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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Rekurs des Jakob Schneider im Mühlethal-Schaffhausen gegen den Bundesratsbeschluß vom 7. November 1899 betreffend Verweigerung eines Wirtschaftspatentes.

(Vom 2. März 1900.)

Tit.

Mit Rekursschrift von 4. Januar 1900 hat J a k o b Schneider im Mühlethal-Schaffhausen gegen den Bundesratsbeschluß vom 7. November 1899*), durch den seine gegen den Regierungsrat das Kantons Sehaffhausen erhobene Beschwerde wegen Verweigerung eines Wirtschaftspatentes als unbegründet abgewiesen worden ist, an die Bundesversammlung weiter gezogen. Wir sind genötigt, die Darstellung des dem Beschwerdefalle zu Grunde liegenden Thatbestandes in den von der Rekursschrift des Beschwerdeführers berührten Punkten näher auszuführen, und entnehmen hierfür aus den vom Regierungsrat des Kantons Schaffhausen vor der Bundesversammlung neu produzierten Akten folgendes : Die Wirtschaft zum ,,Schweizerbund" im Mühlethal ist im Jahre 1898/99 von ihrem heutigen Eigentümer, Namens Bibus, käuflich erworben worden. Sie wurde zur Zeit des Kaufes von einem gewissen Schlick betrieben, der das Haus vor cirka zehn Jahren, als es noch keine Wirtschaft war, gemietet hatte, und in demselben ein auf seinen Namen lautendes Wirtschaftspatent ausbeutete, das er von einer ändern Wirtschaft auf den ,,SchweizerSiehe Seite 752 hiernach.

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bund a damals hatte übertragen lassen ; der Mietvertrag Schlicks lief im Oktober 1899 ab. In diesem Jahre baute sich Schlick hart neben dem ,,Schweizerbund"1 ein eigenes Haus, und stellte beim Regierungsrat des Kantons Schaffhausen das Gesuch um Übertragung seines Patentes auf seinen Neubau. Dagegen ersuchte Bibus in einer Eingabe an den kleinen Stadtrat von Schaffhausen zu Händen des Regierungsrates diese letztere Behörde, sie möge das Gesuch Schlicks nicht als ein Gesuch um Übertragung einer Wirtschaft behandeln, sondern als ein solches um Erteilung eines neuen Wirtschaftspatentes.

Der Regierungsrat wies Schlick am 1. Februar 1899 ab, weil gegen sein Gesuch der Umstand spreche, daß, wenn die Übertragung seines Patentes bewilligt würde, Bibus sich ebenfalls um ein Patent bewerben werde, das ihm dann aus Gründen der Billigkeit nicht wohl werde verweigert werden können ; auf diese Weise würden aber an jener Stelle, obschon hierfür kein Bedürfnis vorhanden sei, zwei Wirtschaften entstehen. Am 7. Februar 1899 stellte Schlick ein zweites Gesuch um Übertragung seines Wirtschaftspatentes, indem er sich auf Art. 8 des Schaff hauser Wirtschaftsgesetzes vom 28. November 1887 berief, lautend: ,,Alle Wirtschaftsbewilligungen werden bestimmten Personen für bestimmte Lokale erteilt. Will daher der Inhaber eines Patentes eine Wirtschaft auf einen ändern übertragen, so hat letzterer, sofern gegen eine Patentierung nichts einzuwenden ist, ein neues Patent zu erwerben, jedoch keine neue Taxe zu bezahlen, wohl aber eine Kanzleigebühr von 5 Franken.

