#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

44. Jahrgang. IV.

Nr. 45.

2. November 1892.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Buchdruckerei Karl Stämpfli & de, in Bern.

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung zu dem Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen.

(Vom 25. Oktober 1892.)

Tit.

Die Frage, welches die Stellung des internen Rechtes betreffend den Eisenbahngüterverkehr zu den Vorschriften sein soll, die in dem am 14. Oktober 1890 in Bern von den Bevollmächtigten von Deutschland, Frankreich, Oesterreich - Ungarn, Rußland, Belgien, Holland, Luxemburg und der Schweiz unterzeichneten internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr angenommen sind, ist von dem Bundesrath in der Botschaft vom 29. November 1890, mit welcher das Uebereinkommen den eidgenössischen Räthen vorgelegt wurde, vorläufig dahin beantwortet worden, daß die Bestimmungen des Uebereinkommens soweit als möglich auf den internen Verkehr übertragen werden sollen. Die einläßlichere Prüfung kann zu keinem andern Schlüsse führen. Es ist zwar durchaus nicht undenkbar, daß die Rechtsvorschriften andere seien, je nachdem die Bestimmung oder der Versandtort der zum Eisenbahntransport gelangenden Güter im In- oder Auslande liegt, und es hat sich auch gezeigt, daß die Uebernahme einiger besonderen Bestimmungen, so sehr sie für die größeren Verhältnisse des Verkehres von Land zu Land geeignet sind, unannehmbare Erschwerungen für den internen Verkehr bedeuten würde. Auf der andern Seite aber enthält das internationale Uebereinkommen eine Reihe von Verbesserungen, welche für den letzteren von großem Interesse sind und diesem.

Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. IV.

49

640

unbedingt zugänglich gemacht werden sollten. Dann ist zu berücksichtigen, daß das Uebereinkommen auch da, wo seine Bestimmungen sich dem bisherigen schweizerischen Verkehrsrechte annähern oder dieses dem Wesen nach ganz rezipiren, vielfach eine von dem Transportgesetz von 1875 verschiedene Fassung angenommen hat, die leicht zum Ausgangspunkt unrichtiger Auffassungen bei dem Publikum und bei den Gerichten werden und zu Verwirrung führen könnte, während die Tendenz der internationalen Verhandlungen doch auf Vereinfachung und Klarstellung der Dinge gerichtet war.

Auch darf es hier wohl gesagt werden, daß man in jenen Verhandlungen als das schließlich zu erstrebende Ziel ein einheitliches Recht für den internationalen und den internen Verkehr betrachtete und nur deßwegen auf die direkte Verfolgung dieses Zieles verzichtete, weil man befürchtete, daß damit das voraussichtlich für einmal Erreichbare gefährdet würde. Man vertraute darauf, daß eine gesunde Auffassung von selber im Sinne jener Grundstitnmung wirken werde.

"Dieß ist denn auch thatsächlich der Fall. Die meisten der am Uebereinkommen betheiligten Staaten haben die Revision des internen Frachtrechtes im Sinne der möglichsten Annäherung an das internationale Uebereinkommen an Hand genommen. In Deutschland und Oesterreich-Ungarn ist auf dieser Grundlage bereits ein neues Beti-iebsreglement ausgearbeitet, das für den ganzen Umfang der beiden Staaten gleichmäßige Anwendung finden soll und dessen Vorschriften über die Beförderung von Gütern sich fast durchweg an diejenigen des internationalen Uebereinkommens anschließen und sich im Uebrigen darauf beschräuken, dieselben dem Bedürfniß entsprechend zu ergänzen, in der Art, daß dieses Betriebsreglement thatsächlich die einzige und ausschließliche Wegleitung für den Verkehr des Publikums mit den Eisenbahnen abgeben wird.

In gleicher Weise wird unseres Erachtens bei der unvermeidlichen Revision des Transportreglementes der schweizerischen Eisenbahnen verfahren werden müssen, dessen Aufstellung gemäß dem Art. 36 des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen vorn 23. Dezember 1872 (A. S. XI, 1) zunächst den Verwaltungen überlassen ist, immerhin unter' dem Vorbehalt des Genehmigungsrechtes durch den Bundesrath. Das Transportreglement wird über die Rechte und Pflichten im Verkehr zwischen
den Eisenbahnen und dem Publikum sowohl hinsichtlich der internationalen als der internen Transporte Auskunft geben müssen und so, da es sich in den Grundsätzen von der Gesetzgebung nicht entfernen darf, wie bisher zum praktischen Wegweiser für das Publikum werden.

641 Bevor nun aber die Verwaltungen an die Ausarbeitung dieses Tvansportreglementes gehen können, ist es nothwendig, festzustellen, wie weit das bisherige Transportgesetz noch zu berücksichtigen sei oder nicht; mit andern Worten, dieses einer Revision zu unterziehen und dabei die Punkte zu bestimmen und zu formuliren, wo besondere Vorschriften für das interne Recht beibehalten oder aufgestellt werden wollen.

Welche Form sollte nun dem künftigen Gesetze gegeben werden? Die erste Absicht, in diesem nur die Ausführungen niederzulegen, welche das internationale Uebereinkommen den Landesrechten überläßt und die Punkte festzustellen, wo das interne Recht dem internationalen derogirt, wurde wegen redaktionellen Schwierigkeiten und auch deßhalb aufgegeben, weil sich der Inhalt unter keinen Umständen in die angestrebte knappe und klare Form bringen ließ. Man mußte sich entschließen, entweder dem internationalen Uebereinkommen ein volles Gesetz ausschließlich Ober den i n t e r n e n Frachtverkehr zur Seite zu stellen, oder versuchen, ein Gesetz zu schaffen, welches gleichmäßig auf den gesammten Eisenbahnverkehr Rücksicht nimmt. Für dieses letztere System hat namentlich Herr G. de Seigneux sich ausgesprochen, der bei den internationalen Verhandlungen in hervorragender Weise sich betheiligt hatte und vom Eisenbahndepartement mit der Ausarbeitung eines ersten Vorschlages betreffend die Revision des internen Rechtes beauftragt war. Unser Eisenbahndepartement hatte sich schließlich dieser Form zugeneigt, nachdem die Verhandlungen mit den Eisenbahngesellsehaften und mit den Vertretern des Handelsstandes gezeigt hatten, daß die Differenzpunkte zwischen dem internationalen und dem internen Recht auf eine verhältnißmäßig kleine Anzahl sich reduziren lassen.

Bei wiederholter Erwägung sind wir aber zur Ansicht gelangt, daß der Entwurf auf die erstere Grundlage gestellt werden müsse. Die Schweiz ist nicht berechtigt, das internationale Uebereinkommen anders als in seinem Wortlaut in ihre Gesetzsammlung aufzunehmen, und es würde daher in Wahrheit nicht eine Vereinfachung, sondern eine Komplikation bedeuten, wenn jeweilen in dem neuen Gesetz zuerst etwa der Inhalt des internationalen Uebereinkommens rekapitulirt und dann angefügt werden wollte, was nun abweichendes internes Recht sei. Es ist entschieden einfacher und
für die Vergleichung förderlicher, wenn das interne Gesetz ganz selbständig formulirt wird, sobiild nur seine Anordnung, d. h. die Reihenfolge und die Bezeichnung der Artikel mit derjenigen in dem internationalen Uebereinkommen parallel läuft, welche Bedingung in unserem Entwurfe erfüllt ist. Die materielle Ineinanderordnung kann, wie bereits erwähnt, in dem Transportreglement durchgeführt werden.

642 Eine zweite formelle Frage erhob sich in der Richtung, ob das neue Gesetz denselben Umfang wie dasjenige vom 20. März 1875 (A. S. I, 682) haben, d. h. auch die Bestimmungen über den Personen- und Gepäcktransport in sich schließen solle, welche daselbst im Art. 4--7 (Beförderung der Personen) und Art. 51 und 52 (Haftpflicht für Reisegepäck) enthalten sind. Die Weglassung dieser Bestimmungen ließe sich rechtfertigen mit Rücksicht darauf, daß eine internationale Regelung auch hinsichtlich dieser Materie in Aussicht steht, sofern schon im Jahre 1891 von der belgischen Regierung die Einladungen zu bezüglichen Konferenzen erlassen worden sind, welche dann allerdings bis auf Weiteres wieder verschoben und bis heute nicht wieder aufgenommen wurden. Auch waren materielle Aenderungen auf diesem Gebiet nicht angeregt und sind solche unseres Erachtens nicht nöthig. Auf der andern Seite erschien es uns indessen doch nicht zweckmäßig, nun einen Theil des Gesetzes von 1875, als noch in Kraft stehend, in diesem zurückzulassen, und geben wir dem Verfahren den Vorzug, die erwähnten Bestimmungen einfach an geeigneter Stelle (in den Art. l bis 5 und als Art. 59 bis 63) in den neuen Entwurf herüberzunehmen, um dann das alte Gesetz ganz außer Geltung setzen zu können 6 entstand die Frage, ob und wie weit die Vorschriften betreffenden Transport auf Eisenbahnen auch auf den D a m p f schiffverkehr r ausgedehnt werden sollen. Der eine Ausgangspunkt hiefür war Einladung, welche die gesetzgebenden Räthe unterm 11. April an den Bundesrath erlassen haben: zu prüfen,ob nicht Gesetz über die Rechtsverhältnisse des Personenund Gütertransportes auf den Dampfschiffen zu erlassen sei; und der andere Grund der Umstand daß ein großer Theil des Güterverkehrs auf den Dampfschiffen schon gemäß Art. 467, O.-R., dem Eisenbahnfrachtrecht unterstellt ist, sofern nämlich von denselben Sendungen von oder nach Eisenbahnstationen mit direkten Frachtbriefen angenommenwerden;und die Thatsache, daß die Verwaltungen, welche einendirekten Verkehr mit den Eisenbahnen bereits y unterhalten, es im Allgemeinen vorgezogen haben, auch die übrigen Transporte* nach fern saften Recht behandeln zu lassen.

Wir haltet») dafür dass bei dieser Lage der Dinge die Antwort auf den Auftrag der Bundesversammlung nur dahin gehen kann, daß die Rechtsverhältniss
Dampfschiffverkehrs in ihrem ganzen Umfang den Bestimmungeni des I Eisenbahnfrachtrechtes unterstellt werden sollen Für Verhältnisse wo diese Bestimmungen jetzt schon auf Grund des Art. 467, O.R., gelten, ist diese Erledigung die Bestätigung der bisherigen Rechtsordnung für die Fälle, wo das Transportreglement der Eisenbahnen von den Dampf-

643

schiffunternehmungen aus freien Stücken angenommen wurde, eine Klärung und Befestigung der thatsächliehen Zustände, und im Uehrigen eine berechtigte Konsequenz. Denn ihrer Natur nach sind die den Dampfschiffen zufallenden Transporte unter sich nicht verschieden, und es dürfte, nachdem die Frage einmal aufgeworfen ist, kaum verständlich sein, wenn dieselbe nicht in dem vorgeschlagenen, d. h. im Sinne der Vereinfachung gelöst würde.

Der Entwurf, in einer ersten Bearbeitung, ist zunächst dem Vorort des schweizerischen Handels- und Industrievereins, zu Händen der interessirten Kreise, ferner den Präsidialverwaltungen der Verbände der schweizerischen Eisenbahnen und, mit Rücksicht auf die beabsichtigte Ausdehnung auf den Dampfschiffverkehr, den größern Dampfschiffverwaltungen zur Prüfung und Vernehmlassung zugestellt worden. Die letzteren haben sich zu keinen Gegenbemerkungen veranlaßt gesehen. Dagegen sind sowohl von den Eisenbahngesellschaften als durch Vermittlung des Vorortes aus den Kreisen des Handels und der Industrie, insbesondere vom kaufmännischen Direktorium in St. Gallen, von der kaufmännischen Gesellschaft und dem Verein schweizerischer Maschinenindustrieller in Zürich, von der kaufmännischen Gesellschaft in Aarau, sowie von den Gesellschaften für Handel und Industrie in Lausanne und Genf, eine Reihe von Ausstellungen und Wünschen eingegangen. Das Eisenbahndepartement hat sich in Folge dieser Vernehmlassungen veranlaßt gesehen, den Entwurf einer Kommission von Fachexperten zu unterstellen, die unter dem Vorsitz des Vorstehers des Departements am 18. und 19. November 1891 in Bern zusammentrat, und in welcher die Eisenhmhngesellschaften von den Herreh Direktoren " W e i ß e n b a c h , C o l o m b , S c h r e c k und S c h u c a n , und der Vorort der schweizerischen Handels- und Industrievereine durch die Herren G. A i n m a n n in Zürich, Theodor H o f f m a n n in Basel und Charles F i s c h e r in Genf vertreten .waren. Als juristische Kousulenten nahmen die Herren G. de S e i g n e u x aus Genf und Prof.

Dr. M ei l i aus Zürich Theil. Da in den Vernehmlassungen sowohl der Eisenbahnen als des Handels und der Industrie das internationale Uebereinkommen als Grundlage für das interne Verkehrsrecht unbeanstandet geblieben ist, so waren die Kritik und damit die Zielpunkte der Verhandlungen
in der Expertenkommission in der Hauptsache praktischer Natur und weniger auf prinzipielle Fragea als auf die Verbesserungen gerichtet, durch welche den besondern Bedürfnissen des schweizerischen Verkehrs Rechnung zu tragen sei. Soweit diese Verhandlungen zu einer allgemeinen Verständigung führten, kommen wir darum auch nicht einläßlich darauf zurück. Wogegen wir uns angelegen sein lassen werden, jene Punkte näher zu be-

644

sprechen, wo die verschiedenen Ansichten unversöhnt zurückgeblieben sind.

In der allgemeinen Anordnung des Stoffes folgt der Entwurf dem Gesetz von 1875 sofern, als die ersten Artikel (A, l--5) allgemeine Bestimmungen enthalten, welche sowohl auf den Personenais auf den Güterverkehr sich beziehen. Dann reihen sich an die besonderen Bestimmungen über den Güterverkehr (B, Art. 6--57), welche hinwieder in die Unterabtheilungen 1. von der Eingehung des Frachtvertrages (Art. 6--12), 2. von der Durchführung des Frachtvertrages (Art. 13--24), 3. von der Haftpflicht (Art. 25--46), 4. von dem Rückgriff der Bahnen unter sich (Art. 47--55), 5. Prozeßkosten (Art. 56) und 6. höhere Gewalt (Art. 57) eingereiht sind, und denen sodann die besonderen Bestimmungen für den Personen- und Gepäckverkehr (C, Art. 58--63) folgen.

Den Schluß bilden die Behandlung des Dampfschiffverkehrs (D, Art. 64), der Strafartikel (E, Art. 65") und die Schlußbestimmungen (F, Art. 66 und 67). Bis zum Art. 56, d. h. soweit als die Materie auch als internationales Recht geordnet ist, entspricht die Reihenfolge und die Nummernbezeichnung der Artikel genau der in dem Uebereinkomrnen vom 14. Oktober 1890 durchgeführten Anordnung.

Im ersten und zweiten Absatz des A r t . l ist der Geltungsbereich des Gesetzes festgestellt. Es soll dasselbe zur Anwendung kommen überall, wo nicht besondere Vereinbarungen hinsichtlich der internationalen Transporte bestehen, d. h. zunächst im internen Verkehr; dann subsidiär auch da, wo das internationale Uebereinkommen ausdrücklich auf die lokale Gesetzgebung verweist (Art. 7, 19, 24, 25, 30, 45); und endlich in den Fällen, wo es sich um Transporte von und nach solchen Eisenbahnstrecken im Auslande handelt, die dem internationalen Uebereinkommen nicht unterworfen, d. h.

entweder nicht in der Liste verzeichnet sind, welche gemäß Art. l des Uebereinkommens besteht, oder im Sinne von Art. I des Sehlußprotokolles vom 14. Oktober 1890 ausdrücklich dem lokalen Verkehr zugewiesen wurden, wonach Sendungen, deren Abgangs- und Endstation in dem Gebiete desselben Staates liegen, nicht als internationale Transporte zu betrachten sind, wenn dieselben auf einer Linie, deren Betrieb einer Verwaltung dieses Staates angehört, das Gebiet eines fremden Staates nur transitiren. Auch werden gemäß diesem Art. I die Bestimmungen
des Uebereinkommens keine Anwendung finden, wenn eine Sendung von irgend einer Station eines Staatsgebietes entweder nach dem Grenzbahnbofe des Nachbarstaates, in welchem die Zollbehandlung erfolgt, oder nach einer Station statt-

645

findet, welche zwischen diesem Bahnhofe und der Grenze liegt; oder umgekehrt von dem genannten Grenzbahnhofe oder einer der Zwischenstationen nach Stationen des, andern Staates.

Ob ein Transport auf Grund des internen Gesetzes oder unter den Vorschriften des internationalen Uebereinkommens befördert wird oder befördert werden soll, muß in jedem Fall aus dem Frachtbrief, von dem die Sendung begleitet ist (Art. 6), hervorgehen.

Die Frachtbriefe für die einen und für die andern Sendungen.werden daher äußerlich leicht erkennbar sein müssen, wofür im Transportreglement zu sorgen ist.

Die beiden letzten Absätze von Artikel l handeln von dem direkten Verkehr und entsprechen im Wesentlichen dem Artikel 2 des bisherigen Transportgesetzes. In der Forderung des direkten Verkehrs ist vor Allem aus der durchgehende Frachtbrief verstanden, welcher in allen Fällen von der Abgangs- bis zur Bestimmungsstation jeder Sendung gelten und jede Réexpédition, wie an den Landesgrenzen, so auch an den Uebergangspunkten von einer Bahn auf die andere überflüssig machen soll. Der direkte Verkehr im Sinne des Absatz 3 geht aber weiter ; er schließt in sich auch die Forderung direkter Tarife und Billete, einheitliche Tarifbestimmungen und ein gegenseitiges Durchgehen der Transportmittel, wie dies bisher schon der Fall gewesen ist. Der Vorbehalt, daß einzelne in ausnahmsweisen Verhältnissen stehende Eisenbahnen von der Verpflichtung, am direkten Verkehr theilzunehmen, vom Bundesrath ganz oder theilweise enthoben werden können, ist nur eine Anerkennung der bestehenden thatsächlichen Verhältnisse. Denn es gibt Eisenbahnen, wie z. B. die Berg- und Touristenbahnen, wo die Einrichtung eines direkten Verkehrs im vollen Umfang des Gesetzes nicht möglich oder vernünftigerweise entbehrlich ist. Auch wäre es ohne Zweifel eine unbillige Zumuthung an die Schmalspurbahnen, die Einrichtungen herzustellen, welche den Durchgang normalspuriger Wagen über ihre Linien ermöglichen sollten, wenn euch die technische Durchführung einer solchen Forderung nicht mehr bestritten werden kann. Ebenso wird vor Allem aus in den Beziehungen des Verkehrs zwischen Dampfschiff- und Eisenbahnstationen den Verhältnissen je weilen Rechnung getragen werden müssen.

Wir denken nicht, daß das internationale Uebereinkommen die Folge haben wird, daß man nun im Verkehr
von und nach dem Ausland mit dem durchgehenden Frachtbrief sich begnügt und auf die direkten Tarife und gleichmäßigen Tarifbestimmungen, welche zur Zeit in den Beziehungen zu ausländischen Eisenbahnen in weitestem Umfange bestehen, verzichtet. Wir haben daher für nöthig

646

befunden, und es ist hiegegen von keiner Seite ein Einspruch erhoben worden, auch die Vorschrift betreffend die Verpflichtung der Bahnen zu dieser intensiveren Gestaltung dea durchgehenden Verkehrs mit ausländischen Eisenbahnen in das neue Gesetz herüberzunehmen, mit der allerdings selbstverständlichen Einschränkung, daß dieselbe nur wirksam sein kann, wo die auswärtigen Bahnen zur Abschließung der bezüglichen Vereinbarungen bereitwillig oder gesetzlich verpflichtet sind': Wenn, abgesehen von der Verweisung im ersten Absatz, die Dampfschiffe weder hier noch in den folgenden Artikeln besonder» genannt sind und immer nur von den Eisenbahnen gesprochen ist, so geschieht dies, um unnöthige Wiederholungen zu vermeiden und um gleichzeitig zu konstatiren, daß bei der im Artikel 64 vorgesehenen a n a l o g e n Behandlung der Dampfschiffe die Umstände des Falles nie außer Betracht gelassen werden sollen.

