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Bericht des

schweizerischen Bundesgerichts an die Bundesversammlung Über seine Geschäftsführung im Jahre 1916, (Vom 12. Februar 1917.)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Gemäss Art. 47 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege beehren wir uns, Ihnen über unsere Amtstätigkeit im Jahre 1916 folgenden Bericht zu erstatten :

A. Allgemeines.

Personelles.

Das Bundesgericht hat im Berichtsjahr seinen Senior, Herrn Bundesrichter Dr. F e l i x C l a u s e n verloren, der ihm seit 1871 als Ersatzmann und seit 1891 als Mitglied angehört hat. Zu seinem Nachfolger wählte die Bundesversammlung Herrn Regierungsrat A r t h u r C o u c h e p i n , von Martigny-Bourg (Wallis), der das Amt im Dezember antrat, und in seiner bisherigen Eigenschaft als Ersatzmann durch Herrn Obergerichtspräsident Kaspar M ü l l e r von Ermensee (Luzern) ersetzt wurde.

Die Geschäfte des eidgenössischen Untersuchungsrichters für die französische Schweiz besorgte auch in diesem Jahr der 1915 zum Stellvertreter des durch den aktiven Militärdienst verhinderten Oberstdivisionärs Bornand gewählte, ausserordentliche Untersuchungsrichter Regierungsrat A l b e r t Calame von Neuenburg.

Sodann bezeichnete das Bundesgericht, in Ausführung des Art. 3 des Bundesratsbeschlusses vom 22. Februar 1916 betreffend den

174

Nachrichtendienst zugunsten fremder Mächte, zwei ausserordentliche Untersuchungsrichter für die Durchführung der Voruntersuchungen in Spionagefällen, und ernannte als solchen: für die deutsche Schweiz Herrn Bezirksanwalt Dr. S a m u e l B i c k e l in Zürich, und für die französische Herrn R o b e r t P a h u d , juge informateur, in Lausanne. Herr Dr. Bickel sah sich im Herbst genötigt, wegen Geschäftsüberhäufung um Bezeichnung eines ausserordentlichen Stellvertreters nachzusuchen, dem er einzelne Geschäfte übertragen dürfe. Das Gericht hat dem, vom ausserordentlichen Bundesanwalt und der Anklagekammer befürworteten Gesuch entsprochen, und als weitem ausserordentlichen Untersuchungsrichter, in der genannten Eigenschaft, Herrn Bezirksrichter Dr. G r e b e l in Zürich ernannt.

Am 6. Juli ist der Kanzlist Herr Eduard Wasem, der seit 1896 die Registraturarbeiten der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer besorgte, gestorben. Die Stelle ist nicht wieder besetzt worden.

Geschäftslast, Verteilung und Erledigung der Geschäfte.

Die Geschäftslast der staatsrechtlichen Abteilung hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht wesentlich geändert, wogegen diejenige der beiden Zivilabteilungen nicht unbeträchtlich gewachsen ist. Während sich die zivilrechtlichen Beschwerden, seit der Neugestaltung dieses Rechtsmittels durch das revidierte Organisationsgesetz von 1911, stetig ungefähr auf dem gleichen Niveau hielten, ist die Zahl der eingegangenen Berufungen gegenüber dem Vorjahr von 440 auf 518, also um mehr als 1/e gestiegen.

Die Zahl der Beschwerden in Expropriationssachen hat sieh gegenüber dem Vorjahre neuerdings vermindert (100 gegen 123), dagegen brachte die Unterstellung der Spionagefälle unter die Gerichtsbarkeit des Bundesgerichts der Anklagekammer und dem Bundesstrafgericht eine derartige Mehrbelastung, dass voraussichtlich für die nächste Zukunft auf eine angemessene Heranziehung der Ersatzmänner Bedacht zu nehmen sein wird, von der in der letzten Zeit aus Sparsamkeitsrücksichten so viel wie möglich Umgang genommen worden war.

Die seit dem Krieg stark vermehrte Inanspruchnahme der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer hat auch im Berichtsjahre angehalten.

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Verschiedenes.

Im Laufe des Berichtsjahres hat das Bundesgericht auf Grund einer, mit eingehender Begründung versehenen Vorlage der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer eine V e r o r d n u n g b e t r e f f e n d die von den B e t r e i b u ngs- und K o n k u r s ä m t e r n anzumeldenden Eintragungen und Vormerkungen im G r u n d b u c h erlassen.

Ferner hat es, vom eidgenössischen Justizdepartement zur Begutachtung eines ihm von diesem übermittelten Entwurfes zu einem B u n d e s g e s e t z ü b e r D o p p e l b e s t e u e r u n g eingeladen', dem Departement sein Gutachten hierüber in der Form einer mit Motiven versehenen eigenen Gesetzesvorlage erstattet.

Die Ausarbeitung des Generalregisters der amtlichen Sammlung der bundesgerichtlichen Entscheidungen für die Jahrgänge 1905 bis 1914 wurde so weit gefördert, dass einzelne wichtigere Partien des Manuskripts in einigen Exemplaren vervielfältigt und zur Benützung des Gerichts aufgelegt werden konnten. Die Drucklegung des alphabetischen Teils steht auf Mitte des Jahres in Aussicht, während der systematische Teil voraussichtlich nicht vor 1918 wird erscheinen können.

