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Bundesratsbeschluß über

die Beschwerde des J. Bodevin, Unternehmer in Freiburg, betreffend Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit (Verweigerung einer Konzession zum Betrieb eines Hotels).

(Vom 23. Januar 1900.)

Der schweizerische Bundesrat hat über die Beschwerde des J. Bodevin in Freiburg betreffend Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit (Verweigerung einer Konzession zum Betrieb eines Hotels), auf den Bericht seines Justiz- und Polizeidepartemente, folgenden Beschluß gefaßt: A.

In thatsächlicher Beziehung wird festgestellt: I.

Am 5. September 1899 reichte Joseph Bodevin, Unternehmer, in Freiburg, beim Bundesrate einen Rekurs gegen einen Entscheid des Staatsrates des Kantons Freiburg, vom 17. Juni, mitgeteilt am 7. Juli 1899, ein, wodurch ihm die Konzession A (Betrieb eines Hotels), wie sie in Art. 2 des freiburgischen Wirtschaftsgesetzes vom 28. September 1888 vorgesehen ist, verweigert wurde.

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In der Rekursbeschwerde ist der Schluß gestellt: A ce qu'il plaise au haut Conseil Fédéral d'annuler la décision du Conseil d'Etat de Fribourg du 7 juillet 1899 et partant d'inviter le dit Conseil d'Etat à accorder à Joseph Bodevin la concession A pour la construction de l'Hôtel Richemond, dans le sens des plans présentés et sous les réserves d'usage quant aux visites de police une fois la construction terminée.

Zur Begründung wird angeführt: Am 12. Februar 1899 reichte Joseph Bodevin dem Staatsrate des Kantons Freiburg ein Gesuch um Erteilung einer Konzession A für ein im Quartier Richemond-Beauregard in der Stadt Freiburg vis-à-vis dem Bahnhof ZM errichtendes Hotel ein. Danach sollte das Hotel an die Kreuzung der Straßen von Bulle und Romont zu liegen kommen, als Hotel I. Ranges eingerichtet werden, welches bis dahin in Freiburg gefehlt habe, und sollte zur Verschönerung der Stadt dienen. Zur Unterstützung des Gesuches wurden die Situations- und Konstruktionspläne eingelegt.

Dieses Konzessionsgesuch hatte Herr Bodevin vorher dem Gemeinderate der Stadt Freiburg unterbreitet, welcher folgendes Gutachten darüber abgab: Quo M. Joseph Bodevin, entrepreneur, jouit d'une réputation honorable et n'a jamais donné lieu à aucune plainte contre sa conduite ; qu'il remplit les conditions de l'art. 10 de la loi du 28 septembre 1888 et qu'on ne peut lui opposer aucun des motifs d'exclusion prévus à l'art. 11 de dite loi; que les plans qu'il présente sont conformes aux prescriptions légales en ce qui concerne les dimensions des locaux; que l'hôtel projeté sera un embellissement pour le quartier de Beauregard, qu'il attirera et retiendra des étrangers à Fribourg par le confortable qu'ils y trouveront et contribuera au développement industriel et commercial de la Ville.

Das Gutachten des Regierungsstatthalters kennt der Rekurrent nicht, da ihm dasselbe nicht mitgeteilt worden ist. Der Gemeinderat ist aber offenbar am besten in der Lage, sich darüber auszusprechen, ob ein Konzessionsgesuch sich rechtfertigt oder nicht.

Nach der Vollziehungsverordnung zum Wirtschaftsgesetz ist er es auch, der sich über die Frage des öffentlichen Wohles auszusprechen hat (Art. 13 der Vollziehungsverordnung). Er kann und soll darüber entscheiden, ob das neue Etablissement der Ortschaft Nutzen oder Schaden bringt.

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Der Gemeinderat ist im allgemeinen nicht sehr geneigt, für Neuerrichtungen von Wirtschaften günstige Gutachten abzugeben.

Auf 21 seit dem 1. Januar 1898 eingereichte Gesuche wurden 15 ungünstig und nur 6 günstig beurteilt.

Im Fall des Rekurrenten kann aber ernstlicher Zweifel nicht bestehen. Das Bedürfnis nach einem Hotel ersten Ranges in Freiburg ist vorhanden; es vergeht fast kein Tag, daß man nicht Klagen von Fremden hört darüber, daß sie sich nicht in Freiburg aufhalten könnten, weil ein komfortables Hotel mangle.

Seiner Zeit habe die Stadt mit einer Bevölkerung von 10,000 Seelen drei Hotels ersten Ranges besessen : das Hotel Zähringen, das Hotel Freiburg und das Hôtel des Merciers, welche gut gingen, aber leider nicht mehr bestehen. Das Hotel Zähringen ist in Privatbesitz übergegangen, das Hotel Freiburg und das Hôtel des Merciers wurden von geistlichen Korporationen erworben und in Konvikte umgewandelt. Ein Ersatz ist nicht geschaffen.

Allerdings sind seither das Hôtel Terminus und das Kurhaus entstanden, man hat auch ein oder zwei Hotels II. Ranges vergrößert, aber man wird kaum sagen dürfen, daß der Zustand der Stadt mit Beziehung auf Hotelräumlichkeiten und Versammlungssäle mit ihrer heutigen Bevölkerung von 16--17,000 Seelen besser ist, als vor 12 oder 13 Jahren.