Die Art. 2 und 3 entsprechen den gleichnamigen Bestimmungen im internationalen Uebereinkommen, mit den redaktionellen Äenderungen, welche die Uebertragung in das interne Gesetz erforderlich gemacht hat. Inhaltlich schließen sie an Absatz 2 von Art. l und Art. 6 des Gesetzes von 1875 an.

Art. 4, betreffend den Inhalt und die Verbindlichkeit der Tarife,, ist im ersten Absatz dem Art. 4 des internationalen Uebereinkommens nachgebildet. Der zweite Absatz, welcher mit dem Verbot der einseitigen Ablehnung von Verantwortlichkeit oder Schadenersatzpflicht der Eisenbahnen sich beschäftigt, wurde aus dem bisherigen Gesetz, Art. 54, herübergenommen. Absatz 3 dagegen : ,,Alle Tarife und Transportbedingungen, sowie die Aenderungen au denselben bedürfen, bevor sie zur Anwendung gelangen können, der Genehmigung des Bundesrathes."

ist von Herrn de Seigneux vorgeschlagen und aus den Kreisen de» Handelsstandes angelegentlich empfohlen worden. Den älteren Bahnen gegenüber steht dem Bundesrath zur Zeit nur das Recht der K o n t r o l e der Tarife im Sinne von Art. 35 des Eisenbahngesetzes von 1872 zu. Ausnahmsweise ist anläßlich des Bundesbeschlusses betreffend die Fusion des Jura-Siinplon die G e n e h m i g u n g der neuen Tarife dieser Gesellschaft vom Bunde vorbehalten worden. Dagegen ist das Genehmigungsrecht in den neueren Konzessionen überall vorbehalten. Es steht unseres Erachtens ein rechtliches Hinderniß nicht
entgegen, dieselbe Stellung allen Gesellschaften gegenüber einzunehmen. Der Anspruch der Bahnen, die Taxen innert den konzessionsmäßigen Grenzen festzusetzen, wird damit nicht berührt. Wohl aber erhält der Bundesrath das Recht,

647 ,<* in der Gestaltung der Tarifvorschriften mitzusprechen, die in der Regel ebenso gut dem Transportreglement angehören könnten, auch nicht selten von einer Bedeutung sind, welche derjenigen des Betrages der in Betracht kommenden Taxen wenig nachstehen dürfte und die z. B. ganz besonders hervortritt in Ansehung des Art. 35, wonach einer ausnahmaweisen Preisermäßigung die Herabsetzung der Haftpflicht der Eisenbahnen entgegengestellt werden darf. Es würde damit die Stellung der Tarifkonfrole wesentlich gehoben, deren Reklamationen, wenn ein Tarif einmal in Kraft gesetzt ist, von den Eisenbahnen nicht selten keine besondere und namentlich keine willige Beachtung finden. Bndlich sind wir überzeugt, daß das Geuehmiguogsrecht des Bundes der Fortbildung der Tarife in verkehrsfreundlichem Sinn nur förderlich sein kann, und möchten wir daher allerdings empfehlen, dem von Herrn de Seigneux ausgesprochenen Gedanken in der von uns vorgeschlageneu Form Rechnung zu tragen.

In A r t . 5 ist die allgemeine Verpflichtung der Eisenbahnen zur Annahme der Gilter zum Transport enthalten. Derselbe rekapitulirt zunächst den Art. 5 des internationalen Uebereinkommens mit der im letzteren dem internen Recht vorbehaltenen Ausführung, daß Güter, welche nicht rechtzeitig verladen oder aus Gründen des Verkehrs nicht unmittelbar befördert werden können, unentgeltlich in den Schuppen oder auf den Lagerplätzen lagern dürfen. Die Bisenbahnen haften zwar gewünscht, daß diese Verpflichtung unter die Voraussetzung gestellt werde, daß die vorhandenen Räume es gestatten. Die bisherigen Erfahrungen lassen aber eine solche allgemeine Restriktion überflüssig erscheinen; sie ist, wie in den Verhandlungen betreffend das internationale Uebereinkommen hervorgehoben war, allenfalls da von thatsächlicher Bedeutung, wo es sich um die ruckweise Aufgabe von Massentransporten in solchen Verhältnissen handelt, welche in der Schweiz nicht vorkommen.

Der weitere Inhalt des Artikels war von keiner Seite beanstandet und entspricht unsere Erachtens den thatsächlichen Bedürfnissen.

Dagegen glaubten wir, den nachfolgenden Zusatzanträgen, welche von Herrn de Seigneux formulirt und aus Kreisen des Handelsstandes unterstützt waren, nicht Rechnung tragen zu können : 1. Die schweizerischen Eisenbahnverwaltungen sind verpflichtet, dem Bundesrathe Mittheilung
zu machen, wenn infolge höherer Gewalt die Transporte, sei es auf den eigenen, sei es auf den ausländischen Linien, nicht in gewöhnlicher Weise bewerkstelligt werden könnten.

Der Bundesrath wird beurtheilen, ob ein Fall höherer Gewalt vorhanden ist und welche Tragweite derselbe hat.

648

Derselbe wird die Einstellung des Betriebes verfügen oder die anderweitigen Anordnungen feststellen, welche in solchen Fällen nöthig werden können. Die Verfügungen des Bundesrathes sollen von den Eisenbahngesellschaften öffentlich bekannt gemacht werden.

2. Wenn ein größerer Personen- oder Güterandrang vorausgesehen werden kann, welcher in Ansehung der vorhandenen gewöhnlichen Transportmittel die Durchführung der Transporte schwierig machen könnte, so sind die "oetheiligten Eisenbahnverwaltungen gehalten, die den Umständen angemessenen Maßnahmen zu treffen, um allen Anforderungen entsprechen zu können.

In Ermangelung dieser Maßnahmen wird der Bundesrath die im Interesse -des Publikums und des Verkehrs erforderlichen Anordnungen verfügen.

Das Wesentliche, was hier gefordert ist, stellt sich als eine Einmischung des Bundesrathes in die Betriebsführuag der Eisenbahnen dar, deren Konsequenzen wir nicht übernehmen möchten; zum Theil auch als eine Inanspruchnahme richterlicher Funktionen.

Für die Bewirkung der Mittheilungen hinsichtlich eintretender Betriebsstörungen an den Bundesrath hat die Vorschrift im Art. 21 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 bisher ausgereicht.

Auch dürfte es vorzuziehen sein, diese Mittheilungen zu Händen des Publikums wie bisher den Eisenbahnen zu überlassen, welche dieselben rascher und zweckentsprechender zu bewerkstelligen in der Lage sind, als es bei dem Umweg über Bern möglich wäre.

In keinem Fall aber wird der Bundesrath, sofern es sich nicht um Anordnungen im Interesse der Betriebssicherheit handelt, in der Lage sein, die Einstellung des Betriebes zu verfügen, oder die ,,anderweiten" Anordnungen zu treffen, welche in solchen Fällen nöthig werden könnten. Das ist die Aufgabe der Eisenbahnverwaltungen und ihrer Organe, welche dafür nach allen Richtungen die Verantwortlichkeit tragen, die der Bundesrath ihnen nicht abnehmen kann. Im Art. 18 ist bestimmt, was im Falle einer Verhinderung der Fortsetzung des Eisenbahntransportes in Folge höherer Gewalt (oder Zufall) geschehen soll. Dabei ist allerdings nicht gesagt, wer im Streitfall zu entscheiden habe, ob ein solcher Fall vorliege. Wir denken aber, daß dieser Entscheid dem Richter vorbehalten sein muß, mit der Folge, daß, wenn die Eisenbahn ihre Pflicht nicht gethan hat, sie den entstandenen Schaden ersetzen
muß und daß auch darein der Bundesrath sich nicht zu mischen hat.

Noch weniger verstehen wir es, wie der Bundesrath die Anordnungen treffen könnte, welche dann nothwendig werden möchten, wenn die Bisenbahnen, ungeachtet der vorher an sie ergangenen Einladungen, es versäumen sollten, die den Umständen angemessenen

649 Maßnahmen anzuordnen, wenn ein größerer Personen- oder Güterandrang vorgesehen werden kann. Die Eisenbahn kann das Bedürfniß in Abrede stellen und dieses gegen alle Erwartung thatsächlich nicht eintreten. Gesetzt aber, es wären jene Anordnungen wirklich nöthig gewesen, so könnten sie wohl in der Regel nur in der Vermehrung der Betriebsmittel und des Betriebspersonals bestehen, was der Bundesrath nicht zur Verfügung hat und nicht beliebig von einem Tag auf den andern zu beschaffen in der Lage ist. "Wenn aber auch dies möglich sein sollte, so würde die Intervention an den Schwierigkeiten der thatsächlichen Durchführung scheitern. Und zu guter Letzt würde der Bundesrath dafür verantwortlich gemacht, daß er nicht an Stelle der nachläßigen Eisenbahn die ,,im Interesse des Publikums und des Verkehrs erforderlichen Anordnungen" getroffen habe, und die Eisenbahn selbst könnte gegenüber den an ihre Adresse gerichteten Reklamationen darauf verweisen, daß sie hätte annehmen dürfen, daß ,,im Bedürfnißfall"1 der Bundesrath in die Linie treten werde !

Im Art. 5 war ferner der Anspruch der Verkehrsinteressenten streitig geblieben, ob nicht eine ausdrückliche Vorschrift in der Richtung ins Gesetz aufzunehmen sei, daß die Eisenbahnen zu verhalten seien, die ,,regelmäßigen Transportmittel den Bedürfnissen des Verkehrs und den Tarifen anzupassen11. Wir stehen nicht an, diesen Anspruch durchaus als berechtigt zu erkennen, soweit derselbe sich auf die Bedürfnisse des normalen Verkehrs bezieht. Diesen Bedürfnissen sollen aber eben die regelmäßigen Transportmittel (Ziffer 2) genügen.

Auch glauben wir, daß ein hinreichender Zwang in den Vorschriften liegt, welche von den Folgen handeln, wenn die zur Aufgabe gelangenden Güter nicht unmittelbar verladen und befördert werden können (Absatz 2), und es will uns scheinen, daß eine weitergehende Spezifikation der Verpflichtungen der Bahnen eher geeignet sein könnte, die Verantwortlichkeit derselben zu schwächen.

Bezüglich des Art. 6 hatten Herr de Seigneux und mit ihm die kaufmännische Gesellschaft in Zürich u. A. Verweisung der Detailbestimrnungen in das Transportreglement beantragt. Wir geben zu, daß an sich den einzelnen, in diesem Artikel enthaltenen Vorschriften keine größere thatsäohliche Bedeutung zukommen mag als manchen andern Bestimmungen, deren Ordnung dem
Transportreglement überlassen ist. Es darf aber nicht übersehen werden, daß der Frachtbrief als Frachtvertrag beim Transportgeschäft von grundlegender Bedeutung ist. Es erscheint daher doch wünschenswerth, daß ausdrücklich gesagt wird, welche Angaben derselbe enthalten solle, wie das auch im bisherigen Gesetze der Fall war und im internationalen Uebereinkommen ebenfalls mit allem Bewußtsein

650 durchgeführt ist. Der Inhalt des Art. 6 an sieh gab zu keinen besonderen Ausstellungen Anlaß; er entspricht im Wesentlichen dem Art. 9 des bisherigen Transportgeset-/.es. Einzig ist einer Bemerkung gegenüber, welche die in lit. l verlangte Angabe des einzuhaltenden Transportweges ausdrücklich als fakultativ bezeichnen wollte, zu bemerken, daß ein Zwang, diese Angabe wirklich zu machen, überall nicht besteht. Nur muß es sich Derjenige, welcher unterlassen hat, den Transportweg anzugeben, gefallen lassen^ daß nun die Bahn denjenigen Weg wählt, welcher i h r filr den Absender am zweckmäßigsten erscheint, und daß jene für die Folgen dieser Wahl nur bei grobem Verschulden haftet. Das internationale Uebereinkommen geht noch weiter, indem es den Eisenhahnen die Befugniß zugesteht, einen andern als den vom Versender ausdrücklich vorgeschriebenen Transportweg zu wählen, wenn nur die Zollabfertigung in den vom Absender bezeichneten Stationen stattfindet und keine höhere Fracht, sowie keine längere Lieferfrist beansprucht wird. Wir schlagen vor, für den internen Verkehr diese Bestimmung zu streichen, d. h. bei der bisherigen Regel zu verbleiben, daß die Instradirung den Eisenbahnen nur überlassen sein soll, wo nicht Verfügungen des Absenders entgegenstehen. Wir waren umgekehrt in der Lage, zu prüfen, ob man nicht an die Stelle des den Eisenbahnen verbleibenden Instradirungsrechtes eine Norm setzen könnte, welche den einzelnen Gesellschaften einen billigen Antheil an den in den durchgehenden Verkehr eintretenden Transporten sichern würde. Zu dieser Prüfung gab die Thatsache Anlaß, daß die meisten der größeren Bahnen zum Zwecke der Vertheilung der Erträgnisse des direkten Güterverkehrs sich a.ls besondere Vereinigung .,,Union commerciale"1 zusammengethan und schon wiederholt es abgelehnt haben, kleineren und neuen Unternehmungen den Zutritt zum Verbände zu gestatten. Allerdings ist noch jedesmal, in der Regel unter Vermittlung der Bundesbehörde, ein Ausgleich getroffen worden ; aber es machte sich doch in allen Fällen auf Seite der koalirten Gesellschaften das Recht des Stärkeren in unleugbarer Weise geltend. Es war uns indessen unmöglich, eine Formel zu finden, welche diesen Uebelstaud beseitigen würde, ohne gleiche oder größere Unbilligkeiten in anderer Richtung herbeizuführen.

Namentlich erzeigte der
Versuch, als Basis der Berechtigung am durchgehenden Güterverkehr die Länge, beziehungsweise Kürze der einzelnen in Betracht kommenden Routen aufzustellen, sich als unausführbar. Der Vorzug könnte der kürzesten Route mit Sicherheit des Erfolges nur zugesprochen werden unter der Voraussetzung überall gleicher kilometrischer Taxen, d. h. wenn in allen Fällen die kürzeste Route auch die billigste und beste wäre. Das ist nur möglich, wenn der längeren Route verboten

651 wird, billigere Taxen als die konkurrirende kürzere Linie aufzustellen.

Ein solches Verbot wäre aber angesichts der Konzessionsbestimmungen nicht durchführbar, wo nur das Taxmaximum fixirt und den Eisenbahnen überlassen ist, innert demselben sich frei zu bewegen.

Wir dürfen nicht unterlassen, auch darauf zu verweisen, daß dieses Verbot in sehr empfindlicher Weise in bestehende Verhältnisse eingreifen müßte, die sich natürlich entwickelt und nach der Ansicht der beteiligten Verwaltungen auf allen Rechtsschutz Anspruch haben. Es ist von diesen insbesondere auf die zwischen Basel und Biel, Winterthur und Rorschnch, Zürich und Rappersweil, Ziegelbrücke und Glarus bestehenden verschiedenen Routen hingewiesen worden, wo die konkurrirenden Gesellschaften eine Theilung des Verkehrs unter sich vereinbart haben, welche einem ungesunden Konkurrenzkampfe vorbeuge, da in diesen Fällen die längere Route auf die Theilnahme am Verkehr unter keinen Umständen verzichten könnte. Wir sind allerdings der Ansicht, daß die Bestimmungen der Konzessionen der Entwicklung des öffentlichen Rechtes nicht entgegengeslellt werden können. Aber wir glauben, daß man doch gut thut, den Verhältnissen, wie sie sich im Laufe der Zeit gestaltet haben, in angemessener Weise Rechnung au tragen. Diese Erwägung hat uns bestimmt, es bei dem Entwurf, wie er vorliegt, bewenden zu lassen, welcher dem bisherigen Recht (Art. 9, Ziff. 8, des Transportgesetzes von 1875) entspricht, und damit auch vom zweiten Extrem, dem eventuell ganz unbeschränkten Recht der Bahnen zur Bestimmung des Transportweges, entfernt bleibt, das im internationalen Uebereinkommen, allerdings unter Bedingungen, welche den Verkehr vor Schaden wahren, zugelassen ist.

Die Feststellung der Form des Frachtbriefes für die internen Transporte wird, wie schon bei Besprechung des Art. Ì erwähnt, dem Transportreglement vorzubehalten sein.

Beim A r t . 7 war der Antrag gestellt, daß an Stelle der zwei Zeugen, welche zu der im zweiten Absatz vorgesehenen Prüfung des Inhalts der Sendung zuzuziehen sind, wenn der Absender sich nicht eingefunden hat oder sich weigert, das Protokoll zu unterzeichnen, die Gerichtsbehörde des Ortes um die Bezeichnung eines Experten angegangen werden sollte. Unser Vorschlag entspricht dem im deutsch-österreichischen Betriebsreglement vorgesehenen
Verfahren und dem Antrag der Eisenbahnen. Wir würden mit den letzteren in der Herbeiziehung der Gerichtsbehörde eine unzweckmäßige Komplikation und Verzögerung des Verfahrens erblicken, da jene doch nicht in allen Fällen ohne besonderen Zeit-

652

aufwand in Anspruch genommen werden könnte. Auch handelt es sich nur darum, zu konstàtiren, ob, beziehungsweise daß eineDifferenz gegenüber den Angaben des Frachtbriefes bestehe, nicht aber um die Erledigung der Differenz selber, welche von dem Absender in allen Fällen vor den Richter gebracht werden kann, wenn er sich den, aus der Feststellung folgenden, reglementarischen oder gesetzlichen Konsequenzen nicht unterziehen will. Nur wird der Versender alsdann den Beweis zu übernehmen, d. h. eventuell die Unrichtigkeit der Feststellung darzuthun haben.

Das letzte Alinea dieses Artikels enthält im internationalen Uebereinkommen die Vorschrift, daß bei unrichtiger Angabe des Inhalts einer Sendung oder im Falle der Ueberlastung eines zur Selbstverladung gestellten Wagens, abgesehen von den anderweiten -- unbestrittenen -- Folgen, ein Frachtzuschlag an die am Transporte betheiligten Eisenbahnen zu bezahlen sei, dessen Höhe durch die Ausführungsbestimmungen festgesetzt werde. Die Zuweisung des Frachtzuschlages in die Kasse der Eisenbahnen ist damit begründet, daß es sich in erster Linie um die Verfolgung von Betriebsgefährdungen handle, für deren Entdeckung durch die Bahnverwaltung der Frachtzuschlag als Prämie gelten könne. Die Bestimmung im Art. 10 des Transportgesetzes von 1875, wonach die Eisenbahn die verkürzte Fracht nachfordern und im Wiederholungsfalle auf erhobene Klage der Richter überdies eine Buße von wenigstens dem Doppelten der verkürzten Fracht aussprechen konnte, hat für die schweizerischen Verhältnisse bisher genügt. Es kann zugegeben werden, daß je nach den Umständen des Falles diese Buße zu gering ist, und wir siod damit einverstanden, daß dieselbe im Maximum bis auf das Zehnfache der verkürzten Fracht gebracht werden mag. Aber wir möchten im internen Verkehr bei dem Grundsatz verbleiben, der im Bahnpolizeigesetz durchgeführt ist, daß die Buße dem Staate gebührt und von dessen Organen ausgesprochen werden soll. Die Eisenbahn hat schon mit Rücksicht auf die Fracht ein selbständiges Interesse, falsche Angaben des Versenders zu berichtigen, und die Wahrung der Betriebssicherheit liegt in ihrer Pflicht. Auch wird das Gehässige, welches mit der Aufsuchung und Aufdeckung unrichtiger Angaben durch die Organe der Eisenbahn verbunden sein kann, durch das von uns vorgeschlagene Verfahren beseitigt
oder doch gemildert.

Der Absatz 4 von Art. 7 ist in einer Reihe von Vorschlägen im Zusammenhang mit dem Absatz 4 von Art. 8 behandelt worden, wonach bezüglich derjenigen Güter, deren Aufladen von dem Absender besorgt wird, die Angaben des Frachtbriefes über das Gewicht und die Anzahl der Stücke gegen die Bisenbahn keinen.

653 Beweis machen, wenn nicht die Nachwiegung oder Nachzählung seitens der Eisenbahn erfolgt und auf dem Frachtbrief konstaiirt ist.

