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Bundesratsbeschluss über

Abänderung der Ziffern VI und VII des Bundesratsbeschlusses vom 16. März 1917 betreffend Regelung der Nutzung der längs der Strecke Brig-Gletsch der Furkabahn gelegenen Waldungen.

(Vom

20. April 1917.)

Der schweizerische Bundesrat, auf Antrag seines Post- und Eisenbahndepartements, beschliesst: Die Ziffern VI und VII des dem Bundesratsbeschluss vom 16. März 1917 betreffend die Regelung der Nutzung der längs der Strecke Brig-Gletsch der Furkabahn gelegenen Waldungen*) beigefügten Verzeichnisses werden aufgehoben und wie folgt ersetzt : VI. Gemeinde Niederwald.

Oberhalb der Bahnlinie: km 23,30--23,95 Gemeinde-Wälder.

Vu. Gemeinde Oberwald.

Oberhalb der Bahnlinie: km 42,50--44,oo Henenfluh.

Berfelwald.

Kohlengrube.

Unterhalb der Bahnlinie: km 42,60--44,oo Berfelwald.

Kohlengrube.

B e r n , den 20. April 1917.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Schulthess.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

*) Siehe Bundesblatt 1917, Bd. I, S. 419.

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Ansprache des Herrn Bundespräsidenten Schulthess am offiziellen Tag der Schweizer Mustermesse in Basel am 19. April 1917.

Im Namen der Bundesbehörden entbiete ich dem Regierungsrate von Basel und dem Organisationskomitee der Schweizer Mustermesse eidgenössischen Gruss und herzlichen Dank für die Einladung zur heutigen patriotischen Feier. Ich danke besonders für den liebenswürdigen Empfang und die patriotisch beredten, ausgezeichneten Worte, die der Sprecher der Basler Regierung an uns gerichtet hat.

Gerade mitten in einer so sorgenvollen, schicksalsschweren Zeit ist es so wohltuend, im Kreise der Miteidgenossen aller Stände die Gastfreundschaft Basels zu geniessen und mit ihnen einen Blick in die Vergangenheit zu tun, der ernsten Gegenwart ins Auge zu sehen und dem Glauben an die Zukunft unseres Landes Ausdruck zu verleihen.

Vor allem drängt es mich aber, Basel in diesen schweren Tagen das Versprechen zu bringen, dass es mehr als je des lebhaften Interesses der Bundesbehörden und deren vollen Sympathie versichert sein darf. Und das ganze Schweizervolk, deutsch und welsch, schliesst sich mir an und blickt mit Stolz auf dieses Mustergemeinwesen, wo ernste Wissenschaft, weitblickender Handel und kühn unternehmende Industrie sich mit traditionell entwickeltem Gemeinsinn und weitherzigem sozialem Verständnis vereinigen.

Zu ändern Zeiten war Basel das Ausgangs- und Eingangstor, durch das der internationale Verkehr rollte ; heute erinnert uns das Dröhnen der Kanonen aus dem nahen Elsass, dass wir uns am Rande des Schlachtfeldes befinden, auf dem über die Zukunft, vielleicht über Sein und Nichtsein, grosser Nationen entschieden wird.

Aber auch heute hat Basel seinen Gleichmut nicht verloren.

Zielbewusst schickt es sich an, seine wirtschaftliche Zukunft vorzubereiten, und gleichzeitig gibt es dem ganzen Wirtschaftsleben des Landes eine wertvolle Anregung und leistet ihm einen hervorragenden Dienst. Daneben geht es voran in allen Bestrebungen, die Not zu lindern, die heute laut und leise an viele Türen klopft, die diese Besucherin bisher nicht kannten. Für seine wirtschaftlich befruchtende und sozial versöhnende Tätigkeit gebührt Basel und seinen Behörden Dank und volle Anerkennung.

720 Die Mustermesse ist nicht zufällig in einer Zeit geschaffen worden, da überall die Frage unserer wirtschaftlichen Zukunft lebhaft erörtert wird, in einer Zeit, da viele Ratgeber aufstehen, die aber alle die kommende Zeit nicht ergründen und daher eine Lösung des so überaus vielgestaltigen Problems nicht finden können.

Zu dieser Tagesfrage nimmt Basel Stellung durch eine Tat.

