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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrates, (Vom 16. Juni 1900.)

Der schweizerische Bundesrat hat den Rekurs des Karl Ludwig Baur, Weinbergstraße 20 in Zürich I, gegen den Entscheid der Direktion der Volkswirtschaft des Kantons Zürich, vom 2. April 1900, das Handelsregister betreffend, gestützt auf folgende Erwägungen für begründet erklärt und die angefochtene Verfügung der Direktion der Volkswirtschaft des Kantons Zürich, vom 2. April 1900, aufgehoben.

I. Über die Fälle, in denen Kollektivgesellschaften von Amtes wegen zu löschen sind, sagt Art. 28 der Verordnung über Handelsregister und Handelsamtsblatt, vom 6. Mai 1890, Ziffer 3 : ,,Wenn der Geschäftsbetrieb einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft infolge Todes, Wegzuges, Konkurses oder Bevormundung sämtlicher Gesellschafter aufgehört hat und die zur Löschung Verpflichteten hierzu nicht angehalten werden können."

Dieser Fall liegt hier nicht vor. Vielmehr sind die beiden Gesellschafter bekannt und habhaft, nur verweigert der eine seine Mitwirkung zu der Löschung.

Nun sehreibt Art. 579 des Obligationenrechtes betreffend die Kollektivgesellschaft vor: ,,Die Auflösung der Gesellschaft muß in das Handelsregister eingetragen werden". Und Art. 552, Abs. 2, sagt: ,,Die Mitglieder einer solchen Gesellschaft haben dieselbe (die Gesellschaft nämlich) in das Handelsregister eintragen zu lassen.a Solange die Gesellschaft besteht, muß sie somit im Handelsregister eingetragen sein ; die Löschung kann erst nach der Auflösung stattfinden. Die Auflösung braucht aber mit dem Aufhören des Geschäftsbetriebes nicht zusammenzufallen, sie kann vielmehr auch erst später erfolgen, nachdem der Geschäftsbetrieb bereits .aufgehört hat. Auf die Thatsache des Aufhörens des Geschäftsbetriebes kann daher nicht abgestellt werden.

In concreto wird vom Rekurrenten die Thatsache der Auflösung der Gesellschaft bestritten. Die Parteien haben sich daher über die Frage, ob die Gesellschaft aufgelöst und die Firma zu streichen sei, auf dem Prozeßwege auseinanderzusetzen. Die Verwaltungsbehörden können sich hier nicht einmischen.

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II. Thatsächlich ist in Sachen bereits ein gerichtliches Urteil ergangen, und zwar zu gunsten des Rekurrenten, indem der Audienzrichter des Bezirksgerichts Zürich am 11. November '1899 das gegen Karl Ludwig Baur von Hanna Steiner-Schellenberg gestellte Begehren um Erkennung auf Löschung der Firma Baur & Cie.,, Möbelfabrik, als illiquid abgewiesen hat.

Der Erklärung des Advokaten Dr. Bindschedler kann keine Bedeutung beigemessen werden, da a. dessen Legitimation zur Vertretung nicht nachgewiesen ist; &. dieselbe durch die nachherige Haltung des Rekurrenten und das citierte Urteil desavouiert ist, und c. die entsprechenden Anmeldungen zum Handelsregister nicht durch Dritte erfolgen können, sondern durch die Beteiligten selbst zu unterzeichnen sind (Bundesbl. 1890, II, 172/173).

(Vom 19. Juni 1900.)

An die Kosten nachstellend angeführter Alpverbesserungsprojekte im Kanton Unterwaiden nid dem Wald werden, unter der Bedingung gleich hoher kantonaler Leistungen, Bundesbeiträgevon je 20 °/o in unten angegebenem Höchstbetrag in Aussicht gestellt : 1. Herrn M. Achermann für Räumungsarbeiten auf dem ,,Alpeli", Gemeinde Dallenwil, im Maximum Fr. 218; 2. Herrn Dominik Arnold, Diegisbalm, Wolfenschießen, für Düngerweganlagen und Steinabränmung auf der Oberalp, im Maximum Fr. 296 ; 3. Ratsherr Anton Zumbühl, Wolfenschießen, für eine eiserne Wasserleitung auf der Alp Tritt, im Maximum Fr. 114; 4. Herren Gebrüder Odermatt, Dallenwil, für Entwässerung, sowie für eine Dünger- und Weganlage auf der Alp Eschlen, im Maximum Fr. 536.

