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3484 Bericht des

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Bundesrates an die Bundesversammlung über den Vorschlag des Kantons Solothurn betreffend Schutzmassnahmen für Hypothekarschuldner und -bürgen, .

(Vom 22. Januar 1987.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Kantonsrat von Solothurn hat in seiner Sitzung vom 17. September 1986 .beschlossen, in Anwendung des Initiativrechtes nach Art. 93, Abs. 2, der Bundesverfassung und Art. 81, Ziff. 8, der Kantonsverfassung den eidgenössischen Eaton verschiedene Vorschläge über Schutzmassnahmen für HypothekarSchuldner, und -bürgen zu unterbreiten. Er stellt daher bei der Bundesversammlung folgende Anträge: I. Es seien in. die Revision des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 Schutzbestimmungen für die Grundpfandschuld- .

ner und die Grundpandbürgen. im Sinne des Schreibens des 22. Mai 1936 und im Sinne der Eingabe dos solothurnischen Schuldner- und Bürgenverbandes an den solothurnischenRegierungsratt vom 14. August 1986 aufzunehmen.

II. Eventuell sei bei Anlass der genannten Eevision in das Schuldbetrei bungs- und Konkursgesetz ein Kompetenzartikel aufzunehmen, womit die Kantone ermächtigt werden, mit Genehmigung des h. Bundesrates Schutzmassnahmen für die Grundpfandschuldner und die Grundpfandbürgen zu ergreifen, mit der Möglichkeit, Bestimmungen der Bundesgesetzgebung abzuändern, zu ergänzen oder ausser Kraft zu setzen.

III. Die Bundesversammlung möge in das Gesetz betreffend die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe einen Kompetenzartikel aufnehmen,

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·womit die Kantone mit Genehmigung des h. Bundesrates ermächtigt werden, gleichartige oder verwandte Massnahmen auch für andere Stände und Gruppen der Bevölkerung durchzuführen, ohne dabei an die Grenzen der bestehenden Bundesgesetze gebunden zu sein.

Mit Schreiben vom 2. Oktober 1936 leitete der Begierungsrat des Kantons Solothurn diesen Bêschluss an den Bundesrat zuhanden der Bundesversammlung samt den Materialien, auf die sich die Anträge stützen, weiter und bat um beförderliche Behandlung der Vorschläge. Die Materialien umfassen neben den bereits im Beschlüsse genannten noch den Bericht und Antrag des Regierungsrates an den Kantonsrat vom 8. September 1986. .

Wir beehren uns, Ihnen über die Initiative -wie folgt Bericht zu erstatten : I.

Wenn im Beschlüsse des Kantonsrates von Solothurn vom 17. September 1936 von einer Bevision des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 gesprochen wird, so handelt es sich hier nicht um die Neugestaltung dieses Gesetzes im Sinne einer Totalrevision, sondern um eine durch die Krisenzeitläufte - bedingte Novelle der ausserordenth'chen Gesetzgebung, welche Ihnen als Entwurf zu einem Bundesbeschluss über vorübergehende Milderungen der Zwangsvollstreckung mit Botschaft vom 6. November 1936 (Bundesbl. 1936, III, S. 98 ff.) bereits zugegangen ist. Das im Beschlüsse des Kantonsrates erwähnte regierungsrätliche Schreiben vom 22. Mai 1936 ist die Antwort auf ein Kreisschreiben des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 18. März 1936, welches, durch diese Bundfrage von den kantonalen Regierungen deren Auffassung zu erfahren wünschte über die Eingabe des Staatsrates des Kantons Genf, der ein zeitlich beschränktes Moratorium für nachgewiesenermässen arbeitslose und im Zeitpunkt der Verwertung der gepfändeten "Objekte mittellose Schuldner angeregt hatte. Die Regierung des Kantons Solothurn teilte in dem Briefe vom 22. Mai 1936 die Auffassung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes, dass ein Moratorium nur Aufschub und keine dauernde Erleichterung bringe, weshalb es abzulehnen sei. Sie befürwortete ferner die von unserem Justiz- und Polizeidepartement zur Diskussion gestellte Erweiterung der Kompetenzstücke, Verjährung von Verlustscheinen und Massnahmen zur Verhinderung nutzloser Zwangsverwertungen. Zum letzten Punkte
führte sie aus, dass eine Bestimmung über Einstellung des Pfändungsverfahrens zur Verhinderung von nutzlosen Zwangsverwertungen zweckmässig wäre ; nur sollte sie sich nicht auf die Verwertung gepfändeter Mobilien beschränken, sondern auch verhindern, dass für Kurrentschulden Liegenschaften gepfändet werden, deren Belastung den Verkehrswert übersteigt. Eine solche Vorschrift scheine vor allem zum Schutze der arbeitslosen Liegensohaftsbesitzer, aber auch zum Schutze des Grundbesitzes überhaupt notwendig zu sein. Bi diesem Zusammenhange

230 wies der solothurnische Begierungsrat auf eine Petition der Einwohner des Bezirkes Lebern über den Erlass kantonaler Schutzmassnahmen hin, welcher zu entnehmen sei, dass in weiten Bevölkerungskreisen ein Bedürfnis hiefür bestehe.

