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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Martigny nach Villette (eventuell Bagnes-Champsec) und nach Liddes (eventuell Bourg-St. Pierre).

(Vom 29. März 1900.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 8. Juni 1899 stellten die Herren C. Défayes, Advokat in Martigny, und Konsorten das Gesuch urn Erteilung der Konzession für eine e l e k t r i s c h e S t r a ß e n b a h n von M a r t i g n y nach S e m b r a n c h e r. Das Eisenbahndepartement machte die Konzessionsbewerber übungsgemäß darauf aufmerksam, daß zunächst die Frage der Straßenbenützung im Einvernehmen mit den zuständigen kantonalen, bezw. lokalen Behörden in abschließlicher Weise erledigt werden müsse und daß erst dann die Bundesbehörden auf das Gesuch eintreten können.

Unterm 10. November 1899 reichte Herr Ingenieur W. Hetzel in Basel ein Konzessionsgesuch der Herren Joseph Eucharist B e s s o n , Unternehmer in Martigny, und Louis N i c o 11 i e r, Hotelier in Bagnes, für eine e l e k t r i s c h e S e h m a lspurbahn von Mart i g n y nach B a g n e s und B o u r g - S t . P i e r re ein. Von der Benützung der Straßen wird bei diesem Projekte abgesehen; auch erstreckt es sich weiter als das Projekt Défayes, indem es das Val de Bagnes und das Val dEntremont noch einbeziehen will. Die ganze Länge der projektierten Bahn soll laut dem technischen Bericht 39,750 Kilometer betragen, nämlich Martigny-Bagnes-Champsec 20,5oo Kilometer und Sembrancher-Bourg-St. Pierre 19,250 Kilometer.

Die Linie nehme ihren Anfang bei der Station Martigny der Jura-Simplon-Bahn, wende sich dann, an Martigny-Ville und Martigny-Bourg vorbei, nach dem Mont Chemin, dessen westlichen Ausgang sie umfahre, um dann längs dem Südabhang, oberhalb

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der Straße sich nach Sembrancher zu ziehen, wo die Abzweigestation für die Linie ins Val d'Entremont erstellt werde. Hier trete die Bahn ins Bagnes-Thal und erreiche, immer auf der nördlichen Seite bleibend, und die Dörfer Villette, Montagnier und Versegeres berührend, die Bndstation Champsec. Die in Sembrancher abzweigende Linie ziehe sich am Fuße des Mont Catogne hin nach Orsières, wende sich bei Som-la-Proz hinüber nach Reppaz und folge der Thalsohle über Liddcs nach Bourg-St. Pierre.

Die Baha solle elektrisch betrieben werden ; die Spurweite betrage l Meter, die Maximalsteigung 57 %o und der Minimalradius 150 Meter. Die Strecken Villette-Champsec und LiddesBourg-St. Pierre sollen nur eventuell gebaut werden ; ferner sei beabsichtigt, mit dem Bau der Abzweigung von Sembrancher ins Val d'Entremont erst etwa zwei Jahre nach demjenigen der Linie Martigny-Villette zu beginnen, damit diese vorerst fertig erstellt und dann für die Materialzufuhro etc. benützt werden könne.

Die Baukosten für die ganze Bahn werden berechnet wie folgt : 1. Organisation und Verwaltung Fr. 122,916 2 . Gründung d e r Aktiengesellschaft . . . . ,, 122,916 3. Ausarbeitung der Baupläne ,, 122,916 4. Verzinsung des Baukapitals ,, 271,601 5. Expropriation ,, 327,782 6. Erdarbeiten ,, 895,575 7. Tunnels im Erdreich ,, 45,000 8. Tunnels im Felsen ,, 459,000 9. Mauerwerk ,, 1,125,181 10. Kunstbauten ,, 216,000 11. Oberbau ,, 1,190,273 12. Elektrische Leitung ,, 832,331 13. Telephon und Signale ,, 4,770 14. Stationsgebäude ,, 170,575 15. Rollmaterial 356,000 fl 16. Mobiliar ,, 37,550 17. Kraftanlage ,, 407,999 18. Einrichtung der elektrischen Beleuchtung . ,, 61,000 Total Fr. 6,769,385 Diese Summe reduziere sich, falls die Teilstrecken VilletteChampsec und Liddes-Bourg - St. Pierre nicht ausgeführt werden, auf Fr. 5,000,328.

