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Jahrgang VII. ...Battô II.

Irò.

Samstag, den 15. September 1855.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, in Betreff der Angelegenheit des Kaspar Käs li,

gebürtig von Altdorf

(Vom 16. Juli 1855.)

Tit.

Mit Ihrer Schlnßnahme vom 13. dieß laden Sie uns ein, über den von der Regierung von Uri erhobenen Kompetenzfonflift in der Angelegenheit des Kaspar Käsli unser Gutachten abzugeben und dabei besonders die Kompetenzfrage hervorzuheben.

Indem wir diefer Einladung entsprechen, beginnen wir damit, den aftenmäßigen Sachverhalt und die obwaltende Streitfrage mit kurzen Worten darzustellen.

Kaspar K ä s l i ist ursprünglich heirnathberechtigt von ®'iri.eÉ.&I.-.t...

3-.-ht0.

VII.

.ÖD.

I I .

44

484 A l t d o r f , Kantons Uri, und gehört der katholischen Konfession an. Im Laufe des Jahres 1854 erwarb er fich ein zweites Bürgerrecht zu Oetwyl, im Kanton Zürich, und verehelichte fich hierauf am 20. November ' 1854 mit Barbara Louise Schul t h eß, geschiedene Xschudi, reformirten Glaubens, von Schwanden, Kts.

Glarus. Die Trauung ward von dem Pfarrer in Oetwyl vollzogen, welcher die Verkündung der Ehe am Heimathöorte der Braut in Schwanden und am neuen Heimathsorte des Bräutigams »orau-sgieng.

Der Regierungsrath des Kantons U r i erklärte jedoch durch Erkanntniß vom 12. März laufenden Jahres nicht nnr die eingegangene Ehe als ungültig, fondern sprach zugleich aus, daß er der Barbara Louise S c h u l t h e ß den Aufenthalt .im Kanton Uri verweigere. In den Motiven des Beschlusses wird unter Anderm angeführt, Herr K äs li habe unter Nichtachtung aller dringenden Vorstellungen von Seite des hochw. Pfarramtes von Altdorf und des dafigen geistlichen Vorstandes, behufs Entsagung dieser nach dem kanonischen Rechte niemals zu rechtfertigenden Ehe, die bestimmte Erklärung abgegeben,' von derfclben nicht zurüftreten zu wollen.

©egen diesen Beschluß beschwerte fich Kaspar Käs li bei uns und stellte das zweifache Gesuch : es möchte »or Allem die Regierung von Uri angewiesen werden, seiner Ehefrau den Aufenthalt zu gestatten und fie sodann anzuhalten, die Ungültigkeitserklärung der Ehe zurükzuziehen.

Die Regierung von Zürich erklärt durch Zuschrift

vom 14. April l. I., daß Käsli feit dem 24. August

1854 im dortigen Kanton eingebürgert fei und die Trauung zwischen ihm und der .Louise S c h n l t h e ß unter Beob« achtung der durch die Gefeze des Kantons Zürich und

485 fees Kantons ©larus vorgeschriebenen gormen stattgefunden habe, weßhalb wir dieser Ehe unfern Schuz an# gedeihen lassen mochten.

Die Regierung von Uri, welcher die-.Beschwerde von K ä ö l i zur Beantwortung mitgetheilt worden war, bestritt in erster Linie die Kompetenz des Bundes, über die Gültigkeit einer Ehe z« entscheiden, in zweiter Linie behauptete sie die materielle Ungültigkeit der von K ä s l i eingegangenen Ehe.