Mit Note vom 24. Mai / 6. Juni 1900 erklärt das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten von Montenegro im Namen seiner Regierung den Beitritt dieses Staates zu dem Übereinkommen von Washington betreffend den Geldanweisungsdienst.

Dieser Beitritt wird den Regierungen der am Übereinkommen betreffend den Geldanweisungsdienst teilnehmenden Länder notifiziert.

497 Dem Verbände gehören nunmehr folgende Staaten an : Deutschland und die deutschen Schutzgebiete, die Argentinische Republik, Österreich, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Bulgarien, Chile, Dänemark und die dänischen Kolonien, Ägypten, Frankreich, Griechenland, die Republik Honduras, Ungarn, Italien, Japan, die Republik Liberia, Luxemburg, Montenegro, Norwegen, Niederlande, die niederländischen Kolonien, Peru, Portugal und die portugiesischen Kolonien, Rumänien, Salvador, Serbien, das Königreich Siam, Schweden, die Schweiz, die Regentschaft Tunis und Uruguay.

Den Regierungen der dem Weltpostverein angehörenden Länder wird von dem mit Note vom 2. Mai 1900 erklärten Beitritt der Republik Nicaragua zum Weltpostvertrag vom 15. Juni 1897 Kenntnis gegeben.

Dem Weltpostverein gehören nunmehr folgende Staaten an: Deutschland und die deutschen Schutzgebiete, die Vereinigten Staaten Amerikas, die Inseln Hawai, Cuba, Portorico, die Philippinen und die Insel Guani, die argentinische Republik, Österreich, Belgien, Bolivia, Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Bulgarien, Chile, die Republik Columbia, der unabhängige Kongostaat, das Kaisertum Korea, die Republik Costa-Rica, Dänemark und die dänischen Kolonien, die Dominikanische Republik, Ägypten, Ecuador, Spanien und die spanischen Niederlassungen im Meerbusen von Guinea, Frankreich, die französischen Kolonien, Großbritannien und die verschiedenen britischen Kolonien, britisch Indien, die britischen Kolonien von Australasien, Canada, die britischen Kolonien von Südafrika, Griechenland, Guatemala, die Republik Haiti, die Republik Honduras, Italien, Japan, die Republik Liberia, Luxemburg, Mexiko, Montenegro, Nicaragua, Norwegen, der Oranje-Freistaat, Paraguay, Niederlande, die niederländischen Kolonien, Peru, Persien, Portugal und die portugiesischen Kolonien, Rumänien, Rußland, Salvador, Serbien, das Königreich Siam, die südafrikanische Republik, Schweden, die Schweiz, die Regentschaft Tunis, die Türkei, Ungarn, Uruguay und die Vereinigten Staaten von Venezuela.

(Vom 21. Juni 1900.)

Der schweizerische Rundesrat hat den Rekurs des Gustav R i t t e r m a n n , gewesenen Spezereihändlers, von Zürich, Liegen-

498 schaften-Spekulanten, Dufourstrasse 197 in Zürich V, gegen den Entscheid der Direktion der Volkswirtschaft des Kantons Zürich, vom 12. Februar 1900, seine E i n t r a g u n g i n das H a n d e l s r e g i s t e r betreffend, gestützt auf folgende Erwägungen als unbegründet abgewiesen.

I.

