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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Kzession einer elektrischen Straßenbahn in Spiez.

(Vom 19. März 1900.)

Tit.

Unterm 1. September 1899 reichte Herr Rudolf von Erlach, Ingenieur in Spiez, ein Konzessionsgesuch für eine e l e k t r i s c h e S t r a ß e n b a h n in S p i e z ein. Zur Begründung des Gesuches wird im allgemeinen Berichte ausgeführt, es mache sich schon seit Erstellung der Thunerseebahn und in erhöhtem Maße seit der Eröffnung der Spiez-Erlenbach-Bahn der Mangel einer guten Verbindung zwischen dem Bahnhof und der Dampfschifflände in Spiez fühlbar. Wenn dann einmal noch die Spiez-Frutigen-Bahn und die Lötschbergbahn eröffnet seien, würde das reisende Publikum den Mangel noch schwerer empfinden. Der Bahnhof liege 70 Meter höher als der See. Der Verkehr zwischen Bahn und Schiff, so unbequem er sich gegenwärtig gestalte, sei nichtsdestoweniger, mindestens im Sommer, ein sehr reger. Um denselben zu erleichtern, solle eine elektrische Straßenbahn für Personen- und Gepäckbeförderung gebaut werden.

Laut dem technischen Bericht soll die Bahn ihren Anfang am Quai des Hotel Spiezerhof beim Landungssteg der Dampfschiffe nehmen, die Staatsstraße bis zur Pension Itt benützen, dort die Thun-Interlaken-Strasse überschreiten und der Zufahrtsstraße zum Bahnhof bis unmittelbar vor das Bahnhofrestaurant folgen. Die Länge der Bahn werde 1150 Meter, die Maximalsteigung 8 % be-

1026 tragen. Die Richtungsverhätnisse seien günstig, da mit Ausnahme dreier Kurven von 50 Metern die Bahn in der Geraden laufe.

Als Betriebskraft solle Elektrizität mit oberirdischer Zuleitung verwendet werden, die das nahegelegene Elektrizitätswerk der Gesellschaft Motor liefern würde. Haltestellen seien vorgesehen bei der Soodmatte (km. 0,e) und bei der Straßenkreuzung (km. 0,75).

Die Spurweite solle l Meter betragen.

Dem Kostenvoransehlag entnehmen wir folgende Posten : 1. Vorstudien, Ausführungspläne, Bauleitung, Kapitalbeschaffung, Zinse etc Fr. 5,000 2. Geleiseanlage ., 25,000 3. Elektrische Einrichtung '.n 20,000 4. Wagenremise und Werkbank ,, 5,000 5. 2 Motorwagen ,, 30,000 6. Unvorhergesehenes ,, 8,000 Total

Fr. 93,000

oder per Kilometer Fr. 80,870.

Die Betriebseinnahmen werden wie folgt berechnet: 1. Personenbeförderung(30,OOOPersonena20Rappen) Fr. 6000 2. Gepäcktransport 3000 fl 3. Verschiedenes 500 Total \.

2.

3.

4.

5.

Fr. 9500

Die Betriebsausgaben werden folgendermaßen veranschlagt: Verwaltung Fr. 1000 Unterhalt und Bahnaufsicht .n 1000 Expeditions- und Zugsdienst ,, 1000 Fahrdienst ., 2000 Verschiedenes ,, 500 Total

Fr. 5500

Der Einnahmenüberschuß würde demnach Fr. 4000 betragen, woraus nach Speisung eines Reserve- und eines Erneuerungsfonds ca. 4 °/o Dividende ausgerichtet werden könnten.

