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Schweizerisches Bundesblatt.

52. Jahrgang. L

Nr. 4.

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24. Januar 1900.

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Einführung der elektrischen Beleuchtung und Kraftübertragung in den eidgenössischen Militäranstalten in Thun.

(Vom 23. Januar 1900.)

Tit.

In der Hauptsache werden gegenwärtig die eidgenössischen Etablissemente in Thun -- alte Pferderegieanstalt, Kaserne mit Stallungen, Munitionsfabrik, Konstruktionswerkstätte, Munitionskontrolle, Artillerieversuchsstation, Kriegsdepot, Munitionsdepot, sowie Post- und Telegraphengebäude -- mit Gas beleuchtet. Daneben werden in der Kaserne Kerzen und in den Stallungen, sowie in der neuen Pferderegieanstalt Petroleumlicht verwendet. In der letztern kam diese durchaus ungenügende und feuergefährliche Beleuchtungsart zur Verwendung, weil bereits bei Erstellung derselben im Jahre 1890/91 auf baldige Einführung der elektrischen Beleuchtung in sämtlichen eidgenössischen Etablissementen in Thun gerechnet wurde, so daß man die großen Kosten einer bloß interimistischen Einrichtung für Gasbeleuchtung glaubte ersparen zu können.

Zu wiederholten Malen sind von Interessenten Anfragen bezüglich elektrischer Beleuchtung der eidgenössischen Etablissemente und des hierfür benötigten Bedarfes an elektrischer Energie an die Bundesverwaltung gerichtet worden. Nachdem die Ausführung des Kanderwerkes in sicherer Aussicht stand und auch von dieser Seite Offerten für Abgabe von elektrischer Energie zum Bundesblatt. 52. Jahrg. Bd. I.

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Zwecke der Beleuchtung und als Ergänzung der Betriebskraft gemacht wurden, ergab sich die Notwendigkeit, dieser Frage ernstlich näher zu treten. Seitens des Militärdepartementes wurde ein Fachmann mit der Untersuchung derselben beauftragt, um sowohl über den erforderlichen Bedarf an elektrischer Energie, als auch über die finanzielle Tragweite einer selbständigen Einrichtung Anhaltspunkte zu erhalten.

Inzwischen war eine seitens der Gemeinde Thun in Anregung gebrachte Ergänzung des Dienstbarkeitsvertrages über Wasser- und Kraftlieferung an die eidgenössischen Anstalten in Thun vorgenommen worden. Dieser ging eine genaue Untersuchung der Wirkung der Turbinen voraus, welche einen für heutige Verhältnisse ganz ungenügenden Wirkungsgrad ergab, so daß der Bund jährlich cirka Fr. 4000 mehr Zins bezahlen muß, als es bei voller Leistung der Turbinen der Fall wäre. Aus ökonomischen Gründen ist daher eine Rekonstruktion der Turbinen zur Erzielung eines besseren Nutzeffektes unvermeidlich und muß unter allen Umständen auch ohne die in Aussicht genommene elektrische Anlage erfolgen. Bis jetzt aber wurde von einer sofortigen Inangriffnahme dieser Rekonstruktion abgesehen, weil dieselbe mit der elektrischen Anlage in Übereinstimmung sein muß.

Auf Grund einläßlicher Untersuchungen der Verhältnisse und nach Prüfung der von verschiedenen als leistungsfähig bekannten Firmen eingegangenen Vorprojekte und definitiven Übernahmsofferten kommen die von uns mit Begutachtung der ganzen Angelegenheit betrauten Experten zu dem Schlüsse, ein Projekt in Vorschlag zu bringen, das eine Kombination der Beleuchtungsanlage mit elektrischer Kraftübertragung in Aussicht nimmt. Von einem Bezüge von elektrischer Energie von auswärts wird der größern Kosten wegen und um von ändern Werken vollständigunabhängig zu sein, Umgang genommen und die Betriebskraft durch die eidgenössische Wasserwerksanlage geliefert, deren Leistung durch Rekonstruktion der Turbinen unter gleichzeitiger Gefällserhöhung und durch Beseitigung der Drahtseiltransmissionen um cirka 25 % gesteigert werden kann. Während der Wintermonate hat außerdem während einiger Stunden des Tages eine Halblokomobile in Thätigkeit zu treten. Zwei Dynamomaschinen und eine Accumulatorenbatterie sind bestimmt für Erzeugung, resp. Lieferung der erforderlichen elektrischen Energie;
sechs weitere Sekundärmotoren für den Betrieb der einzelnen Werkstätten.