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Als weitere Massnahmen regte der Begierungsrat des Kantons Solothurn an^ den Verwertungsaufschub in der Fassung dos Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1933 über vorübergehende Abänderung von Art, 128, Abs. 3, des Schuldbetreibungsgesetzes auszubauen und den Konkursaufschub einzuführen. Ferner empfahl er, zum Schutze des Grundbesitzes die sofortige Abänderung des Art. 503 des Obligationenrechtes während der Dauer der Krise in dem Sinne zu prüfen, dass der Bürge vom Gläubiger wohl die Anhebung der Betreibung innert vier Wochen verlangen könne, dass aber während der Dauer der Krise eine erhebliche Unterbrechung nicht angenommen würde, sofern nur der Gläubiger das Exekutionsverfahren nicht verjähren lasse.

Endlich sei zu prüfen, ob nicht zum Schutze des Grundbesitzes der Schiedsspruch der zweiten eidgenössischen Instanz gemäss dem eidgenössischen Bankenabkommen für die Parteien verbindlich erklärt werden könnte.

Wir haben bereits in der Botschaft über die Milderungen der Zwangsvollstreckung berichtet, dass derVorschlag, die Verjährung der Verlustscheine einzuführen, bei der Mehrzahl der Kantone auf Widerstand stiess, und dass ausserdem von Kennern des Betreibungsrechtes mit gutem Grund eingewendet wurde,, eine so weitgehende Änderung unseres Vollstreckungsrechtes sollte der Gesamtrevision des Betreibungsgesetzes vorbehalten bleiben (Bundesbl.

1986, HI, S. 95).

Um soweit als möglich die nutzlose Verwertung schuldnerischer Vermögenswerte zu verhindern, prüften wir auch die Frage, ob bei der Versteigerung von Mobilien und Immobilien nicht wieder die einigen früheren kantonalen Bechten bekannte Verschleuderungsgrenze (sogenanntes Mindestbot) eingeführt werden sollte, so dass der Zuschlag nur stattfinden dürfte, wenn das Angebot einen bestimmten Prozentsatz der amtlichen Schätzung erreicht. Diese Massnahme vermöchte auch den bedrängten Etypothekarschuldnern einen gewissen Schutz zu gewähren und insofern dem Begehren des solothurnischen Begierungsrates und weiterer Petenten Bechnung zu tragen. Allein die Bedenken, welche im Schosse der Expertenkommission dagegen geltend
gemacht wurden, die Bechte des Gläubigers in diesem Masse von der Schätzung der gepfändeten Objekte abhängig zu machen, sind so schwerwiegend, dass wir davon absahen, eine entsprechende Vorschrift in den.Entwurf des Bundesbeschlusses aufzunehmen.

Den Vorschlag, Art. 503 des Obligationenrechtes abzuändern^ glaubten.

·wir nicht" berücksichtigen zu sollen, da es uns als nicht angängig erscheint, in einem nur das Betreibungs- und Konkursrecht beschlagenden Noterlasse noch Änderungen des Zivilrechtes vorzunehmen, zumal die Bevision des Bürgschaftsrechtes o.hnehin im Gang ist.

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Auch der Anregung, den Schiedsspruch der zweiten eidgenössischen Instanz gemäss dem eidgenössischen Bankenabkommen zum Schutze des Grundbesitzes für die Parteien verbindlich zu erklären, konnten wir nicht entsprechen, da man bei der Durchführung dieser Massnahmen von einer gesetzlichen Eegelung bewusst abgesehen und' sich mit einem «gentlemen's agreement» begnügt hat.

In mehreren wesentlichen Punkten hingegen haben wir die im Schreiben vom 22. Mai 1986 enthaltenen Vorschläge der solothurnischen Begierung ganz oder doch teilweise in unserem Entwurfe zu einem Bundesbeschluss über vorübergehende Milderungen der Zwangsvollstreckung berücksichtigt. Wir erinnern zunächst an die Erweiterung der Kompetenzstücke. Bei der Ausgestaltung von Art. 123 haben wir dem Ermessen des Betreibungsbeamten weitere Grenzen gesteckt, indem er, abgesehen von den in Art. 219 in der ersten Klasse genannten Forderungen und den Unterhaltsansprüchen, die Höhe der während der Aulschubsfrist zu leistenden ^Ratenzahlungen bestimmen und in Notfällen die Aufschubsfrist bis auf ein Jahr erstrecken kann. In der Expertenkommission wurde auch die Anregung diskutiert, ob er nicht auch über den Hinfall des Aufschubes befinden könne. Doch wurde darauf hingewiesen, dass eine solche Ordnung leicht zu einem Chaos führen würde. Ein geordneter Abzahlungsplan müsse während der Aufschubfrist bestehen; denn letzten Endes habe auch der Gläubiger ein Anrecht darauf, dass, wenn er sich die Zahlung der Forderung in Baten gefallen lassen müsse, wenigstens diese Abschlagszahlungen nach einem bestimmten Tilgungsplane entrichtet werden und ihm zukommen.

Endlich verweisen wir auf den Konkursaufschub, der ebenfalls in unseren Entwurf Eingang gefunden hat. .