Der Staatsrat des Kantons Wallis, welchem beide Konzessionsgesuche zur Vernehmlassung mitgeteilt worden waren, sandte dem

405 Eisenbahndepartement unterm 13. Dezember 1899 einen Auszug aus dem Protokoll des Großen Rates vom 1. gleichen Monats, aus welchem sich ergiebt, daß diese Behörde die Erteilung der Konzession an die Herren Besson und Nicollier empfiehlt unter dem üblichen Vorbehalt, daß der Sitz der Gesellschaft im Kanton Wallis genommen werden und daß dieser beständig im Verwaltungsrat vertreten sein solle. Ferner wünschte er die Aufstellung eines Specialtarifes für landwirtschaftliche Produkte und die Errichtung einer Haltstelle südlich von Martigny-Ville. Um dieses letzte Postulat gleich zu behandeln, sei darauf hingewiesen, daß nach konstanter Praxis in die Konzessionen keinerlei Bestimmungen über das Tracé aufgenommen werden, sondern die Erledigung solcher Wünsche und Begehren dem Plangenehmigungsverfahren vorbehalten bleibt. · Über das Gesuch der Herren Défayes und Mithafte erfolgte keine ausdrückliche Vernehmlassung; es liegt aber auf der Hand, daß die Kantonsbehörden neben der projektierten Bahn von Martigny ins Val de Bagnes nicht auch noch die Konzessionierung einer Straßenbahn von Martigny nach Sembrancher empfehlen wollen, und es hat denn auch der Vertreter der Kantonsregierung anläßlich der konferenziellen Verhandlungen, welche am 21. dieses Monats stattfanden, sein Einverständnis mit Ziffer II des Beschlußentwurfes erklärt, wonach auf das Konzessionsgesuch der Herren Défayes und Mithafte nicht eingetreten wird.

Im übrigen giebt uns der Entwurf noch zu folgenden Bemerkungen Anlaß : Die Frist für die Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen wird im A r t i k e l 5, gemäß dem Wunsche der Konzessionsbewerber, für die Linie von Sembrancher ins Val d'Entremont zwei Jahre später angesetzt als für die Linie ins Val de Bagnes, damit diese inzwischen gebaut und dadurch der Bau der ändern Linie erleichtert werden könne.

Durch A r t i k e l 8 soll die Möglichkeit gewahrt werden, entweder Dampf oder Elektrizität als Betriebskraft zu verwenden.

Das Konzessionsgesuch hatte zwar ausdrücklich auf eine elektrische Bahn gelautet; anläßlich der konferenziellen Verhandlungen erklärten aber die Vertreter der Konzessionsbewerber, sie seien noch nicht darüber im klaren, welches System vorteilhafter sei.

Da die Linie ins Val d'Entremont den Charakter einer Touristenbahn erhalten wird, möchten die Konzessionäre auf derselben den Viehverkehr ausschließen. Diesem Wunsche trägt A r t i k e l 12 Rechnung.

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Ferner soll dem Bundesrat die Kompetenz eingeräumt werden, auf der genannten Linie, sowie auf dem ebenfalls nur für den Sommer eine Frequenz versprechenden Teilstück Villette-BagnesChampsec die Einstellung des Betriebes während des Winters zu gestatten. In diesem Falle soll aber die Gesellschaft auf geeignete Weise für die Beförderung der Postsachen zwischen Sembrancher und Orsières sorgen ; denn gegenwärtig bedient ein Postkurs während des ganzen Jahres diese Strecke, und es wäre unbillig, wenn die Postverwaltung nach Eröffnung der Linie ins Val d'Entremont den rentabeln Sommerverkehr der Bahn abtreten und dann auf eigene Kosten für die Beförderung während der schlechten Jahreszeit aufkommen müßte. Die Vertreter der Konzessionsbewerber haben sich anläßlich der konferenziellen Verhandlungen gegen die Annahme des zweiten Alineas dieses Artikels gesträubt, indem sie geltend machten, die Linie ins Val d'Entremont werde nicht so viel abwerfern, daß ein Überschuß bleibe, um die Kosten der Postbeförderung im Winter zu decken. Wir beantragen aber, den Artikel 12 unverändert anzunehmen.

Für die Aufstellung der Taxen ( A r t i k e l 16, 18 u n d ! 9 ) wurde zwischen den Linien Martigny-Bagnes-Champsec und Sembrancher-Bourg-St. Pierre unterschieden. Während für diese als Bergbahn die gleichen Taxen wie für die Visp-Zermatt-Bahn angezeigt erscheinen, sind die Ansätze für die erste Linie bedeutend niedriger zu halten, weil die Bau- und Betriebsverhältnisse hier günstiger sind.

Dem Begehren des Großen Rates des Kantons Wallis, für die landwirtschaftlichen Produkte einen Specialtarif vorzuschreiben, braucht in der Konzession nicht entsprochen zu werden ; dieser Punkt erledigt sich bei der Vorlage der Tarife, welche zwei Monate vor der Betriebsoröffnung zu erfolgen hat.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 29. März 1900.

