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Schweizerisches Bundesblatt.

44. Jahrgang. V.

Nr. 50.

7. Dezember 1892.

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Einrückungsgebühr per Zeile 15 Kp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druck und Expedition der Buchdruckerei Karl Stämpfli & de in Bern.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung über die Revision des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund.

(Vom 28. November 1892.)

Tit.

Am 8. Juni verflossenen Jahres wurde von den Herren Nationalräthen Curti, Beck-Leu, Hochstraßer, Risch, Roten, Scheuchzer, Steiger (St. Gallen), Vogelsanger, von Matt und Zschokke folgende Motion gestellt: ,,Der Bundesrath ist eingeladen, za untersuchen, ob nicht der Abschnitt C. (Verbesserung des Bodens) im Bundesbeschluß betreffend die Förderung der Landwirthschaft durch den Bund, vom 27. Juni 1884, in dem Sinne abgeändert und entwickelt werden könnte, daß 1. die Bedingungen für die Gewährung von Bundessubventionen zum Zwecke der Bodenverbesserung erleichtert werden; 2. der Bund die Heranbildung von Feldmessern (Kulturingenieuren) wirksam fördern, und 3. der Bezug guter und billiger Kunstdünger den Kleinbauern möglich gemacht werde.

Ferner wird der Bundesrath ersucht, eine Zusammenstellung der Thatsachen zu veranlassen, welche er über die landwirtschaftliche Bodenverschuldung und ihre Folgen in Erfahrung bringen kann."

Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. V.

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Diese Motion wurde sodann in folgender, von den Herren Nationalrath Baidinger und Bundesrath Deucher beantragten Fassung und unter der protokollarischen Erklärung des Letztern erheblich erklärt, daß er den Theil der Motion, der von der Boden verschuldung handelt, nur in dem Sinne acceptire, daß der Bundesrath sich vorbehalte, zu prüfen, ob eine solche Zusammenstellung überhaupt thunlich sei.

,, D e r B u n d e s r a t h ist e i n g e l a d e n , z u u n t e r s u c h e n , , ob nicht der B u n d e s b e s c h l u ß betreffend die Pörderung d e r L a n d w i r t h s c h a f t d u r c h d e n B u n d , v o m 27.

J u n i 1884, i m S i n n e g r ö ß e r e r N u t z b a r m a c h u n g f ü r d i e l e t z t e r e , e i n e r R e v i s i o n z u u n t e r s t e l l e n sei.

Ferner wird der B u n d e s r a t h e r s u c h t , eine Z u s a m m e n s t e l l u n g der Thatsachen zu veranlassen, welche er über die landwirtschaftliche Bodenverschuldung u n d i h r e F o l g e n i n E r f a h r u n g b r i n g e n kann."

Durch die Aenderung des Wortlautes der Motion und die dadurch bedingte Erweiterung derselben sollte die Frage, ob, und wenn ja, wie der Bundesbeschluß betreffend die Förderung der Landwirthschaft durch den Bund, vom 27. Juni 1884, zu revidiren sei, in keiner Weise präjudizirt und sollten insbesondere die im ursprünglichen Wortlaut des ersten Theiles der Motion herausgegriffenen drei Punkte in keiner Weise vor andern vielleicht ebenso dringlichen oder gar nothwendigern bevorzugt werden.

In diesem Sinne erstatten wir Ihnen hiemit Bericht und Antrag, wobei wir uns jedoch erlauben, uns mit den drei Wünschen der Motionssteller in erster Linie zu beschäftigen. Ueber den zweiten Theil der Motion, die Frage der Bodenverschuldung, behalten wir uns eine spätere, einläßliche Berichterstattung vor und begnügen uns für heute damit, Ihnen von dem Kenntniß zu geben, was bisher in dieser Angelegenheit geschehen ist.

1. Bodenverschuldung.

Ueber die Verschuldung des landwirthschaftlichen Grundbesitzes war nur durch Vermittlung der Kautone Auskunft zu erhalten; denn das, was in Geschäftsberichten und andern Veröffentlichungen ausfindig gemacht werden konnte, betrifft die Verpfändung der g e s a m m t e n Immobilien, Zahlen und Verhältnisse, die keine Beurtheilung der l a n d w i r t h s c h a f t l i c
h e n Bodenverschuldung gestatten.

Unser Landwirthschaftsdepartement hat deßhalb unterm 5. Februar 1892 folgendes Kreisschreiben an sämmtliche Kantonsregierungen erlassen :

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,,Am 16. Juni 1891 hat der Nationalrath durch Erheblichkeitserklärung einer Motion dem Bundesrath und dieser dein unterzeichneten Departement den Auftrag ertheilt, e i n e Z u s a m m e n s t e l l u n g d e r T h a t s a c h e n z u v e r a n l a s s e n , welche über die l a n d w i r t h seh af tlich e Boden v e r s c h u l d ung und ihre Folgen in E r f a h r u n g , gebrach t werden können.

,,Wir wissen nicht, ob es überhaupt möglich sein wird, den gegenwärtigen Stand der Bodenverschuldung, beziehungsweise die Höhe des grundversicherten Kapitales, mit Ausschluß der auf Gebäuden ohne landwirtschaftlichen Grundbesitz haftenden Hypotheken, einigermaßen genau festzustellen.

So viel uns bekannt, sind in mehreren Kantonen die Hypothekenbriefe oder Gülttitel Inhaberpapiere, die zum Theil in Händen des betreffenden Grundbesitzers liegen können und folglich keine Schulden bedeuten, obwohl sie in den amtlichen Hypothekenbuchern als solche eingetragen sind. Dieses Verhältnis wird indeß als ein ausnahmsweises betrachtet werden müssen. Unseres Ermessens handelt es sich auch weniger darum, eine genaue Statistik der Bodenverschuldung in der Schweiz herbeizuführen, als vielmehr darum, den Gang dieser Verschuldung im Allgemeinen, die Ursachen und die Polgen derselben kennen zu lernen.

,,Auch in dieser Form wird die Aufgabe, deren Lösung vollständig von Ihrer Mitwirkung abhängt, noeh Schwierigkeiten genug bieten.

,,Was den G a n g d e r V e r s e h u l d un g anbetrifft, so seheint es uns von großem Werth, zu erfahren, in welcher Progression die Bodenrerschuldung in den verschiedenen Jahrzehnten oder Jahrfünt'ten seit dem zweiten Viertel, oder doch wenigstens während der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts, zugenommen hat. Wir glauben nämlich voraussetzen zu dürfen, daß eine Zunahme der Verschuldung bis wenigstens zu Beginn des abgelaufenen Jahrzehnts stattgefunden habe. Dieses Verhältniß dürfte sich unschwer und mit genügender Genauigkeit aus dem Vergleich der jährlich neu errichteten Schuldtitel mit den gelöschten ergeben. Wenn in größeren Kantonen diese Erhebungen für das ganze Gebiet auf Schwierigkeiten stoßen sollten, so könnten dieselben auf einige typische Bezirke oder größere Gemeinden beschränkt werden. 0 .,,Schon schwieriger wird die E r m i t t l u n g der U r s a c h e n d e r V e r s c h u l d
u n g sein.

,,Es können da in Frage kommen: Kauf mit ungenügenden oder nur theilweise genügenden Mitteln, Auskauf, Erbtheilung, erhöhte Anforderungen an den Unterhalt der Familie, an die Erziehung der Kinder, Militärdienst, erhöhte Forderungen der Dienstboten und

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Arbeiter, Vermehrung des Betriebskapitals, Erstellung und Unterhalt von Bauten, ungenügender Ertrag des Grundbesitzes, um diesen mehr oder weniger notwendigen Anforderungen gerecht zu werden.

,,Dann werden aber auch noch in Betracht kommen: mangelhafte Befähigung des Besitzers als Landwirth, folglieh unzweckmäßige Betriebsweise, Mangel an Ordnungssinn und Sparsamkeit, Genußsucht in ihren verschiedenen Formen, Unglück in Gestalt von Todesfällen, Krankheiten und Seuchen bei Menschen und Vieh, Feuersehaden, Hagelschlag, Ueberschwemmung und andere elementare Schäden u. s. w. u. s. w.

,,Es ist selbstverständlich unmöglich, in allen Fällen, wo eine höhere Verschuldung des Grundbesitzes stattgefunden hat, die Ursache dieser Erhöhung aufdecken und einregistriren zu können.

Wenn wir keinen Anspruch auf eine genaue Statistik dieser Ursachen machen, so wäre der Sache anderseits kaum gedient, wenn diese wichtigste der Fragen nur mit allgemeinen Phrasen abgethan würde. Wenn die geeigneten Personen mit diesen Erhebungen betraut und wenn letztere -- namentlich in größern Kantonen -- auf typische Gemeinden oder Bezirke der verschiedenen Laudesgegenden beschränkt werden, so dürfte doch sehr werthvolles Material sich zu Tage fördern lassen, welches dem Gesetzgeber und der Verwaltung bei Behandlung von agrarpolitischen und erbrechtlichen Fragen die wichtigsten Fingerzeige geben wird.

,,Ueber die Folgen der Bodenverschuldung wird es wahrscheinlich leichter sein, Thatsachen zu sammeln. In dieser Beziehung wäre eine Statistik der Geltstage, Konkurse oder resultatlosen Pfändungen, soweit selbe den landwirthschaftlichen Grundbesitz beschlagen, und eine Vergleichung mit den ähnliehen Erscheinungen des wirthschaftlichen Schiffbruches bei den andern Ständen und Berufsklassen sehr werthvoll.

,,Wir möchten nur noch auf einen Umstand aufmerksam machen, der Ursache und Folgen der Boden Verschuldung zugleich betrifft.

,,Seit Jahrhunderten ist der Ertrag des Grundbesitzes und damit sein Preis stetig von Periode zu Periode gestiegen, sei es, daß er wirklich einen höhern Werth bekam, oder sei es, daß der Werthmesser: das Geld, an Werth verlor. Kriegsjahre und eine Reihe von Fehlernten konnten wohl auf einige Zeit diesem Steigen der Güterpreise Einhalt .thun; die Wirkung war aber nur eine zeitweilige und lokale. Daraus folgt,
daß derjenige, der die genügenden Mittel besaß, um die Kaufsverbindlichkeiten zu erfüllen und die nothwendigen Betriebsmittel zu beschaffen, den Grundbesitz ungestraft zu einem höhern Preise kaufen durfte, als dies durch den nachhaltigen Reinertrag bedingt war, weil die fortwährende Preis-

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Steigerung des Grundbesitzes den Käufer dennoch mit der Zeit in den Besitz einer Bodenrente gelangen ließ.