Die Eingabe des solóthurnischen Schuldner- und Bürgenverbandes vom 14. August 1936, auf welche der kantonsrätliche Beschluss vom 17. September .1936 ferner Bezug nimmt, verlangt vom Begierungsrat von Solothurn den Erlass einer Verordnung nach Massgabe von Art. 62 SchKG, wobei im einzelnen die Begehren wie folgt f ormuliert sind : .

A. Im Konkursverfahren.

1.

Liegenschaftenverwertungen sind im Konkursverfahren nicht durchzuführen, wenn die auf einer Liegenschaft haftenden verbürgten Grundpfaridforderungen samt Zins und Kosten durch das Höohatangebot nicht gedeckt werden, es sei denn, dass die Bürgen bzw. Faustpfandgeber einer Veräusserung unterhalb dieser Verschuldung zustimmen oder die Liegenschaft selbst übernehmen.

2.

'

Haben Bürgen oder Faustpfandgeber aus einem Konkurs eine Liegenschaft übernommen und können sie die gestellten Kreditbedingungen nicht erfüllen, so, darf aus diesem Grunde nicht zu einer erneuten Zwangsverwertung geschritten werden.

Nicht mitübernehmende Bürgen entfallen des rechtlichen Schutzes.

3.

Konkurseröffnungen dürfen bezüglich Grundpfandforderungen nicht ausgesprochen werden im Falle Betreibung des Schuldners zufolge Kapitalkündigungen

232 seitens des Gläubigers oder Kündigung durch Bürgen oder Faustpfandgeber (Art. 41, Abs. l, BG) oder wegen Betreibung für Zinse und Amortisationen (Art. 41, Abs. 2, BG).

B. Im Grundpfandverwertungsverfahren.

4. .

Grundpfandverwertungen sind ausgeschlossen: a. wenn der Schuldner auf der betriebenen Grundpfandforderung die ordentlichen Zinsen bezahlt, hat oder wenn ein Rückstand von nicht mehr als drei HalbJahreszinsen vorhanden ist; b wenn der Schuldner wegen rückständigen Zinsen auf Grundpfandverwertung betrieben wird, sofern der Rückstand nicht mehr als drei Halbjahreszins ausmacht und der Schuldner sich zu Ratenzahlungen von mindestens Va pro Monat verpflichtet und dies regelmässig innehält ; c. wenn der Schuldner wegen Amortisationen auf Grundpfandverwertung betrieben wird und dieser nachweist, dass er wegen Rückgang der Erträgnisse aus der Liegenschaft oder mangels genügenden anderweitigen Einkommens nicht in der Lage ist, die Amortisation zu bezahlen; d bei Betreibung von Grundpfandforderungen, weil der Schuldner nicht in der Lage ist, Ersatzbürgschaften oder sonstige vermehrte Sicherheiten zu leisten; e. bei Betreibung einer Grundpfandforderung infolge Kündigung eines Bürgen oder Faustpfandgebers", sofern der Schuldner nachweist oder genügend glaubhaft macht, däss er nicht in der Lage ist, die Forderung abzubezahlen, abzulösen oder Erstatzbürgschaft zu leisten. Die in Art. 503, Abs. 3, des Obligationenrechtes stipulierte Bürgenbefreiung tritt in diesem Falle nicht ein.

5 ' In zwingenden Fällen können dem in der Grundpfandverwertung stehenden Schuldner weitergehende Erleichterungen gewährt werden, sofern ihm dadurch das Durchhalten der Liegenschaft ermöglicht wird. Einem solchen Schuldner können Bedingungen auferlegt werden,

G. Im Nachlass- und bäuerlichen Sanierungsverfahren.

' · 6.

Im Nachlassvertragsverfahren (Prozentvergleich und Vermögensabtretung) oder im bäuerlichen Sanierungsverfahren gelten für die Bürgen, welche für die nicht gedeckten Grundpfandforderungen (Ausfälle) aufzukommen haben, die Bestimmungen über die Grundpfandverwertungen (Art. 4 und 5), sofern dafür deren Liegenschaften gepfändet werden.

D. Miet- und Pachtzinssperre.

7.

Die Miet- und Pachtzinssperr ist nicht zulässig, wenn der betriebene HypothekarSchuldner seinen Zinspflichte gegenüber den Hypothekengläubigern nachkommt oder sich verpflichtet, die Zinseingänge, soweit sie zur Deckung der Hypothekarzinsen notwendig sind,regelmässigg an die Hypothekargläubiger abzuliefern.

Verfehlt sich ein Schuldner gegen diese Bedingungen, so kann der Gläubiger die Zinssperre anbegehren.

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E. Allgemeine Schutzmassnahmen.

8.

Den Hypothekargläubigern ist es untersagt, von den notleidenden Grundpfandschuldnernoder deren Bürgen andere Spesen als die in Art. 68 B G erwähnten ausgelegten Betreibungskosten zu verlangen.

233 9.

Li den Fällen, wo die rechtlichen Schutzmassnahmen nicht beansprucht oder nicht bewilligt werden, kann der Betreibungsbeamte in Erweiterung des Art. 123 BG den notleidenden Schuldnern oder deren Bürgen für Grundpfandforderungen oder Hypothekenzinee monatliche Ratenzahlungen bis auf 8 Monate bewilligen.