Übrigens ist das Kurhaus, leicht gebaut, mehr ein Gartenrestaurant als ein Hotel, wenn auch hinreichend Zimmer vorhanden sind; eine Art von Pension H. Ranges, aber nicht ein Hotel.

Der Terminus, gut gebaut und in der nächsten Nähe des Bahnhofes, leistet allerdings, besonders den Passanten und Handelsreisenden, gute Dienste. Aber es ist doch kein Hotel ersten Ranges mit Salons, Loggia, Lesekabinett, Billard und Rauchzimmer. Was der S t a d t Freiburg, nicht dem Quartier Beauregard, fehlt, ist ein Hotel ersten Ranges mit allem modernen Komfort unter Leitung eines wirklichen maître d'hôtel. Das ist, was der Rekurrent Bodevin errichten will, was, wie der Gemeinderat richtig sagt, eine Verschönerung des Quartiers bilden wird und zur Entwicklung des Verkehrs- und Industriewesens der Stadt beitragen wird.

Hervorzuheben sind einzelne Ungenauigkeiten des regierungsrätlichen Entscheides : Die Hotelindustrie in Freiburg ist durchaus nicht in ungünstigen Verhältnissen. Die Eigentümer des Falken, des Straußes, des Sterns, des Weißen Kreuzes, lauter Hotels II. oder III. Ranges,

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haben sich nach gemachtem Vermögen vom Geschäft zurückgezogen. Die Eigentümer des Hôtel Suisse schätzen ihr Etablissement heute auf das Doppelte des Erstellungspreises. Auch das geringste auf einer Liegenschaft erteilte Wirtschaftspatent läßt den Wert des Hauses um Fr. 20--30,000 steigen. Bei solchen Verhältnissen dürfen nicht einzelne Klassen von Personen ändern gegenüber einseitig berücksichtigt werden.

Im Quartier Beauregard wird die von Hogg errichtete Wirtschaft erst die vierte sein. Unzulässig und ungerecht ist es, den Tivoli-Garten zu diesem Quartier zu rechnen, derselbe gehört vielmehr zur avenue de T-ivoli et de la gare und steht, wie der Plan ausweist, in keinem Zusammenhang mit dem Quartier Beauregard.

Überdies, wenn auch drei oder vier Cafés im Quartier Beauregard bestehen, so existiert kein einziges Hotel. Ein gewisser Hogg, dessen Rekurs betreffend Verweigerung einer Hotelkonzession vom Bundesrate am 28. Oktober 1898 gutgeheißen worden ist, hat sich später mit der kantonalen Polizeidirektion verständigt und mit einer Konzession B begnügt.

Die Argumentationen des Staatsrates wären nur richtig, wenn es sich bei dem Rekurrenten um eine Restauration handeln würde, wie diejenige des Herrn Mauron, von deren Abweisung im angefochtenen Entscheide gesprochen ist.

Es läßt sich das Gesuch des Herrn Bodevin übrigens nicht vom Gesichtspunkte des bloßen Quartierinteresses behandeln. Was er beabsichtigt, ist die Errichtung eines Hotels I. Ranges für die S t a d t Freiburg, nicht nur für ein Quartier, wie der Gemeinderat in seinem Gutachten es sehr gut begriffen hat.

Also ist die Frage nicht so zu stellen, welche Bedeutung das Hotel für das Quartier Beauregard habe, sondern ob es von Nutzen für die Stadt Freiburg sei.

Die Bevölkerungszahl des Quartiers Beauregard zählt übrigens nicht nur 1000, sondern gegenwärtig mehr als 1200 Seelen und wird bei der lebhaften baulichen Entwicklung vor Ablauf von zwei Jahren 1500 Seelen erreichen.

Wenn man sich übrigens auf den Quartierstandpunkt stellen will, so ist nicht abzusehen, warum das Quartier Beauregard anders als das Universitätsquartier behandelt werden soll. Trotzdem daß dieses letztere nach Versicherung des Rekurrenten nicht mehr als 500 Seelen zählt, sind Konzessionen an die Herren Sallin, Hertling, Hogg, Livio und endlich an ein Genfer Konsortium

79 erteilt worden, an letzteres, wie man sagt, mit der Begründung: ,,daß dieses Konsortium die Verschönerung und Erweiterung der Stadt durch mehrere bedeutende Bauwerke begünstigt habett. Es wäre dem Rekurrenten leicht, nachzuweisen, daß er und sein Konsortium bedeutend mehr konstruiert haben, als das in Frage stehende Konsortium Tremblez & Cie.

Diese Konzessionen wurden erteilt, obgleich in nächster Nähe des Universitätsquartiers sich das Hôtel Terminus, das Café des Alpes und das Buffet de la gare befinden, so daß ein Bedürfnis höchstens für das Café Hogg vorhanden gewesen sein dürfte.

Beigefügt wird noch, daß die Tramwaylinie bis in das Quartier Beauregard ausgedehnt ist und daß unmittelbar vor den Platz des zukünftigen Hotels Richemond eine Station zu stehen kommt.

Der Preis der Liegenschaften habe sich im Quartier in jüngster Zeit verdoppelt, seit zehn Jahren verzehnfacht.

In rechtlicher Beziehung führt die Rekursschrift aus : 1. Der Staatsrat des Kantons Freiburg hat seine Abweisung des Gesuchs auf keinerlei Gründe des öffentlichen Wohles gestützt.

Die zwei ausschließlich betonten Gesichtspunkte beziehen sich auf die Hotelindustrie im allgemeinen und das Bedürfnis für das Quartier Beauregard.