Vom Rekurrenten sowohl, als auch, wenigstens was den einen Fall betrifft, von der Vorinstanz, wird auf KW ei frühere Entscheide des Bundesrates hingewiesen. Es handelt sich um die Schlussnahme vom 28. Februar 1890 in Sachen der Baumeister Seheior, Dütscher und Aider in St. Gallon (Schweiz. Handelsamtsblatt 1890, Nr. 32, S. 180; Bundesbl. 1891, II, 578/579) und um diejenige vom 4. Februar 1896 in Sachen Konstantin Bizozzero in Zürich III.

die bisher nicht veröffentlicht worden ist.

a. Der Entscheid vom 28. Februar 1890 kann nur insofern zum Vergleich herangezogen werden, als die, Vorinstanz die Eintragspflicht Rittermanns aus dem Umstand herleitete, daß derselbe gewerbsmäßig und auf eigene Rechnung Häuser erstolle, um sie hernach zu verkaufen. Im Falle Seheior, Dütscher und Aider wurde für diesen Fall unter gewissen Voraussetzungen das Vorhandensein der Eintragspflicht angenommen. Allein der Entscheid ist hier trotzdem ohne wesentliche Bedeutung, weil es sieh bei demselben um andere thatsächliche Verhältnisse handelte. Scheier, üütscher und Aider waren Baumeister und führten den Bau der zu verkaufenden Häuser selbst aus. Sie waren Bauunternehmer, und es handelte sich also um "Baugeschäfte".

Ritter mann alter ist il O nicht Baumeister und hat die auf seine Rechnung gebauten Häuser nicht selbst aufgebaut, sondern durch das Baugeschäft Noli & Cie.

erstellen lassen.

b. Anders verhält es sich in Sachen Bizozzero. Derselbe betrieb ähnlich, wie Rittermann, den Ankauf von Liegenschaften, um dieselben mit Gewinn wieder HU veräußern. Immerhin hielt sich seine diesbezügliche geschäftliche Thätigkeit in viel bescheidenerem Kahmen. Der Bundesrat nahm damals an, daß Bizozzero den An- und Verkauf von Liegenschaften gewerbsmäßig betreibe, verneinte aber trotzdem das Vorhandensein der Pflicht zur Eintragung. Der Entscheid ist folgendermaßen motiviert: .ni. Das Gesetz v e r l a n g t . . . . ein n a c h k a u f m ä n n i s c h e r Art geführtes Gewerbe. Diese gesetzliche Bestimmung wurde in der bisherigen Praxis so interpretiert, daß es sich nicht um ein

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im gegebenen Fall nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe handle, sondern um ein Gewerbe, das seiner Natur nach eine kaufmännische Art des Betriebes erfordert. Das Hauptkriterium eines nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes ist aber das Erfordernis einer geordneten Buchführung.

,,2. Wer mit Liegenschaften, wenn auch gewerbsmäßig, spekuliert, kann sich auf einige wenige Operationen jährlich beschränken; seine Vermöa'ensverhältnisse können dabei sehr einfach und überO sichtlich bleiben. Er kann also die beste Ordnung in seinen Vermögensverhältnissen haben, ohne einer Buchführung zu bedürfen.

,,3. Allerdings wird er in der Regel häufig fremden Kredit in Anspruch nehmen müssen, und dieser Umstand macht im allgemeinen eine Buchführung notwendig. Einem Liegenschaftenspekulanten wird aber in grüßerm Umfange Kredit nur bei jedem einzelnen Ankauf gegen Hypothek auf die angekauften Liegenschaften gewährt. Der Gläubiger verläßt sich nicht auf die sich aus der übrigen Geschäftsführung ergebende persönliche Kreditwürdigkeit des Schuldners. Er hat auch kein besonderes Interesse daran, zu wissen, ob im übrigen der Schuldner zahlungsfähig ist, da sich seine Sicherheit nicht auf die allgemeine Vermögenslage des Schuldners stützt, sondern hauptsächlich auf den Wert des ihm verpfändeten Grundstückes.

.(14. Aus der Natur eines solcherweise betriebenen Spekulationsgeschäftes geht also nicht hervor, daß es eine kaufmännische Art des Betriebes fordert. Der Rekurrent ist daher nicht verpflichtet, sieh iu das Handelsregister eintragen zu lassen."

II.

Nach diesem Entscheide (vom 4. Februar 1896) müßte der vorwürfige Rekurs begründet erklärt werden.