F. Verfahrens- und Schlussbestimmungen.

10.

Die Untersuchung und Bewilligung von rechtlichen Schutzmassnahmen gemäss Art 4, 5, 6, 7 und 8 wird dem Gerichtspräsidenten des Wohnortes des Schuldners übertragen. Derselbe verfügt oder entscheidet auf Gesuch des Schuldners im summarischen Verfahren nach Anhörung der Beteiligten und Prüfung der beigebrachten Ausweise. Ausnahmsweise können auch Zeugen zur Abklärung des Sachverhaltes einvernommen werden.

11.

Die Verwertung von Liegenschaften im Konkurs- und Grundpfandverwertungs-r verfahren ist durchzuführen, sobald sämtliche Beteiligte (Gläubiger, Schuldner, Bürgen undFaustpfandgeber) sie .verlangen oder wenn die rechtlichen Schutzmassnahmendahingefallen.n oder von den zuständigen Instanzen aufgehoben worden sind.

12.

Gegen die Verfügungen und Entscheidungen des Amtsgerichtspräsidenten oder des Betreibungsbeamten, welche auf .Grund dieser Verordnung getroffen werden, ist die Beschwerde gemäss Art, 17 BG an die Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs zulässig.

13.

Die Verfahren gemäss dieser Verordnung sind kostenlos, jedenfalls sind Auslagen an Zeugen, für Porti etc. vom Gesuchsteller zu bezahlen.

14.

Die vorliegende Verordnung tritt nach Genehmigung durch den Bundesrat sofort in Kraft und dauert vorläufig ein Jahr; der Regierungsrat kann nötigenfalls eine Verlängerung anordnen.

Im weitem erachtet der solothurnische Schuldner- und Bürgenverband eine Ordnung des Kapitalzinses im Sinne der Anpassung an die heutigen Zeitverhältnisse als geboten. Der Hypothekarzins soll namentlich für nachstellige Hypotheken weitgehend gesenkt werden. Alte und neue Schulden sind gleichzustellen. Ein einheitlicher Hypothekarzins von 4 % für erste und 4%--4% % für nachgehende Hypotheken wäre angemessen. Die weitere Belastung des Schuldners mit Kommissionen und Provisionen usw. ist nicht gerechtfertigt, da auf diesem Wege Zinserleichterungen, womit das Durchhalten der Liegenschaften ermöglicht werden soll, illusorisch gemacht werden.

Handelt es sich um Hypotheken, welche infolge der Entwertung des Grundpfandes (Deflation) ganz oder teilweise ungedeckt sind, so ist die Ver-

234 zinsung ganz oder teilweise aufzuheben oder in Amortisationen des Kapitals umzuwandeln.

Diese Eingabe des solothurnischen Schuldner- und Bürgenverbandes stellt sich offenbar als eine Ergänzung einer Initiative vom 24. Dezember 1934, unterstützt durch eine vom 24. Januar 1986 datierte Petition von 8556 Stimmberechtigten aus dem Leberberg, und eines revidierten Initiativbegehrens vom 18. Juni 1986 dar, welches auf don Erlass eines Gesetzes betreffend die Versicherung von Grundpfandforderungen und die Entschuldung von Liegenschaften abzielt und rechtliche Schutzmassnahmen verlangt, um die hängigen und drohenden Liegenschaftsverwertungen schon vor Einführung der Hypothekenversicherungs- und Entschuldungskasse zu verhindern..

Die Eekurs- und Petitionskommission beantragte dem Kantonsrat mit Beschluss vom 12. Februar 1936, die Petition des solothurnischen Schuldnerund Bürgenverbandes aus dem Leberberg vom 24. Januar 1986 betreffend Erlass eines Gesetzes über die Versicherung von Grundpfandforderungen und die teilweise Entschuldung von Liegenschaften sei erheblich zu erklären. Der Begierungsrat sei ferner einzuladen, sofort nach Eingang der von ihm in Auftrag gegebenen volkswirtschaftlichen, juristischen und versicherungstechnischen Gutachten das Volksbegehren auf Grund des Gegenvorschlages des Finanzdepartements materiell zu behandeln, d.h. eine entsprechende Vorlage an den Kantonsrat auszuarbeiten oder Antrag auf Ablehnung der Initiative zu stellen. Endlich sei der Eegierungsrat einzuladen, für den Fall, dass die Erledigung des Initiativbegehrens wider Erwarten eine Verzögerung erleiden sollte, die Frage zu prüfen, ob nicht vorgängig der Volksabstimmung über die Initiative zum Schutze der Hypothekarschuldner und ihrer Bürgen interimistische Massnahmen getroffen werden sollten, und für den Fall der Bejahung dieser Frage dem Kantonsrat Bericht und Antrag über die zu treffenden Massnahmen vorzulegen.

Der Kantonsrat nahm diesen Antrag in seiner Sitzung vom 8. April 1986 ohne wesentliche Änderungen an. Der Sprecher der Eekurs- und PétitionsCommission wies dabei auf das Moratorium nach Art. 62 SchKG hin, nachdem er hervorgehoben hatte, dass das Zivilrecht und das SchKG eidgenössisch seien und den Kantonen offenbar die Zuständigkeit fehle, daran etwas abzuändern.

