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Schweizerisches Bundesblatt mit schweizerischer Gesetzsammlung,

69. Jahrgang.

Bern, den 30. Mai 1917.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis 12 Franken im Jahr, 6 Franken im Salbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellnngsgetltiir'-'.

Etnrìtcknngsgeììiìhr : 16 Rappen die Zeile oder deren Raum. -- Anzeigen franko an die Bnchdruckerei Stämpfli & Cie. in Bern.

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VII. Bericht des

ßundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund des Bundesbeschlusses vom 3. August 1914 getroffenen Massnahmen.

(Vom 24. Mai 1917.)

Wir beehren uns, Ihnen im nachstehenden über die von uns von Anfang März bis Mitte Mai 1917 auf Grand des Bundesbeschlusses vom 3. August 1914 getroffenen Massnahmen Bericht zu erstatten.

A. Politisches Departement.

I.

In der Berichtsperiode ist das deutsch -schweizerische Abkommen über den Austauschverkehr vom 2. September 1916 abgelaufen. Das beidseitige Interesse der Vertragsteile musste ·dazu führen, die Verhandlungen über die Erneuerung des Vertrages, oder den Abschluss eines neuen Abkommens ähnlicher Art aufzunehmen. Es bedarf heute keiner Erörterungen mehr, dass bei den gegenwärtigen Produktions-, Lieferungs- und Transportverhältnissen die Abhängigkeit der Schweiz von beiden Mächtegruppen zur wirtschaftlichen Neutralität selbst dann führen müsstc, wenn diese letztere sich nicht ohne weiteres aus der politischen Neutralität ergeben würde.

Bundesblatt. 69. Jahrg. Bd. III.

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226 Die Unterhandlungen sind schweizerischerseits von den Herren Nationalsten Schmidheiny und Mosimann, Herrn Prof. Dr. Laur und dem Abteilungschef im Volkswirtschaftsdepartement, Herrn Dr.

Käppeli, geführt worden ; Herr Nationalrat Dr. Frey musste den Verhandlungen aus gesundheitlichen Rücksichten fernbleiben.

Das neue A b k o m m e n hat folgenden Wortlaut : ,,1. Das von beiden Regierungen genehmigte Abkommen ,,vom 2. September 1916 über den Ausfuhrverkehr, die Kom,,mission für Ausfuhr von Kriegsmaterial und die Eisenzentrale ,,wird mit Gültigkeit bis 31. Juli 1917 verlängert.

,,2. Betreffend Einschränkung der von der deutschen Re,,gierung verfügten Einfuhrverbote ist folgendes vereinbart worden: ,,Die deutsche Regierung wird während des Monats Mai bis ,,Juli 1917 für einen Fakturawert bis 18 Millionen Franken ,,schweizerische Erzeugnisse der unten bezeichneten Industrien ,,zur Einfuhr nach Deutschland zulassen. Die Einfuhrgesuche ,,werden vom Schweizerischen Politischen Departement, Handels,,abteilurig, der Kaiserlich Deutschen Gesandtschaft eingereicht und ,,von derselben mit dem Bewilligungsvermerk an das Schwei,,zerische Politische Departement, Handelsabteilung, möglichst bald ,,ausgefolgt.

,,Die Verteilung des Gesamtwertes auf die einzelnen Indu,,strien soll in nachfolgendem ungefähren Verhältnis erfolgen : 1. Seidenwaren aller Art . .

35 % 2. Stickereien aller Art . . .

30 °/o 3. Uhren aller Art . . . .

25 % 4. Verschiedenes 10 % "l 00% ,,Die Verteilung auf die Warenkategorien l--3 innerhalb ,,der einzelnen Industrien wird mit Vertretern der deutschen In,,dustrie und den durch das Politische Departement bezeichneten ,,Vertretern der schweizerischen Industrien geregelt werden. Kann ,,eine Einigung nicht erzielt werden, so entscheidet der Chef des ,,Politischen Departements.

,,Mit Bezug auf die Kategorie ,,Verschiedenes" sollen die ,,deutschen Wünsche gehört und, wenn nicht zwingende Gründe ,,entgegenstehen, berücksichtigt werden.

,,Eine Verpflichtung, die Einfuhr bis jetzt seitens Deutschlands ,,zentralisierter Waren unter der Kategorie ,,Verschiedenes0' zu ,,bewilligen, besteht nicht.

* ,,Deutschland ist berechtigt, die Einfuhr von silbernen, gol,,denen oder vergoldeten, plattierten oder galonierteri Uhren ab,,zulehnen, sofern der Wert von 40 Fr. für das Stück und der

227 ,,Gesamtwert der zur Einfuhr hiervon zugelassenen Uhren ein Viertel ,,des Uhrenkontingentes von 25 Prozent übersteigt.

,,Deutschland ist nicht verpflichtet, Einfuhrbewilligungen zugunsten deutscher Empfänger zu erteilen, die nichl schon vor dem ,,Kriege den Uhrenhandel in Deutschland betrieben haben ,,Im übrigen steht Deutschland das Ablehnungsrecht zu für ,,Waren, deren Einfuhr bereits vor dem Erlass des allgemeinen ,,Einfuhrverbotes vom 16. Januar 1917 verboten war.

,,Die Schweiz verpflichtet sich, bei dem schweizerischen Poli,,tischen Departement, Handelsabteilung, einlaufendeEinfuhrgesuche ,,ohne Rücksicht darauf an die deutsche Gesandtschaft weiter zu ,,leiten, ob die Waren schon bezahlt sind oder nicht.ci Wir erlauben uns zu diesem Abkommen folgende Bemerkungen : Die Verlängerung beschlägt das grundlegende Abkommen vom 2. September 1916, die Vorschriften, die auf die Kommission für Ausfuhr von Kriegsmaterial Bezug haben und die Richtlinien des Réglementes der Eisenzentrale. Alle diese Materialien sind im V. Neutralitätsbericht, Seite l--7, abgedruckt und es mag darauf verwiesen werden.

Wir hätten gewünscht, dem verlängerten Abkommen eine längere Dauer zu geben, der Zeitpunkt für den Abschluss eines langfristigen Abkommens war indessen mit Rücksicht auf die Knappheit der unserseits verfügbaren Gegenleistungen hiefür nicht geeignet. Auch mahnt die stets wechselnde allgemeine wirtschaftliche Lage zur Vorsicht.

Wie beim Abkommen vom 2. September 1916, sind auch jetzt un vorgreif lieh dem der ganzen Verständigung zugrunde liegenden Leitsatz, dass die beiden Vertragsteile im Rahmen der eigenen zwingenden Landesbedürfnisse und der bestehenden vertraglichen Verpflichtungen Ausfuhrbewilligungen erteilen werden, eine Reihe von wichtigen Waren besonders namhaft gemacht, die in einem gewissen wirtschaftlichen Wertverhältnis zueinander stehen und auf deren Einfuhr die eine oder die andere Partei ein besonderes Gewicht legt. Schweizerischerseits handelt es sich dabei insbesonders um die Einfuhr von Kalisalz, Thomasmehl, Rhenania-Phosphat, Rohzucker, Kälbermagen, Ton- und Kaolin, Rohzink, Blech und Röhren aus Zink, Benzol, Kupfervitriol, Bromkalium, Bromnatrium, daneben natürlich um Kohlen und Eisen.

Deutscherseits handelt es sich um Zucht- und Nutzvieh, Milch und Milchprodukte, Konserven, Schokolade, getrocknete Obsttrester, daneben auch um Aluminium und die Produkte des elektrischen Ofens.

228

Die Quantitäten sind, der landwirtschaftlichen Lage entsprechend, wesentlich geringer als im Abkommen vom 2. September 1916, insbesondere sind die in Aussicht genommenen Stückzahlen für Zucht- und Nutzvieh um ein vielfaches geringer als voriges Jahr, und die überwiegende Zahl wird überdies erst im Herbst geliefert werden.

Wir hatten uns bemüht, in bezug auf Kohlen und Eisen eine absolutformelle,von den eigenen Bedürfnissen und Möglichkeiten losgelöste Lieferungsverpflichtung zu erlangen. Das war indessen nicht erreichbar, so wenig als unsere Lieferungsverpflichtungen diesen Charakter haben; dagegen hat die deutsche Regierung im Laufe der Verhandlungen folgende Erklärung abgegeben: ,,Es ist das ,,ernste Bestreben der Kaiserlichen Regierung, die Schweiz mit ,,Kohle und Eisen zu versorgen. Sie wird deshalb auch während ,,des weiteren Verlaufes des Wirtschaftsabkommens alles unter ,,den gegebenen Verhältnissen irgend mögliche tun, um in den ,,in § 2 vorgesehenen Mengen die Lieferer zur Lieferung anzufallen und den Transport zu fördern.1' Was die Preise anbelangt, so musste auf direkte Verständigung zwischen Lieferanten und Bezügern abgestellt werden. Die Preise gelten für die Dauer des Abkommens. Dabei hat die deutsche Regierung ihre Bereitwilligkeit erklärt, auf schweizerischen Wunsch diejenigen einzelnen deutschen Liefurer, welche die zu vereinbarenden Preise für Kohlen und Eison nicht einhalten wollen, von der Zuteilung von Ausfuhrbewilligungen für die Schweiz auszuschliessen und die entsprechenden Bewilligungen ändern Lieferern zu übertragen.

Wir haben in unserem VI. Berichte mitgeteilt, dass wir nach dem daselbst veröffentlichten Notenwechsel vom 7./15. November 1916 mit den Regierungen der Entente Hand geboten haben zur konferenziellen Behandlung der in den Noten erörterten Punkte und einer Reihe von Fragen, die mit Bezug auf die Handhabung der S. S. S.-Vorschriften von der einen und ändern Seite aufgeworfen worden waren. Diese Besprechungen, die schweizerischerseits von den Herren Nationalräten Schmidheiny und Grobet-Roussy, Professor Dr. Laur und Dr. Kaeppeli geführt worden sind, haben in der Mehrzahl der Punkte zu einem positiven Ergebnis geführt.

Eine Anzahl der getroffenen Abreden beschlägt die Herstellung einer Parallele in der Behandlung des Kriegsmaterials, insbesondere

229 von Waffen, Munition und Sprengstoffen, die in der Schweiz für Rechnung der Zentralmächte erstellt werden, mit den Vorschriften, die seitens der deutschen Regierung bezüglich des in der Schweiz für Rechnung der Entente-Staaten fabrizierten Kriegsmaterials, insbesondere von Waffen, Munition und Sprengstoffen erlassen worden sind. Dabei handelte es sich hauptsächlich darum, der schweizerischen Industrie möglichst wenig Hindernisse zu bereiten und möglichst geringe Einschränkungen aufzuerlegen und daher im besonderen die auszuübende Kontrolle nur auf die Gesamtheit der ausgeführten respektive eingeführten Rohstoffe zu beschranken.

Eine zweite Gruppe beschlägt gewisse Einzelbestimmungen über die Einreichung und Vorprüfung der Ausfuhrgesuche und das Bewilligungsverfahren, sowie über die Handhabung der Kontrolle, insbesondere betreffend Verwendung der nach Art. 10, lit. a der Ausführungsbestimmungen der S. S. S. zulässigen Mengen eingeführter Rohstoffe bei der Fabrikation von Waren, die nach einem kriegführenden Staate ausgeführt werden dürfen, ferner über Massnahmen zur Verhütung der Akkaparierung der durch Vermittlung der S. S. S. eingeführten Waren.

Detailbestimmungen betreffen den Veredlungsverkehr mit Textilwaren, die Erhöhung des im Veredlungsverkehr zulässig erklärten Bleikontingents, die Erhöhung des gemäss Art. 12, Absatz 4 der Ausführungsvorschriften zulässigen Gesamtquantums von Kupfer, das in nach den Zentralmächten auszuführenden Maschinen und Apparaten enthalten sein darf, die Kontrolle über die Verwendung des durch Vermittlung der S. S. S. eingeführten Blechs für Konservenbüchsen, die Verfügung über die Abfälle derjenigen Metalle, welche von der Entente ohne Vermittlung der S. S. S. eingeführt und für ihre eigene Fabrikation verwendet werden.

Abänderungen der Vorschriften der S. S. S. sind, abgesehen von den bereits erwähnten Kontingentserhöhungen, weiter vereinbart worden in bezug auf Baumwollgewebe (Art. 10 c, Ziffer 6 des Reglements), welche kontingentiert worden sind, mit Bezug auf Stickereien (Art. 10 c, Ziff. 4 des Reglements), bei welchen den Wünschen der Industrie gemäss eine den Bedürfnissen des Verkehrs besser entsprechende Spezifikation der zur Ausfuhr zugelassenen Arten vorgenommen wurde, und mit Bezug auf Zigarren und Zigaretten, für welche ein Kontingent festgesetzt worden ist.

Über eine Modifikation von Art. 10 c, Ziff. 2 des Reglements, Seide und Seidenwaren betreffend, sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen.

230 Endlich sind für den Transit durch Deutschland nach Holland und den skandinavischen Staaten Bestimmungen aufgestellt worden, die gegenüber der gegenwärtigen Praxis eine etwelche Erleichterung bedeuten.

Im Anschluss an diese Abreden hat eine Verständigung mit den Regierungen der Entente über die Einfuhr von Futtermitteln und die Ausfuhr von Vieh stattgefunden, durch welche für die Versorgung des Landes mit Kunstfutter sichernde Verabredungen getroffen und anderseits unsere Ausfuhr von Vieh in einem der innern Leistungsfähigkeit und den Austausch-Bedürfnissen entsprechenden Umfange bestimmt worden ist, alles unter der Voraussetzung, dass die Wareneinfuhr in die Schweiz durch die Länder der Verbündeten im Rahmen der festgesetzten Kontingente unbehindert fortgesetzt werden kann.