Allein mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Verhältnisse im Liegenschaftenhandel und in Würdigung der von der Direktion der Volkswirtschaft des Kantons Zürich in ihrer Vernehmlassung geltend gemachten Gründe, erscheint es am Platze, seine Motive einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen.

a. Der Grundsatz, daß nur solche Geschäfte als nach kaufmännischer Art geführt zu betrachten seien, welche einer kaufmännischen Buchführung bedürfen, darf nicht ohne weiteres als richtig anerkant werden. Und er kann auch aus dem Entscheide in Sachen ßizozzero nicht abgeleitet werden. Wohl wurde ange-

500 nommen, daß für Gewerbe, die eine kaufmännische Buchführung aufweisen, unter gewissen Voraussetzungen (Art. 13, letzter Absatz, der Vorordnung über das Handelsregister) die Eintragungspflicht besteht. Der Bundesrat ist aber auch bereits weiter gegangen, indem er die Eintragungspflicht nicht bloß in solchen Fällen bejahte, wo thatsächlich eine solche Buchführung existiert, sondernauchi da, wo sie sich bloß als nötig erweist. Es wäre nun zwarverfehlt., daraus die Konsequenz zu ziehen, daß gewerbsmäßige Operationen, bei denen eine kaufmännische Buchführung im strengen Sinne des Wortes thatsächlich oder scheinbar sich nicht als notwendig erzeigt, von der Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister entbunden seien. Auch die Eigenart eines Geschäftsbetriebes ist in Betracht zu ziehen. Wie die Vorinstanz richtig betont, bildet nicht das Bedürfnis einer kaufmännischen Buchführung, sondern die N a t u r und der Umfang der geschäftlichen Operationen das Kriterium eines nach kaufmännischer Art geführten Geschäftes.

Je nach der Natur eines Gewerbes ist das Bedürfnis nach einer kaufmännischen Buchführung ein verschiedenes. Betriebe, in welchen nur wenige aber große Operationen nötig und möglich sind, erfordern eine solche Buchführung nicht von vorneherein, wenn sich d i e Schuld- u n d Forderungsverhältnisse m i t Rücksicht a u f das unter Umständen beim Liegenschaftshandel dor Fall ist. Im Kleinverkehr mit vielen Verbindungen dagegen wird eine geordnete Buchführung auch dann nötig sein, wenn die Gesamtsumme der geschäftlichen Ergehnisse zu keiner erhebliehen Höhe anwächst und daher von einer wirklich kaufmännischen Art des Gewerbebetriebes keine Rede sein kann (Kleinkrämer u. dgl.)In concreto dürfte übrigens das Bedürfnis nach einer geordneten Buchführung thatsächlich vorhanden sein, wenn dies der Rekurrent auch bestreitet. Bei seinem ausgedehnten Liegenschaftenbesitz und -handel kann Rittermann, wenn er seine Angelegenheiten mit der Sorgfalt eines guten Hausvaters besorgen will, einer Buchführung kaum entraten. Einerseits ist er mehrfacher Hypothekenschuldner ; und er muß sich genau Rechenschaft darüber geben können, welche Summen und auf welche Termine er dieselben zu leisten hat. Anderseits wird er bei Verkäufen auch Hypothekargläubiger, und gegenüber den vielen Mietern seiner zahlreichen Häuser
erwachsen ihm eine große Menge von Forderungen. Der joderzeitige sofortige Überblick über die Schuld- und Forderungsverhältnisse ist daher ohne Buchführung; nicht möglich.