,,Seit einigen Jahren ist indeß eine rückläufige Bewegung in den Preisen des Grundbesitzes erkennbar, welche früher von Niemandem, am wenigsten von dem einfachen Landwirthe vorausgesehen werden konnte, schon aus dem Grund nicht, weil Niemand daran denken durfte, daß im Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität alle Staaten dem freien Waarenverkehr die mit ungeheurem Aufwand an Genie, Arbeit und Kosten geöffneten Wege wieder durch Schutzzölle und andere Maßnahmen verrammeln würden.

,,Daraus folgt, daß diejenigen, welche den Grundbesitz in den letzten beiden Jahr/ehnteo erworben hatten, oder durch Auskauf und Erbschaft erwerben m u ß t e n , zu theueres Land und zu hoch verschuldeten Grundbesitz haben, und daß dies neuer Verschuldung ruft, wo solche überhaupt noch möglich ist.

,,Es wäre höchst lehrreich, zu erfahren, ob und wann diese rückläufige Preisbewegung überall eingetreten ist, und wie sie die verschiedenen Betriebsarten V i e h z u c h t , Ackerbau, Wiesenbau, Kebbau, die Weidewirthschaft, die Güter mit und diejenigen ohne Obstbau betroffen hat.

,,Wir wollen übrigens durchaus keine Wegleitung geben, indem die Aufgabe, welcha die Motion stellt, auf verschiedene Weise angefaßt werden kann. Wir können auch zugeben, daß den Kantonen keine Verpflichtung obliegt, uns bei Lösung dieser Fragen behülflich zu sein. Letztere dürften indeß für jeden Kanton mindestens das gleiche Interesse bieten wie für den Bund. Für die Beantwortung möchten wir auch keinen Termin stellen, weil es mehr auf das ,, w i e " 1 als auf das ,, w a n n tt ankommt. Wir nehmen auch keinen Anstand, zu erklären, daß wir seiner Zeit dem Bundesrath beantragen werden, brauchbare Eingaben Ihnen zu Händen Ihrer damit Beauftragten angemessen zu honoriren.

,,Genehmigen Sie, etc."

Das Département scheint aber die der Aufgabe entgegenstehenden Schwierigkeiten unterschätzt zu haben, denn aus mehreren Kantonen kamen Wünsche nach eingehenderer Wegleitung und nach Berathung der Angelegenheit auf dem Konferenzwege. Grlarus lehnte die Betheiligung an den Erhebungen mit der Begründung ab,, daß im dortigen Kantone keine amtliche Liegenschaftsschatzung bestehe und bisher auch keine Bodenvermessung stattgefunden habe, woraus das Verhältniß
zwischen dem Werth der Liegenschaften und der Pfandschuld berechnet werden könnte, und daß die bloße Kenntniß der letztern kaum dem Zwecke genügen würde, den die Motion im Auge habe.

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Den geäußerten Wünschen entsprechend, hat dann das Landwirthschaftsdepartement sämmtliche Kantone eingeladen, Sachverständige zu einer Konferenz nach Bern zu senden. Mit Ausnahme von Uri und Glarus leisteten alle Kantone dieser Einladung Folge.

Das Protokoll über diese zwei Tage dauernden Verhandlungen finden Sie im Anschluß an diese Botschaft.

Obschon nun das Resultat der Konferenzverhandlungen, wie sich dasselbe in Resolution I ausgedrückt findet, mit Bezug auf Anbahnung einer Statistik über den gegenwärtigen Stand und den Gang der Bodenverschuldung ein mehr negatives war und die Konferenz sich auf die Erhebung der Thatsachen, welche diese Verschuldung verursachten, beschränken möchte, glaubten wir, im Einverständnis mit unserm Landwirthschaftsdepartement, uns doch nicht auf diesen Standpunkt stellen zu sollen, da wir aus den Konferenzverhandlungen die Ueberzeugung gewonnen hatten, daß es den Kantonen nicht schwer fallen sollte, je in der ihren Verhältnissen entsprechenden und ihnen zweckdienlich scheinenden Form sachbezugliche Erhebungen über die landwirtschaftliche Bodenverschuldung zu machen und uns ein werthvolles Material zur weitern Behandlung der Frage zu liefern. Dabei soll allerdings von einer eigentlichen, genauen und weitläufigen Statistik Umgang genommen werden, wie dies übrigens schon im Kreisschreiben vom 5. Februar 1892 auseinandergesetzt wurde.

Wir glaubten deßhalb, das in jenem Kreisschreiben angedeutete Verfahren aufrecht erhalten zu sollen, und in diesem Sinne erließ unser Landwirthschaftsdepartement unterm 30. Mai 1. J. folgendes neue Zirkular an sämmtliche Kantonsregierungen: ,,Im Anschlüsse senden wir Ihnen einige Exemplare des ausführlichen Protokolles der Konferenz kantonnler Abgeordneter, die wir zur Berathung der Bodenverschuldungsfrage auf den 20. und 21. April laufenden Jahres nach Bern einberufen hatten.

y,Wie Sie aus diesem Protokolle ersehen, hält man allseitig die Schwierigkeiten, die sich einläßlichen und zu verläßigen statistischen Erhebungen über die Bodenverschuldung entgegenstellen, für so groß, daß die Konferenz hievon Umgang nehmen und sich auf die Sammlung der Thatsachen beschranken möchte, durch die eine allfällige Ueberverschuldung verursacht wird.

,,Indem wir darauf aufmerksam machen, daß eine eingehende Statistik durch unser Kreisschreiben vom
5. Februar nicht beabsichtigt war, weil wir glaubten, daß es sich weniger darum handeln könne, eine genaue Statistik der Bodenverschuldung in der Schweiz herbeizuführen, als vielmehr darum, den Gang dieser Verschuldung

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im Allgemeinen, die Ursachen und die Folgen derselben kennen zu lernen, geben wir gerne zu, daß selbst eine allgemeine Enquête nach einheitlichem Muster über diese vielgestaltige Frage unmöglich ist, daß vielmehr in den einzelnen Kantonen, je nach den dort bestehenden Vorschriften, in ganz verschiedener Weise vorgegangen werden muß, um zu einem, wenn auch nur annähernd befriedigenden Resultate zu gelangen.

,,Wir halten aber dafür, daß es kaum möglich sein dürfte, sich über die Ursachen der Bodenverschuldung auszusprechen, ohne sich gleichzeitig über den gegenwärtigen Stand und die Bewegung derselben einigermaßen Kenntniß zu verschaffen.

,,Wir haben nun aus den Konferenzverhandlungen die Ueberzeugung gewonnen, daß es einer Reihe von Kantonen ohne allzu große Mühe und Opfer möglich wäre, in der einen oder andern Richtung werthvolles Material zu gewinnen und, wo dies nicht für das ganze Kantonsgebiet der Fall sein sollte, durch Erhebungen in verschiedenen Gemeinden, Kreisen oder Bezirken, ja vielleicht selbst bei einzelnen Landwirthea, gewisse Verhältnißzahlen zu erhalten, die ein annähernd sicheres Urtheil ermöglichen dürften.

,,Wir glauben deßhalb unser Kreisschreiben vom 5. Februar aufrecht halten und sämrntliche Kantone einladen zu sollen, über die Bodenverschuldung und deren Ursachen mit thunlichster Beförderung diejenigen Erhebungen zu veranstalten, die ihnen möglich sind, sowie uns überhaupt eine Zusammenstellung des in ihren Händen befindlichen, zur Lösung unserer Aufgabe dienlichen Materials zu liefern, wobei die einzelnen Kantonsregierungen in dem ihnen übermittelten Protokoll eine nicht unwillkommene Wegleitung über das einzuschlagende Verfahren finden dürften. Wir werden dann versuchen, die erhaltenen Mittheilungen zu einem Bilde zu gestalten, das zwar nicht vollständig sein, immerhin aber eine lehrreiche Darstellung für unser Land bieten dürfte.

,,Mit Bezug auf den zweiten Theil der von der Konferenz gestellten Anträge werden wir dem Bundesrath beantragen, Vorschriften über eine Statistik des Betreibungswesens zu erlassen und dabei der Statistik der Zwangsverwerthungen besonders zu gedenken.

,,Was den weitern Wunsch der Konferenz über Schaffung einer Statistik der Handänderungen und Schuldversehreibungen mittelst Zählkarten betrifft, so haben wir die Ueberzeugung gewonnen, daß die
Verarbeitung dieser Zählkarten auf einer Cen.tralstelle die Vermehrung des Personals auf bestehenden Kanzleien oder die Schaffung eines neuen Büreau's -fcur Folge haben müßte. Dagegen möchten wir Sie dringend ersuchen, Ihre betreffenden Beamten zur Anlage

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einer solchen Zusammenstellung zu verhalten, die wir dann gerne jährlich publiziren würden.

,,Genehmigen Sie, etc."

Ueber den weitern Gang der Angelegenheit werden wir Ihnen, wie bereits gesagt, später Bericht erstatten.

2. Ermöglichung des Bezuges guter und billiger Kunstdünger durch den Kleinbauer.

Wissenschaft und Erfahrung lehren, daß der Boden nur dann den höchsten Ertrag liefern kann, wenn den Pflanzen, die man anbauen will, alle notwendigen Nährstoffe im Ueberschusse und in aufnahmefähiger Form zu Gebote stehen. Dies ist aber nur sehr selten der Fall. Fast allen Böden fehlt es an einer unter allen Umständen ausreichenden Menge solcher Phosphorsäure, welche von den Pflanzen aufgenommen werden kann; vielen Kulturen steht nicht immer die nöthige Menge aufnahmefähigen Stickstoffs zur Verfügung, und den leichtern und den humosen Bodenarten fehlt es nicht selten an Kali und zuweilen auch an Kalk. Ohne Zufuhr von Pflanzennährstoffen, sei es in Form von Viehfutter, sei es in Form von Hülfsdünger, ist es in der Regel nicht möglich, einem Bauerngute die höchste Leistung und, da durch diese die übrigen Betriebsunkosten nicht wesentlich vermehrt werden, auch die höchsten Reinertrüge abzugewinnen.

