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Kreisschreiben des

Bundesrats an die Kantonsregierungen betreffend die Teilnahme der Aufenthalter an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen.

(Vom 4. Oktober 1937.)

Getreue, liebe Eidgenossen!

Mit Kreisschreiben vom 13. November 1925 teilte Ihnen der Bundesrat in der Absicht der Erleichterung der Stimmabgabe mit, dass inskünftig «ein stimmfähiger Schweizerbürger, der sich in einer schweizerischen Gemeinde unter Hinterlegung richtiger Ausweispapiere als Aufenthalter polizeilich anmeldet und gegen welchen ein Stimmausschliessungsgrund nicht vorliegt, in dieser Gemeinde das Stimmrecht in eidgenössischen Angelegenheiten besitze».

Dieses Kreisschreiben, welches die Ausübung des Stimmrechtes von der blossen Hinterlegung von Ausweispapieren abhängig machte, die einen polizeilichen Begriff darstellt, wich sehr augenfällig von der Doktrin und Eechtsprechung ab, welche ganz allgemein das politische Domizil dem zivilrechtlichen Domizil gleichstellen.

Während zehn Jahren ergaben sich keinerlei Schwierigkeiten. Im Oktober 1935 jedoch verweigerte die Eegierung des Kantons Schwyz anlässlich der Nationalratswahlen 250 Zürcher Arbeitern, die beim Etzelwerk beschäftigt waren und die im oben erwähnten Kreisschreiben aufgestellten Bedingungen erfüllten, die Zulassung zur Urne. Es wurde kein Eekurs gegen diese Schlussnahme eingereicht. Angesichts der Rechtsprechung des Bundesgerichts (s. insbesondere dessen Entscheid vom 23. November 1923 betreffend die «Knuttwiler Wahlknechte») ist es aber wahrscheinlich, dass dieses der Eegierung des Kantons Schwyz recht gegeben hätte, wenn es sich mit der Angelegenheit hätte befassen müssen. Jedenfalls hat die Haltung dieser Kantonsbehörde einen unliebsamen Zustand der Unsicherheit geschaffen, dem ein Ende gesetzt werden muss, und wir sehen keine andere Lösung, als den Verzicht auf die durch das Kreisschreiben vom 13. November 1925 den Aufenthaltern gewährte Erleichterung. Deshalb bitten wir Sie, inskünftig nicht mehr auf das genannte Kreisschreiben abzustellen und dem Bürger nur noch dort die Ausübung seines Stimmrechts in eidgenössischen Angelegenheiten zu gestatten, wo er seinen Wohnsitz hat. Insbesondere werden die im Auslande wohnhaften Schweizer-

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biirger, denen die Möglichkeit geboten worden war, sich durch Hinterlegung ihrer Ausweispapiere -- Heimatschein oder Pass -- in die Stimmrechtsregister irgendeiner schweizerischen Ortschaft eintragen zu lassen, nicht mehr an einer eidgenössischen Abstimmung oder Wahl teilnehmen können.

Wir erinnern ferner daran, dass sich der Bürger zur Ausübung seines Stimmrechts persönlich an die Urnen begeben muss, es wäre denn, der Kanton erlaube ihm, sich die in den Kreisschreiben vom 16. März und 3. April 1925 genannten Erleichterungen zunutze zu machen, nämlich: 1. die Möglichkeit für den Stimmberechtigten, seinen Stimmzettel schon vom Samstagmorgen an einem Gemeindebeamten in geschlossenem Umschlag zu übergeben, falls in der betreffenden Ortschaft die Stimmurne erst später aufgestellt wird; 2. die Möglichkeit für einen Invaliden oder Kranken, der in seiner Wohnsitzgemeinde -- daheim oder im Spital -- verpflegt wird, zu verlangen, dass sein Stimmzettel durch eine Abordnung des Wahl- bzw. Abstimmungsbureaus abgeholt werde, falls er verhindert sein sollte, sich in das Abstimmungslokal zu begeben.