Was das Verhältnis der Bundesrechtspflege in Berufungssachen zu dem kantonalen Prozessgang anbelangt, so muss erwähnt werden, dass sich in mehreren Fällen von Markenrechtsstreitigkeiten aus der Bestimmung, wonach die Kantone für diese Streitigkeiten eine einzige Instanz zu bezeichnen haben, insofern Nachteile ergeben haben, als einzelne Kantone die Kompetenz dieser einzigen Instanz strikte auf die nach dem Spezialgesetz zu entscheidenden Rechtsfragen beschränken, und die Anwendung der damit in engem Zusammenhang stehenden allgemeinen Rechtsnormen des ZGB und OR über den Schutz der Persönlichkeitsrechte und über concurrence déloyale dem gewöhnlichen, durch zwei kantonale Instanzen führenden Rechtsweg vorbehalten. Es ist klar, dass durch eine solche Zerreissung eines einheitlichen, auf Grund konkurrierender, innerlich zusammenhängender Rechtsnormen zu beurteilenden Tatbestandes in zwei Prozesse nicht nur die Rechtsanwendung erschwert und beeinträchtigt, sondern auch der mit Art. 29 des Markenschutzgesetzes erstrebte Zweck rascher und einfacher Prozesserledigung Gefahr läuft, in sein Gegenteil verkehrt zu werden.

176

Die Gesamtzahl der Sitzungen beläuft sich im vergangenen Jahre auf 294 (gegenüber 259 im Jahre 1915). Diese Sitzungen verteilen sich wie folgt: Plenum 4 I. Zivilabteilung 74 II. Zivilabteilung 70 Staatsrechtliche Abteilung 65 Abteilung f ü r Schuldbetreibung u n d Konkurs . . . . 2 8 Kassationshof 6 Anklagekammer 25 Bundesstrafgericht 22 Total 294 Dabei ist zu bemerken, dass die Mehrzahl der Beschwerden bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer auf dem Zirkulationswege erledigt worden sind.

Statistik über die Erledigungen von 1912 bis 1916.

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I. Zivilsachen; 1. Erst- und letztinstanzlich zu beurteilende Zivilsachen 2. Berufungen gegen Urteile kantonaler Gerichte . .

3. Zivilrechtl. Beschwerden 4. Andere Zivilsachen . .

5. Rekurse in Expropriationssachen I I . Strafsachen . . . .

III. SlaatsreShtKche Streitigkeiten IV. Beschwerden betreffend das Schuldbetreibungsund Konkurswesen .

V. Freiwillige Gerichtsbarkeit

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178

B. SpezieUer Teil.

1. Zivilrechtspflege.

1. Vom Bundesgericht als einziger Zivilgerichtsinstanz zu beurteilende Streitsachen (Art. 48-52 OG) 2. Berufungen (Art. 56 f. OGJ . .

3. Zivilrechtliche Beschwerden (Art. 86 und 87 OG) . . .

4. Revisions- und Erläuterungsbegehren, Moderation . . .

5. Rekurse in Expropriationssachen

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Natur der Streitsache

Übertragen aus j dem Vorjahre 1

Eine Übersicht über die Zivilsachen, mit denen sich das Bundesgericht im Jahre 1916 zu befassen hatte, gibt folgende Tabelle :



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145 687 832 652 180

Ad 1. Von den 55 direkten Prozessen betrafen: 1. Streitigkeiten zwischen Korporationen oder Privaten als Klägern und dem Bund als Beklagtem 2. Streitigkeiten zwischen Kantonen einerseits und Korporationen oder Privaten anderseits 3. Klagen aus Art. 23 des Expropriationsgesetzes . . .

Übertrag

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179

Übertrag 26 4. Klagen aus Art. 47 desselben Gesetzes l 5. Streitigkeiten nach Art. 42 des Bundesgesetzes über die Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen . 3 6. Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse der Verbindungsgeleise 3 7. Streitigkeiten aus dem Nebenbahnengesetz 2 S. Klagen aus Art. 17 des Bundesgesetzes betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen . . . 2 9. Streitigkeiten aus dem Bundesgesetz betreffend die Erfindungspatente 2 10. Streitigkeiten, in welchen das Bundesgericht als vereinbarter Gerichtsstand angerufen wurde 16 _35

Von diesen 55 direkten Prozessen wurden erledigt : Durch Vergleich, bzw. Rückzug der Klage oder Anerkennung des Klagebegehrens Durch Nichteintreten Durch Urteil Übertragen auf 1917

11 3 7 34 --

9 Prozesse wurden von der I. Zivilabteilung, 6 von der 11. Zivilabteilung und 6 von der staatsrechtlichen Abteilung erledigt.

Ad 2. Von den 482 erledigten Berufungen, von denen 80 im schriftlichen Verfahren behandelt wurden, betrafen : 1. D a s Zivilgesetzbuch (neues Recht) . . . . . . . 1 3 1 und zwar : Familienrecht (Ehescheidung 41, Vaterschaft 26, andere Materien 20) 87 Erbrecht 9 Sachenrecht (Eigentum 13, Dienstbarkeiten 3, Pfandrecht 11, Nachbarrecht 4, Quellenrecht l, Besitz l, Schuldbrief 2) 35 Übertrag Bundesblatt.

69. Jahrg. Bd. I.

131 17

180

Übertrag 2. Obligationenrecht und zwar im wesentlichen : Allgemeine Bestimmungen (Schadenersatz aus Vertrag und unerlaubter Handlung 45) . . . . 78 Kaufvertrag 56 Pacht und Miete 17 Dienstvertrag 15 Werkvertrag 10 Bürgschaft 14 Gesellschaftsrecht 24 3. Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Anfechtungsklagen 13) 4. Haftpflichtgesetze (Fabrikhaftpflicht 12, Eisenbahnhaftpflicht 7) 5. Urheberrecht und gewerblicher Rechtsschutz . . . .