Das ist aber, wie aus dem Rekursentscheide vom 8. Januar 1890 hervorgeht, ungenügend. Danach muß eine Abweisung sich auf Gründe der Ordnung und des öffentlichen Wohles stützen und darf die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze nicht verletzen, Grundsätze, welche auch noch im Rekurs Luginbühl und einer Reihe anderer Entscheidungen des Bundesrates niedergelegt sind.

Bei Abweisung des Gesuches des Rekurrenten hat der Staatsrat nicht zu behaupten gewagt, daß, wie Art. 31, litt, e, der Bundesverfassung sagt, die Erteilung der Konzession den vom öffentlichen Wohl geforderten Beschränkungen widerstreite.

Nach Art. 13 der Vollziehungsverordnung zum freiburgischen Wirtschaftsgesetz hat der Gemeinderat über diese Frage sein Gutachten zu geben, und dieser hat sich in sehr bestimmten und deutlichen Ausdrücken darüber ausgesprochen. Durch Abweisung des Gesuches hat sich der Staatsrat in Widerspruch mit dem Gesetz und mit Art. 31 der Bundesverfassung gesetzt.

2. a. Unrichtig ist, daß, wie die Motive des angefochtenen Entscheides ausführen, das projektierte Hotel den in Freiburg

80 schon bestehenden Hotels schaden und eine neue Krise in der schon so wenig abträglichen Hotelindustrie in Freiburg hervorrufen könnte.

Aber selbst wenn diese Thatsache richtig wäre, könnte sie vor dem Prinzip der Handels- und Gewerbefreiheit nicht stand halten. Das Privatinteresse von Konkurrenten kann niemals dazu führen, einem Bürger, der sonst alle erforderlichen Voraussetzungen in seiner Person vereinigt, die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes zu versagen.

Wenn schon die Eigentümer der in Freiburg existierenden Hotels das Entstehen eines neuen Hotels nicht freudig begrüßen, so kann das keinen Grund für die Ablehnung bilden. Sie unterliegen der Konkurrenz, welche nach dem Grundsatz des Art. 31 der Bundesverfassung durchaus frei ist.

Eine Verletzung der Gleichheit vor dem Gesetze liegt vor, da der Staatsrat sich in Widerspruch zu seinen früheren Entscheidungen setzt, durch welche das Hôtel Terminus, das Hôtel Jura und das Kurhaus bewilligt worden sind. Zur Unterstützung wird hier ein Passus aus dem bundesrätlichen Entscheid vom 8. Januar 1890 angeführt.

Ein Verhältnis zwischen der Bevölkerungszahl des Ortes und den zu erteilenden Konzessionen für Hotels stellt das Gesetz nicht auf. Übrigens wäre es auch nicht möglich, in einer Stadt dieses Verhältnis zu Grunde zu legen. Der Betrieb eines Hotels hängt von der Saison, vom Zufluß der Fremden, von der Zahl der Keisenden und der Bedeutung der Geschäfte ab. Nirgends, nicht in Luzern, in Thun, in Weggis, sei es erhört, daß man aus der Befürchtung einer Krise in der Hotelindustrie das Entstehen neuer Hotels verhindert habe.

Thatsache ist, daß in Freiburg die vorhandenen Hotels nicht ausreichen und zwar nicht nur bei außerordentlichen Anlässen, wie Festen, Pilgerzügen oder Truppenzusammenzügen, sondern während dem ganzen Monat September sind gewiße Hoteliers genötigt, zu Privatquartieren Zuflucht zu nehmen.

Hier wird auf den Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung in Sachen Luginbühl verwiesen.

fe. Das zweite Motiv der Abweisung des Gesuches des Rekurrenten geht dahin: ,,daß für das Quartier Beauregard kein Bedürfnis für die Errichtung eines neuen Etablissementes bestehe"1.

SI

Der Rekurrent verweist zur Widerlegung dieses Grundes auf ·seine thatsächlichen Anbringen. Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Wirtschaft ; überdies besteht im Quartier kein Hotel, und es handelt sich gar nicht um das Quartier, sondern um die Stadt Freiburg.

Das giebt die Regierung selbst zu, da sie in ihrem ersten Motiv die Befürchtung einer Krise in der gesamten Hotelindustrio der Stadt in den Vordergrund stellt.

Das Quartier Beauregard bedarf allerdings keines Hotels 1. Ranges, wohl aber die Stadt Freiburg, aus der die Fremden vollständig verschwunden sind, seit die großen Hotels Freiburg und Zähringen geschlossen sind. Ein Hotel in nächster Nähe des Bahnhofes, in gesunder Lage, mit Aussicht auf die Freiburger Alpen, angenehmen Promenaden, in der Nähe der öffentlichen Gärten, wird zweifellos der Stadt die größten Dienste leisten.

3. Die Entscheidung des Staatsrates enthält aber auch, wie aus der thatsächlichen Darstellung ersichtlich ist, eine Verletzung der Gleichheit vor dem Gesetze.

4. Endlich bezieht sich Rekurrent nocli auf Art. 9 des frei.burgischen Wirtschaftsgesetzes.

Derselbe lautet in Absatz l : Le Conseil d'Etat prononce sur une demande de concession en prenant en considération le chiffre de la population, le mouvement des affaires, l'étendue territoriale de la localité et sa division en groupes d'habitations, le nombre déjà existant des établissements analogues, la proximité d'une route ou d'une gare de chemin de fer.