Er .drückte die Meinung aus, ein
Moratorium nach Art. 62 habe so schwerwiegende Folgen, dass man es nur im äussersten Notfalle anwenden dürfe.

Für heute werde das Bankenabkommen wahrscheinlich genügen. Ob die in Art. 817. SchKG geregelte Notstundung Anwendung finden solle, möge der Eegierungsrat prüfen. Ein anderes Notrecht auf kantonalem Boden bestehe nicht. Man müsse sich also mit diesen Mitteln helfen.

Der-Eegierungsrat kam nach eingehender Prüfung der Angelegenheit zur Auffassung, mit Bücksicht auf die in den eingeholten Gutachten geltend-gemachten Verfassungs- und Bundeszivilrechtswidrigkeit der Initiative des solothurnischen Schuldner- und Bürgenverbandes und gestützt auf die Tat-

235 sache, dass der erwähnte Verband selbst von seiner Initiative vom 24. Dezember 1984 abgerückt soi, dem Kantonsrate zu beantragen, die Initiative auf Erlass eines Gesetzes betreffend die Versicherung von Grundpfandschulden und die teilweise Entschuldung von Liegenschaften sei dem Volke zur Verwerfung zu empfehlen.

Der Begierungsrat wolle es aber nicht bei einer negativen Einstellung zum Initiativbegehren bewenden lassen, sondern er habe bereits die volkswirtschaftlichen und versicherungstechnischen Gutachter eingeladen, sich neuerdings zu äussern, inwieweit ihre Gutachten auch Geltung für das neue zur Unterzeichnung aufgelegte Initiativbegehren des solothurnischen Schuldner- und Bürgenverbandes haben, und die Grundlagen und Bichtlinien aufzustellen zur Schaffung eines Hilfswerkes für den notleidenden Hausbesitzer, und zwar einerseits unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit der Staatsfinanzen und andererseits der eidgenössischen Vorlage betreffend Entschuldung der Landwirtschaft, welche, wenn sie zum Gesetz erhoben werden würde, weitgehend die kantonalen Massnahraen beeinflussen müsste, so dass ein kantonales Hilfswerk für den notleidenden Hausbesitzer erst dann in Wirksamkeit gesetzt werden könnte, wenn abgeklärt sei, welches Schicksal der eidgenössischen Entschuldungsvorlage zuteil werde.

Der Vorsteher des solothurnischen Justiz- und Polizeidepartementes wurde vom Begierungsrate mit Beschluss vom 14. August 1936 mit der Einholung der notwendigen Gutachten zur neuen Initiative und mit der Abklärung der Frage beauftragt, ob das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in der Lage wäre, ausserordentliche Massnahmen im Sinne der genannten Petitionen gestützt auf Art. 62 bzw. 817 ff. des Schuldbetreibungsrechtes zur Genehmigung zu empfehlen, und ob es eine regierungsrätliche Verordnung im Sinne der Eingabe vom 14. August 1936 des Schuldner- und Bürgenverbandes dem Bundesrat vorlegen würde. Mit Schreiben vom 28. August 1936 antwortete das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, sowohl die Eingabe aus dem Bezirk Lebern wie auch im wesentlichen die Begehren des solothurnischen Schuldner- und Bürgenverbandes würden darauf hinauslaufen, durch kantonale Vorschriften in das eidgenössisch geordnete Schuldbetreibungsrecht und teilweise in das: Zivilrecht einzugreifen, wozu den Kantonen die
Kompetenz fehle, dass aber andererseits gegen die Bewilligung eines Bechtsstillstandes gemäss Art. 62 SchKG die stärksten Bedenken bestehen, da man nicht vor einem plötzlichen und in seiner Wirkung vorübergehenden Ereignis stehe, und dass auch die Gewährung von Notstundungen gemäss Art. 317 a ff. SchKG den bedrängten Schuldnern kaum nachhaltig helfen könnte. Das Departement verwies übrigens auf die vom Bundesrat vorbereitete Vorlage zur Einführung vorübergehender Milderungen der Zwangsvollstreckung. Hierauf veranlasste der solothurnische Begierungsrat, dass der Kantonsrat gestützt auf Art. 98, Ziff. 2, der Bundesverfassung und gemäss Art. 31, Ziff. 3, der Kantonsverfassung von dem Vorschlagsrechte auf dem Korrespondenzwege Gebrauch machte und den eingangs angeführten Beschluss vom 17. September 1936 fasste.

236 Wir weisen darauf hin, .dass im Entwurfe des Bundesbeschlusses über vorübergehende Milderungen der Zwangsvollstreckung verschiedene .Vorschläge der Eingabe des solothurnischen Schuldner- und Bürgenverbandes Aufnahme gefunden haben; der Entwurf .geht.zum Teil sogar noch über die Gesuche der Potenten hinaus. So kann in Notfällen, speziell bei Arbeitslosigkeit des Schuldners oder des Bürgen, der Betreibungsbeamte den Verwertungst aufschub der Liegenschaft bis auf 12 Monate gewähren. Aber auch für die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner und Bürgen bringt der Entwurf bei Betreibungen für grundpfändlich gesicherte Zinsen oder Annuitäten, falls vorn Gläubiger auf Konkurs betrieben wird, bei Würdigkeit des Schuldners o.der Bürgen den. Konkursaufschub für einen Zeitraum von drei Monaten mit der Möglichkeit, in dieser Frist die Schuld in Viertelsraten zu begleichen. Porner ist darauf hinzuweisen, dass, soweit es sich bei den not. leidenden Hypothekarschuldnern und -bürgen um Eigentümer, landwirtschaftlicher Betriebe handelt,.diesen im Rahmen des Bundesbeschlusses-vom 28. September 1934 schon heute rechtliche Hilfe gebracht werden kann, sofern die Voraussetzungen gegeben sind.