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ö. Wenn in Sachen ßizozzero seiner Zeit angenommen wurde, daß es sich bei dem Verkehr mit Liegenschaften nicht um Personalkredit handle, sondern um Realkredit, so mag das im damaligen Specialfalle und unter den damaligen Verhältnissen richtig gewesen sein. Jedenfalls kann aber darauf im vorliegenden Falle und im gegenwärtigen Zeitpunkt, wo die Liegenschaften-Spekulation einen geradezu bedrohlichen Umfang angenommen hat, nicht mehr abgestellt werden. Mitte der 90er Jahre gingen die Wogen der Liegenschaften-Spekulation speciell in Zürich am höchsten, und Grund und Boden selbst genoß bei rapid steigenden Preisen thatsächlich einen ans fabelhafte grenzenden Kredit, auch in den Händen ganz insolventer Spekulanten. Heute ist dies anders. Gerade in der jetzt herrschenden Krisis nach der Überspekulation der letzten Jahre spielt der persönliche Kredit des Schuldners eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mancher der großen Spekulanten hält sich vermöge seines persönlichen Kredites noch Monate lang über Wasser, wenn sein Pfandkredit infolge des Sinkens der Liegenschaftspreise längst erschöpft ist. Diesem Unstande ist es denn auch zuzuschreiben, daß die Opfer schwindelhafter Spekulationen sich nicht einzig aus Leuten rekrutierten, welchen ein Urteil über des Pfandobjekt abgeht, sondern daß auch erfahrene und vorsichtige Geschäftsleute und Banken schwer zu Schaden gekommen sind.

Daß der Rekurrent selbst durchaus persönlichen Kredit ebenfalls beanspruchen muß, geht übrigens schon daraus hervor, daß er zur Deckung seiner Verbindlichkeiten gegenüber den Agenten, die er in seinem Handel in Anspruch nehmen muß, genötigt ist zum Wechselverkehr seine Zuflucht zu nehmen. Im weitern anerkennt Rittermann selbst, daß er in der Lage sei, von der Wohlthat des Art. 123 Betreibungsgesete Gebrauch zu machen, welche ihm gestattet, seinen fälligen Verbindlichkeiten in Katenzahlungen nachzukommen. Das Geld zur Leistung dieser Ratenzahlungen kann er aber zum größten Teil jedenfalls nur auf seinen persönlichen Kredit hin erhältlich machen.

c. Die dem Entscheide in Sachen ßizozzero zu Grunde liegenden Motive dürfen daher nicht mehr als maßgehond gelten. A u c h e in Li e g e n s c h a f t e n - S p e k u l a n t u nd - H ä n d l e r muß zur E i n t r a g u n g in das Handelsregister v e r h a l t e n werden, wenn er seine Operationen gewerbsmäßig betreibt.

III.

1. Art. 13 der Verordnung über das Handelsregister und das Handelsamtsblatt, vom 6. Mai 1890, zählt einige Gewerbe auf,

502 deren Betrieb dio Eintragspflicht begründet. Diese Auszälung ist aber, wie die Vorinstanz mit Recht betont, keineswegs erschöpfend.

Die Verordnung will nur Beispiele geben. Es geht dies aus der Redaktion des Eingangssatzes zum 2. Absatz des Art. 13 deutlich hervor, wo nicht etwa gesagt wird: "Gewerbe, deren Betrieb gemäß O.-R. 8()5, Absatz 4, die Eintragungspflicht begründet, sind:" .sondern : ,,. s i n d i n s b e s o n d e r e : " etc. G ewerbe, die im citierten Art. 13 nicht aufgeführt werden, sind deshalb von der Eintragungspflicht keineswegs befreit, wenn sie als Handels-, Fabrikations- oder sonst nach kaufmännischer Art geführte Geschäfte erscheinen. Die Voraussetzungen für die Begründung der Eintragungspflicht im Sinne des Art. 865, Absatz 4, O.-R., lassen sich nun aus den verschiedenen Enumerationen des cit. Art. 13 der Verordnung in folgende Momente allgemeiner Natur zusammenfassen : «. Betrieb eines Handels-, Fabrikations- oder eines andern nach kaufmännischer Art geführten Geschäftes ; b. Gewerbsmäßigkeit des Geschäftsbetriebes ; und c. unter Umständen : Halten eines ständigen Bureaus, bezw.

Verkaufsmagazins.