Die Höhe der Bevölkerungsziffer ist in der Stadt Freiburg in den letzten 10 Jahren von 12,000 auf 16,000 Seelen gestiegen, der Geschäftsverkehr hat sich bedeutend vermehrt, die Stadt ist im Begriffe, sich durch Aufnahme eines in der Nähe des Quartiers Beauregard gelegenen Teiles der Gemeinde Villars-sur-Glane /u vergrößern, in der Nähe dieses Quartiers sind zwei neue Quartiere im Entstehen begriffen, das Gambach- und das Umversitäts-Quartier, kein Hotel, mit Ausnahme des Terminus, existiert in dieser Gegend, das Hotel Richemond würde sich gerade gegenüber dem Personenbahnhof, mit einer Passerelle mit dem Eingang verbunden, an der Kreuzung der Straßen von Bulle und Romont befinden, und dennoch will man die Konzession für dasselbe verweigern.

Buudesblatt. 52. Jahrg. Bd. I.

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82 II.

in seiner Antwort auf den Rekurs bestreitet der Staaterat des Kantons Freiburg, dali durch seinen Entscheid Art. 4 und 31 der Bundesverfassung verletzt sind, und bringt im wesentlichen an : Kaum zeigte sich eine bauliche Entwicklung in den neuen Quartieren von Freiburg, als auch ein wahrer Regen von Wirtschaftskonzessionsgesuchen beim Staatsrat einlangte : drei für Gambach, zwei für Alt, fünf für Beaurcgard, acht für Perolles und Champ des Cibles. Mehrere dieser Gesuche wurden als verfrüht vorläufig vertagt, so daß noch sechs Gesuche für Pérolles und drei für Beauregard zur Entscheidung übrig blieben.

Nach der Theorie des Rekurrenten hätten alle diese Gesuche zugesprochen werden müssen. Denn alle hatten gleiche Rechte und dem Gesetze gemäß eingerichtete Baupläne. Alle beriefen sich auf die Handels- und Gewerbefreiheit, ohne sich um Art. 32l>i8 der Bundesverfassung und die ihm durch den Bundesrat im Entscheid vom 8. Januar 1890 gegebene Interpretation zu kümmern, wonach das Prinzip der Handels- und Gewerbefreiheit durch die Revision dieses Artikels für das Gewerbe eines Wirtes erheblich beschränkt, wenn auch nicht gänzlich aufgehoben ist.

Der Staatsrat von Freiburg hat von den ihm zustehenden gesetzlichen Kompetenzen folgenden Gebrauch gemacht.

Für die große avenue de Pérolles wurden nur drei Kon Zessionen erteilt: Ein Patent B für ein Café-Restaurant an die Aktiengesellschaft des Fillettes auf ein Gebäude an der Kreuzung der route de la Neuveville und der avenue de Pérolles gegenüber dem Bahnhof.

Ein zweites Patent B zu gunsten von Jules Sallin in Freiburg, zum Betriebe eines Restaurants in einem Gebäude auf der Hälfte der genannten avenue de Pérolles. Hierbei wird bemerkt, daß diesem Gesuch die Priorität gegenüber allen ändern Gesuchen zukam.

Endlich ein Patent A an Ed. Hogg, zum Betriebe eines Hotels am äußersten Ende der avenue de Pérolles in der Nähe des Universitätsgebäudes.

Unrichtig ist, daß Gebrüder Hertling für dieses Quartier eine Konzession erhalten haben; keine Entscheidung ist noch getroffen über das Gesuch Livio und andere Gesuche für das Quartier Champ des Cibles.

Was das Quartier Beauregard angeht, so wurde durch Entscheid vom 9. April 1898 ein Konzessionsgesuch für ein Hotel

83 Von Mauron, dein Vorstand des Telegraphenbureaus in Freiburg, ebenso ein Gesuch der Aktienbrauerei Beauregard für Erstellung einer Konzert- und Bierhalle abgelehnt.

Was die Errichtung eines Hotels im Quartier Beauregard betrifft, hätte also das Gesuch Mauron die Priorität gegenüber dem Gesuch Bodevin besessen, welches die Errichtung eines Hotels im nämlichen Quartier verlangt und ein Jahr später eingereicht wurde.

Herkules Hogg-Mons, welcher mit dem Gesuch um eine Hotelkonzession abgewiesen wurde, hat, nachdem sein Rekurs vom Bundesrat gutgeheißen wurde, nur eine Konzession B für ein Café-Restaurant erhalten, und dies aus den nämlichen Gründen, welche zur Abweisung des Gesuches Mauron führten und in der Rekursantwort weiter entwickelt werden sollen.

Der Staatsrat erkennt mit dem Gemeinderat von Freiburg au, daß ein Hotel I. Ranges für die Stadt Frei bürg von Nutzen wäre, obgleich das in nächster Nähe des Bahnhofes gelegene Hotel Terminus die vorhandene Lücke schon einigermaßen ausgefüllt hat. Bestritten wird aber, daß der von dem Reklirrenten für sein Hotel gewünschte Platz der Zweckbestimmung entspricht. Abgesehen von den lärmenden Gewerben des Quartiers Beauregard, suchen die Handelsreisenden eine mehr centrale Gelegenheit. Die Touristen dagegen ziehen schöne Lage und ruhige Quartiere vor. Als Beispiele werden angeführt das Hôtel Métropole in Genf, Hôtel Gibbon in Lausanne, Bernerhof in Bern, der Schweizerhof in Luzern, das Hôtel Baur au lac in Zürich, das alte Hotel Zähringen in Freiburg. Diese Vorzüge finden die Fremden nicht an der Kreuzung der Straßen nach Bulle und Romont, gegenüber einem bedeutenden Bahnhof und dessen Dependenzen. Tag und Nacht hört man nur den durchdringenden Lärm der Maschinen und das Rollen der Züge und Tramways. Die Atmosphäre ist durch den Rauch der Lokomotiven und den Staub der Straßen geschwängert.