Im Zusammenhang damit sind die Kontingente für die Wareneinfuhr neu festgesetzt worden. In einer ganzen Reihe vou Kategorien haben Herabsetzungen der Kontingente stattgefunden, bei vielen ohne Bedenken, da die Erfahrung bewiesen hat, dass sie nicht ausgenutzt werden, bei manchen gegen unser Interesse, wobei aber den immer schwieriger sich gestaltenden Transportverhältnissen billigerweise Rechnung getragen werden muss.

Bei einzelnen Kontingenten, wie z. B. bei Mais, gelang es uns sogar, eine Erhöhung durchzusetzen.

Die Verhandlungen in Paris sind von den Herren Nationalrat Grobet, alt Ständerat Paul Robert, Professor Dr. Laur und Nationalrat Chuard geführt worden.

II.

Die ausserordentlich schwierige Lage, die durch die deutsche Seesperre für den schweizerischen Import und Export geschaffen worden ist, musste uns die Frage nahe legen, ob den Schwierigkeiten, die sich aus der Verringerung der Verfrachtungsmögliehkeiten ergeben, nicht wenigstens dadurch einigermassen begegnet werden könnte, dass die ganze Leitung der Transporte nach und vom Seehafen und über See in eine Hand gelegt würde. Der Gedanke ist allseits begrüsst worden. Wir haben mit B u n d e s r a t s b e s c h l u s s v o m 6 . M ä r z 1917 b e t r e f f e n d d i e E r richtung einer schweizerischen Zentralstelle für den Ein- und A u s f u h r t r a n s p o r t eine solche einheitliche Instanz geschaffen. Das Schwergewicht der Tätigkeit dieser Zentralstelle liegt in der Verteilung der Transportgelegenheiten

231 auf die Ein- und Ausfuhrbedürfnisse ; daraus erhellt die Bedeutung der Stelle, aber gleichzeitig auch die mit der Aufgabe verbundenen Schwierigkeiten. In der Tat handelt es sich darum, die Bedürfnisse des Landes in bezug auf die Verproviantierung, die Zufuhr der für das wirtschaftliche Leben erforderlichen Waren und die Ausfuhr der Industrieerzeugnisse in billiger und weitsichtiger Weise abzuwägen und sodann die für die zweckmässige Durchführung der Transporte erforderlichen Entscheidungen zu treffen. Wir haben die Zentralstelle mit den umfassendsten Vollmachten ausgestattet.

Mit der Leitung der Zentralstelle für den Ein- und Ausfuhrtransport haben wir Herrn Nationalrat A. Cailler in Broc betraut.

In dem Bundesratsbeschluss betreffend Massnahmen zur Einschränkung des Gasverbrauchs vom 23. Januar 1917 hatten wir uns darauf beschränkt, den Gaswerken eine Ermächtigung zu erteilen, ohne Rücksicht auf entgegenstehende Regulative, Konzessionsbestimmungen oder Verträge, durch Kontingentierung des Gasverbrauchs für die verschiedenen Gruppen der Gasverbraucher und Ansetzung eines erhöhten Gaspreises für den die Kontingente übersteigenden Konsum eine Einschränkung des Gasverbrauches herbeizuführen. Die Erfahrungen haben nun aber bewiesen, dass die Massnahmen, die zur Einschränkung des Gasverbrauches unternommen worden sind, nicht überall sehr zweckmässig waren und dass es schon aus diesem Gesichtspunkte wünschbar erscheint, sie der Gutheissung durch die Kantonsregierungen zu unterstellen.

Sodann aber sind leider auch Versuche gemacht worden, die vom Bundesrate erteilte Ermächtigung für einseitige Privatinteressen zu missbrauchen und durch willkürliche Kontingentierungen und Preisfestsetzungen die öffentlichen Interessen zu verletzen. Wir haben mit B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 27. A p r i l 1917 b e t r e f f e n d E r g ä n z u n g d e s B u n d e s r a t s b e s c h l u s ·s e s vom 23. J a n u a r 1917 ü b e r M a s s n a h m e n zur E i n s c h r ä n k u n g des G a s v e r b r a u c h e s verfügt, dass die von den Verwaltungen der schweizerischen Gaswerke in Ausführung dieses Beschlusses getroffenen Massnahmen den betreffenden Kantonsregierungen zur Genehmigung vorzulegen sind und dass diese verweigert werden kann, wenn die Massnahmen die öffentlichen Interessen in erheblicher Weise
verletzen oder sonst willkürlich oder offenbar zweckwidrig sind. Die Entscheide der Kantonsregierungen können an den Bundesrat weitergezogen werden, der gegebenenfalls Fachmänner beiziehen wird.

232 Seit Kriegsbeginn sind die schweizerischen Aluminiumfabriken auf Grand einer Verständigung angehalten worden, einen bestimmten Teil ihrer Produktion an die inländischen Fabriken, welche Aluminium verarbeiten, abzugeben, und zwar zu Höchstpreisen, welche vom Politischen Departement zu wiederholten Malen, entsprechend den Preissteigerungen im Ausland, erhöht worden waren.

Diese Preisregulierungen haben zu Differenzen Anlass gegeben, desgleichen liess die Versorgung der Aluminium verarbeitenden Fabriken zeitweise zu wünschen übrig. Die den Hauptteil des Aluminiums fabrizierende Fabrik beschwerte sich über illoyales Vorgehen von Aluminium verarbeitenden Fabriken, die beim Export ihrer Fabrikate auch noch die Differenz des Metallwertes gewinnen. Ausserdem ergab sich die Notwendigkeit, die Kontrolle auf Halbfabrikate auszudehnen, nachdem sie durch den Bundesratsbeschluss vom 23. Dezember 1916 über den Handel mit Altmetallen schon auf Aluminiumabfälle und Altaluminium erstreckt worden war.

Nach einlässlicher Beratung mit Vertretern aller beteiligten Kreise haben wir den B u n d e s r a t s b e s c h l u s s b e t r e f f e n d denVerkaufvon Aluminium, Aluminium-Halbfabrikaten, Abfällen von A l u m i n i u m und A l t a l u m i n i u m vom 11. Mai 1917 erlassen. Der Verkehr mit Aluminium, Halbfabrikaten und Abfällen von solchen wird danach unter die Aufsicht eines vom Politischen Departement zu bezeichnenden Kontrollorgans gestellt. Das Departement bestimmt, wieviel Aluminium für die Verarbeitung im Inland abzugeben ist. Verkäufe und Bestellungen sind der schweizerischen Kontrollstelle zur Genehmigung vorzulegen. Wiederverkauf ist untersagt. Das Politische Departement ist ermächtigt, für Aluminium sowohl als auch für Halbfabrikate und Abfälle von Aluminium Höchstpreise festzusetzen. Von dieser Ermächtigung ist mit Schlussnahme vom 11. Mai d. J. Gebrauch gemacht worden. Um die beim Verkauf der Abfälle zutage getretenen Missstände abzustellen, wird ferner verfügt, dass Fabrikationsabfälle demjenigen Walzwerk, welches das Metall geliefert hat, zu einem vom Politischen Departement zu bestimmenden Preise abgegeben werden müssen.

Die seinerzeit auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 23. Dezember 1916 betreffend den Handel mit Altmetall und Metallabfällen der offiziellen Zentralstelle für Metalle übertragene Kontrolle des Altaluminiums und der Aluminiumabfälle wird mit der Kontrolle für Aluminium und Halbfabrikate vereinigt.

23$

III.

Am 10. Mai 1. J. waren 28,367 Mann als krank und verwundet in der Schweiz interniert, nämlich : Offiziere

Unteroffiziere und Mannschaften

418 122 695 86

7,335 1,749 12,953 1,439

Deutsche Engländer Franzosen Belgier

Zivilisten

819 4 2,087 406

Als invalid und weil über 55 Jahre alt sind aus der Schweiz seit 16. Februar entlassen worden: Offiziere

Österreich-Ungarn Deutsche Engländer Franzosen Belgier

.

.

.

.

-- 6 --26 --

Unteroffiziere und Mannschaften

80 6 910 25

Zivilisten

21 323 71

Der sonstige Abgang betrug:

Deutsche Engländer Franzosen Belgier

Offiziere

Unteroffiziere und Mannschaften

Zivilisten

-- -- 10 --

48 11 242 --

11 l 35 3

Grössere Mutationen stehen für nächste Zeit in Aussicht, vorausgesetzt, dass das Ergebnis der Mitte April zum Abschluss gekommenen, vom Politischen Departement und Armeearzt mit den Delegierten des französischen Kriegsministeriums und Ministeriums des Aussern einerseits und Vertretern des Preussischen Kriegsministeriums anderseits geführten Verhandlungen von den ,beiden Regierungen gutgeheissen wird.

Bereits besteht Einverständnis darüber, dass die in der Schweiz internierten, klinisch geheilten Tuberkulösen rapatriiert werden.

Dasselbe ist der Fall mit denjenigen Kranken, deren Wiederherstellung nach medizinischer Voraussage nicht innerhalb Jahresfrist zu erwarten ist, und deren Gesundheitszustand entweder eine definitive Invalidität oder eine dauernde Behandlung erwarten

234

Jässt, vorausgesetzt dass die gegenwärtige Arbeitsfähigkeit etwa um 50% vermindert erscheint.

Als Rapatriierungsgrund wird auch die schwere Stacheldraht-Psychose oder Psychasthenie, d. h. ein durch die lange Dauer der Gefangenschaft hervorgerufener moralischer und physischer Depressionszustand angesehen, der sich in Abmagerung Verdauungsstörungen, Zirkulationsstörungen, insbesondere Pulssteigerungen oder Unregelmässigkeiten des Pulses, ferner arterieller Überspannung, Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen äussert.

Voraussetzung ist ferner eine Gefangenschaftsdauer von mindestens 18 Monaten und der Umstand, dass während dreimonatlicher Internierung keine wesentliche Besserung eingetreten ist.

Durch diese umfangreiche Rapatriierung wird Raum geschaffen für eine demnächst einsetzende Komplementär-Internierung, bei welcher alle bisher streitig gebliebenen oder aus Irrtum oder Versehen nicht zur Entscheidung gekommenen Fälle zur Untersuchung gelangen sollen. Die Kontrollkommissionen setzen sich aus je drei Ärzten des NehmestaateS und drei Schweizerärzten zusammen ; bei Gleichheit der Stimmen entscheidet der rangälteste Schweizerarzt. Kein Fall darf von den Kontrollkommissionen endgültig abgelehnt werden ; alle von ihnen nicht für die Internierung resp. Rapatriierung bestimmten Leute müssen zu einer vierwöchentlichen Beobachtung in ein Lager verbracht und nach Ablauf der Beobachtung der Kommission nochmals vorgestellt werden. Dann erst erfolgt der definitive Entscheid.

In den oben erwähnten Verhandlungen war auch die Frage des direkten Austausches von Land zu Land einer Lösung entgegengebracht worden; doch fehlt zurzeit noch die Gutheissung dieser Verabredungen. Es handelt sich dabei um einen direkten Austausch unter der Voraussetzung einer mindestens 18 Monate andauernden Kriegsgefangenschaft. Und zwar wird ein Austausch ohne Rücksicht auf Zahl und Grad für diejenigen vorgesehen, welche in einem noch zu bestimmenden höhern Lebensalter stehen, während für die jungen Kriegsgefangenen der Austausch nach dem Grundsatz Kopf gegen Kopf und Grad gegen Grad zu erfolgen hätte, wobei, falls die auf der einen Seite vorhandene Zahl erschöpft sein sollte, die auf der ändern Seite Verbleibenden im Rahmen der von der Schweiz umgrenzten Aufnahmefähigkeit ·des Landes hier interniert würden. Bei diesem Austausch Kopf
gegen Kopf und Grad gegen Grad und bei der damit verbundenen aushülfsweisen Internierung könnten sodann die Familienväter mit mindestens drei Kindern Prioritätsrechte beanspruchen.

235 Einverständnis besteht darüber, dass die zufolge Rapatriierung in ihr Vaterland zurückgekehrten Kriegsgefangenen weder in der Front, noch in der Etappe, noch im besetzten feindlichen Gebiete verwendet werden dürfen.

Durch das schweizerische Rote Kreuz, das auch sämtliche Transporte der Kranken und Verwundeten an die Internierungsorte besorgt, sind von Mitte Februar bis 11. Mai als Invalide durch die Schweiz transportiert worden: Italiener Österreicher und Ungarn Serben Als aus der wurden befördert:

Offiziere 55 32 17

Gefangenschaft

Unteroffiziere und Soldaten 592 792 496 entlassene

Zivilgefangene

136 Deutsche, 23 Franzosen, 38 Österreicher und Ungarn.

Die grossen E v a k u i e r t e n t r a n s p o r t e aus Nordfrankreich sind wieder aufgenommen worden.

Vom 16. Februar bis 10. Mai sind 44,900 Evakuierte aufgenommen und befördert worden. Es ist noch nicht bekannt, wie viele Personen für diesen Gesamttransport in Aussicht genommen sind.

B. Departement des Innern.

Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei.

