#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

52. Jahrgang. III.

Nr. 23.

# S T #

6. Juni 1900.

Bericht der

Kommission des Nationalrates über

die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im_Jahre 1899.

(Vom 21. April

1900)

Geschäftsführung des Bundesrates.

Bundeskanzlei.

Betreffend die Frage, ob nicht das stenographische Bulletin im Interesse einer raschern Orientierung materienweise statt chronologisch zu ordnen sei, ist außer den Bemerkungen im Geschäftsberichte noch eine einläßliche schriftliche Begründung geprüft worden, durch welche im einzelnen nachgewiesen wird, daß der Anregung nur mit großem Zeitverlust oder unter namhaften, unverhältnismäßig großen Kosten Folge gegeben werden könnte.

Bundesblatt. 52. Jahrg. Bd. III.

14

198 Das Verzeichnis der Postulate ist den Mitgliedern der Räte seit einer Reihe von Jahren nicht mehr ausgeteilt worden. Die Kommission wünscht, daß das III. Heft, vom 26. September 1890 an, und sodann jährlich die Fortsetzung an alle Mitglieder der Räte verteilt und früheres, mit Rücksicht auf die beschränkten Vorräte, nur auf besonderen Wunsch verabfolgt werde.

Der Anregung, es möchte die Wolf'sche Ausgabe der gebräuchlichen Bundesgesetze an die Mitglieder der Räte verteilt werden, kann nicht entsprochen werden, weil die Sammlung im Buchhandel beschafft werden müßte; die Voraussetzung, welcher das Begehren offenbar entsprungen ist, trifft nicht zu. Bezügliche Vereinbarungen mit Redaktor oder Verleger oder mit beiden gehen nämlich gewöhnlich nicht dahin, daß eine größere Zahl von Exemplaren zu ermäßigtem Preise zur Verfügung gestellt wird, sondern daß der Bundesrat die Übernahme einer solchen zu Ladenpreisen zusichern muß, um die Arbeiten, natürlich nur solche, die allgemein dienen, der Öffentlichkeit überhaupt zugänglich zu machen. Neben den Kosten dürfte auch der ziemlich häufige Wechsel unter den Mitgliedern der Räte in Betracht fallen; immerhin sollte in den Fällen, wo eine Begünstigung erlangt wird, die Gelegenheit geboten werden, von der Preisermäßigung Gebrauch zu machen.

Politisches Departement.

Internationale Angelegenheiten.

Niederlassung.

Im wehrpflichtigen Alter stehenden niedergelassenen Schweizerbürgern haben deutsche Behörden den Nachweis auferlegt, daß sie die Wehrpflicht im Heimatlande erfüllen, unter der Androhung der Ausweisung, wenn sie sich nicht zur Aufnahme in den deutschen Staatsverband anmelden. Die Veranlassung zu der Maßregel gab die Ansicht, der Deutsche, welcher, sofern er den Wehrdienst nicht leistet, vielen Hindernissen betreffend die Staatsangehörigkeit begegnet, befinde sich hinsichtlich der Erwerbsverhältnisse im Nachteile gegenüber Schweizern, die, solange sie im Ausland sind, keinen Dienst zu leisten brauchen, zu demselben im Gegensatz zu andern Staaten nicht verhalten werden können. Der Bundesrat

199 ist, sich auf den Niederlassungsvertrag stützend, vorstellig geworden, konnte aber nur erreichen, daß schon der Nachweis über den Dienstpflichtersatz als ausreichend anerkannt und daß bei der Ausweisung von ungerechtfertigter Härte Umgang genommen werde.

Die Angelegenheit ist ein sehr bezeichnendes Gegenstück zu den Klagen, die sich, und zwar nicht ohne Grund, in der Schweiz geltend machen : die Opfer der Wehrpflichtigen, welche den Dienst leisten, in der großen Mehrzahl wenig Bemittelte, sind wesentlich größer als diejenigen der Ersatzpflichtigen. Die Vorteile der letztem sind noch wesentlich namhafter, wenn, wie es seitens Angehöriger «inzelner Kantone ohne wirksamen Widerspruch derselben vorkommt, im Auslande sich aufhaltende Bürger sich der Ersatzsteuer ebenfalls entziehen. Noch immer kommt es auch vor, daß bei Anstellungen Dienstfreien der Vorzug gegeben wird, sowie daß wegen Kursen gekündet wird, oder doch Schwierigkeiten bereitet werden. Die Kommission hält dafür, es sei nur zu 'begrüßen, wenn infolge der Anforderungen von Deutschland der Gegenstand bei dem ganz gegebenen Anlasse der Beratung des Gesetzes über die Wehrpflichtersatzsteuer von Grund aus geprüft und dann im Sinne der Rücksicht auf die Pflichtbewußten erledigt wird.

lukamerationsangelegenheiten der Kautone 8t. Gai leu und Graubünden in Österreich.

Die Kommission beschränkt sich darauf, noch auf die ausführliche Darstellung des Bundesrates, welche als Schlußbericht .aufgefaßt werden dürfte, hinzuweisen.

Schiedsgerichte.

Der Bundesrat hat das Schiedsrichteramt in den Streitigkeiten betreffend die Grenzen von Guyana zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten von Brasilien übernommen. Die Kommission ist weit entfernt, die allgemeine Bedeutung der Schiedsgerichte, sowie die Ehre und das Vertrauen, die der Regierung und dem Lande bewiesen werden durch bezügliche Anfragen, zu unterschätzen.

Allein bei näherer Betrachtung drängt sich doch auch das Gefühl der Verantwortlichkeit auf. Ist es schon schwierig, sich iiber ferner liegende Verhältnisse ein Urteil zu bilden, was bereits für die Ernennung der Schiedsrichter erforderlich wird, so will die Wahl derselben erst recht erwogen sein. Wer sich am besten ^eignet, ist gewöhnlich durch Berufsthätigkeit in selbständiger oder

200 amtlicher Stellung so in Anspruch genommen^ oi't überlastet, dali die Übernahme hochwichtiger, außerordentlicher Pflichten damit unvereinbar erscheint, insbesondere, da selbstverständlich auf rasche Rechtsprechung Bedacht zu nehmen ist. Anderseits ist nicht zu übersehen, daß die Schweiz auch in den Fall kommen kann, Schiedsgerichte nachzusuchen, wobei es für sie nur vorteilhaft sein kann, wenn sie sich ihrerseits wiederholt zur Verfügung gestellt hat.

In Gewärtigung der in Aussicht gestellten besonderen Botschaft über die Friedenskonferenz im Haag "o enthält sich die Kommission, sich auszusprechen.

Grenzverhältnisse.

Während mit einzelnen Nachbarländern die Fragen betreffend die Grenzverhältnisse sich jeweilen rasch und befriedigend abwickeln, begegnen die Behörden und die Vertreter im Auslande anderseits nicht unbedenklichen Schwierigkeiten. Noch immer ist die Übereinkunft betreifend die Grenze am Mont Corbeau von Frankreich nicht endgültig genehmigt. Während der Zolldienst auf den Dampfschiffen des Bodensees, 1897 eingeführt, bereits hat ausgedehnt werden können, sind die Verhandlungen für den Luganer- und Langensee immer noch nicht zum Abschlüsse gelangt.

Die Grenzverletzungen, namentlich durch Zollwächter, beschäftigten; die Behörden wiederholt.

IBürgerrechtsbewilligungen.

Die Frage betreffend die Erleichterung der Einbürgerung wird vom Bundesrate geprüft; Bericht wird nächstens erstattet. Während die Kommission die Bedeutung der Anregung durchaus nicht verkennt, muß sie doch auch darauf hinweisen, daß eine Zahl der gerügten Übelstände manchenorts beseitigt werden könnte durch sorgfältigere, schärfere Kontrolle der Ausweisschriften, überhaupt durch bessere Ordnung des Niederlassungswesens.

Die Auffassung des Bundesrates, daß die Bewilligung zur Einbürgerung zurückgezogen, und daß selbst das erteilte Bürgerrecht aufgehoben werden könne, wenn es sieh nachträglich herausstellt, daß die Voraussetzungen mit den thatsächlichen Verhältnissen nicht Übereinstimmten, erscheint als richtig. Dabei läuft der Beteiligte, sofern er aus dem früheren Staatsverhande entlassen ist, die Gefahr, heimatlos zu werden ; allein es wäre das die Folge eigenen Verschuldens.

201 Selbstverständlich ist auch, daß die Bewilligung zur Einbürgerung unter allen Umständen nach zwei Jahren erlischt; denn die zeitliche Beschränkung hätte gar keinen Sinn, wenn nach Belieben während oder nach der angesetzten Frist Gebrauch von der Bewilligung gemacht werden könnte.

Optionen.

Die Optionserklärungen werden nur für Frankreich durch den Bundesrat vermittelt; für Italien ist der bezügliche Verkehr «in direkter.

Auswanderung.

Der Bundesrat ist im Begriffe, die Organisation des BureauDienstes neu zu ordnen, wobei auf etwelche Ersparnisse durch Verschmelzung von Stellen Bedacht genommen wird.

Die überseeische Auswanderung, 1879 4288 Personen, ist rasch gestiegen bis 1883, 13,502 Personen, dann nach und nach ·zurückgegangen bis 1898, 2288 Personen. Indem 1899 mit 2493 Personen die Richtung wieder geändert wird, dürfte eine Übersicht über die Bewegung der Zahlen nicht ohne Interesse sein.

Departement des Innern.

Tollziehung der Bundesverfassung und eidgenössischer Gesetze.

Medizinalprüfungen.

Am 14. Dezember 1899 hat der Bundesrat ein neues ,,Reglement betreffend den Maturitätsausweis für die Kandidaten der · medizinischen Berufsarten"' erlassen, und zwar, laut Geschäftsbericht, als Frucht einer gutachtlichen Einvernahme der kantonalen Erziehungsdepartemente und einer am 6. und 7. September vom Departement des Innern mit den Vorstehern jener Departemente und mit je zwei Vertretern der eidgenössischen Maturitätsprüfungs-

Zu Seite 201.

··

Überseeische Auswanderung.

l

1

Wnhn.

11 UM II"

Kanton.

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz

Obwalden . . . .

Nidwaiden . . . .

Glarus Zug Freiburg . . . .

Solothurn . . . .

Basel-Stadt . . . .

Basel-Landschaft .

Schaffhausen .

Appenzell A.-Rh. . .

Appenzell I.-Rh. .

S t . Gallen . . . .

Graubünden Aargau Thurgau . . . .

Tessin Waadt Wallis Neuenburg . . . .

Genf

bevölkerung.

i

1899. 1898. 1897. 1896. 1895. 1894. 1893.

2

337,183 421 502 536,679 34 135,360 17,249 6 50,307 46 15,043 9 2 12,538 33,825 36 23,029 22 119,155 20 85,621 43 73,749 200 61,941 « 65 39 37,783 54,109 44 12,888 5 157 228,174 72 94,810 193,580 103 40 104,678 126,751 296 247,655 73 101,985 79 108,153 75 105,509 104

Schweiz

2,917,754

Schweiz . . . °/oo Deutschland . %o Italien . . . %o

2,918,000 49,400,000 30,900,000

3

4

342 469 53 18 53 12 4 29 11 29 42 152 46 36 50 5 177 64 94 58 226 69 97 82 70

344 470 41 12 39 15 4 54 6 21 50 189 71 58 37 2 149 70 125 61 303 118 76 107 86

2493 . 2288

2508

5

6

557 437 637 1037 64 52 22 29 76 43 30 25 7 6 62 111 9 21 44 53 90 80 297 257 118 67 108 64 61 57 4 -- 216 244 101 108 220 128 71 91 301 353 106 139 236 210 146 136 114 153

7

413 918 61 24 79 45 13 91 37 46 68 282 87 96 74 3 283 127 147 94 339 122 187 121 92

3330

4268

3849

8

1892.

9

1882.

19

20

2l

1,570 4,667 190 135 186 108 21 312 89 126 349 467 316 381 123 10 520 467 1,271 172 531 308 795 263 125

1,440 3,560 225 90 171 112 11 376 55 131 392 731 331 335 168 16 884 429 933 250 455 113 390 258 106

1,329 3,079 225 88 304 225 23 468 50 49 359 253 311 369 148 15 1,061 191 1,010 271 589 112 146 159 101

540 1636 141 20 299 46 17 412 41 46 380 126 226 375 76 8 602 68 795 131 628 82 165 239 156

9608 13,502 11,962 10,935

7255

658

828

782

1531

1642

1862

109 46 184 76 18 142 32 40 140 327 166 143 114 5 418 281 310 155 561 184 198 222 117 6177

124 85 237 83 8 186 38 48 167 480 119 145 244 4 802 293 369 182 636 263 337 366 149

1881. 1880.

1891. 1890. 1889. 1888. 1887. 1886. 1885. 1884. 1883.

16 17 14 15 18 11 12 13 10

135 72 171 117 24 172 30 32 162 349 124 206 197 27 726 286 346 158 689 271 203 243 132

7835

7516

756 2104 117 35 163 63 20 192 36 54 220 410 214 207 134 20 523 209 394 133 620 239 273 320 256

819 961 2137 2166 87 99 73 78 210 127 107 27 14 20 219 167 36 53 162 98 169 178 380 436 225 236 181 152 121 168 6 12 493 438 275 244 454 424 168 148 898 794 280 397 274 267 367 420 265 Ì246 1

939 1846 129 108 184 201 17 137 30 52 165 385 184 184 130 -- 393 234 425 142 578 263 216 452 164

712 818 1206 1525 2106 2995 108 167 191 94 58 81 137 94 103 20 161 61 8 7 28 204 146 153 55 202 28 163 29 83 230 141 189 404 351 374 142 139 261 266 121 201 62 72 91 5 8 8 477 273 303 423 170 256 353 424 641 85 130 128 621 691 667 181 363 355 411 337 206 314 240 289 141 108 138

7712

8430

8346

7558

6342

7583

1879.