Durch Ausführung dieses Vorschlages erwachsen dem Bunde außer den für die betreffenden Etablissemente mit der elektrischen

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Beleuchtung in Verbindung stehenden Annehmlichkeiten die nachstehend angeführten Vorteile : Der Wasserkonsum an den Turbinen wird verringert und damit der Wasserzins entsprechend erniedrigt.

Dem mit den steten Erweiterungen der Werkstätten wachsenden Konsum wird auf eine Reihe von Jahren hinaus genügt werden können.

Ein kontinuierlicher Betrieb ist gesichert.

Die häufigen Betriebsstörungen infolge Reißens oder Gleitens der Drahtseile werden beseitigt.

Gegenwärtig kann ein Vorkommnis an den Turbinen oder in der Wasserzuführung zur Folge haben, daß die Munitionsfabrik und die Konstruktionswerkstätte für so lange außer Betrieb gestellt werden, bis genügend Lokomobile von anderwärts herbeigezogen sind, was tagelang dauern und im Kriegsfall von sehr unangenehmen Folgen sein kann. Durch Aufstellung einer Halblokomobile, welche in den Wintermonaten zur Erzeugung der elektrischen Energie für Beleuchtungszwecke beizutragen hat, wird nun eine Reserve geschaffen, welche den kontinuierlichen Betrieb sichert. Diese Halblokomobile hat überdies während der mehrere Wochen in Anspruch nehmenden Rekonstruktion der Turbinen den Betrieb aufrecht zu erhalten und ist aus diesem Grunde aufzustellen, ehe mit dem Abbruch der Turbinen begonnen werden kann Die neue Pferderegieanstalt kommt aus dem durchaus unhalbaren Provisorium heraus, in welchem sie gegenwärtig ohne Gaseinrichtung steht. Die Gefahr eines Brandes wird sowohl für diese Anstalt, als auch für die Kasernenstallungen und die Kaserne bedeutend herabgemindert.

Für die Berechnung des Lichtbedarfes, sowie der Ausdehnung der Anlage, wurde angenommen, daß sämtliche Räumlichkeiten der Werkstätten vollbesetzt seien, daß offenes Licht behufs Erhöhung der Sicherheit gegen Feuersgefahr möglichst zu vermeiden und daher auch die Nebenräume mit elektrischem Lichte zu versehen sind und daß endlich eine ausgiebige Beleuchtung der Höfe, Zufahrten etc. mit Bogenlichtern in Aussicht zu nehmen ist.

Die alte Pferderegieanstalt, sowie das Post- und Telegraphengebäude werden nicht in das Lichtnetz einbezogen, weil dieselben von dem Hauptkomplex der eidgenössischen Anstalten räumlich weit abliegen, so daß sowohl die Anlage- als Betriebskosten unverhältnismäßig gesteigert würden. Für diese beiden Gebäude ist

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der Anschluß an das städtische Beleuchtungsnetz in Aussicht genommen.

Das für die Aufnahme der Dynamomaschinen, Aecumulatoren und des Halblokomobils bestimmte Gebäude muß naturgemäß in möglichste Nähe des Turbinenhauses zu liegen kommen. Ein Anund Aufbau auf das Turbinenhaus ist seiner Lage wegen -- zwischen Straße und Aare an dem steilen Aareufer -- nicht möglich.

Am geeignetsten ist der Platz oberhalb der Munitionskontrolle, wo gegenwärtig ein Bähnwärterhaus der Centralbahn steht. Die Direktion der Centralbahn hat sich mit einer Versetzung des Wärterhauses einverstanden erklärt und wird daher dieser, in der Verlängerung des vom Turbinenhaus unter der Eisenbahnlinie durchzuführenden Transmissionsstranges liegende Platz für die Centrale in Aussicht genommen. Die Dynamomaschinen, Aecumulatoren und die Halblokomobile sind zu ebener Erde untergebracht. Über dem Accumulatorenraume sind einige Magazine und eine kleine Reparaturwerkstätte projektiert. Im Maschinensaal und am Tableau ist der erforderliche Platz für eine dritte Dynamomaschine vorgesehen, im Hinblick auf die Möglichkeit, daß früher oder später der normale Kraftbedarf die Maximalleistung der Turbinen übersteigen und die Miete elektrischer Energie von einem benachbarten Elektrizitätswerke billiger zu stehen kommen könnte, als die regelmäßige Benutzung des Halblokomobils, welches in erster Linie eine Reserve für die Turbinen bilden soll.