Man braucht zudem nur den Blick aut den Situationsplau zu werfen, um sich zu überzeugen, daß der vom Rekurrenten gewählte Platz sich mit dem Bau eines Hotels I. Ranges und dessen Dependenzen nicht verträgt. Niemals kann der von Herrn Bodevin beabsichtigte Bau Anspruch auf den Rang eines Hotels erster Klasse erheben, in einer Lage, die sich mitten in einem Arbeiterquartier, eng umgeben von ändern Gebäuden, in der Nähe des entrepôt de cammionnage Menoud und des eigenen Chantiers des Rekurrenten, mit der öffentlichen Straße davor, befindet, so daß die Einrichtung von Schattenplätzen für die Bequemlichkeit der

84 Gäste vollständig ausgeschlossen ist. Mit Fr. 2--300,000 baut man überdies kein Hotel ersten Ranges.

Der von dor Aktiengesellschaft des Fillettes gewählte Platz wäre weit vorzuziehen gewesen und doch hat der Staatsrat auch deren Gesuch abgewiesen.

Grund zur Abweisung aller ähnlichen Gesuche bildeten übrigens verschiedene Petitionen, weiche dem Staatsrat zugekommen sind.

Am 3. Mai 1899 machten die Eigentümer des Terminus, des Faucon und des Autruche eine Eingabe, in der sie auseinandersetzten, daß die Zahl der Fremden in Freiburg in keinem Verhältnis zur Anzahl der dem Publikum zugängigen Hotels stehe.

Durch Eingabe vom 25. April machte das kantonale Komitee des freiburgischen Hoteliers Vereins gemäß Beschluß seiner Generalversammlung die nämlichen Gründe geltend, indem es auf die kritische Lage hinwies, in welche das Hoteliergewerbe durch die Eröffnung neuer Etablissemente gerate.

Seit der Eröffnung der Eisenbahnlinie war im (Quartier des Places ein neues Hotel ersten Ranges entstanden, das Hotel Zähringen und das Hôtel des Merciers waren vergrößert worden.

In Zeit von wenigen Jahren sind diese Hotels eingegangen und nicht wieder eröffnet worden.

Der Rekurrent beruft sich allzusehr auf das Gutachten des Gemeinderates. Derselbe Gemeinderat drückte sich bei dem Konzessionsgesuch der Aktiengesellschaft des Pillettes folgendermaßen aus : "Considérant que l'ouverture d'un nouvel hotel de second rang porterait nécessairement préjudice aux hôtels existants et n'attirerait pas davantage d'étrangers à Fribourg, ce qui pourrait amener une crise hôtelière; que plusieurs demandes analogues à celle-ci, formulées par des Fribourgeois, ont été écartées; qu'il s'agit dans le cas présent d'une simple spéculation faite par des étrangers au canton ; que le besoin d'un nouvel hôtel (un hôtel de Ier ordre excepté) ne se fait nullement sentir, etc."

Dieses Gutachten würde auf das Gesuch Bodevin noch mehr als auf das der Aktiengesellschaft des Fillettes passen. Denn das Hotel des Rekurrenten wird nimmermehr ein solches 1. Ranges werden.

Man würde durch Aufdrängung neuer Konzessionen eine Krise in der Hotelindustrie hervorrufen und sehr unliebsame, dem öffentlichen Wohl schädliche Katastrophen provozieren. Wenn

85 der Rekurrent trotz diesen heilsamen Andeutungen auf seinem Vorhaben besteht und die eidgenössischen Behörden es für angemessen erachten sollten, den Rekurs gutzuheißen, müßte der Staatsrat jede Verantwortlichkeit für allfällig eintretende Folgen schon jetzt ablehnen.

III.

In der Replik des Rekurrenten wird angebracht: 1. Der Staatsrat giebt zu, daß er in der Avenue de l'crolles drei Konzessionen erteilt hat, obgleich bis jetzt dort drei Häuser stehen und fünf im Bau begriffen sind.

Wenn die Konzessionen Hertling und Livio noch nicht erteilt sind, so sind sie doch versprochen.

2. Wie schon in der Rekursschrift ausgeführt, hat das Gesuch Bodevin für das Quartier Beauregard nur geringe Bedeutung, wohl aber ist dasselbe als auf Einrichtung eines Hotels I. Ranges gehend von Interesse für die ganze Stadt.

Von diesem Gesichtspunkte aus können die Konzessionsgesuche Alanron und Aktienbrauerei Beauregard, welche auf Einrichtung von Biergärten gingen, zur Vergleichung nicht in Betracht fallen.

Die Konzession Hogg-Mons wurde durch Übereinkunft mit dem Gesuchsteller auf ein Patent B beschränkt; Hogg wäre berechtigt gewesen, ein Patent A zu verlangen. So spricht der Vorgang aber eher zu gunsten des Rekurrenten, da als Thatsache bestehen bleibt, daß irn Quartier Beauregard mit 1200 Seelen kein Hotel existiert.