Hieraus faßten wir unterm 21. Mai abhin diejenige . Entscheidung, die nun den Gegenstand der Beschwerdeführung der Regierung des Kantons Uri bildet. In derselben hielten wir die Fruge der Aufenthalts- oder Niederlassungsbefugniß der Barbara Louife S chultheß als Ehefrau des Kafpar K äs l i im Kanton Uri auseinander von der Gültigkeit oder Ungültigkeit der Ehe felbst nach den nrner'fchen Gesezen. Da die Einrede der mangelnden Kompetenz von Seite der Regierung von Uri sich nur auf die leztcre ftrage bezog, so nahmen wir keinen Anstand, die Frage über die Niederlassungsbefugniß der Barbara Louife S c h u l t h e ß einläßlich zu entscheiden, und zwar dahin, daß, weil die beiden ©atten nach z ü r c h e r ' f c h e n Geffzen gültig verheirathet feien, fo fei der Ehefrau die Niederlassung bei ihrem Ehemann in Altdorf zu gestatten. Auf die grage der Gültigkeit oDer Verbindlichkeit der Ehe vor den nrner'schen Gesezen wurde dagegen zur Zeit nicht eingetreten.

Als diese Entscheidung den Betheiligten eröffnet worden war, theilte uns die Regierung »on Uri Bereits durch Zuschrift vom 29. Mai mit, daß sie darüber den Rekurs an die Bundesversammlung sich vorbehalten müsse, weßhalb bis zur Austragung der Sache der status quo beibehalten werden möchte. Wir erwiderten der Regie*

486 rung, daß ihr der Rekurs an die Bundesversammlung verfassungsmäßig zustehe; jedoch ersuchten wir fie, ihre Rekursschrift wenigstens bis den 30. Iuni einzureichen, damit die Frage in der bevorstehenden Session der Bunde.sversamml.unc; erledigt werden könne.

Die Rekursschrift langte vor diesem Termin wirklich ein. In derselben versucht die Regierung von Uri eine ähnliche .-Begründi..ng, wie in ihrer ersten Verantwortunsgschrift. In erster Linie bestreitet fie die Kompetenz des v. undesrathes in dieser Sache, zumal in dem Umfange, wie der Beschluß lautet. Dicß geschehe zwar nicht aus dem Grunde, weil fie die Kompetenz des Bunbesrathes, über Niederlassungsfragen zu entscheiden, im Allgemeinen nicht anerkenne, sondern weil im konkreten galle eine ganz andere Frage der Entscheidung zu ©runde Hege, indem dieselbe, so wie das Dispositi» laute, auch die Gültigfrit der Ehe involvire. Käsli sei nniìreitig auch -.Bürger von Uri ; er habe anf dos Urner-Bürgerrecht nicht verzichtet und bei der Eingehung seiner Ehe deßhalb auch nach den Gesezen dieses Kantons sich richten müssen. In zweiter Linie schließt die Regierung von Uri dahin, fie sei nicht schuldig, feie angeblichen Eheleute K ä s H und Schultheß zu dulden, indem diese (She an fich keine gesezliche Gültigfeit befize, weil fie wider die ©eseje desjenigen Kantons geschlossen worden, welchen der (.Ehemann zur Zeit untergeordnet gewesOT sei.

Die Ehe ....ndcrs.reite dem katholischen Dogma, »ornach die Heirath zweier Personen, wovon die eine schon einmal gültig verehelicht und deren Ehegatte (der abgeschiedene Ehemann ..tschudi) noch am Leben sei, nie und .nimmer gestattet werde. Ein D o p p e l b ü r g e r , zu welchen Käsli gehöre, kij-nne nur einer heimathlichen

487 Gefezgebung unterivorfen fein, und diejj sei diejenige, wo er zugleich feßhaft sei, u. s- w.

Zufolge dicfcr Refursschrift find die fich darbietenden, von der hohen Bundesverfammlung zu entscheidenden Streitfragen die folgenden : 1) War der Bundesrath kompetent, über die Frage der Nieoerlassungsbefngniß der Barbara Louise Schultheß als Ehefrau des Kafpar Käs li im Kanton Uri zu entscheiden ?

2) Im bejahenden Falle: ist dieler Entscheid materiell begründet?

Hierüber geben wir nun unser Gutachten ab, wie folgt :

Ad 1. (Kompetenzfrage.)