Es wurde von den Vertretern der industriellen Kreise verlangt, daß zum Mindesten im Art. 7 die Eisenbahnen verpflichtet werden, in allen den Fällen die Feststellung des Gewichtes oder der Stückzahl zu besorgen, wo der Absender es verlangt, und über das Ergebniß eine Beseheinigung auszustellen. Die Eisenbahnen wollen dieß gegen Entrichtung der im Tarif festzusetzenden Gebühren und unter dem Vorbehalte zugestehen, daß, wenn infolge ungenügender Einrichtungen die Feststellung des Gewichtes auf der Abgangsstation nicht stattfinden könne, dieselbe auf einer andern Station des Transportweges nachgeholt werden solle. Von anderer Seite ist verlangt worden, daß die Eisenbahnen verpflichtet werden, das Gewicht aller zum Transport übernommenen Güter selbst und unentgeltlich zu ermitteln, da dieß zur Berechnung der Fracht ohnehin nöthig sei, und mit der Folge, daß sonst die vom Versender im Frachtbrief gemachten Gewichtsangaben als von der Eisenbahn anerkannt zu betrachten seien. Die kaufmännische Gesellschaft in Zürich würde den vierten Absatz im Art. 8 ganz streichen und im Art. 7 der Eisenbahn die Pflicht der Prüfung der Ladung in jedem Fall und damit auch die unbeschränkte H a f t p f l i c h t im Umfang der im Frachtbrief enthaltenen Angaben überbinden. Dabei ist im Fernern postulirt worden, daß der Aufgeber das Recht haben sollte, beim Selbstverlad, speziell in den durch Verbindungsgeleise mit der Eisenbahn verbundenen Etablissementen, einen Bahnbeamten zuzuziehen , welcher die Beschaffenheit des Gutes zu konstatiren hätte, damit dem Streit vorgebeugt wäre, ob eine Beschädigung auf dem Transport vorgekommen sei oder vorher schon bestanden habe.

Es scheint uns, daß allen billigen Anforderungen genügt sein sollte, wenn im Art. 7 die Verpflichtung der Eisenbahn aufgenommen ist, das Gewicht oder die Stückzahl auf Verlangen des Absenders festzustellen und zu beurkunden, und daß alsdann der Absatz 4 von Art. 8 annehmbar'ist, welcher davon ausgeht, daß die Angaben des Frachtbriefes über das Gewicht und die Stückzahl der aufgegebenen Güter zunächst in allen den Fällen gegen die Eisenbahnen Beweis machen, wo der Verlad reglementHrisch der Bisenbahn obliegt.

Wo der Auflarl dem
Absender obliegt, mag dieser von dem ihm im Absalz 4 des Art. 7 vorbehaltenen Rechte Gebrauch machen. An dieser Vorschrift ist auch im deutsch-österreichisch-ungarischen Betriebsreglement nichts geändert. Eine zwangsweise bahnseitige Kontrole über den Zustand des Gutes beim Selbstverlad, namentlich in den Werkstätten und Etablissementen der Absender, möchten wir nicht empfehlen, weil damit nicht ausgeschlossen wäre, dali

654

zwischen dem Bahnbeamten und dem Absender Differenzen entstehen, die wieder von einem Dritten gelöst werden müßten. Auch ist es dem Absender durchaus unbenommen, die Konstatirung durch Zuzug von Beamten oder von Sachkundigen oder Zeugen in genügender Weise zu bewirken.

Zu A r t . 8. In den bisherigen Verhandlungen ist man davon ausgegangen, daß im internationalen Uebereinkommen das Frachtbriefduplikat, von dessen Besitz das Verfüguugsrecht des Absenders (Art. 15) abhängt, obligatorisch gefordert sei. Unter dieser Voraussetzung suchte man nach einem einfacheren Ersatz für den internen Verkehr, welchen man in einem kurzen Empfangs-(Annahme-) schein fand, der an Stelle des Frachtbriefduplikates treten könnte. Wir sind ganz einverstanden mit dieser Lösung, möchten aber noch weiter gehen und wenigstens für die dem internen Gesetz unterworfenen Transporte auf das Obligatorium der Empfangsbescheinigung, bestehe dasselbe nun im Duplikatfrachtbrief oder im Annahmeschein, ganz verzichten, weil wir fürchten, daß sonst für das Publikum sowohl als für die Eisenbahnen eine Belastung entstünde, welche nicht in allen Fällen im richtigen Verhältniß zu den in Betracht kommenden Interessen stehen möchte. Nur darf nicht vergessen werden, daß der Verzicht auf das Frachtbriefduplikat oder den Annahmeschein für den Absender den Verlust des nachträglichen Verfügungsrechtes (Art. 15) nach sich zieht.

Beim A r t . 9 ist aus den Kreisen der Industriellen behauptet worden, daß mit den ähnlich lautenden Bestitnmungen des gegenwärtigen Gesetzes (Art. 14) die Eisenbahnen argen Mißbrauch zum Schaden des verkehrenden Publikums treiben. Die Frage, ob zum Schutz gegen Verlust oder Beschädigung die Verpackung nöthig sei, werde von der Eisenbahn willkürlich entschieden, die sich für jedes Gut, das nicht oder nur theilweise verpackt sei, ohne weitere Untersuchung, ob dessen Natur die Verpackung wirklich erheische, einen Revers ausstellen lasse, mit welchem sie sich dann-für allen Schaden, der nicht nachweisbar durch grobe Fahrläßigkeit ihrer Organe entstanden sei, der Verantwortlichkeit als enthoben erachte. Den Beweis der Fahrläßigkeit der Eisenbahn zu erbringen, halte erfahrungsgemäß sehr schwer. Insbesondere wurde darauf aufmerksam gemacht, daß eine Menge Stücke von Maschinenfakriken und Bisengießereien spedirt und von der Eisenbahn
nur mit Revers zur Beförderung ·angenommen werden, wo die Verpackung geradezu hindere, dem Gegenstand die nöthige Sorgfalt zuzuwenden. Man sollte daher sowohl in diesem Artikel als dann im Art. 31 das Publikum besser schützen und nicht von vorneherein die Bisenbahnen von der Verantwortlichkeit entlasten. Der Revers sollte jedenfalls so gefaßt

655 sein, daß die Frage, ob eine Verpackung nöthig war, eine offene, eventuell vom Richter zu entscheidende bleibe. Von Seite der Bisenbahnverwaltungen wurde erwidert, daß es zu diesem Zweck einer abgeänderten Formulirung durchaus nicht bedürfe, da der Revers nicht dazu diene, die Haftpflicht aufzuheben, sondern nur die Art oder den Mangel der Verpackung zu konstatiren. Der Richter sei daher, im Fall einer Klage, jederzeit berechtigt, die Frage zu prüfen und zu entscheiden, ob eine Verpackung überhaupt nöthig, beziehungsweise ob sie genügend gewesen sei. -- Es soll nicht unterlassen werden, diese Bemerkungen bei der Revision des Transportreglementes in Betracht zu ziehen, wo die Form des Reverses festzustellen ist.

Von den Eisenbahoverwaltungen war sodann verlangt, daß im Art. 9 der folgende Zusatz beigefügt werde: ,,Die Eisenbahn ist ferner berechtigt, bei der Aufgabe von Gütern, welche mangelhaft beschaffen oder in äußerlich wahrnehmbarer Weise beschädigt sind, zu verlangen, daß der Absender auf dem Frachtbriefe die Mängel unter spezieller Bezeichnung anerkennt und der Versandtstation hierüber eine Erklärung ausstellt, über deren Form das Transportreglement das Nähere vorschreibt. tt Dieser Antrag ist damit begründet, daß sonst beschädigte Gegenstände vom Transport zurückgewiesen werden könnten, was den Verkehr treibenden Kreisen nicht dienen könnte. Dagegen ist namentlich von Herrn de Seigneux darauf aufmerksam gemacht worden, daß Schwierigkeiten entstehen könnten, welche man durch Zurückweisung des Antrages der Bahnen beseitigen sollte. Für die Zurückweisung spreche schon der Umstand, daß das internationale Recht den beantragten Zusatz nicht kenne. Wenn man denselben intern gelten lassen wollte, so könne vor Allem aus der Fall vorkommen, daß Transitgüter, welche ohne Revers bis zur Landesgrenze befördert waren und daselbst aus irgend einem Grunde zur Réexpédition aufgegeben wurden, von der schweizerischen Eisenbahn nur mit Revers angenommen werden, was leicht zu einer unheilbaren Verschlimmerung der Stellung des Transportgebers in einem allfälligen Elnftpflichtprozeß führen könnte. Thatsächlich sei der Revers nicht nöthig; die Eisenbahn könne ja die genaue Bezeichnung der aufgegebenen Güter im Frachtbrief verlangen (zu vergleichen Art. 37, Absatz 2).

Wir schließen uns dieser Ausführung um so
eher an, als die von uns konsultirten ausländischen Transportordnungen den von den Eisenbahnen verlangten Revers in der That nicht kennen und eine gleiche oder ähnliche Bestimmung auch bei den Verhandlungen über das internationale Uebereinko mmen nicht für nöthig erachtet worden ist.

Bnndesblatt, 44. Jahrg. Bd. IV.

50

656 Zum A r t . 10 haben die kaufmännische Gesellschaft in Zürich und der Verein der Maschinenindustriellen die Befürchtung ausgesprochen, daß die Bestimmungen im Absatz 3, wonach die Zoll-, Steuer- und Polizeivorschriften von der Eisenbahn erfüllt werden sollen, so lange das Gut sich auf dem Wege befinde, zwar nicht von den schweizerischen, aber von ausländischen Verwaltungen zur Geltendmachung eines Monopols benutzt werden könnten. Es wurde dabei namentlich der Schwierigkeiten gedacht, welche bisanhin dem schweizerischen Händel aus dem italienischen Verzollungsmonopol erwachsen sind. Die Fassung in Absatz 3, ,,so lange das Gut auf dem Wege sich befindet", sei etwas unbestimmt; man sollte jedenfalls ausdrücklich sagen, daß, in Ansehung der zollamtlichen Behandlung, der Transport als nicht mehr auf dem Wege zu betrachten sei, wenn er auf der im Frachtbrief angegebenen Bestimmungsstation angelangt sei, auch wenn dies nicht gerade die absolute Endstation wäre. Schließlich wurde von der kaufmännischen Gesellschaft in Zürich der folgende Doppel verschlag eingereicht, den Absatz 3 im Art. 10 so zu fassen : entweder: ,,Die Zoll-, Steuer- und Polizeivorschriften werden^ so lange das Gut sich auf dem Wege befindet, von der Eisenbahn erfüllt. Sie kann diese Aufgabe ohne Monopolberechtigung, für wen es immer sei, unter ihrer eigenen Verantwortlichkeit einem Kommissionär übertragen oder sie selbst übernehmen. In beiden Fällen hat sie die Verpflichtungen eines Kommissionärs11 ; oder: ,,Die Zoll-, Steuer* und Polizei Vorschriften werden, so lange das Gut sich auf dem Wege befindet, von der Eisenbahn erfüllt. Sie kann diese Aufgabe unter ihrer eigenen Verantwortlichkeit einem Kommissionär übertragen oder sie selbst übernehmen, ohne daß daraus für irgeud Jemand eine Monopolberechtigung entstehen darf. In beiden Falten hat sie die Verpflichtung eines Kommissionärs11 ; -- beide Anträge mit der ausdrücklichen Tendenz, daß der besser redigirte Artikel bei einer künftigen Revision des internationalen Uebereinkommens in dieses letztere übergehen sollte. Wir können eine Verbesserung weder in der einen noch in der anderen der beiden alternativ vorgeschlagenen Redaktionen einsehen, die unsers Erachtens durchaus nichts Anderes sagen, als was der Entwurf in sich schließt. Ueberdies steht der Modifikation des Art. 10 formell
der Umstand entgegen, daß die Regulirung der Zollverhältnisse im Sinn der Anregung der kaufmännischen Gesellschaft ausschließlich dem internationalen Rechte angehört, welches einseitig zu ändern die Schweiz ebensowenig berechtigt ist, als irgend ein anderes Land.

Wenn man dessenungeachtet den ausgesprochenen Wünschen entgegenkommen will, so scheint uns die ausdrückliche Beifügung

657

einer Erklärung zum Artikel 10 am richtigsten, daß als Bestimmungsort unter allen Umständen die auf dem Frachtbrief angegebene Bestimmungsstation gelten soll, und schlagen wir vor, dies am Schluß des letzten Alinea zu sagen.

Die Eisenbahnverwaltuogen hatten, in Uebereinstimmung mit dem internationalen Uebereinkommen, im zweiten Absatz von der Verpflichtung Umgang nehmen wollen, daß sie dem Absender über die zu beobachtenden Formalitäten Auskunft geben und denselben auf leicht erkennbare Irrthümer aufmerksam machen sollen. Da diese Bestimmung schon im bisherigen Gesetz enthalten ist und zu Anständen nie Anlaß gegeben zu haben, sondern vielmehr von Nutzen gewesen zu sein scheint, so sehen wir nicht ein, warum dieselbe nicht wieder Platz finden sollte, nachdem überall verschärfte Zoll- und Steuervorschriften vom Verkehr eine besondere Sorgfalt verlangen.

Die A r t. 11 und \ 2 sind in keiner Weise beanstandet.

Die im Art. 13, Absatz l, gegenüber dem Wortlaut des internationalen Uebereinkommens enthaltene Einschaltung, daß unter Zustimmung der Versandtbabn auch solche Güter mit Nachnahme belastet werden dürfen, für welche Vorausbezahlung der Fracht verlangt werden kann, entspricht einem vom Handelsstand' geltend gemachten Wunsche, dessen Gewährung mit keiner Gefahr für die Eisenbahn verbunden erscheint, weil diese zur Auszahlung der Nachnahme nur insofern verpflichtet ist, als der Empfänger zuvor Zahlung geleistet hat. Zu Absatz 3 war das Begehren gestellt, daß für die Auszahlung von Nachnahmen an den Absender eine bestimmte Frist angesetzt werden sollte, welche mit der Zahlung durch den Empfänger beginnen müßte. Wir denken, daß die Vorschrift vorzuziehen ist, wonach die Bahnen verpflichtet sind, dem Absender die Nachnahme auszubezahlen, s o b a l d der Betrag derselben vom Empfänger bezahlt ist. Der pflichtige Höchstbetrag der Nachnahme wurde, in Uebereinstimmung mit den Ausführungsbestimmungen zum internationalen Uebereinkommen, auf Fr. 2000 angesetzt.

Bei dem A r t . 14 ist von der kaufmännischen Gesellschaft in Aarau die Feststellung der Lieferfristen im Gesetz angeregt worden.

Wir halten die Anregung für berechtigt, sofern man, gleichwie in den Ausführungsbestimmungen zum internationalen Uebereinkommen, mit der Bestimmung der Maximalfristen sich begnügt. Auch der weitere Inhalt des Artikels 14 entspricht jenen Ausführungsbestimmungen.

658

Art. 15 bestätigt in Uebereinstimmung mit dem internationalen Uebereinkommen in der Hauptsache den im Art. 15 und 16 des bisherigen Gesetzes ausgesprochenen Grundsatz, daß dem Absender ein Verfügungsrecht über das aufgegebene Gut zustehe, so lange dasselbe nicht in rechtsschlüssiger Weise in den Besitz des Adressaten übergegangen ist. Ueber die Voraussetzungen, unter welchen der Absender von diesem Recht Gebrauch machen kann, sind von keiner Seite Bedenken erhoben worden. Soweit gegenüber dem Inhalt des internationalen Vertrages Aenderungen (im Absatz 2 und 4) vorgenommen sind, stehen dieselben mit der Bestimmung im Art. 8 im Zusammenhang, wonach in Ansehung des Verfügungsrechtes der Annahmeschein dem Frachtbriefduplikat gleich geachtet werden .soll. Als schriftliche Erklärung im Sinn von Absatz 6 erachten wir auch die telegraphische Anweisung. Dagegen würden wir es für bedenklich erachten, dies, im Sinn ergangener Anregungen, im Gesetze ausdrücklich zu sagen, da sonst auch an andern Orten, wo von einer schriftlichen Benachrichtigung die Rede ist, zum Voraus entschieden werden müßte, wiefern dieselbe auch telegraphisch zulässig sein möchte.

Die A r t . 16 und 17, betreffend die Ablieferung und Annahme des Gutes, geben zu keinen besonderen Bemerkungen Anlaß.

Art. 18, über die Folgen der Unterbrechung des Transportes durch höhere Gewalt oder Zufall, entspricht in seiner Grundlage ganz dem Art. 18 des bisherigen Transportgesetzes. Immerhin waren im bisherigen Gesetz die Worte ,,Naturereignisse oder sonstige Zufälle" an Stelle des Ausdruckes ,,höhere Gewalt oder Zufall* gebraucht und hat die Frage, was unter höherer Gewalt verstanden sei, in der Expertenkommission zu einläßlichen Besprechungen geführt, welche dann dadurch erledigt wurden, daß man beschloß, im Art. 57 die bisherige Definition (als unabwendbarer Zufall) zu erweitern durch die Aufnahme der Begriffe der force majeure und des cas fortuit. Im Uebrigen machte sich gegenüber diesem Artikel in den Kreisen der Transportgeber die natürliche Tendenz geltend, die Folgen der Hinderung des Transportes durch höhere Gewalt oder Zufall soweit als möglich den Eisenbahnen zuzuschieben. Es wurde betont, daß noch weniger Grund vorhanden sei, das Publikum, anstatt die Transportanstalten, damit au belasten, welchen als Inhaber des Transportmonopols obliegen
müsse, den einmal übernommenen Auftrag ausschließlich in ihrem Risiko zu vollziehen.

Wenn ein Transport infolge höherer Gewalt oder Zufall nicht zu Ende geführt werden könne, so sei anzunehmen, daß der Absender schon aus dieser Thatsache allein Schaden genug erleide, und nicht einzusehen, warum er die Eisenbahn noch für die Kosten der Vor-

659 bereitung des Transportes, der Wiederausladung u. s. w. entschädigen solle. Als Mindestes wurde verlangt, daß, wenn die Hülfsroute länger sei als der gesperrte Transportweg, die Taxe nur um die auf die längere Distanz entfallende Quote erhöht werden dürfe, und ferner, daß, wenn durch die Wahl der Hülfsroute Mehrkosten entstehen, vorerst die Genehmigung des Absenders eingeholt werden sollte. Der letztere Vorschlag scheint uns wohlbegründet. Wir empfehlen, demselben durch die im dritten Absatz vorgeschlagene Ergänzung Rechnung zu tragen, immerhin in dem Sinne, daß selbstverständlich nur der interne Verkehr in Betracht kommen kann. Im Uebrigen sehen wir uns nicht veranlaßt, Aenderungen vorzuschlagen.

A r t . 19 enthält in Ausführung des gleichnamigen Artikels im internationalen Uebereinkommen die Vorschriften über das Verfahren bei Ablieferung des Gutes. Diese Vorschriften entsprechen im Wesentlichen denjenigen, welche in den Art. 19 und 2l des gegenwärtigen Transportgesetzes bestehen, und sind nur ergänzt worden durch die aus den Kreisen des Handelsstandes beantragte Bestimmung, daß bei gewöhnlichem Gut der Tag und bei Eilgut die Stunde der Ankunft in der Bestimmungsstation auf dem Frachtbrief angegeben werden müsse. Wir können zugeben, daß diese Bestimmung ebenso gut im Transportreglement untergebracht werden könnte. Indessen ist nicht zu übersehen, daß es sich um eine Vorschrift von relativ unveränderlicher Natur handelt.

A r t . 20 bedarf keiner besondern Begründung.

Im Art. 21 ist der zweite Absatz auf Verlangen der Verkehrsinteressenten beigefügt worden. Der Vorbehalt, daß die Deponirung der Nachnahinebeträge nicht zuläßig sein soll, ist die nothwendige Folge der Verpflichtung der Eisenbahn, die Nachnahme sofort nach Empfang dem Absender auszuliefern (Art. 13), und entspricht im Allgemeinen der bisherigen Judikation. Derselbe steht auch nicht im Widerspruch zum internationalen Uebereinkommen.

A r t . 22 ist die Konsequenz des gleichnamigen Artikels im internationalen Uebereinkommen.

A r t . 23 und 24 sind unbeanstandet. Der letztere enthält die im Art. 24 des internationalen Uebereinkommens geforderten Ausführungsbestimrnungen betreffend das Verfahren bei Ablieferungshindernissen, und entspricht, mit einigen Verbesserungen, dem Art. 22 des Transportgesetzes von 1875.