Die Kraftfutter- und die Hülfs- oder Kunstdüngemittel sind deßhalb unentbehrliche Faktoren des landwirtschaftlichen Betriebes geworden. Wissenschaft, Handel und Industrie sind fortwährend thätig, neue Quellen dieser Stoffe oder neue Kombinationen derselben zu entdecken und déni Markte zuzuführen. Staatliche Unterrichtsanstalten und staatlich entschädigte Wanderlehrer bemühen sich, Kenntnisse über Natur und richtige Anwendung der Kunstdünger und Kraftfuttermittel bei der landwirtschaftlichen Bevölkerung zu verbreiten. Zahlreiche, zum Theil klassische Schriften, die den gleichen Zweck verfolgen, werden mit Hülfe des Bundes von den landwirthschaftlichen Vereinen zu ermäßigten Preisen abgegeben. Die vom Bunde am eidgenössischen Polytechnikum geschaffene agrikulturchemische Untersuchungsstation schützt den Landwirth bei diesem Handel vor Betrug und vor Uebervortheilung.

Eine fortwährend sich mehrende und zu Verbänden sich zusammenschließende Menge von Genossenschaften und in neuerer Zeit auch die landwirthschaftlichen Vereine geben sich Mühe, ihren Mitgliedern diese Bedarfsartikel zu möglichst günstigen Bedingungen zu verschaffen.

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Karm und soll der Bund noch weiter gehen?

Die Schweiz ist nur mit Bezug auf e i n e n Pflanzennährstoff ausschließlich auf die -Zufuhr aus dem Auslande angewiesen. Es ist dieß das K a l i , das in verschiedenen Verbindungen durch die Bergwerke bei Staßfurt in den Handel gebracht wird. Daß der Bund von dieser Bergwerksverwaltung für die schweizerische Landwirthschaft günstigere Abgabebedingungen erwirken könnte, als solche den deutschen Landwirthen gestellt werden, darf man nicht wohl voraussetzen.

Die Phosphorsäure und Stickstoff enthaltenden Hülfsdünger sind sowohl inländischen als ausländischen Ursprungs. Im Inlande beschäftigt die Düngeriudustrie einen gewissen Bruchtheil der Bevölkerung, vom bescheidenen Lumpen- und Knochensammler bis zum Großhändler und dem Dirigenten oder den Besitzern der großen Dünger- und Schwefelsäurefabriken und ihren in allen Theilen des Landes zerstreulen Agenten.

^o*Anläßlich der Feststellung des neuen Zolltarifes haben Sie diese Industrie durch Erhöhung des Zolles auf aufgeschlossene Dünger neuerdings geschützt; es kann somit kaum Ihr Wille sein, daß der Bund als Fabrikant oder als Importeur von Düngmitteln konkurrirend auftrete und das, was er mit der einen Hand gegeben, mit der andern wieder mehrfach wegnehme, oder daß er diese Industrie geradezu ruinire.

Kauft und verkauft der Bund die Düngmittel theurer als dielandwirtschaftlichen Genossenschaften oder mindestens zum gleichen Preis, so nützt seine Einmischung nichts. Gelingt es ihm, sie zu günstigem Bedingungen zu erwerben und abzugeben, eine Annahme, für die übrigens kaum genügende Gründe erbracht werden dürften, so zerstört er zugleich diese Genossenschaften.

Wir halten dafür, der Staat dürfe in diesem Interessenkampf seiner Bürger nicht Partei nehmen, und wir haben es aus diesem Grunde unterlassen, die landwirtschaftlichen Kaul'genossenschaften finanziell zu unterstützen, obwohl dieselben unsere Sympathie besitzen und wir ihr vvohlthätiges Wirken zu Gunsten der Landwirthe aller Besitzesstufen anerkennen müssen. Wenn sich der Kleinbauer diesen Genossenschaften anschließt, so kann er sich seinen Bedarf an Hülfsdünger auf die Dauer jedenfalls am billigsten und zweckmäßigsten erwerben. Je mehr Mitglieder eine Genossenschaft zählt, desto erfolgreicher und kräftiger kann sie auf dem Düngermarkt auftreten. Die
Empfehlung der genossenschaftlichen Beschaffung der Düngmitlei und überhaupt der wichtigem Bedarfsartikel scheint uns die einzig richtige Beantwortung dieses Theiles der Motion zu

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sein; denn eia anderer Weg, dem Kleinbauern bessern und billigern Kunstdünger zu verschaffen, ohne Handel und Industrie zu schädigen, kann nur zur finanziellen Unterstützung desselben oder dann zum Staatlichen DUngermonopol fuhren.

Wenn man Besitzer von l bis 4 Stück Rindvieh zu den Kleinbauern zählt, so wären deren zirka 122,146 zu unterstützen. Das staatliche Düngermonopol würde den gleichen Zweck wahrscheinlich nicht mit geringern finanziellen Opfern erzielen lassen.

Uebrigens ist bisher noch nie aus landwirtschaftlichen Kreisen ein derartiges Gesuch gestellt worden.

Es ist indeß noch eine andere Bethätigung des Bundes in der Düngerfrage möglich, die nicht entfernt so große Opfer fordert und die wahrscheinlich der gesammten Landwirthschaft, und nicht nur dem Kleinbauern, mehr nutzen dürfte, als eine direkte finanzielle Unterstützung.

Wir haben oben erwähnt, daß der Boden, um unter allen Umständen die höchstmöglichen Ernten bringen zu können, den Pflanzen sämmtliche notwendigen Nährstoffe im Ueberschusse bieten müsse.

Leider ist bis jetzt noch Niemand im Stande, mit hinreichender Sicherheit dem Landwirth zu sagen, ob und welche Nährstoffe sein Boden in genügender Menge enthält, obwohl es sich jeweilen nur um drei, höchstens vier dieser Stoffe handeln kann. Die chemische Analyse läßt nur das absolute Fehlen notwendiger Bestaudtheile erkennen, was indeß äußerst selten vorkommt. Wenn sie aber eine gewisse Menge davon im Boden auffindet, so kann sie nicht sagen, wie viel davon den Pflanzen überhaupt und noch weniger wie viel davon den zur Anpflanzung bestimmten Gewächsen zugänglich sein wird, das heißt, wie viel Nährstoffe im eigentlichen Sinne vorhanden sind.

So viel Mühe darauf verwendet wurde, so ist doch noch keine analytische Methode vorhanden, welche die a s s i m i l i r b a r e n Pflanzennährstoffe mit einiger Sicherheit dem Boden zu entziehen und deren Menge zu bestimmen vermöchte. Praktische Versuche im freien Feld liefern auch kein sicheres Ergebniß, weil die Wirkung der Nährstoffe und die Ernteerträge von einer Masse von Verhältnissen abhängig sind, die mit dem Kraftzustand des Bodens nichts zu thun haben. Schon der Same, der die Pflanzen erzeugen soll, die als Indikatoren der, Bodenkraft zu dienen hahen, ist vielen Gefahren ausgesetzt; ein leichter Frost kann die Keimlinge zerstören, Sehlagregen und Hagel die Pflanzen niederschlagen, Mangel an Feuchtigkeit ihre Entwicklung hemmen, thierische und pflanz-

451 liehe Schädlinge können sie befallen u. s. w., Alles Einflüsse, die ein anormales Ergebniß liefern und falsche Urtheile veranlassen.

Dem scharfen Beobachter gibt zwar der Stand der Kulturen und der wildwachsenden Pflanzen, Inbegriffen die Unkräuter, Anhaltspunkte zur Beurtheilung der Bodenkraft, aber doch nicht in dem Maße, daß Art und Menge des nöthigen Handelsdüngers bestimmt werden könnte.

Ist ein einziger Nährstoff nicht in hinreichender Menge vorhanden, so leidet darunter die Quantität und meist auch die Qualität der Ernte, selbst wenn alle übrigen Stoffe im Ueberfluß vorhanden wären. -- Bringt der Landwirth, wie das nachweislich und vielfach geschieht, im Dünge/ Nährstoffe auf das Feld, die schon in genügender Menge vorhanden sind, so verschwendet er unnütz Geld und Arbeit. Diese Verschwendung kommt am meisten beim theuersten Stoff, dem Stickstoff, vor, der zudem nicht vom Boden zurückgehalten und aufgespeichert wird, wie dies bei Kali und Phosphorsäure der Fall ist, sondern der wirklich verloren geht, wenn er nicht von der Pflanze aufgenommen werden kann.

Der Landwirtschaftsbetrieb gestattet keine unnütze Ausgabe, weder an Geld noch an Kraft, und er ist auf die Erzielung größtmöglicher Ernten angewiesen, wenn er rentiren soll.

Auskunft über die Frage der fehlenden Nährstoffe vermögen uur solche Versuche zu geben, die -- wie die Topfkulturversuuhe nach der Methode Prof. Dr. Wagners in Darmstadt -- mit Ausschluß aller das Versuchsresultat trübenden Faktoren durchgeführt werden.

Eine Anregung zur Vornähme solcher Versuche ist am I.Mai 1891 vom Landwirthschaftsdepartement ausgegangen, und nachdem auch die Aufsichtskommission der eidgenössischen Untersuchungsstation in Zürich und der schweizerische Schulrath sich mit dieser Anregung einverstanden erklärten, haben wir am 20. April laufenden Jahres beschlossen, e s s e i a n d e r g e n a n n t e n S t a t i o n d i e E i n r i c h t u n g einer A b t h e i l u n g für T o p f k u l tur vers u c h e zur E r m i t t l u n g des D ü n g e r b e d ü r f n i s s e s der verschiedenen Bodenarten in Aussicht zu nehmen.

Diese Anstalt wird somit und sowe.it dies überhaupt nach dem heutigen Stand unseres Wissens möglich ist, dem Landwirth sagen, welche Nährstoffe für bestimmte Kulturen seinem Boden fehlen. Dungmittel, die diese Stoffe liefern,
sind massenhaft vorhanden, und es werden fortwährend neue auf den Markt gebracht.

Der Grad und die Bedingungen ihrer Wirksamkeit sind erforscht worden und werden fortwährend erforscht -- allerdings durch ausländische Versuchsanstalten. Genossenschaften, denen sich jeder Landwirth anschließen kann, bezwecken, die Düngmittel möglichst

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billig zu beziehen, und die agrikulturchemische Untersuchungsstation in Zürich ist eingerichtet worden, um bei diesem Handel die Käufer vor Betrug und Uebervortheilung zu schützen. Eine weitere Betheiligung des Bundes scheint uns zur Zeit weder nothwendig noch ersprießlich.