Diese Frage ist nicht schwer zu entscheiden, sobald man sie nicht (wie die Regierung von Uri im Verlaufe ihrer Bcantwortungs- und Refursschrift «nausgesezt es thut) mit derjenigen über die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Ehe nach u r n e r ' s c h e n Gesezen vermengt. Behält man die Niederlassungsfrage rein im Auge, fo unterliegt es keinem Zweifel, daß die Kompetenz des Bundesrathes, darüber zu entscheiden, begründet ist, indem der Art. 41 der Bundesverfassung den Schweizerbiirgern tas freie Niederlassungsrecht gewährleistet und der Bundesrath nach Art. 90, Ziffer 2 zur Handhabung der Bundesverfassung berufen ist.

Der Umstand, daß Kafpar Käs li Doppelbürger

von Uri und Zürich ist, und die nach den Gesezen des Kantons Zürich eingegangene Ehe von ersterem Kanton nicht anerkannt wird, ändert an der grage nichts. Dievoa Uri in den Vordergrund gestellte Souveränctät der Kantone in Ehefachen spricht gerade dafür, daß die im Kanton

Zürich nach dortigen Gesezen abgeschlossene Ehe des Kaspar K ä s li als eine zürcherische Ehe gültig ist. Ieder andere Schweizerkanton ist von diesem Augenblike an.

verbunden, diesen Eheleuten die Niederlassung zu ge* »ähren, sobald sie im Uebrigen die im Art. 4l der Bundesverfassung geforderten Bedingungen erfüllen, und darüber sich erhebende Anstände ist der Bundesrath zu entscheiden kompetent. Der Kanton Uri kann darin ïeine Ausnahmestellung einnehmen; denn, daß Kaspar K äs li zugleich Urner-Bürger ist, kann am allerwenigsten geeignet sein, seine Rechte als Schweizerbürger in BezieInng auf die Niederlassung zu schmälern.

Ganz anders würde sich die Frage stellen, wenn für die Ehefrau des Kafpar Käs li, neben dem Niederlassungsrcchte, auch das H e i m a t h s r e c h t i r n Kanton Uri in Anspruch genommen würde. So lange die Ehe den urnerischen Gesezen nicht konform und von den fotitpetenten urnertschen Behörden nicht anerkannt ist, versteht es fich von selbst, daß fie für ben Kanton Uri Feine MrgerrechJlichen Folgen begründet, und äwar gefiüzt sowol auf die natürlichen Rechtsgrandfäze, als au ? bie ansdrüflfchen Bestimmungen deg Konkordates vorn 4.

Iuli 1820 über Eheeinfcgnungen und Kopulationsscheine, dem Zürich und Uri ebenfalls beigetreten find *). In der Ehegcfezgcbung find die Kantone anch souverän; jeder kann nach freiem Ermessen, z. B. das Alter der She* mändigkeit, feie zerstörlichen und aufschiebenden Ehehindernisse, die Formen der Vollziehung der Ehe und die Formen und Bedingungen der Auflosung derselben feststellen. Durch die Bundesserfassuna und Bundesgefez* gebung find sie nur in so weit beschränkt, als fie fich den *' S. ältere offizielle Sammlung, Band II, Ssite 24.

489 ·Grundsäzen des Gesezes über die gemischten Ehen zu unterziehen haben und keine die allgemeinen Garantien der Bundesverfassung über Gleichheit vor dem Geseze u. s; w. verlezenden Bestimmungen erlassen dürfen. Die Sonceränetät der Kantone in der C-hegefezgebung ist aber nicht zu verwechfeln mit ihrer Hoheit in den Niederlassungssachen, welch' leztere durch den Art. 41 der Bundesverfassung wesentlich beschränkt ist.