6. Versicherungsrecht 7. Berufungen, auf die wegen Anwendung kantonalen, bzw.

fremden Rechtes nicht eingetreten wurde

131 253

27 19 11 12 29 482

Von den 482 Berufungen wurden 242 von der L, 240 von der II. Zivilabteilung (davon 31 aus dem reglementarischen Geschäftskreis der I. Zivilabteilung) erledigt.

Die auf 1917 übertragenen 69 Geschäfte sind ohne Ausnahme im Berichtsjahre, 51 erst im Monat Dezember eingegangen.

Über die Art der Erledigung und die Herkunft der 551 Berufungen gibt die nachfolgende Tabelle Auskunft:

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Auf 1917 übertragen Total

182 wert oder ein Haupturteil, und in 26 Fällen waren die gesetzlichen Formvorschriften nicht gewahrt, bzw. es hätte die zivilrechtliche Beschwerde ergriffen werden sollen, oder es war die Berufung verspätet oder gegenstandslos.

Ad 3. Von den 24 zivilrechtlichen Beschwerden, die sämtlich von der II. Zivilabteilung zu behandeln waren, betrafeu 8 Elternrechte (Art. 86 2 OG), 8 Vormundschaft und Beistandschaft (Art. 86 3), 2 Verweigerung der Einwilligung zur Eheschliessung, l Gerichtsstand, 5 die Anwendung kantonalen oder fremden statt eidgenössischen Rechts oder die Verletzung des Bundesgesetzes vorn 25. Juni 1891 (Art. 87), 7 Beschwerden wurden abgewiesen, 3 gutgeheissen ; auf 12 wurde nicht eingetreten, l wurde zurückgezogen ; l Geschäft wurde an die kantonale Instanz zurückgewiesen.

Ad 5. Von den 115 Expropriationsstreitigkeiten entfielen 67 auf die Bundesbahnen, 27 auf Nebenbahnen, 21 auf Trambahnen. Es wurden erledigt: 15 durch Rückzug, bzw. Vergleich, 94 durch Annahme des Vorentscheides, 6 durch Urteil. Von den 69 übertragenen Geschäften sind 3 im Jahre 1914, 19 im Jahre 1915 und die übrigen im Berichtsjahre eingegangen.

II. Strafrechtspflege, a. Anklagekammer.

Die Tätigkeit der Anklagekammer, über welche' in den letzten Jahren wenig oder nichts zu berichten war, hat seit Kriegsbeginn und namentlich seit Erlass der bundesrätlichen Verordnung vom 22. Februar 1916, die dem Bundesgericht neue Kompetenzen übertrug, die bis anhin den Militärgerichten zustanden, wesentlich zugenommen.

Die eidgenössischen Untersuchungsrichter haben der Anklagekammer von der Anhebung von 62 Strafuntersuchungen Kenntnis gegeben; 53 dieser Untersuchungen wurden geführt wegen Nachrichtendienstes zugunsten fremder Mächte (Spionage), die übrigen 9 bezogen sich auf andere Delikte (Beschimpfung von Bundesbehörden, Beleidigung von fremden Völkerschaften, Staatsoberhäuptern und Regierungen, Verbrechen gegen einen fremden Staat, Sprengstoffverbrechen usw.).

Von diesen Untersuchungen sind eine Anzahl durch die Untersuchungsrichter in Verbindung mit dem Bundesanwalt ein-

183

gestellt worden ; einige waren am Schlüsse des Berichtsjahres noch nicht zum Abschlüsse gelangt ; die übrigen sind der An- · klagekammer zur Beschlussfassung überwiesen worden.

Die Anklagekammer hielt im Jahre 1916 25 Sitzungen ; sie erliess 27 Überweisungsbeschlüsse, wovon 22 in Spionagefällen und 5 wegen andern Delikten.

Überdies behandelte sie -- zum Teil auf dem Zirkulationswege -- 43 andere Angelegenheiten, wie: Gesuche um provisorische Haftentlassung von Angeklagten gegen Kaution, Rekurse gegen Verfügungen der eidgenössischen Untersuchungsrichter bezüglich der nämlichen Materie, Begehren um Zuerkennung einer Entschädigung für unverschuldete Untersuchungshaft, im Sinne von Art. 39 der Bundeszivilprozessordnung, Verwaltungsgeschäfte usw.

b. Bundesstrafgericht.

Durch die Bundesanwaltschaft ist während des Berichtsjahres in 27 Fällen mit 63 Angeklagten Anklage erhoben worden : zwei Fälle mit 13 Angeklagten wurden vom Vorjahre als unerledigt übernommen. Die Gesamtzahl der anhängig gemachten Fälle betrug somit 29 Davon wurden erledigt: durch das Bundesstrafgericht 22 durch die Kriminalkammer l zusammen 23 Fälle.

Die übrigen 6 Fälle, die erst gegen Ende des Jahres anhängig gemacht worden sind, mussten auf das folgende Jahr übertragen werden.