3. Die Heranbildung von Feldmessern (Kulturingenieuren), Die Motionssteller wünschen nach dem Wortlaute, der Motion, daß die Heranbildung von F e l d m e s s e r n gefördert werde; es muß indessen wohl angenommen werden, daß es sich hiebei nicht sowohl um Feldmesser handle, an welchen zur Zeit kaum ein Mangel ist, als vielmehr um K u l t u r i n g e n i e u r e .

Durch Bundesbeschluß vom 25. Juni 1886 sind am eidgenössischen Polytechnikum Spezialkurse für die Bildung von Kulturtechnikern und von Landwirthschaftslehrern eingerichtet worden.

Diese kulturtechnische Abtheilung war bis jetzt schwach besucht, obwohl kein Begehren um ein Stipendium zur Erleichterung dieses Besuches von unserem Landwirthschaftsdepartement und unseres Wissens auch nicht von den Kantonsregierungen zurückgewiesen wurde.

Der Grundbesitz ist bei uns durchschnittlich klein, dagegen der Unabhängigkeitssinn und, sofern es sich um Ausgaben handelt, die nicht handgreiflichen Vortheil bringen, auch der Sparsinn des Grundbesitzers groß. Er läßt sich Vorschriften über Anlage und Ausführung von Verbesserungsarbeiten nur ungerne gefallen, noch weniger gerne gibt er für diese Anleitung und Aufsieht Geld aus.

Größere Unternehmungen, die nur durch das Zusammenwirken mehrerer Landwirthe möglich sind, erfordern so viel Zeit, Mühe und Ueberredungskunst, daß sie für den Kulturtechniker, der hier nicht umgangen werden kann, meistens weder angenehm noch lohnend sind.

Die Kulturtechnik war bisher bei uns meist eine Nebenbeschäftigung für Ingenieure, Geometer und Förster, und man darf sagen, daß dio Projekte, die diese Techniker verfertigen, in den meisten Fällen billigen Anforderungen entsprechen. Unseres Wissens ist auch kein Projekt wegen Mangel an planentwerfenden Technikern unausgeführt geblieben; es fehlt eher an tüchtigen Unternehmern und Vorarbeitern, namentlich für schwierigere Drainagen.

Dennoch dürfte eine gewisse Zahl berufsmäßiger Kulturtechniker kaum länger entbehrt werden können. Ihre Aufgabe soll aber nicht darin bestehen, den Geometern und Förstern, die auf dem Gebiete der Bodenverbesserung Tüchtiges geleistet, Konkurrenz zu machen:,

453 sie hätterrvielmehr die Boden- und Kulturverhältnisse ihres Wirkungskreises zu studiren,i nützliche Unternehmungen anzuregen, von unO ~ ' rentabeln abzurathen, Pläne und Kostenberechnungen zu begutachten, die Ausführung der Projekte und den spätem Unterhalt der subventionirten Werke zu überwachen und nur in dem Falle selbstthätig projektirend und ausführend aufzutreten, wenn es an geeigneten Technikern fehlt. Ihre Stellung wäre folglich eine unabhängige, staatliche, als Organ und Berather der mit der Förderung der Landwirthschaft betrauten Behörden.

Der Bund hat jetzt schon, zufolge Art. 9 des Bundesbeschlusses betreffend Förderung der Landwirthschaft, das Recht, das zur Prüfung der Unterstützungsbegehren und zur Ausübung der Oberaufsicht erforderliche technische Personal je nach Bedürl'niß beizuziehen. Er wird von diesem Recht Gebrauch machen und, sofern seine bisherigen Beamten und die hin und wieder mit Begutachtung von Subventionsbegehren beauftragten Techniker nicht mehr dem Bedürfniß genügen, eigentliche Kulturtechniker anstellen müssen.

Weiter wird der Bund kaum gehen können; und wir halten es weder für verfassungsmäßig zuläßig, noch vom Standpunkt einer geordneten Verwaltung aus für praktisch, wenn vom Bunde angestellte Kulturtechniker in die verschiedenen Landestheile zur selbständigen Ausübung ihres Berufes gesandt werden. Diese Anstellung ist Sache der Kantone, wie es auch ihre Sache ist, die Projekte für die Gewässerkorrektiouen und die andern vorn Bunde subventionirten, oft großartigen Unternehmungen zu entwerfen und durch das von ihnen angestellte Personal ausführen oder doch die Ausführung überwachen zu lassen.

Bin richtiger Kulturtechniker muß auch über eine tüchtige landwirtschaftliche Fachbildung verfügen. Seine Dienste können deßhalb durch die kantonalen landwirtschaftlichen Behörden in verschiedenen Richtungen zum Nutzen der Landwirthschaft verwendet werden. Eine planmäßige, zielbewußte und folglich wirksame Förderung der Landwirthschaft seitens der Behörden setzt unbedingt fachmännisch gebildete Beamte oder Experten voraus.

In den zukünftigen Kulturtechnikern wären derartige Beamte gegeben, und die Anstellung von solchen seitens der Kantone darf um so eher erwarlet werden, da die Kosten der Ausarbeitung der Projekte und der Bauaufsicht, d. h. ein Theil der Besoldung
dieser Techniker, auf die Kosten der betreffenden Unternehmung geschlagen oder als kantonale Subvention betrachtet werden können, somit aus der Bundeskasse wieder dem Kanton theilweise oder ganz zurückfließen.

Um nun die Heranbildung s o l c h e r Kulturtechniker, deren Zahl immerhin eine beschränkte bleiben wird, zu fördern und die

454 Wahl dieses Berufes hiezu besonders geeigneten, aber ökonomisch weniger gut situirten jungen Leuten eher zu ermöglichen, dürfte ea am Platze sein, das in Art. 2 des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 18b4 festgesetzte M a x i m u m d e s j ä h r l i c h e n S t i p e n d i u m s von Fr. 40U auf Fr. 600 zu e r h ö h e n , damit die Möglichkeit gegeben ist, a u s n a h m s w e i s e einen etwas höhern Beitrag al» bisher zu gewähren.

4. Erleichterung der Bedingungen für die Gewährung von Bundessubventionen zum Zwecke der Bodenverbesserung.

Die Kredite für Unterstützung der Boden Verbesserungsunternehmungen sind bis jetzt nicht in dein Maße benützt worden, wie dies der Bundesrath erwartete, als er durch die einschlägige Vollziehungsverordnung vom 20. März 1885 festsetzte, jedes einzelne Subventionsgesuch müsse ihm zur Entscheidung vorgelegt werden.

Der Grund dieser Erscheinung liegt nur theilweise im Art. 7, litt, b, des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884, der sagt, dali der Beitrag des Kantons oder der Gemeinde oder der Korporation ebenso hoch sein müsse, als der des Bundes, der 40 °/o der Gosammtkosten (exklusive Unterhaltungskosten) nicht übersteigen dürfe.

Diese Bestimmung wurde bekanntlich mit Ihrem ausdrücklichen Einverständniß dahin interpretirt, daß als Beiträge der Gemeinden und Korporationen nur solche Zahlungsverpflichtungen und Leistungen anzuseilen seien, die von Gemeinden oder Korporationen eingegangen wurden, die am Besitze des zu verbessernden Bodens nicht betlieiligt sind, indem die Leistung des Eigentümers nicht als ,, B e i t r a g t t aufgefaßt werden dürfe. Diese Auslegung war die Ursache, daß wirkliche Beiträge von Gemeinden und Korporationen nur in Ausnahmefallen berücksichtigt werden konnten und daß es in der Regel Beiträge der Kantone sind, die es ermöglichen, die Bodenverbesserungsunternehrnungen auch durch den Bund zu unterstützen.

Diese Gesetzesbestimmung und deren Interpretation ist aber nicht die einzige Ursache, weswegen die für Bodenverbesserungen ausgesetzten Kredite bis jetzt nicht in stärkerem Maße beansprucht wurden.

Es geht nämlich ganz merkwürdig lange, bis derartige eidgenössische gesetzliche Erlasse im Volke hekannt werden, trotz der ausgiebigen amtlichen und außeramtlichen Publikationen und trotz der zahlreichen Vereine, von denen man annehmen sollte, sie wären in erster Linie berufen, ihre Mitglieder mit den zu ihren Gunsten angeordneten Maßnahmen der Behörden bekannt zu machen und sie zur Nutzbarmachung derselben zu befähigen. So -- um nur ein Beispiel zu erwähnen -- werden seit 1807 an Fohlenweiden,

0

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auf denen mindestens 10 mehr als jährige Fohlen weiden und die mit Ställen und Heuvorräthen für Nothfälle versehen sind, jährlich im Interesse der Pferdezucht Prämien verabfolgt, die zwar geringer oder größer sind, je nach der Qualität der Weide und je nach der Zahl und der Behandlung der Fohlen, die aber im ungünstigsten Falle einen nicht zu verachtenden Betrag bilden, den zu erhalten nichts Anderes nothwendig ist, als eine Anmeldung bei der betreffenden kantonalen Behörde. Obwohl die betreffende Verordnung im Bundesblatt, in einer besondern, allen Kantonen zur Verfügung gestellten Sammlung von landwirtschaftlichen Gesetzen und Erlassen, alljährlich in Kreisschreiben und im Viehseucheubülletin und durch die mit Prämirung der Stutfohlen betrauten Experten bekannt gemacht worden ist und stets noch bekannt gemacht wird, gibt es Private, Korporationen und Gemeinden, die von Anfang an Anspruch auf eine schöne Prämie gehabt hätten, die aber die Anmeldung bis jetzt unterließen oder dieselbe erst vor kurzer Zeit machten, weil ihnen die Sache nicht bekannt war.

In noch höherem Grade herrseht diese Unwissenheit mit Bezug auf die Subvention der Bodenverbesserungen.

Viele Unternehmen, namentlich Güterzusammenlegungen, bessere Feldeiritheilung, Weganlagen, Baclikorrektionen, über mehrere Besitzungen sich erstreckende Be- und Entwässerungen, sind ohne gesetzliche Bestimmungen (Flurgesetze oder andere Spezialgesetze), die den meisten Kantonen ganz oder theilwgise fehlen, fast gar nicht durchzuführen, weil ein einziger Parzellenbesitzer die richtige Anlage verhindern kann.