Im JSÎamen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

407 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Martigny nach Villette (eventuell bis Bagnes-Champsec) und nach Liddes (eventuell bis Bourg-St. Pierre).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren C. Défayes, Advokat in Martigny, und Mithafte vom 8. Juni 1899 ; 2. einer Eingabe der Herren Joseph Eucharist Besson in Martigny und Louis Nicollier in Bagnes vom 8. November 1899; 3. einer Botschaft des Bundesrates vom 29. März 1900, beschließt: I. Den Herren Joseph Eucharist B e s s o n , Unternehmer in Martigny, und Louis N i c o l l i e r , Hotelier in Bagnes, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für -den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von M a r t i g n y (Station der Jura-Simplon-Bahn) nach V i l l e t t e (eventuell B a g n e s C h a m p s e c ) und nach L i d d e s (eventuell B o u r g - S t . P i e r r e ) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

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Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Martigny.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen für die Linie Martigny-Villette (eventuell Bagnes-Champsec), nebst den Statuten der Gesellschaft, und binnen einer weitern Frist von 24 Monaten die technischen und finanziellen Vorlagen für die Linie SembrancherLiddes (eventuell Bourg-St. Pierre) einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Brdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Brdarbeiten an gerechnet, ist jede Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues und der zum Betriebe erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von \ Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Dampfes oder Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Wallis und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

409 Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Auf der Linie Sembrancher-Liddes (eventuell BourgiSt. Pierre) ist die Gesellschaft nicht zur Viehbeförderung verpflichtet. Auf dieser Linie, sowie auf dem Teilstück Villette-BagnesChampsec darf, mit Ermächtigung des Bundesrates, de'r Betrieb auf die Sommersaison beschränkt werden.

In diesem Falle ist die Gesellschaft verpflichtet, während der Betriebseinstellung auf ihre Kosten und im Einvernehmen mit der Postverwaltung die Beförderung der Reisenden, des Gepäcks derselben und der Postgegenstände auf der Strecke SembrancherOrsières zu besorgen.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Wenn sie Änderungen nötig findet, können diese erst nach ihrer Genehmigung ·durch den Bundesrat eingeführt werden.

Art. 14. Die Beförderung von Personen soll täglich im Sommer mindestens fünfmal und im Winter dreimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf «einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze per Kilometer der Bahnlänge zu beziehen : a. auf der Linie Martignj-Bagnes-Champsec : in der zweiten Wagenklasse 20 Rappen ; in der dritten Wagenklasse 10 Rappen; o. auf der Linie Sembrancher-Liddes-Bourg-St. Pierre: in der zweiten Wagenklasse 45 Rappen 5 in der dritten Wagenklasse 27 Rappen.

Bundeablatt. 52. Jahrg. Bd. II.

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Für die einheimische Bevölkerung bleiben ermäßigte Taxen vorbehalten, welche der Bundesrat, nach Anhörung der Gesellschaft, festsetzt.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind auf der Linie Martigny-Bagnes-Champsec und 5 Kilogramm auf der Linie Sembrancher-Liddes-Bourg-St. Pierre frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen auf der Linie Martigny-Bagnes-Champsec und von höchstens 15 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer auf der Linie Sembrancher-Liddes-Bourg-St. Pierre bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bedingungen Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe auszugeben.

Art. 17. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen auf der Linie Martigny-Bagnes-Champsec Taxen bis auf den Betrag, folgender Ansätze bezogen werden: Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 32 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 16 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 6 Rp.

Für die Ladung ganzer Transporhvagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 19. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 6 Rappen auf der Linie Martigny-Bagnes-Chanipsec und 15 Rappen auf der Linie Sem-

411 brancher-Bourg-St. Pierre, die niedrigste nicht über 4 Kappen auf der Linie Martigny-Bagnes-Champsec und 6 Rappen auf der Linie Sembrancher-Liddes-Bourg-St. Pierre per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Eabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige fUr Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 20. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 21. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze

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Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 22. Die in den Art. 16, 18 und 19 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 23. Für die Einzelheiten des Transportdienstes besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

sind

Art. 24. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

413 Art. 27. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Wallis, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

6. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten.

Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 221/afachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

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f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 28. Hat der Kanton Wallis den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es in Art. 27 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II. Auf das Konzessionsgesuch der Herren C. Défayes, Advokat in Martigny, und Mithafte, vom 8. Juni 1899, für eine elektrische Straßenbahn von Martigny nach Sembrancher wird nicht eingetreten.

DI. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher mit dem Tage seiner Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Martigny nach Villette (eventuell Bagnes-Champsec) und nach Liddes (eventuell Bourg-St. Pierre). (Vom 29. März 1900.)

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