Die Berufung auf den §. 2 des bereits ..jitirte'n Konkordates vom 4. Iuli 1820 über die Eheeinfegnnngen und Kopulationsfcheine in dem Sinne, daß für die Vollziehung der Ehe im Kanton Zürich auch ein Verkündund Bewilligungsfchein aus dem Kanton Uri erforderlich war, erscheint nicht als begründet, weil diefer Paragraph, fo wie das ganze Konkordat den Fall gar nicht vorjteht, wenn ein Bräutigam oder eine Braut in mehreren Kanton..« verbürgert ist. Wenn aber die Bestimmungen des Konkordates ein Verhältniß nicht beschlagen, fo find in Beziehung auf dasfelbe die Kantone ebenfalls souverän und jeder kann darin nach eigenem Ermessen handeln, was im konkreten Falle so viel heißt als: es stand dein die Ehe vollziehenden Kantone Z ü r i c h frei, Die Bewillignng der Ehe auch von dem zweiten Heimathkantone des Bräutigams K ä s li zu fordern oder nicht.

Eben so wenig begründet erscheint die Berufung auf den Grundsaz, daß bei einem D o p p e l b ü r g e r die Statnsfragen nach den Gesezen desjenigen Kantons zu beurtheilen seien, wo der Betreffende zugleich oder zulezt anseßig war; denn der hiefür zitirte §. 2 des Konkordates vom 15. Juli 1822*) stellt diefen Grundsaz nur für die Testirungssähigkeit und Erbrechtsverhältnisse auf.

") S. ältere offlz. Sammlung, Band II, Seite 34.

490 und eine Anwendung desselben auf andere Verhältnisse ist noch allen Auslegungsregeln, besonders bei Staatsvertragen und Konkordaten unzuläßig.

Eine Reihe von andern Verfassungs- und Gesezesbestimmungen, auf welche {ich die Regierung von Uri stüzt, beschlagen die obschwebende Frage ebenfalls nicht.

So bezieht fich das Verbot der doppelten Ausübung der Bürgerrechte im Art. 42 der Bundesverfassung nach dem Wortlaute felbst nur auf die Ausübung der p o l i t i f c h e n Rechte, und in den übrigen Artikeln 41, 48, 50 und 53 der gleichen Verfassung, auf die Uri ebenfalls Bezug nimmt, ist von diesem Verbote oder dem Ausfchlusse

eines Doppelbürgerrechtes überhaupt keine Spur zu fin* den. Die gleiche Bewandtniß hat es auch mit dem §. 7 der Kantonsuerfassung, der offenbar auch nur auf die doppelte Ausübung der politifchen Rechte fich bezieht.

Diefe verschiedenen Einwendungen der Regierung von Uri berühren übrigens alle mehr di« Frage der materiellen Gültigkeit der Ehe felbft, als die Kompetenz über die Niederlassungsfrage. Wir mußten fie aber hier miterörtern, weil Uri feine Kompetenzeinîede ausschließlich auf solche ©runde stüzt.

Auf alles Gesagte gestüzt müssen wir an der unser« Beschlüsse vom 21. Mai zu Grunde -Hegenden Anficht festhalten, daß wir zur Entscheidung der vorliegenden Niederlassungsfrage kompetent waren.

Die Beantwortung dieser Frage liegt in den bereits oben gemachten Erörterungen.; die Eheleute Käs lin wiesen fich als zürcher'fche Bürger ans ; eben so dcvß fie ihre Ehe nach zürcher'fcheu und glcirner'fchen Gesezen abgeschlossen und daß dieselbe von den dortigen Behörden ausdrüklich als gültig anerkannt werde. Die Regierung von Uri behauptet in feiner Weife, 6a§ in Beziehung auf

491 die Ehefrau K ä s li die eine oder andere der im Art. 41 der Bundesverfassung geforderten Niederlassungsbedingungen nicht vorhanden seien. Unsere Schlußnahme konnte deshalb keine andere fein, als sie bei den Rechten des Art. 41 der Bundesverfassung zu schüzen.

