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Aus denVerhandlungen des Schweiz. Bundesrates, (Vom 2. März 1900.)

Die Bundeskanzlei hat im Auftrage des Bundesrates an das Komitee des schweizerischen Gewerkschaftsbundes in Zürich betreffend die Vollziehung des eidgenössischen Fabrik- und Haftpflichtgesetzes im Kanton Tessin folgendes Schreiben erlassen: Mit einer Eingabe ohne Ort- und Datumbezeichnung (Poststempel: Zürich, 10.11.1900) ersuchen Sie den Bundesrat, auf bessern Vollzug der eidgenössischen Fabrik- und Haftpflichtgesetzgebung im Kanton Tessin hinzuwirken, und eine Beitragsleistung an die Ihnen aus der Förderung dieses Gesetzesvollzugs erwachsenden Kosten in Aussicht zu nehmen.

In der Angelegenheit liegt vor ein Bericht des tessinischen Staatsrates, vom 16. Februar, und ein solcher des eidgenössischen Fabrikinspektors des II. Kreises, vom 20. Februar.

I. Was den Vollzug der eidgenössischen Fabrik- und Haftpflichtgesetzgebung im Kanton Tessin betrifft, so erklärt der Staatsrat, daß er in bestmöglicher Weise stattfinde, und daß jede zur Kenntnis des Staatsrates gelangte Gesetzesübertretung stets vor das zuständige Gericht gezogen worden sei; auch das Kreisschreiben der Direktion der Hygiene an die Fabrikanten und Unternehmer, vom 7. Dezember 1899, lege von der Fürsorge der Behörde Zeugnis ab. In Bezug auf die Arbeit in den der erweiterten Haftflicht unterstellten Unternehmungen, speciell in den Granitbrüchen, sei dem Sekretär des petitionierenden Komitees bekannt, daß die Regierung bemüht gewesen sei, günstigere Arbeitsbedingungen herbeizuführen, und daß nur das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage -- welche aber in kurzer Zeit geschaffen werden solle -- weitergehende Maßnahmen verhindert habe.

In seinem Bericht über die Fabrikinspektion in den Jahren 1896 und 1897 bemerkt der Fabrikinspektor des II. Kreises: ,,Seit 2 Jahren beginnt der Kanton Tessin, wo die Gesetze fast ganz unbekannt und daher unmöglich zur Ausführung zu bringen waren, zu erwachen.a Der Fabrikinspektor erklärt in seinem Schreiben vom 20. Februar 1900, die beiden Hauptpunkte, welche im Kanton Tessin die größten Schwierigkeiten verursacht hätten, seien die Verwendung von Kindern unter 14 Jahren und die Lohnzahlung.

769 Hierüber teilt der im Druck erscheinende Bericht über die Fabrikinspektion in den Jahren 1898 und 1899 mit: ,,Was uns freut, ist der Umstand, daß nun Ordnung herrscht in den Spinnereien des Tessin ; wir haben in denselben im Jahre 1899 nur noch 5 junge Mädchen gefunden, welche im betreffenden Jahre 14jährig wurden, gegenüber 101 bei unserer Untersuchung vom 1. März 1897, von welchen eine Anzahl nicht einmal 12 Jahre zählte.11 Und: ,,Wir sind glücklich, zu konstatieren, daß unsere vielen und stets wiederholten Reklamationen für strikte Anwendung des I. Alinea des Art. 10 des Fabrikgesetzes endlich von dem Tessiner Staatsrate gehört und ernstlich in Betracht gezogen worden sind; derselbe hat mit Beschluß vom 6. September 1899 Stellung genommen zu gunsten der Auszahlung des Lohnes aller Arbeiter der dem Fabrikgesetz unterstellten Fabriken und Werkstätten in gesetzlicher Währung. " Der Bundesrat und sein zuständiges Departement haben die Erfahrung gemacht, daß früher allerdings der Gesetzesvollzug im Kanton Tessin manches zu wünschen übrig ließ, daß aber in den letzten Jahren das ernste und erfolgreiche Bestreben der dortigen Behörden, die Fabrik- und Haftpflichtgesetzgebung durchzuführen, obwaltete.

Bei dieser Sachlage muß es daher der Bundesrat ablehnen, im Sinne der Beschwerde beim tessinischen Staatsrat in allgemeiner Weise vorstellig zu werden.