Es gibt durch die Mustermesse der schweizerischen Industrie und dem Gewerbe Gelegenheit, ihre auch während des Krieges weitergestiegene Leistungsfähigkeit und Vielgestaltigkeit zu zeigen, und es führt das Angebot mit der Nachfrage, besonders der aus unserem eigenen Lande stammenden, zusammen. Es fördert so für die Produktion den Absatz, für den Verbrauch die Deckung, es schafft Arbeitsgelegenheit und belebt den Handel.

Es ist nicht zu verkennen, dass unsere industrielle und die gewerbliche Tätigkeit sich zum Teil während des Krieges in günstiger Weise entwickelt hat. Allein die Zukunftsaussichten sind unsicher, und es sind deshalb alle Massregeln zu begrüssen, die geeignet sind, das Absatzgebiet unserer nationalen Arbeit im eigenen Lande zu erweitern und zu konsolidieren. -- Ich möchte keineswegs einer Wirtschaftspolitik des nationalen Abschlusses und der Ausschliesslichkeit das Wort reden. Ich bin weit davon entfernt, Industriezweige, die nicht lebensfähig sind, mit künstlichen Mitteln heranziehen zu wollen. Aber es ist zweifellos, dass der schweizerische Bedarf sich noch in mancher Beziehung bei der schweizerischen Arbeit decken kann.

Die heutigen Zeiten, in denen alles, was vom "Ausland kommt, durch Zugeständnisse erkauft werden muss und in denen man nur auf das zählen kann, was der schweizerische Boden und die schweizerische Arbeit liefern, haben in weiten Kreisen die nationale Produktion zu Ehren gebracht, und es steht zu hoffen, dass die Lehren der Kriegszeit auch für später ihre Früchte tragen werden. Ein gesicherter Absatz im Lande selbst ist aber auch eine willkommene Stütze für Industrien, die für den Export arbeiten, und somit ein Faktor, der die industrielle Entwicklung des Landes überhaupt zu fördern geeignet ist.

Aber auch politisch ist ein reger Warenaustausch, der eine Steigerung des persönlichen Verkehrs zur Folge hat, zu wünschen und geeignet, die verschiedenen Teile unseres Landes, -die sich ja in
glücklicher Weise ergänzen, sich näher zu bringen.

Unter diesen Gesichtspunkten kann ich die Behörden von Basel und das Organisationskomitee der Mustermesse zur Veranstaltung derselben nur beglückwünschen. Ich spreche allen

721 denen, die an diesem Werke mitgearbeitet haben, den Dank der Bundesbehörden und zugleich den der beteiligten Kreise aus.

Ich gehöre zu denen, die trotz der trüben Wolken, die zurzeit am Himmel stehen, die Zukunft der schweizerischen Industrie nicht als eine ungünstige ansehen. Ich baue dabei in erster Linie auf deren Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit, die sich schon so oft glänzend bewährt hat, und auf den Unternehmungsgeist und die geschäftliche Erfahrung der schweizerischen Industriellen.

Nicht ohne Wehmut und Trauer blicken wir alle heute zurück auf die sonnigen Tage der Friedenszeit, da in der Landesausstellung zu Bern die wirtschaftlichen und kulturellen Kräfte des Landes flieh vereinigten und ein Werk schufen, das für alle Zeiten eine glänzende Erscheinung im Wirtschaftsleben unseres kleinen Volkes sein wird. Jäh, wie jene Ausstellung, das nationale Symbol des Friedens und der Arbeit, so wurde ganz Europa, ja die ganze Welt vom Kriege getroffen. Unserm Land selbst blieb der Friede erhalten. Was dieses Wort für den einzelnen Menschen sagt, fühlt heute jeder in seinem Innersten ; diesem Gefühle Ausdruck verleihen zu wollen, hiesse die Empfindungen abschwächen, die dieses Wort in° uns hervorruft, das soviel Glück birgt und soviel unermessliches Unglück ferne hält.

Wenn aber je in der Weltgeschichte für ein Volk, so gilt heute das Wort der Römer: ,,willst Du den Frieden, so bereite Dich vor auf den Krieg11 für uns. Unser Friede beruht zur Stunde wesentlich auf dem Vertrauen, das unsere Nachbarn in unsern Willen und in unsere Kraft haben, einen Angriff des ändern abzuwehren. Am Tage, an dem dieses Vertrauen fällt, ist für uns der Friede und damit unsere Selbständigkeit gefährdet. Darum steht unsere Armee, der ich meinen Gruss entbiete, seit bald drei Jahren an der Grenze, darum wird ihre Ausrüstung und ihre Ausbildung täglich mit gewaltigen Opfern entwickelt. Wir wollen unser Vaterland, den Hort des Friedens, schirmen, seine Unverletzlichkeit und Selbständigkeit verteidigen gegen jedermann.