A r t . 25. Das
vom kaufmännischen Direktorium in St. Gallen für den Empfänger beanspruchte Recht, daß die Waare von der Bahn unentgeltlich vorgewogen werden müsse, wenn ein Gewichts-

660 abgang vermuthet sei, ist in praktisch zulänglicher Weise bereits im allgemeinen Nebengebührentarif vom 1. August 1890 gewahrt, wo bestimmt ist, daß, auch wenn die Abwägung vom Empfänger oder Versender des Gutes verlangt ist, eine Wägegebühr nicht zur Erhebung gelangt, wenn es sich auf der Versandtstation um die Wiederholung der bereits erfolgten bahnseitigen Verwiegung handelt, und diese letztere sich hiebei als unrichtig herausstellt, oder wenn sich bei der Abwägung auf der Empfangsstation ein von der Eisenbahn zu vertretender Gewichtsmangel ergibt. Die Aufnahme dieser Bestimmung müßte nothwendig die Rekapitulation noch weiteren Inhaltes des genannten Tarifs nach sich ziehen, was wir nicht für thunlich erachten, wenn das Gesetz nicht allzu weitläufig ausfallen soll. Auch halten wir die Anregung der kaufmännischen Gesellschaft in Zürich, daß von der protokollarischen Feststellung (Absatz 2) abgesehen werden solle, wo es sich um solche Fälle handelt, wo nur ein natürlicher Gewichtsabgaug in Betracht kommt, für so selbstverständlich, daß im Gesetz davon nichts gesagt zu werden braucht.

Im Allgemeinen hat die kaufmännische Gesellschaft in Zürich bei diesem Artikel an die frühere Anregung erinnert, für die Behandlung von streitigen Reklamationsfällen ein möglichst einfaches und wenig kostspieliges Verfahren einzuführen. Wir stehen diesem Begehren sympathisch gegenüber^ müssen aber darauf aufmerksam machen, daß die Behandlung der Reklamationsprozesse zunächst den kantonalen Gerichten zusteht und daß es eine konstitutionelle Aenderung in sich schließen würde, wenn in bindender Weise an Stelle der kantonalen Kompetenz diejenige der Schiedsgerichte gesetzt werden sollte, welche vom Hauxlelsstand gewünscht ist. Es kann sich unseres Erachtens nur darum handeln, ein Konvenium zwischen den Eisenbahnen und den Transportgehern, welche demselben sich unterstellen wollen, vorzubereiten, was der weitern Besprechung anläßlich der Revision des Transportreglementes vorbehalten werden muß.

Zu A r t . 26. Gemäß Art. 26 ist, in Uebereinstimmung mit dem internationalen Recht, derjenige (Absender oder Versender) zur gerichtlichen Geltendmachung der aus dem Frachtvertrag gegenüber der Eisenbahn entspringenden Rechte befugt, dem das Verfügungsreeht über das Frachtgut austeilt; für den Absender mit der Beschränkung,
daß, wenn er nicht im Besitz des Frachtbriefduplikates oder des Anuahmescheines sei, er seinen Anspruch nur mit Zustimmung des Empfängers geltend machen könne. Die kaufmännische Gesellschaft in Zürich hätte die Vorschrift in Art. 34 des bisherigen Gesetzes vorgezogen, wonach ebenfalls der Versender

661 und der Empfänger zur Klage berechtigt sind; aber in dem Sinne, daß: a. wenn im Prachtbrief gesagt sei, daß die Waare auf Rechnung und Gefahr des Versenders reise, der Empfänger ein Klagerecht nur habe, wenn er auf Verlangen genügende Kaution dafür leiste, daß auch der Absender das Urtheil gegen sich gelten lasse, und b. wenn eine solche Bestimmung im Frachtbriefe nicht enthalten ist, dem Versender das Klagerecht nur dann zustehe, wenn er dieselbe Garanlie für die Anerkennung des Urtheiles durch den Empfänger leiste.

Der Vorschlag der kaufmännischen Gesellschaft war insbesondere damit begründet, daß durch die neue Bestimmung die Rechtsstellung des Absenders beeinträchtigt werde. Wir können das nicht einsehen. Es ist richtig, daß mit dem Uebergang des Verfügungsrechtes an den Empfänger das g e s e t z l i e h e Klagerecht des Absenders untergeht. Aber Niemand kann diesen hindern, das durch den Uebergang des Verfilgungsrechtes von dem Empfänger erworbene Klagerecht sich wieder abtreten zu lassen und dasselbe alsdann auf dieser Grundlage geltend zu machen. Der Nachweis der Abtretung kann nicht schwieriger sein, als die im bisherigen Gesetz verlangte Kaution dafür, daß auch der Empfänger das Urtheil gegen sich gelten lassen werde. Das Klagerecht aber, welches der Frachtbriefvorschrift entspricht, daß das Gut auf Kosten und Gefahr des Absenders reise, wahrt der Absender sich in vollem Umfang durch die Aushinnahme und Zurückbehaltung des Frachtbriefduplikates oder des Annahmescheines.

Art. 27 und 28 handeln von der Haftung mehrerer Eisenbahnen (zu vergleichen Art. 33, 36 und 38 des Transportgesetzes von 1875) und geben zu keinen besondern Ausführungen Anlaß.

Ebenso wenig Art. 29, betreffend die Haft der Bahn für ihre Leute (Art. 3, Absatz 2, cit.).

A r t . 30 konstatirt die Haftpflicht der Bisenbahnen für Verlust, Minderung oder Beschädigung im Allgemeinen, in wörtlicher Uebereinstimmung mit dem Art. 30 des internationalen Uebereinkommens. Soweit im Frachtbrief ein nicht an der Eisenbahn liegender Ort als Ort der Ablieferung genannt ist, so wurde in Uebereinstimmung mit dem bisherigen Recht (Art. 37 des Gesetzes von 1875) für den Transport von der Endstation der Eisenbahn hinweg auf die Verpflichtungen des Spediteurs verwiesen. Diese Vorschriften gelten also für alle Transporte im internen, sowie in demjenigen Verkehr, welcher dem internationalen Uebereinkommen

662 unterstellt ist. Daneben war aber noch Rücksicht zu nehmen auf die Verhältnisse, welche entstehen, wenn es sich um Transporte von und nach dem Auslande handelt, welche dem internationalen Uebereinkommen nicht unterstellt sind, sei es, daß sie ausdrücklich von diesem ausgeschlossen wurden oder die ausländischen Bahnen solchen Ländern angehören, die an jenem nicht Theil nehmen. Diesem Verhältniß gelten die Vorschriften im letzten Absatz des Artikels, womit diejenigen verglichen werden mögen, welche bisher allgemein für die Transporte Geltung hatten, an denen auswärtige Bahnen betheiligt waren (Art. 35 und 36 des Gesetzes von 1875 am Ende).

A r t . 31. Der Verein der schweizerischen Maschinenindustriellen hatte die Streichung der Ziffern 2 und 3 beantragt, weil darin den Eisenbahnen eine unnöthigerweise bevorrechtete Stellung augewiesen sei, welche billige Schadenersatzansprüche des Publikums unmöglich mache. Von der kaufmännischen Gesellschaft in Aarau war es als bedenklich bezeichnet, wenn die Schäden, welche für solche Güter entstehen können, die nur in offenen Wairen befördert werden, dem Absender zur Last fallen sollen. Herr de Seigneux, dem sich die kaufmännischen Mitglieder der Expertenkommission anschlössen, hat die Streichung des ganzen Artikels vorgeschlagen, weil derselbe für den Verkehr gefährlich sei und der Artikel 30 dem Bedürfniß vollständig genüge, sofern dieser die Eisenbahn bereits in genügender Weise von der Verantwortlichkeit entlaste, wenn sie zu beweisen vermöge, daß der Schaden durch ein Verschulden des Verfügungsberechtigten, oder eine nicht von der Eisenbahn verschuldete Anweisung desselben, durch die natürliche Beschaffenheit des Gutes (namentlich durch innern Verderb, Schwinden, gewöhnliche Leccage), oder durch höhere Giewalt herbeigeführt worden sei.

Der hienach aufgestellte Grundsatz, daß die Bisenbahn den Grund der Entlastung beweisen müsse, sei durch dea Art. 31 und namentlich den auch in den Gesetzesentwurf übergegangenen Schlußsatz des Artikels 31 im internationalen Uebereinkommen : ,,Wenn ein eingetretener Schaden nach den Umständen des Falles aus einer der in diesem Artikel bezeichneten Gefahren entstehen k o n n t e , so wird bis zum Nachweis des Gregentheiles vermuthet, daß der Schaden aus der betreffenden Gefahr wirklich entstanden ist", vollständig und in
unberechtigter Weise zu Lasten des Verkehres wieder aufgehoben. Unter allen Umständen müßte wenigstens dieser Satz gestrichen und die Beweislast so belassen werden, wie der Artikel 30 sie vorsehe und in Verbindung damit der erste Theil von Art. 31 zulasse. Die B a h n müsse beweisen, daß der Sehaden

663

durch die vom Absender gewählte Transportweise verursacht worden sei, und es sei ganz unlogisch, anzunehmen, daß mit der einfachen Konstatirung dieser Transportweise und der Möglichkeit, daß der Schaden durch eine der im Gesetz bezeichneten Ursachen entstanden sein könne, jener Beweis als geleistet betrachtet werden wolle. Thatsächlich bedeute diese Präsumtion die Befreiung der Eisenbahn von aller Verantwortlichkeit. Der den Reklamanten vorbehaltene Nachweis des Gegentheils, daß nämlich der Schaden nicht aus der vermutheten Gefahr, sondern aus dem Verschulden der Bahn oder ihrer Leute entstanden sei, werde nie geleistet werden können, da der Reklamant nicht wissen und nicht darthun könne, ob z. B. eine Sendung von Säureflaschen infolge unvorsichtigen Manövers in den Bahnhöfen zerbrochen, oder ein mit Blachen bedeckter Wagen ohne Noth Tage lang im Regen stehen gelassen worden sei. Oder wenn infolge Carambolirens der Wagen ein Stück Vieh das andere mit den Hörnern verletzt habe, so hätte auch die Anwesenheit eines Begleiters der Sendung den Unfall nicht abwenden können. Die Eisenbahnverwaltungen dagegen haben die Streichung des letzten Absatzes, welcher im Wesentlichen aus dem Artikel 32 des bisherigen Transportgesetzes herübergenommen worden ist, beantragt und im Uebrigen die Beibehaltung des Artikels 31 verlangt, der nicht blos dem internationalen Uebereinkommen wörtlich entspreche, sondern auch mit dem Inhalt des Artikels 32 des bisherigen Transportgesetzes und dem Transportreglement zusammentreffe, welches im vorletzten Alinea des § 124 auch die von Herrn de Seigneux vornehmlich beanstandete Bestimmung hinsichtlich der Beweislast enthalte. Im Uebrigen sei diese normal entwickelt. Um sich von der Schadenersatzpflicht zu befreien, habe in erster Linie die Eisenbahn darzuthun, daß einer der im Artikel 31 speziell aufgeführten Fälle vorliege, und sei alsdann dem Transportgeber der Gegenbeweis vorbehalten, daß der Schaden aus der betreifenden Gefahr n i c h t entstanden sei. Die Versäumniß der Lieferfrist und die daraus eingetretene Schädigung, sowie der durch anderweites Verschulden der Bisenbahn entstandene Schaden seien vorkommendenfalls Gegenstand des den Reklamanten vorbehaltenen Gegenbeweises.

Wir verkennen nicht das Gewicht der Gründe, welche gegen den Art. 31 geltend gemacht werden. Aber es
sind dieselben doch nicht so durchschlagend, um diesen aufzugeben oder die irn Schlußsatz zu Gunsten der Eisenbahnen ausgesprochene Rechtsvermuthung zu streichen. Zunächst müssen wir darauf aufmerksam machen, daß diese Streichung nur für den internen Verkehr gelten könnte, du es nicht in der Macht der schweizerischen Gesetzgebung liegt, für die internationalen Transporte andere Rechtsgrundsätze auszusprechen,

664

als im internationalen Uebereinkomraen enthalten sind, dem der Art. 31 in erster Linie folgt. Ferner wird darauf verwiesen werden dürfen, daß die angefochtenen Bestimmungen auch in dem neuen Betriebsreglement für Deutschland und Oesterreich-Ungarn aufgenommen sind, mit der einzigen Beschränkung, daß eine Befreiung von der Haftpflicht jedenfalls nicht geltend gemacht werden könne, wenn nachgewiesen sei, daß der Schaden durch irgend ein, wenn auch nicht direktes Verschulden der Eisenbahn oder ihrer Leute entstanden ist. Der letzte Absatz zum Art. 31 im Entwurf will diese Beschränkung ebenfalls aufnehmen im Anschluß au die im bisherigen Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen (Art. 124) enthaltene Verweisung auf die Folgen verspäteter Ablieferung.

Die A r t . 32 und 33 handeln von der Beschränkung der Haftpflicht bei Gewichtsverlusten und von der Vermuthung betreffend den Verlust des Gutes und entsprechen grundsätzlich dem bisherigen Recht (Art. 24 und Art. 32, Ziffer l, des Gesetzes von ISTS).

M

Dem A r t. 34, welcher von der Höhe des Schadenersatzes bei Verlust des Gutes handelt, war aus den Kreisen des Handels und der Industrie in erster Linie entgegengehalten, daß der beim Verlust des Gutes zu ersetzende gemeine Handelswerth, bezw. der gemeine Werth einer Waare ein zu unbestimmter Begriff sei, als daß demselben nicht die Bestimmung im Art. 25 des bisherigen Transportgesetzes vorgezogen werden sollte, welche eine Entschädigung bis auf Fr. 1500 vom Zentner gewähre. Das in dieser Betrachtung liegende Bedenken ist unbegründet ; der Art. 34 des Entwurfs geht mit dem internationalen Uebereinkommen zu Gunsten des Verkehrs weiter als das bisherige Gesetz, indem er den Schadenersatzanspruch ohne jede Beschränkung des Geldwerthes zuläßt. Was die Feststellung des letzteren betrifft, so war derselbe bisher nach dem Handelswerth am Ort, wo die Ablieferung hätte stattfinden sollen, unter Abzug der allenfalls ersparten Transportkosten zu berechnen.

Wir schlagen vor, mit dem internationalen Uebereinkommen den Werth des Gutes am Versandtort, zuzüglich der darauf an Zöllen, Fracht und sonstigen Kosten bereits bezahlten Beträge, anzunehmen, was auch in den bisherigen Verhandlungen nicht beanstandet worden ist. Für die Versicherung des subjektiven Werthes, welchen das Gut, um besonderer Umstände und Verhältnisse willen, für den Versender oder den Empfänger haben kann, muß der Absender durch eine Deklaration des Interesses an der Lieferung (Art. 38 des Entwurfes) sorgen. Es wird damit der gleiche Erfolg erzielt, den die im bisherigen Gesetz vorbehaltene Werthcleklaration (Art. 26) gewährt.

665

Im A r t . 35 ist, dem internationalen Uehereinkommen folgend, die Neuerung eingeführt, daß bei ausnahmsweise!' Taxermäßigung die der Eisenbahn obliegende Schadenersatzpflicht maximal begrenzt werden dürfe. Der Bundesrath wird in jedem Falle zu entscheiden haben, ob die Taxermäßiguug der beanspruchten Verminderung der Schadenersatzpflicht entspreche (Art. 4).

A r t . 36 enthält im dritten Absatz eine im internationalen Uebereinkommen beliebte Erweiterung des Art. 29 im bisherigen Transportgesetz.

Dem A r t . 3 7 , welcher im ersten Absatz den im gleichen Artikel des internationalen Uebereinkommens formulirten Grundsatz betreffend die Höhe des Sehadenersatzes bei Beschädigung des Gutes reproduzirt, sind in den folgenden Absätzen die prozessualischen Bestimmungen aus Art. 31 des bisherigen Transportgesetzes augefügt, deren Aufnahme allseitig als zweckmäßig erachtet worden ist.

Die Deklaration des Interesses an der Lieferung (Art. 38) vertritt die Stelle der bisherigen Werthdeklaration und ist wie diese ganz dem Willen des Absenders überlassen. Wer für den Fall des Verlustes oder der Beschädigung auf den Ersatz von mehr als dem gemeinen Handelswerth Anspruch machen will, weil für ihn das Gut aus irgend einem Grund einen höheren (subjektiven) Werth hat, soll diesen letzteren dadurch sicherstelleo können, daß er denselben in Zahlen angibt und einen billigen Frachtzuschlag bezahlt, welcher im Transportreglement festgestellt werden dürfte.

So weit steht der Art. 38 mit dem Art. 26 des bisherigen Gesetzes, welcher von der Werthdeklaration handelt, in Uebereinstimmung.

Dagegen ist nun, laut dem internationalen Recht, das Vorhandensein und die Höhe des ,,weiteren Schadens" von dem Ausprecher (Berechtigten) zu beweisen, während das bisherige Landesrecht den Nachweis des Minderwerthes der Eisenbahn zugeschoben hatte.

Diese Aenderung ist dadurch gerechtfertigt, daß es sich nun nur noch um die Werthung des subjektiven Interesses handeln kann, da der gemeine Werth nicht mehr blos bis zu einem Maximalsatz gewährt ist, sondern die Eisenbahn auch ohne besondere Versicherung für den vollen Betrag desselben haftet.

Die bei Versäumung der Lieferfrist (A r t. 3 9) im internationalen Transportrecht vorgesehenen Entschädigungen sind den größern Verhältnissen des Verkehrs von Land zu Land angepaßt; es war unausweichlich,
dieselben umzugestalten für die kleinern Entfernungen, welche von den internen Transporten durchlaufen werden, wie dies im A r t . 40 des Entwurfes der Fall ist. Die hier vorgesehenen Normen haben im Allgemeinen sowohl die Zustimmung des Handelsstandes als diejenige der Eisenbahnen gefunden, wenn auch die

666

letzteren zunächst für die Herüberoahme der Sätze des internationalen Uebereinkommens sich ausgesprochen hatten. Immerhin blieb eine Differenz übrig in der Art, daß unserm ursprünglichen und im internationalen Uebereinkommen begründeten Vorschlag, beim Nachweis eines Schadens das Maximum der Entschädigung bis zur Höhe der ganzen F r a c h t festzusetzen, wenn keine Deklaration des Interesses stattgefunden hatte, insbesondere von dem zürcherischen Vertreter des Handelsstandes der Anspruch entgegengestellt wurde, daß unter allen Umständen der W e r t h des G u t e s die Grenze für die Entschädigung sein müsse, wenn ein Schaden nachgewiesen erscheine. Zur Begründung dieser Ansicht ist auf die ebenso weit gehenden Bestimmungen im § 126 des derzeitigen Transporlreglementes verwiesen und daran!' aufmerksam gemacht worden, daß sonst ein mittelbarer Zwang zur Deklaration des Interesses vorhanden wäre, welcher für den Handelsstand in einer Erhöhung d'er Transportkosten sich ausdrücken müßte. Wir haben diese Begründung als zureichend anerkennen müssen und die Vorlage in dem vom Handelsstand beantragten Sinne abgefaßt.

In vollkommener .Uehereinstimmung mit dem internationalen Uebereinkommen ist in dem A r t . 41 die Haftung der Eisenbahn für den vollen Schaden auch ohne vorausgegangene Interessendeklaration in allen den Fällen vorgesehen, wo der Schaden in Folge von Arglist oder grober Fahrläßigkeit der Eisenbahn entstanden war, und sind im Art. 44, Ziffer l, unter derselben Voraussetzung die Ansprüche gegen die Eisenbahn ausnahmsweise geschützt, ganz wie dies in den Artikeln 27 und 45, Ziffer 3, des geltenden Transportgesetzes vorgesehen ist. Die Vertreter des Handels und der Industrie haben verlangt, daß auch das leichte Versehen der Bahn keine geringeren Folgen nach sieh ziehen dürfe als Arglist oder grobe Fahrläßigkeit, weil sonst die Gefahr vorliege, daß in jedem Fall über die Qualität des Verschuldens prozessirt werden müsse. Wir glauben, daß dieses Begehren auf einer unrichtigen Rechtsauffassung beruht. Dem an sich entschuldbaren^ aber die gemeine Verantwortlichkeit nicht ausschließenden Fehler oder Versehen der Eisenbahn oder ihrer Leute entspricht die im gemeinen Werth des Gutes limitirte Haftpflicht. Die erhöhte Verantwortlichkeit tritt nur ein, wenn die Eisenbahn durch eine Deklaration des Interesses
an der Lieferung darauf aufmerksam gemacht war, daß sie es mit einem ausnahmsweisen Werth zu thun habe, oder wenn sie dermaßen nachläßig oder schuldbar sich benommen hat, daß die gewöhnliche Sorgfalt, welche bei der Geschäftsbesorgung für einen Dritten vorausgesetzt werden darf, nicht angewendet wurde.

Der Absender hat Anspruch darauf, daß auch das nicht besonders deklarirte Gut mit dieser gewöhnlichen Sorgfalt behandelt wird.