1. S c h u t z der N u s s b ä u m e . Nachdem die erforderlichen Massnahmen gegen das übermässige Schlagen von Nussbäumen getroffen worden sind, wurden nunmehr auch Schritte zur Förderung des Anbaues dieser wertvollen Holzart getan. Leider gestattete die letztjährige geringe Nussernte nicht, die Saaten in beabsichtigtem Umfange vorzunehmen, behufs Beschaffung von Setzlingen. Dagegen wurde der Veredlung des Nussbaumes durch Pfropfen grösste Aufmerksamkeit geschenkt und zwei bezügliche kürzere Lehrkurse organisiert, an welchen schweizerische Obst baukundige, unter Beizug von internierten französischen Baumzüchtern, mit dem in Frankreich verbreiteten Verfahren des Pfropfens von Nussbäumen bekannt gemacht werden sollen.

236 2. S c h u t z der K a s t a n i e n b ä u m e . Von der den Kantonen durch Bundesratsbeschluss vom 23. Februar 1917 eingeräumten Ermächtigung, auf dem Verordnungswege das Schlagen von Kastanienbäumen zu verbieten, haben die Kantone St. Gallen, Tessin und Wallis Gebrauch gemacht, deren diesfällige Erlasse hierseits genehmigt wurden.

3. P a p i e r h o l z b e s c h a f f u n g . Die Versorgung der schweizerischen Papier- und Papierstoff-Fabriken mit dem benötigten Papierholz nimmt ihren regelmässigen Fortgang, in letzter Zeit allerdings etwas beeinträchtigt durch die starke Nachfrage nach Brennholz und die dadurch bewirkte Steigerung der Brennholzpreise. Immerhin darf angenommen werden, dass der Bedarf der Fabriken bis zum Abschluss der Periode 1916/17, auf Ende des Monats August, annähernd gedeckt werden kann.

4. V e r b o t e n e A b h o l z u n g e n . Da in letzter Zeit in verschiedenen Kantonen die Strafanzeigen wegen Holzschlägen ohne die gesetzlich vorgeschriebene Bewilligung in besorgniserregender Weise überhandnahmen, was hauptsächlich dem Umstände zugeschrieben werden muss, dass die in Artikel 46, Ziffer 7, des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 festgesetzte Busse von Fr. 2 bis 10 für jeden Festmeter in keinem richtigen Verhältnis mehr zu den derzeitigen hohen Holzerlösen steht, sahen wir uns veranlasst, durch Beschluss vom 20. April 1917 (A. S. u. F.

Bd. XXXIII. S. 212), die Bussen für verbotene Abholzungen auf Fr. 10 bis 40 für jeden Festmeter zu erhöhen.

5. Ho I z n u t z u n g e n . Zur allgemeinen Orientierung über die bisher aus den schweizerischen Waldungen bezogenen Nutzungen und zur Prüfung der Frage, ob wirklich eine Übernutzung der Waldungen stattgefunden, und zutreffendenfalles, welche Massnahmen seitens des Bundes dagegen zu ergreifen seien, wurde eine Konferenz von Delegierten sämtlicher Kantone einberufen.

6. Abschuss von Staren, A m s e l n und D r o s s e l n . Auf stetig zunehmende Klagen über Schädigungen der Gemüse- und Obstkulturen durch Amsel- und Drosselarten, und gestützt auf diesfällige Eingaben aus Kreisen der Landwirtschaft und des Gartenbaues haben wir durch Schlussnahme vom 1. Mai d. J.

(A. S. n. F. Bd. XXXIII. S. 241) die Kantone ermächtigt, für das Jahr 1917 den Abschuss von Staren, Drosseln und Amseln, welche in Weinbergen, Obst- und Gemüsepflanzungen Schaden anrichten, vom 1. Juni an bis nach beendigter Ernte den Besitzern und

237

Pächtern oder deren Bevollmächtigten zu gestatten. Gleichzeitig wurden jedoch die Kantone darauf aufmerksam gemacht, dass hierbei keineswegs von der Auffassung ausgegangen werde, diese Abschussbewilligungen seien nun ganz allgemein zu erteilen. Es sollen solche vielmehr nur auf diejenigen Fälle beschränkt werden, wo wirkliche Schädigungen vorliegen, die den Abschuss zur Notwendigkeit machen, und nur an Persönlichkeiten erteilt werden, welche Gewähr dafür bieten, dass mit dem Abschuss kein Missbrauch getrieben werde.

C. Justiz- und Polizeidepartement.

Gemäss Art. 6 des Bundesratsbeschlusses vom 30. Juni 1916 haftet der Bund subsidiär für die den Kantonen aus der Duldung der f rem den D e s e r t e u r e o d e r R e f r a k t ä r e erwachsenden örfentlichrechtlichen und ökonomischen Nachteile, und zwar setzt der Bundesrat die vom Bund zu leistenden Entschädigungen endgültig fest.

In dieser Bestimmung ist von der Haftung für diejenigen Nachteile, die den Kantonen aus der Duldung der F a m i l i e n fremder Deserteure oder Refraktäre entstehen können, nicht die Rede.

Seither sind nun eine Reihe von Begehren der Kantone um Ersatz der an bedürftige Familien von Militärflüchtlingen ausgerichteten Unterstützungen eingegangen und deren nähere Prüfung hat Folgendes ergeben: Was die rechtliche Seite dieser Fälle anbelangt, so zeigte sich, dass einigen Begehren um Rückübernahme bedürftiger Familienangehöriger von fremden Deserteuren oder Refraktären entsprochen worden ist. Auch wurde in einzelnen Fällen deu kurzerhand abgeschobenen Familien das Überschreiten der Grenze ihres Heimatstaates nicht verwehrt, sofern sie im Besitze von Ausweisschriften waren. In ändern Fällen allerdings war weder die Rücknahme zu erreichen, noch liess sieh die Abschiebung durchführen. Dies trat namentlich stets dann ein, wenn es sich um die Abschiebung kranker Familienangehöriger handelte, also gerade in denjenigen Fällen, wo die Unterstützung am dringensten und die Belastung durch die Unterstützung in der Regel am schwersten ist.

Vor allem aber zeigte es sich, dass die Abschiebung solcher Familien in vielen Fällen eine vom rein menschlichen Standpunkt

238

aus nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde, die in schroffstem Widerspruch zu der gegenüber dorn Familienhaupt, dem fremden Deserteur oder Refraktär, durch die Duldung geübten Milde stände.

Zu bedenken ist überdies, dass die zukünftige Regelung der staatsbürgerlichen Verhältnisse der fremden Deserteure und Refraktäre durch die Abschiebung ihrer Familien jedenfalls nicht erleichtert wird.

Diese Erwägungen Hessen es unvermeidlich erscheinen, die subsidiäre Haftung des Bundes in gewissem Masse auch auf die aus der Duldung bedürftiger Familien fremder Deserteure und Refraktäre erwachsenden Nachteile auszudehnen. Bei der grossen Verschiedenheit der einzelnen Fälle war es aber von vornherein ausgeschlossen, eine starre Regel für die Erledigung aller solcher Entschädigungsbegehren aufzustellen, vielmehr musste die Entscheidung von Fall zu Fall vorbehalten werden.

Der Umfang der dem Bund aus dieser Erweiterung seiner subsidiären Haftung erwachsenden Belastung lässt noch nicht mit Sicherheit überblicken, da sie zum Teil von unberechenbaren Umständen, wie Dauer des Krieges, steigende Verteuerung der Lebenshaltung u. a. m., abhängig ist. Wir müssen uns mit dem Hinweis darauf begnügen, dass sie sich bis jetzt in bescheidenen Grenzen hält.

Der Bundesrat hat daher am 4. April 1917 das Justiz- und Polizeidepartement ermächtigt, von Fall zu Fall über bezügliche Begehren der zuständigen kantonalen Behörden zu entscheiden, und gegebenenfalls die subsidiäre Haftung des Bundes für die den Familien fremder Deserteure und Refraktäre gewährten Unterstützungen zuzusichern.

Gemäss einem in Ergänzung des Bundesratsbeschlusses vom 30. August 1916 betreffend die Unterstützung der fremden Militärflüchtlinge gefassten Beschluss des Bundesrates vom 1. Mai 1917 sind die Ausgaben, die sich aus der durch den Bund übernommenen Haftung für die fremden Deserteure und Refraktäre und deren Familien ergeben, als besondere Posten unter den Titel ,,Kosten für fremde Deserteure und Refraktäre und deren Familiena auf Konto ,,Kriegsmobilmachung"' zu nehmen und es wurde zur Bestreitung dieser Ausgaben zunächst ein Kredit von Fr. 10,000 bewilligt.

239 D. Militärdepartement.

I. Militärisches.

Seit unserm letzten Berichte sind in der Organisation der Armee nur unwesentliche Änderungen vorgenommen worden.

Nachdem die Zuteilung von Zahnärzten zu den Infanterie-Regimentern beschlossen worden war, musste deren ordnungsgemässe Rekrutierung gesichert werden. Es geschah dies durch Beschluss des Bundesrates vom 24. April 1917, wonach die Militärzahnärzte aus der Truppe und bei der Aushebung rekrutiert werden.

Dieser Beschluss ordnet auch den militärischen Bildungsgang. Er ist derselbe wie bei den ändern Sanitätsoffizieren ; die Zahnärzte bilden eine Unterabteilung der Sanitätsoffiziere.

Die den Genietruppen zufallenden Arbeiten haben uns genötigt, in ausserordeutlicher Weise für die Vermehrung der Zahl der Genieoffiziere zu sorgen. Durch Beschluss des Bundesrates vom 27. April 1917 ist zu diesem Zwecke die Abhaltung einer ausserordentlichen Genieoffizierschule bewilligt worden.

Das Militärdepartement hielt es für angezeigt, Vorarbeiten für eine allfällig nötig werdende frühere Aushebung des Rekrutenjahrganges 1899 zu treffen, die, wenn letzteres nicht geschehen muss, die ordentliche Aushebung dieses Jahrganges im nächsten Jahr wesentlich erleichtern werden.

Auch in dieser Berichtsperiode sind wiederum ausserordentliche Kredite zur Beschaffung von Munition, Bewaffnung und Ausrüstungsgegenständen, sowie für Bauten und Einrichtungen bewilligt worden. Die Schwierigkeiten in der Beschaffung der erforderlichen Rohstoffe und der nur aus dem Auslande erhältlichen Fertigfabrikate haben sich aber weiter vermehrt. Besonders die öfters Monate in Anspruch nehmende Behandlung der Ausfuhranträge seitens der ausländischen Behörden, sowie die Unsicherheit der Erteilung von Ausfuhrbewilligungen beeinträchtigen die Ablieferung des gesamten Kriegsmaterials dermassen, dass mit irgendwelchen bestimmten Terminen nicht mehr gerechnet werden kann. Die erwähnten Schwierigkeiten machen auch öfters Delegationen nach dem Auslande notwendig.

Der Pferdeankauf ist bis jetzt in Amerika fortgesetzt worden.

Da sich aber auch dort die Verhältnisse schwieriger gestalten, sind für die Pferdebeschaffung in letzter Zeit andere Versuche gemacht worden.

240

II. Wirtschaftliches.

Infolge der schwieriger gewordenen Zufuhr Verhältnisse für Getreide gingen die bezüglichen Vorräte beständig zurück und erreichten nach und nach einen beunruhigenden Tiefstand. Dies zwang uns, weitere Massnahmen zur Einschränkung des Getreideverbrauches einzuführen und andere ähnliche vorzubereiten.

D i e R a t i o n i e r u n g v o n M e h l u n d B r o t , f ü r welche wir einen Vorschlag ausgearbeitet hatten, kam mit ändern wirtschaftlichen Fragen an einer Konferenz mit Vertretern der Kantonsregierungen und der interessierten Berufsverbände zur Beratung.

Nach den Berechnungen des Oberkriegskommissariates hätte die durchschnittliche Tagesportion nicht höher als auf 225 Gramm Mehl auf den Kopf der Bevölkerung angesetzt werden können, insofern man nicht den gegenwärtigen durchschnittlichen Tagesverbrauch an Brotgetreide e r h ö h e n wollte. Diese Brotportion wurde aber allgemein als zu niedrig betrachtet und sämtliche Vertreter sprachen sich an der Konferenz gegen die Einführung der Brotkarte im gegenwärtigen Augenblicke aus. Der herrschende Milch- und Kartoffelmangel, in Verbindung mit dem Fehlen des Gemüses und einiger anderer wichtiger Lebensmittel sprachen zusammen für eine Verschiebung der Brotrationicrung. Immerhin soll diese Massnahme so vorbereitet werden, dass sie im dringenden Falle ohne Verzug durchgeführt werden kann.

Da. man für den Augenblick von der Rationierung Umgang .zu nehmen beschloss, musste versucht werden, durch andere Mittel den Verbrauch von Brotgetreide noch mehr als bisher einzuschränken.

Das am 2. Februar erlassene V e r b o t des V e r k a u f e s von f r i s c h e m B r o t hat zweifellos einen gewissen Minderverbrauch bewirkt, der aber zum Teil aufgehoben wurde, weil die Massnahme in einem Augenblicke getroffen worden ist, in dem eine neue Verteuerung wichtiger Lebensmittel ciatrat und viele Waren überhaupt zu fehlen begannen, so dass ein vermehrter Genuss von Brot veranlasst und der absolute Verbrauch neuerdings gesteigert wurde. Gegenwärtig wird die Frage geprüft, ob die bestehende Vorschrift, die den Verkauf von g e s t r i g e m Brot gestattet, nicht in der Weise ausgedehnt werden könnte, dass inskünftig nur noch der Verkauf von v o r g e s t r i g e m Brote bewilligt würde.