Da dies die beiden einzigen Ausnahmen von der Eegel sind, wonach der Stimmberechtigte sich persönlich zur Urne begeben muss, bitten wir Sie, das Erforderliche vorzukehren, damit die Wahl- bzw. Abstimmungsbureaus in keiner Weise davon abgehen, und zwar selbst dann nicht, wenn das kantonale Eecht grössere Erleichterungen vorsieht.

Wir benützen diesen Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

Bern, den 4. Oktober 1937.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Motta.

Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

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Dienstschreiben.

Mit Kreisschreiben vom 23. April 1937 hat die Bundeskanzlei den Departementen und Abteilungen die Vorschriften über die Auskunftgabe über dienstliche Angelegenheiten an Dritte und insbesondere an Mitglieder der eidgenössischen Eäte in Erinnerung gerufen. Da der Nationalrat am 9. Juni die Annahme eines Postulates betreffend die «Aufstellung eines Eeglementes über die Umschreibung und Handhabung der Auskunftspflicht des Bundesrates und der Organe der Bundesverwaltung gegenüber der Bundesversammlung und ihren Mitgliedern» beschlossen hat, umschrieb der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung wie folgt die Voraussetzungen, unter denen die Auskunfterteilung an die Letztgenannten erfolgen darf.

1. Angelegenheiten, die sich auf das Eechnungswesen beziehen. Die Mitglieder der Finanzdelegation der eidgenössischen Bäte haben zu jeder Zeit das unbedingte Becht der Einsichtnahme in das Eechnungswesen der verschiedenen Departemente und Verwaltungszweige (Bundesgesetz über den Geschäftsverkehr der Eäte, Art. 26). Jede Dienststelle, die einem Begehren um Auskunfterteilung über ihr Eechnungswesen Folge gibt, hat hierüber dem Departementsvorsteher Bericht zu erstatten.

2. A n d e r e Angelegenheiten.

a. Die Mitglieder der Finanzkommissionen und der Geschäftsprüfungskommissionen (für die Alkoholverwaltung die Mitglieder der Alkoholkommissionen) müssen sich für jegliche Auskunft über andere dienstliche Angelegenheiten entweder an den Departementsvorsteher oder an den in Frage kommenden Abteilungschef wenden, und zwar im letzteren Falle nach Benachrichtigung des Departementsvorstehers. Der Abteilungschef wird dem Departementsvorsteher eine Abschrift seiner Antwort bzw. bei mündlicher Auskunftgabe einen summarischen Bericht zustellen. Da sich die parlamentarische Kontrolle nur auf endgültige Beschlüsse der zuständigen Behörde erstreckt, sind die Abteilungschefs nachdrücklich angewiesen, von jeglicher Auskunftgabe über ihre Absichten und die Absichten des Departementsvorstehers bezüglich Massnahmen, die noch nicht die Form solcher Beschlüsse angenommen haben, Umgang zu nehmen.

b. Auskünfte an andere Mitglieder der Bundesversammlung dürfen nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Departementsvorstehers erteilt werden.

3. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen kann nur gemacht werden für Angelegenheiten, die ihrer Natiir nach oder gemäss besonderer

156 Vorschrift nicht geheim zu halten sind. In diesen Fällen können die Abteilungschefs je für ihren Geschäftsbereich unter ihrer Verantwortung ohne weiteres Auskunft an Mitglieder der eidgenössischen Bäte erteilen. Sie können diese Kompetenz an ihre unmittelbaren Mitarbeiter (Stellvertreter, Sektionschefs oder Adjunkte) delegieren. Diese Eegel gilt namentlich für Auskünfte, die ohnehin der Presse oder andern Interessenten, z. B. durch amtliche Publikationen (Geschäftsbericht und Jahresrechnungen, Voranschläge, Quartalsberichte, Monats-Bulletins usw.) zur Kenntnis gebracht werden.

Bern, den 1. Oktober 1987.

oso

Im Auftrag des Schweiz. Bundesrates, Der Bundeskanzler: G. Boret.

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Kreisschreiben des Bundesrates an die Kantonsregierungen betreffend die Teilnahme der Aufenthalter an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen. (Vom 4. Oktober 1937.)

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06.10.1937

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