Die Anklagen bezogen sich auf/folgende D e l i k t e : a. Nachrichtendienst auf schweizerischem Gebiete zugunsten fremder Mächte (Art. 5 der bundesrätlichen Verordnung vom 6. August 1914 betreifend Strafbestimmungen für den Kriegszustand) 21 b. Beschimpfung fremder Völker, Staatsoberhäupter oder Regierungen (Art. l der bundesrätlichen Verordnung vom 2. Juli 1915) 2 Übertrag

23

184

Übertrag 23 c. Veräusserung von Pikettpferden (Art. 213 der Militärorganisation) und Übertretung des bundesrätlichen Ausfuhrverbotes vom 18. September 1914 . . .

l d. Verbrechen gegen einen fremden Staat (Art. 41 des Bundesstrafrechtes) l e. Beschimpfung von Bundes- und Militärbehörden (Art. 59 und 69 des Bundesstrafrechtes und Art. 162 des Militärstrafgesetzes) 2 f. Verweisungsbruch (Art. 63 des Bundesstrafrechtes) l g. Sprengstoffverbrechen(Bundesgesetzvoml2,ApriH894) l _29

Von den 65 Angeklagten, die zur Aburteilung gelangten, wurden 51 verurteilt, 11 freigesprochen. Gegen 11 Angeklagte wurden Kontumazialurteile gefällt. Im Falle g wurde auf Zuchthausstrafe erkannt. Gefängnisstrafe, verbunden mit Geldbusse, wurde ausgesprochen in den Fällen a,
In einem Falle wurde das Verfahren bis zur Beibringung der Angeklagten verschoben (Spionagefall).

c. Kassationshof.

Beim Kassationshof waren 28 Geschäfte anhängig jahre 18). Davon wurden erledigt 23, und zwar : durch Gutheissung der Beschwerde durch Abweisung der Beschwerde durch Nichteiutreten auf die Beschwerde . . .

durch 'Rückzug der Beschwerde oder infolge Verzichts auf das Rechtsmittel

(im Vor7 9 4 3 --

_23

Unerledigt blieben 5 Beschwerden.

Von den 7 begründet erklärten Beschwerden bezogen sich 3 auf kantonale ,Urteile, die eine Strafe ausgesprochen hatten, 4 auf freisprechende Urteile, und es betrafen :

185

das Bundesgesetz über den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken ,, ,, über die Militärorganisation (Art. 213) . .

,, ,, betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen den Bundesratsbeschluss vom 8. September 1914 über den Verkauf von Getreide Von den übrigen 16 Beschwerden bezogen sich auf: das Bundesgesetz über die Fischerei vom 21. Dezember 1888 ,, über Jagd und Vogelschutz n ,, ,, über die Handhabung der Bahnpolizei. .

,, über die Militärorganisation (Art. 213) .

in .,, ,, über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen . . . . ' . .

. ., über das Absinthverbot "T Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen . .

die bundesrätliche Instruktion für die Fleischschauer vom 29. Januar 1909 den Bundesratsbeschluss vom 27. November 1915 betreffend Höchstpreise für Käse den Bundesratsbeschluss vom 19. Februar 1915 über das Schlachten v o n Kälbern . . ' . . . .

den Bundesratsbeschluss vom 10. Juni 1916 über den Handel mit Altpapier, sowie Papier- und Pappeabfällen die Revision eines vom Bundesstratgerichte erlassenen Urteils TI V

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JE Die 23 erledigten Fälle verteilen sich auf die Kantone wie folgt : ßaselland l Baselstadt 4 Bern 7 Freiburg l Glarus i Neuenburg 3 Schaffhausen l Waadt 2 Wallis . . . . - 2 -- Bundesstrafgericht .1 ~23

186

III. Staatsrechtspflege.

1 . Streitigkeiten zwischenKantonen (Art. 175 3 0 G) 2. Beschwerden von Privaten und Korporationen (Art. 175 3 OG) 51 3. Steuerstreitigkeiten zwischen Bund u. Kantonen (Art. 179 OG) 4. Streitigkeiten über die Zulässigkeit des Verzichts auf das Schweizerbürgerrecht (Art. 180' OG) 5. Beschwerden betr. die politische Stimmberechtigung und betr.

kantonale Wahlen und Abstim2 mungen (Art. 180 5 OG) . .

6. Beschwerden betreffend Verweigerung des Armenrechts in Haftpflichtfällen (Art. ISO6 OG) 7. Einsprachen gegen Auslieferungsbegehren fremder Staaten (Art. 181 OG) 4. Revisions-, Brläuterungs- und Moderationsbegehren

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Natur der Streitsache

Übertragen aus dem Vorjahre

Die im Jahre 1916 beim Bundesgerichte anhängig gewesenen staatsrechtlichen Streitigkeiten verteilen sich ihrer N a t u r nach wie folgt:

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Von den 45 auf 1917 übertragenen Beschwerden stammt eine aus dem Jahre 1915. Deren Beurteilung wurde dadurch verzögert, dass die Instruktion infolge gleichzeitiger Anhängigmachung eines kantonalen Rechtsmittels bis zu dessen Erledigung sistiert bleiben musste. Die übrigen 44 Beschwerden sind im

187

Laufe des Berichtsjahres, die Mehrzahl im Monat Dezember, eingegangen.

Zu den e r l e d i g t e n Fällen ist folgendes zu berichten : 4<2 1. S t r e i t i g k e i t e n z w i s c h e n K a n t o n e n . Der hier erwähnte Fall betraf eine Streitigkeit zwischen den Kantonen Solothurn und Bern über die Frage der Berechtigung zur Erhebung von Erbschaftssteuern.

Ad 2. B e s c h w e r d e n von P r i v a t e n und K o r p o r a t i o n e n gegen kantonale Verfügungen und Erlasse. Nach deiN a t u r der als verletzt behaupteten verfassungsmässigen Rechte verteilen sich die 393 erledigten Beschwerden wie folgt: a. Verletzung der Bundesverfassung 363 b.