Die Kosten der gesamten Anlage werden sich wie folgt gestalten: 1. Umbau der alten Turbinen Fr. 20,000 2. Tieferlegen der Sohle im Unterwassergraben . ,, 10,000 3. Umänderung der Haupttransmission . . . . .n 8,000 4. Maschinenhaus, enthaltend: Maschinensaal mit Fundamenten, Accumulatorenraum, kleine Werkstätte und sonstige Räume, wie l Magazin, Abort, inkl. Mobiliar, Beleuchtung und Wasserversorgung n 37,000 5. Verlegung des Wärterhauses der Centralbahn ., 6,600 6. Reservelokomobil von 130 HP. normal, komplett montiert ,, 52,500 7. Dynamomaschinen, Stationsapparate, Accumulatorenbatterie, Leitungs- und Beleuchtungsinstallationen .

,, 200,000 8. Bauleitung, Hülfsarbeiter, Diverses und Unvorhergesehenes ,, 20,100 Total Fr. 354,200

69 Die Leitung des Betriebes der Centrale mit Turbinenanlage gedenken wir einem unter der Direktion der eidgenössischen Bauten stehenden Elektrotechniker zu übertragen, dem das erforderliche Wärterpersonal zur Verfügung gestellt wird. Derselbe hat neben der Kontrolle des Energieverbrauches auch die Aushingabe der Ersatzglühlampen, Bogenlichter etc., die einfacheren Reparaturen an den Beleuchtungskörpern, Bogenlampen, sowie kleinere Änderungen, Ergänzungen im Leitungsnetze u. s. w. zu besorgen.

Nach Maßgabe der Abnahme von elektrischer Energie für Beleuchtung und Betriebszwecke werden die verschiedenen Etablissemente ihre Beiträge an die Centrale zu leisten haben, so daß sich deren Einnahmen und Ausgaben decken.

Nach der von den Experten aufgestellten approximativen Berechnung wird die elektrische Beleuchtung eher teurer kommen als die bisherige Beleuchtungsart. Nachdem die projektierte Anlage jedoch in einfacher, dem heutigen Stand der Elektrotechnik entsprechender Weise es ermöglicht, die Bedürfnisse der elektrischen Beleuchtung und des Betriebes auf Jahre hinaus auch für die gegenwärtig ungenügend und unzweckmäßig beleuchteten Anstalten in rationeller Weise zu befriedigen und einen einheitlichen, kontinuierlichen Betrieb der Werkstätten zu sichern, erlauben wir uns, gestützt auf die vorstehenden Ausführungen, den nachfolgenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 23. Januar 1900.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Biiigier.

70 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Einfuhrung der elektrischen Beleuchtung und Kraftübertragung in den eidgenössischen Militäranstalten in Thun.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 23. Januar 1900, beschließt: Art. 1. Der Bundesrat wird ermächtigt, in den eidgenössischen Militäranstalten in Thun die erforderlichen Einrichtungen für elektrische Beleuchtung in Verbindung mit einer Rekonstruktion der bestehenden Turbinenanlage zu treffen.

Art. 2. Dem Bundesrat wird hierfür ein Kredit von Fr. 354,200 eröffnet.

Art. 3. Dieser Beschluß tritt sofort in Kraft. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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Bundesratsbeschluß betreffend

die Vollziehung der Verordnung vom 30. Dezember 1899 über die Maßnahmen zum Schütze gegen die Cholera und die Pest, soweit sie die Verkehrsanstalten, den Personen-, den Gepäck- und Warenverkehr betreffen.

(Vom 19. Januar 1900.)

Der schweizerische Bundesrat, in Ausführung von Art. 50 der Verordnung vom 30. Dezember 1899 über die Maßnahmen zum Schütze gegen dio Cholera und die Pest, soweit sie die Verkehrsanstalten, den Personen-, den Gepäck- und Warenverkehr betreffen (A. S. n. F. XVII, 763), beschließt: Art. 1. Die vorgenannte Verordnung wird in folgendem Umfa'ng in Vollziehung gesetzt: a. Von Titel II, Personenverkehr: der zweite Abschnitt, Überwachung der Reisenden am Ankunftsorte (Art. 33 bis 35), soweit er sich auf die Pest bezieht.

b. Der ganze Titel III, Waren und Gepäck verkehr (Art. 37 bis 48), soweit er sich auf die Pest bezieht, mit der Einschränkung, daß das in Art. 37 enthaltene Einfuhrverbot sich bis auf weiteres nur auf folgende Waren und Gegenstände erstreckt: 1. Gebrauchte Leibwäsche und getragene Kleidungsstücke (persönliche Effekten); benutztes Bettzeug.

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