Ohne die Ausländer.

22

248 941 77 31 87 32 3 191 51 221 246 231 104 31 | 1 204 31 359 78 667 115 84 206 49 4288

0,86

0,78

0,86

1,16

1,47

1,32

2,03

2,61

2,50

2,57

2,81

2,78

2,52

2,ii

2,53

3,20

4,50

3,99

3,64

2,42

1,43

0,48

0,45

0,49

0,68

0,75

0,82

1,77

2,35

2,43

1,97

1,97

2,16

2,20

1,77

2,36

3,22

3,77

4,45

4,86

2,60

0,30

4,25

4,io

5,35

5,94

5,48

3,41

4,02

3,47

5,68

· -- i

1

202 kommission und des leitenden Prüfungsausschusses abgehaltenem Konferenz. Angesichts der befremdenden Thatsache, daß der genannte Erlaß nun doch eine fast einstimmige Opposition seitens der kantonalen Erziehungsdepartemente verursacht hat, haben wir uns beim Vorsteher des Departements erkundigt, was er angesichts dieser Sachlage in der Angelegenheit zu thun gedenke. Wir erhielten den Bescheid, daß er dieselbe neuerdings der eidgenössischen Maturitätskommission und dem Prüfungsausschuß zur Vernehmlassung zuzuweisen gedenke. Man darf daher hoffen, daß eine befriedigende Lösung dieses Konfliktes noch herbeigeführt werden könne. Immerhin wäre künftig eine etwas vorsichtigere Behandlung und reiflichere Vorbereitung derartiger Erlasse zum Zwecke der Vermeidung von Vorgängen, wie der erwähnte,, wünschbar, um so mehr, als jüngsthin, allerdings auf einem andern Gebiete, ähnliche Erfahrungen gemacht worden sind.

Gesundheitswesen.

Die Pest.

Die fortgesetzten Bemühungen des Bnndesrats zur Bekämpfung der Gefahr einer Einschleppnng der seit 1896 in Britisch-Indien herrschenden und durch Ausbrüche in Alexandrien und Oporto auch für Europa näher rückenden Seuche sind in hohem Maße anzuerkennen. Bei diesem Anlasse hat sich die Errichtung und die Thätigkeit des eidgenössischen Gesundheitsamtes als entschieden wohlthätig bewährt.

Lebensmittelpolizei.

Die Kommission betrachtet die Sistierung der Beratung des Gesetzentwurfes vom 28. Februar 1899 als eine ganz provisorische und hält dafür, sie sei thunlichst bald wieder aufzunehmen. Die durch den Ständerat an der Vorlage vorgenommenen Änderungen im Sinne einer bedeutend erhöhten Beitragsleistung des Bundes können ohne Schaden für die Sache selbst erheblich modifiziert werden, so daß finanzielle Bedenken gegen den Erlaß dieses Gesetzes nicht gerechtfertigt erscheinen.

Mass und Gewicht.

Durch den Erlaß einer neuen Volkiehungsverordnung, vom 24. November 1899, ist einem seit Jahren empfundenen Bedürfnisse

203 entsprochen worden. Entgegen dem Wunsche der meisten Kantonsregierungen und dem einstimmigen Antrage der Expertenkommission ist die Eichpflicht für die im Bierhandel üblichen Flaschen von verschiedener Größe nicht ausgesprochen worden. Das wäre nicht allein im Interesse des Publikums, sondern würde wohl auch dem Art. 15 des Bundesgesetzes über Maß und Gewicht die wünschbare Nachachtung verschafft haben.

Gesetzgeberische Arbeiten.

Die Motion Steiger (St. Gallen) vom 4. Juni 1895 betreffend die Revision des Art. 32bis der Bundesverfassung im Sinne der Erhöhung des steuerfreien Verkaufsminimums nicht gebrannter geistiger Getränke. Nachdem die Klagen über die volkswirtschaftlichen und moralischen Nachteile des sogenannten Zweiliterhandels sich stets erneuern, hat die Kommission beim Vorsteher des Departements sich über den Stand der Angelegenheit erkundigt und Akt davon genommen, daß noch im Laufe dieses Jahres ein Bericht des Bundesrates erfolgen werde.

·'S*-

Polytechnische Schule.

Die Zahl der regulären Studierenden erzeigt gegenüber dem Vorjahre eine Vermehrung von 871 ciuf 935, während die Zahl der Zuhörer für Freifächer ungefähr gleich geblieben ist. Wir nehmen an, daß die Zunahme der Schülerzahl nicht auf Kosten ihrer Qualität geschehe. Denn ohne die Gelegenheit zur Ausbildung für andere Personen als die immatrikulierten Schüler einschränken zu wollen, scheint es uns doch von hoher Wichtigkeit zu sein, daß dabei und überhaupt die Vorschriften betreffend die Aufnahme von Schülern in allen Fällen sorgfältig gegen Umgehungen gewahrt werden, und zwar sowohl mit Rücksieht auf die Anstalt selbst wie auf diejenigen Mittelschulen, welche bestrebt sind, es mit den Maturitätsprüfungen ernst zu nehmen.

Der bei Behandlung des Geschäftsberichts von 1898 ausgesprochene Wunsch nach Einrichtung eines hydraulischen Versuchslaboratoriums wird erneuert, da es zur Zeit in unserm Lande, an Gelegenheit zur Ausbildung tüchtiger Wasserbautechniker mangelt.

Ebenso können wir es nur billigen, wenn die Frage der Erweiterung des Unterrichts am Polytechnikum in Hinsicht auf wissenschaftliche Ausbildung höherer Betriebsbeamter für Eisen-

204

bahnen, für die vom Bunde geleiteten Betriebsaristalten namentlich, ernstlich geprüft und einer Lösung zugeführt wird, jedoch in dein bestimmten Sinne, daß die Ausbildung der mittleren und untern Stufe den kantonalen Technikum zu überlassen ist.

Die Gründung einer Witwen- und Waiseukasse der Lehrerschaft des Polytechnikums ist zu begrüßeu und eine Unterstützung durch den Bund ernster Prüfung wert; denn die Erfahrung lehrt, daß das Recht auf Pensionen für die Hinterlassenen in andern Ländern gerade auf die tüchtigsten Lehrkräfte eine große Anziehungskraft ausübt. Aus diesem Grunde und gestützt auf manche Erfahrungen, an welche man sich nur ungerne erinnert, dürfte sich eine gewisse Begünstigung der Lehrer am Polytechnikum rechtfertigen. Die von Professor Dr. Zeuner in Dresden der Schulo gemachte hochherzige Schenkung von Rm. 6000 als Fonds einer ,,Zeunerstiftung" zur Verabfolgung von Stipendien an würdige bedürftige Studierende der mechanisch-technischen Abteilung ist übrigens ein Beweis der Anhänglichkeit, welche auch weggezogene Lehrer unserer Schule bewahren.

Eidgenössische Bauten.

Da über die Vergebung der Schreinerarbeiteu für das Bundesratshaus in Zeitungen tadelnde Bemerkungen gefallen sind, haben wir die Frage für sich und im allgemeinen geprüft. Bei den Submissionen wird nach richtigen Grundsätzen verfahren. Die Arbeiten werden an möglichst viele Unternehmer, möglichst auf verschiedene Landesteile und an für die Arbeit besonders geeignete Unternehmer verteilt. Nicht die niedrigsten Augebote geben allein den Ausschlag ; meistens sind angemessene Mittelpreise maßgebend.

Bei der besonders erwähnten Ausschreibung ist allerdings der gewaltige Preisunterschied zwischen den Eingaben sehr auffallend ; das niedrigste Angebot, dem das bei der Vergebung berücksichtigte ziemlich nahe steht, wird vom höchsten uni das sechsfache und vom zweithöchsten noch nahezu um das dreifache übertreffen. Ein so großer Unterschied ist bei Annahme gleicher Qualität schwer zu erklären und mahnt zu größter Um- und Vorsicht.

Porstwesen.

Hinsichtlich der Vollziehung des Bundesbeschlusses vom 15. April 1898 betreffend Ausdehnung der eidgenössischen forstlichen Oberaufsicht über die ganze Schweiz scheint in Grewärtigung

205 des neuen Bundesgesetzes über die Forstpolizei in den Kantonen ein Interregnum zu herrrchen. Wir hätten gern durch den Geschäftsbericht erfahren, ob und in welcher Weise zur Zeit der neue Art. 24 der Bundesverfassung vom 15. Oktober 1897 in den Kantonen bereits angewendet werde.

Justiz- und Polizeidepartement Gesetzgebung und Rechtspflege.

Bundesgesetzgebung.

Mit Befriedigung ist das Fortschreiten der Vorarbeiten für «in schweizerisches Civilgesetzbuch hervorzuheben. Es ist vorauszusehen, daß bis Ende des laufenden Jahres der gesamte Vorentwurf fertiggestellt sein wird, so daß er einer größern Kommission von Fachmännern zur weitern Beratung wird vorgelegt werden können.

Durch die Annahme des Bundesgesetzes vom 30. März 1900 betreffend Erleichterung der Ausübung des Stimmrechtes und Vereinfachung des Wahlverfahrens ist der eine Teil der im Jahre 1897 erheblich erklärten Motion Heller erledigt worden. Der andere schwierigere Teil, welcher die Einführung eines gleichartigen Verfahrens bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen bezweckt, wird erst dann in Behandlung genommen werden können, wenn über das Schicksal der Initiative betreffend Einführung des proportionalen Wahl Verfahrens entschieden sein wird.

Nachdem es der Bundesrat mit Beschluß vom 17. Februar 1899 mit Rücksicht auf die immer noch bestehenden prinzipiellen Meinungsverschiedenheiten abgelehnt hat, die Ausarbeitung eines neuen Gesetzesentwurfes über die Währschaft beim Viehhandel an die Hand zu nehmen, sind eine Anzahl ostschweizerischer Kantone in Verhandlungen zur Anbahnung eines neuen Konkordates über diesen Gegenstand eingetreten. Wie wir vernehmen, ist bereits ein definitiver Entwurf ausgearbeitet worden, und es ist Aussicht vorhanden, daß eine größere Anzahl von Kantonen ihn annehme. Diesen Schritten ist der beste Erfolg zu wünschen;

206 aber die Regelung durch ein Bundesgesetz bleibt nach wie vor ein dringendes Bedürfnis und ist nicht aus den Augen zu verlieren.

Die Revision des G-ebührentarifs für Schuldbetreibung und Konkurs, über welche der Bundesrat schon in seinem Geschäftsbericht pro 1896 einen Bericht in Aussicht gestellt hatte, ist von den Geschäftsberichtskommissionen der Räte von 1897 und 1898 als eine dringliche bezeichnet worden, deren möglichst baldige Erledigung wünschenswert sei. Wir sind der gleichen Ansicht und erwarten, daß die Vorarbeiten, die ins Stocken geraten sind,, wieder aufgenommen und einem baldigen Abschluß entgegengeführt werden.

Das Bundesgesetz betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten vom 1. Mai 1850 entspricht nach unserer Ansicht nicht mehr den Anforderungen, die man in neuerer Zeit an ein Expropriationsgesetz stellen muß ; es bedarf dringend der Revision.

Während der Grundsatz nicht anzufechten ist, daß die Abtretung nur gegen vollen Ersatz aller Vermögensnachteile, welche aus derselben für den Abtretenden ohne seine Schuld erwachsen, erfolgen soll, stellt das Gesetz im allgemeinen die Interessen des Expropriierenden zu sehr in den Vordergrund und schützt den Expropriaten zu wenig; das Verfahren ist viel zu langsam, und manche Bestimmungen lassen an Klarheit zu wünschen übrig.

Ohne ein vollständiges Programm für die Revision des Gesetzes aufstellen zu wollen, heben wir folgende Punkte hervor : Die bloße öffentliche Auflage der Expropriationspläne in den Gemeinden, an welche sich schwerwiegende Rechtsfolgen knüpfen, ist eine ungenügende Grundlage für das ganze Verfahren. Das Gesetz bietet keine Handhabe um den Expropriierenden anzuhalten, die durch Auflegung der Pläne kundgegebene Expropriationsabsicht in einer bestimmten Frist zur Ausführung zu bringen, oder aber darauf zu verzichten. Der durch die Planauflage herbeigeführte, für die betroffenen Liegenschaftsbesitzer äußerst hemmende Rechtszustand kann daher Jahre lang dauern. Die Möglichkeit, einen Expropriaten anzuhalten, sein Grundstück ohne Bezahlung, nur gegen .Leistung einer Kantion seitens des Exproprianden, herzugeben, bedeutet eine schwere Schädigung desselben, die um so empfindlicher wird, je länger das Endurteil und damit die Zahlung auf sieh warten läßt. Eine Beschleunigung des Verfahrens, die wohl zu
erreichen sein sollte, wäre unter allen Umständen dringend notwendig. Schließlich wäre zu erwägen, ob nicht das Bundesgericht, das auch im vorliegenden Geschäftsbericht über die immer zunehmende Geschäftslast klagt und durch

'207 die Expropriationsstreitigkeiten stark in Anspruch genommen wird, durch eine andere Gestaltung des Verfahrens wesentlich entlastet werden könnte. Wir stellen daher folgendes Postulat: Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht das Bundesgesetz betreffend die V e r p f l i c h t u n g zu der Abtretung von P r i v a t r e c h t e n r e v i d i e r t w e r d e n sollte.