Ini gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint es uns nicht empfehlenswert, neben diesen Massnahmen noch weitere Sönderregeln zum Schutze der Grundpfandschuldner und Grundpfandbürgen im Sinne der eingereichten Vorschläge aufzustellen. Diese Begehren, insbesondere aber ein Eechtsstillstand, wurden einen derart weitgehenden Eingriff in das Liegenechafts-, Hypothekar- und Bürgschaftsrecht darstellen,- dass sie neben gewissen nur momentanen Erleichterungen eine allgemeine Stagnation im Grundstücks- und Hypothekarverkehr herbeiführen dürften. Wir befürchten, dass die Folge dieser Erscheinung .eher eine weitere Wertverminderung der Liegenschaften statt der gewünschten Werterhaltung oder Wertvennehrung wäre.

Aus diesen Gründen beantragen wir Ihnen dio Ablehnung des unter I gestellten Begehrens.

II.

Was den weiteren Vorschlag des Kantonsrates von Solothurn betrifft, es sei eventuell bei Anlass der Ausarbeitung eines Bundesbeschlusses zur vorübergehenden Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes ein Kompetenzartikel aufzunehmen, wodurch die Kantone ermächtigt werden, mit Genehmigung des Bundesrates Schutzmassnahmen für die
Grundpfandschuldner und die Grundpfandbürgen zu ergreifen, mit der Möglichkeit, Bestimmungen der Bundesgesetzgebung abzuändern, zu ergänzen oder ausser Kraft zu setzen,-so hätte die Aufnahme eines solchen Kompetenzartikels nicht nur zur Folge, dass die seinerzeit mühsam errungene Einheit im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht durch kantonale Erlasse weitgehend illusorisch gemacht werden könnte, sondern ein solcher Kompetenzartikel würde nach seinem Wortlaute ganz allgemein erlauben, zum Schutze der Grundpfandschuldner und -bürgen in die Bundesgesetzgebung einzugreifen. Allerdings

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wird die Genehmigung des Bundesrates zur Einführung solcher in die Bundesgesetzgebung eingreifenden Massnahmen vorbehalten. Diese Eautele kann aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass durch die1 Aufstellung eines solchen Kompetenzartikels grundsätzlich die auf verschiedenen Bechtsgebieten vorgenommene Vereinheitlichung verlassen wird und man dem Partikularismus dort die Ture öffnet, wo die Interessen des Bürgers, von Handel und Industrie sowie der Volkswirtschaft auf Übersichtlichkeit und Rechtseinheit der Gesetzgebung gerichtet sind. Es kann allerdings der Einwand erhoben werden, dass die Krisengesetzgebung des Bundes diesen Interessen auch nicht immer Bechrning tragen, konnte, doch darf man anderseits nicht übersehen, dass diese Erlasse des Bundes wenigstens für das ganze Gebiet der Schweiz einheitliches Becht schufen, während durch dön Vorschlag des Kantonsrates von Solothurn der kantonalen Vielgestaltigkeit in der Bechtssetzung gerufen würde. Wir müssen Ihnen daher beantragen, auch diesen Vorschlag abzulehnen.

III.

Aus den bereits erwähnten Erwägungen kann auch dem unter III angeführten Antrag, in das Entschuldungsgesetz einen Kompetenzartikel aufzunehmen, in dem anbegehrten umfassenden Sinne nicht Folge gegeben werden. Mit einer Ermächtigungsklausel des vorgeschlagenen.Inhaltes hätten es dio Kantone in der Hand, Bestimmungen des Zivilgesetzbuches wie auch des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs in pfandrechtlicher und exekutionsrechtlicher Hinsicht für ihr Gebiet aufzuheben oder abzuändern.

Ein derartiger Eingriff in das einheitliche Bundesrecht wäre untragbar und auch für den Kanton unter Umständen höchst verhängnisvoll. Der Vorbehalt einer Genehmigung des Bundesrates könnte diese Eolgen nicht beheben, ganz abgesehen davon, dass ein unmittelbares Aufsichtsrecht des Bundes nicht bestehen würde und auch kaum wirksam geschaffen werden könnte, um gefährliche Konsequenzen bei der Anwendung einer solchen Bestimmung zu vermeiden.