Dazu haben wir alle den festen Willen und durch unsere Armee die Kraft.

Sind die Eidgenossen-entschlossen, nach aussen den Frieden zu halten und zu schirmen, so müssen sie die Kraft und die Berechtigung hierfür nicht nur aus ihrer Wehrkraft, sondern auch aus ihrem innern Frieden und ihrer innern
Einigkeit schöpfen.

Das Schweizervolk feiert dies Jahr in einmütiger Verehrung den frommen Bruder Klaus, den Friedensstifter im Ranft, der unsern Vorfahren den innern Frieden wieder geschenkt hat. Manche von

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ihnen glaubten, Freiheit sei Sehrankenlosigkeit und das Recht des Einzelnen oder einzelner Volkskreise, ihren Eingebungen und Interessen, ohne Rücksicht auf die ändern und das Wohl des Ganzen, zu folgen. Damals drohten Stadt und Land sich zu entzweien und auseinanderzufallen. Die geistige Autorität und die Klugheit eines braven Eidgenossen führte sie zusammen, und dankbar erinnern wir uns seiner ; mit goldenen Lettern steht sein.

Name, im Buche der besten Eidgenossen und, was viel mehr ist, die Erinnerung an ihn lebt im Herzen aller Eidgenossen fort.

Heute umschlingt ein festes, unzertrennliches Band alle Eidgenossen, die welschen und die deutschen, Stadt und Land. Aber doch ist die Überzeugung vom Ernste der Stunde, von den Schwierigkeiten politischer und wirtschaftlicher Natur, die der Krieg uns beschieden hat und uns wohl noch in erhöhtem Masse bringen wird, nicht in alle Kreise und in Aller Überzeugung eingedrungen. Noch ist man vielerorts versucht, das, was unvermeidlich ist, als vermeidlich zu betrachten und die Schwierigkeiten der Stunde dem Verhalten der Behörden gegenüber dem einen oder ändern Kriegsteile oder gegenüber dem einen oder ändern Volksteile zuzuschreiben. Man verkennt 'die Schwierigkeiten, die entstehen, wenn ein freies, intensives Wirtschaftsleben in Fesseln geschlagen werden muss und sich nach dem Willen zweier sich auf Tod und Leben bekämpfender Kräfte richten sollte.

Ich möchte die Bedeutung dieser Erscheinungen nicht übertreiben, es ist mir vielmehr ein Bedürfnis, hier öffentlich dankbar der treuen Unterstützung zu gedenken, "die uns die Behörden der Kantone und Gemeinden in unserer schweren Aufgabe gewähren, und das Schweizervolk zu grüssen, das in seiner überwiegenden Mehrheit unser Wirken erleichtert und es als ein redliches anerkennt. Aus dieser Unterstützung schöpfen wir auch die Kraft, weiter zu arbeiten^ und es wird dabei unsere Pflicht und unser Vorrecht sein, immer wieder auf die Solidarität aller Volkskreise hinzuweisen und daraus zugunsten der wirtschaftlich Schwächern die Konsequenzen zu ziehen, die fortschrittlicher Auffassung und sozialer Gerechtigkeit entsprechen.

Wir leben in der gewaltigsten Epoche der Weltgeschichte.

Noch nie hat das Menschengeschlecht solche gigantische Kräfte entwickelt, noch nie haben Tugend und Tapferkeit solche Erfolge, noch
nie aber die Leidenschaften solche ' Orgien gefeiert.

Rings vom lodernden Brande umgeben, steht unversehrt unser Vaterland. Möge dio Geschichte einst erzählen, dass die heutige grosse Zeit bei den Eidgenossen kein kleines und schwaches

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Bundesratsbeschluss über Abänderung der Ziffern VI und VII des Bundesratsbeschlusses vom 16. März 1917 betreffend Regelung der Nutzung der längs der Strecke Brig-Gletsch der Furkabahn gelegenen Waldungen. (Vom 20. April 1917.)

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25.04.1917

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