze Zentralschweiz, entwickeln können. Nur auf diesem Wege werden auch die von der Bürgerbibliothek im Laufe der Jahre angelegten graphischen Sammlungen und die ihr in letzter Zeit durch Schenkungen und Legate mehrfach zugefallenen Werke nicht helvetischen Charakters, die zurzeit beinahe brach liegen, zur Geltung kommen und mit zur Förderung des geistigen Lebens Luzerns und der Zentralschweiz beitragen. Eine Zentralisierung der Luzerner Bibliotheken und die als Folge der Ablösung der Bundessubvention an die Bürgerbibliothek sich ergebende Befreiung der Landesbibliothek von der bisherigen Einengung ihres Sammelbereiches ist aber auch für diese und damit für den Bund in hohem Masse zu begrüssen. Nicht dass die Landesbibliothek ihre Anschaffungspolitik dann verändern und sich auf eine systematische Ergänzung ihrer Bestände nach rückwärts werfen würde; dagegen wird sie dann ihre Nachweisepolitik intensiver gestalten können, je mehr es ihr durch sukzessiven Ausbau des «Schweizerischen Gesamt-Katalogs» möglich wird, wenigstens die Titel der über das Land verstreuten älteren Helvetica-Bestände in ihren Bäumen zu vereinigen. Damit erst wird denn auch der grosszügige Gedanke der Sammlung der einheimischen Literatur durch den Bund, der seinerzeit zur Errichtung der Landesbibliothek führte, seine Verwirklichung finden, und erst dann wird an Stelle der bisherigen Doppelspurigkeiten und mannigfachen andern Unsicherheiten endlich jene klare Lage eintreten, die nicht nur im Interesse der schweizerischen Landesbibliothek, sondern aller Bibliotheken des Landes und ihrer Benutzer liegt.

Unter der Voraussetzung, dass die Behörden des Kantons Luzern und die dortige Korporationsgüterverwaltung sich tatsächlich entschliessen, den Plan der Vereinigung ihrer Bibliotheken zu verwirklichen und für die Zwecke der vereinigten Zentralbibliothek einen Neubau zu erstellen, scheint es uns auch Pflicht des Bundes zu sein, das Seine zum Gelingen der im gemeinsamen Landesinteresse liegenden kulturellen Bestrebung der Zentralschweiz beizutragen, zumal die Forderungen gerade dieses Landesteils schon wiederholt unberücksichtigt geblieben sind und er ohne namhafte Bundeshilfe auch sein jetziges Ziel nicht erreichen könnte. Demgemäss dürfte geboten sein, dass der Bund dem Kanton Luzern und
der dortigen Korporationsgüterverwaltung in erster Linie die ihnen durch die eidgenössische Zentralstelle für Arbeitsbeschaffung grundsätzlich schon zugesicherte Subvention von 15% der reinen Kosten des projektierten Neubaus mit maximal Fr. 400 000 dann definitiv zubülige, wenn ein von endgültigen Projektplänen und einem zudienenden Kostenvoranschlag begleitetes, definitives Subventionsgesuch eingereicht sein wird. Diese Subvention mit Eücksicht auf die «Promesse Meister» weiter zu erhöhen, geht dagegen nicht an, weil der Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1984 über Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung, auf dem jene Beitragszusicherung fusst, die Berücksichtigung solcher Faktoren nicht zulässt. Zudem können aus einem vom Präsidenten einer parlamentarischen Kommission unter wesentlich andern Verhältnissen vor mehr als 26 Jahren geäusserten Wunsche für den Bund bei seiner jetzigen Finanzlage, die auf allen Gebieten

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strikteste Ökonomie erfordert, bindende rechtliche Verpflichtungen nicht abgeleitet werden. Der zweite Weg sodann, auf dem der Bund das sehr begrüssenswerte Vorhaben Luzerns unseres Brachtens unterstützen sollte, Hegt in der Ablösung seiner Subvention an die Bürgerbibliothek durch Bezahlung einer angemessenen Abfindungssumme. Immer unter der Voraussetzung, dass das Projekt auch wirklich realisiert werde, empfehlen wir Ihnen, auch diesem Gesuch im Sinne der nachfolgenden Ausführungen zu entsprechen.

Mit dem vorgesehenen Beitrag aus den Arbeitsbeschaffungskrediten an die Kosten des Neubaus einer- und der Zubilligung einer Abfindungssumme an Stelle der jährlichen Bundessubvention an die Bürgerbibliothek Luzern anderseits dürfte denn auch der durch die «Promesse Meister» begründeten moralischen Verpflichtung des Bundes zur Förderung eines Neubaus für jenes Institut in hinlänglicher Weise Bechnung getragen werden. Übrigens dürfen wir nicht ausser acht lassen, dass der Korporationsgüterverwaltung Luzern vor dem Inkrafttreten des vorgenannten Bundesbeschlusses über Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung kaum jemals ein so hoher Beitrag an die Kosten eines Neubaus hätte bewilligt werden können und dass dies bei fernerer Abnahme der Arbeitslosigkeit und entsprechender Kürzung der für Arbeitsbeschaffung bestimmten Kredite auch in Zukunft schwerlich der Fall sein dürfte.