667

Geschieht dies nicht und erfolgt der Schaden aus einem grob fahrläßigen oder arglistigen Verfahren, so ist die nächste Strafe dafür die erhöhte Verantwortlichkeit der Eisenbahn -- ein Rechtssystem, dessen innere und thatsächliche Begründung mit Fug nicht in Zweifel gezogen werden kann.

In den Art. 42 bis 46 ist im Wesentlichen bisheriges Recht rezipirt. Sie stimmen wörtlich überein mit den gleichnamigen Artikeln des internationalen Uebereinkommens. Nur die Vorschriften beireffend die Unterbrechung der Verjährung, irn Art. 45, sind wörtlich dem bisherigen Gesetz ( A r t . 4 9 ) entnommen, und der letzte Absatz ebendaselbst ist neu, aber durchaus zuläßig.

Die Art. 47 bis 55 ersetzen die im bisherigen Transportgesetz enthaltenen Bestimmungen über den Rückgriff der Eisenbahnenunter sieh. Sie lauten wörtlich gleich wie die entsprechenden Artikel im internationalen Uebereinkommen und waren von keiner Seite beanstandet.

Ebensowenig sind Einwendungen gegen die folgenden Art. 56 und 57 erhoben worden, von welchen, in Uebereinstimmung mit dem internationalen Uebereinkommen, A r t . 56 die neue Bestimmung enthält, daß bei Klagen auf Grund des Transportgesetzes eine Sicherstellung der Prozeßkosten nicht soll gefordert werden können. Wir halten dafür, daß, nachdem dieses Postulat für die internationalen Verhältnisse gilt, dasselbe dem internen Verkehr nicht vorenthalten werden sollte oder dürfte. A r t . 57 ist in der schon früher erwähnten Art durch Einschaltung der Erläuterungsbegriffe der force majeure und des cas fortuit ergänzt und entspricht im Uebrigen dem Art. 53 des bisherigen Gesetzes.

Wir haben diesen Artikel im Entwurf an den Schluß des Abschnittes über den Güterverkehr gesetzt, urn jede etwaige Kollision mit den im folgenden Art. 58 zitirten Vorschriften des Haftpflichtgesetzes bei Tödtungen und Verletzungen von Personen zu vermeiden.

Abgesehen von diesem Art. 58 enthält der dritte Abschnitt -- C. Besondere B e s t i m m u n g e n für den P e r s o n e n - und G ep äc k v e r k e h r , Art. 58 bis 63 -- nur die Wiedergabe der Art. 4, 5, 7, 51 und 52 des bisherigen Gesetzes Wir haben uns schon Eingangs über die Gründe ausgesprochen, welche dazu geführt haben, hier von wesentlichen Aenderungen abzusehen.

Zu Art. 64 (D. Bestimmungen betreffend den Da m p f s e h i f fv e r k e h r ) sind die
Bemerkungen, zu welchen wir uns veranlaßt sehen, schon im Eingang dieser Botschaft enthalten.

A r t . 65 (E. Strafbestimmung). Die hier vorgesehene Strafandrohung war ursprünglich nur zum Art. 11 beabsichtigt, und

668 zwar in dei- folgenden Fassung, der auch die Eisenbahnen zugestimmt hatten : ,,Im Falle der Nichtbeachtung der im ersten Absatz (des Art. 11) enthaltenen Vorschriften kann die Eisenbahn mit einer Buße bis auf 1000 Franken belegt werden, welche vom Bundesrath ausgesprochen wird. Bei Rückfall kann diese Buße bis auf 5000 Franken erhöht werden."1 Es seheint uns aber, daß eine derartige Bestimmung ganz allgemein in das Gesetz sollte aufgenommen werden. Man kann einwenden, daß das überflüssig sei, weil der Transportübernehmer civilrechtlich für die Erfüllung der ihm vom Gesetz auferlegten Verpflichtungen hafte, und daß, wenn aus der Nichtbeachtung dieser dem Transportgeber Schaden entstehe, der Letztere den Anspruch auf Schadenersatz beliebig geltend machen und durchführen könne. Das ist im Prinzip richtig; nicht aber entspricht dem Prinzip immer der thatsächliche Verlauf. Es kann vorkommen, daß die Nichtachtung einer gesetzlichen Vorschrift Seitens des Transportunternehmers keinen nachweisbaren Schaden zur unmittelbaren Folge hat, oder daß der Nachweis des letztern nur schwer zu führen ist, oder daß der Geschädigte auf die Geltendrnachung einer Schadenersatzforderung von vorneherein verzichtet, weil er überhaupt nicht einen Prozeß führen oder eine Unternehmung nicht belangen wilï, mit der er vielleicht im täglichen Verkehr steht und welche es daher in den Händen hat, ihn vorkommendenfalls ihre Ungnade fühlen zu lassen. Er kann ja in der Regel seine Kundschaft nicht einer anderen Unternehmung zuwenden, weil die e i n e Gesellschaft das thatsächliche Transportmonopol hat. Das ist nun nicht blos der Faul, wenn es sich um die Uebertretung des im Art. 11 aufgestellten Verbotes der Refaktien handelt. Ganz ähnliche Verhältnisse können sich entwickeln, wenn z. B. eine Bahn trotz dem Verbot im Art. 4 wiederholt versucht, die gesetzliche Verantwoi'tlichkeit oder Schadenersatzpflicht durch Réglemente, Publikationen oder spezielle Abmachungen von sich abzulehnen; wenn das für den regelmäßigen Verkehr nöthige Rollmaterial dem Verkehr nicht zur Verfügung gestellt wird ; wenn jene beharrlichen Lieferfristüberschreitungen vorkommen, über welche so vielfach geklagt wird ; wenn auch abgesehen von dem Falle des Art. 11 einem Transportgeber Vortheile eingeräumt werden, welche anderen nicht zugänglich sind, und z. B. die
Güter nicht in der Reihenfolge der Annahme zur Beförderung zum Transport gelangen u. s. w. In allen diesen Fällen hat der Geschädigte einen Anspruch auf Schadenersatz ; es muß aber aus den angeführten Gründen noch ein anderes Mittel geben, um die Beachtung des Gesetzes durch die Transportgesellschaften auch objektiv zu sichern, das Recht und die Pflicht der Aufsichtsbehörden, von sich aus mit wirksamen

669 Mitteln einzuschreiten, wenn vorausgegangene Mahnungen nicht fruchten, und dieses Mittel finden wir in der neben der civilrechtlichen Verantwortlichkeit stehenden Geldstrafe, die nach unserer Ansicht vorkommeadenfalls vom Richter ausgesprochen werden muß.

Die Strafandrohung dürfte namentlich auch ein Gegengewicht abgeben zu der Stellung, welche im Art. 31 den Eisenbahnen eingeräumt ist, sofern damit jene Nachlässigkeiten im Betrieb getroffen werden können, welche im Allgemeinen wohl zu konstatiren sind, deren kausaler Zusammenhang mit einem eingetretenen Schaden aber schwer zu beweisen ist. Wir haben hier unter Anderem die Fälle im Auge, wo von den Eisenbahnen Material im Transport verwendet wird, dessen Zustand billigen Anforderungen nicht entspricht, wo bei der Manipulation der Transporte, wie beim ,Manövriren in den Staticmen, nicht die erforderliche, beziehungsweise in den Reglementen verlangte Sorgfalt angewendet wird oder wo die besonderen Vorschriften betreffend die Besorgung z. B. der Thiertransporte wiederholt außer Acht gelassen sind, u. s. w.

Die Aufsichtsbehörde soll die Mängel konstatiren, sie soll die Gesellschaften zur Abhülfe mahnen und, wenn dies nicht genügt, die Ueberweisung der Angelegenheit im Sinne des Art. 59 an den Richter veranlassen.

Die S c h l u ß b e s t i m m u n g e n (Abschnitt F) geben keinen Anlaß zu Auseinandersetzungen.

Mit diesen Bemerkungen empfehlen wir Ihnen das Eintreten auf den nachstehenden Gesetzesentwurf.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 25. Oktober 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

670 (Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, mit der Absicht, den Vereinbarungen über den internationalen Frachtverkehr die Gesetzgebung betreffend das interne Transportwesen so gut als möglich anzupassen ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 25. Oktober 1892, beschließt: A. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

Anwendung Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf die des Beförderung von Personen und Gütern auf den zum Zwecke Gesetzes.

des öffentlichen Personen- und Gütertransportes vom Bunde konzessionirten Eisenbahnen und den Dampfschiffen (Art. 64).

Die besonderen Vereinbarungen hinsichtlich der internationalen Transporte auf den Eisenbahnen sind vorbehalten.

Innerhalb der Schweiz muß von den Eisenbahnen ein direkter Verkehr und ein gegenseitiges Durchgehen der Transportmittel gegen die übliche, nöthigenfalls vom Bundesralhe festzusetzende Vergütung eingerichtet werden. Von der Verpflichtung, an dem direkten Verkehr theilzunehtnen, können einzelne, in ausnahmsweisen Verhältnissen stehende Eisen-

671 bahnen vom Bundesrathe ganz oder theilweise enthoben werden.

Die Errichtung eines direkten Verkehrs in diesem Umfang mit ausländischen Eisenbahnen kann nur verlangt werden unter der Voraussetzung, daß diese dazu bereitwillig oder gesetzlich verpflichtet sind.

Art. 2.

Die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes finden Ausnahmen.

keine Anwendung auf: 1. diejenigen Gegenstände, welche dem Postzwange unterworfen sind ; 2. diejenigen Gegenstände, welche wegen ihres Umfangs, ihres Gewichts oder ihrer sonstigen Beschaffenheit, nach der Anlage und dem Betriebe auch nur einer der Bahnen, welche an der Ausführung des Transportes theilzunehmen haben, sich zur Beförderung nicht eignen ; 3. diejenigen Personen und Gegenstände, deren Beförderung aus Gründen der öffentlichen Ordnung verboten ist.

Art. 3.

Das Transportreglement wird diejenigen Güter bezeichnen, Vorbehalt des welche, wegen ihres großen Werthes, wegen ihrer besonderen Beschaffenheit oder wegen der Gefahren, welche sie für die Trausportreglementes.

Ordnung und Sicherheit des Eisenbahnbetriebes bieten, vom Transporte ausgeschlossen oder zu diesem nur bedingungsweise zugelassen sind.

Das Transportreglement wird auch die auf den Personentransport bezüglichen Verhältnisse regeln, soweit dieselben im gegenwärtigen Gesetz (Art. 58--63) nicht bereits geordnet sind.

Art. 4.

Die Bedingungen der Tarife der einzelnen Bahngesell- Tarife und schaften, der Eisenbahn vereine oder Verbände haben nur besondere Geltung, soweit sie den Bestimmungen dieses Gesetzes und Transportbe-

stimmungen.

Bundesblatt.

44. Jahrg. Bd. IV.

51

672 des Transportreglements nicht widersprechen; andernfalls sind sie nichtig.

Ebenso sind Réglemente, Publikationen und spezielle Vereinbarungen, durch welche zum Voraus die durch das Gesetz normirte Verantwortlichkeit und Schadenersatzverbindlichkeit der Bahnverwaltungen ausgeschlossen oder beschränkt werden sollen, ohne rechtliche Wirkung.

Alle Tarife und Transportbedingungen, sowie die Aenderungen an denselben, bedürfen, bevor sie zur Anwendung gelangen können, der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 5.

TransportJede Eisenbahn ist verpflichtet, unter den Bedingungen pflicht.

dieses Gesetzes und des Transportreglementes die Beförderung von Personen und Gütern zu übernehmen, sofern : 1. der Reisende, beziehungsweise der Absender den Anordnungen dieses Gesetzes und des Transportreglementea sich unterwirft; 2. die Beförderung mit den regelmäßigen Transportmitteln möglieh ist; 3. nicht Umstände, welche als höhere Gewalt zu betrachten sind, die Beförderung verhindern.

Die Eisenbahnen sind verpflichtet, die Güter, welche nicht rechtzeitig verladen oder aus Gründen des Betriebes nicht unmittelbar befördert werden können, unentgeltlich ia ihren Schuppen oder, wenn die Natur des Gutes es erlaubt, auf den Lagerplätzen zu lagern.

Die Beförderung der Güter findet in der Reihenfolge statt, in welcher sie zum Transport angenommen worden sind, sofern die Bisenbahn nicht zwingende Gründe des Eisenbahnbetriebes oder das öffentliche Interesse für eine Ausnahme geltend machen kann.

Die Fristen zur Stellung der Wagen für solche Güter, welche vom^Absender zu verladen sind, werden im Transportreglement festgesetzt werden.

673

Wenn durch Verschulden der Eisenbahn eine Verspätung in der Bereitstellung der Wagen eingetreten ist, so ist die Bisenbahn auch verpflichtet, die Verladung der Güter in die Wagen gebührenfrei zi^ besorgen.

Abgesehen von den im Transportreglemente festzustellenden Ausnahmen braucht die Annahme der Sendungen und die Bereitstellung der Wagen oder die Ablieferung der Güter an den Empfänger an den Sonntagen nicht zu erfolgen.

Jede Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen dieses Artikels begründet den Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens.

B. Besondere Bestimmungen fUr den Güterverkehr.

i. Von der Eingehung des Frachtvertrages.

Art. 6.

Inhalt Jede Sendung von Gütern muß von einem Frachtbrief des begleitet sein, welcher folgende Angaben enthält : Frachtbriefes.

a. Ort und Tag der Ausstellung; b. die Bezeichnung der Versandtstation, sowie der Versandtbahn ; c. die Bezeichnung der Bestimmungsstation, den Namen und den Wohnort des Empfängers, sowie die etwaige Angabe, daß das Gut bahnlagernd (Station restante) gestellt ist; d. die Bezeichnung der Sendung nach ihrem Inhalt, die Angabe des Gewichtes oder statt dessen eine den Bestimmungen des Transportreglements entsprechende Angabe; ferner bei Stückgut die Anzahl, Art der Verpackung, Zeichen und Nummer der Frachtstücke, und bei Sendungen, deren Fracht nach dem Werthe berechnet wird, die Angabe des Werthes ; e. das Verlangen des Absenders, Spezialtarife (Ausnahmetarife) unter den in Artikel 14 und 35 für zuläßig erklärten Bedingungen zur Anwendung zu bringen ;

674

f. die Angabe des deklarirten Interesses an der Lieferung (Art. 38 und 40); g. die Angabe, ob das Gut in Eilfracht oder in gewöhnlicher Fracht zu befördern sei; h. das genaue Verzeichniß der für die zoll- oder steueramtliche Behandlung oder polizeiliche Prüfung nöthigen Begleitpapiere ; i. den Frankaturvermerk im Falle der Vorausbezahlung der Fracht oder der Hinterlegung eines Frankaturvorschusses (Art. 12, Absatz 3); k. die auf dem Gute haftenden Nachnahmen, und zwar sowohl die erst nach Eingang auszuzahlenden als auch die . von der Eisenbahn geleisteten Baarvorschüsse (Art. 13); l. die Angabe des einzuhaltenden Transportweges und, soweit es sich um zollpflichtige Güter handelt, unter Bezeichnung der Stationen, wo die Zollabfertigung stattfinden soll.

In Ermangelung dieser Angabe hat die Eisenbahn denjenigen Weg zu wählen, welcher ihr für den Absender am zweckmäßigsten erscheint Für die Folgen dieser Wahl haftet die Eisenbahn nur, wenn ihr hierbei ein grobes Verschulden zur Last fällt; m. die Unterschrift des Absenders mit seinem Namen oder seiner Firma, sowie die Angabe seiner Wohnung. Die Unterschrift kann durch eine gedruckte oder gestempelte Zeichnung des Absenders ersetzt werden.

Die nähern Festsetzungen über die Ausstellung und den Inhaalt des Frachtbriefes, insbesondere das zur Anwendung kommende Formular, bleiben dem Transportreglemente vorbehalten.

Die Aufnahme weiterer Erklärungen in den Frachtbrief, die Ausstellung anderer Urkunden anstatt des Frachtbriefes, sowie die Beifügung anderer Schriftstücke zum Frachtbriefe,

675

sofern dieselben nicht durch dieses Gesetz oder das Transportreglement für statthaft erklärt sind, ist unzuläßig und ohne rechtliche Wirkung.

Für den Lokalverkehr bleiben reglementarische Bestimmungen vorbehalten, wonach Güter auch ohne Frachtbrief aufgegeben werden können.

D ~

Art. 7.

Der Absender haftet für die Richtigkeit der in dea Haftung für die Prachtbrief aufgenommenen Angaben und Erklärungen und Angaben im trägt alle Folgen, welche aus unrichtigen, ungenauen oder Frachtbriefe.

ungenügenden Erklärungen entspringen.

Die Eisenbahn ist jederzeit berechtigt, die Uebereinstimmung des Inhalts der Sendungen mit den Angaben des Frachtbriefes zu prüfen. Der Berechtigte soll gehörig eingeladen werden, bei der Prüfung zugegeo zu sein, vorbehaltlich des Falles, wenn die letztere auf Grund polizeilicher Maßregeln, die der Staat im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung zu ergreifen berechtigt ist, stattfindet.

Ueber das Brgebniß dei1 Prüfung ist ein Protokoll aufzunehmen, welches von einem Beamten der Bahn und dem Absender, resp. dessen Stellvertreter zu unterzeichnen ist.

Wenn der Absender zur Prüfung sich nicht einfindet oder sich weigert, das Protokoll zu unterzeichnen, so sollen zwei Zeugen zugezogen werden.

Dei' Versender hat das Recht, von der Eisenbahn die Feststellung des Gewichts oder der Stuckzahl der zum Transport aufgegebeneu Güter, sowie eine Bescheinigung über das Brgehniß der Peststellung zu verlangen. Wenn mangels der hiezu erforderlichen oder infolge ungenügender Einrichtungen die Feststellung des Gewichtes auf der Abgangsstation nicht stattfinden kann, so geschieht dieselbe auf einer andern Station des Transportweges. Die zu bezahlenden Gebühren werden im Tarif festgestellt.

676

Bei unrichtiger Angabe des Inhaltes einer Sendung, sowie im Falle der Ueberlastung eines dem Absender zur Selbstverladung gestellten Wagens, ist jener, sofern er die Vorwieguug nicht verlangt hat, zur Nachzahlung der etwaigen Frachtdifferenz und zum Ersätze des entstandenen Schadens verpflichtet. Im Wiederholungsfalle kann eine Polizeibuße im zwei- bis zehnfachen Betrage der verkürzten Fracht ausgesprochen werdea.

Ueberdieß bleibt die strafrechtliche Verfolgung vorbehalten, welche nach den Umständen des Falles eintreten kann.

Art. 8.

Abschluß Der Frachtvertrag ist abgeschlossen, sobald das Gut mit des Pracht- dem Frachtbriefe von der Versandtstation zur Beförderung vertrages.

angenommen ist. Als Zeichen der Annahme wird dem Frachtbriefe der Datumstempel der Versandtexpedition aufgedrückt.

Die Abstempelung hat ohne Verzug nach vollständiger Auflieferung des in demselben Frachtbriefe verzeichneten Gutes und auf Verlangen des Absenders in dessen Gegenwart zu erfolgen.

Der mit dem Stempel versehene Frachtbrief dient als Beweis über den Frachtvertrag.

Jedoch machen bezüglich derjenigen Güter, deren Aufladen von dem Absender besorgt wird, die Angaben des Frachtbriefes über das Gewicht und die Anzahl der Stücke gegen die Eisenbahn keinen Beweis, sofern nicht auf Verlangen des Absenders die Nachwiegung, beziehungsweise Nachzählung seitens der Bisenbahn erfolgt (Art. 7, AI. 4) und dieß auf dem Frachtbriefe beurkundet ist.

Die Eisenbahn ist verpflichtet, auf Verlangen des Absenders den Empfang des Frachtgutes, unter Angabe des Datums der Annahme zur Beförderung, auf einem ihr mit dem Frachtbriefe vorzulegenden Duplikate desselben zu bescheinigen.

677

Dieses Duplikat hat nicht die Bedeutung des Originalfrachtbriefes und ebensowenig diejenige eines Connossements {Ladescheins).

Das Prachtbriefduplikat kann durch einen Annahmeschein (récépissé) ersetzt werden, welcher dieselbe rechtliche Bedeutung wie das Duplikat hat und dessen Form im Transportreglemente festgestellt wird. Die Ausstellung eines Duplikatfrachtbriefes u n d eines Annahmescheines für dieselbe Sendung ist unzuläßig.

Art. 9.