Der Bund hat aber kein verfassungsmäßiges Hecht zum Erlaß von derartigen Gesetzen, und wenn er ein solches scharfen wollte, so würde er wahrscheinlich die gleiche Erfahrung wie mehrere Kantone machen müssen, nämlich daß die Vorlage vom Volke abgelehnt wird.

Aber auch in den Kantonen, wo die Gesetze gegenüber einer Minderheit den Zwang erlauben, braucht es immer einige Zeit, oft viele Jahre, bis ein Projekt populär wird, bis es ausgearbeitet, die betreffende Genossenschaft gebildet und geeinigt ist und noch mehr, bis die um Subventionen angegangenen Behörden die gesetzlichen Grundlagen sich verschafft haben, welche die kantonale und damit die eidgenössische Beitragsleistung ermöglichen.

Trotz dieser vielfachen Hemmnisse wächst jährlich die
Zahl der Kantoue, die den Kredit für ßodenverbesserungen beanspruchen und damit die Summe, die der Bund hiefür verwendet und die in neuerer Zeit durchweg gleich hoch bemessen wird, wie die Subventionen der Kantone. Die nachstehenden Tabellen geben ein einläßliches Bild dieser Verwendungen :

456

Bodenverbesserungen vom Jahr 1885 bis 1. Juni1892.

i. Nach Kantonen zusammengestellt.

Kauton.

Zahl der Projekte.

Kostenvoranschlag.

40 78 4 2 10 250

8 4 4 5 1 406

Vorarbeiten' für Drainirung des Valde-Ruz (Neuenburg) . . . ._

Bundesbeitrag.

Gemeinden.

Fr.

Zürich .

Bern Schwyz Freiburg St. Gallen Graubünden Aar»au Thurgau Tessin Waadt Neuenburg

Beiträge von Kantonen

Fr.

131,617. 92

440,192.

22,729, 72,732.

254,821.

749,340.

49,386.

16,786.

95.270.

48,617.

6,763.

50 21 68 73 64 49 20 32 65 20

1,888,258. 54

20,933.

88,418.

6,100.

29,800.

93,129.

133,367.

18,573.

3,998.

10,874.

8,142.

1,353.

Fr.

58 38 70 89 50 99 25 50 20 -- --

19,421.

88,668.

5.771.

29^800.

72,807.

120,921.

12,002.

3,872.

10,875.

i

58 13 79 80 50 36 -- 50 --

8,142. --

' i !

i !

:

1,353. -- !

414,691. 99

373,635. 66

5,964. 55

2,385. 85

i

S. Nach der Art der Verbesserung zusammengestellt.

Zahl Art der Verbesserung.

der Projekte.

Kostenvoranschlag.

Fr.

Beiträge von Kantonen und Gemeinden.

Fr.

"A

Entwässerungen

90

650,264. 56

169,272.

26

Bewässerungen

26

136,398. 82

23,213.

17

Wasserleitungen

29

74,292. 80

13,495.

30,273.

18

Räumungsarbeiten

83

158,680.--

Trocken-, Schutz- und Scheidemaueru .

20

20,056. 50

Neueintheilung von Grundstücken . .

10

Weganlagen

61

127,511.-- 215,486. 74

Stallbauten

73

Anderweitige Verbesserungen

. . .

19

3,445. 75 17 46,454. 70 36 20

475,297. 04

44,023. 36 74,763. 24

14

30,271.08

9,750. 70

32

406

,888,258.54

= 414,691.99

16

Bundesbeitrag.

Fr.

%

157,860. 80 24 20,131. 64 15 13,245. 20 18 26,629. 50 17 3,404. 62 17 31,882. 20 25 38,937. 11 18 72,362. 64 15 9,181. 95 30

22 * 373,635. 66 20

* An den Reitrag von Fr. 5964. 55, welche der Kanton Neuenburg für die Vorarbeiten betreffend Drainirung des Val-de-ßuz verausgabte, wurde eine Bundessubsidie von 40 0/° gleich Fr. 2385. 85 bewilligt.

**

3. Nach Jahren zusammengestellt.

Kostenvoranschlag.

Beiträge von Kantonen und Gemeinden.

Bundesbeitrag.

Fr.

Fr.

Fr.

10

200,844. --

45,463. --

5

101,835. 32

13,739. --

33,948. -- 12,753 --

. . . .

23

198,479. 31 36,681. 49

" . . .

8 99 75 140 46

67,566. 60 12,859. 25

Zahl der Projekte.

Jahr.

1885 1886 . . . . .

1887 . . .

1888 1889 1890 1891 1892 (bis 1. Juni)

. .

00

406 An die Vorarbeiten für die Drainirung des Val-de-Ruz, d. h. an die Auslagen des Kantons Neuenburg von wurden bewilligt im Jahr 1886

53,434. 70

305,920. 24 255,708. 76

67,672. 55

8,697 -- 60,928. 10

46,213. 10

44,859. 37

557,714. 30

100,731. 89

231,075. 12

60446. 60

98,568. 89 60,446. 60

1,888,258. 54

414,691. 99

373,635. 66

5,964. 55 2,385. 85

459 ·Was die Empfänger der Subventionen betrifft, so sind darunter Genossenschaften, die durch Gewässerkorrektionssteuern so stark belastet sind, daß es ihnen ohne Staatshülfe wahrscheinlich unmöglich gewesen wäre, die weitern Kosten für Entwässerungen, Weganlagen und Güterzusammenlegungen aufzubringen. Dagegen befinden sich nach den Beobachtungen unserer Experten unter den Unterstützten auch wohlhabende Bürgergemeinden und Alpgenossenschaften mit meistentheils unverschuldeten Alpen, und wohlhabende, selbst reiche Private.

Man darf überhaupt den Umfang der Bodenverbesserungsarbeiten nicht nach den staatlich unterstützten Unternehmungen bemessen und darnach einen Vergleich mit den betreffenden Leistungen anderer Länder ziehen. Glücklicherweise war die Privatthätigkeit auf diesem Gebiete stets eine rege und namentlich hervorragend in Bezug auf die Entwässerung, die nützlichste und nothwendigste Bodenverbesserung. Die Röhrendrainage wurde gleich nach deren Erfindung unserem Lande dienstbar gemacht; sie steht bei unsern Landwirthen in steigender Gunst, und sie ist auch berufen, unserer AIpwirthschaft noch große Dienste zu leisten, indem sie trotz hoher Transportkosten der Röhren die Trockenlegung des Landes in der Regel auf die zweckmäßigste, dauerhafteste und billigste Weise bewirkt.

Das Landwirthschaftsdepartement hat durch Befragen sätnmtlicher Ziegeleien und Thonwaarenfabriken (über 700 Firmen) den Stand der Dramröhrenfabrikation zu ermitteln versucht. Wir geben in nachstehender Zusammenstellung das Ergebniß dieser Erhebungen: Schweizerische Kanton.

Zürich . . . .

Bern . . . .

Luzern . . . .

Schwyz....

Freiburg . . .

Solothurn . . .

Baselland . . .

Schaffhausen .

Appenzell A.-ßh.

St. Gallen . . .

Aargau . . . .

Drainröhrenfabriken.

Durchschnittliche JahresFabriken.

Zahl.

produktion an Röhren.

770,000 9 805,000 24 647,000 9 295,000 3 253,000 4 25,000 3 l 10.000 270,000 2 4 130,000 726,000 6 3 52,000

Uebertrag

68

3,983,000

460 Fabriken.

Zahl.

Kanton.

Durchschnittliche JahresProduktion an Röhren.

Uebertrag

68 5 16 3 1

3,983,000 1,570HUO 810,000 30,000 R5.000

Zusammen

93

6,458,000

Thurgau Waadt . . .

Neuenburg .

Genf. . . .

Nehmen wir die wirklich verwendete Jahresproduktion dieser 93 Fabriken statt zu 6,458,000 Stück nur zu 5 Millionen Röhren an, so würden jährlich circa 1500 Kilomeier Drains gelegt und damit ungefähr 2250 Hektaren Boden entwässert. Die Gründung, beziehungsweise der Beginn der Röhrenfabrikation, konnte nicht bei allen Fabriken ermittelt werden. Viele stammen noch aus dem Anfang der Fünfzigerjahre; die meisten sind allerdings später entstanden; dafür sind aber mehrere früher gegründete eingegangen.

Die Gesammtröhrenproduktion für alle diese Jahre läßt sich somit nicht mehr auch nur annähernd erforschen. Wird in Betracht gezogen, was noch durch offene Graben und mittelst Steincoulissen entwässert wurde und daß von den vielen Millionen, die für Gewässerkorrektionen vom Bunde verwendet wurden, ein bedeutender Theil ebenfalls auf den Konto ,,Bodenverbesserung" gestellt werden kann, so dürfen die Leistungen unseres Landes auf dem Gebiete der Entwässerung wohl den Vergleich mit denjenigen anderer Staaten aushallen.

Unserer Ansicht nach sind Bodenverbesserungsunternehmungen nur am Platze, wenn die betreffenden Kosten durch den Mehrertrag des Bodens verzinst und amortisirt werden. Es hat keinen Zweck, den bereits genügend verschuldeten Boden mit neuen Geldverwendungen zu belasten, wenn ihnen nicht ein entsprechender und nachhaltiger Mehrertrag, beziehungsweise ein entsprechender Mehrwerth des Bodens mit einiger Sicherheit vorausgesagt werden darf. Daraus folgt wohl, daß Bundessubventionen in der Regel nur für voraussichtlich rentable Meliorationen gewährt werden dürfen, nicht aber -- oder doch nur ausnahmsweise -- um zweifelhafte Unternehmen rentabel zu machen. Ein gegenteiliges Verfahren würde zu ganz merkwürdigen Konsequenzen führen.

Bei den Subventionen für Aufforstungen, für Bach- und Lawinenverbauungen ist der Schutz größerer Gebiete, d. h. das allgemeine Wohl, maßgebend. Letzteres wird nicht gefördert, wenn auf Grund und Boden mehr verwendet wird, als derselbe zurückzuvergüten vermag.

461

Die staatlichen Subventionen sollen die richtige Anlage und Ausführung der Bodenverbesserungsunternehmen erleichtern und namentlich solche Unternehmungen ermöglichen, für deren Ausführung das Zusammenwirken mehrerer Grundeigentümer nothwendig ist.

Die Bundesbehörden werden sich zwar in jedem Falle ein Urtheil über die Subventionswürdigkeit der eingereichten Projekte bilden müssen; sie sollen sich indeß dabei doch auf die Angaben der Kantone stützen können.