Internationales Recht.

Die internationale Übereinkunft betreffend Civilprozeßrecht, am 25. Mai 1899 in Kraft getreten, hat zur Folge gehabt, daß in den meisten Kantonen die Ausländer, die einem der Vertragsstaaten angehören, bezüglich der Kostenversicherangspflicht im Civilprozeß besser gestellt sind als die Angehörigen anderer Kantone. Dieser unhaltbare Zustand kann nur durch die Kantone, welchen das Gesetzgebungsrecht über das Prozeßrecht zusteht, beseitigt werden. Es ist jedoch wünschenswert, daß dies in allen Kantonen geschehe, und wir begrüßen es daher, daß das Justizdepartement auf Anregung der Regierungen von Zürich und St. Gallen die einleitenden Schritte gethan hat, um ein Konkordat über diese Materie anzubahnen.

Eine wesentliche Erleichterung für den gerichtlichen Verkehr wird das Übereinkommen mit Österreich-Ungarn betreffend den direkten Verkehr der Gerichte bringen. Wir hoffen, daß es gelingen werde, auch die Verhandlungen über den Abschluß eines Staatsvertrages mit diesem Lande betreffend gegenseitige Vollziehung von Civilurteilen zu einem guten Ende zu führen.

Der Versuch, den schweizerischen Gewerbetreibenden in Deutschland den Schutz des Reichsgesetzes zur Bekämpfung des unlautern Wettbewerbes zu verschaffen, ist infolge dos gegenwärtigen Standes unserer Gesetzgebung und unserer Judikation auf diesem Gebiete mißglückt. Eine zweckmäßige Regelung der schwierigen Materie ist nur von der .Bundesgesetzgebung, in erster Linie von der Strafgesetzgebung zu erwarten. Der von deutscher Seite erfolgte Hinweis auf unsere Patentgesetzgebung, die den unlauteren Wettbewerb in der chemischen Industrie ermögliche, ist nicht neu. Der Vorwurf wurde bei den Verhandlungen über das Übereinkommen vom 13. April 1892 betreffend den Patent-, Muster- und Markenschutz im deutschen Reichstag erhoben und schon damals als in seiner Allgemeinheit unbegründet zurück-

208 gewiesen. Allein wir werden uns der Aufgabe nicht entziehen können, gründlich und rechtzeitig zu prüfen, ob nicht die internationalen Beziehungen auf dem Gebiete des Handels und der Industrie einer Revision unserer Patentgesetzgebung wiinschbar erscheinen lassen könnten.

Von einer gewissen Bedeutung für die Industrie der Ansichtspostkarten ist der im Geschäftsbericht mitgeteilte Entscheid des deutschen Reichsgerichtes, wonach Photographien auf Postkarten in Deutschland als Werke der Industrio aufgefaßt werden, so daß die gesetzlichen Vorschriften zum Schutz des Urheberrechtes an Werken der Kunst auf dieselben keine Anwendung linden. Die fortschreitende Entwicklung dieses Industriezweiges auch nach der künstlerischen Seite hin, wird vielleicht zu einer Änderung dieser Auffassung führen. Eine solche zu erwirken, ist in erster Linie Sache der Interessenten.

Der Bundesrat hat die vom Bundesgericht befürwortete und vom Justizdepartement beantragte offizielle Herausgabe sämtlicher Staatsverträge mit Rücksicht auf die bedeutenden Koston abgelehnt.

Der Entscheid, bei welchem auch noch andere als finanzielle Gründe mitgewirkt haben, ist vielfach bedauert worden. Zwar ist ja nicht zu verkennen, daß allerlei Schwierigkeiten zu überwinden wären. Bei vielen Verträgen ist es zweifelhaft, ob sie ganz oder teilweise außer Kraft getreten sind und bei vielen dürfte die amtliche Ausscheidung des noch Geltenden eine heikle Aufgabe sein ; manche Staatsverträge interessieren auch das größere Publikum weniger. Allein die Zahl derjenigen Verträge, welche das Handel und gewerbetreibende Publikum kennen muß und welche von Gerichten und Verwaltungsbehörden fortwährend gehandhabt werden müssen, nimmt fortwährend zu, und es ist nicht ganz leicht, sie in der immer mehr anschwellenden offiziellen Gesetzessammlung zu finden. Eine Zusammenstellung und Herausgabe dieser Verträge würde einem Bedürfnis entsprechen und auch wesentlich weniger kosten als eine Herausgabe sämtlicher Staatsverträge. Unter allen Umständen aber muß bei der Publikation von Beschlüssen betreffend Aufhebung oder Änderung von Staatsverträgen in der Gesetzessammlung mit der größten Genauigkeit verfahren werden, was nicht immer der Fall war.

Schuldbetreibung und Konkurs.

Die abgelehnte Motion Favon betreffend Betreibung für Arbeitslohn hat das Jnstizdepartement immerhin veranlaßt, während des Jahres 1899 eine genaue Statistik in dieser Richtung durch

209

das Betreibimgsamt des Kantons Basel-Stadt aufnehmen zu lassen.

Das Resultat ist noch nicht mitgeteilt.

Die Mitteilungen über Bewilligung von Rechtsstillständen veranlaßt uns zu der Bemerkung, daß dabei mit der größten Vorsicht und Zurückhaltung sollte vorgegangen werden. Die Bewilligung des Rechsstillstandes ist eine sehr zweischneidige Maßregel und verlangt eine sorgfältige Abwägung der dabei in Betracht kommenden Interessen, namentlich dann, wenn sie nicht der gesamten Bevölkerung einer Gegend, sondern nur gewissen Teilen, z. B. der Landwirtschaft treibenden Bevölkerung gewährt wird. Es scheint uns fraglich, ob gegenüber Art. 62 des Schuldbetreibungsgesetzes, welches den Rechtsstillstand in Fällen von Epidemien oder eines Landesunglückes, sowie in Kriegszeiten vorsieht, die Praxis des Bundesrates nicht schon etwas weit geht.

Civilstand und Ehe.

Die Untersuchung des Falles in Ehesachen aus dem Kanton Graubünden hat ergeben, daß die betreffende Gemeindebehörde unverkennbar die Absicht hatte, und auch entsprechende Schritte that, eine ihr zur Last fallende geisteskranke Frauensperson durch.

Verheiratung mit einem Bürger einer andern Gemeinde los zu werden..

Die Ehe wurde in der Folge wegen der Geisteskrankheit der Fra« nichtig erklärt, und die Frau mit einem inzwischen geborenen Kinde fiel dann auch thatsächlich einer andern Gemeinde zur Last.

Solche Vorfälle verdienen, aufs schärfste gerügt zu werden. Es wäre wohl zu untersuchen, ob nicht auf dem Wege der Gesetzgebung, z. B. durch das schweizerische Strafgesetzbuch, gegen solchePraktiken eingeschritten werden könnte.

Der Umstand, daß der französische Konsul in Genf an die dortige Staatskanzlei das Gesuch gestellt hat, es möchten ihm die Geburten von Kindern französischer Eltern mitgeteilt werden,, veranlaßt uns, den Wunsch nach Abschluß einer Vereinbarung mit Frankreich betreffend gegenseitige kostenfreie Mitteilung von Civilstandsakten auszusprechen. Eine solche Vereinbarung besteht bereits mit Baden, Bayern, Österreich-Ungarn, Belgien und Italien.

Frühere Unterhandlungen mit Frankreich haben zu keinem Resultat geführt. Der Schritt des französischen Konsuls in Genf könntevielleicht den Anknüpfungspunkt zu neuen Verhandlungen bieten.

Auch mit Deutschland wäre der Abschluß einer solchen Vereinbarung sehr erwünscht.

Das Einschreiten gegen fehlbare Civilstandsbeamte findet unsere volle Billigung.

210 Art. 56 des Bundesgesetzes betreffend Civilstaud und Ehe, welcher festsetzt, unter welchen Voraussetzungen ein schweizerisches Gericht eine Scheidungsklage von Ausländern annehmen darf, hat sowohl den Bundesrat als die Gerichte vielfach beschäftigt. Die Frage, ob auf Grund dieses Artikels deutsche Reichsangehörige in der Schweiz geschieden werden können, ist von den Gerichten teils bejaht, teils verneint worden. Die am 1. Januar 1900 in Kraft getretene neue deutsche Civilprozeßordnung hat nun dit!

rechtliche Lage vollständig geändert, und es wäre wünschenswert, daß der neuen Lage die Aufmerksamkeit zugewendet und die nötigen Maßregeln getroffen würden, um zu verhüten, daß Scheidungsurteile gegen Deutsche von schweizerischen Gerichten erlassen würden, die in Deutschland keine Anerkennung finden.

Handelsregister.

Wenn eine genaue Aufsicht über die Handelsregister der Kantone, zu welcher auch die durch die Neuordnung vorgeschriebenen Inspektionen gehören, bei der fortwährenden Vermehrung der Geschäfte durch das vorhandene Personal nicht mehr ausgeübt werden kann, so wird eine Vermehrung desselben nicht zu umgehen sein.

Rechtspflege.

Von 201 Rekursen, die im Berichtsjahre erledigt wurden, kamen nur 67 zur materiellen Behandlung. Die übrigen wurden teils zurückgezogen, teils wegen Fristversäumnis abgewiesen, teils konnte auf dieselben nicht eingetreten werden, weil sie entweder ausschließlich in die Kompetenz der kantonalen Behörden oder des Bundesgerichtes fielen, oder weil die kantonalen Instanzen noch nicht erschöpft waren. Es sind somit zwei Drittel der beim Bundesrat eingereichten Rekurse von vornherein ungerechtfertigt.

Unter diesen Umständen drängt sich die Frage auf, ob nicht bei einer spätem Revision des Bundesgesetzes über die Bundesrechtspflege die Vorschrift des Art. 221, wonach für das Verfahren vor dem Bundesrate keinerlei Gebühren zu entrichten sind, in Wiedererwägung gezogen werden sollte in dem Sinne, daß unter Beibehaltung des Prinzips der Kostenlosigkeit dem Bundesrat die gleiche Befugnis gegeben werden sollte, die das Bundesgericht hat, eine Gebühr zu erheben, wenn die Anhebung oder Veranlassung des Streites oder die Art der Prozeßführung es rechtfertigt.

211 Handels- und G-ewerbefreiheit.

Die Zusammenstellung der Grundsätze, die bei Behandlung der Wirtschaftsrekurse zur Anwendung kommen, wird die Orientierung auf diesem Gebiete erleichtern und vielleicht unbegründete Rekurse verhindern. Einzelne Punkte sind vielleicht etwas zu schroff gefaßt. So dürfen z. B. die Erörterungen unter litt, ft nicht so aufgefaßt werden, daß eine kantonale Regierung sich ohne weiteres einer Verletzung der Rechtsgleichheit schuldig macht, wenn sie von einer Praxis, die sie als mangelhaft erkannt hat, zu einer andern übergeht. Auch die Bemerkung litt, w, daß auf einen aus Irrtum gefaßten Beschluß nicht zurückgekommen werden könne, möchten wir nicht ohne Vorbehalt aufnehmen. Wenn das Gesetz wirklich die Berichtigung eines solchen Irrtums nicht zuläßt, so ist das eine Lücke, die ergänzt werden sollte.

Der Entscheid in Sachen Papeteriewarengeschäft Dreyfus in St. Gallen betreffend Gewerbesteuer ist damit motiviert, daß bundesrechtlich gegen eine Patenttaxe so lange nichts einzuwenden sei, als dieselbe weder das gesetzlich zulässige Maximum übersteigt, noch einen gewinnbringenden Gewerbebetrieb ganz oder doch nahezu verunmöglicht. Wir sind der Ansicht, daß eine Taxe von Fr. 1000 für die Erlaubnis zum Ausverkauf während eines Monats, wie sie in diesem Falle erhoben wurde, jedenfalls an der Grenze des Zulässigen steht.

Polizeiwesen.

Yerträge und Konventionen.

Die vertrages Abschluß formellen

Unterhandlungen über den Abschluß eines Auslieferungsmit den Vereinigten Staaten von Amerika haben zum eines Vertragsentwurfes geführt, der nur noch der Genehmigung bedarf.

Rogatorien.

Mit Recht hat der Bundesrat das Ersuchen eines schweizerischen Gerichtes an das Civilgericht in Paris um Abhörung unseres dortigen diplomatischen Vertreters über Amtshandlungen unserer Gesandtschaft als unzulässig betrachtet.

212

Geschäfte polizeilicher Natur.

Das Verfahren der Werber für holländische Dienste und das Schicksal, welches derjenigen wartet, die ihnen in die Hände fallen, sollte allgemein bekannt gemacht werden, um bei manchem dio Lust nach einem solchen Kriegsdienst zu dampfen.

Bundesanwaltschaft.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Urteile der kantonalen Gerichte in Fällen von Eisenbahngefährdungen und von Widerhandlungen gegen eidgenössische Fiskalgesetze vielfach auffallend milde sind ; der Bundesrat sollte von dem ihm zustehenden Rechte der Kassationsbeschwerde etwas häufiger Gebrauch machen.

Militärdepartenient.

Einleitung. Allgemeines. Erlasse.

Die strengere Handhabung der Vorschriften betreffend die Tauglichkeit birgt die Gefahr, daß beim Vollzug durch die verschiedenen Sanitätsorgane ungMctTTerfahren werde, wobei Reklamationen aller Art, besonders von armem Rekruten und Eingeteilten gegenüber Begüterten, welche vom Dienste befreit würden,, die Folge wären ; strengste Unparteilichkeit und große Vorsicht ist geboten.