Das Konzcssionsgesuch wurde der Regierung des Kantons Bern zur Vernehmlassung mitgeteilt und diese eingeladen, sich seiner Zeit auch über die Frage der Straßenbenützung auszusprechen. Unterm 10. Februar 1900 erklärte der Regierungsrat, die zunächst inter-

1027 essierte Gemeinde Spiex empfehle das Gesuch und auch er erhebe keine Einwendung. Gleichzeitig legte er ein Pflichtenheft vor, welches über die Benützung der öffentlichen Straßen für den Bau und Betrieb der projektierten Bahn aufgestellt worden war.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden am 8. März 1900 statt und endigten mit der allseitigen Zustimmung zu dem nachstehenden Konzessionsentwurf. Eine Differenz bestand anfänglich mit Bezug auf die Spurweite, welche, laut Artikel 5 des kantonalen Pflichtenheftes 80 Centimeter betragen sollte, wogegen aber die technische Abteilung des Eisenbahndepartements Einspruch erhob, indem sie hauptsächlich geltend machte, daß sich die Motoren und Bremsen auf den Achsen nicht so gut anbringen lassen wie bei der Meterspur, und daß es gerade im vorliegenden Falle, wo Steigungen bis zu 8 % vorgesehen seien und deshalb besondere Bremsen, vielleicht noch eine Sicherheitsbremse, angebracht werden müßten, schwer halten würde, bei einer Spurweite von nur 80 Centimetern diese Konstruktionen richtig auszuführen. Daraufhin erklärte sich der Vertreter der Kantonsregierung mit einer Änderung des Pflichtenheftes im Sinne der Gestattung der Meterspur bereit und es wurde diese Änderung mittelst eines Nachtrages vom 9. März abhin durchgeführt.

Die Bestimmungen des Konzessionsentwurfes sind den besonderen Verhältnissen einer Straßenbahn mit Tramwaybetrieb angepaßt (eine Wagenklasse ; keine Retourbillete ; weder Güternoch Viehtransport) und weichen in nichts von den Konzessionen für andere Unternehmungen gleicher Art ab. Wir empfehlen Ihnen daher Zustimmung zum Entwürfe und benützen auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den ID. März 1900.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

.Haus er.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

1028 fEntwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Straßenbahn in Spiez.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn Rudolf v. Erlàch, Ingenieur in Spiez, vom 1. September 1899; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 19. März 1900, beschließt: Dem Herrn Rudolf v. E r l a c h , Ingenieur in Spiez, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen S t r a ß e n b a h n in Spiez, von der Dampfbootlände zum Bahnhof, unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehürden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Bisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Site der Gesellschaft ist in Spiez.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerhi'irgern, welche ihren "Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

1029 Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten ·der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen einem Jahre, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt bloß die Beförderung von Personen und Gepäck. Zum Güter- und Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

1030 Art. 13. Die Gesellschaft jhat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, dürfen diese erst nach ihrer Genehmigung durch den Bundesrat eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft kann den Betrieb auf die Sommersaison beschränken. Es ist ihr im allgemeinen anheimgostellt, die Anzahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten zu bestimmen.

Jedoch sind alle Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen w.erden.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen eine Taxe von 20 Rappen für die ganze Bahnlänge zu beziehen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrat zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillette zu ermäßigter Taxe auszugeben.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts zu zahlen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 20 Rappen für Kolli bis zu 50 Kilogramm und von 30 Rappen für schwerere Kolli bezogen werden.

Art. 17. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 18. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 19. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine

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Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem ßundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 21. In Bezug auf die Benützung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Bestimmungen der Übereinkunft und des Pflichtenheftes vom 21. Januar 1900, vom Regierungsrat des Kantons Bern unterm 10. Februar 1900 genehmigt, sowie des Nachtrages hierzu vom 9. März 1900, soweit diese Bestimmungen nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 22. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre Sonach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf l. Mai eines Jahres erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

1032 e. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen 10 Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 221/2fachen Wort -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages -- unter Abzug der Erneuenmgs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte EisenbahnuntcrnehmunffO mit AusSchluß aller ändern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der EntscheidungO des Bundes°-erichtes.

O Art. 23. Hat der Kanton Bern oder die Gemeinde Spiez den Rückkauf der Bahn auf Grund der im Art. 21 erwähnten Übereinkunft bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 22 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton Bern oder die Gemeinde Spiez hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dein Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesollschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 24. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn in Spiez. (Vom 19. März 1900.)

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