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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch der Brüder Leon und Augustin Humbert, "Weinhändler, von St. Ursanne, wohnhaft in Pruntrut.

(Vom 26. März 1900.)

Tit.

Nach einer unterm 11. September 1899 dem Polizeirichter von Pruntrut eingereichten polizeilichen Anzeige sind die Brüder Leon und Augustin Humbert, gebürtig von St. Ursanne, Weinhändler, wohnhaft in Pruntrut, angeschuldigt worden, im Monat August und September des gleichen Jahres bei Privaten in St. Ursanne und Montenol Bestellungen auf Wein und Kaffee aufgesucht zu haben, obgleich dieselben nur im Besitze von Gratis-Ausweiskarten, demnach zu diesem Geschäftsbetriebe nicht berechtigt waren.

Gestützt hierauf wurden die Angeschuldigten laut Urteil vom 9. November 1899 wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 (A. S.

n. F. XIII, 43) jeder zu einer Buße von Fr. 150 nebst Kostenfolge verurteilt.

Mit Schreiben vom 26. Dezember 1899 übermittelte uns der Regierungsrat des Kantons Bern zu Ihren Händen eine Eingabe der Verurteilten vom 5. Dezember des gleichen Jahres, in der dieselben das Gesuch um teilweisen Erlaß jener Bußen stellen.

Aus dem Gesuche und den Akten geht hervor, daß die Petenten am 21. August vorigen Jahres von Paris aus in die Schweiz kamen, sich in Pruntrut unter gemeinsamer Firma Humbert frères als Weinhändler niederließen, eine taxfreie Karte für das Aufsuchen von Bestellungen bei Gewerbetreibenden lösten und dann

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zunächst bei Bekannten in ihrer Heimatgemeinde St. Ursanne, sowie in Montenol einige Bestellungen auf Wein und Spezereien entgegennahmen. Darauf aufmerksam gemacht, daß zu dieser Art von Geschäftsbetrieb eine Taxkarte erforderlich sei, lösten sie am 11. September, d. h. am gleichen Tage, an dem eine Strafanzeige gegen sie eingereicht wurde, eine Kollektivkarte für das II. Semester im Betrage von Fr. 100.

Die ständige Gericbtspraxis geht dahin, daß bei erstmaligen Vergehen dieser Art die Höhe der Buße gleichgestellt wird dem Betrage der umgangenen Taxe. Diese hätte, da der Geschäftsbetrieb der Inhaber der Firma Humbert frères nur in die zweite Hälfte des Jahres fällt, nach dem Gesetze für beide Firmainhaber zusammen nur Fr. 100 betragen. Der Polizeirichter hat daher sowohl die Buße in ihrer Höhe übersetzt als auch darin gefehlt, daß er jeden der Associés mit dem vollen Betrage von Fr. 150 büßte. Allerdings haben die Potenten es unterlassen, die angemessene Reduktion der Strafe durch das ihnen offenstehende Mittel der Appellation an die obere Gerichtsinstanz zu ergreifen. Da aber der Entscheid des Polizeirichters in einem offenbaren Widerspruch mit der aus dem Gesetze selbst geschöpften Praxis steht, so rechtfertigt es sich gleichwohl, auf dem Wege der Begnadigung Remedur eintreten zu lassen.

In Würdigung dieser Gründe, sowie des Umstandes, daß die Gebüßten die rechtzeitige Lösung einer Taxkarte aller Wahrscheinlichkeit nach nicht absichtlieh, sondern aus Unkenntnis unterlassen haben, empfehlen wir Ihnen, die den Gebrüdern Humbert auferlegte Buße auf den Betrag von Fr. 100 zu ermäßigen, in der Meinung, daß hiervon jeder der Firmainhaber Fr.. 50 zu tragen habe unter solidarer Haft für das Ganze.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 26. März 1900.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch der Brüder Leon und Augustin Humbert, Weinhändler, von St. Ursanne, wohnhaft in Pruntrut. (Vom 26. März 1900.)

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28.03.1900

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194-195

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