Durch die Einführung des Rétabli erungstages im Corps verbände ist ein Gefechtstag weniger ; es empfiehlt sich auch aus diesem Grunde eine Reduktion der Munition. Dagegen hat das vollständige Verschießen schon bei den Friedensübungen schlimme Folgen; im Ernstfalle werden dieselben zur Katastrophe, wie die Kriegsgeschichte an vielen Beispielen und so im gegenwärtigen Kriege in Südafrika lehrt. Eine etwas höhere Dotation an Munition der Infanterie zur Ausgleichung, aber unter striekter Festhaltung des Verbrauches auf das festgesetzte Maximum, dürfte sich empfehlen.

213

Vermehrte Kontrolle, nicht etwa nur durch die Munitionsrapporte, ist angemessener Verteilung und sparsamem Verbrauch förderlich.

Bezüglich der Einheitspreise wird eine Vernehmlassung nach vorgenommenen weitern Untersuchungen in Aussicht gestellt.

Nach der Budgetbotschaft 1900 sind dieselben bereits bei den Wiederholungskursen . der Infanterie mit 4 Rappen auf den Mann und den Tag, statt Fr. 3. 49 Fr. 3. 45 -- mit einer Ersparnis von Fr. 30,000 -- in Berechnung gezogen.

Die Anregung ist gemacht worden; für Schulen und Kurse einen Auszug aus dem Militärstrafrechte, eine Art ,,Friedensartikela, als Ersatz für die Kriegsartikel einzuführen.

Der Bundesbeschluß betreffend provisorische Organisation, Verwaltung und Verteidigung von St. Maurice von 1894 enthält in Art. 2 folgende Bestimmung: Der Bundesrat wird eingeladen, binnen einem Jahre einen Gesetzesentwurf über die fragliehe Organisation vorzulegen.

Die Organisation für St. Maurice kann nur in Verbindung mit derjenigen für den Gotthard und unter Benutzung der an beiden Orten gemachten Erfahrungen bleibend festgestellt werden, so daß durch die Verzögerung jedenfalls keine Nachteile entstehen.

Sanitarische Untersuchung und pädagogische Prüfung der Wehrpflichtigen.

Im Berichtsjahre wurden gegenüber dem Vorjahre lll2 Rekruten weniger untersucht; die Zahl der Diensttauglichen hat sich in der gleichen Zeit um 760 vermindert. Die beständige Vermehrung scheint ihre Grenze gefunden zu haben.

Bekrutenprüfunge n.

Die diesjährige Expertenkommission, nur aus eidgenössischen Experten bestehend, widmeten neben den gewöhnlichen Verhandlungsgegenständen einen Tag der Nachtaxation von 160 schwer zu taxierenden Rekruten. Das Ergebnis dieser Taxation war ein überraschend einstimmiges und beweist, daß mit ganz verschwindenden Ausnahmen in der ganzen Schweiz der gleiche Maßstab in der Beurteilung der Rekruten angelegt wird. -- Zu ein erzweiten Prüfung fanden sich nur 3 Rekruten ein. Das Verhalten der Rekruten bei der Aushebung war tadellos. Die Lokale haben im allgemeinen entsprochen.

Bundesblatt. 52. Jahrg. Bd. III.

15

214

Kontrollstärke der Einheiten des Bimdesheeres auf 1. Januar 1900.

I. Armeecorps II.

,, ,, M.

,, ,, IV.

,, ,, Besatzungstruppen Disponible Truppen Armeestab

44,645 Manu 45,636 ,, 46,212 ,, 43,970 ,, 19,515 ,, 37,601 ,, 661 ,, Zusammen 238,240 Mann

Unterricht.

Vorunterrioht.

Im großen und ganzen sind die Verhältnisse in Bezug auf das Turnen betreffend Platz, Geräte und Lokale stabil geblieben. Der freiwillige militärische Vorunterricht III. Stufe zeigt eine Vermehrung von 818 und 608 Schülern am Anfang und Ende der Kurse; am Anfang des Kurses 6952 (1898: 6134), am Ende des Kurses 5875 (1898: 5266) Schüler. Für die diesjährigen Resultate ist bemerkenswert, daß das erste Mal alle Sektionen nach dem vom Militärdepartement aufgestellten Programme arbeiteten. Der Übergang des Vorunterrichtes zum Obligatorium ist als einzig rationell und wirksam wohl anzustreben, in nächster Zeit jedoch ohne Zweifel nicht erreichbar.

Infanterie.

In den Rekrutenschulen wurde systematisch dahin gearbeitet, für Gefecht und Felddienst brauchbare Soldaten und Unterführer heranzubilden ; dennoch muß das Resultat als nicht durchwegs erreicht, und müssen am Schlüsse der Schulen immer noch eine verhältnismäßig große Zahl von Rekruten als nicht genügend durchgebildet bezeichnet werden. Diese Elemente erschweren den Unterricht der großen Zahl tüchtiger Soldaten in hohem Maß und giebt diese Thatsache zu schweren Bedenken Anlaß.

Wiederholungskurse.

Regimentskurse und Armeecorpsübung.

Die Truppenkommandanten bis zum Zugführer hinunter haben seit einigen Jahren ihren Vorgesetzten vor Beginn des Dienstes

215 ausführliche Arbeitsprogramme vorzulegen. Die Einheitskommandanten hatten Vorrekognoszierungen des sie betreffenden Übungsgeländes auszuarbeiten. Diese Programme sollen den gehegten Erwartungen noch nicht durchwegs in vollem Maße entsprochen haben. Sie sind als vorzügliche Vorbereitung der Offiziere für den bevorstehenden Instruktionsdienst zu betrachten und entsprechen der in Art. 93 der Militärorganisation verlangten Thätigkeit der Offiziere außer Dienst.

Die als Probe für die Kriegstilchtigkeit geltenden Feldübungen waren befriedigend, auch bei denjenigen Truppen, welche gleich nach der Mobilmachung zu Feldilbungen auszurücken hatten. Auch ist anzunehmen, daß keine Auswahl der Kommandanten stattgefunden habe, sondern daß das günstige Urteil in Bezug auf die Feldtüchtigkeit auf alle Einheitskommandanten durchschnittlich zutreffe. Der seit dem Jahre 1897 eingeführte Retablierungstag hat sich bewährt und darf als Wohlthat für Truppen und Pferde bezeichnet werden.

Infolge von Beobachtungen im Auslande und Versuchen bei verschiedenen Übungen ist die Frage in den Vordergrund getreten, ob, um vom kriegsgemäßen Zustande möglichst wenig abzuweichen, gewisse Übungen von zwei und mehr Tagen nicht ohne Unterbruch durch die tägliche mündliche Kritik, wohl aber mit einer Kritik am Schlüsse dieser Gruppe von Tagen ausgeführt werden sollten.

Der Gegenstand ist reiflicher Erwägung wert; indessen dürfte es vorderhand mit der Generalkritik am Schlüsse der Armeecorpsübung, wie sie letztes Jahr geübt wurde, genügen und die tägliche Kritik bei den Übungen Division gegen Division beibehalten werden.

Letztere, auf dem Übungsfeld, hat für den Übungsleitenden und die Führer ohne Zweifel großen Wert; sodann würde ein Ausfall der Kritik von einer großen Zahl von Offizieren, die den Übungen freiwillig folgen, um sich zu belehren, schwer empfunden werden.

Wenn wir die tägliche Kritik bei den Übungen Division gegen Division befürworten, würde es uns dann aber richtig erscheinen, behufs rechtzeitiger Anordnung für Verpflegung, Unterkunft und die Organisation des so wichtigen Vorpostendienstes und dessen Kontrolle durch die Truppenkommandanten, von einer Wiederaufnahme des Gefechtes nach der Kritik abzusehen.

In der Kommission wurde auch an eine Anregung im Jahre 1889 erinnert, nach welcher die Kommandanten der
zusammengesetzten Truppenkörper nach den größern Übungen zur Belehrung, gestützt auf die gemachten Erfahrungen, einzuberufen wären. Ein ersprießliches Resultat ist zu bezweifeln.

216 Das Militärdepartement konstatiert über den Stand der Ausbildung und Feldtüchtigkeit des I. Armeecorps einen nicht zu verkennenden Fortschritt und findet, daß größere taktische Verstöße wohl nicht häufiger vorgekommen seien, als bei den andern Armeecorps. Zu tadeln ist der Mangel an Orientierung bei Stäben und Führern aller Grade, ebenso der oft mangelhafte energische und rasche Entschluß und die oft fehlende beständige Fühlung mit den benachbarten Truppen.

Die Kommission ist der Ansicht, daß eine einheitliche Karte zwischen 725000 und YIOOOOO, wobei dann alle andern Karten für die Feldübungen unstatthaft erklärt werden müßten, die Orientierung wesentlich erleichtern würde und hat gerne vernommen, daß diesbezüglich ernste Studien im Gange sind.

Eine Anzahl Kantonsregierungen hat bei den letztjährigen Corpsübungen eine ganz abnorme Zahl von Dispensationen bewilligt; wir halten es für nötig, auf diesen Mißbrauch die Aufmerksamkeit zu lenken.

Wiederholungskurse der Landwehr.

Im Berichtsjahre begann der neue Turnus der Landwehrwiederholungskurse 1. Aufgebots mit der XX. Infanteriebrigade^ deren Bataillone einzeln zu den Wiederholungskursen einberufen wurden unter Zuteilung je eines Instruktionsoffiziers. Die meisten Bataillone hatten einen starken Bestand und begegnete daher der Unterricht besonders in Bezug auf das Schießen großen Schwierigkeiten. Die 7 Bataillone Nr. 113, 115, 116, 119, 123, 124 und das Schützenbataillon Nr. 12 hatten einen Bestand von durchschnittlich 926 Mann, zusammen 6525 Mann ; einzelne davon, Nr. 124 1237 und Nr. 123 bis 1376 Mann. Die Feldtüchtigkeit dieser Truppen ist nach den gemachten Erfahrungen noch nicht in genügendem Maße vorhanden und bedarf es noch vieler Anstrengungen, um die notwendige Dienstgewandtheit bei Cadres und Truppen zu erlangen.

Offiziersbildungsschulen.

Mit den Offiziersbildungsschulen wurden einige Felddienstund Exerzierübungen in Verbindung mit den gleichzeitig anwesenden Unteroffiziersschulen ausgeführt, was der Instruktion beider Truppenabteilungen sehr förderlich war. Leider muß auch dieses Jahr wieder die Wahrnehmung gemacht werden, daß aus technischen Berufsarten und aus der Landwirtschaft nur wenig Gffi-

217

ziere zu bilden sind; Mittel und Wege, hier Wandel zu schaffen, wären sehr zu begrüßen.

Sehiessschulen für Unteroffiziere.

Das Jahr 1899 bildete den Übergang dazu, die Unteroffiziersschule auf den Herbst zu verlegen und wurden deshalb, um für die I. Rekrutenschulen genügend Unteroffiziere /u erhalten, für einmal zwei abgehalten. Die Unteroffiziersschule wird immer noch Unteroffiziersschießschule genannt, da die Militärorganisation keine Unteroffiziersschule kennt. Die Wichtigkeit und Notwendigkeit dieser Schule ist jedoch so augenscheinlich, daß man dieselbe endlich als das, was sie wirklich ist, als Unteroffiziersschule bezeichnen sollte.

Freiwilliges Schiesswesen.

Dasselbe ergiebt im Berichtsjahre eine Vermehrung von 82 Vereinen mit 3,976 Mitgliedern, einem Total von 314,469 Mitgliedern. Der Bund entrichtet an die Vereine für obligatorische Übungen, fakultative Übungen, Revolverschießen und taktische Übungen ganz beträchtliche Beiträge, Fr. 345,433. Angesichts der Schießausbildung der Truppen unserer Nachbarstaaten und auch im Hinblick auf die Erfahrungen im Transvalkriege kann wohl von einer Einschränkung keine Rede sein, muß vielmehr mit allen Mitteln dahin getrachtet werden, die Schießfertigkeit noch bedeutend zu steigern und dies selbst, wenn noch weitere und größere Opfer damit im Gefolge wären.

Schon wiederholt wurde die Anregung gemacht, die Infanteriemunition von 6 auf 5 Rappen per Patrone zu reduzieren. Es ist unzweifelhaft, daß eine solche Reduktion dem freiwilligen Schießwesen einen neuen Aufschwung bringen würde ; die Kosten für die Erstellung der Patronen sind aber jetzt schon ganz erhebliche und beschränkt sich die Kommission für einmal darauf, die Anregung zu signalisieren und darauf hinzuweisen, daß ein vermehrter Verbrauch auch den Vorteil weniger langen Lagerns hätte.

Unterricht am Polytechnikum.

Prüfungen legten ab im Wintersemester 1898/1899 37 Schüler, im Sommersemester 1899 48 Schüler. Ohne Prüfung folgten dem Unterricht in der gleichen Zeit 247 und 208 Schüler. Die diesjährige Zunahme beider Kategorien von Schülern ist eine erfreuliche ; doch hat der Besuch der Kollegien mit nachheriger Prüfung selbstverständlich einen bedeutend größern Wert.

218 Für eine Anzahl Schüler des Polytechnikums aller Abteilungen fällt ein Teil der Offiziersbildungsschule, speciell der Artillerie, mit den Kursen zusammen, der größte Teil allerdings auf die Ferien. Das Polytechnikum nimmt nun auf diese Schüler durchaus keine Rücksicht und werden diesbezüglich jährlich Klagen laut.