Soweit die Natur des Frachtgutes zum Schutze gegen Verpackung und Verlust oder Beschädigung auf dem Transporte eine VerBezeichnung packung riöthig macht, liegt die gehörige Besorgung derdes Gutes.

selben dem Absender ob.

Ist der Absender dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, so ist die Eisenbahn, falls sie nicht die Annahme des Gutes verweigert, berechtigt, zu verlangen, daß der Absender auf dem Frachtbriefe das Fehlen oder die Mängel der Verpackung unter spezieller Bezeichnung anerkennt und der Versandtstation hierüber außerdem eine besondere Erklärung nach Maßgabe eines durch das Transportreglement festzusetzenden Formulars ausstellt.

Für derartig bescheinigte, sowie für solche Mängel der Verpackung, welche äußerlich nicht erkennbar sind, hat der Absender zu haften und jeden daraus entstehenden Schaden zu tragen, beziehungsweise der Bahnverwaltung zu ersetzen. Ist die Ausstellung der gedachten Erklärung nicht erfolgt, so haftet der Absender für äußerlich erkennbare Mängel der Verpackung nur, wenn ihm ein arglistiges Verfahren zur Last fällt.

Art. 10.

Der Absender ist verpflichtet, dem Frachtbriefe die- Zoll-, Steuerjenigen Begleitpapiere beizugeben, welche zur Erfüllung der und Polizeivorschriften.

678

etwa bestehenden Zoll-, Steuer- oder Polizeivorschriften vor der Ablieferung an den Empfänger erforderlich sind. Er haftet der Eisenbahn, sofern derselben nicht ein Verschulden zur Last fällt, für alle Folgen, welche aus dem Mangel, der Unzulänglichkeit oder Unrichtigkeit dieser Papiere entstehen.

Der Eisenbahn liegt eine Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit derselben nicht ob. Sie hat aber die Verpflichtung, dem Absender, sofern er sich bei ihr nach der Notwendigkeit und der Einrichtung solcher Papiere erkundigt r die ihr bekannten einschlagenden Bestimmungen mitzuthoilen und ihn auch u n a u f g e f o r d e r t auf leicht erkennbare Irrthümer in Beziehung auf die Nothwendigkeit und die Einrichtung solcher Begleitpapiere aufmerksam zu machen.

Die Zoll-, Steuer- und Polizeivorschriften werden, so» lange das Gut sich auf dem Wege befindet, von der Eisenbahn erfüllt. Sie kann diese Aufgabe unter ihrer eigenen Verantwortlichkeit einem Kommissionär übertragen oder sie selbst übernehmen. In beiden Fällen hat sie die Verpflichtungen eines Kommissionärs.

Der Verfügungsberechtigte kann jedoch der Zollbehandlung entweder selbst oder durch einen im Frachtbriefe bezeichneten Bevollmächtigten beiwohnen, um die nöthigen Aufklärungen über die Tariflrung des Gutes zu ertheilen und seine Bemerkungen beizufügen. Diese dem Verfügungsberechtigten ertheilte Befugniß begründet nicht das Recht, das Gut in Besitz zu nehmen oder die Zollbehandlung selbst vorzunehmen.

Bei der Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte steht dem Empfänger das Recht zu, die zoll- und steueramtliche Behandlung zu besorgen, falls nicht im Frachtbriefe etwas Anderes festgesetzt ist. Als Bestimmungsort gilt die auf dem Frachtbrief angegebene Bestimmungsstation.

Art. 11.

Berechnung Die Berechnung der Fracht erfolgt nach Maßgabe der der Fracht. zu Recht bestehenden, gehörig veröffeellichten Tarife. Jedes

679 Privatiibereinkommen, wodurch einem oder mehreren Absendern eine Preisermäßigung gegenüber den Tarifen gewährt werden soll, ist verboten und nichtig. Dagegen sind Tarifermäßigungen erlaubt, welche gehörig veröffentlicht sind und unter Erfüllung der gleichen Bedingungen Jedermann in gleicher Weise zu Gute kommen.

Außer den im Tarife angegebenen Frachtsätzen und Vergütungen für besondere im Tarife vorgesehene Leistungen zu Gunsten der Eisenbahnen dürfen nur baare Auslagen erhoben werden -- insbesondere Aus-, Ein- und Durchgangsabgaben, nicht in den Tarif aufgenommene Kosten für Ueberführung und Auslagen für Reparaturen an den Gütern, welche infolge ihrer äußern oder innern Beschaffenheit zu ihrer Erhaltung nothwendig werden.

Diese Auslagen sind gehörig festzustellen und in dem Frachtbriefe ersichtlich zu machen, weichern die Beweisstücke beizugeben sind.

Art. 12.

Werden die Frachtgelder nicht bei der Aufgabe des Zahlung Gutes zur Beförderung berichtigt, so gelten sie als auf den der Fracht.

Empfänger angewiesen.

Bei Gütern, welche nach dem Ermessen der annehmenden Bahn schnellem Verderben unterliegen oder wegea ihres geringen Werthes die Fracht nicht sicher decken, kann die Vorausbezahlung der Frachtgelder gefordert werden.

Wenn im Falle der Frankirung der Betrag der Gesammtfracht beim Versandt nicht genau bestimmt werden .kann, so kann die Versandtbahn die Hinterlegung des ungefähren Frachtbetrages fordern.

Wurde der Tarif unrichtig angewendet, oder sind Rechnungsfehler bei der Festsetzung der Frachtgelder und Gebühren vorgekommen, so ist das zu wenig Geforderte nachzuzahlen, das zu viel Erhobene zu erstatten. Bin derartiger Anspruch kann nur binnen Jahresfrist vom Tage der Zah-

680 lung an geltend gemacht werden. Die Bestimmungen des Art. 45, Absatz 3, finden Anwendung auf die im gegenwärtigen Artikel erwähnten Forderungen, mögen diese von der Bisenbahn oder gegen dieselbe erhoben werden. Die Bestimmung des Art. 44, erster Absatz, findet keine Anwendung.

2. Von der Durchführung des Frachtvertrages.

Nachnahme.

Lieferfristen.

Art. 13.

Dem Absender ist gestattet, das Gut bis zur Höhe des Werthes desselben mit Nachnahme zu belasten. Diese Nachnahme darf jedoch den Höchstbetrag von 2000 Franken nur insoweit übersteigen, als sämmtliche am Transport betheiligte Bahnen einverstanden sind. Diejenigen Güter, für welche Vorausbezahlung der Fracht verlangt werden kann (Art. 12, Absatz 2), dürfen nur unter Zustimmung der Versandtbahn mit Nachnahme belastet werden.

Für die aufgegebene Nachnahme wird die tarifmäßige Provision berechnet.

Die Bisenbahn ist verpflichtet, dem Absender die Nachnahme auszubezahlen, sobald der Betrag derselben vom Empfänger bezahlt iat. Dies findet auch Anwendung auf Auslagen, welche vor der Aufgabe für das Frachtgut gemacht worden sind.

Ist das Gut ohne Einziehung der Nachnahme abgeliefert worden, so haftet die Bisenbahn für den Schaden bis zum Betrag der Nachnahme und hat denselben dem Absender sofort zu ersetzen, vorbehaltlich ihres Rückgriffs gegen den Empfänger.

Art. 14.

Die Lieferfristen dürfen die nachstehenden Maximalfristen nicht überschreiten: a. für Eilgüter: 1 . Bxpeditiousfrist . . . . . . . . . l Tag; 2. Traasportfrist für je auch nur angefangene 2 5 0 Kilometer . . . . . . . . . l Tag;

681 b. für Frachtgüter: 1. Expeditionsfrist . . . 2 Tage; 2. Transportfrist für je auch nur angefangene 125 Kilometer l Tag.

Wenn der Transport aus dem Bereiche einer Eisenbahnverwaltung in den Bereich einer andern anschließenden Verwaltung übergeht, so berechnen sich die Transportfristen aus der Gesammtentfernung zwischen der Aufgabe- und Bestimmungsstation, während die Expeditionsfristen ohne Rücksicht auf die Zahl der durch den Transport berührten Verwaltungsgebiete nur einmal zur Berechnung kommen.

Der Bundesrath kann Zuschlagsfristen für folgende Fälle bewilligen : a. Wenn die Güter zu ermäßigten Spezialtarifen (Ausuahmetarifen) befördert werden (Art. 35) ; b. für außerordentliche Verkehrsverhältnisse; c. für den Uebergang auf Bahnen mit anderer Spurweite oder auf Dampfschiffe.

Wenn eine Eisenbahn in die Notwendigkeit versetzt ist, von diesen Zuschlagsfristen Gebrauch zu machen, so soll sie auf dem Frachtbriefe den Tag der Uebergabe an die nachfolgende Bahn mittelst Abstempelung vormerken und die Ursache und Dauer der Lieferfristüberschreitung, welche sie in Anspruch genommen hat, auf demselben angeben.

Die Lieferfrist beginnt mit der auf die Annahme des Gutes nebst Frachtbrief folgenden Mitternacht und ist gewahrt, wenn innerhalb derselben das Gut dem Empfänger oder derjenigen Person, an welche die Ablieferung gültig geschehen kann, nach den für die abliefernde Bahn geltenden .Bestimmungen zugestellt, beziehungsweise avisirt ist.

Dieselben Bestimmungen sind maßgebend für die Art und "Weise, wie die Uebergabe des Avisbriefes zu konstatiren ist.

Der Lauf der Lieferfristen ruht für die Dauer der zoll'oder steueramtlichen oder polizeilichen Abfertigung, sowie

682 für die Dauer einer ohne Verschulden der Eisenbahn eingetretenen Betriebsstörung, durch welche der Antritt oder die Fortsetzung des Bahntransports zeitweilig verhindert wird,, und bei Frachtgutsendungen an den Sonntagen, an welchen infolge der gesetzlichen Vorschriften der Transport eingestellt werden muß.

Ist der auf die Auflieferung der Waare zum Transport folgende Tag ein Sonntag, so beginnt die Lieferfrist 24 Stunden später.

Falls der letzte Tag der Lieferfrist ein Sonntag ist, so läuft die Lieferfrist erst an dem darauffolgenden Tage ab.

Diese zwei Ausnahmen sind auf Eilgut nicht anwendbar.

Art. 15.

VerfügungsDer Absender allein hat das Recht, die Verfügung zu recht treffen, daß die Waare auf der Versandtstation zurücküber das Frachtgut. gegeben, unterwegs angehalten oder an einen andern als den im Frachtbriefe bezeichneten Empfänger am Bestimmungsorte oder einer Zwischenstation abgeliefert werde.

Dieses Recht steht indeß dem Absender nur dann zu, wenn er das Duplikat des Frachtbriefes oder den Annahmeschein (Art. 8, Abs. 7) vorweist. Hat die Eisenbahn die Anweisungen des Absenders befolgt, ohne die Vorzeigung des Duplikatfrachtbriefes oder Annahmescheines zu verlangen, so ist sie für den daraus entstandenen Schaden dem Empfänger, welchem der Absender das Duplikat oder den Annahmescheiri übergeben hat, haftbar.

Derartige Verfügungen des Absenders ist die Eisenbahn zu beachten nur verpflichtet, wenn sie ihr durch Vermittlung der Versandtstation zugekommen sind.

Das Verfügungsrecht des Absenders erlischt, auch wenn er das Frachtbriefduplikat oder, einen Annahmeschein besitzt, sobald nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte der Frachtbrief dem Empfänger übergeben oder die von dem Letzteren nach Maßgabe des Art. 16 erhobene Klage der

683

Eisenbahn zugestellt worden ist. Ist dies geschehen, so hat die Eisenbahn nur die Anweisungen des bezeichneten Empfängers zu beachten, widrigenfalls sie demselben für das Gut haftbar wird.

Die Eisenbahn darf die Ausführung der im Absatz \ vorgesehenen Anweisungen nur dann verweigern oder verzögern, oder solche Anweisungen in veränderter Weise ausführen, wenn durch die Befolgung derselben der regelmäßige Transportverkehr gestört würde.

Die im ersten Absätze dieses Artikels vorgesehenen Verfügungen müssen mittelst schriftlicher und vom Absender unterzeichneter Erklärung nach dem im Transportreglemente vorgeschriebenen Formular erfolgen. Die Erklärung ist auf dem EVachtbriefduplikat, beziehungsweise im Annahmeschein zu wiederholen, welche Urkunden gleichzeitig der Eisenbahn vorzulegen und von dieser dem Absender zurückzugeben sind.

Jede in anderer Form gegebene Verfügung des Absenders ist nichtig.

Die Eisenbahn kann den Ersatz der Kosten verlangen, welche durch die Ausführung der im Absatz l vorgesehene» Verfügungen entstanden sind, insoweit diese Verfügungen nicht durch ihr eigenes Verschulden veranlaßt worden sind.

Art. 16.

Die Eisenbahn ist verpflichtet, am Bestimmungsorte dem Ablieferung bezeichneten Empfänger gegen Bezahlung der im Fracht- des Gutes.

briefe ersichtlich gemachten Beträge und gegen Bescheinigung des Empfanges den Frachtbrief und das Gut auszuhändigeo.

Der Empfänger ist nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte berechtigt, die durch den Frachtvertrag begründeten Rechte gegen Erfüllung der sich daraus ergebenden Verpflichtungen in eigenem Namen gegen die Bisen bahn geltend zu machen, sei es, daß er hiebei in eigenem oder in fremdem Interesse handle. Er ist insbesondere berechtigt, von der Eisenbahn die Uebergabe des Frachtbriefes und die

684

Auslieferung des Gutes zu verlangen. Dieses Recht erlischt,, wenn der im Besitze des Duplikates oder eines Annahmescheines befindliche Absender der Eisenbahn eine nach Maßgabe des Artikels 15 entgegenstehende Verfügung ertheilt hat.

Als Ort der Ablieferung gilt die vom Absender bezeichnete Bestimmungsstation.

Art. 17.

Annahme Durch Annahme des Gutes und des Frachtbriefes wird des Gutes der Empfänger verpflichtet, der- Eisenbahn die im Frachtdurch den brief ersichtlich gemachten Beträge »u bezahlen.

Empfänger.

Art. 18.

TransportWird der Antritt oder die Fortsetzung des Eisenbahnhindernisse. transportes durch höhere Gewalt oder Zufall verhindert und

kann der Transport auf einem andern Wege nicht stattfinden, so hat die Eisenbahn den Absender um anderweitige Disposition über das Gut anzugehen.

Der Absender- kann vom Vertrage zurücktreten, muß aber die Eisenbahn, sofern derselben kein Verschulden zur Last fällt, für die Kosten zur Vorbereitung des Transportes, die Kosten der Wiederausladung und die Ansprüche in Beziehung auf den etwa bereits zurückgelegten Transportweg entschädigen.

Wenn im Falle einer Betriebsstörung die Fortsetzung des Transportes auf einem andern Wege stattfinden kannj ist die Entscheidung der Eisenbahn überlassen, ob es dem Interesse des Absenders entspricht, den Transport auf einem andern Wege dem Bestimmungsorte zuzuführen, oder den Transport anzuhalten und den Absender um anderweitige Anweisung anzugehen. Wenn aber durch die Wahl der Hülfsroute Mehrkosten entstehen, so muß im internen Verkehr die Genehmigung des Absenders vorerst eingeholt werden.

685

Befindet sich der Absender nicht im Besitze des Prachtbriefduplikates oder des Annahmescheines, so dürfen die in diesem Artikel vorgesehenen Anweisungen weder die Person des Empfängers noch den Bestimmungsort abändern.

Art. 19.

In Ermangelung späterer Anweisungen des Absenders Verfahren bei (vgl. Art. 15), und sofern das Gut nicht Station-restante geAblieferung stellt ist, hat die Bahnverwaltung längstens 24 Stunden nach des Gutes.

Ankunft des Frachtgutes an der Endstation, auch wenn die vertragsmäßige Lieferzeit noch nicht abgelaufen sein sollte, dem Adressaten den Frachtbrief zuzustellen, oder eine schriftliche Anzeige (Avisbrief) an denselben durch übliche Gelegenheit abzusenden und ihm sodann ohne weitern Verzug die Güter nebst dem Frachtbriefe gegen Zahlung der Fracht und der übrigen auf den Gütern etwa haftenden Auslagen auszuliefern.

Handelt es sich um Eilgüter, so muß die Zustellung der Frachtbriefe, beziehungsweise der Avisbriefe längstens binnen 4 Stunden nach erfolgter Ankunft (bei den später als 5 Uhr Abends ankommenden Gütern längstens bis 9 Uhr folgenden Morgens) erfolgen.

Der Tag der Ankunft der Güter auf der Bestimmungsstation muß mittelst eines Datumsstempels auf dem Frachtbriefe angegeben werden. Bei den Eilgutsendungen ist auch die Stunde der Ankunft beizufügen.

Wenn keinerlei Verfügungen des Absenders (Art. 15) im Wege stehen, so kann der Empfänger, nach Ankunft des Gutes an der Endstation, auch ohne eine Anzeige der Bahn abzuwarten, die Uebergabe des Frachtbriefes und die Auslieferung des Gutes (Art. 16) verlangen.

Die Bahnverwaltungen sind verpflichtet, dem Empfänger zur Abholung des Gutes unentgeltlich die nöthige Frist zu gewähren, deren Dauer das Transportreglement bestimmen wird, sowie auf Verlangen die Güter vor deren Ablieferung

686

gegen eine durch das Tvansportreglernent festzusetzende Gebühr abzuwägen und das Gewichtsergebniß im Frachtbriefe oder auf einem besondern Scheine zu notiren.

Betreffend die Zufuhr der Güter durch die Bahn zum Hause des Empfängers (Camionnage) gelten die Bestimmungen der aufzustellenden Tarife.

Art. 20.

Erhebung Die Bmpfangsbahn hat bei der Ablieferung alle durch der auf den Frachtvertrag begründeten Forderungen, insbesondere dein Gut Fracht und Nebengebühren, Zollgelder und andere zum haftenden Forderungen. Zwecke der Ausführung des Transportes gehabte Auslagen,

sowie die auf dem Gute haftenden Nachnahmen und sonstigen Beträge, einzuziehen, und zwar sowohl für eigene Rechnung, als auch für Rechnung der vorhergehenden Eisenbahnen und sonstiger Berechtigter.

Art. 21.

Pfandrecht Die Eisenbahn hat für alle im Artikel 20 bezeichneten für die Forderungen dio Rechte eines Faustpfandgläubigers an dem Forderungen Gute. Dieses Pfandrecht besteht, so lange das Gut in der aus dem Verwahrung der Eisenbahn oder eines Dritten sich befindet, Transport.

welcher es für sie innehat.

Glaubt der Empfänger, die angeblich auf dem Frachtgute haftenden Forderungen ganz oder theilweise beanstanden zu können, so kann ihm die Ablieferung n i c h t vorenthalten werden, sofern er den streitigen Betrag auf Gefahr und Kosten des Unrecht habenden Theiles amtlich deponirt.

Der deponirte Betrag tritt in Beziehung auf das Retentionsund Pfandrecht an die Stelle des Frachtgutes. Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nicht auf Nachnahmen.

Art. 22.

Wirkungen Die Wirkungen des Pfandrechts bestimmen sich nach des dem Obligationenrecht.

Pfandrechts.

687

Art. 23.

Jede Eisenbahn ist verpflichtet, nachdem sie bei der Liquidation der Aufgabe oder der Ablieferung des Gutes die Fracht und Frachtgelder die andern aus dem Frachtvertrage herrührenden Forderungen unter eingezogen hat, den betheiligten Bahnenden ihnen gebührenden den Bahnen.

Antheil an der Fracht und den erwähnten Forderungen zu bezahlen.

Die Ablieferungsbahn ist für die Bezahlung der obigen Beträge verantwortlich, wenn sie das Gut ohne Einziehung der darauf haftenden Forderungen abliefert. Der Anspruch gegen den Empfänger des Gutes bleibt ihr jedoch vorbehalten.

Die Uebergabe des Gutes von einer Eisenbahn an die nächstfolgende begründet bei unfrankirten Sendungen für die erstere, und bei frankirten Sendungen für die letztere das Recht, die Anschlußbahn im Conto-Corrent sofort mit dem Betrage der Fracht und der sonstigen Forderungen, soweit dieselben zur Zeit der Uebergabe des Gutes aus dem Frachtbriefe sich ergeben, zu belasten, vorbehaltlich der endgültigen Abrechnung nach Maßgabe des ersten Absatzes dieses Artikels.

Art, 24.