Um der Anhäufung von Mehlvorräten vorzubeugen, die zweifellos oft infolge unzweckmässiger Lagerung Schaden leiden

241

und der vorschriftswidrigen Verwendung Vorschub leisten, setzten wir die den Mühlen zukommenden Bundesweizenquoten (Vermahlungskontingente) zweimal um je 10°/o h e r u n t e r , so dass wir gegenwärtig nur noch 80 °/o der früheren Getreidemenge abgeben. Wir haben die Überzeugung, dass bei richtiger Verteilung des Mehles mit diesem Quantum vorläufig auszukommen ist.

Zur E r r e i c h u n g e i n e r h ö h e r e n V o l l m ehlausbeute ordnete unser Militärdepartement mit Kreisschreiben vom 27. April die Mahllohn- und Ausbeuteverhältniss neu. Die Erfahrung hat gelehrt, dass allo Mühlen mit gutem Willen die Mehlausbeute auf 85--88 °/o steigern können. Vom Oberkriegskommissariat durchgeführte Mahl- und Backversuche haben auch ergeben, dass 90%iges Manitoba und Kansas-Vollmehl immer noch ein sehr schmackhaftes und haltbares Brot ergibt.

Um auch bei der H e r s t e l l u n g von T ei g w a r e n den Verbrauch von Weizen nach Möglichkeit einzuschränken, ist den Mühlen vorgeschrieben worden, es seien inskünftig statt 72 % Gries und Dunst, total 75 °/o herzustellen. Trotzdem beständig Mangel an Teigwaren herrscht, mussten wir das den schweizerischen Teigwarenfabriken zuzuteilende Monatskontingent au Weizen in Anbetracht der ungenügenden Vorräte um ca. 10% herabsetzen. Will man nicht Gefahr laufen, innert kurzer Frist überhaupt keine Teigwaren mehr herstellen zu können. muss unbedingt der Verbrauch derselben eingeschränkt werden. Die Frage der R a t i o n i e r u n g d e r T e i g w a r e n wird gegenwärtig noch geprüft:. Wir verhehlen uns dabei nicht, dass dir Durchführung dieser Massnahme ganz besondere Schwierigkeiten bietet, hauptsächlich deshalb, weil der bisherige Verbrauch zwischen den einzelnen Kantonen und innerhalb der Kantone, zwischen Stadt und Land grosse Verschiedenheiten aufweist Infolge des Fehlens der Kartoffeln nahm der Verbrauch von Mais zu Esszwecken nicht nur im Tessin, sondern auch in der gesamten übrigen Schweiz zu. Unser Militärdepartement erliess deshalb am 2. April eine neue Verfügung über die V e r m a h l u n g d e s M a i s o s , u m eine v e r m e h r t e A u s n ü t z u n g desselben zu Esszwecken zu erleichtern. Während früher der Maisvermahlung eine Griesausbeute von zirka 50 °/o zugrunde gelegt war, verlangen wir jetzt eine Mindestausbeute von 65 %.

An einzelnen Orten
wird diese Ausbeute wesentlich überschritten; in einem Kanton stellen die Mühlen sogar bis 93 % Gries aus dem Maiskorn her.

Bundesblatt. 69. Jahrg. Bd. III.

17 «,

242

Es muss erwogen werden, ob nicht in Zukunft der Mais in erster Linie als menschliches Nahrungsmittel, statt als Futtermittel zu betrachten sei.

Alle diese Massnahmen werden aber nur dann zum Zieleführen, wenn deren Durchführung streng überwacht und bei festgestellten Zuwiderhandlungen rücksichtslos mit schweren Strafen eingeschritten . wird. Leider mussten wir neuerdings die Erfahrung machen, dass vielerorts von den kantonalen Kontrollorganeneine ganz ungenügende, da und dort sogar überhaupt keine Überwachung ausgeübt wird. Die Zahl der Übertretungen der Brotversorgungsvorschriften und der Höchstpreise ist beständig im.

Zunehmen begriffen. Zweifellos tragen hierfür die kantonalen' Gerichte in erster Linie die Verantwortung, weil sie immer und' immer wieder die Minimalbussen aussprechen und sich nicht dazu aufraffen können, selbst im Wiederholungsfalle, an die oberen Grenzen der vorgesehenen Strafen zu gehen. Es ist zum mindesten unverständlich, dass es vorkommen kann, dass ein Bezirksgericht gegen einen Müller, den es bereits einmal wegen der Herstellung von zu weissem Mehl mit dem vorgesehenen Strafminimum von Fr. 100 gebüsst hatte, im Rückfalle eine Busse von Fr. 105 ausspricht! Bei derartiger Abwandlung ist nicht verwunderlich, wenn der Verurteilte das Urteil entsprechend einschätzt und daraus die Konsequenzen zieht.

Über die G e t r e i d e z u f u h r e n ist wenig Erfreuliches zu berichten. Unsere Weizenvorräte im Lande nehmen wegen ungenügenden Zufuhren von den Seehäfen langsam ab.

'Es gehen zwar seit 2 Monaten per Tag ziemlich regelmässig Ì--2 Züge von Cette und 2 von Marseille nach der Schweiz ab, die aber nicht genügen, um dasjenige Quantum an Getreide zuersetzen, das täglich konsumiert wird.

Es wäre daher dringend erwünscht, dass für die Abspedition unserer immer noch erheblichen Vorräte in Cette dorthin ein, dritter Leerzug bewilligt würde.

Was uns für die kommenden Monate grosse Sorge verursacht, das ist der täglich mehr fühlbare Mangel an neutraler Tonnageund die Unmöglichkeit, für uns genügend Dampfer zu chartern.

Es' liegen für uns in Argentinien z. B. noch grosse, vorgekaufte Quantitäten von Mais und Hafer, für die wir seit Monaten trota aller Mühe die Fracht nicht finden können.

Zu allen diesen misslichen Verhältnissen gesellt sich die sehr trübe Aussicht auf die kommende Ernte. In Argentinien

243

ist die Ausfuhr von Weizen seit Ende März verboten, eine Folge der geringen Ernte dieses Landes.

Der Saatenstand lässt in den Vereinigten Staaten leider sehr zu wünschen übrig und steht mit 63 °/o einer guten Mittelernte gegenüber 78% im Vorjahre oder dem zehnjährigen Durchschnittsstand von ca. 87°/o weit hinter allen Erwartungen zurück. Wenn die kommenden Wochen keine erhebliche Besserung bringen, so stehen wir vor sehr ernsten Zeiten. Die Preise haben eine nie geahnte Höhe erreicht und stellt sich heute der von uns benötigte Kansasweizen auf weit über Fr. 80 per 100 kg franko Schweizerstationen, gegenüber unserem Verkaufspreis von Fr. 56.75. Eine weitere Erhöhung der Weizenpreise ist leider unter solchen Umständen unumgänglich, sollen wir nach Verbrauch unserer Vorräte nicht auf einmal einen kolossalen Sprung nach oben machen müssen.

In Mais sind die Zufuhren immer sehr spärlich, wie es unter den geschilderten Umständen nicht anders möglich ist. Die Nachfrage danach zu Ess- und Futterzwecken ist anderseits sehr gross, so dass wir derselben nicht in genügendem Masse entsprechen können.

Betreffend Z u c k e r - und R e i s m o n o p o l ist Folgendes zu bemerken : Die im Februar eingeführte Verteilung von Zucker und Reis durch Vermittlung der Kantone hat sich eingelebt, ohne dass uns nennenswerte Störungen zur Kenntnis gelangt wären.

Die Zufuhrverhältnisse zwangen uns, den Verbrauch von Zucker in solchen industriellen Unternehmungen, welche Genussmittel und leicht entbehrliche Nahrungsmittel herstellen, erheblich einzuschränken.

Auch die durch Abgabe von Brot, Reis, Maisgries, Haferflocken und Zucker zu reduzierten Preisen in die Wege geleitete N o t s t a n d s a k t i o n ist nun überall im Gange. Die Zahl der Bedürftigen, welche hiervon Gebrauch machen, bewegt sich zwischen 10 und 11 % der Wohnbevölkerung. Von verschiedenen Seiten ist das Begehren gestellt worden um Ausdehnung des Kreises der Unterstützung, im Hinblick auf die weitere Verteuerung der Lebenshaltung, welcher bescheidene Einkommen nicht mehr gewachsen seien. Diese Frage ist in der hiervor schon erwähnten Konferenz der Vertreter der Kantone und der wirtschaftlichen Verbände gleichzeitig mit der Frage der Abgabe von Konsummilch zu reduzierten Preisen behandelt worden. Die

24i

Berechtigung zum Bezüge von Milch und Brot zu reduziertem Preisen wird in Übereinstimmung gebracht. Die festgelegteai Grenzen der Bezugsberechtigung sind in den Ausführungsbestiirimungen des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements zum Bundesratsbeschlusse vom 4. April 1.917 betreffend die Abgabe von Konsummilch zu herabgesetzten Preisen (vom 27. April 1917, schweizerische Gesetzessammlung Nr. 19, Seite 237) ersichtlich.

Die H e u b e s c h a f f u n g für die Armeepferde und dio Pferde des Territorial-Dienstes war schon seit dem Herbst des letzte» Jahres mit vieler Mühe verbunden. Im Gegensatz zu früheren »lahren gelang es nicht, so grosse Mengen zu kaufen xmd einzusammeln, dass die normalen Vorräte erreicht worden wären.

Mit dein Monat März hörten die Lieferungen fast ganz auf, weil die konzessionierten Händler nichts mehr kaufen konnten. Die Armee konnte in dem ihr zugewiesenen Rayon Heu seit läugcrer Zeit nur noch durch Requisition beschaffen. Angesichts der garix, geringen Vorräte, die trotz der Reduktion der Futterration nicht im Entferntesten den Bedarf bis zur Möglichkeit der Verfütterung neuen Heues zu decken vermochten, mussten vorsorgliche Massnahmen im interesse der Landesverteidigung getroffen werden.

Am 16. März wurden die Heu- und Emdvorräte auch im Gebiete ausserhalb des Truppenbereiches beschlagnahmt und eine Bestandesaufnahme angeordnet. Um den Verkehr mit Heu finden Privatbedarf nicht gänzlich lahmzulegen, konnten die Gemeinden über die Hälfte der Überschüsse zugunsten von Viehbesitzern, die Heu kaufen mussten, verfügen. Die Bestandet aufnähme ergab, dass fast alle in Betracht fallenden Kantone nicht nur keine Heuüberschüsse besassen,l sondern teilweise sogar O bedenklich grosse Mengen als fehlend nachwiesen. Es setzte auch gleich ein Sturm um Lieferung von Heu aus den Vorräten der Armee und Militärverwaltung ein, der sich in der Folge mit Rücksicht auf das spute Frühjahr bedeutend verschärfte.

Einzig in den Kantonen Zürich und Thurgau konnte ein im Verhältnis zum Bedarf sehr bescheidenes Quantum Heu für die Armee und die Militärverwaltung sicher gestellt werden. Infolge des späten Frühjahres kann aber jedenfalls nicht einmal das ganze Quantum zusammengebracht werden und der grossie Teil wurde zur Linderung der Futternot, namentlich in den Gebirgsgegenden, freigegeben.
In Anbetracht dieser Futternot, hervorgerufen nicht nur durch das spät einsetzende Frühjahr, sondern auch durch übermässig grosse Viehbestände, mussten Bestimmungen aufgestellt;

245

werden, die jedermann verpflichteten, überschüssiges Heu und Emd abzugeben. Die kantonalen Regierungen, unter Mitwirkung der Gemeindebehörden, mussten das Recht erhalten, den Heuausgleich in den einzelnen Gemeinden und von Gemeinde zu Gemeinde vorzunehmen und wenn nötig, zur Zwaugsenteignung zu schreiten. Für den Heuausgleich von Kanton zu Kanton mussten die Regierungen unter sich direkt verkehren, wo nötig unter unserer Mitwirkung. Diese Bestimmungen sind im Bundesratsbeschluss vom 14. April 1917 betreffend die Abgabe von Heu und Emd niedergelegt. Um die Herausgabe von überschüssiger Ware besser in Fluss zu bringen, sind ab 11. April die arn 6. Oktober 1916 festgelegten Höchstpreise für Heu und Emd um Fr. 2 pro 100 kg erhöht worden.

Trotz allen diesen Massnahmen konnte aber die grosse Nachfrage nach Heu nur in geringem Umfange befriedigt werden.

Über den Heuverbrauch der Armee und der Militärverwaltung sind viole.rorts unrichtige Vorstellungen vorhanden. Beim gegenwärtigen Umfang des Truppenaufgebotes wird für obige Zwecke während eines ganzen Jahres soviel Heu verwendet, als für die Erhaltung des Viehstandes des Landes während 2--3 Tagea notwendig ist. Etwa 90 °/o dieses Bedarfs wird für die Requisitionspferde verwendet, die, wenn sie nicht zum Dienst eingezogen wären, von den Besitzern unterhalten werden mussten.

E. Finanz- und Zolldcparternent.

Finanzverwaltung.

Seit dem VI. Mobilisationsanleihen von 100 Millionen Franken, von dem wir im VI. Bericht vom 9. März abbin gesprochen, hat keine weitere feste Geldaufnahme des Bundes zur Bestreitung der Kosten der Aufrechthaltung der Neutralität stattgefunden.