,, von Kantonsverfassungen 14 c.

,, von Bundesgesetzen und andern Erlassen des Bundes 6 d.

,, von Staatsverträgen und Konkordaten .

10 393

Ada. Die 363 Beschwerden wegen V e r l e t z u n g der Bundesv e r f a s s u n g haben Bezug auf folgende Artikel derselben: Art. 4 (Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz, Rechtsverweigerung, Willkür usw.)

235 ,, 5 (persönliche Freiheit der Bürger) 3 ,, 31 (Handels- und Gewerbefreiheit) 30 ,, 44/45 (Bürgerrecht; Recht der freien Niederlassung, ' Ausstellung v o n Ausweisschriften) . . . .

12 ,, 46 (Doppelbesteuerung) 28 ,, 49/50 (Glaubens- u. Gewissensfreiheit; Kultussteuern) 5 ,, 55 (Pressfreiheit) 3 ,, 56 (Vereinsrecht) l ,, 58 (Verfassungsmässiger Richter, Schuldverhaft) .

17 ,, 59 (Gerichtsstand) 18 ,, 61 (Vollziehung rechtskräftiger Zivilurteile) . .

2 ,, 2 der Übergangsbestimmungen (derogatorische Kraft des Bundesrechts) 5 ,, 5 der Übergangsbestimmungen (Freizügigkeit wissenschaftlicher Berufsarten) 4 363

188

Ad b. Die '14 Beschwerden wegen behaupteter V e r l e t z u n g k a n t o n a l e n V e r f a s s u n g s r e c h t s bezogen sich in der Hauptsache auf angebliche Missachtung oder unzulässige Beschränkung der Eigentumsgarantie und auf Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung und des Rechts der Gemeinden auf Selbstverwaltung.

Ad c. Von den 6 Beschwerden wegen V e r l e t z u n g von B u n d e s g e s e t z e n und andern Erlassen des Bundes betrafen: das Bundesgesetz vom 24. Juli 1852 über die Auslieferung von Verbrechern oder Angeschuldigten (unter den Kantonen) l ,, ,, vom 17. November 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs l ,, ,, vom 29. März 1901 betr. die Ergänzung.

des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz 2 ,, ,, vom 10. März 1907 betreffend das schweizerische Zivilgesetzbuch (Art. 312: Gerichtsstand für V a t e r s c h a f t s k l a g e n ) . . .

2 J3 Ad d. Von den 10 Beschwerden wegen Verletzung von S t a a t s v e r t r ä g e n und K o n k o r d a t e n betrafen: den Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich vom 15. Juni 1869 3 den Handels- und Niederlassungsvertrag mit Deutschland vom .

1 3 . November 1909 . . . . " .

4 den Niederlassungs- und Konsularvertrag mit Italien' vom 22. Juli 1868 l das internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 2 10

Aus der nachfolgenden Tabelle ist die H e r k u n f t der Beschwerden von Privaten und Korporationen, nach Kantonen geordnet, und die Art ihrer Erledigung ersichtlich :

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Aargau Appenzell A.-Rh. .

Appenzell I.-Rh.

Baselland Baselstadt Bern Freiburg Genf Glarus Graubünden Luzern Neuenburg . . . ' .

Schaff hausen .

Schwyz Solothurn St. Gallen Tessin Thurgau Unterwaiden n. d. W.

Unterwaiden o. d. W.

Uri . . . . . . .

Waadt Wallis Zug Zürich Schuldbetreibungs-u^ Konkurs- 1 Kammer des Bundesgerichtes / Total

Gutgehelssen oder anerkannt

C

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Rückzug oder gegenstandslos

189

1

5 2

18 1

1

5 10 32 12 17 2 8 19 6 3 9 8 6 10 6 6 2 3 11 13 3 27

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3 2 3 1 4 4 1 3 1 1 6 1 56

2 1 2 1 1 4 3 3 1 6

45

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55

237

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44

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In den 56 Fällen, in denen auf die Beschwerde nicht eingetreten wurde, waren die G r ü n d e des Nichteintretens folgende :

190

Inkompetenz 5 Unzulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde . . . . U.

Nichterschöpfung der kantonalen Instanzen 14 Nicht- oder ungenügende Substantiierung 7 Verspätung 9 Gegenstaadslosigkeit 3 Andere Mängel (Legitimation, Beschwerde verfrüht, Verwirkung des Rekursrechts, abgeurteilte Sache, Unzurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers) 7 _56

Nach der Natur der Streitsache bezogen sich die 55 beg r ü n d e t (oder zum Teil begründet) erklärten Beschwerden auf: Art. 4 der Bundesverfassung (Rechtsverweigerung) . . 16 ,, 31 ,, ,, (Handels- und Gewerbefreiheit) 2 ,, 44/45 ,, ,, (Niederlassung)....

4 ,, 46 ,, ,, (Doppelbesteuerung) . . 14 ,, 55 ,, ,, (Pressfreiheit) . . . .

2 58/59 ,, ,, (Gerichtsstand, verfasfl sungsmässiger Richter) 8 ,, 61 ,, ,, (Vollziehung rechtskräftiger Z i v i l u r t e i l e ) . . .

l ,, 2 der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung (derogat. Kraft des Bundesrechts) 5 5 daselbst (Freizügigkeit wissenschaftlicher Berufsarten) l fl Verletzung des ZGB. (Art. 312, Gerichtsstand für die Vaterschaftsklage) l Verletzung der KV (Gewaltentrennung) l Verletzung des Gerichtsstandsvertrages mit Frankreich . .'