üb ein Geschäft als ein Handelsgeschäft, bezw. als nach kaufmännischer Art geführtes anzusehen sei, ist, wie oben unter litt. B, Ziffer III, ff, erörtert nicht von dein Umstände abhängig, ob es eine kaufmännische Buchführung im strengen Sinne des Wortes bedingt; dies ist vielmehr nach Art und Umfang des Geschäftsbetriebes zu entscheiden. Hinsichtlich des Umfanges stellt Art. 13, letzter Absatz, der Verordnung, eine Minimalgrenze fest, indem in einigen Gewerbegruppen Betriebe mit einem den Betrag von Fr. 10,000 nicht erreichenden Jahresumsatz und in gewissen Kategorien auch .solche mit einem Warenlager im Durchschnittswert von weniger als Fr. 2000 als nicht eintragspflichtig erklärt werden.

2. «. In concreto handelte es sich um den Betrieb eines Handels mit Liegenschaften, also n in ein H a n d e l s g e w e r b e . Ob ein Spekulant bereits überhaute Grundstücke kauft und unverändert weiter veräußert, oder aber auf unbebautem Grund nnd Boden Häuser erstellen läßt und dann weiter verkauft, ist gleichgültig ; es ändert den Charakter seiner Operationen nicht.

Liegenschaften sind nun allerdings keine Waren im herkömmlichen Sinne des Wortes, keine Gegenstände des Handelsverkehrs.

Allein infolge der stets überhandnehmenden Spekulation sind sie nach und nach thatsächlich zur Handelsware dadurch geworden,

503 daß sic mit großer Leichtigkeit von Hand zu Hand übertragen werden. Sie verlieren allerdings den Charakter der unbeweglichen Sache nicht; aber beim Erwerb ist von vornherein der Zweck nicht darauf gerichtet, die Liegenschaft ihrem Charakter nach, sei es zur dauernden Verwendung als Stätte menschlichen Wohnens und Arbeitens oder zur landwirtschaftlichen Produktion zu verwenden, sondern darauf, durch möglichst rasche Weiterveräußerung aus der Handänderung Gewinn zu ziehen. Handel und Spekulation mit Liegenschaften nehmen so den Charakter eines Gewerbes an und begründen daher die Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister, wenn sie in dieser Weise gewerbsmäßig betrieben werden.

Es ist also eine Thatfrage, ob im einzelnen Falle der Handel mit Liegenschaften den Charakter einer gewerbsmäßigen Thätigkeit annimmt.

b. Den Begriff des Wortes ,,gewerbsmäßig" kann man ,,. . . in verschiedenen Gegensätzen aufsuchen, z.B. dem h ä u f i g e n Abschluß von Handelsgeschäften gegenüber einzelnen nur selten bethätigten Geschäftsabschlüssen, oder in regelmäßig ausgeübter Thätigkeit gegenüber der gelegentlich gemachter Geschäfte; in der Absicht, den ständigen Lebensunterhalt aus dem Geschäftsbetriebe zu ziehen, gegenüber derjenigen, nur einen momentanen Gewinn aus dem vorgenommenen Geschäfte zu erzielen u. s. w. Allein keiner dieser Gegensätze deckt den Begriff vollkommen ; vielmehr ist dies alles zusammenzufassen u n d d e r G e s c h ä f t s b e t r i e b d a n n a l s e i n g e w e r b s m ä ß i g e r zu e r a c h t e n , w e n n e i n e P e r s o n d a r i n ihren Beruf und die N u t z b a r m a c h u n g ih r es Verm ö g e n s und ihrer Arbeitskraft sucht, w e n n si e da r in i h r e s o c i a l e E x i s t e n z b e g r ü n d t " . 1 . So A n s c h ü t z gesetzbuch, I, 36. Ähnlich S t a u b , Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 6. und 7. Auflage, T, 43: ,,Zur Gewerbemäßigkeit gehört, daß die Absicht nicht auf einzelne Geschäfte, sondern einheitlich auf einen ganzen Komplex von Geschäften gerichtet ist, und daß ferner die Absichdahinin geht, aus dieser Thätigkeit eine dauernde Einnahmsquelle zu machen". In gleichem Sinne sprechen sich z. B. auch E n d e m a n n (Handbuch, I, 68, 137)Gold-ds c h m i d t , p. 334, Ma ko w e r , Kommentar, Note 6 zu Art. 4, aus.