Unsere durch den Krieg bedingten Finanzoperationen können auf Mitte Mai 1917 kurz zusammengefasst werden, wie folgt : Betrag der seit Kriegsausbruch aufgenommenen Anleihen nach Abzug der Rückzahlungen . Fr. 504,800,000 Bei der Schweizerischen Nationalbank auf diesen Zeitpunkt geschuldete Schalzan Weisungen . ,, 260,900,000 Übrige schwebende Schulden ., 50,000,000 Gesamtbetrag der festen und schwebenden Kriegsschuld auf Mitte Mai 1917 . . . . Fr. 815,700,000 Aa Kriegssteuem sind uns bis Mitte Mai 1917 zugegangen ., 82,600,000 FrrS98^3Ö07000

246

Diesem Betrage stehen auf dea Dämlichen Zeitpunkt an ausserordentlichen Ausgaben gegenüber: Ausgaben für die Mobilmachung . . . . . Fr. 609,500,000 In Unternehmungen für die Versorgung der Zivilbevölkerung angelegte Gelder . . . ,, 256,635,000 Vorschüsse für die Kosten der Internierung fremder Kriegsgefangener ,, 11.995,000 Fr. 878,130,000 Der Geschäftsverkehr der D a r l e h e n s k a s s e der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t ist seit dem letzten Bericht ungefähr der nämliche geblieben. Der Stand der Vorschüsse auf Ende Januar 1917 betrug Fr. 28,465,800.

Der letzte Monatsbericht weist folgende Zahlen auf: Stand der Vorschüsse auf Ende März 1917 Fr. 27,352,050.70 Wechseleingänge bzw. neue Vorschüsse im April 1917 ',, 10,057,778.15 Fr. 37,409,828.85 Wechselausgänge b/,\v. Rückzahlungen im April 1917

,,

8,862,114.20

Stand der Vorschüsse auf Ende April 1917

Fr. 28,547,714.65

Vermehrung seit Ende Januar

Fr.

81,914.65

Zollverwaltung.

Die Zollverwaltung hat sich im Hinblick auf den zunehmenden Ausfuhrschmuggel an einzelnen Grenzstreckcn veranlasst gesehen, eine Verstärkung der Grenzbewachung durch Militär za verlangen, da das durch Heerespolizei verstärkte Grenzwachtpersonal trotz anerkennenswertem Eifer sich als ungenügend erwiesen hatte. Die zur Entdeckung gelangten Ausfuhrstraffälle haben sich seit Erlass der Ausfuhrverbote bedeutend vermehrt, trotzdem die zur Bekämpfung getroffenen Massnahmen zu wiederholten Malen eine Verschärfung erfuhren.

Während ursprünglich bei Krlass der Ausfuhrverbote die Administrativbehörde in Ahndung von Widerhandlungen Bussen im Maximum von Fr. 500 aussprechen konnte, ist die Kompetenz später auf Fr. 5,000 und schliesslicb auf Fr. 30.000 erhöht worden,

247 womit als Nebenstrafe Ersatz des Wertes ausgeschmuggelter Ware oder, wenn die Ware noch im Inland beschlagnahmt wird, Konr fiskation verbunden werden kann. Die Zollorgane können nebstdem vorübergehende Sicherheits- oder Kollusionshaft anordnen, dagegen nicht auf Gefängnis- oder Haftstrafe erkennen, da verschiedene Gesichtspunkte gegen die Erteilung einer solchen Kompetenz an die Administrativbehörde zu sprechen scheinen.

Nachdem nun an verschiedenen Grenzstrecken die Grenzbewachung durch Militär verstärkt und durch dessen Mitwirkung ·ein noch schärferes Vorgehen gegen die Schmuggler ermöglicht ist, hat das schweizerische Finanz- und Zolldepartement unterm 2. April eine Bekanntmachung erlassen, welche folgende Bestimmungen enthält: 1. Bei Ahndung der Widerhandlungen werden künftig vér-schärfte Bussen zur Anwendung gebracht. Ausser der Konfiskation werden in der Regel Bussen vom mehrfachen Betrag des Warenwertes verfügt werden.

2. In schweren Fällen, insbesondere bei wiederholtem Rück.fall und gewerbsrnässigem Schmuggel, wird Überweisung an die .Strafgerichte erfolgen.

3. Rückfälligen, im Ausland wohnenden Übertretern wird das weitere Betreten des Landes untersagt.

4. Im Inland wohnhafte, wiederholt bestrafte ausländische Übertreter werden aus der Schweiz ausgewiesen.

5. Kaufläden, welche ausschliesslich oder vorwiegend als Bezugsquelle für Ausfuhrschmuggler dienen, werden geschlossen.

6. Das Überschreiten der Grenze ist überall nur auf den -erlaubten Z o l l s t r a s s e n gestattet. Mitgeführte Waren sind beim Ein- oder Ausgang bei den Zollstellen anzumelden, auch wenn die Ein- oder Ausfuhr erlaubt ist.

6. In den Grenzabschnitten, wo eine militärische Grenzbe·setzung besteht, darf die Grenze nur an den vom Militärkommando ausdrücklich erlaubten Stellen übersehritten werden.

Die Truppen haben Befehl, die Zollorgane in ihrem Dienste SM unterstützen.

Übertreter haben somit in diesen Grenzabschnitten ausser den polizeilichen Strafen auch Verhaftung und Bestrafung durch das Militär zu gewärtigen.]

248

Den Regierungen der Grenzkantone ist diese Bekanntmachung i» Plakatform zugestellt worden mit dem Ersuchen, dieselbe in dem Ortschaften an der Landesgrenze durch öffentlichen Anschlag f&ekannt zu geben.

F. Yolkswirtsehaftsdepartement.

Abteilung für Industrie und Gewerbe.

a. Im Anschluss an unsere irn VI. Bericht enthalteneu Mitteilungen über die Frage betreffend die Unterstützung von Arbeitslosen stellen wir fest, dass für verschieden«; wichtige Erwerbszweige unseres Landes die Gefahr des Arbeitsmangels zugenommen hat. Nicht nur steht die Zufuhr der Roh- und Hiilfsstoffe fortwährend in Frage, auch der Absatz vieler Produkte ist wegen der fehlenden Nachfrage, der Einfuhrverbote und der TransportSchwierigkeiten im Auslaude unsicher oder unmöglich. Dazu kommt die grosse Teuerung, die jede Arbeitseinschränkung und vollends die Arbeitslosigkeit besonders fühlbar macht. Zu bedenken ist auch, dass im Ausland nach dem Kriege Millionen von Personen der industriellen und gewerblichen Produktion wieder zugeführt werden. Wir betrachten es als eine dringende Aufgabe des Bundes, rechtzeitig vorzusorgen und namentlich erhebliche finanzielle Mittel bereitzustellen, um helfen zu können, wenn Arbeitslosigkeit in grossem Umfange eintritt. Bei einem derartigen Notstand wird man nicht mehr fragen, ob es Sache des Bundes sei, sich am Werke der Unterstützung zu beteiligen.

Er wird mithelfen und sogar eine gewisse Führung übernehmen, müssen. Es ist nicht zu befürchten, dass deswegen die anderweitige Hülfe zum Stillstand gelangen werde. Der Bund wird die Arbeitslosenfürsorge nicht auf sich allein nehmen, sondern mit den Kantonen, Gemeinden und privaten Organisationen zusammen handeln, und anstreben, dass die bisherigen anderweitigen Leistungen nicht nur aufrechterhalten, sondern gesteigert werden.

Auf Grund dieser Erwägungen und von Gutachten berufener Vertreter der Industrie, des Gewerbes, der Arbeiterschaft und der Wissenschaft sind wir zu unserm B e s c h l ü s s e vom 24. März (A. S. n.F. Bd. XXXIII, S. 154) b e t r e f f e n d den ,, F o n d s f ü r A r b e i t s l o s e n f ü r so r g e a gelangt.

Die Ausarbeitung der durin vorgesehenen Verordnung über die Bemessung der Bundesbeiträge und über die an sie zu knüpfenden Bedingungen.

ist an die Hand genommen worden.

249

b. Hauptsächlich veranlagst durch Rücksichten auf den Schutz der Gesundheit der Arbeiter stellte der schweizerische Gewerkschaftsbund am 9. März das Gesuch, der Bundesrat mochte seinen Heschluss vom 16. November/6. Dezember 1915 betreuend die Bewilligungen ausnahmsweise:' Organisation der Arbeit in Fabriken dahin auslegen, dass die Gestattung der u n u n t e r b r o c h e n e n ( e n g l i s c h e n) A r b e i t s z e i t nicht zulässig sei. Eventuell wurde verlangt, dass für die Fälle einer kürzern als einstündigen Mittagspause eine tägliche Arbeitsdauer von höchstens 9 Stunden vorgeschrieben, bzw. Art. 42 (lit. V) des neuen Fabrikgesetzes in Kraft gesetzt werde. In Betracht fallen die Bestimmungen von Art. 3 des genannten Beschlusses, wonach unter gewissen-Voraussetzungen (Art. 2) von den kantonalen Behörden der ununterbrochene Tagesbetrieb (lit. a) und die Verkürzung der Mittagspause auf weniger als eine Stunde (lit. fe) bewilligt werden können.

Die englische Arbeitszeit ist, wenn auch nicht unter dieser Bezeichnung, in Art. 3 tatsächlich enthalten, und könnte daher nicht auf dem Wege der Interpretation ausgeschaltet werden. Aus dem gleichen Grunde hätte es keinen Sinn, etwa die Anwendbarkeit von Art. 2 zu verneinen. Das eventuelle Begehren betreffend die Festsetzung einer Arbeitsdauer von 9 Stunden bedürfte zu seiner Verwirklichung nicht des Inkraftsetzens von Art. 42 des neuen Fabrikgesetzes-, die Frage könnte auf dergleichen rechtlichen Grundlage geregelt werden, auf welcher der Bundesratsbeschluss von 1915 beruht. In seiner Antwort vom 23. April an den Gewerkschaftsbund erklärte sich das Departementbereit, diese Lösung in Erwägung zu ziehen, sobald ein Bedürfnis vorliege. Zurzeit sei, wie aus den Berichten der vom Departement angefragten Zentralverbände der Arbeitgeber hervorgehe, schwerlich Geneigtheit vorhanden, die englische Arbeitszeit einzuführen; eine Bestätigung dessen ergebe sich aus der Tatsache, dass in sämtlichen Kantonen nur 9 Bewilligungen für die Verkürzung der Mittagspause auf weniger als eine Stunde in Geltung seien. Unter diesen Umständen halte es das Departement für geboten, weitere Erfahrungen abzuwarten.

c. Mit einer Eingabe vom 6. März unterbreiteten uns 9 Verbände von Arbeitnehmern eine Reihe von .^Postulaten zu einem Bundesratsbeschluss betreffend die d i e n s t v
e r t r a g l i c h e n V e r h ä l t n i s s e d e r A n g e s t e l l t e n u n d A r b e i t e r (beiderlei Geschlechts) der ostschweizerischen S t i c k e r e i i n d u s t r i e und der Hülfsindustrien11''. Das Departement veranlasste das Kaufmännische Direktorium und die beruflichen Organisationen der

"250 Arbeitgeber, über die von. den Vertretungen des Personals vor.gebrachten Wünsche sich zu äussern. Die Angelegenheit hat noch keinen Abschluss gefunden, da sie noch weiterer Prüfung und der Erörterung mit Interessenten bedarf.

Abteilung für Landwirtschaft.

Die mit den Milchproduzentenverbändeu getroffenen Vereinbarungen über die M i l c h V e r s o r g u n g des Landes fielen mit Ende April 1917 dahin. Es musste deshalb rechtzeitig darauf 'Bedacht genommen werden, die Versorgung der Bevölkerung mit Konsummilch auch weiterhin sicherzustellen. Nach langen und mühsamen Verhandlungen mit den Interessentenverbänden kam ·anfangs April ein Übereinkommen betreffend die Milchversorgung des Landes vom 1. Mai bis 31. Oktober 1917 zwischen dem Volkswirtsehaftsdepartement einerseits und dem Zentralverband schweizerischer Milchproduzenten und seinen Sektionen anderer·seits zustande. Unser Wunsch, ein Abkommen für die Dauer eines ganzen Jahres abzuschliessen, stiess auf den Widerstand der Produzenten^ die sich mit Rücksicht auf die Unsicherheit der Produktionsverhältnisse im nächsten Winter nicht entschliessen konnten, für so lange Zeit in allen Punkten bindende Verpflichtungen einzugehen. Immerhin hat sich die Delegiertenversammlung des Zentralverbandes schweizerischer Milchproduzenten verpflichtet, dafür einzutreten, dass der Zentralverband und seine Sektionen die Milchversorgung im Winter 1917/18 wieder übernehmen. Wegleitend für die zu übernehmenden Verpflichtungen soll das Abkommen für den Sommer 1917 sein, jedoch bleiben insbesondere die von den einzelnen Verbänden in andere Ver'bandsgebiete zu liefernden Milchmengen und die Milchpreise vorbehalten.

