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Schweizerisches Bundesblatt.

44. Jahrgang. I.

Nr. 5.

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3. Februar 1892.

Botschaft des

Bundesrathes au die Bundesversammlung, betreffend Verlängerung des Handelsvertrages mit Spanien.

(Vom 26. Januar 1892.)

Tit.

Spanien hat am 6. Juli 1882 einen Doppeltarif aufgestellt, mit reduzirten Zöllen für ,,Vertragsstaaten" und höhern allgemeinen Zöllen für ,,Nichtvertragsstaaten". Auf Grundlage des ersten sind sodann von Spanien eine Anzahl von Verträgen mit europäischen Staaten abgeschlossen worden, auch mit der Schweiz, und zwar am 14. März 1883. Gegen Einräumung der spanischen Vertragszölle, wovon mehrere in den schweizerischen Vertrag selbst aufgenommen worden sind, hat die Schweiz theils die Bindung, theils Ermäßigung einzelner Zollansätze für die hauptsächlichsten spanischen Produkte eingeräumt.

Der Vertrag enthält in Art. 11 die Bestimmung, daß derselbe unwiderruflich und ohne vorherige Kündigung mit dem 30. Juni 1887 ablaufen soll. Durch eine am 27. Juni 1887 in Bern ausgewechselte Erklärung wurde die Dauer des Vertrages bis zum 1. Februar 1892 verlängert. Gleichzeitig wurde festgesetzt, daß, wenn keiner der beiden vertragschließenden Theiie zwölf Monate vor diesem Zeitpunkte die Absicht bekundet, vom Vertrage zurückzutreten, derselbe weiter verbindlich bleibe bis zum Ablauf eines Jahres von dem Tage an gerechnet, an welchem der eine oder andere Theil ihn gekündet haben wird.

Zwischen Frankreich und Spanien ist am 6. Februar 1882 ein Handelsvertrag mit Konventionaltarif abgeschlossen worden. Die Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. I.

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französische Regierung kündigte aus bekannten Gründen diesen, sowie alle Handelsverträge mit Konventionaltarifen, so daß dieser Vertrag am 1. Februar 1892 abläuft.

Dies veranlaßte die spanische Regierung, die übrigen zwischen Spanien und andern Nationen bestehenden Handelsverträge, welche die Klausel der Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation enthalten, zu künden, um vollständig freie Hand zu gewinnen. Mittelst Note vom 27. Januar 1891 kündigte demnach das spanische Konsulat in Genf im Auftrage seiner Regierung den schweizerischspanischen Vertrag auf 1. Februar 1892. Gleichzeitig theilte das Konsulat dem Bundesrathe mit, daß die spanische Regierung die guten Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern zu erhalten wünsche und geneigt sei, mit der Schweiz einen neuen Handelsvertrag "o abzuschließen.

Die neue Regelung der Rechtsverhältnisse ini Handelsverkehr zwischen Spanien, und Frankreich, die den ähnlichen Unterhandlungen mit andern Staaten vorangehen sollte, verzögerte sich. In den französischen gesetzgebenden Kammern wurde die Stimmung vorherrschend, keine Handelsverträge mehr abzuschließen, sondern den andern Staaten, mit welchen bisher solche Verträge bestanden hatten, den neuen Minimaltarif gegen die Zusicheruug der Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation anzubieten. Ein Vorsehlag Spaniens, den am 1. Februar 1892 ablaufenden spanischfranzösischen Vertrag zu prolongiren, um inzwischen einen neuen Vertrag zu negozireu, wurde von der Regierung dei1 französischen Republik im ablehnenden Sinne beschieden.

Darüber verfloß Zeit, und der 1. Februar 1892 rückte immer näher, ohne daß Spanien zu Handelsvertrugsunterhandlungeu mit andern Staaten kam. Es war nicht mehr möglich, bis zu diesem Termin Handelsverträge abzuschließen, und wenn Spanien nicht auch . mit (indem Staaten, wie mit Frankreich, einen vertragslosen Zustand eintreten lassen wollte, so mußte eine Verlängerung der gekündeten Verträge vereinbart werden. Zu diesem Zwecke verlangte die spanische Regierung von der gesetzgebenden Behörde Autorisation, und diese wurde ohne Anstand ertheilt. Die Verlängerungen sollen bis 30. Juni 1. J. vereinbart werden.

Unter der Herrschaft des Vertrages vom 14. März 1883 entwickelte sich der Handelsverkehr der Schweiz mit Spanien in erfreulicher Weise, und wir erachten als billig, sofort
beizufügen, daß, wenn sich dabei Zollanstände ergaben, diese auf eine Weise ihre Erledigung fanden, die zu begründeten Klagen nicht Anlaß gab.

Wir exportiren nach Spanien hauptsächlich Maschinen und Ma-

531 schinentheile, Webstühle und Webereimaschinen, Müllerei- und landwirthschaftliche Maschinen, schmiedeiserne Waaren, Buntgewebe, gefärbte Gewebe, Stickereien, Seidengewebe, Seidenbänder, elastische Gewebe, Uhren und Musikdosen, Käse, Kindermehl u. s. w. Am bedeutendsten ist der Export von Stickereien, Buntgeweben, Käse und Uhren.

Spanien exportirt hinwieder nach der Schweiz hauptsächlich Wein, Südfrüchte, Korkholz, rohe Felle, Weinstein, Stroh, Bast u. s. w.

Dieser Absatz in der Schweiz, namentlich an Wein und Südfrüchten, hat von Jahr zu Jahr zugenommen. Der Import spanischer Weine in Fässern ist von 13,115 hl. im Jahre 1885 auf 100,-370 hl. im Jahre 1890, von Südfrüchten von 1916 q. im Jahre 1885 auf 7691 q. im Jahre 1890 gestiegen.