.,,Es ist einem Wirt gestattet, seine Wirtschaft in ein anderes Lokal oder in eine andere Gemeinde zu verlegen. In solchen Fällen bleibt es dem Regierungsrate vorbehalten, die Taxe zu erhöhen oder herabzusetzen; immerhin ist eine Kanzleigebühr von 5 Franken zu bezahlen."1 Dieses Gesuch hat der Regierungsrat bewilligt. Er nahm hierbei an, daß entgegen seiner frühem Ansicht, wonach die Billigkeitsrücksichten für Bibus die Verweigerung der Übertragung verlangt hatte, heute eine Schädigung des Eigentümers des flSchweizerbund"' nicht mehr in Betracht falle, da sich derselbe mit seinem frühern Pächter Schlick verglichen habe. Als nun Schlick aus dem Hause ,,zum Schweizerbund" weggezogen, stellte ein gewisser Jakob Messmer-Meier, der die Lokalitäten des alten a T) Schweizerbund von ßibus gepachtet hatte, beim Regierungarat das Gesuch um Erteilung eines neuen Wirtschaftspatentes für den

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,,Schweizerbund", wurde aber abgewiesen, weil ,,ein Bedürfnis für die Entstehung einer neuen Wirtschaft in jener Gegend nicht vorhanden ista. In der Angelegenheit Meßmer intervenierte Bibus mit einer längern Eingabe beim Regierungsrate des Kantons Schaffhausen. Nach erfolgter Abweisung Meßmers stellte der heutige Rekurrent Jakob Schneider das Gesuch um Übertragung eines ihm gehörigen Wirtschaftspatentes, welches er bisher in dem Haus ,,zum Bechera, einer Wirtschaft in einem ändern Quartier Schaffhausens, inné gehabt hatte, auf den ,,Schweizerbundc'\ Unterm 24. Mai 1899 wies der Regierungsrat auch dies Gesuch wegen mangelnden Bedürfnisses ab, von der Erwägung ausgehend, daß einem Gesuch um Übertragung eines Wirtschaftspatentes auf eine andere Lokalität die Bedürinisfrage dann entgegengestellt werden dürfe, wenn die Bewilligung der Übertragung die Zahl der in einem Quartier bestehenden Wirtschaften vermehren würde.

Gegen die Schlußnahme des Regierungsrates des Kantons Schaff hausen hat Jakob Schneider am 26. Juni 1899 beim Bundesrat Beschwerde eingelegt. Der Bundesrat erklärte diese aber am 7. November 1899 aus den im beigedruckten Beschlüsse angeführten Gründen als unbegründet.

Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Rekursschrift an die Bundesversammlung die Richtigkeit des Bundesratsbeschlusses mit der Behauptung, es habe der Regierungsrat des Kantons Schafihausen und mit ihm der Bundesrat irrtümlicherweise angenommen, daß es sich bei der Bewilligung des Gesuches des Pächters Schlick xim Übertragung einer Wirtschaft gehandelt habe, weil Bibus, der Eigentümer des Hauses zum ,,Schweizerbunda, nicht die Absicht gehabt habe, die Wirtschaft in seinem Hause eingehen zu lassen, und ein Vergleich zwischen Bibus und Schlick, in dem der erstere die Einwilligung zur Übertragung des Wirtschaftspatentes vom ,,Schweizerbunda auf den Neubau Schlicks hätte gegeben haben sollen, gar nicht existiere. Daß aber der Mieter, auch wenn er persönlich Inhaber des Wirtschaftspatentes sei, gegen den Willen des Eigentümers über die Fortführung einer Wirtschaft in dem von ihm gemieteten Lokale entscheiden könne, sei ganz unverständlich.

Der Auffassung des Rekurrenten gegenüber halten wir in allen Teilen an unserm Beschluß fest und bemerken nur im einzelnen noch folgendes : 1. Dem Rekurrenten fehlt die Legitimation für diejenigen Beschwerden, welche er zum Gegenstand des Rekurses macht.

Bundesblatt. 52. Jahrg. Bd. I.

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Der ganze Rekurs bewegt sich rechtlieh auf dem Boden, daß dem Eigentümer der Liegenschaft, auf welcher die zu errichtende Wirtschaft betrieben werden sollte, ein Unrecht durch die Entscheidung des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen und den abweisenden Rekursentscheid des Bundesrates geschehen sei. Der Rekurrent ist aber gar nicht Eigentümer, sondern er hat vom Regierungsrat des Kantons Schaffhausen nur Übertragung eines bisher bestehenden, ihm, dem Rekurrenten, p e r s ö n l i c h erteilten Patenten auf ein anderes Lokal verlangt. Die Verhältnisse der Liegenschaft zum ,,Schweizerbunda interessieren also den Jakob Schneider rechtlich gar nicht, sondern nur das Schicksal des seiner Person anhängenden Patentes.