Es war uns auch nicht möglich, an den ursprünglich in Aussicht genommenen Milchpreisen festzuhalten, sondern es musste eine weitere Erhöhung zugestanden werden, andernfalls e e Verständigung mit den Produzentenorganisationen und besonders die Sicherstellung der Milchversorgung unmöglich gewesen wäre. Bei der Festsetzung der Milchpreise fielen die ausscrordentlichen Schwierigkeiten der Futtermittelbeschaffung stark in Betracht, besonders der während des ganzen Winters, infolge des sehr verzögerten Frühlings namentlich aber im April in weiten Gebieten herrschende, zur Landeskalamität gewordene Futtermangel. Diese ausserordentliche Futterknappheit hatte nicht nur einen sehr starken Rückgang ·der Milchproduktion, sondern auch eine Abmagerung der Tiere

251 aur Folge, die sich noch auf Wochen hinaus in einer verminderten Leistungsfähigkeit geltend machen und damit auf die Milch-, Fleisch- und Fetlversorgung des Landes sehr ungünstig einwirken wird.

Die Milchversorgung, die Milchpreise und die Abgabe von Konsummilch zu herabgesetzten Preisen wurden auf Veranlassung des Volkswirtschaftsdepartementes neben ändern Fragen der Lebensmittelversorgung auch in verschiedenen Konferenzen mit Vertretern aller Kantonsregierungen und von Interessentengruppen ausführlich erörtert.

Zur Regelung der Milch Versorgung wurden als Ergebnis der erwähnten Vorbesprechungen folgende Beschlüsse und Verfügungen »erlassen : 1. Der B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 4. A p r i l 1917 ·betreffend die Verteilung der für den Verbrauch b e s t i m m t e n M i l c h , der das Volkswirtsehaftsdepartement errmächtigt, die Milchmengen zu bestimmen, die einzelnen Gemeinden für den Konsum zur Verfügung gestellt werden, und die kantonalen Behörden beauftragt, die Grundsätze für eine rationelle Verteilung dieser Milch aufzustellen.

Die gegenüber normalen Zeiten erheblich gestiegene Nachfrage nach Milch, sei es zum direkten Konsum, sei es zur Verbutterung in den einzelnen Familien, die in schroffem Widerspruch zum Tiefstand der Produktion steht, konnte während des letzten Winters nur unter grössten Anstrengungen und zeitweise überhaupt nicht überall in vollem Umfange befriedigt werden.

Es mussten deshalb Massnahmen getroffen werden, um den Verbrauch nötigenfalls auf die normalen Mengen zurückzuführen, dafür aber überall eine angemessene und gleichmässige Versorgung mit Milch zu sichern. Das Volkswirtschaftsdepartement wird, soweit dies notwendig ist, die den einzelnen Gemeinden nach Massgabe ihres normalen Verbrauches zukommenden Milchmengen bestimmen. Sache der kantonalen und Gemeindebehörden wird es dann sein, die ihnen zugeteilten Mengen in zweckentsprechender Weise auf die Bevölkerung zu verteilen.

Die Milch ist immer noch eines der billigsten Nahrungsmittel und ihr Preis ist bedeutend weniger gestiegen als die Preise der meisten Nahrungsmittel. Man wird deshalb auch nichts unterlassen, um die Nachfrage nach Konsummilch möglichst befriedigen ·zu können.

2. B u n d e s r a t s b e s c h l u s s vom 4. A p r i l 1917 b e r e f f e n d die A b g a b e v o n Ko n su m m i l c h zu h e r a b -

252

gesetzten P r e i s e n . Der Rückgang ries Milchertrages und damit der Produktion von Käse und Kondensmilch hat einen automatischen Rückgang der Einnahmen des Bundes aus Ausfuhrgebühren für Milchprodukte, aus der Gewinnbeteiligung an der Genossenschaft schweizerischer Käseexportfirmen und aus den Abgaben der Milch verarbeitenden Industrien auf die eingelieferte Milch zur Folge. Die aus diesen Einnahmen Messenden Summen erlaubten es auf die Dauer nicht mehr, die Bundesbeiträge auf bisheriger Grundlage für die allgemeine Tiefhaltung des Konsummilchpreises zu leisten, abgesehen davon, dass man sich fragen muss, ob es gerechtfertigt sei, dass der Bund unter den gegenwärtigen Verhältnissen seine Mittel zur Tiefhaltung des Milchpreises auch für die wohlhabende Bevölkerung verwende. Nach gründlicher Beratung mit den Interessentenkreisen entschloss man sich deshalb, die bisherigen Beiträge an die Produzentenverbände zur allgemeinen Tiefhaltung des Konsummilchpreises fallen zu lassen und die verfügbaren Mittel zur Ermässigung des Milchpreises für die weniger bemittelte Bevölkerung zu verwenden. Diese Bevölkerungskreise, die am meisten unter der Lebensmittelteuerung leiden, sollen die Milch, wenn immer möglich, zum bisherigen Preise erhalten. Zu dem Zwecke werden von Bund, Kantonen und Gemeinden Beiträge ausgerichtet, die zu 2/» vom Bund, zu Y» von Kanton und Gemeinde zu tragen sind und im allgemeinen wenigstens 5 Rappen für den Liter Milch betragen sollen.

Der Vollzug des Bundesrathsbeschlusses und der hierzu vom Volkswirtschaftsdepartement erlassenen Ausführungsvorschriften vom 27. April liegt dem neu errichteten, dem Volkswirtschaftsdepartement angegliederten eidgenössischen Fü r s o r g e am ob, für dessen Leitung Herr Regierungsrat Dr. Mangold von Basel gewonnen wurde.

3. D u r c h V e r f ü g u n g vom o. A p r i l w u r d e der H a n d e l mit M i l c h vorübergehend verboten bzw. auf die Einkäufe von Konsummilch durch die Produzentenverbände beschränkt, um vor allem diese Käufe zu ermöglichen. Nachdem diese erfolgt waren, konnte das Verbot durch eine neue Verfügung vom 26. April wieder aufgehoben werden.

4. Der B u n d e s r a t s b e s c h l u s s v o m 18. A p r i l 1917 betreffend die Versorgung des Landes mit Milch u n d M i l c h p r o d u k t e n vereinigt die in den frühem, nun aufgehobenen
Bundesratsbeschlüssen vom 25. März, 25. August und 12. September 1916 enthaltenen Bestimmungen und gibt dem Volkswirtschaftsdepartement die Grundlage für die weitern Mass-

253

nahmen zur Sicherung der Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten.

5. Die V e r f ü g u n g des s c h w e i z e r i s c h e n 'Volkswir t s c . h a f t s d e p a r t e m e n t s b e t r e f f e n d die Mi I c h p r e i s e , vom 24. April 1917, setzt die Höchstpreise für l kg Milch, von den Produzenten ins Sammelloka] eingeliefert, ah 1. Mai 1917 fest wie folgt : «. auf 22,5 Kappen hei Rückgabe der Schotte an die Lieferanten, b. ,, 24,5 ohne ,, ,, . ..

,, ,.

v, Den Milchproduzentenverbänden und deren Mitgliedern, die Verpflichtungen für die Milchversorgung des Landes iibernomuieu haben, ist gestattet, diese Preise bei ihren Kaufs- und Verkaufsabschlüssen um l '/A Rappen zu überschreiten. Überdies ist für Mulchen, die auch in normalen Zeiten höhere Milchpreise erzielen, ein weiterer Zuschlag von y
Der Höchstpreis, der auch von den organisierten Milchproduzcnten, die durch Vermittlung ihrer Verbände die Verpflichtungen betreffend Lieferung von Konsummilch übernommen haben, ohne Bewilligung der Behörde nicht überschritten werden darf, stellt sich somit auf 26 oder bei Rückgabe der Schotte an den Lieferanten auf 24 Rappen für das Kilogramm Milch. Das bedingt für die grössern Konsumplätze einen durchschnittlichen Milchpreis von 28 Rappen per kg franko Konsnmort. Der Detailpreis für die vors Haus gelieferte Milch wird sich je nach den Vertriebsspnsen auf 30 bis 33 Rappen für den Liter stellen. In ländlichen Gemeinden dürfte er bei Abholung der Milch im Sammellokal vereinzelt unter 30 Rappen bleiben, in Ortschaften mit besonders schwierigen Produktions- und Zufuhrverhältnissen wird er 33 Rappen etwas überschreiten. Für verschiedene Konsumplätze sind besondere Beiträge der Produzentenverbände an die Transportkosten der zugeführten Milch notwendig, um einen höhern Milchpreis zu vermeiden.

Die neuen Detailpreise stehen im allgemeinen um 6 Rappen für den Liter Konsunamilch über den bisherigen; es ist aber daran zu erinnern, dass diese schon im verflossenen Winter nur dadurch aufrecht erhalten werden konnten, dass der Bund den Produzenten ganz erhebliche Zuschüsse an die Konsummilchversorgung leistete.

Diese Zuschüsse kommen vom 1. Mai an in Wegfall, so dass dea

254 Produzenten nicht ein Mehrerlös von 6, sondern ein solcher VOE> bloss 3 teilweise 4 Rappen für das Kilogramm Milch verbleibt,, Mit Kreisschreiben vom 28. April empfahl das Volkswirtschaftsdepartement den kantonalen Behörden noch weitere Massnahm en zur Sicherstellung der Konsummilchversorgung der Bevölkerung, so die Einschränkung der Aufzucht von minderwertigem.

Jungvieh und der Kälbermast, besonders aber auch die Bekämpfung einer allzureichlichen Verabreichung von Milch an die zur Aufzucht bestimmten Stierkälber.

Die Massnahmen zur Sanierung des Viehhandels und zur' Verhinderung eines weitern Ansteigens der Vieh- und Fleischpreise auf Grundlage desBundesratsbeschlusses vom 13. April 1917 betreffend den V e r k e h r mit Vieh sind teils bereits getroffen, teils in Vorbereitung. Die Viehpreise müssen hierbei auf einenStand zurückgebracht werden, der mit den Milchpreisen im Einklang steht.

Die Regelung der B u t t e r p r o d u k t i o n und der Butterversorgung befindet sich schon seit längerer Zeit im Studium und weitere Massnahmen sind in Vorbereitung.

Unsere Bestrebungen zur A u s d e h n u n g des Ackerbaues,, für die besonders der Bundesratsbeschluss vom 16. Februar 1917 betreffend die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion grundlegend ist, scheinen im ganzen Lande die gewünschte Unterstützung zu finden. Erfreulich hierbei ist namentlich die Mitarbeit eines grossen Teils der gesamten Bevölkerung, die in einer stark-, vermehrten Bestellung der Felder mit Ackerfrüchten, sowie in der Anlage von Gärten und Bündten (Pflanzplätzen) zum Ausdruck kommt.

Die im letzten Berichte angekündigte B e l e h r u n g der Frauen und Töchter ü b e r die Hebung der L e b e n s m i t t e l p r o d u k t i o n u n d d i e bestmögliche V e r w e r t u n g d e r B o d e n p r o d u k t e und der H a u s h a l t u n g s a b f ä l l e wurde durch Veranstaltung von Kursen für Referentinnen und Kursleiterinnen inBern, Zürich und Lausanne ins Werk gesetzt. Zum gleichen Zwe.cke wurde eine Flugschrift ,,Die Hebung der pflanzlichen und tierischen Kleinproduktion und deren Verwertung im Diensteder Lebensmittelversorgung des Landes" herausgegeben. Das imetzten Berichte erwähnte populäre Schriftchen zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion wurde inzwischen bereits in 80,000 ideutschen und 20,000 französischen Exemplaren verbreitet.

255.

Die Bestrebungen zur B e s c h a f f u n g von Saatgut, Hülfsd ü n g e r und K u p f e r v i t r i o l waren im allgemeinen von befriedigendem Erfolge begleitet. Wohl sind gewisse Verzögerungen eingetreten, aber nach Überwindung mannigfacher Schwierigkeiten konnten schliesslich doch die dringendsten Bedürfnisse befriedigt werden. Wo das eine Mittel fehlte, konnte doch in den meisten Fällen mehr oder weniger geeigneter Ersatz geschaffen, werden.

Das für den Weinbau notwendige K u p f e r v i t r i o l ist gesichert und es wird voraussichtlich möglich sein, zur Bekämpfung der Kartoffelkrankheit noch rechtzeitig gewisse .Mengen zu beschaffen..

Grosse Schwierigkeiten bot die Beschaffung der nötigen Saatkartoffeln. Mehrere kantonale Behörden haben auch dieVorräte an Speisekartofieln beschlagnahmt, um sie für die Saat zu verwenden. Bevor der eigene Bedarf einer Gegend gedeckt war, konnte eine Wegnahme von Saatkartoffeln für andere, besonders ausserkantonale Landesteile nicht wohl erfolgen und wäre auch für die Allgemeinheit nicht von Vorteil gewesen. Durch die ausser-ordentlich kalte Witterung im März und April wurde der Transport von Kartoffeln während längerer Zeit überhaupt verunmöglicht.

Schliesslich dürfte es aber, dank auch der nachhaltigen Mitarbeitin den Kantonen, unserer Zentralstelle für Kartoffelversorgung doch noch möglich werden, durch die im Inlande aufzubringende und die einzuführende Ware die gesamte Nachfrage nach Saatkartoßeln, wenn teilweise auch verspätet, zu befriedigen. Zweifellos ist eine starke Vermehrung der Anbaufläche für Kartoffeln eingetreten, was für die Zukunft unserer Lebensmittelversorgung von grösster Wichtigkeit ist.

Auch dem Anbau von S o m m e r g e t r e i d e und Gemüse aller Art wurde allgemein vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt..

