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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des Joseph Robiol, von Crocemosso, Italien, früher in Pruntrut, nun in Nidau.

(Vom 26. März 1900.)

Tit.

Joseph Robiol, von Crocemosso, Italien, früher in Pruntrut, zur Zeit in Nidau, hat im Sommer 1897 Bestellungen auf verschiedene Waren (Wein, Öl, Seife) aufzunehmen versucht, ohne im Besitze einer Taxkarte zu sein.

Er wurde deshalb vom Polizeirichter von Pruntrut am 23. September 1897 wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden, vom 24. Juni 1892 (A. S.

n. F. XIII, 43), zu einer Buße von Fr. 75 nebst Kostenfolge verurteilt.

Gegen dieses Urteil ergriff der Bezirksprokurator von Pruntrut die Appellation an die Polizeikammer des Appellations- und Kassationshofes des Kantons Bern, indem er von der Ansicht ausging, die ausgesprochene Buße sei zu gering, überdies sei unterlassen worden, den Verurteilten im Sinne des bundesrätlichen Kreisschreibens vom 2. April 1897 zur nachträglichen Entrichtung der umgangenen Patenttaxe gerichtlich anzuhalten. -- Der Generalprokurator des Kantons Bern schloß sich der Appellationserklärung an. In Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wurde der Appellat von der zweiten Instanz am 17. November 1897, in Anwendung der Art. 2, 4 und 8 des erwähnten Bundesgesetzes, zu einer Geld-

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büße von Fr. 150, eventuell, d. h. im Falle der Nichteinbringlichkeit der Buße, zu 30 Tagen Gefängnis, nebst Kostenfolge, verurteilt.

Mit Eingabe vom 13. September 1899 richtete er, irrtümlich an den Großen Rat des Kantons Bern, ein Gesuch um Begnadigung, indem er Unkenntnis des Gesetzes vorschützte und sich auf seinen bisherigen unbescholtenen Leumund berief, ferner auf seine beschränkte Erwerbsfähigkeit infolge Verstümmelung einer Hand hinwies.

Der Regierungsrat des Kantons Bern übermittelte uns das Gesuch mit Schreiben vom 30. September.

Es ist erwiesen, daß sich der Beklagte einer schweren Gesetzesübertretung schuldig gemacht hat, indem er sich weder mit einer grünen noch mit einer roten Karte versah. Einen völligen Erlaß der Buße können wir Ihnen nicht empfehlen; hingegen verdient berücksichtigt zu werden, daß Robiol, laut Zeugnis der Gemeinde Pruntrut, einen guten Leumund genießt, völlig mittellos und in seiner Erwerbsfähigkeit durch körperliche Gebrechlichkeit in bemitleidenswerter Weise beschränkt ist. Wir beantragen daher, dem Potenten an der ihm durch die Polizeikammer des Kantons Bern auferlegten Buße von Fr. 150 den Betrag von Fr. 125 in G-naden zu erlassen.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlaß die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 26. März 1900.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des Joseph Robiol, von Crocemosso, Italien, früher in Pruntrut, nun in Nidau. (Vom 26.

März 1900.)

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28.03.1900

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