Die Kommission hat die Ansicht, fttr fleißige und intelligente Schüler dürfte bei dem staatlichen Charakter der Anstalt etwelches Entgegenkommen angebracht sein.

Kavallerie.

Am 31. Januar 1899 traten bei der Kavallerie in die Landwehr 276 Mann. Von diesen waren im Besitze der ersten Pferde noch 155 Mann, also 56%. 90 Mann hatten Ersatepferde und 31 Mann waren ohne Pferd. Wir betrachten dieses Resultat als ziemlich günstig ; immerhin dürfte etwas mehr Schonung bei dem meistens noch unentwickelten Alter der Pferde ihre guten Folgen haben und deshalb am Platze sein.

Artillerie Wiederholungskurse.

Auch bei der Artillerie wurden für die Wiederholungskurse Übungsprogramme vorgeschrieben und zeigten sich dabei die gleichen Erscheinungen wie bei der Infanterie; wir wiederholen daher unsere bezüglichen Bemerkungen auch zu Händen dieser Waffengattung.

Die Parkkanoniere wurden dieses Jahr wieder wie früher mit Gewehren versehen, eine Verfügung, die hei dem Wegfall der Geschütze unerläßlich ist, ganz abgesehen von ihrer Bedeutung nach verschiedenen andern Richtungen.

O

Genie.

Die Ballonschule konnte wegen nicht Bereitstellung der Installation nicht abgehalten werden. Der Krieg in Südafrika hat den Wert des Fesselballons, besonders im Gebirge, unzweifelhaft dargethan.

Sanität.

Die Militärsanitätsvereine haben 18 Sektionen und 1472 Mitglieder. Das Samariterwesen ist von 104 auf 116 Sektionen und

219

einer Mitgliederzahl von 1105 auf 1514 angewachsen. Dem ersten waren 1899 Fr. 1100, dem letztern Fr. 800 Jahresbeitrag bewilligt.

Im Bericht ist die Bemerkung, daß sich in der Zahl der ärztlich zu behandelnden Mannschaft ein stetiges Anwachsen zeige, das sich nicht genügend erklären lasse. Der Überschuß wird aut Rechnung des Umstandes gesetzt, daß die Meldung der nachdienstlich Erkrankten von den Ärzten immer pünktlicher besorgt wird, wodurch die Soldaten der Pflege nicht mehr verlustig gehen.

Weitere Auskunft wäre erwünscht.

Für die Unfallversicherung mußte der ursprünglich aufgenommene Budgetposten Fr. 60,000 durch Nachkredit um Fr. 30,000 erhöht werden, da die Auslage auf Fr. 87,119 angestiegen ist.

Pferdestellung und Ankauf der Bundespferde.

Für das Depot der Artilleriebundespferde wurden 93 Pferde angekauft, mit durchschnittlich 91, im ganzen 8523 Diensttagen in Schulen und Kursen. Ein Pferd ist an Pneumonie umgestanden, 2 wurden ausrangiert. Auch unter Verrechnung dieser 3 Pferde ergiebt die Gesamtrechnung ein nicht ungünstiges Resultat.

Ankauf Fr. 104,000 Erlös Fr. 81,337 Mietgelder ,, 27,097 ,, 108,434 Vorerlös

Fr.

4,434

Bei den Bundespferden zeigt sich ebenfalls der Übelstand, daß die meisten derselben noch in zu jugendlichem Alter und zu wenig entwickeltem und kräftigem Zustande Verwendung finden und ist auch da möglichste Schonung angezeigt.

Kriegsbereitschaft.

Getreidevorräte.

Bei der Liquidation des Altweizens ergab sich auf dem gesamten Lager ein Gewichtsüberschuß von 71,036 kg. oder 0,9%, mit einem Werte von Fr. 15,116. 45. Diese günstige Erscheinung wurde schon früher besprochen und dient dazu, mit Fr. 13,608 Frachtdifferenzen und -ermäßigungen den Inventarpreis der Weizen-

220 vorrräte um Fr. 28,724. 45, d. h. um obige zwei Posten herab» zusetzen.

Inländisches Getreide.

Auf die im September 1899 erlassene Ausschreibung wurden 51 Offerten auf Lieferung von 13,500 q. Weizen, Korn und Hafer, meistens von Händlern gemacht. Nach Ausschuß von 5500 q.

Weizen und Korn wurden schließlich von den Experten zu festgesetzten Preisen gekauft 3570 q. Weizen, Korn und Hafer. Von diesen Partien war der größte Teil bis Ende 1899 noch nicht abgeliefert und wird wahrscheinlich überhaupt nicht geliefert werden, da es nicht möglich sein wird, die Ware nach vorgelegtem Kaufmuster zu liefern. Die landwirtschaftliche Bevölkerung sowohl als die Genossenschaften zeigen also neuerdings an den Lieferungen von inländischem Getreide wenig Interesse.

Militäranstalten.

Regieanstalt.

Es liegt eine Petition vor von 20 Militärreitgesellschaften, dahin gehend, es möchte das Kreisschreiben der Direktion der eidg. Regieanstalt abgeändert werden in dem Sinne, daß nicht nur Offiziere und berittene Unteroffiziere, sowie Offiziersaspiranten zur Teilnahme an Regie-Reitkursen berechtigt sein sollen, sondern wie früher sämtliche wehrpflichtige oder im Alter der III. Stufe des Vorunterrichts stehende Mannschaft. Die Kommission anerkennt den Wert der Anregung und empfiehlt die Petitionen zur Berücksichtigung, eventuell unter etwelcher Beschränkung der Anzahl auf einen gewissen Prozentsatz der letztern, aber ohne Vorbehalt da, wo die Verhältnisse so liegen, daß ein Reitkurs nur durch dieses Hülfsmittel ermöglicht wird. Durch die Mitwirkung der kantonalen Militärdirektionen bei der Aufsicht könnte zu weit gehenden Ansprüchen leicht gesteuert werden.

221

Finanz- und Zolldepartement.

Finanzverwaltung.

Finanzbureau.

Die Kommission erachtet es als Pflicht, mit allem Nachdruck hervorzuheben, daß der Bundesrat bei Anlaß der Berichterstattung ·die Verantwortlichkeit für die Verzögerung, welche im Erlaß des Ausführungsgesetzes zu Art. 39 der Bundesverfassung (Bundesbank) eingetreten ist, ablehnt. Die Frage ist bei den Räten anhängig seit 24. März 1899, mithin volle 15 Monate, beim Nationalrat von März 1899 bis Juni 1899, beim Ständerat von Juni 1899 bis jetzt. Die Lage des Geldmarktes überhaupt und der Finanzverhältnisse unseres Landes im besondern sind nicht dazu angethan, den beständig anwachsenden Übelständen im Geldverkehr und Notenwesen Einhalt zu gebieten anders als durch ein passendes Gesetz.

Die im Berichtsjahr angeordnete Anfertigung der Bundeskassenscheine giebt der Kommission nur zu der Bemerkung Veranlassung, daß sie sich mit der Verrechnung der bezüglichen Kosten einverstanden erklärt. Sie betragen laut Bericht Fr. 102,000, während der Münzreservefonds, dem diese Summe gemäß Antrag des Bundesrates entnommen werden soll, auf Ende 1899 ein Vermögen erzeigt von Fr. 556,450. 86 und noch namhafte Beträge zu gewärtigen hat.

Die Kommission ist einverstanden, daß der Bundesrat die Bestrebungen des schweizerischen Gewerbevereins, im Submissionswesen Reformen einzuführen, unterstützt. Allein sie glaubt, die Bundesverwaltung könne, unter Vorbehalt der Berücksichtigung der beim Departement des Innern angebrachten Bemerkungen, vom jetzigen System noch nicht abweichen. Erst wenn sich neue Grundsätze, wie die im Bericht erwähnten 14 Thesen des Gewerbevereins, in kleinern Administrationen bewährt haben werden, was bis jetzt keineswegs der Fall ist, wird die Bundesverwaltung an die Frage herantreten können, das bisherige System einer gewissen Freiheit, durch bindende Grundzüge zu ersetzen.

Mit der Versicherung der eidgenössischen Beamten und Angestellten gegen Unfall ist die Kommission einverstanden, sofern

222

der Grundsatz der Sclbstversicherung aufrecht erhalten wird. Von einem einläßlichen Gutachten betreffend grundsätzliche und einheitliche Ordnung wurde Einsicht genommen.

\

Finanzkontrolle.

Mit Befriedigung hat die Kommission die zweckmäßigen Anordnungen des Bundesrates zur Kontrolle der Budgetkredite konstatiert. Offenbar werden die Maßregeln dazu beitragen, dalJ die bewilligten Beträge nicht nur bei den ordentlichen, sondern auch bei den außerordentlichen Krediten strickte innegehalten werden, namentlich, wenn mit dieser Kontrolle eine strenge Beaufsichtigung der Arbeiten, für welche der Kredit bewilligt worden ist, Hand in Hand geht, und darüber gewacht wird, daß sie im Verhältnis der Ausgaben fortschreiten.

Es wird erwähnt, daß in Fällen, wo für Artillerieoffiziere keine Soldaten zur Verfügung stehen, Civilbediente eingestellt werden dürfen, in der Meinung, daß den betreffenden Offizieren nur die an diese effektiv bezahlte Löhnung zu vergüten sei. Der Entscheid des Bundesrates trifft namentlich dann zu, wenn mehrere Offiziere sich verständigen, nur einen Civilbedienten zu halten.

Die Anordnung ist zu billigen, obschon sie eine etwelche Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften bedeutet, da die Verhältnisse dazu zwingen.

Banknotenkontrolle.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse und Erscheinungen, welche unter diesem Titel des Geschäftsberichtes behandelt werden, zählen wohl zu den interessantesten und lehrreichsten Aufschlüssen über den Finanzshaushalt unseres Landes. Sie beleuchten nicht nur in unwiderlegbarer Weise die prekäre Lage unseres Notenwesens und die unabweisbare Notwendigkeit einer centralen Notenbank, sondern sie geben auch Aufschluß iiber unsere finanzielle Lage überhaupt und unsere wirtschaftliche Entwicklung. Wir verweisen speciell auf die Berichterstattung des Bundesrates über den Stand der Emissionsbanken, über die Notenemission und über die Bankausweise.

Der Geschäftsbericht des Bundesrates konstatiert, daß auch das Berichtsjahr seinen Teil dazu beigetragen habe, infolge der

223

Unzulänglichkeit der Umlaufsmittel immer mehr die Valuta ungünstig zu beeinflussen, die Geld- und Kreditverhältnisse überhaupt zu zersetzen. Wir stehen vor Erscheinungen, welche die Aufmerksamkeit einer Geschäftsprüfungskommission und auch der Räte auf sich ziehen müssen. Es ist dies um so mehr der Fall, wenn wir nicht mehr vor einzelnen vorübergehenden Schwierigkeiten stehen, sondern vor Zuständen, die seit Jahren andauern und bereits öfters von den verschiedensten Kreisen mahnend hervorgehoben worden sind.

Auf einen Umstand nur, um nicht zu wiederholen, treten wir näher ein, auf die sogenannte Silbertrainage, d. h. die gewerbsmäßig betriebene Silberausfuhr zu spekulativen Zwecken. Welche Proportionen dieselbe angenommen hat, bekundet am deutlichsten der Geschäftsbericht des Bundesrates selbst, indem ihrer bei verschiedenen Anlässen, an vier verschiedenen Stellen, gedacht wird.

Abgesehen von diesen in der Bundesverwaltung selbst liegenden Beweisen stehen uns Ziffern zur Verfügung, die unwiderlegbar Zeugnis ablegen von der enormen Ausdehnung, welche die Silberausfuhr angenommen hat. Wir entnehmen die Ziffern dem Jahresberichte eines der größten, wohl fondierten und vorzüglich geführten Bankinstitutes des Landes. Einzig da wurden gegen Bankbillets und in Konto Korrent für Fr. 61,000,000 Silber bezogen und für Kursverlust und für Transportkosten zum Ersatz dieses Silbers Fr. 437,736 verausgabt. Der betreffende Jahresbericht sagt: Es wird kaum nötig sein, daran zu erinnern, daß unter den Rückbezügen ein Teil vollständig berechtigt ist. Allein ein anderer Teil, und es ist dies die weitaus größere Hälfte, ist einzig und allein dem gewerbsmäßigen Silberexport zu spekulativen Zwecken zuzuschreiben.

Der Bezug von Silber zu spekulativen Zwecken beträgt somit bei dieser Bank allein über 30 Millionen. Es ist aber eine bekannte Thatsache, daß nicht nur die Banken an der Grenze unseres Landes, sondern sozusagen alle Emissionsbanken, sogar diejenigen der Centralschweiz zur Silbertrainage benützt werden. Wenn nun eine Bank allein genötigt ist, zu diesem Zwecke in einem Jahre über 30 Millionen Silber zu verausgaben, so läßt sich daraus schließen, daß unter Benutzung aller Banken enorme Summen dem normalen Verkehr entzogen und zu der Trainage verwendet werden.

Dadurch werden aber nicht nur die Diskontoverhältnisse in nachteiliger Weise beeinflußt, sondern auch der Geldkurs für Wechsel, indem das Silber von unsern Banken wieder zurückgekauft und

224

zur Deckung dieser Ankäufe französische Valuta verwendet werden muß. Ohne Zweifel ist die Frage aufzuwerfen, ob nicht die beständig anwachsende Notenemission und -cirkulation auch zum Teil auf die gleiche Ursache zurückzuführen sei, im Hinblick auf die Thatsache, daß ein nicht zu unterschätzender Teil auch der Banknoten als Ersatz; für das auswandernde Silber nicht durch die normalen Transaktionen des Handels und Verkehrs, sondern zur Vermittlung des spekulativen Silberexportes verwendet wird.