Wir fügten aber in der gleichen Schlugnahme ausdrüflich hinzu, daß unfere Entscheidung keinen Bezug habe auf die Gültigkeit oder Verbindlichkeit der fraglichen Ehe und deren heimathrechtlichen Folgen fur den Kanton Uri, indem wir von den Gesichtspunkten ausgiengen, die wir weiter oben entwikelt haben.

Auf das Angebrachte gestüzt, beehren wir uns,, Ihnen die zwei beiliegenden Befchlußentwürfe, von denen der erste die Kompetenzfrage, der andere über das Materielle des Rekurses entscheidet, zur Annahme zu empfehlen, und wir benuzen den Anlaß, Ihnen, Tit., die Verficherung unserer vollkommensten Hochachtung zu erneuern.

Bern, den 16. Iuli 1855.

Im Namen des schweiz. Bundesrathes., Der B u n d e s p r ä f i d e n t :

Dr. Furrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft,: Schieß.

492

Beschlußentwurf.

Nr.

I.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenoffenschaft in vereinigter Sizung der beiden Räth? nach Art. 80 der Bundesverfassung, nach Einsicht der Eingabe der Regierung von U r i , »om 27. Brachmonat 1855 gegen den Beschluß des Bundesrathes vom 21. Mai gleichen Iahres, worin dieselbe in erster Linie die Kompetenz des Bundesrathes zur Fassung dieses Beschlusses'beßreitet, und nach Anlörung der darauf bezüglichen Botschaft des Bundesrathes vom 16. dieß, in Erwägung, daß durch den genannten Beschlnß des -.Bundesrathes nicht über die Frage der Gültigfeit oder Verbindlichkeit der Ehe zwischen K a s p a r K ä s l i und B a r b a r a L o u i s e S c h u l t h e ß nach den Gesezen des Kantons U r i , sontern nur üben die Frage der Niederlassungsbesugniß dieser nach zitrcher'fchen Gesezen verheiratheten Ehegatten entschieden wird ; gestüzt auf Art. 41 und Art. 90, Ziffer 2 der Bundesverfassung,

beschließt: Die Kompetenz des Bundesrathes zu der fraglichen Beschlußnahme ist anerkannt.

Also der h. Bundesversammlung vorzulegen beschlossen, B e r n , den 16. Hmmonat 1855.

Im Namen des fchroeiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Dr. Furrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schieß.

493 .-Beschlußentwurf.

Nr.

H.

Die B u n d e s » e r f a m m l u n g ber schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einflcht der Eingabe der Regierung von U r i , vom 27. Brachmonat 1855 gegen den Beschluß des Bundesrathes vom 21. Mai gleichen Iahres, worin eöentuell dahin geschlossen wird, die Regierung von U r i sei nicht schuldig, die Eheleute K ä s li zu dulden, und nach Anhörung der darauf bezüglichen Botschaft des Bundesrathes vom 16. Heumonat 1855, in Erwägung, daß die Eheleute K äs l i als zürcher'sche Bürger nach den Gesezen dieses Kantons verheirathet find, und die Ehe von den Behörden diefes Kantons förmlich anerkannt wird; in Erraagung, daß nichts vorliegt, wodurch nach Art. 41 der Bundesverfassung das Niederlassungsrecht der grau K ä s l i beschränkt werden könnte ; in Erwägung, daß die Gewährung der Niederlassung der Frage über die Gültigkeit oder Verbindlichfeit der Ehe nach den Gesezen des Kantons U r i in Beziehung auf Heimathhörigkeit und andere bürgerrechtliche Solgen keinen Eintrag thue,

beschließt: Der Rekurs der Regierung von Uri gegen den Be# fchluß des Bundesrathes vom 21. Mai 1855 ist abgewiesen.

494 Also den beiden gefezgebenden Räthen der Eidgenof.« senschaft vorzulegen beschlossen, B e r n , den 16. Heumonat 1855.

Im Namen des schweiz. -..Bundesrathe!...-,, Der B u nd e s pr ä sid ent :

Dr. Furrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : .·%chie$.

