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Bundesratsbeschluß über

die Beschwerde des Joseph Degelo-Muheim, zum hl. Kreuz in Bitzighofen bei Samen, wegen Verweigerung einer Wirtschaftsbewilligung.

(Vom 6. Dezember 1900.)

) n r s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s rat

hat Über die Beschwerde des J o s e p h D egel o-M u h e i m , zum hl. Kreuz in Bitzighofen bei Samen, wegen Verweigerung einer Wirtschaftsbewilligung ; auf don Bericht des Justiz- und Polizeidepartements t olgende a Beschluß gefaßt: A.

In thatsächlich Beziehung wird festgestellt: T.

Durch Schlussnahme vom 11. Juli 1900 wies der Regierungsrat des Kantons Unterwaiden ob dem Wald dus Gesuch des Joseph Degelo-Muheim um Erteilung eines Patentes zur Weiterführung der von ihm betriebenen Wirtschaft zum hl. Kreuz in Bitzighofen bei Samen ab; die Verfügung wurde dem Gesuchsteller den 12. Juli dieses Jahres durch die Staatskanzlei mitgeteilt.

906 II.

Den 24. August reichte Degelo-Muheim ein Wiedererwägungsgesuch gegen diesen Beschluß ein, wurde aber den 29. August durch die Staatskanzlei davon in Kenntnis gesetzt, daß der Regierungsrat auf dasselbe nicht eingetreten sei und es somit bei der angefochtenen Schlußnahme verbleibe, wonach die bezügliche Speisewirtschaft auf spätestens Mitte Oktober zu schließen sei.

Beigefügt wurde der Mitteilung, daß der Regierungsrat nicht allgeneigt sei, auf ein vom Einwohnergemeinderat Samen befürwortetes Ansuchen die Konzession zum Betriebe einer Kaffeewirtschaft, verbunden mit dorn Ausschauk alkoholfreier Getränke, zu erteilen.

111.

Don 11./12. Oktober 1900 reichte Degelo-Muheim beim Bundesrat eine materiell motivierte Beschwerde ein. mit dem Gesuche: os sei der Entscheid des Obwaldner Regierungsrates, vom 21). August 1900, als verfassungswidrig aufzuheben und die kantonale Behörd anzuhalten, dem Gesuchsteller das verlangte Wirtschafts]>atent zu erteilen.

In prozessualer Richtung wird bemerkt: Der Einwand "des verspäteten Rekurses kann mit Rocht nicht erholten werden. Denn Thatsache ist es, daß Rekurrent unterm 24. August 1900 ein Wiedererwägungsgesuch, beziehungsweise ein Gesuch um Konzessionnierung einreichte, das unterm 29. August abgewiesen wurde.

Wollte sich Rekursbeklagte auf den Standpunkt stellen, daß schon unterm 12.Julii dio Konzession entzogen und untemi 29. August d i es e r Entscheid des Regierungsrates einfach bestätigt wurde, so ist dieser Auffassung entgegenzuhalten, daß dein Rekurrenten das Hecht immer offen bleibt, umNenkoncessionierungg einer bereits eingegangenen Wirtschafeinzukommen.n. (Art. 4 und 7 deWirt-lschaftsgesetzes vom 22. Janua1876.) DieseKonzessionsgesuchch wurde unterm 29. August abgewiesen und daher läuft diRekurs-sfrist, von diesem Tage. an.

IV.

In ihrer Beschwerdebeantwortung vom 3. November dieses Jahres erhebt die Regierung des Kautons Unterwaiden ob dein Wald in erster Linie die formelle Einrede der Verspätung; sie führt ans : Wie aus dem der rekurrentischen Eingabe beigebogenen Mémo-

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randu der Staatskanzlei hervorgeht, wurde dem Rekurrenten die regierungsrätliche Verfügung vom 11. Juli schon am 12. jenes Monats mitgeteilt. D a ß Joseph Dcgelo erst unterm 2 9 . August abhin lauf nichts ändern. Dies leuchtet schon deshalb ein, weil es sonnt im Belieben jedes Rekurrenten läge, durch Stellung eines Wieder erwägungsgesuches die gesetzlicheRekursfirstt nicht bloß 7,11 verlängern, sondern geradezu illusorisch zu machen. Will jemand nicht sofort den Rekurs an die eidgenössischen Behörden ergreifen und vorerst eine Wiedererwägung verlangen, so steht ihmdies» natürlich zu, und innert sechzig Tagen ist das auch leicht möglich.

Aber d i e nützliche Frist z u m Weiterzuge a n

lichen Entscheides an laufen. Eine Auffassung des Art. 178. Absatz3,, des Organisationsgesetzes über dieBundesrechtspflegee in dem Sinne, daß durch die Stellung sogenannterWiedererwägungs-gesuche der Fristenlauf überhaupt unterbrochen würde,entspräche' sicher dem Sinn und Geist des Gesetzes in keiner Weise.

Es ist der Rekurs als verspätet abzuweisen, weil vom 12./13. Juli an, unter welchem Datum der Rekurrent Kenntnis von Patententzug erhielt, bis zum 11. Oktober, dem Tage der Absendung der staatsrechtlichen Beschwerde, mehr als sechzig Tage verstrichen sind. Es hätte Degelo übrigens bei gutem Willen auch nach dem 29. August noch Zeit gehabt, fristgemäß zu rekurrieren.