Hiernach ist die Geschäftsthätigkeit Rittermanns
zweifellos als eine gewerbsmäßige zu betrachten. Anfänglich handelte es sich hei seinen Käufen und Verkäufen offenbar allerdings nur um Gelegenheitsgeschäfte. Wie sich aus den in den Akten enthaltenen Feststellungen ergiebt, wurden dieselben aber immer häufiger und

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nahmen bald den Charakter der Gewerbsmäßigkeit an. Die Liegenschaftsspekulation ist die dauernde Einnahmequelle des Rekurrenten, und in ihr sucht er seine sociale Existenz.

3. Die Einrede, daß er ein eigenes Bureau nicht besitze, isi bedeutungslos, denn wenn die Verordnung in Art. 13 von einein "ständigen Bureau" spricht, das sie für gewisse Kategorien von Geschäften als eine der Voraussetzungen für Begründung der Eintragspflicht aufstellt, so kann es sich nur um ein ständiges L o k a l handeln, gegenüber dem Handel unter freiem Himmel, dem Handel im Umherziehen (Hausieren), der Höckerei etc. Endemann sagt hierüber in seinem Handbuch, Bd. I, p. 172: ,,Als stehenden Handelsbetrieb bezeichnet man dio Ausübung des gewerblichen Handels in einem den Mittelpunkt der kaufmännischen Thätigkeit bildenden örtlich unveränderlichen Etablissement. Es gehört also dazu ein L o k a l ; nicht gerade Laden oder Comptoir, aber doch ein Etablissement. Handel unter freiem Himmel, wenn auch joden Tag an derselben Straßenecke, ist kein stehender Handelsbetrieb".

Und weiter, derselbe, p. 183 : ,,Indem sich der Kaufmann etabliert, wählt er damit einen Mittelpunkt für seine geschäftliche Thätigkeit.

Dieser k a n n m i t seinem persönlichen Wohnorte, s e i n e m D o m i zil als P r i v a t m a n n , welches der örtliche Mittelpunkt der Gesamtheit seines Vermögens und seiner Rechtsverhältnisse ist, z u s a m m e n fa 11 e u ".

Auf diesen Boden hat sich der Bundesrat schon in seinem Entscheide vom 20. Dezember 1897 in Sachen Otto Käseberg Bestellt, der in La Chaux-de-Fonds, wo er zur Eintragung in das Handelsregister angehalten wurde, lediglich ein möbliertes Zimmer inné hatte, wo er 2--3 Tage in der Woche zu treffen war, während er sich die Übrige Zeit auf der Reise befand. Der Entscheid sagt hierüber : ,,Es würde daher gegen den Sinn und Geist des Gesetzes verstoßen, wenn man ihn bloß deshalb von der Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister entbinden wollte, weil er in seinem Domizil nicht beständig anzutreffen ist und er keinen Angestellten beschäftigte. Er hat übrigens thatsächlich ein ständiges Bureau am Orte seiner Niederlassung, an welchem er sich, aneli den Behörden gegenüber als selbständiger Kaufmann bezeichnet hat, ein Lokal (seine Wohnung), das ihm als Bureau dient und wo er in ziemlich regelmäßig
wiederkehrenden kurzen Intervallen zu treffen ist. Ob er für den Fall seiner Abwesenheit einen Stellvertreter in demselben zurücklasse oder nicht, ist unerheblich". (Bundesbl. 1897, IV, 1433; Handelsamtsblatt Kr. 321, vom 30. Dezember 1897, pag. 1317.)

505 IV.

Es könnte noch die Frage aufgeworfen werden, ob der Rekurs nicht aus einem Grunde formalistischer Natur gutzuheißen sei.