3. Bestritten wird, daß das Hotel Terminus den vom Staatsratc in der Antwort zugegebenen Mangel an einem Hotel I. Ranges habe ersetzen können. Die Einrichtung des Terminus, welches im ersten Stock nur Fremdenzimmer habe, sei nicht danach, während das Hotel des Rekurrenten im ersten Stock eine Loggia, einen Tanzsaal, Damensalon, Rauchzimmer, Speisesaal und Feslsaal für Hochzeiten, Bälle und Soireen von 250 m 2 Raumfläche enthalten wird, der bis jetzt in Freiburg vollständig fehlt.

Was die in der Antwort kritisierte Lage des projektierten Hotels angeht, ist zu bemerken, daß dasselbe volle Aussicht auf die Alpen besitzen wird, abseits von lärmenden Gewerbebetrieben, zwischen Häusern von Eigentümern und Rentiers, in der Nähe der Tramwaystation, vis-à-vis dem Bahnhof, von der Straßenkreuzung durch ein Trottoir von 6 Meter getrennt, zu stehen kommen soll.

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Die in der Antwort citierten Beispiele sind weit entfernt davon, schlüssig zu sein; heutzutage suchen auch Hotels L Ranges die Nähe des Bahnhofes. Beweis dafür bilden das Hotel Terminus in Paris, Hotel Eulor in Basel, Hotel Continental in Lausanne, Schweizerhof in Genf, Hotel du Lac, Gotthard und Continental in Luzern. Das Hotel Zähringen in Freiburg ist gerade seiner Entfernung vom Bahnhof wegen eingegangen.

4. Was den Charakter eines Hotels L Ranges betrifft, so entscheidet derselbe sich weniger nach der Zahl der Zimmer und Betten, als nach dem Komfort und der Bequemlichkeit des Hotels.

Für die Stadt Freiburg mit 16,000 Einwohnern braucht man nicht dieselben Dimensionen, wie für Bern, Zürich oder Genf.

In Montreux, Neuchatel, Biel, Schaffhausen, Städten von ungefähr ähnlicher Bedeutung wie Freiburg, giebt es eine Reihe von Hotels I. Ranges, welche keine 300,000 Fr. gekostet haben.

Eventuell könne man die Pläne des Rekurrenten einer Expertise unterstellen, um zu erfahren, ob sich mit dem vorgesehenen Kostenvoranschlage ein Hotel I. Ranges erstellen lasse.

5. Das Dazwischentreten der drei Hoteliers in Freiburg und des Hoteliersvereins ist zum mindesten etwas Ungewohntes. Daß .diese sich für ihre Interessen wehren, ist zu begreifen; aber daß sie sich gegen das Entstehen eines Etablissernentos, dessen Komfort den der ihrigen übertreffen wird, erheben und in einem schwebenden staatsrechtlichen Rekurse ihre Privatinteressen geltend machen, ist nicht zulässig.

Unrichtig ist, daß die drei Hotels Zähringen, Freiburg und des Merciers zu Grunde gegangen seien (aient sombré). Das trifft nur für das erstere zu ; die beiden ändern gingen ein, weil deren Erwerber sie in religioso Konvikte umgewandelt haben.

Seit der Zeit wird in Freiburg von allen Seiten ein Hotel I. Ranges verlangt ; selbst wenn man zugeben könnte, daß Freiburg nicht drei Hotels I. Ranges ertragen könnte, so sollte es doch wenigstens e i n e s besitzen.

Das Gutachten des Gemeinderates betreffend die Aktiengesellschaft des Fillettes könne dem Gesuche Bodevin nicht entgegengehalten werden, denn dort habe es sich um einen Bau von höchstens Fr. 100,000 gehandelt.

Bezüglich der rechtlichen Ausführungen der Antwort bemerkt die Replik, daß in seiner Entscheidung der Staatsrat kein'erlei Gründe des öffentlichen Wohles für die Versagung der Konzession geltend gemacht habe; dies geschehe erst in der Antwort, iu

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welcher das öffentliche Wohl mit einer übrigens gänzlich eingebildeten Krise in der Hotelindustrie vermengt werde.

Notorisch ist es in Freiburg, daß die Hotelindustrie sehr gut geht. Das Hotel d'Autruche, welches keine Fr. 50,000 gekostet hat, ist um Fr. 130,000 verkauft worden; am Hotel du Faucon hat sein Eigentümer vor cirka drei bis vier Jahren einen Gewinn von Fr. 100,000 gemacht, und die Eigentümer des Schweizerhol' würden ihr Hotel nicht mit Fr. 100,000 oder Fr. 120,000 Gewinn weggeben.

Dieser Gesichtspunkt ist übrigens rechtlich unerheblich, wofür speciell auf den Entscheid des Bundesrates in Sachen Muff vom 29. Juli 1890 und auf die Entscheide in Sachen Bürger-Scherz vom 9. August 1897 und Luginbühl vorn 31. Oktober 1898 u. a.

verwiesen wird.

IV.

Aus der Duplik des Staatsrates des Kantons Freiburg ist hervorzuheben : Das Konzessionsgesuch Hertling ist seither abgelehnt worden; dasjenige Livios ist noch in suspense, Versprechungen sind dem Gesuchsteller keine gemacht worden.