Da bis jetzt das kantooale Geld in gleichem Maße wie das eidgenössische in Mitleidenschaft gezogen wurde, war der Bund zur Annahme berechtigt, der kantonale Beitrag sei erst nach gründlicher Untersuchung der Begehren gesprochen worden, und er dürfe deßhalb um so eher ebenfalls eine Unterstützung gewähren.

Dieses Verhältniß würde sofort anders, wenn die Kantone ganz oder theilweise von der Beitragspflicht enthoben würden. Dann müßte der Bund durch seine Organe jedes einzelne Unternehmen gründlich untersuchen und sich über den Befund Bericht erstatten lassen ; er könnte die Ueberwachung der Ausführung und des nachherigen Unterhaltes nicht mehr ausschließlich den unbetheiligten Kantonen überlassen, sondern er müßte hiefür selbst vorsorgen. Die betreffenden Kosten, die bis jetzt keinen nenneuswerthen Betrag ausmachten, würden einen guten- Theil des Kredites verschlingen und in vielen Fällen, namentlich bei Bodenverbesserungen auf den Alpen, die Auslagen für das Unternehmen selbst oder doch die eigentliche Subvention übersteigen. Aber gerade auf den Alpen ist es ganz besonders nothwendig, die subventionirten Stallbauten, Wege, Umfassungsmauern, Wasserleitungen, gerodeten und gesäuberten Flächen gut zu unterhalten und zu beaufsichtigen, sollen sie nicht bald infolge der in diesen Höhen verstärkten Einflüsse der Witterung und anderer destruktiver Naturereignisse, sowie der bekannten Gleichgültigkeit der Mensehen zu Grunde gehen.

Schon jetzt läßt die Begutachtung und die Aufsicht über die Melioraüonsunternehmungen auf den Alpen seitens der Kantone viel zu wünschen übrig. Würden dieselben von der Beitragspflicht entlastet, so entstände daraus für den Bund voraussichtlich eine wahre Sisyphusarbeit, weil er keine Mittel hat, die gute Unterhaltung der subventionirten Arbeiten zu erzwingen. Namentlich auf den Gemeinalpen will jeder Betheiligte den ,,Nutzen"1
wohl nehmen, aber in der Regel Niemand den Nutzen fördern. Auch bietet das bei allfälligen Arbeiten auf diesen Alpen beliebte ,,Gemeinwerk" oder das ,,Frohuen a keine Garantie für zweckmäßige und billige Ausführung.

462

Die große Bedeutung der Alpen wird nicht verkannt, und wir bedauern es, daß die Verhältnisse namentlich bei den Gemeinalpen derart liegen, daß der Bund Verbesserungsarbeiten nur in Verbindung mit den Kantonen unterstützen darf, wenn er verhüten will, daß seine Beiträge unzweckmäßig verwendet werden und daß seine Verwaltung bei dea Subventionirten selbst in Mißkredit komme.

Die Mitwirkung der Kantone liegt zudem im Interesse der Alpwirthschaft auch aus dem Grunde^ weil der Bund hinsichtlich der Art der Bodenverbesserungen, die unterstützt werden sollen, dann freiere Hand hat, indem angenommen wird, die kantonalen Behörden wissen am besten, was jeweilen am nothwendigsten oder nützlichsten ist. So kam es, daß Stallbauten, Ausreuten von Sträuchern, Brunnenleitungen und andere Arbeiten unterstützt wurden, die eigentlich nichts weniger als Bodenverbesserungeu sind und nur mit einigem Zwang unter d i e ,, U n t e r n e h m u n g e n , w e l c h e e i n e V e r besserung des Bodens oder die Erleichterung seiner B e n u t z u n g zum Z w e c k e h a b e n a (Art. 7 des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884), eingereiht werden dürfen. Die Beschaffung von Unterkunft für Personen und Vieh, ferner von Wasser, die Beseitigung schädlicher und der Anbau nützlicher Pflanzen, die Erstellung von Einfriedigungen u. dergl. sind überall nothwendige Betriebsarbeiten, deren Unterstützung der Bund schon der Konsequenzen wegen ablehnen müßte, wenn diese Konsequenzen nicht durch die nothwendige Mitbetheiligung und Begutachtung seitens der Kantone eingeschränkt wären.

Die Alpen und Weiden sind kein wirtschaftlich selbstständiger Grund besitz. Sie können nur in Verbindung mit Gütern, die dem gesömmerten Vieh während der übrigen Jahreszeiten dae Futter liefern, ausgenützt werden.

Die Bewirthschaftung dieser Güter ist rückwirkend auf diejenige der Weiden, so daß jeder Fortschritt in landwirthschaftlicher Richtung nach und nach auch den Weiden zu gute kommt. Den größten Einfluß übt der qualitative Stand der Viehzucht auf die Behandlung der Alpen aus. Je werthvoller das Vieh, desto mehr Fürsorge in Obdach, Nahrung und Pflege wird ihm auf den Alpen zu Theil, und umgekehrt ist nur eine gute Alpsömmerung im Stande, die angebornen Vorzüge der Thiere zu entwickeln, letztere wirklich werthvoll zu machen. Eine schlechte Alpwirthschaft
bedingt folglich einen geringen Viehstand. Die Subventionen und Maßnahmen des Bundes für Hebung der Viehzucht kommen deßhalb indirekt in hervorragendem Maße der Alpwirthschaft zu gut.

Wenn wir die Alpwirthschaft nicht unterschätzen, so möchten wir doch bei Behandlung der vorliegenden Frage vor deren Ueber-

463

Schätzung warnen. Selbst in dem an schönen Alpen und Weiden so reichen Kanton Bern beträgt deren Grundsteuerschatzung nur 2,7 °/o des ganzen Grundsteuerkapitales. *) Es ist deßhalb keine allzu starke Zumuthung, wenn auch für Verbesserung des Weidebodens die Beibehaltung der bisherigen gesetzlichen Bestimmungen beantragt wird.

Wir können daher mit Bezug auf Boden Verbesserungen im Allgemeinen der Entlastung der Kantone, die doch zunächst ein Interesse daran haben sollen, daß der Boden ertragreicher wird und die Steuerkraft wächst, sowie namentlich auch einer Mehrbelastung des Bundes mit Bezug auf die Unterstützung von Meliorationen in den A l p e n und von Unternehmungen P r i v a t e r nicht das Wort reden.

5. Anderweitige Förderung der Landwirthscnaft.

Nachdem diejenigen Punkte, die von den Motionsstellern aufgegriffen wurden, besprochen sind, ist der Bundesbeschluß vom 27. Juni 1884 oder, wie er auch genannt wird, ,,das Landwirthschaftsgesetza auf dessen weitere Revisionsbedürftigkeit ; zu untersuchen.

Im Allgemeinen darf gesagt werden, daß dieser Bundesbeschluß bisher den Bedürfnissen genügt hat. Die Momente, welche die Förderung der Landwirthschaft bewirken können, sind nach deren Bedeutung zutreffend gewürdigt. Einerseits ist der Vollzug desselben nicht zu sehr beengt; die Behörden finden dabei den nöthigen Spielraum und anderseits ist in der fast überall vorgesehenen Mitwirkung der Kantone wiederum die richtige Beschränkung gegeben, ohne den Wetteifer zwischen denselben aufzuheben.

Eine Vergleichung des Geschäftsberichtes über das Jahr 1885 mit demjenigen über das Jahr 1891 zeigt, was auf den Gebieten des landwirtschaftlichen Unterrichts- und Versuchswesens, in der Förderung der Thierzucht, auf dem Gebiete der Bodenverbesserungen und bezüglich der Maßnahmen gegen Schäden und Schädlinge u. A.

in finanzieller Richtung geleistet worden ist. Ueber die mit diesen Leistungen erzielten Erfolge geben diese in fragmentarischer Kürze gehaltenen Geschäftsberichte nicht immer Aufschluß; sie könnten denselben auch nicht immer geben, weil in den meisten Fällen diese Erfolge weder meß- noch zählbar sind. Der sachkundige und *) Mittheilungen des bernischen statistischen Bureau.

Lieferung LI.

Jahrgang 1890.

464

unbefangene Beobachter wird aber zugeben müssen, daß wahrscheinlich viel mehr als mit dem verabfolgten Gelde durch die vom Bunde an die Verwendung desselben geknüpften Bedingungen erreicht worden ist; so namentlich auf dem Gebiete der Thierzucht, wo doch diese Bedingungen -- je nach den Kantonen -- nur mehr oder weniger kurze Zeit wirksam waren, wo überhaupt ein Erfolg Zeit braucht und wo der ökonomische Niedergang des Landwirths der Förderung dieses Erwerbszweigs hinderlich ist.

Fortschritte auf den Gebieten des landwirtschaftlichen Unterrichts- und Versuchswesens und der Thierzucht sind namentlich deßwegen besonders erfreulich, weil sie nach und nach a l l e n Landwirthen, auch denen, welchen die staatlichen Beiträge nie direkt zufließen, zu gute kommen, was zu oft übersehen wird.

So sehr einerseits zu wünschen wäre, daß diesen an die Verabfolgung der Bundesbeiträge bisher geknüpften Bedingungen gesetzliche Kraft zukäme, weil sie hin und wieder als Ausfluß blosser Verwaltungswillkür angesehen werden, so werden wir doch keinen derartigen Vorschlag einbringen, in der sichern Hoffnung, daß auf dem Wege der Ueberzeugung, die allerdings manchmal nur durch ein eingehendes Studium der Sache gewonnen werden kann, wenn auch langsamer das Gleiche erreicht werden wird. Anderseits sind diese Bedingungen als Bestandtheil eines wirklichen Systems der Fortentwicklung fähig, und deßhalb ist es nicht rathsam, sie in ihrem gegenwärtigen Bestand gesetzlich festzunageln.

Der Bundesbeschluß bedarf daher unserer Ansicht nach weniger einer Revision im eigentlichen Sinne des Wortes, als der Ergänzung, und zwar, außer der bereits in unserm vorausgehenden Vorschlage betr. A r t . 2 enlhaltenen, und der Aenderung des Titels, für welchen wir mit Rücksicht auf die formelle Anlage und die materielle Bedeutung des Entwurfes statt Bundesbeschluß ,,B undesgesetz" vorschlagen, der Ergänzung bei folgenden Abschnitten: A. Landwirthschaftliches Unterrichtswesen und Versuchsanstalten.