In den Tabakbau treibenden Kantonen wurde die Befürchtung laut, die letztjährigen ausserordentlich hohen Tabakpreisekönnten zum Schaden der Nahrungsmittelproduktion eine starke Ausdehnung des Tabakbaues zur Folge haben. Auf Anregung einiger beteiligter Kantone erliess deshalb das Volkswirtschaftsdepartement, gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom 16. Februar1917 betreffend die Hebung der landwirtschaftlichen Produktion, am 29. März 1917 eine Verfügung betreffend den A n b a u von Tabak und ä n d e r n nicht der L e b e n s
m i t t e l v e r s o r g u n g des Landes d i e n e n d e n P f l a n z e n , wodurch die kantonalen Behörden ermächtigt und beauftragt wurden, eine weitere Ausdehnung des Tabakbaues zu verhindern und nötigenfalls die An-

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pflanzung von Tabak und ändern nicht der Nahrungsmittel Versorgung dienenden Pflanzen einzuschränken oder ganz zu verbieten.

Nach dem Bundesratsbeschlusse vom 16. Mai 1917 b e t r e f f e n d die s c h w e i z e r i s c h e Anbaustatistik für d a s J a h r 1917 soll in der Zeit vom 7. bis 14. Juli 1917 durch eine allgemeine schweizerische Erhebung genau festgestellt werden, wie das Ackerland (ohne Weinreben, Klee- und Kleegrasäcker), die Gemüsegärten und die zu Notstandspflanzungen benutzten Bodenflachen im Jahre 1917 mit Kulturpflanzen angebaut sind. Die Erhebung der Anbauflächen erfolgt im Interesse der Sicherstellung der Versorgung des Landes mit pflanzlichen Nahrungsmitteln, zur Feststellung der Bedeutung der einzelnen Kulturarten (Getreide.

Kartoffeln, Feld- und Gartengemüse, Handelsgewächse) in den verschiedenen Laudesteilen, sowie zur Gewinnung einer Grundlage für die Förderung des Ackerbaues und zur ulHalligen Neubelebung einzelner Kulturen.

Die Einschränkung des O b s t h a n d e l s , wie sie der Bundesratsbeschluss vom 6. Oktober 1916 verfügt, wurde am 28. April vorübergehend aufgehoben, da dieser Handel zurzeit ohnehin stilliegt.

Die Vorarbeiten für die Organisation des diesjährigen Obsthaudels sind im Gange.

Für Z u c h t v i e h wurden im April, nachdem die Ausfuhr seit Anfang Dezember vollständig eingestellt war, wieder eine beschränkte Anzahl Ausfuhrbewilligungen erteilt. Von kantonalen Behörden und aus Züchterkreisen wurden sei Ende Februar unter Hinweis auf den grossen Futtermangel wieder dringende Begehren um Öffnung der Grenze für den Zuchtviehexport eingereicht. Mit Rücksicht auf die Inlandsversorgung mit tierischen Produkten konnte diesen Begehren nur in beschränktem Masse entsprochen werden. Immerhin wurden in Rücksicht auf die im April eingetretene Futternot dieses Frühjahr etwas mehr Tiere ausgeführt als ursprünglich vorgesehen war.

Die H a l t e f r i s t für die p r ä m i i e r t e n Z u c h t s t i e r e wurde, wie in den beiden Vorjahren, auch dieses Jahr wieder auf 7 Monate heruntergesetzt, damit die abgehenden Stiere zur Zeit der grössten Knappheit an Mastvieh zur Fleischversorgung des Landes herangezogen werden können.

Warenabteilung.

Der Import von P e t r o l e u m . B e n z i n und B e n z o l hat sich weiterhin in befriedigender Weise vollzogen.

257 Die Bekämpfung der W a r e n s p e k u l a t i o n u n d des W u c h e r s wurde fortgesetzt. Fälle, die uns zur Kenntnis kamen, wurden in Verbindung mit den kantonalen Behörden untersucht und die in Frage kommenden Waren eventuell beschlagnahmt.

Für K a f f e e wurden neue Richtpreise bestimmt. Eigentliche Höchstpreise festzusetzen ist für diesen Artikel, in Anbetracht der sehr vielen Qualitäten, schwierig.

Volle Aufmerksamkeit erfordert gegenwärtig die Versorgung unseres Landes mit S p e i s e f e t t und S p e i s e ö l . Die Importe sind seit längerer Zeit ungenügend und es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieselben in nächster Zeit noch mehr zurückgehen. Dazu kommt, dass auch die Istproduktion in der Schweiz aus bekannten Gründen sehr stark zurückgegangen ist. Die Notierungen für Speisefette und Speiseöle sind in den Produktionsländern stark gestiegen und die Knappheit an Ware wird von einzelnen Elementen benutzt, um die Preise auch in unserm Lande noch weiter in die Höhe zu treiben. Um die Verhältnisse hinsichtlich der Fettversorgung zu ordnen, wurde im Juli 1916 die Genossenschaft Schweiz. Speiseöl- und Speisefettimportfirmen (Oleo) gegründet. Leider musste diese Organisation, die berufen war, grosse Dienste zu leisten, wieder aufgehoben werden, weil sie für den Bezug von Waren unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnete. Wir sind gegenwärtig mit den vier Syndikaten der Lebensmittelbranche in Unterhandlung, um eine neue Organisation zu schaffen, deren Aufgabe es sein soll, die richtige Verteilung von Speisefett und Speiseöl zu überwachen und dafür zu sorgen, -dass diese Waren zu den heutigen Verhältnissen entsprechenden Preisen an die Konsumenten abgegeben werden.

In Anbetracht der Fettknappheit muss auch die Frage geprüft werden, ob nicht neue Hülfsmittel für die Beschaffung von Fett nutzbar gemacht werden können. So prüfen wir gegenwärtig die Möglichkeit der E n t k e i m u n g des M a i s e s , um aus diesen Keimen Speiseöl und Futterkuchen zu gewinnen. Auch der Entfettung der Knochen muss wohl noch vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt werden.

An einer Versammlung vom 23. März 1917, zu welcher die Kantonsregierungen, sowie die verschiedenen Interessenten und Konsumentenverbände eingeladen waren, wurde der ßundesratsbeschluss vom 23. Februar 1917 betreffend die E i n s c h r ä n k u
n g der L e b e n s h a l t u n g in Wiedererwägung gezogen. Es wurden dabei namentlich die .Fragen diskutiert, ob der eine der fleischBundesblatt. 69. Jahrg. Bd. III.

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losen Tage in Anbetracht der Markttage nicht vom Dienstag auf den Montag verlugt werden könnte, ob es ferner nicht zweckmässig wäre, an fleischlosen Tagen die Konsumation von Eingesohlacht ebenfalls zu verbieten und ob der Fisch nicht als Fleischspeise bezeichnet werden sollte. Namentlich wurde auch dem Wunsche Ausdruck gegeben, es seien die Bestimmungen, welche gegenwärtig nur für Restaurants- und ähnliche Betriebe gelten, auch auf die Privathaushaltungen auszudehnen. Wir haben bis anhin davon Umgang genommen, dem Bundesrate eine Revision seines Beschlusses zu beantragen, von der Erwägung ausgehend, dass es notwendig sei, diese Bestimmungen vorerst einige Zeit praktisch zu handhaben, um zweckdienliche Änderungen vornehmen zu können. Wir werden in nächster Zeit voraussichtlich auf diese Sache zurückkommen.

Die für die L i e b e s g a b e n s e n d u n g e n nach den kriegführenden Ländern zur Ausfuhr bewilligten Quantitäten wurden in Anbetracht der für unsere Landesversorgung stets wachsenden Schwierigkeiten weiter reduziert. Der Versand von L e b e n s m i t t e l n an S c h w e i z e r im A u s l a n d e wurde fortgesetzt.

Wir leisten unsern Landsleuten mit den verhältnismässig nicht bedeutenden Quantitäten Waren, welche wir dadurch der Schweiz entziehen, sehr grosse Dienste und beweisen ihnen, dass ihr Vaterland bestrebt ist. nach Möglichkeit für sie zu sorgen.

Veterinäramt.

1. Der Bundesratsbeschluss vom 18. August 1914 betreffend besondere Massnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche besteht weiter in Kraft. Nachdem wir uns in den letzten Berichten ausführlich über dessen Durchführung geäussert haben, können wir uns auf einige allgemeine Bemerkungen beschränken.

Die Seuche ist seit dem Monat März erheblich zurückgegangen.

Die an verschiedenen Orten aufgetretenen Einzelfälle konnten durch sofortige Keulung getilgt werden. In den letzten Wochen ist in den Grenzgebieten der Kantone Luzern und Schwyz nämlich in den Gemeinden Udligenswil und Küssnacht die Seuche in ziemlich grosser Ausdehnung ausgebrochen. Bis heute sind sämtliche Fälle durch Schlachtung erledigt worden. Wenn man auch damit rechnen muss, dass im genannten Gebiet noch vereinzelte Fälle vorkommen werden, so ist doch zu hoffen, das& durch die getroffenen Massnahmen der Seuche Einhalt geboten werden kann. Wie bereits früher, so sind auch dieses Mal für

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die Absperrung des Seuchengebietes Territorialtruppen aufgeboten worden. Das Sperrgebiet erstreckt sich längs dem Strassendreieck Udligenswil, Küssnacht, Meierskappel, Grenze Luzern. Das Aufbieten des Bewachungsdetachements von zirka 80 Mann erfolgte durch den Kanton Luzern. Die Ursache der Seuche ist noch nicht festgestellt. Wir hoffen jedoch durch eine eingehende Untersuchung den Ursprung ermitteln zu können. Gegenwärtig ist die Hauptsache, dass den getroffenen seuchenpolizeilichen Anordnungen strenge nachgelebt wird. Der Erfolg hängt zum grossen Teile hiervon ab.

2. Die Geschäfte des Schlachtviehimportbureaus wickelten sich in normalen Verhältnissen ab. Die Schlachtung der eingeführten Tiere erfolgt immer noch in dem hierfür besonders eingerichteten Schlachthaus in Mendrisio. Die Erstellung eines Grenzschlachthauses in Chiasso ist durch verschiedene Umstände verzögert worden. Mit dem Eintritt der warmen Jahreszeit und dem Fehlen einer Kühleinrichtung im Schlachthaus Mendrisio wird der Transport des Fleisches äusserst erschwert. In der letzten Zeit ist von verschiedener Seite darüber geklagt worden, dass das Fleisch in beschädigtem Zustande eingetroffen sei. Wir werden darauf bedacht sein, diese Übelstände zu heben. Seuchenpolizeilich wäre das Zweckmässigste. die Einstellung des Importes während den Sommermonaten.

Rücksichten auf die Volksernährung halten uns jedoch vom Erlasse einer solchen Massnahme ab. Voraussichtlich werden wir unter Wahrung aller seuchenpolizeilichen Interessen bis auf weiteres die Überführung der Tiere in ein geeignetes Schlachthaus im Innern des Landes verfügen. Wir müssen ausdrücklich verlangen, dass auch in Zukunft die Schlachtung der Tiere an einer Zentralstelle erfolgt, von welcher aus das Importbureau die Verteilung des Fleisches vornehmen wird. Die im letzten Jahre infolge der Einfuhr italienischer Tiere in den Kantonen Zürich und Waadt entstandenen grossen Seuchenausdehnungen bedingen diese Vorschrift. Wir hoffen, die kantonalen Behörden werden uns in der Durchführung unserer Aufgabe unterstützen.

3. Am 13. April 1917 haben wir einen Beschluss betreffend den Verkehr mit Vieh erlassen.

Im Laufe des letzten Winters haben sich die Viehpreise und damit auch die Fleischpreise in weitgehendem Masse gesteigert.

Zum Teil ist diese Erscheinung auf Umstände zurückzuführen, die wir mit Erfolg nicht bekämpfen können. Bekanntlich ist der Schweiz sowohl zufolge der Einkaufs- und Transportsehwierig-

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keiten, als auch infolge der Vermahlungsvorschriften für Getreide ein Ausfall an Futtermitteln entstanden, der füglich auf 300,000 Tonnen im Jahre veranschlagt werden darf. Soweit überhaupt Futtermittel importiert wurden, war ihr Preis ein unverhältnismässig hoher, indem er auf das Doppelte und Dreifache des Friedenspreises stieg. Diese Verhältnisse waren um so fühlbarer und in ihren Konsequenzen um so mächtiger, als die Heuernte im Jahre 1916 qualitativ sehr gering ausfiel und quantitativ zum Teil, weil viel Heu zu Grunde ging, zu wünschen übrig liess. Zieht man noch die ausserordentliche und andauernde Winterkälte und den späten Eintritt des Frühlings in Betracht, so sind damit eine ganze Reihe von Elementen gegeben, die die Viehhaltung in sehr ungünstiger Weise beeinflussten. Die Milchproduktion ging zurück und der Ernährungszustand des Viehs litt ganz bedeutend. Zufolge des Minderertrages an Fleisch und Fett mussten an Zahl -- so schätzt man -- jedenfalls 15°/o mehr Stück Vieh geschlachtet werden, als dies bei einem normalen Ernährungszustand der Fall gewesen wäre. Dazu kam der Wegfall der Einfuhr an Fleisch und Vieh, und soweit eine solche möglich war (Schweine aus Italien), so war auch hier der Preis ein hoher. Wäre aber auch die Einfuhr von Schlachtochsen möglich gewesen, so hätte sich ihr Preis nicht billiger gestaltet als der inländische Marktpreis, sondern -- wenigstens was die Länder, die für uns in Betracht fallen, anbetrifft -- eher höher.

Zu diesen objektiven Elementen, die eine Steigerung des Viehpreises zur Folge hatten, gesellten sich weitere, die zum Teil in der Art lagen, wie der Viehhandel betrieben wurde.