Aus diesen Gründen gestatten wir uns, folgendes Postulat aufzustellen : Der B u n d e s r a t w i r d e i n g e l a d e n , zu untersuchen, wie dem Mißbrauche der gewerbsmäßigen Geldausf u h r gesteuert werden kann.

Über den Abschnitt ,,Zurückgerufene Noten10 und über den dem schweizerischen Invalidenfonds einverleibten Betrag von Fr. 637,063. 45 (p. 33, L. I.) ist noch folgender Aufschluß zu geben.

Der Gesamtbetrag, der von den Emissionsbanken der eidgenössischen Staatskasse zur Rückzahlung von Noten, die außer Cirkulation gesetzt sind, vergütet worden ist, beziffert sich auf Fr. 5,727,040. 07 Von der Staatskasse wurde bis Ende 1899 von diesen Noten zurückbezahlt . . . . ,, 4,253,253. 65 und es bleiben noch uneingelöst

. . . .

Fr. 1,473,786. 42

Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der eidgenössischen Staatskasse, je länger desto weniger von diesen außer Cirkulation gesetzten Noten zur Zahlung vorgewiesen werden, hat man angenommen, es sei zulässig, dem Invalidenfonds, ohne die vom Gesetze für die Amortisationen vorgesehene Frist von 30 Jahren abzuwarten, zum voraus einen Teil des obenerwähnten Betrages zu vergüten. Auf diese Weise ist dem Invalidenfonds unter zwei Malen, im Jahre 1886 und im Jahre 1888, ein Betrag von Franken 637,063. 45 einverleibt worden. Der Rest von Fr. 836,722. 97 bildet die Reserve, aus dem allfällig noch zum Vorschein kommende Noten älterer, außer Cirkulation gesetzter Emissionen eingelöst werden müssen. Nach Mitteilung des Departements können aber im Laufe der nächsten zwei Jahre dem Invalidenfonds neuerdings Vergütungen aus dieser Reserve geleistet werden.

225

Wertschriftenverwaltung.

Wir können nicht umhin, bei der Behandlung dieser Abteilung des Finanzdepartements auch unserseits die Befriedigung über den günstigen Verlauf des Austausches der Obligationen der fünf Hauptbahnen auszusprechen.

Allerdings erwächst dem Departement durch diese Operation auch erhöhte Arbeit in der Verwaltung.

Das Inventar der Wertschriften hat betragen im Jahr 1895 Fr. 134,000,000 Ende 1899 ,, 151,000,000 Zunahme

Fr.

17,000,000

Zollverwaltung.

Es sei uns gestattet, aiich an dieser Stelle des Umstandes zu gedenken, daß im Jahre 1899 die Zolleinnahmen auf Franken 51,091,754. 31 angewachsen sind. Der Merkwürdigkeit wegen fügen wir bei, daß dieselben im Jahre 1849 nur cirka Fr. 2,000,000 betragen haben.

Bei der Berichterstattung des Bundesrates über den Personalbestand der Zollverwaltung konstatieren wir 3519 Absenzen wegen Militärdienst. Weit entfernt, die Einberufung der Zollbeamten zum Militärdienste beanstanden zu wollen, sind wir im Gegenteil der Ansicht, sie sei ein vorzügliches Mittel, einerseits militärische Disciplin und Kenntnis beim Personal der Zollverwaltung zu fördern, anderseits den Truppen intelligente und an stramme Ordnung gewöhnte Elemente zuzuführen/ Aus diesen wechselseitigen Beziehungen erwachsen beiden Teilen nur Vorteile.

Aus ähnlichen Gründen befürworten wir auch die unter Grenzschutz erwähnten eintägigen militärischen Übungen der Grenzwächter und erwarten, daß der Bundesrat seine Absicht, auch in Zukunft solche Schieß- und Instruktionstage alljährlich anzuordnen, ausführen werde.

226

Handels-, Industrie- und Landvvirtschaftsdepartenieut.

Handel.

Handelsverträge und auswärtige Zollverhältnisse.

Der am 31. Oktober 1897 mit Chile vereinbarte Niederlassungs- und Handelsvertrag ist am 31. Januar des Berichtsjahres in Kraft getreten. Ebenso hat am 17. Juli der am 10. November 1896 mit Japan abgeschlossene Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag volle Wirksamkeit erlangt. Die in demselben aufgestellten Bestimmungen betreffend den Schutz des gewerblichen Eigentums, sowie der neue Zolltarif mit den durch die Verträge bedingten Abänderungen traten erstere am 9. Juli 1897, letzterer am 1. Januar 1899 in Kraft.

Mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, welche die Art. VIII bis XII des Freundsehafts-, Handels-, Niederlassungs- und Auslieferungsvertrages von 1850 wegen Anständen betreffend die Auslegung der in genannten Artikeln enthaltenen Meistbegünstigungsklauseln gekündigt hatte, sind gegenwärtig Unterhandlungen im Gange zum Zwecke der Regelung dieser Verhältnisse auf neuer Grundlage. Über den Stand dieser Angelegenheit können noch keine Mitteilungen gemacht werden.

Internationale Ausstellungen. Paris 1900.

Es ist der Kommission aufgefallen, daß der Bericht des ßundesrates über die Vorbereitungen für die vom Bunde in erheblichem Maße subventionierte Pariser Ausstellung so spärliche Aufschlüsse enthält, um so mehr als bereits seit geraumer Zeit einmal die Zahl der Anmeldungen bekannt ist, anderseits hinsichtlich der Beschickung durch die schweizerischen Viehzüchter Schwierigkeiten bestehen.

Kommerzielle Berufsbildung.

Mit Befriedigung können wir konstatieren, daß auf dem Gebiete der kommerziellen Berufsbildung eine vielseitige anerkennenswerte Thätigkeit entfaltet wurde und manche erfreuliche Fort-

227 schritte erzielt worden sind. An diesen Resultaten haben jedenfalls die vom Bunde gewährten Beiträge einen ganz wesentlichen Anteil. Dieselben machten für die Handelsschulen eine Summe aus von rund Fr. 165,500 gegenüber Fr. 130,000 im Jahre 1898 und für die kaufmännischen Fortbildungsschulen Fr. 93,000 gegen Fr. 82,000.

Schweizerisches Handelsamtsblatt.

Der Einnahmenüberschuß beträgt Fr. 39,286 (1898 Fr. 21,177).

Das Erträgais der Privatanzeigen betrug Fr. 40,544 (1898 Franken 23,632). Wir notieren mit Befriedigung, daß bei diesem Unternehmen, welches früher mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, nunmehr normale Zustände eingetreten sind.

Handelsreisende.

Die Einnahmen an Patenttaxen betrugen Fr. 313,350; sie haben seit dem Jahre 1894, da sie sich auf Fr. 209,200 beliefen, jährlich um Fr. 12,500 bis Fr. 33,600 zugenommen. Daran haben ausländische Reisende bezahlt Fr. 20,250 (1898 Fr. 19,400).

Am 20. Februar 1899 hat der Centralverband schweizerischer Uhrenmacher an den Bundesrat das Gesuch gestellt, er möchte : 1. Der Bundesversammlung eine Revision des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 in dem Sinne beantragen, daß die Ausübung des Gewerbes der Handelsreisenden bei Privaten auf Grund der Taxkarten gänzlich verboten, eventuell analogen Bestimmungen unterstellt werde, wie solche in mehreren Kantonen für den patentpflichtigen Hausierverkehr Geltung haben.

2. Die kantonalen Beamten für die Verabfolgung von Ausweiskarten anweisen, keine Taxkarten mehr für Reisende- auszustellen, welche bei Privaten Bestellungen auf mitgeführte Waren aufnehmen wollen.

Der Bundesrat hat auf diese Eingabe erwidert: Nach Art. 31 der Bundesverfassung, welcher die Freiheit des Handels und der Gewerbe gewährleistet, sei ein gänzliches Verbot der Ausübung des Gewerbes der Handelsreisenden bei Privaten nicht statthaft ; nur Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerbe und über Besteuerung des Gewerbebetriebes seien vorgesehen. Betreffend das in zweiter Linie formulierte Gesuch,

228 nach welchem die Aufnahme von Bestellungen bei Privaten analogen Bestimmungen unterstellt werden sollte, wie solche in mehreren Kantonen für den Hausierverkehr Geltung haben, werde der Bundesrat mit Hülfe der Kantonsregierungen, sowie der Handels-, Industrie- und Gewerbevereine untersuchen, ob und inwieweit dasselbe zu befürworten sei. Nach dem Sinn und Geiste des Bundesgesetzes über die Patenttaxen der Handelsreisenden sei es jetzt schon unstatthaft, Taxkarten an Reisende abzugeben, die gewisse Artikel nicht nur als Muster, sondern als Ware mit sich führen, um sie den Käufern sofort zu übergeben oder aus provisorischen Niederlagen zuzuschicken. Die Taxkarte enthalte denn auch die Bemerkung : Diese Karte berechtigt nicht zum Mitführen von Waren.

Letzteres könne nur Handelsreisenden bewilligt werden, die ausschließlich mit Wiederverkäufern und Gewerbetreibenden in Verkehr treten. In allen andern Fällen des Mitführens von Waren kommen die kantonalen Hausiergesetze in Anwendung.

Bureau für Gold- und Silberwaren.

Die Einnahmen der Kontrollämter erreichten im Berichtsjahre die Summe von Fr. 348,842; es ergab sich ein Einnahmenüberschuß von Fr. 145,338. In diesen Angaben sind nur die aus dem Geschäftsbetrieb der Kontrollämter sich ergebenden Rechnungsposten enthalten. Aus den statistischen Angaben, welche auf Grund der von denselben eingelangten Berichten aufgestellt wurden, läßt sich erkennen, daß die Uhrenindustrie in unserem Lande in fortwährender Entwicklung begriffen ist.

Industrie.

Allgemeines.

Die wiederholt gemachte Anregung betreffend Errichtung eines internationalen Amtes für Arbeiterschutz, welche von der Schweiz schon am Berliner Kongreß von 1890 erfolglos beantragt worden war, kam in den Parlamenten einiger Staaten zur Sprache. Nach den vom Industriedepartement durch die Gesandtschaften erhaltenen Informationen über die Meinung bei den Regierungen jener Staaten werde hier durch die Gründung eines internationalen Amtes ein Vorteil für den Staat nicht erblickt, da dieser selbst für die ent-

229 sprechenden Publikationen sorge, dort wäre man geneigt, auf vorläufig vertrauliche Besprechungen einzutreten, und wieder anderswo erklärte man, das Bedürfnis noch weniger als früher anerkennen zu können, da verschiedene der in Betracht kommenden Staaten bereits eigene Arbeitsämter eingerichtet hätten. Eine Grundlage zu weiterem Vorgehen auf diplomatischem Wege konnte einstweilen nicht gefunden werden. Es ist zu bedauern, daß auf diesem wichtigen Gebiete keine Fortschritte zu verzeichnen sind.

Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken.

Im Jahre 1899 wurden 453 Etablissemente mit 6424 Arbeitern dem Gesetze unterstellt und in das Verzeichnis der Fabriken eingetragen. Vom genannten Verzeichnis wurden 262 Etablissemente mit 4171 Arbeitern gestrichen ; es ergiebt sich somit für das Jahr 1899 eine Zunahme von 191 Etablissementen mit 2253 Arbeitern. Die Anzahl der am Schlüsse des Berichtsjahrs dem Gesetze unterstellten Etablissemente beläuft sich auf 5917 mit 214,871 Arbeitern.

Wie der Kommission mitgeteilt worden ist, erheben einzelne Kantone für Überzeitbewilligungen Taxen in Beträgen, welche einer nicht unerheblichen Besteuerung gleichkommen. Mit Befriedigung haben wir vernommen, daß der Bundesrat mit dieser Angelegenheit sich befasse.

Bundesgesetz betreffend die Fabrikation und den Vertrieb von Zündhölzchen.

Der Bundesrat hat verschiedene Maßnahmen getroffen, welche nach unserm Dafürhalten geeignet sein sollten, den richtigen, dem humanitären Zweck des Gesetzes entsprechenden Vollzug desselben zu sichern.

Bundesbeschluss betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung.

Die Bundesbeiträge an 242 Bildungsanstalten erreichten die Summe von Fr. 786,229 (1898 Fr. 712,285). Für 258 Stipendiaten wurden Fr. 39,000 verabfolgt und zur Unterstützung von Fach- und andern Kursen an Beiträgen Fr. 19,733 angewiesen.

Wir hoffen, daß recht vorteilhafte Wirkungen aus dieson so erheblichen Bundessubventionen nicht ausbleiben werden.

Bundesblatt. 52. Jahrg. Bd. III.

16

23U

Bundesbeschluss betreffend die hauswirtschaftliehe und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts.

An 153 Bildungsanstalten sind Fr. 158,157 verabfolgt worden (1898 an 124 Anstalten Fr. 108,766).

Landwirtschaft.

Landwirtschaftliches Unterrichtswesen und Versuchsanstalten.