.R o t e. Die beiden vorstehenden Beschlußeutwütfe sind von der h. Butt» desversammlung angenommen worden. (S. eidg. Gefezfammp

lung. Band V, Seite 145 und 172.)

495

B crich t der

Kommission der vereinigten Räthe, welche zur ' Begutachtung der Angelegenheit des Kaspar K äs li, Bürgers der Kantone Uri und Zw* rich, niedergesetzt worden ist.

(Vom 18. Iuli 1855.)

Tit.

3

Die hier letzthin verlesene Botschaft des Bundesrathes vom 16. Iuli hat fich umständlich über den Thatbestand der Angelegenheit K ä s li verbreitet, so daß wir uns einer neuen Auseinandersetzung desselben wohl entheben dürfen, .und unfer Gutachten an jene Botschaft anïnupfen können.

Es handelt sich um den Aufenthalt und die Niederlassung des Kafpar K ä s ! i , respektive seiner Ehefrau, im Kanton Uri.

Unterm 21. Mai 1855 hat der Bundesrath einen Beschluß gefaßt, durch welchen das Recht des Kaspar K ä s l i , sich mit seiner Ehefrau im Kanton U r i niederzulassen, anerkannt'wird.

Die Regierung des Kantons U r i hat gegen diefen bundesräthlichen Beschluß den Rekurs ergriffen und be« hauptet in erster Linie, daß der -..Bundesrath nicht befugt war, diefen Beschluß zu fassen, und in zweiter Linie, daß dieser -.Beschluß übel begründet fei.

Die vereinigten Räthe haben fich «ur mit der Kompetenjfrage zu beschäftigen. Die andere grage über Richtigkeit oder Unrichtigkeit des durch den Sundesraïh gefaßten -.·Beschlusses muß, gemäß der Bestimmungen ber Bundesverfassnng, »-on jedem der beiden Räthe besonders be-

496 handelt werden, und es ist bereits festgesetzt worden, daß dem Ständerath die Priorität in dieser Angelegenheit zukommen soll.

Aus diesem Grunde, Tit., wird fich Ihre Kommisfion allein mit der K o m p e t e n z f r a g e befassen und die andere Streitfrage gar nicht berühren.

In Betreff der Kompetenzfrage anerkennt zwar die Regierung von U r i die Befugniß des Bundesrathes über eie Niederlassung schweizerischer Bürger zu eutscheiden; allein gleichzeitig befftuptei fie, daß der bunbeeräthliche Beschluß dadurch diese .©efugniß überschreite«, daß durch die Anerkennung des Niederlassungsrechts des Kaspar K ä s li auch die Anerkennung der ©ültigfeit der durch besagten K ä s l i eingegangenen Ehe bedingt werde.

Prüfen wir also diesen bundesräthlichen Entscheid !

Er lautet folgendermaßen : 1) K a s p a r K ä s l i und seine Ehefrau B a r b a r a L o u i s e S c h u l t h e ß find als jürcher'sche Bürger und zürcher'sche Eheleute befugt, im Kanton Uri sich niederzulassen und als Ehelente mit einander zu leben.

2) Die Regierung von Uri ist demnach eingeladen, der Ehefrau Käsli den Aufenthalt und das Zusammenleben mit ihrem Ehemanne in Altdorf nicht länger zu verweigern.

3) In die Frage, ob die Regierung von Uri zur Anerkennnng der Gültigkeit der fraglichen Ehe anzuhalten sei, wird zur Zeit nicht eingetreten.

Es ist uns nicht möglich, in dem Wortlaute dieses Beschlusses etwas anderes als eine Ermächtigung zur Niederlassung zu finden. Der Umstand, daß dadurch das Recht des K ä s l i und feiner Ehefrau, als z ü r c h e r ' f c h e Eheleute mit einander zu leben, anerkannt wird, ändert

497 an dem Thatbestand gar nichts. Die Regierung von Zürich erklärt in ihrem Schreiben vom 14. April 1855, daß Kaspar Käsli und Louise Schultheß zürcher'sche Eheleute seien, und ersucht den Bundesrath, diese Ehe# leute gegenüber der Regierung von Uri zu schützen.