Eventuell wird die materielle Begründung der wegen mangelnden Bedürfnisses erfolgten Ablehnung des Patentes dargethan

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: Gemäss Art. 178, Ziffer 3, und 190 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege ist die Besehwerde wegen Verletzung verfassungsmäßiger Rechte binnen sechzig Tagen seit Eröffnung oder Mitteilung der Verfügung dein Bundesrate schriftlich einzureichen, sofern nicht ein Beschwerdefall vorliegt, zu dessen Erledigung der Bundesrat als Vollziehungsbehörde auch von Amtes wegen einzuschreiten hat.

Eine solche Amtspflicht besteht für den Bundesrat nicht bei Verweigerung eines Wirtschaftspatentes durch kantonale Behörden (vgl. die Entscheide des Bundesrates vom 1. Mai 1900, m Sachen Elise Weber-Fries, und 27. Juli 1900, in Sachen Joseph Ammann).

908 Die erst am 11./12. Oktober dieses Jahres beim Bundesrate eingereichte Beschwerde des Joseph Degelo-Muheim ist offenbar verspätet, soweit sie sich gegen die Schlußnahme vom 11. Juli dieses Jahres richtet, durch welche der Regierungsrat des Kantons Unterwalden oh dem Wald sein Patentgesuch materiell abweisend entschied.

Die Behauptung des Rekurrenten welche der Einrede der Fristversäumnis einzig entgegengestellt worden ist: daß das Wiedererwägungsgesuch sich als neues Gesuch um Konzessionierung darstelle und daß deshalb erst vorn Datum der Abweisung, dem '29. August 1900, die Frist des Hundesgesetzes zu laufen beginne, entbehrt der Begründung. Die citierten Art. 4 und 7 des kantonalen Wirtschaftsgesetzes vom 22. Januar 1876 sprechen sich einzig über die Art und Weise der Konzessionserteilung durch den Regierungsrat, nach Begutachtung des in Frage kommenden Einwohnergemeinderates, aus : auch sonst wird in keiner Weise die Frage der prozessualen Bedeutung von Wiedererwägungsgesuchen im Gesetze festgestellt.

Von allgemeinen Gesichtspunkten aus muß aber der Rechtsanschauung des Regierungsrates des Kantons Unterwalden ob dem Wald beigetreten werden. Einem Wiedererwägungsgesuche kann eine den hunderechtlichen Fristenlauf hindernde Bedeutung nicht zugemessen worden, wo dies nicht ausdrücklich allgemein oder im einzelnen Falle bestimmt ist. Denn ein Wiedererwägungsgesuch bezweckt nicht eine Entscheidung über einen durch die Instanz, an welche es gerichtet ist, noch nicht geprüften Thatbestand, sondern eine nochmalige Untersuchung einer schon beurteilten Hache; es richtet sich auch nicht an eine neue Instanz, sondern an diejenige, welche bereits in der Sache entschieden hat. Deshalb kann ein Wiedererwägungsgesuch auch nicht, wie Rekurrent es thut, mit einem erneuerten Konzessionsgesuch auf gleiche Linie gestellt werden. Wollte man anders entscheiden, so läge es in der Hand säumiger Gesuchsteller, die sechzigtägige Frist jederzeit durch Einreichung eines Wiedererwägungsgesuch bei den kantonalen Behörden zu umgehen. Allerdings steht dem Beschwerdeführer nichts entgegen, trotz des derzeit abweisenden Bescheides für ein folgendes Patentjahr ein Gesuch zu stellen und im Falle der Abweisung sich bei den Bundesbehörden zu beschweren ; diese, Möglichkeit kann aber keineswegs, wie es in der Rekursschrift versucht wird, auf die rechtskräftig abgeurteilte Sache des laufenden Jahres ausgedehnt werden.

909 D e m n a c h w i r d er k an a t : Auf die Beschwerde wird wegen Verspätung nicht eingetreten.

B e r n , den 6. Dezember 1900.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates Der Bundespräsident: Hanser.

Der Kanzler der Eidgenosse rischaft. : Eingier.

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Bundesratsbeschluß über

die Beschwerde des Jean Beerli Weinhändler in Mammern (Kanton Thurgau), wegen Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit (Verbot des Verkaufs von Kunstweinen).

(Vom 10. Dezember 1900.)

Der s c h w c i K u r i s o h e B u n d c s r a t hat Über die Buschwerde des Jean B e e r l i , W einhändler in Mainmern (Kanton Thurgau), wegen Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit (Verbot des Verkaufs von Kunstweinen) ; auf don Bericht des Justiz- und Polizeidepartements,

folgenden Beschluß gefaßt:

A.

In tatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

1.

Mit Eingabe vom 1(5. Juli 1900 beschwerte sich Jean Beerli, Weinhändler in Mainmern (Kanton Thurgau), gegen die Versiegelung seiner Weinfässer, sowie gegen ein Erkenntnis des Bezirksamtes Steckborn vom 6. Juli 1900, durch das er auf Grund des § 12 des thurgauischen Lebensmittelpolizeigesetzes wegen Feilbietens

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Bundesratsbeschluß über die Beschwerde des Joseph Degelo-Muheim, zum hl. Kreuz in Bitzighofen bei Sarnen, wegen Verweigerung einer Wirtschaftsbewilligung. (Vom 6.

Dezember 1900.)

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12.12.1900

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