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Schweizerisches Bundesblatt.

52. Jahrgang. I.

Nr. 9.

28. Februar 1900.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Verpachtung der Neuenburger Jurabahn.

(Vom

27. Februar 1900.)

Tit.

Am 28. Dezember 1899 gründete sich in Neuenburg unter dem Kamen ,,Compagnie du Jura Neuchâtelois" eine Aktiengesellschaft, welche die Pachtung der Neuenburger Jurabahn zum Zweck hat und deren Verwaltungsrat noch am gleichen Tage mit dem Staatsrat, von Neuenburg als Vertreter des Eigentümers dieser Bahn einen Pachtvertrag abschloß, welcher vom Staatsrat mittelst Schreibens vom 12. Januar 1900 zur Genehmigung vorgelegt wurde.

Die wesentlichen Bestimmungen dieses Vertrages sind folgende: Gegenstand der Pacht ist laut Artikel l die Linie Neuenburg-Chaux-de-Fonds-Locle-Col-des-Roches, mit der Maßgabe, daß die Pächterin in den am 27. Januar/l. Februar 1885 mit der P.-L.-M. abgeschlossenen Betriebsvertrag betreffend das Teilstück Locle-Col-des-Roches einzutreten habe.

Die Dauer des Pachtvertrages beträgt laut Artikel 2 1 5 Jahre, d. h. vom 1. Januar 1900 bis 31. Dezember 1914, und von da an je fünf Jahre, solange er nicht ein Jahr vor Ablauf einer solchen Pachtdauer von der einen oder andern Partei gekündigt wird.

Vorbehalten bleibt der Rückkauf der Linie oder der sonstige Verkauf, in weichern Falle der Vertrag auf den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs ohne weiteres erlischt.

Bundesblatt. 52. Jahrg. Bd. L

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Artikel 8 zählt die verschiedenen Dienstzweige auf, mit welchen sich die Pächterin zu befassen hat. Ferner bestimmt er.

daß nach einem vom Venvaltungsrat aufzustellenden Reglement eine Hülfe- und Pensionskasse für die Angestellten organisiert werden und daß diese vom ersten Jahre an mit mindestens Fr. 20,000 pro Jahr gespiesen werden solle. Das Reglement unterliege der Genehmigung des Staatsrates und des Bundesrates.

Die aus der Benützung von Gemeinschaftsbahnhöfen entspringenden Rechte und Pflichten übernimmt gemäß Artikel 9 die Pächterin. Sie haftet auch, laut Artikel 10, für alle Ansprüche aus Unfällen, Beschädigungen von Transportgütern etc. und ist verpflichtet, die nötigen Versicherungsverträge abzuschließen.

Die Betriebsgesellschaft übernimmt ferner, nach Artikel l L die Verpflichtung, die Zahl der täglichen Züge und deren Fahrgeschwindigkeiten gegenüber dem Betrieb im Jahr 1899 nicht zu reduzieren und die Fahrplanprojekte dem Staatsrat zur Genehmigung zu unterbreiten, bevor sie den Bundesbehürden eingereicht werden.

Ferner darf, gemäß Artikel 12, keinerlei Erhöhung der Taxen der verschiedenen am 31. Dezember 1899 in Kraft stehenden Tarife stattfinden.

Als Pachtzins bedingt sich im Artikel 14 der Kanton Neucnburg die Verzinsung sämtlicher Auslagen, welche er als Eigentümer der Bahn schon gemacht oder noch zu machen hat, und zwar zu 3Ys% für das Anleihen von Fr. 5,500,000 vom Jahr 1885 und zu 4 % für den Rest.

Alle Streitigkeiten, welche aus dem Pachtvertrag entstehen sollten, unterliegen der Beurteilung durch das Bundesgericht.

Der Pachtvertrag weicht von dem üblichen Inhalt der Betriebsverträge darin ab, daß im ersten Artikel die Konzession und die eidgenössischen Gesetze und Verordnungen über den Betrieb der Eisenbahnen nicht ausdrücklich vorbehalten sind. Indessen kann von einem solchen Vorbehalt, da er sich von selbst versteht und zudem in der ständigen Klausel des Genehmigungsbeschlusses betreffend die subsidiäre Haftung des Bahneigentümcrs enthalten ist, abgesehen werden.

Ferner pflegt sich der Bahneigentümer das Hecht zu reser.vieren, die Entlassung, beziehungsweise Bestrafung solcher Angestellter zu verlangen, welche zu begründeten Klagen Anlaß geben. Daß der Staatsrat des Kantons Neuenburg dies im vorliegenden Pachtvertrag nicht gethan hat, ist unseres Erachtens.

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irrelevant, weil der Kanton in der Generalversammlung der Aktionäre dor Betriebsgesellschaft, gemäß den Statuten, genügend Einfluß besitzt, um im Notfall dasselbe Recht ausüben zu können, welches andere Bahneigentümer sich ausdrücklich wahren müssen.

Dagegen weist der Vertrag im Artikel 8 eine Lücke auf, die zur Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten ausgefüllt werden muß; es fehlt nämlich eine Bestimmung darüber, wem die Aufstellung der Réglemente zustehe. Im Interesse eines ungestörten Betriebes muß diese Kompetenz der Betriebsgesellschaft, gewährt werden, wie sie auch mit der Aufstellung der Tarife, betraut ist.

Wir haben daher in den nachstehenden Beschlußentwurf, den wir Ihnen zur Annahme empfehlen, einen speciellen Vorbehalt aufgenommen, welcher diesen Punkt von vornherein klarlegen soll.

Wir benützen den Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 27. Februar 1900.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Verpachtung der Neuenburger Jurabahn.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Staatsrates von Neuenburg vom 12. Januar 1900, nebst angeschlossenem Pachtvertrag; 2. eiuer Botschaft des Bundesrates vom 27. Februar 1900, beschließt: 1. Dem zwischen dem Kanton Neuenburg und der Compagnie du Jura Neuchâtelois unterm 28. Dezember 1899 abgeschlossenen Vertrag über die Verpachtung der Neuenburger Jurabahn wird die Genehmigung unter dem Vorbehalt erteilt, daß a. für die Erfüllung der von der Pächterin übernommenen Pflichten im Sinne des Artikels 28 des Bundesgeset/.es vom 23. Dezember 1873 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem G-ebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft auch der Kanton Neuenburg haftet, und b. die Kompetenz zur Aufstellung und Anwendung der Regiemonte der Betriebsverwaltung zusteht.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Verpachtung der Neuenburger Jurabahn. (Vom 27. Februar 1900.)

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