Die Lage des zukünftigen Hotels Richemond bleibt der Näho des Bahnhofes wegen eine ungünstige für ein Hotel I. Ranges.

Das Eingehen des Hotel National und Freiburg ist der Eiseubahn zu verdanken. Gerade die durchgehenden Züge haben dio Klientschaft der Gasthöfe verändert: Fremde und Touristen bleiben selten mehr über Nacht in Freiburg; sie halten sich zwischen zwei Zügen auf, um die Merkwürdigkeiten der Stadt zu besichtigen und reisen dann weiter.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht:

I.

Aus der bisherigen Praxis des Bundesrates ist zu entnehmen, daß dieselbe von dem Gesichtspunkte ausgeht, daß die Revision des Art. 31 der Bundesverfassung nicht die Aufhebung des Grundsatzes der Handels- und Gewerbefreiheit für das Wirtschaftsgewerbe zur Folge gehabt hat. Dagegen kann dasselbe auf dem Wege

88 der Gesetzgebung den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen unterworfen werden.

n.

Das Gesetz über das Wirtschaftswesen des Kantous Freiburg vom 28. September 1888 bestimmt in Art. 4, daß die Konzessionen für die Ausübung des Wirtschaftsgewerbes den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen unterworfen sind. Sodann bestimmt Art. 9 des citierten Gesetzes, daß der Staatsrat bei dein Entscheid über Wirtschaftskonzessionen in Erwägung zieht die Bevölkerungszahl, die räumliche Ausdehnung des Ortes und die Verteilung der Wohnungen nach Gruppen, die Zahl der schon bestehenden Wirtschaften, die Nähe einer Straße oder einer Eisenbahnlinie.

Der Buudesrat hat wiederholt entschieden, daß, wo der Nachweis eines Bedürfnisses nicht vorliegt, aus Gründen des öffentlichen Wohles die Entstehung einer Wirtschaft untersagt werden kann (vgl. Rekurs Äbischer, Bundesbl. 1899, IV, 159/160).

III.

Bezüglich des freiburgischen Wirtschaftsgesetzes ist für den Standpunkt des Bundesrates auf die Erwägungen in dem Entscheid vom 8. Januar 1890 über den Rekurs von 45 Freiburgern betreffend Anwendung dieses Gesetzes zu verweisen, speciell auf die allgemeinen Erwägungen su'b A, l, 2, 3. Danach hat sich der Bundesrat vorbehalten, bei der elastischen Fassung des kantonalen Gesetzes in jedem einzelnen Falle zu prüfen, ob die kantonale Regierung von ihrer unbeschränkten Kompetenz einen umsichtigen und gerechtfertigten, mit dem Grundsatze der Gleichstellung der Bürger vereinbarlichen Gebrauch gemacht hat (Bundesbl. 1890, I, 369 ff., insbesondere 374).

IV.

Wenn auch der Bundesrat in konstanter Praxis daran fest.gehalten hat, daß die Lösung der Bedürfnisfrage in erster Linie Sache der kantonalen Behörde ist, und der Bundesrat sich in der Regel einer Nachprüfung der kantonalen Entscheidung enthalten hat, so darf dies nicht so aufgefaßt werden, als ob der Bundesrat sich damit des Rechtes der Prüfung des Bedürfnisbegriffes überhaupt begeben hätte. Insbesondere muß ihm die Befugnis zu-

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stehen, da einzuschreiten, wo der Bedürfnisparagraph einer kantonalen Gesetzgebung in einschränkendster Auslegung auf Verhältnisse angewendet werden will, auf welche weder die Bundesverfassung bei Revision des Art. 31, noch das kantonale Gesetx, selbst die im Interesse des öffentlichen Wohles gebotene Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheil; ausdehnen wollten.

V.

Als ersten Abweisungsgrund fuhrt der das Konzessionsgesuclt Bodevin abweisende Entscheid des Staatsrates des Kantons Freiburg vom 17. Juni/7. Juli an: que l'hôtel projeté aurait pour effet de nuire aux hôtels existant à Fribourg et pourrait amener une nouvelle crise de l'industrie hôtelière, déjà si peu prospère dans cette ville.

Der Staatsrat erörtert in seiner Antwort diesen Punkt näheiv indem er sich auf Eingaben von Hotelbesitzern und vom Vorstand des freiburgischen Hoteliersvereins beruft. Er scheint sogar am Schlüsse seiner Antwort anzunehmen, daß eine für das öffentliche Wohl verderbliche Katastrophe durch Konzessionierung eines neuen Hotels eintreten könnte.

Dieser Gesichtspunkt ist aber unhaltbar, denn er würde nichts anderes als eine zeitweilige Monopolisierung des Gewerbes für die bestehenden Hotelinhaber bedeuten. Das war aber nicht die Absicht bei der vorgenommenen Revision des Art. 31 der Bundesverfassung. Bei der Aufstellung des Begriffes des öffentlichen Wohles war nur beabsichtigt, den sittlichen und ökonomischen Schädigungen, welche eine zu große Zahl von Wirtschaften mit sich bringt, entgegenzutreten, nicht die Konkurrenz im Wirtschaftsgewerbe überhaupt unmöglich zu machen (vgl. Salis, Bundesrechl.

H, 262 u. f.).