Die Vorinstanz hat nämlich den Rekurrenten nicht deshalb als eintragspüichtig erklärt, weil er den Liegenschaftenhandel betreibt, sondern weil er auf seinen Liegenschaften gewerbsmäßig Häuser erbaue, um sie weiter zu veräußern. Diese Motivierung ist nicht richtig, da aus dem einzigen Falle, wo Rittermann vier Häuser durch die Firma Noli & Cie. hat bauen lassen, noch nicht auf die Gewerbsmäßigkeit dieser Thätigkeit geschlossen werden kann.

Allein einmal handelt es sich bloß darum zu konstatieren, ob Rittermann überhaupt eintragspflichtig sei. und dann hat sich der Bundesrat mit der Prüfung der Fragen der Eintragspflicht v o n A m t e s w e g e n zu befassen und somit bei Versäumung der Eintragspflicht auch von Amtes wegen einzuschreiten. Laut Art. 859, Abs. 4, 865, Abs. 4, und 893 O.-R. ist auch der Bundesrat ,,Registerbehörde"', und demselben ist die Pflicht zum Einschreiten durch Art. 862, 864 und 875 O.-R. von Amtes wegen überbunderi.

Er muß daher die Pflicht zur Eintragung aussprechen, wenn sich' diese Pflicht aus den ihm unterbreiteten Akten ergiebt, auch wenn die Vorinstanz ihren Entscheid unrichtig begründet hatte.

Gemäß Art. 26, Abs. 6, der Verordnung über das Handelsregister und das Handelsamtsblatt, vom 6. Mai 1890, ist daher der Rekurrent Gustav Rittermann von Amtes wegen in das Handelsregister einzutragen.

Die Herren F. T r e f z e r und F. R o s s e l e t werden als Delegierte des Bundesrates an den vom 25.--30. Juni in Paris stattfindenden Kongreß für Lebensversicherungswissenschaft abgeordnet.

In die Sehätzungskommission für das Eisenbahnunternehmen Erlenbach-Zweisimmen werden gewählt: Als II. Mitglied Herr Oberrichter Hans Rohr-Baumann in Aarau ; als I. Ersatzmann Herr J. Fellmann, Rigibahndircktor in Vitznau; als II. Ersatzmann Herr V. Schwander, Nationalrat in Galgenen.

(Vom 25. Juni 1900.)

Der Gesellschaft für Hebung der Pferdezucht der romanischen Schweiz wird zu Vermehrung der Preise im Trabrennen mit inländischen Pferden, die von vom Bunde importierten oder anerkannten Hengsten abstammen, ein Beitrag von Fr. 1000 bewilligt.

506 Herr Oberst im Generalstab H u b er in St. Gallen wird unter die nach Art, 58 der Militärorganisation zur Disposition stehenden Offiziere versetzt.

In Ersetzung des verstorbenen Herrn Dr. Eugen Escher wird als Vertreter des Bundes in den Verwaltungsrat der Vereinigten Schweizerbahnen Herr alt Nordostbahndirektor Eduard Russe n 1) e r g e r in Zürich gewählt.

Herr Dr. .med. Heinrich S c h n y d e r - O c h s e n b e i n , gewesener Oberfeldarzt, von Port, Kanton Bern, sei., hat dem eidg.

Winkelriedfonds ein Vermächtnis von Fr. 80,000 gemacht, das mit der Ausrichtung von Leibrenton im Betrage von Fr. 2800 belastet ist.

Wahlen.

(Vom 21. Juni 1900.)

Finanz- und Zolldepartement.

Z o 11 v e r w a 11 u ng.

Kanzlisten II. Klasse der Oberzolldirektion, Abteilung Handelsstatistik : Herr Heinrich Züttel, von Lüscherz (Bern).

,, Hans Glieder, von Rünenburg (Baselland).

Post- und Eisenbahndepartement.

Postcommis in Zürich:

Postverwaltung.

Herr Ernst Fausch, von Männedorf (Zürich), Postaspirant in Zürich 7.

,, Jules Jetzer, von Lengnau (Aargau), Postaspirant in Serrières.

,, Hermann Merk, von Rheinan (Zürich), Postaspirant in Zürich.

., Jean Witzig, von Uhwiesen f Zürich).

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