Die Bundessubveutionen stellten sich durchschnittlich höher als im Vorjahre. An Stipendien wurden rund Fr. 3000 mehr verabfolgt als im Jahre 1898. Die Beiträge an theoretisch-praktische Ackerbauschulen sind um Fr. 5500 zurückgegangen, während diejenigen an landwirtschaftliche Winterschulen sich um Fr. 10,920 höher belaufen, obschon im Jahre 1899 nur eine Schule, in Genf, eingerichtet worden ist. Die Leistungen des Bundes richten sich bekanntlich ganz nach den Auslagen der Kantone, welchen die Hälfte ihrer Kosten* für die Lehrkräfte und Lehrmittel ersetzt wird.

Die Schülerzahl der landwirtschaftliehen Winterschulen ist auf 388 gestiegen. Die zunehmende Frequenz zeigt, daß die Leistungen auch dieser Anstalten für Hebung der landwirtschaftlichen Bildung in den Kreisen der Bauernsame fortwährend besser erkannt und gewürdigt werden.

Die Thätigkeit der Schulen und Versuchsstationen für Weinbau ist auch auf die Bekämpfung der Reblaus gerichtet und die Abgabe von amerikanischem Rebholz für Neuanlagen von durch die Phylloxéra beschädigten Rebbergen mit widerstandsfähigen Unterlagen.

Bezüglich des landwirtschaftlichen Versuchswesens ist au erwähnen, daß die Zahl der Versuchs- und Untersuchungsanstalten um eine vermehrt worden ist, indem das bisher dem Kanton Bern gehörende bakteriologische Laboratorium des Herrn Dr. von Freudenreich vom Bund übernommen wurde.

Im Interesse unserer Landwirtschaft treibenden Bevölkerung werden diese Anstalten immer vielseitiger in Anspruch genommen.

231 Förderang der Tierzucht.

Hebung der Pferdezucht.

Eidgenössisches Hengstendepot.

Das Depot enthielt auf Ende des Berichtsjahres 89 Hengste, wovon 10 Stück vom sogenannten Zug- oder Arbeitsschlag. Die Zahl der letztern ist verhältnismäßig niedrig, und eine Vermehrung derselben für die nächste Zeit angezeigt, damit den als berechtigt anerkannten Wünschen auch dieser Richtung genügend Rechnung getragen werde. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß alsdann sich noch weitere Kreise von Landwirten der Pferdezucht zuwenden werden. Die Hengste dieses Schlages sind, wie ziemlich allgemein zugegeben wird, für das Depot weniger geeignet und ist ihre anderweitige Unterbringung bei regelmäßiger zuträglicher Arbeit angezeigt.

Die Höhe der Verwaltungskosten (Fr. 96,186) muß auffallen.

Wir haben uns indessen überzeugt, daß bei der erforderlichen großen Zahl der Bereiter, Fahrer und Wärter für das Depot und die zahlreichen Deckstationen die Ausgaben sich eben hoch belaufen 5 eine erhebliche Reduktion wird kaum möglich sein.

Prämiierung von Stutfohlen und Zuchtstuten.

Im Berichtsjahre sind 788 Tiere prämiiert und an Prämien die Summe von Fr. 102,000 zuerkannt worden, gegen 927 Tiere mit Fr. 119,300 1898. Wir hoffen, diese Differenz werde nicht auf einem Rückgange unserer schon nicht sehr ausgedehnten Pferdezucht beruhen, sondern mehr eine zufällige sein.

Depot drei- und vierjähriger Remonten (eidg. Fohlenhof).

Im Frühjahr 1899 wurden für den Fohlenhof 60 Pferde, ·wovon 51 dreijährige und 9 vierjährige, angekauft. Von diesen Tieren waren im Februar 1900 noch 57 Stück vorhanden, von denen 8 von der eidgenössischen Pferderegieanstalt, 2 vomKavallerieremontendepot und 33 vom Depot der Artilleriebundespferde übernommen wurden. Das reine ßetriebsdeficit beträgt Fr. 40,635 oder auf ein angekauftes Fohlen Fr. 677 gegenüber Fr. 432 im Vorjahr. Dieses etwas ungünstige Resultat ist eine Folge langwieriger Krankheiten der Fohlen und einer verhältnismäßig großen Zahl notwendig gewordener Ausrangierungen, sowie des Um-

232 Standes, daß die Inbetriebstellung der Weide in Avenches bedeutende Auslagen verursachte.

Das Ergebnis zeigt wiederum, welchen Schwierigkeiten in unserm Lande die Aufzucht eines den heutigen Anforderungen entsprechenden Reitpferdes begegnet.

Rindviehzucht.

In den Viehzuchtgenossenschaften und ihren Verbänden erblicken wir eines der besten Mittel zur Förderung und weitem Ausdehnung rationeller Viehzucht. Die entsprechenden Beiträge sind wohl angebracht.

Kleinviehzucht.

Eine wesentliche Vermehrung der Schweinezucht und -mast wäre mit Rücksicht auf die großen Dimensionen, welche der Import angenommen hat, von Vorteil. 1899 wurden eingeführt 92,908 Schweine über 60 kg. Gewicht, während nur 410 Stück von über 60 kg. ausgeführt worden sind.

Bodenverbesserungen.

Die Gesamtauslagen betrugen Fr. 300,000. Die Summe der im Jahre 1899 zugesicherten Beiträge hat gegenüber derjenigen vom Jahre 1898 um Fr. 173,304 und gegenüber derjenigen vom Jahre 1897 um Fr. 24,083 abgenommen. Hingegon weist das Jahr 1899 die größte Anzahl von Projekten, 323, auf (1898: 292 ; 1897: 301) ; die Bestrebungen gewinnen an Boden.

Die Kommission wünscht, daß Erhebungen gemacht werden über die Erfolge, welche durch die bisher ausgeführten Bodenverbesserungen erzielt worden sind. Bei auswärtigen Staaten wären auch Erkundigungen einzuziehen über das Subventionswesen auf diesem Gebiete, über an Bodenverbesserungen allfällig geleistete Vorschüsse, sowie deren Verzinsung und Amortisation.

Viehseuchenpoli/ei.

Die schweizerische Landwirtschaft hat auch im Berichtsjahre durch die große Anzahl der Fälle von Maul- und Klauenseuche eine schwere Schädigung erfahren. Wenn auch die Virulenz des Krankheitserregers und damit die Ansteckungsfähigkeit nicht bei

233 allen Invasionen der Maul- und Klauenseuche in gleichem Grade vorhanden und die Übertragbarkeit zu gewissen Zeiten eine größere ist, so könnten durch die jeweilen angeordneten Tilgungsmaßregeln doch entschieden bessere Resultate erzielt werden, wenn die bezüglichen Vorschriften, besonders die nun jedermann längst bekannte Anzeigepflicht, überall genügende Beachtung finden würden.

Die Maul- und Klauenseuche ist in 47 Fällen vom Auslande her eingeschleppt worden. Jeder einzelne Fall der Einschleppung kann eine große Verbreitung der Krankheit zur Folge haben, weshalb eine fortgesetzt strenge Kontrolle des Viehverkehrs an der Grenze von größter Bedeutung ist. Auch sollten einmal die nötigen Einrichtungen geschaffen werden für eine wirksamere Durchführung der schon längst vorgeschriebenen Desinfektion der Eisenbahnwagen.

Dem Bunde werden für die Zukunft größere Ausgaben erwachsen für Maßnahmen zur Verhütung der Einschleppung von Maul- und Klauenseuche und durch Leistungen an daherige Schäden, die auch künftighin nie vollständig abgehalten werden können.

Es sollte deshalb auch die Frage geprüft werden, ob nicht die an der Grenze für importiertes Vieh zu erhebenden Untersuchungsgebiihren zu erhöhen seien.

Von der bereits beschlossenen Revision des Bundesgesetzes betreffend die Viehseuchenpolizei hoffen wir, daß sie wirksamere Mittel zu erfolgreicher Bekämpfung der Seuchen verschaffen wird.

Im Viehverkehr mit Frankreich ist der Export andauernd sehr erschwert. Die Kommission wünscht, es möchte dem Bundesrate gelingen, durch Unterhandlungen mit Frankreich günstigere Bedingungen zu erlangen.

Massnahmen gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

Phylloxéra.

Der Kampf gegen diesen Schädling ist auch im Berichtsjahrenergisch weiter geführt worden. Allein trotz aller Tilgungsmaßregeln hat derselbe leider eine erheblich größere Verbreitung erlangt, so daß die Aussichten für seine Ausrottung ungünstiger geworden sind. Möchte es gelingen, bessere Mittel aufzufinden für eine erfolgreiche Bekämpfung dieses mit Recht so gefürchteten Schädlings.

234

Viehversicherung.

Die den Kantonen verabfolgten Bundesbeiträge erreichten die Summe von Fr. 176,616 (im Jahre 1898 Fr. 139,639), ein Beweis dafür, daß die obligatorische Viehversicherung in den Kantonen an Boden gewinnt.

Auf einer am 6. November in Bern abgehaltenen interkantonalen Konferenz sind einige für die Viehversicherung besonders in Betracht fallende Punkte, über die man nicht überall gleicher Meinung ist, zur Besprechung gelangt. Obschon nicht in allen Fragen eine Übereinstimmung erzielt worden ist, hat der gegenseitige Meinungsaustausch doch aufklärend gewirkt und kann derselbe einem mehr einheitlichen Vorgehen nur dienlich sein.

Post- und Eisenbahüdepartement.

Eisenbahnwesen.

Technische Kontrolle.

Bahnbau und Bahnnuterhalt.

Während des Berichtsjahres sind 30 größere und kleinere Bahn- und Tramlinien in einer Gesamtlänge von 353 Kilometer im Bau begriffen gewesen und zum Teil vollendet \vorden.

Die Fortschritte der Arbeiten am Simplontunnel waren befriedigende. Die Installationen, welche die Unternehmung auf der Nordseite des Tunnels für die Unterkunft der Arbeiter errichtete, sowie die Anordnungen, welche sie daselbst bezüglich Verpflegung und Verköstigung des Personals getroffen hat, dürfen als recht gute bezeichnet werden. In den Beziehungen zwischen Unternehmung und Arbeitspersonal ist denn auch eine merkliche Besserung eingetreten.

Eine Reihe hochwichtiger Bahnhoferweiterungsfragen, Zürich, Basel, St. Gallen, Bern, wurden entweder erledigt oder ihrer Erledigung nahegebracht.

235 Zu Ende 1899 waren 4074 Kilometer Bahnen auf Schweizergebiet im Betriebe. Davon entfallen 2829 Kilometer auf die fünf Hauptbahnen, bei welchen 522 Kilometer doppelspurig angelegt waren.

Auf Grund einer Zusammenstelluag des Departements über die wesentlichen auf den Hauptbahnen zur Zeit noch rückständigen Arbeiten und Einrichtungen wurden die Bahn Verwaltungen eingeladen, die ihnen bezeichneten Rückstände mit thunlichster Beförderung zur Ausführung zu bringen und hierüber ein Programm vorzulegen. Es ist zu erwarten, daß die Verwaltungen diesem Ansuchen rechtzeitig nachkommen werden.

Rollmaterial.

Der Bestand an Rollmaterial war auf Ende 1899: Lokomotiven.

Personenwagen.

Güterwagen.

Achsen.

Plätze.

Achsen.

Normalbahnen . . 919 6040 111,240 25,058 Andere Bahnen . . 218 2383 35,403 1,223 Es entsprechen diese Zahlen, soweit sie speciell die fünf Hauptbahnen betreffen, ziemlich genau dem im Februar 1898 durch das Departement festgesetzten Minimalbestaad.

Was, abgesehen bei der Gr. B., noch besonders fehlt, sind eigentliche Schnellzugswagen für die direkten Züge und ein passendes Material für die Nachtzüge.

Wünschenswert wäre es, wenn die Rauchverbrennungsapparate, die sich in ihrer neuesten Form boi richtiger Behandlung bewähren, nach und nach auch bei den Hauptbahnen angebracht würden, und mit aller Entschiedenheit sollte verlangt werden, daß die N. 0. B. endlich eine bessere Beleuchtung ihrer Personenwagen einführe.

Bahnbetrieb.

Trote der Bestrebungen des Departements und trotz des Entgegenkommens der Bahnverwaltungen ist es noch nicht gelungen, die so wünschenswerte Stabilität unserer Fahrpläne, sowie die allgemeine Fixierung des Beginnes der Sommerfahrordnungen auf den 1. Mai herbeizuführen. Die bezüglichen ganz außerordentlichen Schwierigkeiten sind zum Teil auch in den verschiedenartigsten Verhältnissen bei den fremden Bahnen zu suchen.

236

Betrefìend die Vollziehung des Arbeitsgesetzes ist hervorzuheben, daß die beim Bahn- und Dampfschiffpersonal gemachten direkten Erhebungen eine große Zahl von Unregelmäßigkeiten zu Tage förderten ; immerhin ist gegenüber frühem Jahren etwelche Besserung zu ver/eichnen.

Wenn auch die Anschlüsse fremder Bahnen /um guten Teil die Schuld an den immer noch recht häufig vorkommenden Zugsverspätungen tragen, so ist die Ursache dieser Übelstände doch noch viel zu häutig auch bei unsero Bahnen zu treffen. Wir möchten es nicht unterlassen, an dieser Stelle unser vollstes Einverständnis auszusprechen mit den Bestrebungen des Departements, die dahin zielen, die Bahnverwaltungen zur Vornahme derjenigen Anordnungen anzuhalten, die geeignet sind, hinsichtlich der Einhaltung der vorgeschriebenen Fahrordnung bessere Verhältnisse zu schaffen.