Historisch und rechtspolitisch ist der Antrag dos solothurnischen Kantonsrates aus dem Bestreben zu erklären, durch eine mit zweckmässigen und tragbaren Massnahmen durchzuführende kantonalreehtliche Entschuldung den vom solothurnischen Schuldner- und Bürgenverband in den Jahren 1934 und 19S6 eingereichten Initiativen zum Erlasse eines Gesetzes botreffend die Versicherung von Grundpfandschulden und die Entschuldung von Liegenschaften mit positiven Gegenvorschlägen begegnen zu können. Soweit eine solche kantonale Entschuldung durchführbar erscheint, die Bechte der Gläubiger nicht schmälert, das Bundesrecht nicht beeinträchtigt und sich mit dem Grundsatz der Gesetzgebungshoheit des Bundes auf diesem Gebiete vereinen lässt, würde der Antrag einer nähern Prüfung wert erscheinen. Dabei kämen aber lediglich Ermächtigungsbestimmungen in Betracht, die innerhalb dieser Grenzen dauernden Charakter besitzen und für alle Kantone Bedeutung erlangen könnten; ein spezifisches Sonderrecht für einen einzelnen Kanton würde

238 dem Grundsatz der Eechtseinheit allzusehr Eintrag tun. In diesem Sinne könnten folgende Kompetenzbestimmungen erwogen werden.

1. Ohne allzu grosse Bedenken dürfte den Kantonen die Befugnis zum Erlass von Amortisationsbestimmungen für Grundpfandforderungen jeder Art erteilt werden. Dadurch würde ein Kanton in die Lage versetzt, die sogenannte Amortisationshypothek allgemein verbindlich vorzuschreiben, wie es in Art. 104 des Entwurfes zu einem Bundesgesetz über, die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe für Pfandrechtsforderungen auf landwirtschaftlichen Grundstücken vorgesehen wird. Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre und die Erfahrungen auf dem Gebiete des Kapitalmarktes in jüngster Zeit dürften den Wert einer geregelten Amortisation von Grundpfandschulden in ein neues Licht gerückt haben. Wohlerworbene Rechte der Pfandgläubiger würden dadurch nicht, beeinträchtigt, sofern die bestehenden, vertraglich festgelegten Kündigungsbestimmungen nicht angetastet und nach den Amortisationsnormen die Forderungsrechte der Gläubiger voll gewahrt würden. Soweit Amortisationen für Forderungen aufgestellt würden, die in Pfandtiteln verkörpert sind, wäre allerdings notwendigerweise ein Amortisationssystem zu wählen, das Gewähr bietet, dass in jedem beliebigen Zeitpunkt anhand der Angaben im Titel der -wirkliche Betrag der Forderung ermittelt werden kann. Dieses Erfordernis hat der Bundesrat schon in einem Rekursentscheide vom 15. Dezember 1913 (Bundesbl. 1914, I, 358) festgestellt.

Daran ist auch heute noch festzuhalten, soll nicht die Wirksamkeit des Art. 866 ZGB und der Charakter des Pfandtitels als Wertpapier öffentlichen Glaubens durchbrochen werden. Daraus geht hervor, dass das Annuitätensystem im engern Sinne für Pfandtitel nur bedingt anwendbar wäre.

2. Als weitere Massiiahme könnte in Erwägung gezogen werden, den Kantonen die Einführung einer Belastungsgrenze für Pfandrechte auf Grundstücken jeder Art offen zu halten. Eine solche Kompetenzbestimmung würde dann allerdings einen tieferen Einbruch in das einheitliche Zivilrecht bedeuten als die unter Ziff. l genannte Vorschrift. Die Bedenken materiellrechtlicher Natur würden beschwichtigt, wenn die Belastungsgrenze mit bestimmten Kautelen umgeben würde, wie namentlich zuverlässige Schätzung, Entschuldung grundpi'andversicherter
Forderungen mit öffentlichen Mitteln unter völliger Währung der. Forderungsreehte der Pfandgläubiger und Vorbehalt der gesetzlichen Pfandrechte. In materieller Beziehung fällt hier folgendes in Betracht: Nach Art. 32 SchlT zum Z GB. dürfen die Kantone keine allgemeine Belastungsgrenze für Grundpfandrechte einführen; lediglich für Schuldbriefe ist sie zulässig (siehe Art. 848, Abs. 2, ZGB). Eine Belastungsgrenze erscheint jedoch aus öffentlich-rechtlichen Erwägungen dann als gerechtfertigt, wenn ein Kanton unter Aufwand öffentlicher Mittel eine Entschuldung von Liegenschaften durchführt, um die Wiederkehr einer Überschuldung in den sanierten oder in neuen Fällen zu verhindern. Ein anderes wirksames Mittel ausser der Belastungsgrenze ist bei der herrschenden Organisation des Hypothekarkredites

239 nicht denkbar. Die Frage ist de lege lata allerdings umstritten, ob die Kantone schon auf Grund von-Art. 6 ZGB eine Belastungsgrenze öffentlichen Rechtes erlassen dürfen oder nicht. Um hier einen sichern Eechtsboden herzustellen, könnte der Erlass des neuen Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe den geeigneten Anlass bieten. Zwar würde eine derartige Ermächtigungsvorschrift über den Eahmen dieses Gesetzes hinausgreifen, indem sie die nichtlandwirtschaftlichen Grundstücke erfassen sollte ; für landwirtschaftliche Grundstücke würde das eidgenössische Recht abschliessend die Belastungshöhe regeln. Ein sachlicher Zusammenhang erscheint immerhin gegeben. Unter den bereits erwähnten Kautelen könnte heute eine derartige Ermächtigung nach den Erfahrungen der hypothekarischen Verschuldungsfreiheit mit ihren wirtschaftlich gefährlichen Folgen auch weniger Anlass zu Bedenken geben als im Zeitpunkte des Erlasses des "Zivilgesetzbuches.