Bei Ablieferungshindernissen hat die Ablieferungsstation Ablieferungsden Absender durch Vermittlung der Versandtstation von hindernisse.

der Ursache des Hindernisses unverzüglich in Kenntniß zu O setzen. Sie darf in keinem Falle ohne ausdrückliches Einverständniß des Absenders das Gut zurücksenden.

Inzwischen soll das Gut auf Kosten und Gefahr des Absenders von der Bahnverwaltung entweder bei sich selbst oder bei einem Dritten gelagert werden.

Güter, welche einem schnellen Verderben ausgesetzt sind oder deren vermuthlicher Werth die darauf haftenden Kosten nicht deckt, m ü s s e n , ohne Verzug, -- und Güter, über welche weder der Versender noch der Empfänger innert 30 Tagen verfügt hat, k ö n n e n zu Gunsten wessen Rechtens BundesWatt. 44. Jahrg. Bd. IV.

52

388

verkauft werden. Die Betheiligten sind durch rekommandirten Brief, und zwar, wenn die Natur des Gutes es gestattet, mindestens 8 Tage zum Voraus von der Anordnung des Verkaufs zu benachrichtigen.

Der Verkauf kann in den erstgenannten zwei Fällen, sofern weder vom Empfänger noch vom Absender oder einem Stellvertreter desselben ein a m t l i c h e s Verfahren beantragt wird, außeramtlich vorgenommen werden. Zu diesem Verfahren ist von dem betreffenden Angestellten der Bahnverwaltuag ein Unbetheiligter anzuziehen und für ortsübliche Bekanntmachung (Börsenanschlag, Ausruf u. s. w.) zu sorgen. Der Verkauf ist sodann in einem von diesen beiden Personen zu unterzeichnenden Protokolle zu konstatiren, von weichern dem Absender Abschrift zu ertheilen ist.

Die Bahnverwaltung hat bei Ausübung aller in diesem Artikel ihr eingeräumten Befugnisse die vermuthlichen Interessen des Eigentümers bestmöglich zu wahren und kann für nachweisbare Fahrläßigkeit auf Schadenersatz belangt werden.

3. Von der

Haftpflicht.

Art. 25.

Feststellung In allen Verlust-, Minderungs- und Beschädigungsfällen von Verlust haben die Eisenbahnverwaltungen sofort eine eingehende und Untersuchung vorzunehmen, das Ergebniß derselben schriftBeschädigung des Gutes. lich festzustellen und dasselbe den Betheiligten auf ihr Ver-

langen, unter allen Umständen aber der Versandtstation mitzutheilen.

Wird insbesondere eine Minderung oder Beschädigung des Gutes von der Eisenbahn entdeckt oder vermuthet, oder seitens des Verfügungsberechtigten behauptet, so hat die Eisenbahn den Zustand des Gutes, den Betrag des Sehadens und, soweit dies möglich, die Ursache und den Zeitpunkt der Minderung oder Beschädigung ohne Verzug protokollarisch festzustellen. Eine protokollarische Feststellung hat auch itn Falle des Verlustes (Art. 33) stattzufinden.

689 In allen Fällen, wo über den Zustand des Gutes Streit entsteht, hat sowohl die Bahnverwaltung- als der Empfänger die Befugniß, von der am Ort der gelegenen Sache zuständigen Gerichtsbehörde Sachverständige ernennen und durch diese auf Kosten des Unrecht habenden Theiles den Zustand des Gutes feststellen und begutachten zu lassen.

Auch kann in allen Streitfällen die am Orte der gelegenen Sache zuständige Behörde auf Gesuch eioes der beiden Theile verordnen, daß das Gut in einem öffentlichen Lagerhause oder bei einem Dritten auf Gefahr und Kosten des Unrecht habenden Theiles niedergelegt, und daß es (nöthigenfalls nach Konstatirung des Zustandes) ganz oder zu einem entsprechenden Theile behufs Bezahlung der Fracht und der übrigen darauf haftenden Forderungen verkauft werde. So lange der Verkauf nicht vollzogen ist, kann er durch Bezahlung, beziehungsweise Deposition aller angeblich auf dem Gute haftenden Forderungen (vgl. Art. 21) abgewendet werden.

Art. 26.

AktivZur gerichtlichen Geltendmachung der aus dem Eisenlegitimation bahn-Frachtverträge gegenüber der Eisenbahn entspringenden in streitigen Rechte ist nur Derjenige befugt, welchem das VerfügungsFällen.

recht über das Frachtgut zusteht.

Vermag der Absender das Duplikat des Frachtbriefes oder den Annahmeschein nicht vorzuzeigen, so kann er seinen Anspruch nur mit Zustimmung des Empfängers geltend machen.

Art. 27.

Diejenige Bahn, welche das Gut mit dem Frachtbriefe Haftung zur Beförderung angenommen hat, haftet für die Ausführung mehrerer Eisenbahnen.

des Transportes auch auf den folgenden Bahnen der Beförderungsstrecke bis zur Ablieferung.

Jede nachfolgende Bahn tritt dadurch, daß sie das Gut mit dem ursprünglichen Frachtbriefe übernimmt, nach Maß-

690 gäbe des letzteren in den Frachtvertrag ein und übernimmt die selbständige Verpflichtung, den Transport nach Inhalt des Frachtbriefes auszuführen.

Die Ansprüche aus dem Frachtvertrage können jedoch -- unbeschadet des Rückgriffs der Bahnen gegen einander -- im Wege der Klage nur gegen die erste Bahn oder gegen diejenige, welche das Gut zuletzt mit dem Frachtbriefe übernommen hat, oder gegen diejenige Bahn gerichtet werden, auf deren Betriebsstrecke der Schaden sich ereignet hat.

Unter den bezeichneten Bahnen steht dem Kläger die Wahl zu.

Für diese Klagen sind die Gerichte des Ortes zuständig, wo die beklagte Bahn Domizil hat.

Das Wahlrecht unter den im dritten Absätze erwähnten Bahnen erlischt mit der Erhebung der Klage.

Art. 28.

Widerklage, Im Wege der Widerklage oder der Einrede können AnEinrede. sprüche aus dem Frachtvertrage auch gegen eine andere als die im Art. 27, Absatz 3, bezeichneten Bahnen geltend gemacht werden, wenn die Klage sich auf denselben Frachtvertrag gründet.

Art. 29.

Haftung Die Eisenbahn haftet für ihre Leute und für andere der Bahnen Personen, deren sie sich bei Ausführung des von ihr überfür nommenen Transportes bedient.

ihre Leute.

Art. 30.

Haftnng für Die Bisenbahn haftet nach Maßgabe der in den folgenVerlust und den Artikeln enthaltenen näheren Bestimmungen für den Beschädigung Schaden, welcher durch Verlust, Minderung oder Beschädiim Allgemeinen. gung des Gutes seit der Annahme zur Beförderung bis zur

Ablieferung entstanden ist, sofern sie nicht zu beweisen vermag, daß der Schaden durch ein Verschulden des Verfügungsberechtigten oder eine nicht von der Eisenbahn verschuldete

691 Anweisung desselben, durch die natürliche Beschaffenheit des Gutes (namentlich durch innern Verderb, Schwinden, gewöhnliche Leccage), oder durch höhere Gewalt herbeigeführt worden ist.

Ist auf dem Frachtbrief als Ort der Ablieferung ein nicht an der Eisenbahn liegender Ort bezeichnet, so besteht die Haftpflicht der Eisenbahn auf Grund dieses Gesetzes nur für den Transport bis zur Empfangsstation. In Bezug auf die Weiterbeförderung treten nur die Verpflichtungen des Speditors ein, s.ofern nicht die Eisenbahn selbst Transporteinrichtungen getroffen hat, in welchem Fall sie auch für den Transport dorthin als Frachtführer haftet.

Handelt es sieh um Sendungen, welche nach dem Ausland bestimmt oder im Ausland aufgegeben worden sind, ohne daß dieselben den bestehenden internationalen Vereinbarungen unterworfen wären, und ist der Schaden auf der ausländischen Bahn entstanden, so wird die Haftbarkeit der schweizerischen Verwaltung aufgehoben, beziehungsweise auf denjenigen Betrag beschränkt, für welchen die auswärtige, den Schaden verursachende Anstalt nach dem für sie maßgebenden Gesetze einzustehen hätte, sofern die schweizerische Bahn folgenden zweifachen Beweis zu leisten vermag: 1. Daß der Unfall oder Fehler erst nach der Uebergabe an eine ausländische Eisenbahn oder vor der Uebernahme von einer ausländischen Eisenbahn vorgekommen ist, und 2. daß nach den Gesetzen und verbindlichen Reglementen, unter welchen die ausländische Bahn steht, von dieser keine Schadloshaltung oder nur eine geringere verlaugt werden kann, als diejenige ist, welche nach dem gegenwärtigen Gesetz zu bezahlen wäre.

692 Art. 31.

Beschränkung der Haftpflicht bei besondern Gefahren.

Die Eisenbahn haftet nicht: 1. in Ansehung der Güter, welche nach der Bestimmung des Tarifes oder nach Vereinbarung mit dem Absender in offen gebauten Wagen transportirt werden, für den Sehaden, welcher aus der mit dieser Transportart verbundenen Gefahr entstanden ist; 2. in Ansehung der Güter, welche, obgleich ihre Natur eine Verpackung zum Schutze gegen Verlust, Minderung oder Beschädigung auf dem Transport erfordert, nach Erklärung des Absenders auf dem Frachtbriefe (Art. 9) unverpackt oder mit mangelhafter Verpackung aufgegeben sind, für den Schaden, welcher aus der mit dem Mangel oder mit der mangelhaften Beschaffenheit der Verpackung verbundenen Gefahr entstanden ist; 3. in Ansehung derjenigen Güter, deren Auf- und Abladen, nach Bestimmung des Tarifes oder nach besonderer Vereinbarung mit dem Absender, von demselben beziehungsweise dem Empfänger besorgt wird, für den Schaden, welcher aus der mit dem Aufund Abladen oder mit mangelhafter Verladung verbundenen Gefahr entstanden ist; 4. in Ansehung der Güter, welche vermöge ihrer eigenthümlichen natürlichen Beschaffenheit der besonderen Gefahr ausgesetzt sind, Verlust, Minderung oder Beschädigung, namentlich Bruch, Rost, inneren Verderb, außergewöhnliche Leccage, Austrocknung und Verstreuung zu erleiden, für den Schaden, welcher aus dieser Gefahr entstanden ist; 5. in Ansehung lebender Thiere, für den Schaden, welcher aus der mit der Beförderung dieser Thiere für dieselben verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist;

693

6. in Ansehung derjenigen Güter, einschließlich der Thiere, welchen nach der Bestimmung des Tarifs oder nach besonderer Vereinbarung mit dem Absender ein Begleiter beizugeben ist, für den Schaden, welcher aus der Gefahr entstanden ist, deren Abwendung durch die Begleitung bezweckt wird.

Wenn ein eingetretener Schaden nach den Umständen des Falles aus einer der in diesem Artikel bezeichneten Gefahren entstehen konnte, so wird bis zum Nachweise des Gegentheils vermuthet, daß der Schaden aus der betreffenden Gefahr wirklich entstanden ist.

Die unter \--6 gestatteten Vermuthungen können nicht geltend gemacht werden, wenn eine Versäumniß der Lieferfrist vorliegt und unter den obwaltenden Umständen der betreffende Schaden ganz oder doch theilweise auch Folge der Verspätung gewesen sein kann, oder wenn nachgewiesen wird, daß der Schaden durch and er weites Verschulden der Eisenbahn oder ihrer Leute entstanden ist.

Art. 32.

In Ansehung derjenigen Güter, welche nach ihrer natür- Beschränkung der lichen Beschaffenheit bei dem Transporte regelmäßig einen Haftpflicht Verlust an Gewicht erleiden, ist die Haftpflicht der Eisenbei Gewichtsbahn für Gewichtsverluste bis zu dem aus dem Transport- verlusten.

reglement sich ergebenden Normalsatze ausgeschlossen.

Dieser Satz wird, im Falle mehrere Stücke auf einem und demselben Frachtbrief befördert worden sind, für jedes Stück besonders berechnet, wenn das Gewicht der einzelnen Stücke im Frachtbriefe verzeichnet oder sonst erweislich ist.

Diese Beschränkung der Haftpflicht tritt nicht ein, insoweit nachgewiesen wird, daß der Verlust nach den Umständen des Falles nicht in Folge der natürlichen Beschaffenheit des Gutes entstanden ist, oder daß der angenommene Prozentsatz dieser Beschaffenheit oder den sonstigen Umständen des Falles nicht entspricht.

694

Bei gänzlichem Verlust des Gutes findet ein Abzug für Gewichtsverlust nicht statt.

Art. 33.

Vermuthung Der zur Klage Berechtigte kann das Gut ohue weitern für den Verlust Nachweis als in Verlust gerathen betrachten, wenn sich des Gutes.

dessen Ablieferung um mehr als 30 Tage nach Ablauf der Lieferfrist (Art. 14) verzögert.

Art. 34.

Höhe des Wenn auf Grund der vorhergehenden Artikel von der Schaden- Eisenbahn für gänzlichen oder theilweisen Verlust des ersatzes hei Gutes Ersatz geleistet werden muß. so ist der gemeine Verlust Handelswerth, in dessen Ermangelung der gemeine Werth des Gutes.

zu ersetzen, welchen Gut derselben Art und Beschaffenheit am Versandtorte zu der Zeit hatte, zu welcher das Gut zur Beförderung angenommeu worden ist. Dazu kommt die Erstattung dessen, was an Zöllen und sonstigen Kosten, sowie an Fracht etwa bereits bezahlt worden ist,

Höhe des Schadenersatzes bei Ausnahme(Spezial-) tarifen.

Wiederauffinden des Gutes.

Art. 35.

Es ist den Eisenbahnen gestattet, besondere Bedingungen (.Speziai- [Ausnahme-] Tarife) mit Festsetzung eines im Falle des Verlustes, der Minderung oder Beschädigung zu ersetzenden Maximalbetrages zu veröffentlichen, sofern diese Tarife eine Preisermäßigung für den ganzen Transport gegenüber den gewöhnlichen Tarifen jeder Eisenbahn enthalten und der gleiche Maximalbetrag auf die ganze Transportstrecke Anwendung findet.

Art. 36.

Der Entschädigungsberechtigte kann, wenn er die Entschädigung für das in 'Verlust gerathene Gut in Empfang nimmt, in der Quittung den Vorbehalt macheu, daß er für den Fall, als das Gut binnen vier Monaten nach Ablauf der Lieferfrist wieder aufgefunden wird, hiervon seitens der Eisenbahnverwaltung sofort benachrichtigt werde.

695 In diesem Fall kann der Entschädiguugsberechügte innerhalb 30 Tagen nach erhaltener Nachricht verlangen, daß ihm das Gut nach seiner Wahl an den Versandt- oder an den im Frachtbriefe angegebenen Bestimmungsort kostenfrei gegen Rückerstattung der ihm bezahlten Entschädigung ausgeliefert werde.

Wenn der im ersten Absätze erwähnte Vorbehalt nicht gemacht worden ist," oder wenn der Entschädigungsberechtigte .in der im zweiten Absätze bezeichneten dreißigtägigen Frist das dort vorgesehene Begehren nicht gestellt hat, oder endlich, wenn das Gut erst nach 4 Monaten nach Ablauf der Lieferfrist wieder aufgefunden wird, so kann die Eisenbahn über das wieder aufgefundene Gut verfügen.

Art. 37.

Im Falle der Beschädigung hat die Eisenbahn den Höhe des ganzen Betrag des Minderwerthes des Gutes zu bezahlen. Im Schadenersatzes bei Falle die Beförderung nach einem Speziai- (Ausnahme-) Tarife Beschädigung im Sinne des Art. 35 stattgefunden hat, wird der zu be- des Gutes.

zahlende Schadensbetrag verhältnißmäßig reduzirt.

Ist in dem Frachtbriefe eine Bemerkung über die Aufgabe des Frachtgutes in beschädigtem Zustande nicht enthalten oder erst n a c h U e b e r n a h m e des Gutes und Unterzeichnung des Frachtbriefes ohne Zuziehung des Absenders oder seines Beauftragten einseitig von der Bahn ver waltung beigefügt worden, so ist, vorbehältlieh der Bestimmung in Art. 8, Abs. 4, bei jeder nachher konstatirten Beschädigung zu vermuthen, daß sie erst nach Uebernahme des Gutes entstanden sei.

Ergibt sich bei Nachmessung, Nachwägung oder Nachzählung während des Transportes oder nach Beendigung desselben eine geringere als die im Frachtbrief angegebene Quantität, so ist zu vermuthen, daß das im Frachtbrief angegebene größere Quantum übergeben sei und die Minderung erst auf dem Transport stattgefunden habe.

596

Findet sich eine Bemerkung über Aufgabe des Gutes in beschädigtem Zustande zwar auf dem Frachtbriefe, aber nicht auf dem Frachtbrief-Duplikate oder dem Annahmeschein (Art. 83, oder findet sich auf dem Frachtbriefe eine geringere Quantitätsangabe al3 im Duplikate oder im Anaahmeschein, so ist zu vermuthen, daß eie fragliche Bemerkung ß r s t n a c h Uebergabe des Gutes und Unterzeichnung des Frachtbriefes einseitig hinzugefügt worden, beziehungsweise, daß die höhere Quantitätsangabe im Frachtbriefduplikat o oder Annahmeschein die r i c h t i g e sei.

Wenn der Verschluß und die Verpackung des Frachtstückes bei der Aushändigung äußerlich unverletzt und zugleich das Gewicht mit dem bei der Einlioferung ermittelten übereinstimmend befunden wird, so ist zu vermuthen, daß das, was bei der Eröffnung an dem angegebenen Inhalt fehlt, schon bei der Aufgabe gefehlt habe.

Art. 38.

Deklaration Hat eine Deklaration des Interesses an der Lieferung des Interesses stattgefunden, so kann dem Berechtigten im Falle des Veran der lustes, der Minderung oder der Beschädigung, außer der Lieferung.

durch den Art. 34 und beziehungsweise durch den Art. 37 festgesetzten Entschädigung, noch ein weiterer Schadenersatz bis zur Höhe des in der Deklaration festgesetzten Betrages zugesprochen werden. Das Vorhandensein und die Höhe dieses weiteren Sehadens hat der Berechtigte zu erweisen.

Im Transportreglement wird der Höchstbetrag des Frachtzuschlages festgesetzt, welchen der Absender im Falle einer Deklaration des Interesses an der Lieferung zu zahlen hat.

Art. 39.

Haftung für Die Eisenbahn haftet für den Schaden, welcher durch Versäximung Versäumung der Lieferfrist (Art. 14) entstanden ist, sofern der Lieferfrist. sie nicht beweist, daß die Verspätung von einem Ereignisse

herrührt, welches sie weder herbeigeführt hat, noch abzuwenden vermochte.

697

Art. 40.

Im Falle der Versäumung der Lieferfrist können ohne Höhe des Nachweis eines Schadens folgende Vergütungen beansprucht Schadenersatzes hei werden: Versäunmng a. die Hälfte der Fracht bei einer Verspätung bis einder Lieferfrist.

schließlich Va der Lieferfrist; b. die ganze Fracht bei einer die halbe Lieferfrist übersteigenden Verspätung.

Wird der Nachweis eines Schadens erbracht, so kann der Betrag des Schadens beansprucht werden; in keinem Falle aber mehr als der Werth des Gutes.

Hat eine Deklaration des Interesses stattgefunden, so können ohne Nachweis eines Schadens folgende Vergütungen beansprucht werden : a. die Hälfte der Fracht bei jeder Verspätung bis einschließlich ]/4 der Lieferfrist ; b. die ganze Fracht bei jeder Verspätung über J/* der Lieferfrist.

Wird der Nachweis eines Schadens erbracht, so kann der Betrag des Schadens beansprucht werden. Die Vergütung darf aber den deklarirten Betrag des Interesses nicht übersteigen.

Art. 41.

Die Vergütung des vollen Schadens kann in allen Fällen gefordert werden, wenn derselbe in Folge der Arglist oder der groben Fahrlässigkeit der Eisenbahn entstanden ist.

Schadenersatz infolge von Arglist oder grober Fahrläßigkeit.

Art. 42.

Der Forderungsberechtigte kann 6 Prozent Zinsen der Verzinsung als Entschädigung festgesetzten Summe verlangen. Diese der EntschädigungäZinsen laufen von dem Tage, an welchem das Entschädigungs- heträge.

begehren gestellt wird.

598

Art. 43.