Der bisherige Bundesbeschluß sieht in A r t . 3, AI. 2, Beiträge für solche Kantone vor, die landwirtschaftliche Wandervorträge und Spezialkurse abhalten lassen.

Aus den hiefür zur Verfügung gestellten Krediten sind seit dem Jahre 1887 mit Ihrer Einwilligung solche Beiträge auch für Käserei- und Alpinspektionen verabfolgt worden. Der Nutzen dieser
Inspektionen ist unbestritten und die Einrichtung derselben hat sich bewährt. Sie sollten indeß noch ergänzt werden durch S tallI n s p e k t i o n e n . Einem Kreisschreiben vom 5. Juli 1886, das

465

vom Landwiïthschaftsdepartement an sämmtliche Kantonsregierungen gerichtet wurde, entnehmen wir nachstehende hierauf bezügliche Stelle: ,,Es wäre ungerecht, wenn n u r die Käser mit der Verantwortlichkeit für die große Masse der Produkte geringer Qualität belastet würden, welche den innern Markt überfüllen. Bei uns ist eben nur in seltenen Fällen der Käser zugleich Viehbesitzer. Die Interessen der Milchkäufer und der Milchlieferanten bewegen sich aber nicht in den gleichen Bahnen. Während der Senn anstreben muß, nur beste, unter den günstigsten Verhältnissen erzeugte und möglichst zweckmäßig behandelte Mil(;h zu erhalten und in den geeignetsten Lokalen dieselbe zu verarbeiten und die Produkte aufzubewahren, liegt es dem Lieferanten hauptsächlich daran, möglichst viel Milch mit den geringsten Kosten zu erzeugen und an den Hülteneinrichtungen zu sparen. Kommen dann dazu noch Gleichgültigkeit, Unreinlichkeit oder gar dolose Handlungen seitens des Landwirths oder seiner Dienstboten, so ist es auch dem Meister im Fache nicht möglich, eine Waare erster Güte herzustellen. Die zweckmäßigsten Verträge können ihn nicht sicherstellen, weil ihm die Zeit fehlt, eine wirksame Kontrole namentlich über die Art und Weise, wie die Milch erzeugt und behandelt wird, zu üben, und weil die Untersuchung der gelieferten Milch in vielen Fällen kein Resultat ergibt, in jedem Fülle erst, wenn es zu spät ist, um allen Schaden zu wenden. tt Das, was damals, vor sechs Jahren, gesagt wurde, ist heute noch richtig. Die amtlichen Berichte über die Käserei- und die damit hin und wieder verbundenen Stallirispeküonen haben verschiedene Uebelstände aufgedeckt: Mangel an Reinlichkeit und Ventilation in den Viehställen, Fütterung von Düng- und von Glaubersalz aus mißverstandener Sparsamkeit, ebenso von verdorbenen Futtermitteln, Lieferung von Milch euterkranker Kühe u. s. w. Unter solchen Umständen ist es unmöglich, Käse erster Qualität, der immer gesucht sein wird, herzustellen.

Abhülfe können nur Stallinspektionen verschaffen, die von Zeit zu Zeit ohne vorherige Anmeldung vorgenommen werden.

Die Untersuchung der Thiere, namentlich der Euter, sowie des Futters und der Exkremente, die Beobachtung der herrschenden Reinlichkeit, der Stalltemperatur und der Milchbehandlung werden den geübten Fachmann bald überzeugen, ob nur gesunde Milch
von gesunden, richtig ernährten und behandelten Thieren in die Käserei geliefert wird, oder ob Uebelstände vorhanden sind, die gehoben werden müssen: Derartige Stallbesichtigungen sollten mehr wie bisher und mit Hülfe der Käsereigenossenschaflen durch die Kantone überall da organisirt werden, wo die Milch für den Export verarbeitet wird.

466

Wir beantragen Ihnen deßhalb, den A r t i k e l 3 d a h i n zu ergänzen, daß in d e m s e l b e n Beiträge nicht nur für Kurse und Vortrage, sondern ausdrücklich auch für Käserei- und Stalluntersuchungen, sowie für A l p i n s p e k t i o n e n in A u s s i c h t g e s t e l l t w e r d e n .

Der Beschluß, am eidgenössischen Polytechnikum eine A n s t a l t zu errichten f ü r U n t e r s u c h u n g d e s B o d e n s a u f d e s s e n N ä h r s t o f f b e d ü r f n i ß , ist bereits erwähnt worden.

Sie haben uns ferner beauftragt, die Errichtung einer M i l c h v e r s u c h s s t a t i o n in's Ange zu fassen und Ihnen hierüber Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen. Die Untersuchungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen. Es bestehen noch Meinungsverschiedenheiten über wichtige organisatorische Fragen, die wiederum die ebeüfalls streitige Lokalfrage wesentlich beeinflussen.

Wir halten dafür, ein Beschluß in dieser Angelegenheit dürfe nicht überstürzt werden und es liege auch keine Gefahr im Verzüge.

Wie Sie sich aus den im ,,Landw. Jahrbuch der Schweiz" erschienenen Arbeiten und aus frühem Veröffentlichungen überzeugen können, siud unsere berufensten Kräfte so eifrig und erfolgreich mit milchwirthschaftlichen und d ' m i t zusammenhängenden Fragen beschäftigt, daß diese Thätigkeit durch eine besondere Anstalt, zur Zeit wenigstens, kauen überboten werden durfte.

Für unsere Verhältnisse ist es von ganz besonderer Wichtigkeit, dazu zu gelungen, die Gährung der Fettkäse richtig zu leiten und zu beherrschen.

Wie jede Gährung, so wird vermuthlich auch die des Käses durch kleinste Lebewesen (Mikroorganismen) veranlaßt, die der Milch von außen zugeführt werden. Trotz vielfacher und muhevoller Untersuchungen ist es jedoch bis jetzt noch nicht gelungen, jene Mikroorganismen, welche die gewünschte richtige Gährung bewirken, aufzufinden, zu isoliren und zu studiren. Diese Entdeckung ist indeß täglich zu erwarten; sie kann aber durch die besteingerichtete Anstalt nicht schneller herbeigeführt werden; sie wird jedoch sehr wahrscheinlich sowohl das Käsereigewerbe als die Organisation der in Aussicht genommenen Milchversuchsstation wesentlich beeinflussen.

Urn für die Errichtung dieser letztern und möglicherweise auch noch zur Gründung einer Forschungsstätte für unsere besondern landwirthschaftlichen Bedürfnisse und Verhältnisse eine gesetzliche Grundlage zu haben, beantragen wir zum bisherigen A r t . 4 folgendes neue Alinea: O

O

467

,, De r B u n d k a n n ü b e r d i e s , s o f e r n dies n o i n w e n d i g wird, l a n d w i r t h s c h a f t l i c h e V e r s u c h s a n s t a l t e n selbst errichten."

n B. Förderung der Thierzucht.

Zufolge Art. 6, litt, a, des Bundesbeschlusses soll der Kredit für Pferdezucht in erster Linie zum A n k a u f von Hengsten verwendet werden. Sie haben sich aber bereits wiederholt damit einverstanden erklärt, daß der Bund die Hengste nicht nur ankaufen, sondern auch h a l t e n dürfe. Bei den außerordentlich theuern Vollbluthengsten -- die, beinebens gesagt, die in sie gesetzten Erwartungen bis jetzt vollauf erfüllten -- ist diese Haltung durch den Bund absolut nöthig, weil weder den Kantonen und noch weniger Privaten die Uebernahme des damit verbundenen Risiko's zugetnuthet werden darf.

In unserm Bericht über das betreffende Gesuch der Pferdezüchter Entlebuchs *) haben wir die Gründe angeführt, die dafür sprechen, daß der Bund auch eine den Bedürfnissen entsprechende Zahl von Halbbluthengsten halten und während der Deckzeit an die Kantone abgeben solle. Wir kommen deßhalb auf diese Begründung nicht mehr zurück. Die Pferdezucht bedarf schon aus Rücksichten auf unsere Wehrfähigkeit der werkthätigsten Förderung.

Diese muß vorzugsweise durch den Hengst bewirkt werden, der mit der Zeit auch auf das Stutenmaterial seine Formen und seine Leistungsfähigkeit überträgt, folglich dasselbe verbessert.

Wir beantragen, es sei, den Thatsachen entsprechend, bei Art. 6, l i t t , a, ,,zum Ankaufe" 1 noch beizufügen: ,, u n d den B e d ü r f nissen e n t s p r e c h e n d auch zur Haltunga.

Sie haben in den Voranschlag der Ausgaben für das laufende Jahr einen Posten für H e b u n g der K l e i n v i e h z ü c h t , speziell für Prämirung der Eber und Ziegenböcke, eingesetzt. Wenn die Kantone mit diesen Prämirungen kundige Experten betrauen und wenn sie die Prämien namentlich für die Eber so hoch stellen, daß sich unter Umständen auch der Import vorzüglicher Thiere lohnt, so werden aus diesen Maßnahmen nicht nur die Landwirthe, sondern auch die Angehörigen anderer Berufsklassen, die Sehweine und Ziegen halten, entsprechenden Nutzen ziehen. Im bisherigen Bundesbeschluß sind den landwirtschaftlichen Vereinen Bundesbeiträge für die Hebung der Kleinviehzucht in Aussicht gestellt.

Diese Beiträge wurden zu Prämien für schweizerische Kleinvieh*) Bundesblatt 1891, Bd. III, S. 656.

468

ausstellungen und zur Anschaffung von fremden Zuchtschweinen verwendet. Eine wirkliche und allgemeine Hebung der Thierzucht des Landes bedarf aber der regelmäßigen, systematischen Arbeit, für die staatliche Organe und staatliche Machtmittel nicht entbehrt werden können. Wir beantragen daher, in dem Abschnitt B noch einen n e u e n A r t . 7 aufzunehmen in folgender Fassung: ,, U n t e r Bedingungen, die der B u n d e s r a t h feststellen wird, k ö n n e n den Kantonen B e i t r ä g e zur Hebung der K l e i n v i e h a u c h t v e r a b f o l g t werden."

Damit wären auch Beiträge zur Förderung der Schafzucht nicht ausgeschlossen, obwohl die letztere bei uns jährlich an Bedeutung verliert und obwohl die Verhältnisse, unier denen bei uns noch Schafe gehalten werden, eine wirksame Förderung höchst schwierig erscheinen lassen.