2 _55 Ad 3. Der hier erwähnte Fall betraf eine Streitsache zwischen den Schweiz. Bundesbahnen und dem Kanton Zürich bzw. der Gemeinde Albisrieden. Die Beschwerde der Bundesbahnen wurde auf Grund von Art. 10 des Rückkaufsgesetzes vom 15. Oktober 1897 (der die S t e u e r f r e i h e i t der mit dem Bahnbetrieb in notwendiger Beziehung stehenden Grundstücke usw. statuiert) als begründet erklärt.

191

Ad 4. Gegen- die Zulässigkeit des V e r z i c h t s auf das S c h w e i z e r b ü r g e r r e c h t wurde durch die in der Schweiz wohnende Ehefrau eines seit Jahren in Amerika sich aufhaltenden Bürgers aus dem Kanton Aargau und deren Kinder Einsprache ·erhoben. Die Einsprache wurde, soweit sie sich auf die Ehefrau und Kinder bezog, geschützt, im übrigen aber abgewiesen, und es wurden die aargauischen Behörden eingeladen, die Verzicht·erklärung des Ehemannes mit Bezug auf seine Person entgegenzunehmen.

Ad 5. B e s c h w e r d e n b e t r e f f e n d die p o l i t i s c h e Stimm berechtigung und betreffend kantonale W a h l e n und A b s t i m m u n g e n . Von den 9 anhängig gewesenen Beschwerden wurde eine als begründet erklärt (Aargau), 4 wurden abgewiesen (je eine aus den Kantonen Baselstadt, Bern, Thurgau und Zürich), auf 4 Beschwerden wurde nicht eingetreten- (3 weil gegenstandslos geworden [2 aus dem Kanton Freiburg, eine aus dem Kanton Genf], eine, weil die kantonalen Instanzen nicht erschöpft waren [aus dem Kanton Schwyz]).

Ad 6. Die einzige Beschwerde, die wegen V e r w e i g e r u n g d e s A r m e n r e c h t s in einem vor den Gerichten des Kantons Basellandschaft anhängigen Haftpflichtprozesse erhoben worden war, ist als begründet erklärt worden.

Ad 7. A u s l i e f e r u n g e n an das A u s l a n d . In 4 Fällen, in denen gegen die Auslieferung seitens der Verfolgten Einsprache erhoben worden war, hat der Bundesrat die Akten dem Bundesgericht zum Entscheide vorgelegt. Die Auslieferung wurde nachgesucht : im 1. Fall von Italien (wegen betrügerischen Bankerotts).

Die Auslieferung wurde bewilligt; im 2. Fall wiederum von Italien (wegen minderwertigen Materiallieferungen für die Armee). Die Auslieferung wurde verweigert, weil der Zufluchtskanton (Tessin) das betreffende Delikt nicht mit Strafe bedroht; im 3. Fall von Deutschland (wegen Hehlerei). Die Auslieferung wurde gestattet; im 4. Fall von Frankreich (wegen Betrugs, Betrugsversuchs, Vertrauensmissbrauchs, Diebstahls und Hehlerei). Die Akten dieses Falles sind dem Bundesgerichte erst in der letzten Dezemberwoche zugekommen, und da die Sache nicht spruchreif war (es mussten auf diplomatischem

192 Wege noch Erhebungen gemacht werden), konnte dieser Fall im Berichtsjahre nicht mehr erledigt werden.

Ad 8. R e v i s i o n s - , E r l ä u t e r u n g s - und M o d e r a t i o n s b e g e h r e n . 3 Revisions- und l Erläuterungsbegehren, wurden als unbegründet abgewiesen, auf ein Revisionsbegehren wurde wegen Unzulässigkeit nicht eingetreten; ein Moderationsgesuch (aus dem Kanton Freiburg) wurde teilweise begründet erklärt und die Honorarrechnung des betreffenden Anwaltes entsprechend moderiert.

In 129 Fällen, in denen entweder die Anhebung oder Veranlassung des Streites, die Art der Prozessführung oder die rechtliche Natur der Streitsache es rechtfertigten (Art. 221, Abs. 2 und 5, OG), wurde eine G e r i c h t s g e b ü h r erhoben; in einem Falle wurde wegen Verletzung des durch die gute Sitte gebotenen Anstandes eine O r d u u n g s b u s s e ausgesprochen (Art. 39, Abs. l, OG), und in 4 weitern Fällen wurde aus dem nämlichen Grunde ein V e r w e i s erteilt.

Gesuche um Erlass von provisorischen V e r f ü g u n g e n im Sinne von Art. 185 OG waren vom Präsidenten der staatsrechtlichen Abteilung 107 zu behandeln. Davon wurden 39 bewilligt, 38 abgewiesen, auf 6 Begehren wurde nicht eingetreten, und 24 wurden infolge Beurteilung der Hauptsache gegenstandslos.

2 Fälle gaben Anlass zu einem M e i n u n g s a u s t a u s c h mit dem B u n d e s rat hinsichtlich der Kompetenzfrage gemäss, Art. 194 OG.

IV. Schuldbetreibung und Konkurs.

Im Berichtsjahre sind Kreisschreiben von allgemeiner Bedeutung nicht erlassen worden. Dagegen hat die Betreibungskammer wiederum wie früher eine Reihe von Anfragen kantonaler AB beantwortet und diesen Behörden im Anschluss an Rekursentscheidungen und auf Grund der eingereichten Jahresberichte verschiedene Weisungen erteilt.

