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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von Grindelwald nach der Ofni.

(Vom 23. November 1900.)

Ti t,

Mittelst Eingabe vom 27. August 1900 stellte Herr J o s e p h D ü r r er in Kägiswil das Gesuch, es möchte ihm zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für eine D r a h t s e i l b a h n von G r i n d e l w a l d (Station der Berner Oberlandbahnen) nach der O f n i erteilt werden.

Das Gesuch, welches zugleich den allgemeinen Bericht enthält, bezeichnet als Ausgangspunkt der projektierten Bahn den Bahnhofplatz in Grindelwald. Das Tracé beginne rechts der Fahrstraße und führe durch Wiesland. Ofni liege nordwestlich ob dem Dorfe Grindelwald und circa 100 Meter höher als die Bahnstation Grindelwald-Dorf. Es seien dort -ausgedehnte, von den Fremden viel besuchte Waldungen ; auch sei dort vor einigen Jahren das Hotel Viktoria erstellt worden, das sich eines guten Rufes erfreue.

Nun seien aber das Hotel und die Waldungen nur durch einen steilen Fußweg oder auf bedeutenden Umwegen vermittelst eines steilen Sträßchens zu erreichen. Es liege nicht nur im Interesse der Bewohner auf Ofni, sondern im Interesse von ganz Grindelwald, wenn die Waldungen durch bessere Verkehrswege dem reisenden Publikum leichter zugänglich gemacht würden.

Laut dem technischen Bericht erhält die Bahn eine Länge von 400 Meter und überwindet einen Höhenunterschied von 90 Meter.

689 Die Spurweite betrage einen Meter, die Maximalsteigung 23,s %' Der Betrieb solle mittelst eines elektrischen Motors erfolgen. Die Baukosten werden auf Fr. 140,000 veranschlagt. Eine Specialisierung dieser Summe, sowie eine Rentabilitätsberechnung fehlt.

Der Regierungsrat des Kantons Bern teilte unterm 20. Oktober mit, der Gemeinderat von Grindelwald empfehle das Gesuch unter der Bedingung, daß Grindelwald als Sitz der Bahngesellschaft bezeichnet werde. Der Regierungsrat erhebe, unter Vorbehalt der Berücksichtigung dieses Begehrens, gegen die Konzessionierung keine Einwendung.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden am 12. November statt und führten zur einhelligen Annahme des vom Eisenbahndepartement aufgestellten Konzessionsentwurfes. Dieser enthält im allgemeinen die für Drahtseilbahnen üblichen Bestimmungen und im besonderen die vom Konzessionsbewerber gewünschten Taxansätze, welche den für Unternehmungen ähnlicher Art bewilligten entsprechen.

Indem wir Ihnen empfehlen, dem nachfolgenden Beschlußentwurfe zuzustimmen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 23. November 1900.

Im Namen des Schweiz. Bundesratéé, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Häuser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Drahtseilbahn von Grindelwald nach der Ofni.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn Joseph Durrer in Kägiswil vom 27. August 1900; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 28. November 1900, beschließt: Dem Herrn Joseph D ü r r e r in Kägiswil wird zu Handeu einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Drahtseilbahn von G r i n d e l w a l d (Station der Berner Oberlandbahnen) nach der O f n i , welche als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt wird, unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Grindelwald.

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Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von sechs Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert sechs Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen einem Jahre, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von einem Meter als Drahtseilbahn erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des'Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. .11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

692 Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt in erster Linie die Beförderung von Personen und Gepäck. Güter werden nur befördert, sofern die Wageneinrichtung es gestattet. Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen VM unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 14. Es bleibt der Gesellschaft im allgemeinen anheimgestellt, die Anzahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen. Immerhin sind alle Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Einführung bestimmten Zeitpunkte dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Trausport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : für die Bergfahrt 50 Rappen, für die Thalfahrt 30 Rappen, für die Hin- und Rückfahrt (35 Rappen.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dein zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, ui Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillete zu reduzierter Taxe auszugeben.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, soi'ern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 7 Rappen und für die zur Beförderung angenommenen Guter eine solche von höchstens 5 Rappen per 10 Kilogramm bezogen werden.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Ötückes kann auf 20 Rappen festgesetzt werden.

693 Das Gewicht wird nach Einheiten von 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm als eine ganze Einheit gilt. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Aufrundung auf die nächste Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 17. Die im Art. 16 aufgestellten Taxbestimmungeii beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. T>ns Au l'un d Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür nicht erhoben werden.

Art. 18. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 19. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheiniinder einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht orzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Beicht der Ertrag des Unternehmens" nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisendem und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 22. Für die Gelténdmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, gelten folgende Bestimmungen : Bundesblatt. 52. Jahrg. Bd. IV.

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a. Der Rückkaut' kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahro vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehöron.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstiltzungsfonds vorbehalten, /u welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen y.ehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 22Ysfachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehinung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablauts der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung xu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 23. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 22 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 24. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von Grindelwald nach der Ofni. (Vom 23. November 1900.)

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28.11.1900

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