Unfälle im Berichtsjahre veranlaßten 86 Tötungen und 911 Verletzungen. Da die gerichtliche Untersuchung über einen der bedeutendsten dieser Unfälle, denjenigen in Aarau, zur Stunde noch nicht abgeschlossen ist, wollen wir uns dermalen sachbeziiglichen Betrachtungen, zu welchen das Vorkommnis Anlaß bieten würde, enthalten.

Administrative Kontrolle.

Bückkauf der schweizerischen Hauptbahnen.

Durch die Urteile des Bundesgerichtes in den Rekursstreitigkeiten gegen die S. C. B. und die N. 0. B. sind die grundsätzlichen Differenzen zwischen dem Bundesrat und den ßahnverwaltungen über die Berechnung des konzessionsgemäßen Reinertrages und des Aulagekapitals in der Hauptsache entschieden worden. Bei seinen Entscheiden hat das Bundesgericht allerdings erklärt, daß für die Beurteilung nicht die Vorschriften des Rechnungsgesetzes vom 27. März 1896 maßgebend seien. Die materielle Prüfung führte aber dazu, daß der Richter in der Hauptsache die Übereinstimmung der Vorschriften des Rechnungsgusetzes mit den allgemein gültigen Rechts- und Verwaltungsgrundsätzen und mit den Bestimmungen der Konzessionen konstatieren mußte, so daß die Urteile im wesentlichen zu gunsten der Auffassung des Bundesrates ausfielen.

Immerhin werden eine Reihe wichtiger Rückkaufsfragen durch obige Urteile nicht berührt -- sie bleiben noch auf gütlichem

237 oder rechtlichem Wege zu erledigen. Wir heben diesfalls besonders hei vor die Frage, ob der Bund die von den Bahnen; kontrahierten Obligationsanleihen ohne weiteres übernehmen könneoder ob, Hand in Hand mit dem Übergang der Bahnen an den Bund, auch eine Kündigung des die Linien belastenden Obligationenkapitals eintrete. Zwei diese Frage behandelnde Rechtsgutachten von Dr. Eugen Huber, Professor in Bern, und Dr. Paul Laband, Professor in Straßburg, kommen übereinstimmend zum Schlüsse, daß der konzessionsgemäße Rückkauf der Bahnlinien und der Übergang derselben auf den Bund auf den 1. Mai 1903 nicht zur Folge habe, daß die auf einen spätem Termin zur Rückzahlung fälligen Anleihen schon auf den 1. Mai 1903 fällig werden, daß der Obligationär einerseits auf diesen frühern Zeitpunkt die Rückzahlung verlangen könnte, oder anderseits eine Rückzahlung durch die Gesellschaft annehmen müßte.

Einstweilen wurde durch den Bundesrat der Umtausch von Bahnobligationen in S1/^ °/o Bundesobligationen angestrebt und bis zu einem gewissen Maße mit Erfolg vollzogen. Demzufolge besitzt der Bund auf Ende des Berichtsjahres zu Eigentum : an Obligationen der J. S Fr. 24,464,000 an Obligationen der S. C. B , 16,855,000

an Obligattonen der N. 0. B

',,

18,572,000

an Obligationen der V. S. B an Obligationen der G. B

.', ',,

868,000 19,163,500

Fr.

79,922,500

.,

38,575,500

Zusammen außerdem an Prioritätsaktien J. S. 77,151 Stück im Nominalbetrag von Zusammen

Fr. 118,498,000

Mit der Verwaltung der Centralbâhn gepflogene Unterhandlungen führten dermalen zu keinem Resultate, hauptsächlich deshalb, weil eine Anzahl wichtiger Rechtsfragen eben zur Stunde noch offen stehen.

Transport und Rechnungswesen.

Die Normalbahnen mit einer Betriebslänge von 3230 Kilometer beförderten im Jahre 1899 52,249,179 Personen und 13,945,535 Tonnen Güter, was einer Steigerung von 4,s % und 4,7 % gegenüber dem Vorjahre entspricht.

238

Im Berichtsjahre vollzog sich die gesetzmäßige Prüfung und Genehmigung der Rechnungen und Bilanzen pro 1898 von 100 verschied en en Bah nunternehmungen.

Postverwaltung.

I. Allgemeines.

Das finanzielle Ergebnis ist ein recht günstiges. Bei Fr. 33,977,310. 46 Einnahmen und Fr. 31,188,870. 91 Ausgaben «rgiebt sich ein Reingewinn von Fr. 2,788,439. 55, welcher den Voranschlag um Fr. 2,663,439. 55 übersteigt. Die größte Einnahmenvermehrung weist die Rubrik Wertzeichen auf, und hierbei sind es speciell die Postkarten, vorzugsweise die Ansichtskarten, welchen mit einer Stückzahl von 11,231,715 der Löwenanteil zufällt.

Personal und Besoldungen.

Die Gesamtzahl des festangestellten Postpersonals belief sich auf Ende 1899 auf 9312 Beamte und Angestellte, 248 mehr als 1898.

Dem Besoldungsgesetz und den auf Grund desselben vom Bundesrat festgelegten Ansätzen für die einzelnen Soldklassen entsprechend hat die Aufbesserung der Besoldung nunmehr durchwegs platzgegriffen.

Betrieb.

Der Grundsatz der taxfreien Postquittungen ist schon früher aufgestellt und angenommen worden, er wird aber bis zur Stunde nur teilweise durchgeführt. In die Gratisbescheinigungsbüchlein dürfen nämlich nur eingeschriebene Briefpostsendungen, Geldanweisungen und Einzugsmandate eingetragen werden, während Quittungen für Fahrpostsendungen, Groupes, Pakete, auf Verlangen nur zur Taxe von 5 Cts. auf Extraformularen erteilt werden.

Der Grund zu dieser ungleichen Behandlungsweise ist uns unerfindlich, und es dürfte diese letztere für die Zukunft wohl füglich wegfallen.

239 Dagegen begrüßen wir es, daß die Postverwaltung der Einführung eines höhern Gewichtsatzes für Briefe -- von 15 Gramm auf 20 Gramm -- im internationalen Verkehr ihre volle Aufmerksamkeit schenkt und der Durchführung dieses Verlangens unentwegt zustrebt.

Ebenso erachten wir es für wohlbegründet und richtig, daß die Verwaltung, um der spekulativen Ausbeutung der Kursdifferenz zwischen der französischen und schweizerischen Valuta thunlichst entgegenzuarbeiten, zu Anfang des Berichtsjahres ermächtigt wurde, auf den Geldanweisungen nach Frankreich einen Zuschlag zu beziehen.

Telegraphenverwaltung.

Die Venrendung des Telegraphen hat im Berichtsjahre neuerdings abgenommen, und zwar um l,IG % gegenüber dem Vorjahre, infolge der Konkurrenz durch das Telephon ; allein auch die erwartete Steigerung des Telephongehrauchs ist nicht in dem erhofften Maße eingetreten. Das finanzielle Ergebnis der beiden Verwaltungen ist daher ein wenig befriedigendes.

Während nämlich die Telegraphenverwaltung einen Einnahmenüberschuß von bloß Fr. 80,560 anfweist, erzeigt die Telephonverwaltung sogar einen Ausgabenüberschuß von Fr. 1,238,960.

Beim letzten Resultate sind allerdings Amortisationen von 15 °/o auf den Anlagewerten Inbegriffen ; aber es ist nicht zu übersehen, daß die Telephonverwaltung dieser hohen Amortisationsquote wirklich bedarf, um ihre Abgänge zu decken.

Auf Ende 1899 hatten wir ein Telegraphennetz von 7059 km.

mit 21,544 km. ürahtlänge und ein Telephonnetz von 13,475 km.

mit 100,361 km. Drahtlänge.

In der Verwaltung waren beschäftigt bei der Direktion 82 Beamte, beim Betrieb 2360 männliche und 1355 weibliche Beamte iind Angestellte.

Das Telegraphen-, namentlich aber das Telephonwesen krankt hauptsächlich daran, daß die Anlagekosten der Linien im Verhältnis zur Verwendung viel zu hohe sind. Eine Steigerung dieser letztern wird aber nur schwer und nur mit der Zeit herbeizuführen

240 sein, so daß man sich einstweilen in diesem Verwaltungszweige möglichster Sparsamkeit zu befleißen hat. Es erschiene daher wohl angezeigt, daß vom Departement die Frage ernstlich geprüft würde, ob sich nicht durch eine Verschmelzung des administrativen Teils der Telegraphen- und Postverwaltung ganz erhebliche Ersparnisse erzielen ließen.

Geschäftsführung des Bundesgerichtes.

Die Geschäftslast des Bundesgerichtes hat sich auch im Berichtsjahr wiederum erheblich vermehrt. Die Gesamtzahl der Geschäfte ist von 1093 auf 1320 gestiegen.

An dieser Zunahme sind besonders beteiligt die Expropriationen (403 Fälle gegen 238 im Jahre 1898) und die Berufungen (337 gegen 257 im Jahre 1898).

Wenn die Arbeitslast fortfährt, in gleicher "Weise zuzunehmen, so wird eine Änderung in der Organisation nicht zu umgehen sein.

Unvermeidlich wird sie sein, wenn ein einheitliches Civil- und Strafrecht in Kraft treten wird, und wir teilen die Ansicht des Bundesgerichtes, daß es geraten sein möchte, die Umarbeiten hierzu rechtzeitig in Angriff zu nehmen.

Einstweilen wird sich das Bundesgericht mit der vermehrten Inanspruchnahme der Ersatzmänner, nicht nur als Beisitzer, sondern auch als Referenten behelfen müssen. Es wird daher in Zukunft bei der Wahl von Ersatzmännern darauf Rücksicht zu nehmen sein, daß die Gewählten genügend über ihre Zeit verfügen können, um den Ansprüchen des Bundesgerichtes gerecht zu werden.

Sehr zu begrüßen ist die Absicht des Bundesgerichtes, ein Gesamtregister über sämtliche seit 1875 erschienenen Bände der amtlichen Sammlung der Entscheide zu publizieren.

Nach Art. 111 der Bundesverfassung und Art. 52 des Gesetzes über Organisation der Bundesrechtspflege ist das Bundesgericlit verpflichtet, die erst- und letztinstanzlicho Beurteilung von Rechtsfällen zu übernehmen, wenn es von beiden Parteien angerufen,

241 wird und der Streitgegenstand einen Hauptwert von mindestens Fr. 3000 hat. A.uf Grund dieser Bestimmung wurden im Berichtsjahr 26 Prozesse beim Bundesgericht anhängig gemacht; aus dem Vorjahr waren 27 unerledigt geblieben ; erledigt wurden 19 ; es blieben am Schlüsse des Jahres pendent 34. Das Bundesgericht betont, daß wenn die Parteien durch die Verweisung an das Bundesgericht eine Abkürzung der Dauer des Verfahrens bezwecken, es durchaus nicht sicher sei, daß sie diesen Zweck erreichen, da auf eine schleunige Erledigung dieser Sachen beim Bundesgericht nicht gerechnet werden könne. In der That datieren von den 34 pendenten Prozessen dieser Art einer von 1888, einer von 1896, 4 von 1897, 9 von 1898, und von den 19 im Jahr 1899 eingegangenen war am Ende des Jahres keiner erledigt. Das Bundesgericht zieht aus diesen Thatsachen den Schluß, daß bei einer künftigen Änderung der Gerichtsorganisation die erst- und letztinstanzliche Kompetenz des Bundesgerichtes auf das Unerläßlichste zu beschränken sei.

Wir möchten diese Frage noch durchaus offen lassen. Wenn auch zuzugeben ist, daß bei der gegenwärtigen Geschäftslast und der Organisation des Bundesgerichtes die Instruktion dieser Prozesse eine große Belastung desselben bedeutet und es daher erklärlich ist, wenn die Erledigung keine sehr rasche ist, so möchten wir anderseits den Parteien die Möglichkeit, bei wichtigen Prozessen, das Bundesgericht als einzige Instanz in Anspruch zu nehmen, nicht abschneiden. Bei einer Revision des Organisationsgesetzes dürften sich Mittel und Wege finden, eine diesem Zwecke entsprechende Organisation zu schaffen.

Die große Zahl der Expropriationsstreitigkeiten (403 Fälle, wovon 137 aus dem Vorjahr übernommen, 266 neu eingegangen) und die teilweise lange Dauer derselben (von den unerledigten Fällen stammt l aus dem Jahre 1896, l ans dem Jahre 1897.

26 aus dem Jahre 1898) sind Thatsachen, welche bereits zur Begründung des Postulates betreffend Revision des Bundesgesetzes betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten angeführt worden sind.

Die Expropriationsstreitigkeiten nehmen die Zeit der Bundesrichter um so mehr in Anspruch, als sie vielfache Abwesenheiten vom Sitze des Gerichtes erfordern.

242

Anträge der Kommission.

1. Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht das Bundesgesetz betreffend die Verpflichtung zur Abtretung von Privatrechten revidiert werden soll.

2. Der Bundesrat wird eingeladen, zu untersuchen, wie dem Mißbrauche der gewerbsmäßigen Geldausfuhr gesteuert werden kann.

3. Den Geschäftsberichten des Bundesrates und des Bundesgerichtes für 1899 wird die Genehmigung erteilt.

B e r n , den 21. April 1900.

Die Mitglieder der Kommission: Geilinger, Präsident.

Berlinger.

Bossy.

Défayes.

Degen.

Fonjallaz.

Dr. Iselin.

Nietlisbaeh.

von Steiger.

Suter.

Vigier.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Nationalrates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1899. (Vom 21. April 1900)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1900

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.06.1900

Date Data Seite

197-242

Page Pagina Ref. No

10 019 223

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.