2. Wenn man aber auch auf diese Verhältnisse eingehen wollte, so ist es jedenfalls keine Frage der Handels- und Gewerbefreiheit, welche Bedeutung vom Standpunkte kantonalen Verwaltungsrechtos das für eine bestimmte Liegenschaft einmal erteilte Patent besitzt, ob dadurch wirklich, wie der Rekurrrent anzunehmen scheint, ein gewisses Recht des Eigentümers der Liegenschaft auf Bestehenbleiben des Patentes entsteht, oder ob es sich nur um eine einer bestimmten Person erteilte Bewilligung handelt, bei welcher das Lokal nur eine nebensächliche Bedeutung besitzt.

3. Es ist übrigens thatsächlich unrichtig, daß der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen keine Veranlassung gehabt hätte, anzunehmen, daß auf dem .,,Schweizerbund" keine Wirtschaft mehr betrieben werde. Er hatte dafür die von Schlick bestimmt abgegebene Erklärung und anderseits die Thatsache des zwischen Schlick und Bibus abgeschlossenen Vergleiches, den auch der Rekurrent nicht in Abrede stellen kann.

4. Die einzige Frage, um die es sich vom Standpunkte der Handels- und Gewerbefreiheit handeln kann, ist diejenige, ob gegenüber dem Übertragungsgesuche des Jakob Schneider der Sehaffhauser Regierungsrat die Bediirfnisfrage aufwerfen durfte. Diese Frage ist, wie schon ' aus den Ausführungen unseres Beschlusses hervorgeht, an der Hand des Schaffhauser Wirtschaftsgesetzes zu bejahen und wird auch vom Rekurrenten gar nicht ernstlich bestritten.

5. Es könnte sich höchstens noch fragen, ob der Regierungsrat dem Jakob Schneider gegenüber deshalb eine rechtsungleiche Behandlung hat eintreten lassen, weil er ihm gegenüber die Bedürfnisfrage aufgeworfen hat, was er dem Schlick gegenüber nicht gethan habe. Aber auch diese Frage ist zu verneinen, denn es

751 fehlt schon an der Gleichheit der thatsächlichen Verhältnisse.

.Die von Schneider betriebene Wirtschaft zum ,,Becher1' Jag in einem ändern Stadtquartier als der ,,Schweizerbund1". Schlicks neue Wirtschaft dagegen liegt in demselben Quartier, wie der von diesem früher betriebene ,,Schweizerbunda. Es ist offenbar eine ganz andere Situation, wenn ein Wirt Übertragung seines Patentes für dasselbe Quartier verlangt, wobei natürlich die alte, von ihm betriebene Wirtschaft eingeht nnd keine neue Wirtschuft entsteht, als wenn ein Wirt durch die Übertragung seines Patentes in ein neues Quartier übersiedeln will. In letzterem Falle entsteht allerdings in dem neuen Quartier eine neue Wirtschaft, der gegenüber die Frage des Bedürfnisses aufgeworfen werden darf.

Die vom Kekurrenten aufgestellte Behauptung, daß nur der Eigentümer des Immobile das Übertragungsgesuch stellen dürfe, ist abgesehen davon, daß er nicht Eigentümer ist und daß er sich über eine Verletzung dieses Satzes nicht beklagen kann, durch nichts erwiesen und an der Hand des Schaffhauser Wirtschaftsgesetzes, welches in Art. 8 dem Inhaber des Patentes die Befugnis, die Übertragung zu verlangen, giebt, als unrichtig abzulehnen.

Aus den angegebenen Gründen beantragen wir : Sie möchten den gegen unsern Beschluß vom 7. November 1899 gerichteten Eekurs des Jakob Schneider als unbegründet abweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 2. März 1900..

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Hanser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Rekurs des Jakob Schneider im Mühlethal-Schaffhausen gegen den Bundesratsbeschluß vom 7. November 1899 betreffend Verweigerung eines Wirtschaftspatentes. (Vom 2. März 1900.)

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