III. Festsetzung der Höhe der Abfindungssumme an die Bürgerbibliothek.

Aus unsern Darlegungen im ersten Abschnitt dieser Botschaft ist ersichtlich, dass die Bundessubvention an die Bürgerbibliothek Luzern durch Bundesbeschluss vom 28. Juni 1894 und die ergänzende Vereinbarung vom 21. Januar 1896 zunächst auf Fr. 2000 bis Fr. 5000 im Jahr festgesetzt, durch Bundesgesetz vom 29. September 1911 dann aber auf Fr. 12 000 erhöht wurde. Eichtig ist nun allerdings, dass, wie der Eechtskonsulent der Korporationsgüterverwaltung in seinem Privatgutachten an dieselbe ausgeführt hat, ein Bundesgesetz an sich nur durch ein anderes Bundesgesetz abgeändert werden kann.

Dagegen kann nicht übersehen werden, dass dem Bundesrat, im Hinblick auf Lebensnotwendigkeiten des Landes, durch die Finanzprogramme I und II vom 13. Oktober 1938 und 31. Januar 1936 ausnahmsweise die Vollmacht erteilt und sogar zur Pflicht gemacht wurde, selbst die in Gesetzen verankerten
Subventionen grundsätzlich um 20 bzw. 40%, im Verhältnis zur betreffenden Ausgabe des Jahres 1932, zu kürzen. Von dieser Vorschrift wurden, neben einzelnen speziell aufgeführten Posten, ausdrücklich nur solche Subventionen ausgenommen, die entweder verfassungsrechtlich oder vertraglich gebunden sind bzw. auf internationalen Vereinbarungen beruhen oder aus besonders dafür bestimmten Einnahmen gedeckt werden. Pflichtgemäss haben wir also auch die Subvention an die Bürgerbibliothek Luzern von Fr. 12 000 für 1934/35 zunächst auf Fr. 10000 und für 1936/37 um 40% auf Fr. 7200 herabgesetzt.

Das als Fiskalnotrecht diese Massnahme begründende Finanzprogramm II vom 31. Januar 1936 gilt allerdings nur bis zum 31. Dezember 1937. Alles deutet aber darauf hin, dass es zur Verwirklichung der Forderung der eid-

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Indem wir gerne annehmen, Sie werden auch in diesem
Falle willens sein, den kulturellen Bestrebungen eines Landesteils Unterstützung angedeihen zu lassen, dessen eigene Mittel nicht ausreichen würden, um ein längst als Bedürfnis empfundenes Werk auszuführen, empfehlen wir Ihnen angelegentlich, die Vorlage beförderlich in Beratung zu ziehen und zum Beschluss zu erheben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 2. Juli 1937.

_ AT , , ' . ,, , Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Motta.

Der Bundeskanzler; G. Bovet.

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(Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Ablösung des jährlichen Bundesbeitrages an die Bürgerbibliothek Luzern, Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 2. Juli 1937, beschliesst:

Art. 1.

Unter der Voraussetzung, dass die Behörden des Kantons Luzern und die dortige Korporationsgüterverwaltung beschliessen, die Kantonsbibliothek mit der Bürgerbibliothek zu einer Zentralbibliothek zu vereinigen und für ihre gemeinsamen und eventuell noch für weitere öffentliche Zwecke einen Neubau in Luzern zu erstellen, verpflichtet sich der Bund, den der genannten Bürgerbibliothek zuletzt durch das Bundesgesetz vom 29. September 1911 betreffend die Landesbibh'othek bewilligten, seither provisorisch abgebauten Bundesbeitrag durch Bezahlung einer Abfindungssumme abzulösen. Auf der Basis einer mittleren Jahressubvention von Fr. 8000 berechnet und zu 4 % kapitalisiert wird diese Abfindungssumme auf Fr. 200 000 festgesetzt.

Art. 2.

Die Abfindungssumme von Fr. 200 000 wird in zwei Jahresraten von je Fr. 100 000 ausbezahlt, die erste Eate nach Inangriffnahme des Neubaues, die zweite nach dessen Vollendung. Die Jahresraten sind in die Voranschläge für die betreffenden Jahre einzustellen.

Art. 3.

Mit der Auszahlung der ersten Quote der Abfindungssumme an die Bürgerbibliothek Luzern reduziert sich die jährliche Bundessubvention an dieselbe auf die Hälfte ihres Bestandes im Vorjahre, während mit der Ausrichtung der zweiten Quote die Subvention ganz in Wegfall kommt.

Mit. der Auszahlung der zweiten Quote der Abfindungssumme treten die Art. 8, 4, 6, Abs. 2, und Art. 12, Ziff. 2, des Bundesgesetzes vom 29. September 1911 betreffend die Schweizerische Landesbibliothek ausser Kraft.

Art. 4.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Ablösung jährlichen Bundesbeitrages an die Bürgerbibliothek Luzern durch eine Abfindungssumme. (Vom 2.

Juli 1937.)

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1937

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.07.1937

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457-466

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