Die genannte Beschwerde giebt übrigens in ihrem ersten Teile noch zu folgenden Bemerkungen Anlaß : a. Das Komitee berichtet, es seien seit 3 Jahren eine Menge von Klagen über Gesetzesverletzungen dem Fabrikinspektor .des II. Kreises, sei es direkt, sei es durch Vermittlung des tessinischen Arbeiterbundes oder des schweizerischen Gewerkschaftsbundes zugegangen, die häufig ohne Resultat geblieben seien. Dem gegenüber erklärt der erwähnte Fabrikinspektor, daß er vom Sekretär des schweizerischen Gewerkschaftsbundes in den Jahren 1898 und 1899 je ein Schreiben, und vom Sekretär des tessinischen Arbeiterbundes vor und seit der Zeit, wo er dieses Amt bekleidete, 4 Klagen erhalten habe.

b. Granitbrüche stehen nicht unter dem Bundesgesetz betr.

die Arbeit in den Fabriken, vom 23. März 1877, sondern, nach Maßgabe von Art. l, unter demjenigen betr. die Ausdehnung der Haftpflicht, vom 26. April 1887. Es kann daher nicht von Gesetzesverletzung gesprochen werden, wenn gewisse Arbeitsbedin-

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gungerï in jenen Unternehmungen, wie z. B. die Arbeitsdauer, andere sind, als wie das erst genannte Gesetz sie vorschreibt.

c. Die administrativen Behörden sind nicht dafür verantwortlich, wenn ein Unternehmer dem Arbeiter nicht die volle Hafïpflichtentschädigung zukommen läßt ; sie^ haben in solchen Streitigkeiten keine entscheidende Befugnis, sondern es entscheidet der Richter (Art. 11 des ßundesgesetzes betreffend die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb, vom 25. Juni 1881).

II. Wenn Arbeiterverbände sich bemühen, wirklichen Verletzungen der eidgenössischen Fabrik- und Haftpflichtgesetzgebung entgegenzutreten, so ist diese Thätigkeit eine begreifliche und sehr oft verdienstliche. Es ist aber nicht zu vergessen, daß sie einen vollständig freiwilligen Charakter und keinen Anspruch auf Entschädigung aus Staatsmitteln hat. Keine verfassungsmäßige odei' gesetzliche Bestimmung gestattet dem Bundesrat, dem schweizerischen Gewerkschaftsbund eine solche Entschädigung oder eine Rückvergütung von Auslagen für strikende, entlassene oder prozessierende Arbeiter zu gewähren. Auch der dahin zielende Teil der Eingabe seines Komitees muß daher Ablehnung erfahren.

Indem wir Ihnen von diesem Beschlüsse des Bundesrates auftragsgemäß Kenntnis geben, benutzen wir diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

(Vom 9. März 1900.)

Herr Oberst Rudolf B i n d s c h e d l e r sei., gewesener Kreisiustruktor der IV. Division, hat der eidgenössischen Winkelriedstiftung Fr. 3000 durch Legat zugewendet. Diese Vergabung ist; angemessen verdankt worden.

Sanitätsoberlieutenant Eugène de C o c a t r i x , von und in St. Maurice, zur Zeit Adjutant des Chefarztes der Festungstruppen von St. Maurice, wird zum Hauptmanh der Sanitätstruppen (Ärzte) befördert.

Der Bundesrat hat Kenntnis erhalten, daß in der Ostschwei/, und namentlich in den Kantonen Appenzell, St. Gallen und Thurgau neuerdings deutsche Münzen in Menge eingeführt und zu ihrem Nennwerte an Zahlung gegeben werden. Um der mißbräuchlichen Verbreitung'.dieses Geldes entgegenzutreten und das Publikum yor

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Schaden zu bewahren, sieht sich der Bundesrat veranlaßt, bekannt zu machen, daß das deutsche Geld in der «Schweiz nicht als gesetzliche Münze anerkannt ist, und daß somit ein allfalliger Verlust vom jeweiligen Inhaber getragen werden müßte. Bei diesem Anlaß wird ferner daran erinnert, daß nach Art. 10 des Fabrikgesetzes kein Arbeiter gehalten ist, andere als gesetzliche Münzsorten anzunehmen.

Die nachgenannten Unteroffiziere, welche den diesjährigen Kurs für Stabssekretäre mit Erfolg bestanden haben, werden zu Stabssekretären mit Adjutantunteroffiziersgrad ernannt: Wachtmeister Allenbach, Hans, von Münchenbuchsee, in Bern.

Korporal Huber, Heinrich, von Windisch, in Vivis.

Korporal Weber, Karl, von Menziken, in Bern.

Fourier Schreiber, Otto, von Wegenstetten, in Bern.

Feldweibel Arn, Ulrich, von Niederbipp, in Bôle.

Fourier Erdin, Adolf, von Gansingen, in Ölten.

Korporal Brunet, Henri, von Palézieux, in Corseaux.

Korporal Viollier, André, von Genf, in Lausanne.

Korporal Niederer, Emil, von Lüzenberg, in St. Gallen.

Wachtmeister Traber, Albert, von Homburg, in Lenzburg.

Korporal Wehrli, August, von Mauren, in Genf.

Korporal Geiger, Alfred, von Basel, in Basel.

Korporal Kern, Walter, von Bülach, in Bern.

Korporal Binder, Friedrich, von Strengelbach, in Bern.

Korporal Bühler, Jakob, von Bütschwil, in Bern.

Wachtmeister Schmid, Leonhard, von Gelfingen, in Mailand.

Korporal Rueff, Gabriel, von und in Chaux-de-Fonds.