Selbst wenn es richtig wäre, was aus den Angaben der Kekursantwort nicht hervorgeht, daß eine Krise im Iloteliergewerbe durch die Konzessionierung eines neuen Hotels bevorstünde, so wäre die dadurch verursachte Schädigung der Interessen von Inhabern bestehender Hotels nicht notwendiger Weise auch eine solche allgemeiner Interessen, welche aus Gründen des öffentlichen Wohles zu verhindern wäre.

VI.

Der zweite Abweisungsgrund ist dahin formuliert:

90 Que le quartier de Beauregard avec une population d'environ 1000 habitants compte actuellement quatre établissements publias et qu'un cinquième, celui de M. Hogg, est en construction ; que ce quartier n'éprouve dès lors par lo besoin d'un nouvel établissement public.

Aus den Akten ergiebt sieh, daß es sich nicht um Errichtung einer gewöhnlichen Wirtschaft, deren erster Zweck im Verkauf alkoholischer Getränke besteht und die, in Verhältnis zu ändern schon bestehenden Wirtschaften gesetzt, einen das öffentliche Wohl schädigenden Einfluß ausüben kann, handelt, sondern 'um ein Institut der Fremdenindustrie, ein großes Hotel, das in erster Linie auch gar nicht von Einheimischen frequentiert wird. Auch hat der Staatsrat in seiner Antwort nicht bestritten, daß das 1000 bis 1200 Seelen zählende Quartier Beauregard bis jetzt ein Hotel im eigentlichen Sinne des Wortes nicht besitzt.

In Beziehung auf die innere Einrichtung des Hotels ist vom Staatsrate nichts eingewendet worden, was den Bestimmungen des freiburgischenWirtschaftsgcsetzes zuwiderlaufen würde; er bestreitet nur ganz allgemein, ohne indessen dies überzeugend nachzuweisen, daß mit Rücksicht auf den gewählten Platz und das in Aussicht genommene Anlagekapital von Fr. 280,000--300,000 das in Aussicht osenommene Hotel den Charakter eines solchen Etàblissementes I. Ranges trage.

Vielmehr lassen die eingereichten Pläne darauf schließen, daß das zu errichtende Etablissement in der That als ein solches angesehen werden muß, das auch weitgehenden Ansprüchen bezüglich der Beherbergung von Fremden gerecht zu werden vermag.

Aus einem von der Direktion der eidgenössischen Rauten eingeholten Berichte ergiebt sich : Der fragliche Gasthof soll in südwestlicher Richtung hinter den Balmhof zu stehen kommen, und zwar in die Ecke zwischen die beiden Kantonsstraßen nach Bulle und Romont. Das Quartier Richcmont-Beauregard würde dadurch einen natürlichen Abschluß gegen den Bahnhof und das Innere der Stadt hin erhalten. EH besteht kein Zweifel, daß an dieser Stelle nach dem Projekte II, welches besonders zu berücksichtigen sein wird, ein Gasthol:' I. Ranges gebaut werden kann, obgleich zugegeben werden muß, daß der Bauplatz sich nicht so günstig qualifiziert, als wenn er auf der Eingangs- oder Vorderseite des Bahnhofes läge. Um diesen Übelstand zu paralysieren, ist' indessen über die Geleise eine Passerelle projektiert worden. Die vorgenommenen Nachrechnungen

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haben im weitern ergeben, daß eia solcher Gasthof nach den vorliegenden Plänen für die Summe von cirka Fr. 300,000 gebaut, werden kann. Die Möblierungskosten wären in dieser Summe nicht Inbegriffen.

Der Staatsrat des Kantons Frei bürg stellt aber nicht in Abrede, daß für die Stadt Freiburg das Bedürfnis nach der Errichtung eines Hotels ersten Ranges vorhanden wäre, wie auch schon der Gemeinderat der Stadt Freiburg in seiner Begutachtung des Gesuches des Rekurrenten dieses Bedürfnis festgestellt hat.

Daraus folgt eine Bestätigung dafür, daß die Bedürfnisfrage nicht allein vom Gesichtspunkte des Quartiers Beauregard untersucht werden kann; denn das zu errichtende Hotel will ja nicht dem Quartier allein dienlich sein und auch seine Gäste nicht hauptsächlich aus diesem, ja nicht einmal aus der Stadt allein ziehen, sondern es will dem Fremdenverkehr der Stadt Freiburg überhaupt dienen.

Es ergiebt sich demnach, daß die Frage des Bedürfnisses eines den Anforderungen des Verkehrs entsprechenden Etablisse mentes auch vom Staatsrate nicht in Abrede gestellt wird, und dadas zu errichtende Etablissement diesen Zweck erfüllt, so liegt in der Abweisung des Rekurrenten eine Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit ; denn es ist eine Verletzung der Gewerbefreiheit, wenn ein Wirtschaftspatent verweigert wird, trotzdem ein Bedürfnis vorhanden ist.

Demnach wird erk a nnt: 1. Der Rekurs wird begründet erklärt.

2. Der Staatsrat des Kantons Freiburg wird eingeladen, dein J. Bodevin unter Vorbehalt der nach Erstellung des Baues noch zu erfüllenden gesetzlichen Vorschriften die von ihm gewünschte O

Konzession A zu erteilen.

B e r n , den 23. Januar 1900.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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Bundesratsbeschluß über die Beschwerde des J. Bodevin, Unternehmer in Freiburg, betreffend Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit (Verweigerung einer Konzession zum Betrieb eines Hotels). (Vom 23. Januar 1900.)

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Bundesblatt

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1900

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24.01.1900

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