Mag nun die Regierung von U r i auch bestreuen, daß dieselben zürcher'fche Eheleute feien, und daß man zürcher'fchen Eheleuten die Niederlassung im Kanton U r i bewilligen müsse, so ändern diese Kontestationen jedenfalls gar nichts, in Bezug auf die Kompetenzfrage.

Die Kompetenz hängt nicht von der Begründet- oder Unbegründetheit einer Klage, sondern von der Natur und Beschaffenheit derselben ab, fei sie nun begründet oder grundlos.

Die Regierung von Zürich anerkennt Kaspar K ä s l i und feine Ehefrau als zürcher'fche Angehör.ge. Sie nimmt sie als solche in Schutz. Wenn nun aber die Regierung von U r i gegenüber derjenigen von Z ü r i ch behaupten will, daß Kaspar Käsli und feine Frau nicht zürcher*fche Eheleute sind, oder aber, daß U r i nicht verbunden fei, zürcher'schen Eheleuten die Niederlassung zu gewähren, fo find dieß fämmtlich Behauptungen und Bestreitungen, deren Entscheidung nicht in der Befugnif der urner'fchen Behörden, fondern in derjenigen der Bundesbehörden liegt, bei welchen die Sache anhängig gemacht werden muß.

Was übrigens die vom Kanton U r i aufgeworfene Frage betrifft, ob derfelbe zur Anerkennung der Gültig* keit dieser Ehe verhalten werden könne, fo hat der Bundesrath in seinem Beschlusse ausdrücklich sich dahin ausgesprochen, daß zur Zeit nicht darauf einzutreten sei. Diese förmliche Erklärung widerlegt hinreichend alle bloßen Schlußfolgerungen.

498 Wenn jedoch dessen ungeachtet die Regierung von U r i auf ihrer Annahme, daß der Bundesrath durch seinen Entscheid die Gültigkeit der Ehe implizite anerkannt habe, hiezw aber nicht befugt gewesen sei, beharrt, unb man diese Annahme richtig findet, dann würde allerdings die Frage sich aufwerfen, ob der Bundesrath wirllich nicht befugt gewesen fei, über die Gültigkeit der Ehe zu entscheiden ?

In seiner an den Bundesrath gerichteten Beschwerde beruft sich Kaspar Käsli -- ob mit Recht oder Unrecht, lassen wir dahingestellt -- auf bas Bundesgefetz über die gemischten Ehen und verlangt, gestüt-jt auf dieses Gefetz, daß die ©üUigfeit seiner Ehe anerkannt werde.

Und offenbar handelt es fich hier um eine gennschte Ehe.

Es unterliegt aber gegenroäriig «icht der SntscheiDung, ob die "Ehe des K äs li gemäß t ein Bundesgesetz gültig sei oder nicht; fondern es kann sich höchstens fragen, w e r diesen Entscheid zu geben habe? Wenn es fich aber um die Anwendbarfeit oder .J.Hchtanw.mdbarkeit eines Bundfegesefzes Bandelt, so steht die Entscheidung raobl nicht den Behöröen des Kantons U r i , sondern den B u n c e e b e h ö r d e n zu.

Durch diese Betrachtungen geleitet, ftellen wir bei der Bundeeverfanimlung den Antrag,- den Vorschlag des Bundesrathes in 93ezng auf die K o m p e t e n z f r a g e zum Beschlüsse erheben zu wollen.

©ewehmigen Sie, Tit., die Versicherung »ollfoininenfter Hochachtung.

B e r n , den 18. Iuli 1855.

Namens der Kommission : Dr. ..üastmis Wsaffer, Präfident und Berfchterfiatter berfelben.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, in Betreff der Angelegenheit des Kaspar Käsli, gebürtig von Altdorf (Vom 16. Juli 1855.)

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15.09.1855

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483-498

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