Ferner hat sie die Vorarbeiten für die bereits in einem anderen Zusammenhang erwähnte Verordnung über die von den Betreibungs- und Konkursämtern zu bewirkenden Eintragungen und Vormerkungen im Grundbuch (Aufstellung und Vorberatung der Entwürfe, Umfrage bei einer Anzahl kantonaler Betreibungsund Grundbuchämter, Korrespondenz mit dem Bundesrat als Oberaufsichtsbehörde über die Grundbuchführung) besorgt.

193 Zuhanden des eidgenössischen Justizdepartements hat sie sich über den Entwurf einer revidierten Verordnung über die Viehverpfändung und die Frage der Verlängerung der Geltungsodauer der Bestimmungen über die allgemeine Betreibungsstundung gutachtlich ausgesprochen. Dagegen konnte sie der durch eine Diskussion im Sländerat veranlassten Anregung des genannten Departements, in einen Meinungsaustausch über die in bezug auf die Behandlung im betreibungsrechtlichen oder konkursrechtlichen Verwertungsverfahren nicht angemeldeter Dienstbarkeiten bestehende Kontroverse einzutreten, keine Folge geben, weil die Frage, welche Wirkungen mit der Nichtanmeldung von dinglichen Rechten in einem solchen Verfahren, bzw. deren Nichtaufnahme in das Lastenverzeichnis verbunden sind, ob der Berechtigte dadurch nur von der Teilnahme am Verwertungserlös ausgeschlossen wird oder ob dadurch das betreffende Recht selbst untergeht, eine solche des materiellen Zivilrechts ist, die in die Entscheidungskompetenz der Zivilabteilungen des Gerichts fällt, und die Tätigkeit der Betreibungskammer in der Sache sich darauf beschränkt hat, bei ihren Inspektionen die Ämter und Aufsichtsbehörden auf die aus der Praxis jener Abteilungen sich ergebende Notwendigkeit gewissenhafter und vollständiger Abfassung des Lastenverzeichnisses" bzw. Kollokationsplans sowie der Steigerungsbedingungen hinzuweisen.

Die Gesamtzahl der im Berichtsjahre anhängigen Rekurse betrug 428 (d. h. 46 weniger als im Vorjahr); davon waren aus dem Vorjahr übernommen 3, im Laufe des Jahres eingegangen 425. Erledigt wurden 423, so dass auf das Jahr 1917 übertragen wurden 5 Fälle.

Von den erledigten Beschwerden betrafen : 26 Anwendung der organisatorischen Bestimmungen des SchKG (Art. 1--373, 3 Arten der Schuldbetreibung, 2 Ort der Betreibung, 9 Betreibungsferien und Rechtsstillstand, 3 Anhebung der Betreibung, 9 Zustellung der ßetreibungsurkunden, 3 Zwangsvollstreckung unter Ehegatten, 15 Zahlungsbefehl und Rechtsvorschlag, 135 Pfändung, 4 Verwertungsbegehren, 187 Übertrag

194

187 Übertrag 27 Verwertung von beweglichen Sachen und von Forderungen, »36 Verwertung von .Liegenschaften, 2 Verteilung im Pfândungsverfahren, 11 Betreibung auf Pfandverwertung, 3 Betreibung für Miet- und Pachtzinsforderungen, l ordentliche Konkursbetreibung, 3 Wechselbetreibung, 3 Wirkungen des Konkurses auf das Vermögen des Schuldners, 8 Konkursverfahren, 9 Feststellung der Konkursmasse, 3 Verwaltung der Konkursmasse, 16 Kollokation der Gläubiger im Konkurs, 27 Verwertung und Verteilung im Konkurs, 20 Arrest, 12 Retentionsrecht, 6 Nachlassvertrag, 5 · Gebührentarif, 6 Revision, bzw. Erläuterung, 5 Anwendung der Kriegsnovelle zum SchKG, 11 Anwendung der Verordnung betreffend Schutz der Hotelindustrie.

423 Die Dauer der Erledigung, d. h. vom Eingang der Beschwerden bis zum Spruch, betrug: l bis 3 Tage in 212 Fällen 4 ,, 6 ,, ,, 65 ,, 7 ,, 14 ,, ,, 85 ,, 15 ,, 21 ,, ,, 30 ,, 22 und mehr ,, ,, 31 ,, Die kürzeste Dauer betrug l Tag; die längste Dauer betrug 2 Monate l Tag; die Durchschnittsdauer betrug 7 Tage.

195

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Aarffau Appenzell A.-ßh Appenzell I.-Rh Baselland Baselstadt . .

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Bern Freiburg Genf Glarus Graubünden Luzern Neuenburg Nidwaiden Obwalden Schaffhausen . . . . . .

Schwyz Solothurn St. Gallen Tessin Thurgau Uri Waadt Wallis Zug Zürich

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Bundesblatt. 69. Jahrg. Bd. I.

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Auf 1917 Übertragen

Kantone

Begründet erklärt

e

RUckzug oder Gegenstands- l losigkeit

Über die Verteilung der Geschäfte nach Kantonen und über das Schicksal der Beschwerden gibt folgende Tabelle Auskunft:

1 1 1

1

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26 8 1 14 48 32 13 25 8 32 11 1

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7 1 13 9,3 7

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13 2 1 30 46 15 -- 3 35 2 3 1 60

6 124 247

5 428

25

18

196

Die Gründe, aus denen die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer in 46 Fällen auf die Beschwerde nicht eintrat, waren: in 13 Fällen Inkompetenz der Oberaufsichtsbehörde, in 9 Fällen Verspätung der Beschwerde, in 11 Fällen direkte Einreichung der Beschwerde beim Bundesgericht, in 3 Fällen fehlende Legitimation zur Beschwerde, in 6 Fällen Fehlen eines bestimmten Beschwerdeantrages, in 2 Fällen Nichterschöpfung des kantonalen Instanzenzuges, und je in einem Falle Nichtunterzeichnung der Beschwerde, Mangel eines gesetzlichen Revisionsgrundes.