Korporal Jacquerod, A., von l'Isle, in Bern.

Korporal Roth, Heinrich, von Zetzwil, in Luzern.

Das von der Direktion der Jura-Simplon-Bahn am 5. Januar 1899 vorgelegte Projekt (Situationsplan l : 500) für den Umbau des Bahnhofes Lausanne wird unter einigen Bedingungen genehmigt.

(Vom 13. März 1900.)

Artillerie-Oberst S c h u m a c h e r , in Bern, wird auf sein Ansuchen, unter Verdankung- der geleisteten Dienste, aus der Wehrpflicht entlassen.

772 Das allgemeine Bauprojekt der elektrischen Bahn MontreuxMontbovon, für die Teilstrecke Montreux-Les Avants, auf dem Gebiete der Gemeinden Châtelard und Planches-Montreux, wird unter einigen Bedingungen genehmigt.

Das von der Regierung des Kantons Neuenburg vorgelegte Projekt vom 9. Januar 1900 für den Umbau des Bahnhofes Chauxde-Fonds wird unter einigen Bedingungen genehmigt.

Das Kommando des Sehützenbataillons Nr. 11 wird Herrn Major Julius G u t e r s o h n , von Prauenfeld, in Luzern, Instruktor I. Klasse der IV. Division, übertragen.

Major H a d o r n wird als Kommandant der Festungsartillerieabteilung I entlassen und zur Infanterie (Art. 58 der Militärorganisation) versetzt.

^Wahlen.

(Vom 9. März 1900.)

Politisches Departement.

Adjunkt (Stellvertreter des Sekretärs): Herr Dr. jur. Alphonse Dunant, von Genf, zur Zeit Sekretär der schweizerischen Gesandtschaft in Rom.

Militärdepartement.

Instruktor II. Klasse der Artillerie: Herr Artillerieoberlieutenant von Goumoens, Eduard, in Worb, bisher Instruktionsaspirant.

Trompeterinstruktor der Artillerie: ,, Adjutantunteroffizier Bechtel, Georg, in Frauenfeld, bisher Trompeterinstruktionsaspirant.

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Postverwaltung.

Unterbureauchef in Genf: Herr Georges Luchsinger, von Mitlödl (Glarus), Postcommis in Genf.

Postverwalter in Turgi: ,, Adolf Zehnder, von Kölliken (Aargau), Postdienstchef in Baden., Postverwalter inWohlhusen : ,, Roman Schürmann, von Menznau (Luzern), Posthalter in Wolhusen.

Postcommis in Wolhusen : ,, Fridolin Schiittier, von Niederurnen (Glarus), Postaspirant in.

St. Gallen.

Postcommis in Turgi : ,, Hans Wernly, von Thalheim (Aargau), Posthalter in Turgi.

Postcommis in Degersheim: ,, Josef Näf, von St. Peterzelï (St. Gallen), Postcommis in Rorschach.

Posthalter in Täuffelen: ,, Gottfried Laubscher, von Täuffelen (Bern), Privatgehülfe in.

Täuffelen.

Telegraphenverwaltung.

Telegraphist in Basel :

Herr Ernst Zahler, von St. Stephan; (Bern), Telegraphist in ßiel.

(Vom 13. März 1900.)

Justiz- und Polieeidepartement.

Amt für geistiges Eigentum.

Kanzlist II. Klasse : Herr Eugen Richardet, von Vivis.

Militär département.

Oberinstruktor der Verwaltungstruppen Herr Oberstlieutenant im Generalstab Rudolf Ringier, von Lenzburg, zur Zeit Instruktor I. Klasse der Verwaltungstruppen.

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Instruktoren I. Klasse deiInfanterie: Herr Major Adolf Hadorn, von Bern, bisher Instruktor I. Klasse der Festungstruppen.

,, Major Eugen Traine, von Oberhofen, in Aarau, bisher Instruktionsoffizier II. Klasse.

,, Hauptmann Gottfried Kind, von Chur, in St. Gallen, bisher Instruktor II. Klasse der Infanterie, unter Beförderung zum Major der Infanterie.

Instruktor I. Klasse der Festungstruppen : ,, Major Hermann Keller, von Aarau, in Bern, zur Zeit Instruktionsoffizier II. Klasse der Infanterie.

Finanz- und Zolldepartement.

Gehülfe:

Finanzkontrolle.

Herr Ernst Pochon, in Bern.

Handels-, Industrie- und Registratur: Kanzlist I. Klasse : Kanzlist II. Klasse ;

Landwirtschaftsdepartemeiit.

Handelsabteilung.

Herr Paul Schmutz, von Vechigen, Kanton Bern, gegenwärtig Kanzlist I. Klasse der Handelsabteilung.

,, Jakob Schmid, von Dietwil, Kanton Aargau, gegenwärtig Sekundarlehrer in Gontenswil.

,, Cäsar Schnebli, zur Zeit Gehülf'e der Handelsabteilun».

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