Ausschloß Wenn Gegenstände, welche vom Transport ausgeder Haftung. schlossen oder zu demselben nur bedingungsweise zugelassen sind, uoter unrichtiger oder ungenauer Deklaration zur Beiorderung aufgegeben, oder wenn die für dieselben vorgejehenen Sicherheitsvorschriften vom Absender außer Acht gelassen werden, so ist jede Haftpflicht der Bisenbahn auf Grrund des Frachtvertrages ausgeschlossen.

Art. 44.

Ansprüche Ist die Fracht nebst den sonst auf dem Gute haftenden nach Zahlung Forderungen bezahlt und das Gut angenommen, so sind der Fracht ille Ansprüche gegen die Eisenbahn aus dem Frachtverund Annahme des Gutes. trage erloschen.

Hievon sind jedoch ausgenommen: 1. Entschädigungsansprüche, bei welchen der Berechtigte nachweisen kann, daß der Schaden durch Arglist oder grobe Fahrläßigkeit der Eisenbahn herbeigeführt worden ist; 2. Entschädigungsansprüche wegen Verspätung, wenn die Reklamation spätestens am siebenten Tage, den Tag der Annahme nicht mitgerechnet, bei einer der nach Art. 27, Abs. 3, in Anspruch zu nehmenden Eisenbahnen angebracht wird; 3. Entschädigungsansprüche wegen solcher Mängel, deren Feststellung gemäß Art. 25 vor der Annahme des Gutes durch den Empfänger erfolgt ist, oder deren Feststellung nach Art. 25 hätte erfolgen sollen und durch Verschulden der Eisenbahn unterblieben ist; 4. Entschädigungsansprüche wegen äußerlieh nicht erkennbarer Mängel, deren Feststellung nach der Annahme erfolgt ist, jedoch nur unter nachstehenden Voraussetzungen : a. es muß unmittelbar nach der Entdeckung des Schadens und spätestens sieben Tage nach der

699

Empfangnahme des Gutes der Antrag auf Feststellung gemäß Art. 25 bei der Eisenbahn oder dem zuständigen Gerichte angebracht werden; &. der Berechtigte muß beweisen, daß der Mangel während der Zeit zwischen der Annahme zur Beförderung und der Ablieferung entstanden ist.

War indessen die Feststellung des Zustandes des Gutes durch den Empfänger auf der Empfangsstation möglich und hat die Eisenbahn sich bereit erklärt, dieselbe dort vorzunehmen, so findet die Bestimmung unter Nr. 4 keine Anwendung.

Es steht dem Empfänger frei, die Annahme des Gutes, auch nach Annahme des Frachtbriefes und Bezahlung der Fracht, insolange zu verweigern, als nicht seinem Antrage auf Feststellung der von ihm behaupteten Mängel stattgegeben ist. Vorbehalte bei der Annahme des Gutes sind wirkungslos, sofern sie nicht unter Zustimmung der Eisenbahn erfolgt sind.

Wenn von mehreren auf dem Frachtbriefe verzeichneten Gegenständen einzelne bei der Ablieferung fehlen, so kann der Empfänger in der Empfangsbescheinigung (Art. 16) die nicht abgelieferten Gegenstände unter spezieller Bezeichnung derselben ausschließen.

Alle in diesem Artikel erwähnten Entschädigungsansprüche müssen schriftlich erhoben werden.

Art. 45.

Entschädigungsforderungen wegen Verlustes, Minderung, Verjährung.

Beschädigung oder Verspätung, insofern sie nicht durch Anerkenntnis der Eisenbahn, Vergleich oder gerichtliches Urtheil festgestellt sind, verjähren in einem Jahre und im Falle des Art. 44, Nr. l, in drei Jahren.

Die Verjährung beginnt im Falle der Beschädigung oder Minderung an dem Tage, an welchem die Ablieferung stattgefunden hat, im Falle des gänzlichen Verlustes eines

700

Frachtstückes ocier der Verspätung an dem Tage, an wel ehern die Lieferfrist abgelaufen ist.

Diese Verjährung wird nicht allein durch Anstellung der Klage, sondern auch durch die schriftliche Anbringung der Reklamation, sowohl des Absenders als des Empfängers, unterbrochen, iia der Meinung, daß, so lange die Reklamation unerledigt bleibt, überhaupt kein Ablauf der Verjährung stattfinden könne.

Ergeht hierauf eine abschlägige Bescheidung und werden zugleich die der Bahnverwaltung anvertrauten Beweismittel (z. B. Frachtbriefe, Verbalprozesse) behufs wirksamer Anhebung des Prozesses zurückgegeben, so beginnt vom Empfange derselben eine neue einjährige Verjährung der Klage, welche durch eine neue Reklamation gegen jenen Bescheid nicht unterbrochen wird.

Schriftlich angebrachte Reklamationen sollen von den Eisenbahnen in allen Fällen beförderlich behandelt und beantwortet werden.

Art. 46.

Beschränkung Ansprüche, welche nach den Bestimmungen der Arder tikel 44 und 45 erloschen oder verjährt sind, können auch Widerklage nicht itn Wege einer Widerklage öde? einer Einrede geltend und Einreden.

gemacht werden.

4. Von dem Rückgriff

der Bahnen unter sich.

Art. 47.

VorausDerjenigen Bisenbahn, welche auf Grund der Besetzungen stimmungen dieses Gesetzes Entschädigung geleistet hat, des Küeksteht der Rückgriff gegen die am Transporte betheiligten griffsrechtes.

Bahnen nach Maßgabe folgender Bestimmungen zu: 1. Diejenige Eisenbahn, welche den Schaden allein verschuldet hat, haftet für denselben ausschließlich.2. Haben mehrere Bahnen dea Schaden verschuldet, so haftet jede Bahn für den von ihr verschuldeten

701

Schaden. Ist eine solche Unterscheidung nach den Umständen des Falles nicht möglich, so werden die Antheile der schuldtragenden Bahnen am Schadenersatze nach den Grundsätzen der folgenden Nummer 3 festgesetzt.

3. Ist ein Verschulden einer oder mehrerer Bahnen als Ursache des Schadens nicht nachweisbar, so haften die sämmtlichen am Transport betheiligten Bahnen, mit Ausnahme derjenigen, welche beweisen, daß der Sehaden auf ihrer Strecke nicht entstanden ist, nach Verhältnis der reinen Fracht, welche jede derselben nach dem Tarife im Falle dei- ordnungsmäßigen Ausführung des Transportes bezogen hätte.

Im Falle der Zahlungsunfähigkeit einer der in diesem Artikel bezeichneten Eisenbahnen wird der Schaden, der hieraus für die Eisenbahn entsteht, welche den Schadenersatz geleistet hat, unter alle Eisenbahnen, welche an dem Transport theilgenommen haben, nach Verhältniß der reinen Fracht vertheilt.

Art. 48.

Die Vorschriften des Artikels 47 finden auch auf die Rückgriff bei Fälle der Versäumung der Lieferfrist Anwendung. Für Versäumung der Versäumung der Lieferfrist haften mehrere schuldtragende Lieferfrist.

Verwaltungen nach Verhältniß der Zeitdauer der auf ihren Bahnstrecken vorgekommenen Versäumniß.

Die Vertheilung der Lieferfrist unter den einzelnen an einem Transporte betheiligten Eisenbahnen richtet sich, in Ermangelung anderweitiger Vereinbarungen, nach den im Transportreglement festgestellten Normen.

Art. 49.

Eine Solidarhaft mehrerer am Transporte betheiligter Ausschluß der SolidarBahnen findet für den Rückgriff nicht statt.

laft im Eückgriffsverfahren.

702

Art. 50.

Bedeutung Für den im Wege des Rückgriffs geltend zu machenden der Ent- Anspruch der Eisenbahnen unter einander ist die im Entscheidung im schädigungsprozeß gegen die rückgriffnehmende Bahn erEntschädigangene endgüllige Entscheidung hinsichtlieh der Verbindgungsprozeß.

lichkeit zum Schadenersatz und der Höhe der Entschädigung maßgebend, sofern den im Rückgriffs wege in Anspruch zu nehmenden Bahnen der Streit in gehöriger Form verkündet ist und dieselben in der Lage sich befanden, in dem Prozesse zu intervenire!!. Die Frist für diese Intervention wird von dem Richter der Hauptsache nach den Umständen des Falles und so kurz als möglich bestimmt.

Art. 51.

Einheitliches Insoweit nicht #ine gütliche Einigung erfolgt ist, sind Verfahren. sämmtliche betheiligte Bahnen in einer und derselben Klage zu belangen, widrigenfalls das Recht des Rückgriffs gegen die nicht belangten Bahnen erlischt.

Der Richter hat in einem und demselben Verfahren zu entscheiden. Den Beklagten steht ein weiterer Rückgriff nicht zu.

Art. 52.

Unzuläßigkeit Die Verbindung des Rückgriffverfahrens mit dem Entder Verbindung von schädigungsverfahren ist unzulässig.

Eückgriffs- und Entschädigungsverfahren.

Art. 53.

GerichtsFür alle Rückgriffsansprüche ist der Richter des Wohnzuständigkeit. sitzes der Bahn, gegen welche der Rückgriff erhoben wird,

ausschließlich zuständig.

Ist die Klage gegen mehrere Bahnen zu erheben, so steht der klagenden Bahn die Wahl unter den nach Maßgabe des ersten Absatzes dieses Artikels zuständigen Richtern zu.

703

Art. 54.

Die Befugniß der Eisenbahnen, über den Rückgriff im Vorbehalt Voraus oder im einzelnen Fall andere Vereinbarungen zu besonderer Vereintreffen, wird durch die vorstehenden Bestimmungen nicht barungen.

berührt.

Art. 55.

Soweit nicht durch das gegenwärtige Gesetz andere Bestimmungen getroffen sind, richtet sich das Verfahren nach den Gesetzen des Prozeßrichters.

Prozeßverfahren.

5. Prozeßkosten.

Art. 56.

Eine Sicherstellung für die Prozeßkosten kann bei Klagen, Prozeßkosten.

welche auf Grund des Frachtvertrages erhoben werden, überall nicht gefordert werden.

6. Höhere Gewalt.

Art. 57.

Als höhere Gewalt (unabwendbarer Zufall, force majeure, Höhere Gewalt.

cas fortuit) im Sinne des Gesetzes können nicht geltend gemacht werden Unfälle, welche herbeigeführt worden sind : 1. durch irgend welche Versehen oder Vergehen der Beamten oder Angestellten, auch wenn dieselben nicht schon unter dem im Art. 29 angegebenen Gesichtspunkte von der Transportanstalt zu vertreten sind; 2. durch Versehen oder Vergehen der in andern als für den Transport für Passagiere bestimmten Wagen zugelassenen Personen ; 3. durch die gefährdenden Eigenschaften oder die mangelhafte Verpackung t r a n s p o r t i r te r Gegenstände; 4. durch fehlerhafte, den allgemeinen Anforderungen der Technik nicht entsprechende Einrichtung des Baues oder Betriebes der Anstalt; Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. IV.

53

704

5. durch mangelhaften Zustand der Anstalt selbst oder ihrer Betriebsmittel; 6. durch Nichtbefolgung oder ungehörige Befolgung von Vorsichtsmaßregeln oder Vorkehrungen, die durch allgemeine polizeiliche Anordnungen oder spezielle Konzessionsbestimmungen der Anstalt zur Pflicht gemacht sind.

C. Besondere Bestimmungen flir den Personen- und Gepäckverkehr.

Art. 58.

Haftpflicht bei Wenn beim Betriebe einer Eisenbahn- oder DampfschiffTödtnngen 'ahrtunternehmung ein Mensch getödtet oder körperlich verund etzt wird, so haftet die Transportanstalt für den dadurch körperlichen întstandenen Schaden, gemäß den Bestimmungen des BundesVerletzungen.

jesetzes betreffend die Haftpflicht, vom 1. Heumonat 1875 ;A. S. n. F. I, 787).

Art. 59.

Haftpflicht bei Verspätungen.

Ueber die Entschädigungsansprüche bei verspäteter Abfahrt oder Ankunft der Bahnzüge gelten folgende Bestimmungen : 1. Verspätet sich der Abgang des Zuges, für welchen der Reisende sein Billet gelöst hat, um mehr als eine halbe Stunde, so ist der Reisende befugt, Rückzahlung des Fahrpreises gegen Rückgabe des Billets zu verlangen ; 2. Reisende mit direkten Billeten, welche infolge einer Verspätung der Bahn den Anschluß verfehlen, können ohne Nachzahlung die Weiterbeförderung mit dem nächsten Zuge verlangen. Die Unternehmung ist gehalten, ihnen neue Billete in Ersetzung der frühern zu verschaffen, wenn solche für die Fortsetzung der Reise nöthig sind ;

705

3. Reisende, welche in reglementarischer Zeit ihr Billet gelöst haben, aber infolge verfrühten Abganges des Zuges nicht befördert worden sind, haben ebenfalls Anspruch auf die in Ziffer l beziehungsweise 2 festgesetzten Rechte; 4. Reisenden mit direkten Billeten, welche infolge einer Verspätung den Anschluß verfehlen und, die Reise abbrechend, mit dem nächsten Zuge zurückkehren, sowie jedem Reisenden, welcher bei Verspätung um mehr als den fünften Theil der auf seine Reise fallenden fahrplanmäßigen Zeit, mindestens jedoch um mehr als eine Stunde, mit dem nächsten Zuge zurückkehrt, ist freie Rückfahrt in der auf der Hinfahrt benutzten Klasse zu bewilligen und das bezahlte Fahrgeld zu ersetzen; 5. Reisende, welche Inhaber von Retourbilleten sind, können im Falle der in Ziffer 4 vorausgesetzten Verspätung die Rückfahrt mit der nächsten Fahrgelegenheit unter Rückvergütung des gesammten bezahlten Fahrgeldes, oder bei Verspätung von mindestens' einer Stunde die Verlängerung der Billete um einen Tag verlangen ; 6. Reisende, welchen infolge der in Ziffer l--5 erwähnten Fälle nothwendige Auslagen erwachsen, sind berechtigt, von der Unternehmung Ersatz derselben zu verlangen.

In den in Ziffer 2--5 vorgesehenen Fällen sind die mit Billeten dritter Klasse versehenen Reisenden in Wagen zweiter Klasse ohne Supplementstaxe zu befördern, sofern der betreffende Zug keinen Wagen dritter Klasse enthält.

Hat eine andere als die fehlbare Unternehmung die in diesem Artikel vorgesehenen Leistungen gemacht, so hat sie das Rückgriffsrecht auf die letztere.

Die Bestimmungen dieses Artikels finden keine Anwendung auf sogenannte Vergnügungszüge und können auch

706

für andere außerordentliche Fälle auf. motivirtes Ansuchen der Unternehmung durch den Bundesrath aufgehoben werden.

Wenn die Verspätung als Folge höherer Gewalt (Art. 57) nachgewiesen werden kann, so fällt jede Entschädigung filidie in Ziffer 4--6 bezeichneten Fälle dahin, mit Ausnahme der in Ziffer 5 vorgesehenen Verlängerung der Gültigkeit der Retourbillete.

Die in diesem Artikel vorgesehenen Reklamationen sind bei Verlust des Reklamationsrechtes binnen 24 Stunden geltend zu machen.

Art. 60.

Schadenersatz Ist das Mchteinhalten des Fahrtenplanes Folge von infolge von Arglist oder grober Fahrläßigkeit, so ist der dadurch verArglist oder spätete Reisende berechtigt, von der fehlbaren Unternehmung grober Fahrläßigkeit. auch den Ersatz eines weitergehenden Schadens zu verlangen.

Dabei gelten die Bestimmungen des Art. 45, Absatz l, 3, 4 und 5, des gegenwärtigen Gesetzes.

Art. 61.

Haftpflicht

Das Transportreglement

bestimmt die Rechte und

für Pflichlen des Reisenden bezüglich des Handgepäcks. Eine Handgepäck. Haftpflicht der Unternehmungen für Beschädigung oder Verlust

des ihnen zum Transport nicht aufgegebenen Gepäckes findet nur im Falle nachgewiesener Verschuldung oder nach Maßgabe des Gesetzes über Haftpflicht bei Verletzungen und Tödtungen statt.

In diesen Fällen gelten bezüglich der Höhe des Schadenersatzes die im Art. 62 für das Reisegepäck vorgeschriebenen Bestimmungen.

Das Transportreglement regelt die Befugnisse der Unternehmung, über nicht abgefordertes Gepäck als herrenloses Gut zu verfügen, und das dabei zu beobachtende Verfahren.

707

Art. 62.

Für Reisegepäckstücke und Utensilien, welche nicht unter Haftpflicht der persönlichen Obhut des Reisenden verbleiben, sondern für anderes der Unternehmung zur Verwahrung oder zu dem Zwecke Reisegepäck.

übergeben werden, um gleichzeitig mit dem Reisenden an den Bestimmungsort abzugehen, kommen die Bestimmungen über die Verantwortlichkeit (Art. 25 u. s. w.) auch dann zur Anwendung, wenn jene nach der bestehenden Uebung oder den gültigen Keglementen ohne besondere Frachtberechnung aufgenommen werden, jedoch mit folgenden Modifikationen : 1. Der Reisende kann, ohne die im Art. 33 vorgeschriebene Frist abzuwarten, verlangen, daß ihm für die bei Ankunft am Bestimmungsorte sich nicht vorfindenden Gepäckstücke eine Normalentschädigung von je Fr. 15 per Kilogramm s o f o r t bezahlt werde, insofern das Gepäck nicht an einer Zollstätte zurückgehalten worden ist.

2. Hat ein Reisender v o r B e e n d i g u n g s e i n er R e i s e diesen Normalsatz gefordert, beziehungsweise angenommen, so wird dadurch seinem Rechte n i c h t vorgegriffen, innerhalb der Verjährungszeit nach Maßgabe der Bestimmungen der Art. 34 und 38 eine höhere Entschädigung zu begehren.

3. Wird ein Gepäckstück nach Ankunft am Bestimmungsorte innerhalb 24 Stunden vom Reisenden nicht abgeholt, so ist das reglementsmäßige, eventuell angemessene Lagergeld zu bezahlen.

Wenn der vermuthliche Werth des Gepäckstückes diese Lagerkosten nicht mehr deckt, oder die Gefahr eines schnellen Verderbens zu befürchten ist, so kann die Unternehmung die nicht abgeholten Gepäckstücke zu Gunsten wessen Rechtens außerarntlich, unter Beobachtung der in Art. 24, Satz 3, 4 und 5, enthaltenen Vorschriften, verkaufen.

708

4. Ist dem Reisenden ein Gepäckschein eingehändigt, so kann vor Ankunft am Bestimmungsorte nur gegen Vorzeigung, beziehungsweise Rücklieferung des Gepäckscheines über das Gepäck verfügt werden.

Reglementarische Bestimmungen, wonach unter gewissen Voraussetzungen vor Ankunft am Bestimmungsorte der Reisende überhaupt nicht einseitig über das Gepäck verfügen kann, bleibsn vorbehalten.

Bei Ankunft am Bestimmungsorte ist die Unternehmung, wenn der Gepäckschein nicht präsentirt wird, nur berechtigt und verpflichtet, das Gepäck an den Reisenden zurückzugeben, wenn ihr von demselben ein Revers ausgestellt und nach Umständen eine dem amtlich zu ermittelnden Inhalt entsprechende Kaution gegen spätere Vorzeigung des Gepäckscheines durch einen besser Berechtigten geleistet wird.

Art. 63.

Begriff des Das Transportreglement wird bestimmen, was nicht als Reisegepäcks. Reisegepäck betrachtet werden kann.

D. Bestimmungen betreffend den Dampfschiffverkehr.

Art. 64.

.Rechtstellung Die vorstehenden Bestimmungen finden analoge Anwender Dampf- dung auf den von den Dampfschiffuaternehmungen vermittelten schiffunterVerkehr.

nehmungen.

E. Strafbestimmung.

Art. 65.

Fortgesetzte Widerhandlungen gegen die Pflichten, welche Strafandrohung. den Eisenbahn- oder Dampfschiffunternehmungen als Transportübernehmer obliegen, können von den Gerichten mit Buße bis auf 1000 Franken bestraft werden. Bei Rückfall kann die Buße bis auf 5000 Franken erhöht werden.

709

F. Schlußbestimmungen.

Art. 66.

Durch das gegenwärtige Gesetz wird das Bundesgesetz über den Transport auf Eisenbahnen, vom 20. März 1875 (A. S. n. F. I, 682), aufgehoben.

Art. 67.

Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzustellen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung zu dem Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen. (Vom 25.

Oktober 1892.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1892

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

45

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.11.1892

Date Data Seite

639-709

Page Pagina Ref. No

10 015 908

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.