Gesuche um provisorische Verfügungen wurden gestellt 52 davon bewilligt 16 Ì abgewiesen 12 > 29 Verfügungen durch Nichteintreten erledigt . . l ) wegen sofortiger Erledigung der Sache keine Verfügung erlassen 23 Auf d e m Z i r k u l a t i o n s w e g e e r l e d i g t e G e s c h ä f t e : Zirkulationsurteile 325 Zirkulationsbeschlüsse 51 Total 376 Von den Zirkulationsurteilen waren 150 Präsidialanträge, in welcher Zahl 37 Nichteintretensentscheide Inbegriffen sind.

Auf dem Korrespondenzweg erledigte Geschäfte: Präsidium . .

Kammer . .

Kanzlei

.

.

.

.

21 .

35

68 Total- T24

(im Vorjahr) 28 71

100 199

Das Protokoll der Betreibungskammer über die A d m i n i s t r a t i v g e s c h ä f t e verzeichnet 65 Nummern.

T. Freiwillige

Gerichtsbarkeit.

Liquidation der linksufrigen Vierwaldstätters e e b a h n . Nachdem eine im Berichtsjahr gegen den Massaverwalter beim Bundesgericht als Aufsichtsbehörde erhobene Beschwerde erledigt worden ist, wird" nun die Liquidation einem

197

raschen Abschlüsse entgegengeführt werden können. Zu diesem Ende ist eine Expertise für Überprüfung der Rechnungsführung des Massaverwalters angeordnet worden.

Liquidation der Monte-Generoso-Gesellschaft.

Am 21. Februar fand die öffentliche Steigerung der Bahnlinie und zugehörenden Immobilien (Hotels) und Mobilien statt. Der Zuschlag an die Banca della Svizzera Americana fand zum Preise von Fr. 607,200 statt. Der Abschluss auch dieser Liquidation wird demnächst erfolgen können,. da der Verteilungsplan noch Ende Jahres zur Auflage gelangt ist.

Der A.-G. E l e k t r i s c he S t r a s s e n b a h n B r u n n e n - M o r s c h a c h , der A r t h - ß i g i - B a h n g e s e l l s c h a f t und der A.-G.

e l e k t r i s c h e Bahn M o n t h e y - C h a m p é r y - M o r g i n s ist auf deren Gesuch vom eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartement die seinerzeit erteilte Stundung auf unbestimmte Zeit verlängert worden.

Bezüglich eines gegen die A.-G. S o l o t h u r n - M ü n s t e r Bahn eingereichten Liquidationsbegehrens, das dem eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartement zugewiesen wurde, is.t von letzterem unterm 15. August verfügt worden, dass der genannten Bahn für die Begleichung 1. der fällig werdenden Zinse der konsolidierten Anleihen, 2. der schwebenden Schulden auf unbestimmte Zeit Stundung gewährt werde.

Ein gegen die B e r n e r A l p e n b a h n - G e s e l l s c h a f t (Bern-Lötschberg-Simplon) gestelltes Zwangsliquidationsbegehren ist wieder zurückgezogen worden.

In einem schiedsgerichtlich zu erledigenden Prozesse zwischen der B e r n e r A l p e n b a h n - G e s e l l s c h a f t und Frau E l i s a b e t h S c h i l d in Grenchen ist auf Ansuchen der ersteren der Obmann des Schiedsgerichts bezeichnet worden.

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Nach den N a t i o n a l s p r a c h e n verteilen sich die e r l e d i g t e n Geschäfte wie folgt: Deutsche Schweiz I. Zivilsachen: Ì. Erst- und letztinsfcanzliche Prozesse 2. Berufungen . . .

3. Zivilrechtl.Beschwerden 4. Andere Zivilsachen 5. Expropriationen . . .

15 332 23 10 109

II. Strafsachen

= 72% = 69% = 96% --100% = 95%

Französische Schweiz

3 = 14 % 128 -- 26 % 1 = 4% 6 =

Italienische Schweiz

Total

3 = 14 % 22 = 5 %

21=100% 482 = 100 % 24 = 100 % 10 = 100% 115 = 100 %

3 = 6%

46 = 100 %

5%

27 =

59%

16 = 35 %

III. Staatsrechtliche Streitigkeiten

294 =

71 %

98 = 24 %

23= 5%

415 = 100 %

IV. Beschwerden der Schvldbelareibungs- u. Konkurskammer

289 =

68%

89 = 21 %

45 = 11 %

423 = 100 %

Total 1099 =

72%

341 = 22 %

96= 6%

·

1536 = 100% co

CD

200

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

L a u s a n n e , den 12. Februar 1917.

Im Namen des Schweiz. Bundesgerichtes, Der Präsident:

Ursprung.

Der Gerichtsschreiber : Nicola.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweizerischen Bundesgerichts an die Bundesversammlung Über seine Geschäftsführung im Jahre 1916. (Vom 12. Februar 1917.)

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Bundesblatt

Dans

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Foglio federale

Jahr

1917

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

10

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

07.03.1917

Date Data Seite

173-200

Page Pagina Ref. No

10 026 304

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