Zufolge der gesteigerten Nachfrage war dieser viel intensiver als sonst, und es wandten sieh ihm eine Menge von Personen zu, die Nichtfachleute waren und die einfach einen leichten Verdienst suchten. Die Ställe der Bauern wurden häufig abgesucht, und die Besuche der Reflektanten waren von stets steigenden Offerten begleitet. Die natürlich gesteigerte Nachfrage bei vermindertem Angebot zog in ihren Nebenerscheinungen eine künstliche Steigerung nach sich, verbunden mit einem nicht mehr gerechtfertigten Preisaufschlag.

Es ist erfahrungsgemäss nicht leicht, solchen Misständen mit Erfolg zu begegnen, und die Meinungen darüber, wie dies geschehen sollte, gingen auseinander. Manche
glaubten mit der Festsetzung von Höchstpreisen für Vieh und Fleisch eine praktische Lösung gefunden zu haben, während Fachkreise versichern --- und die Erfahrungen, die wir in dieser Kriegszeit machten,

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bestätigen die Richtigkeit dieser Auffassung -- dass damit allein nicht geholfen ist. Höchstpreise werden, wenn sie nicht durch dazu gehörige wirtschaftliche Organisationen unterstützt -werden können, tatsächlich Mindestpreise und können namentlich dann, wenn die Verkaufsobjekte in Qualität und Ergiebigkeit so verschieden sind, wie dies für Schlachttiere zutrifft, direkt zu einer Preissteigerung resp. zu einer Anwendung höherer Preise auf minderwertige Objekte führen. Wir haben uns daher nie -- auch heute noch nicht -- zu der Ansicht bekennen können, dass die Lösung einfach in der Festsetzung von Höchstpreisen für Vieh und Fleisch liege. Dagegen kann die Einführung solcher in Verbindung mit ändern Massregeln in Betracht kommen, die die Innehaltung der Preise zu sichern geeignet sind.

Wir haben den ganzen Komplex der in Betracht fallenden Fragen wiederholt mit Interessentenkreisen und Sachverständigen besprochen und sind schliesslich zu der Lösung gelangt, die in dem erwähnten Bundesratsbeschluss liegt, wobei wir uns nicht verhehlen, dass die Durchführung eine schwierige sein dürfte, ohne alle Teile zu befriedigen.

Der Beschluss bezweckt vor allem aus, dem allzu intensiven Viehhandel entgegenzutreten. Deshalb verbietet er den Verkauf von Vieh durch Landwirte, falls dieses nicht mindestens zwei Monate im Besitze des Eigentümers sich befunden hat. Die Kontrolle wird dadurch vollzogen, dass für jede Handänderuug eines Tieres, auch innerhalb des Inspektionskreises, ein Gesuudheitsschein notwendig erklärt wird, der nur ausgestellt werden darf, falls die materiellen Voraussetzungen für dessen Verabfolgung vorliegen. Ebenso soll auf Märkten und bei ähnlichen Veranstaltungen ein Stück Vieh nur einmal verkauft werden dürfen.

Damit soll den Kettengeschäften entgegengetreten werden, wie sie sich oft auch auf Viehmärkten abspielen. Der Bundesratsbeschluss regelt dann weiter den Ankauf von Vieh 'durch die Metzgereien. Diese müssen über ihre Bedürfnisse eine Erklärung ausstellen und erhalten die Bewilligung zu entsprechendem Viehoder Fleischaufkauf, und zwar innerhalb des Wohnsitzkantons durch die kantonalen Behörden. Metzger dürfen das gekaufte Vieh nicht weiterverkaufen; sie haben es zu schlachten.

Die aufgestellten Vorschriften erlauben eine Kontingentierung der Viehzuteilung an die Metzgereien und eine eventuelle Beschränkung des Kontingents, wenn Viehmangel eintritt. Grossschlächtereien und Fleisch Warenfabriken werden einer besondern Aufsicht unterstellt.

262

Wichtig sind sodann die Vorschriften über den Viehhandel.

Dieser darf nur auf Grund einer Bewilligung ausgeübt werden, die bloss an Personen erteilt werden darf, die dieses Gewerbe schon vor dem 1. August 1914 mit Hülfe von eigenen oder gemieteten Ställen betrieben haben und es noch bei Erlass des Bundesratsbeschlusses unter den gleichen Bedingungen weiterführen. Für das Gebiet eines Kantons erteilen die kantonalen Behörden die Bewilligung. Wer in mehreren Kantonen den Viehhandel betreiben will, bedarf einer Bewilligung des schweizerischen Veterinäramtes. Die Viehhändler haben Gebühren zu entrichten und Kaution zu stellen, die in dem Beschluss näher umschrieben sind. Die Tendenz dieser Bestimmungen geht dahin, die Zahl der Viehhändler zu beschränken, um damit die künstlich gesteigerte Nachfrage nach Schlachtvieh zu bekämpfen. In Beziehung auf die Art des Geschäftsbetriebes ist wichtig die Bestimmung, dass Viehhändler nicht an andere Händler verkaufen dürfen. Auch diese Bestimmung soll den bereits erwähnten Kettengeschäften entgegentreten.

Aber auch diese gewiss einschneidenden Bestimmungen schienen uns auf die Dauer keine befriedigende Lösung der Frage zu bieten. Der Bundesrat erteilte daher dem Volkswirtschaftsdeparternent noch eine Reihe von sehr wichtigen Kompetenzen, die sich im Rechte der weitern Beschränkung des Viehhandels, der Einführung der Enteignung, der Festsetzung von Höchstpreisen und der Schaffung von Verkaufs- und Ankaufsorganisationen für Schlachtvieh und für den Viehexport zusammenfassen lassen. Auf Grund dieser Bestimmung hat sich das Volkswirtschaftsdepartement entschlossen, eine eidgenössische Anstalt für die Schlachtviehversorgung ins Leben zu rufen, welche sich au die bereits bestehende Organisation für Beschaffung von Schlachtvieh für die Armee anschliesst und diese erweitert. Der Aufgabe angemessen, qualifiziert sich die Verfügung des Volkswirtschaftsdepartements als das Statut einer Handelsunternehmung, die von Fachmännern geleitet, tunlichste Bewegungsfreiheit haben muss, um ihre Aufgabe richtig zu erfüllen. Die Leitung der Anstalt wird einem Vorstand übertragen, der aus Fachmännern besteht.

Ihm ist eine Aufsichtskommission beigegeben, in der die verschiedenen Bevölkerungs- und Interessentenkreise vertreten sind.

Die so geschaffene Organisation tritt für einmal neben
den Viehhandel. Sie hat vor diesem das Recht voraus, Schlachtvieh zu enteignen, falls sie ihren Bedarf nicht durch freihändigen Ankauf, der sich nach vom Departemente festgesetzteü Preisen zu

263 vollziehen hat, decken kann. Die Anstalt soll von Anfang an die Bedürfnisse der Armee decken, diejenigen der Zivilbevölkerung nur soweit dies nötig ist. Richten sich die Metzgerschaft und der Viehandel in ihren Geschäften nach den vom Departemente für die Anstalt aufgestellten Preisen, und wird so ein allmählicher Abbau derselben möglich, so ist der Zweck der Anstalt erfüllt, und die Einführung eines Schlachtviehmonopols nicht notwendig. Tritt dies aber nicht ein, so kann der Anstalt, nachdem sie inzwischen ihre Organisation entwickelt hat, in einer noch festzusetzenden Form das alleinige Recht der Beschaffung von Schlachtvieh verliehen werden. Die sofortige Einführung des Monopols ist materiell unmöglich. Die Tätigkeit des freien Handels muss erst durch die Anstalt nach und nach ersetzt werden können, und dies ist bloss auf Grund einer durchgebildeten Organisation möglich, die nicht von heute auf morgen geschaffen werden kann. Deshalb schien die vom Departement gewählte Lösung diesem als die zutreffende, und seine Meinung wurde auch von den konsultierten Sachverständigen und Interessenten geteilt.

Die gesamte Aktion ist natürlich mit diesen Massregeln nicht abgeschlossen, sondern erst eröffnet, und Änderungen der getroffenen Massnahmen, sowie Anpassung an die Bedürfnisse sind in dieser sehr schwierig zu lösenden Materie nicht ausgeschlossen, sondern sogar zu erwarten.

Fürsorgeamt.

Das im April 1917 errichtete dem schweizerischen Volkswirtschaftsdepartement zugeteilte und der Leitung des Herrn Regierungsrat Dr. F. Mangold, von Basel, unterstellte eidgenössische Fürsorgeamt hat als erste Aufgabe den Vollzug des Bundesratsbeschlusses vom 4. April 1917 über die Abgabe von Milch zu herabgesetzten Preisen übernommen. Es hat die Ausführangsvorschriften zu diesem Beschlüsse entworfen und von einer Kommission von 9 Delegierten einzelner Kantone, wirtschaftlicher Verbände und der Notstandskommission der schweizerischen Arbeiterschaft vorberaten lassen. In einer Konferenz vom 25. April, wozu das Volkswirtschaftsdepartement und das Militärdepartement wiederum Vertreter der Kantone und der übrigen genannten Interessenkreise eingeladen hatte, wurden diese Austuhrungsv orschriften beraten und genehmigt.

Einer am 11. April ergangenen Einladung des Volkswirtschaftsdepartements, Vorschläge für die Ausführungsvorschriften

264

zu machen, haben neun Kantonsregicrungen Folge geleistet. Die Ansichten der Regierungen über die Ausdehnung der Hülfsaktion gingen weit auseinander und waren deshalb nicht in eine Formel o' zu bringen. Im ganzen wurden aber dem Vorentwurf die sozial weitestgehenden Vorschläge zugrunde gelegt.

Der Vorschlag, vier Kategorien von Gemeinden vorzusehen, beliebte nicht ; es wurden daher drei aufgestellt : für grosse Städte und ihre Vororte, für mittlere Gemeinden und für ländliche Orte.

Die Einkommensgrenzen sind gegenüber der Notstandsaktion zur Abgabe von Zucker und Reis wesentlich weiter gezogen worden.

Ausserdem sind Abweichungen nach oben als zulässig erklärt worden. Der Kreis der Berechtigten wird somit um ein Beträchtliches wachsen. Damit in den einzelnen Gemeinden eine tatkräftige Hülfe erfolge, ist als Minimalmenge Milch, auf die ein Berechtigter Anspruch hat, 0,6 Liter festgesetzt worden, und da die Vorarbeiten in den Kantonen und Gemeinden nicht rechtzeitig hatten getroffen werden können, wurden die Kantonsregiarungen eingeladen, den Berechtigten den seit 1. Mai zuviel bezahlten Preis für die Milch zu vergüten (vgl. das Kreisschreiben des V o l k s w i r t s c h a f t d e p a r t e m e n t s vom 27. April an die Kantonsregierungen).

Im Laufe des Monats Mai sind die auf dem Bundesratsbeschlusse vom 4. April 1917 und auf den Ausführungsvorschriften, vom 27. April beruhenden Beschlüsse der Kantonsregieruugen über die Milchverteilung und die Abgabe von Konsummilch zu herabgesetztem Preise eingegangen, vom Fürsorgeamt geprüft und vom Volkswirtschaftsdepartement genehmigt worden. Zuhanden der Fürsorgekommissionen hat das eidgenössische Fürsorgearnt Erläuterungen zu den AusführungsVorschriften herausgegeben.

Das Militärdepartement und das Volkswirtschaftsdepartement beabsichtigen, die Abgabe von B r o t zu herabgesetztem Preise zu denselben Bedingungen, wie für die Milch erfolgen zu lassen.

Das würde auch für dieses Lebensmittel eine beträchtliche Erweiterung des Kreises der Berechtigten, aber auch wesentlich grössere Ausgaben des Bundes, der Kantone und der Gemeinden zur Folge haben.

Das eidgenössische Fürsorgeamt wird dann auch diesen Teil der Hülfsaktion des Bundes übernehmen und damit das Oberkriegskommissariat etwas entlasten. Für die Abgabe der beiden wichtigsten Lebensmittel aber,
für Brot und Milch, zu herabgesetztem Preise werden dieselben Grundsätze gelten. Die Hülfsaktion wird von einer einheitlichem Auflassung geteilet sein, und damit wird

265 einem von verschiedenen Seiten geäusserten Wunsche Rechnung getragen.

Dem eidgenössischen Fürsorgeamt werden weitere, die Volksernährung berührende Fragen zur Behandlung übertragen werden ; es soll die Zentralstelle sein für die Fürsorgetätigkeit des Bundes.

G. Post- und Eisenbahndepartement.

Eisenbahnabteilung.

Da die Kohlenversorgung unseres Landes und namentlich der Bundesbahnen noch immer zu wünschen übrig lässt, haben wir durch Beschluss vom 4. April 1917 angeordnet, dass bei den mit Dampf betriebenen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen gegenüber den Fahrplänen vom 20. Februar 1917 vorsorglich auf eine weitere Einschränkung der Fahrleistungen Bedacht genommen werde. Diese Fahr plane werden zum Druck bereit gestellt, um, sobald die Notwendigkeit sich zeigt, durch besondern Bundesratsbeschluss auf unbestimmte Zeit in Kraft gesetzt zu werden.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

B e r n , den 24. Mai 1917.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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VII. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund des Bundesbeschlusses vom 3. August 1914 getroffenen Massnahmen. (Vom 24. Mai 1917.)

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Foglio federale

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1917

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22

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575

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.05.1917

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225-265

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