Es ist selbstverständlich Spanien daran gelegen, diesen Absatz nicht nur zu erhalten, sondern denselben so viel als möglich zu entwickeln. Und die Schweiz wird mit Rücksicht auf den Absatz, (Jen ihre Industrieprodukte in Spanien gefunden, gerne dazu Hand bieten. Von einer Anzahl Industrielle!-, namentlich der Textilindustrie, ist deßhalb nachdrucksamst der Verlängerung resp. der Negozirung eines neuen Vertrages gerufen worden. Es ist nunmehr eine Verlängerung bis 30. Juni 1892 vereinbart und am 25. Januar in Madrid unterzeichnet worden. Die bezügliche Uebereinkunft fügen wir am Schlüsse dieser Rotschaft bei.

Wir haben verlangt, daß für die Einfuhr in die Schweiz von der Verlängerung ausgenommen werden : Chokolade, Essig, getrocknete, geräucherte und gesalzene Fische in Gefässen von wenigstens 5 kg., Aepfel, Birnen, Zwetschgen, getrocknete Weinbeeren, Nüsse, Johannisbrod, moussirende Weine. Diese Gegenstände haben für Spanien wenig Werth, da der Export aus Spanien nach der Schweiz kein nennenswerther ist, vielmehr hat Frankreich Interesse an jenen Artikeln. Die spanische Regierung hat denn auch ohne Anstand unserm Verlangen entsprochen. Hinwieder insistirte dieselbe, daß f ü r den Import i n Spanien Alkohol ausgenommen werde.

Dies

1890 nur l hl. im Werthe von Fr. 345 aus der Schweiz nach Spanien exportirt, worden.

Für den Import in Spanien linden demnach bis zum 30. Juni 1. J.

die durch den spanisch-französischen Vertrag vom 6. Februar 1882 und den spanisch-deutschen Vertrag vom 12. Juli 1883 stipulirten Zölle, mit Ausnahme des Alkohols, Anwendung. Hinwieder gewähren wir Spanien für seine Produkte: 1. die in unserm Konventionaltarif vom 14. März 1883 vorgesehenen Zölle, mit Ausnahme der laut dem erwähnten, in Madrid unterzeichneten Protokolle

532 ausgeschlossenen Artikel ; 2. die Konventionalzölle, welche Deutschland und Oesterreich-Ungarn durch unsere Verträge vom 10. Dezember 1891 zugesichert sind; 3. für alle übrigen Artikel unsern Generaltarif vom 10. April 1891.

Die Verlängerung enthält demnach in Bezug auf die aufgezählten Objekte eine Aenderung des status quo, und es ist dieser Umstand, der uns veranlaßt hat, Ihnen von derselben Mittheilung zu machen und damit den Antrag zu verbinden : Es sei von dieser Verlängerung am Protokoll Vormerkung zu nehmen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 26. Januar 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

533 Beilage, Uebersetzung.

Uebereinkunft betreffend

Verlängerung des in Kraft bestehenden Handelsvertrages zwischen der Schweiz und Spanien.

Der schweizerische Bundesrath

und Ihre Majestät die Königin-Regentin von Spanien, im Namen Seiner Majestät des Königs Don Alfonso XIII., Ihres erlauchten Sohnes, von dein gleichen Wunsche beseelt, es möchten die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Nationen infolge der Kündung des in Kraft bestellenden Handelsvertrages, dessen Anwendung am 1. Februar nächsthin aufhören wird, keine Unterbrechung erfahren, haben beschlossen, denselben zu verlängern und zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Der schweizerische Bundesrath : Herrn Karl Eduard L a r d et, seinen Generalkonsul in Madrid,

und Ihre Majestät die Königin-Regentin von Spanien : Herrn Carlos O ' D o n e l l y A b r eu, Herzog von Tetuan, Marquis von Altamira, Graf von Luccena, Grand von Spanien, Senator desKönigsreichs,,Brigadegeneral,, Inhaber

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des Großkreuzes des Militärordens von St. Hermenegild von Spanien, von St. Stefan von Ungarn etc. etc., ihren Staatsminister, welche nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten sich über Folgendes geeinigt haben: Artikel 1.

Der Handelsvertrag zwischen der Schweiz und Spanien, vom 14. März 1883, wird verlängert und bleibt in Kraft bis zum 30. Juni 1892.

Artikel 2.

Von den Wirkungen dieser Verlängerung sind ausgeschlossen: Alkohol und Branntwein aus der Schweiz, welche bei ihrer Einfuhr in Spanien den Ansätzen des am 1. Februar nächsthin in Kraft tretenden Zolltarifs unterliegen; ferner: Chokolade, Essig, getrocknete, geräucherte und gesalzene Fische in Gefäßen unter 5 Kilogramm Gewicht, Aepfel, Birnen, Zwetschgen, getrocknete Weintrauben, Nüsse, Johannisbrod und Schaumweine spanischer Herkunft; auf die letztgenannten Artikel findet bei ihrer Einfuhr in die Schweiz die Behandlung auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation Anwendung.

Artikel 3.

Die gegenwärtige Uebereinkunft soll ratifizirt, und es sollen die Ratifikationsurkunden so bald wie möglich in Madrid ausgewechselt werden. Sie tritt mit dem 1. Februar nächsthin in Kraft.

Zur Beurkundung dessen haben die Bevollmächtigten ihre Unterschriften und Siegel beigesetzt.

So geschehen in doppelter Ausfertigung in Madrid, am 25. Januar 1892.

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03.02.1892

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