Dass kantonale Erlasse der unter Ziff. l und 2 genannten Art in Form von Gesetzen zu kleiden wären und zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates bedürfen, würde sich angesichts ihrer materiellrechtlichen Tragweite wohl von selber verstehen.

Wollte man den Vorschlägen des solothuinischen Kantonsrates in irgendeiner Weise etwas entgegenkommen, so liesse sich dies unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen am einfachsten durch Aufnahme eines neuen Artikels 108Ws und Abänderung von Art. 104 des Gesetzesentwurfes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe durchführen. Diese Bestimmungen wären etwa wie folgt zu formulieren: Art. 103me. Die Kantone sind ermächtigt, sofern sie eine Grundpfandentschuldung von nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken unter Aufwendung öffentlicher Mittel durchführen, eine gesetzliche Belastungsgrenze für diese Grundstücke aufzustellen, die jedoch die von der Entschuldung nicht betroffenen Pfandforderungen unberührt lässt. Die Forderungsrechte der Pfandgläubiger dürfen bei der Durchführung einer solchen Entschuldung nicht geschmälert werden.

Die gesetzlichen Grundlasten und Grundpfandrechte öffentlichrechtlicher Natur sowie die Fälle von Art. 808, Abs. 3, 810, Abs. 2. und 887 des Zivilgesetzbuches bleiben vorbehalten.

Die kantonalen Vorschriften bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des
Bundesrates.

Art. 104. Die Kantone sind ermächtigt, Amortisationsbestimmungen für Pfandforderungen aufzustellen, die über die Belastungsgrenze dieses Gesetzes oder eine kantonalrechtliche Belastungsgrenze hinausgehen.

Die kantonalen Vorschiiften bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Hätte man Bedenken, den Bahmen der Entschuldungsvorlage in diesem Sinne über den landwirtschaftlichen Bereich zu erweitern, so bliebe gesetzgebungsformell noch der Weg offen, ein besonderes Bundesgesetz in Form eines

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Bahmengesetzes zu erlassen, das dann die Voraussetzungen für die Aufstellung kantonaler Bestimmungen näher umschreiben würde. Denkbar wär,e auch eine Abänderung von Bestimmungen des ZGB (z. B. durch Aufnahme von entsprechenden Regeln in den 1. Abschnitt des 22. Titels). Dabei wären dann aber Weiterungen nicht zu umgehen, da der Begriff der Grundpfandentschuldung dem ZGB nicht bekannt ist, während er im Gesetz über Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe als geläufig vorausgesetzt werden kann. Unter Umständen wäre auch eine Abgrenzung gegen die Bestimmungen des Art. 801 und 807 ZGB zu treffen, sofern man für die kantonalen Amortisationsbestimmungen auch die Vorschrift des Art. 78, Abs. 2, letzter Satz des Entwurfes zum Entschuldungsgesetz zulassen wollte.

Wir möchten die Präge offen lassen, ob dem Begehren des-solothurnischen Kantonsrates in der hier erwähnten Art entsprochen werden soll, und uns lediglich damit begnügen, einen Weg anzugeben, in welcher Weise der Bundesgesetzgeber dem Vorschlag allenfalls entgegenkommen könnte. Die Bedenken, die einerseits gegen eine Erweiterung des sachlichen Geltungsbereiches der auf die Landwirtschaft beschränkten Vorlage und anderseits gegen einen über Art. 843, Abs. 2, ZGB hinausgehenden-Einbrach in das einheitlich geordnete Grundpfahdrecht sprechen, erscheinen nicht derart, dass sie leicht genommen werden könnten. Trotz aller Würdigung der Umstände, die den Antragsteller zum. Einbringen seiner Vorschläge .bewegen haben, können wir uns zu einem Befürworten dieser Neuerungen nicht entschliessen. Will man ihnen zustimmen, so schlagen wir vor, den einfachen Weg einer Abänderung der Entschuldungsvorlage zu wählen, wobei dann die Wirksamkeit der zugebilligten Abänderung des geltenden Bechtes vom Schicksal der Entschuldungsvorläge abhängt.

Gestützt auf vorstehende Ausführungen beantragen wir Ihnen, die Anträge des Kantonsrates von Solothurn unter Ziff. I und II abzulehnen. Hinsichtlich'des unter Ziff. III gestellten Antrages schliêssen wir in erster Linie auf Ablehnung; eventuell, für don Fall, dass Sie grundsätzlich darauf eintreten wollen, beantragen wir Ihnen die Aufnahme der vorgeschlagenen Artikel 103ma und 104 in den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe.

'·_··'" : . Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, den Ausdruck unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 22. Januar 1937.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident::

Motta.

Der Bundeskanzler : 0. Boret

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Vorschlag des Kantons Solothurn betreffend Schutzmassnahmen für Hypothekarschuldner und -bürgen. (Vom 22.

Januar 1937.)

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Bundesblatt

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Feuille fédérale

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Jahr

1937

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27.01.1937

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