C. Verbesserung des Bodens.

Hier verweisen wir auf die Ausführungen sub Ziff. 4 dieser Botschaft.

D. Maßnahmen gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

Von den Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen, hatte der Bundesbeschluß vom 27. Juni 1884 vor Allem d i e Reblaus u n d andere p a r a s i t i s c h e S c h ä d l i n g e u n d K r a n k h e i t e n d e r K u l t u r e n , nicht aber d i e d u r c h E i n f l ü s s e der W i t t e r u n g , wie z.B. den Hagel, oder die d u r c h U n f ä l l e und K r a n k h e i t e n der H a u s t h i e r e verursachten S c h ä d i g u n g e n im Auge. Die Nachtheile, die der Landwirtschaft durch Hagel und Vieh verl uste erwachsen, sind aber ungleich größer als diejenigen, welche die Reblaus verursacht. Die Mittel, diese Nachtheile zu verhüten oder doch zu vermindern, sind in der H a g e l - und in der V i e h v e r s i c h e r u n g gegeben.

a. Unterstützung der Hagelversicherung.

Am 6. April 1889 haben Sie folgenden Bundesbeschluß erlassen: Art. !.. Insoweit der Stand der Bundesfinanzen es gestattet, wird für die Jahre 1890, 1891 und 1892 in den Voranschlag der Ausgaben der schweizerischen Eidgenossenschaft unter ,,Abtheilung Landwirthschaft" jährlich ein Posten aufgenommen für ,,Förderung der Hagelversicherung".

469 Art. 2. Aus diesem Posten werden denjenigen Kantonen, welche die Versicherung der Feldfrüchte gegen Hagelschlag unterstützen, Beiträge verabfolgt im Maximum bis zur Höhe der be-.

treffenden kantonalen Leistung.

Der Bundesrath wird die Bedingungen betreffend die Bewilligung und Verwendung dieser Beiträge festsetzen.

Art. 3. Der Bundesrath wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt, welcher, als nicht allgemein verbindlich, sofort in Kraft tritt.

Mit dem laufenden Jahr geht somit die Wirksamkeit dieses Bundesbeschlusses zu Ende, und es ist deßhalb nöthig, Verfügungen zu treffen.

Den Geschäftsberichten der schweizerischen Hagelversicherungsgesellsehaft entnehmen wir nachstehende Angaben über den Umfang der Versicherung : Jahr.

Zahl der Policen.

1880 1881" 18ö2 1883 1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890 1891

3,471 7,6^1 7,297 7,966 7,774 7,276 6,488 5,957 5,998 6,735 10,294 16,985

.

Versicherungssummen.

Fr.

9,218,121 10,30b,265 9,777,519 9,881,842 9,182,957 7,725,207 6,000,990 6,168,550 6,296,370 7,344,920 11,461,490 16,857,070

Der Zuwachs des Versicherungskapitales und der Policenzahl in den Jahren 1890 und 1891 wird zum größten Theil den Beiträgen des Bundes und der Kantone zuzuschreiben sein.

Unsere Geschäftsberichte über die genannten Jahre geben über die Höhe der kantonalen Leistungen und der Bundesbeiträge, sowie über den Umfang der Versicherungen in den subventionirenden Kantonen folgende Auskunft:

*· -a

0

189O.

Kantonale Auslagen.

Policen. Versicherungssumme.

Kanton.

PrämienSumme.

Für Policekosten.

Für Prämienzahlungen.

Total.

Bnndesbeitrag.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

1003

819,130

24,023. 80

2,103. 90

5,280. 63

7,384. 53

3,692. 27

2. Bern. r..

3241

4,001,755

60,394. 34

6,646. 25

16,005. 26

22,651. 51

11,325. 76

3. Luzern ..

1749

2,314,500

50,436. 10

3,409.

'10,087. 22

13,496. 72

6,748. 36

119

78,410

1,203. 60

226.

271. 65

497. 75

248. 88

59. 35

339. 90

29. 67 169. 95

Fr.

1. ZUrich

·

·

·

4. Obwalden en . .

'

15

21,120

293. 50

594,450

6,185. 20

339. 90

562,090

7,185. 85

1,269. 20

-- 1,437. 17

2,706. 37

1,353. 18

265,460

3,795. 60

619. 85

379. 56

999. 41

499. 70

255,660

6,453. 10

467. 40

1,935. 93

2,403. 33

1,201. 67

393,840

6,634. 75

767. 90

1,326. 95

2,094. 85

1,047. 42

743,670

7,334. 75

1,311.

2,582. 60

3,893. 60.

1,946. 80

piotai 8750 10,050,085 173,940. 59

17,191.

39,336. 32

56,527. 32

28,263. 66

. .

9. Schaffhausen ausen .

10. St. Gallen en . .

11. Thurgauu

10

;Ä f l

309 668 326 246 384 690

5. Zug . . . .

6. FreiburgS · · 7. Solothurn rn . .

8. Baselland id

50

. .

30.

--

-- --

29. 35 --.

1891.

Kantonale Auslagen.

Policen. Versicherungs-

Kanton.

.

1,419

2. Bern . . .

4,677

3. Luzern . .

4. Obwalden

1,974 271 30 489 1,544 11 892 407 868

1. Zürich

.

5. Zug . . .

6. Freiburg . .

7. Solothurn 8. Baselstadt .

9. Baselland .

10. Schaffhausen 11. 8t. Gallen .

12. Aargau . .

13. Thurgau . .

14. Neuenburg .

Total

summe.

Fr.

1,135,140

5,356,780 2,462,400 218,620 59,210 898,105 621,970 69,440 689,770

1,031 295

319,250 1,154,460 1,948,565 967,796 349,065

16,860

16,250,571

2,952

Prämiensumme.

Fr.

32,544. 70 78,894. 60 60,869. 90 2,860. 30 721. 30 9,202. 95 16,010. 20 723. 40 8,024. 75 5,942. 70 12,067. 60 28,985. 10 11,336. 55 6,683. 20 274,867. 25

Für Police- Für Prämienkosten.

zahlungen.

Fr.

Fr.

3,074. 50 7,847. 13 9,587. 55 20,390. 14 3,849. 30 10,946. 45 501. 60 1,498. 40 63. -- 144. 26 4,601. 47 929. 10 2,933. 60 13. 16 1,694. 80

773.

1,736.

5,608.

1,958.

275.

30 -- 80' 90 90

32,999. 51

3,193. 82 289. 36 1,604. 72 2,377. 05 2,425. 36 5,797. 02

Total Fr.

10,921.

29,977.

14,795.

2,000.

207.

5,530.

6,127.

302.

3,299.

3,150.

4,161.

11,405.

63

69 75 -- 26 57 42 52 52 35 36 82 17 50

3,384. 27 3,341. 60

5,343.

3,617.

67,841. 05

100,840. 56

Bundesbeitrag.

Fr. .

5,460. 82 14,988. 84 7,397. 87 1,000. -- 103. 63 2,765. 29 3,063. 71 151.« 26 1,649. 76 1,575. 18 2,080. 68 5,702. 91 2,671. 58 1,808. 75 50,420. 28

472 Die nachfolgende Tabelle stellt die Veränderungen dar, welche seit dem Jahre 1889 in dem Umfange der Hagelversicherung zu konstatiren sind.

Kantone.

Policenzahl

1889. 1890. 1891.

1. Zürich . . . 646 992 1,458 2. Bern . . . . 1937 3,243 4,658 3. Luzern . . . 1149 1,728 1,989 4. U r i . . . .

--13 --16 5. Schwyz . . . -- 7 13 124 6. Obwalden . .

273 7. Nidwalden . .

9 47 77 8. Glarus . . .

1 1 1 9. Z u g . . . .

9 17 30 309 10. Freiburg . . 183 514 675 1,550 11. Solothorn . . 458 11 12. Baselstadt . .

10 17 13. Baselland . . 197 335 · 902 14. Schaffhausen . 153 247 406 15. AppenzellA.-Rh.

4 4 8 16. Appenzell l.-Rh. -- -- -- 17. St. Gallen . . 192 383 865 18. Graubünden .

-- -- -- 1,287 19. Aargau . . . 1129 2,976 702 1,039 20. Thurgau . . . 469 21. Tessin . . . -- -- -- 22. Waadt . . . 129 132 134 3 23. Wallis . . .

2 4 24. Nenenburg . . 351 342 295 12 17 25. Genf . . . .

6 Summa 7055 10,607

17,228

Versicherungssumme

1889.

488,120 2,448,510 1,502,330

--

12,850 17,bOO

17,910 4,920 15,280 349,950 389,770 56,430 165,790 128,600 2,200 -- 175,150 -- 904,650 482,930 -- 129,710 1,360 372,200 18,400

ism

811,170 3,981,860 2,314,500 -- 33,070 78,410 60,810 4,380 25,970 59î,450 562,090 63,040 265,460 256,210 2,200 -- 393,840

1891.

1,132,040 5,330,6SO 2,485,150 -- 32,980 222,100 92,350 3,640 59,210 919,500 1,187,110 85,240 602,160 318,840 8,290 -- 1,155,460

-- -- 1,018,250 1,960,310 743,670 982,130 -- -- 145,250 157,600 3,220 2,360 380,017 349,065 70,700 70,130 7,684,860 11,808,567 17,156,345

Für diese Angaben sind die Berichte der schweizerischen Hagelversicherungsgesellschaft in Zürich, sowie des ,,Paragrêle" in Neuenburg benützt worden. Sie weichen von den Angaben der vorhergehenden Zusammenstellung insofern etwas ab, als die Versicherungsgesellschaften dieselben nach Kantonen gruppirt haben, während die subventionirenden Kantone auch außerhalb der Kantonsgrenzen liegenden Versicherungen Beiträge gewährt haben, sofern dieselben Kantonsangehörige betrafen.

Wir beabsichtigen nicht, auf die frühern Kontroversen über die Opportunität der Unterstützung der Hagelversicherung durch

473

den Staat zurückzukommen. Wir unterlassen es auch, zu berechnen, wie hoch nach den bisherigen Erfahrungen diese staatliche Unterstützung sein müßte, bis nur der größere Theil der versicherungsfähigen und versicherungsbedürftigen Kulturen auch wirklich versichert würde. Es soll hier nur die Thatsache konstatirt werden, daß diese Unterstützung von der Mehrzahl der Kantone und von mehr als 16,000 Landwirthen beansprucht wird. Wir halten deßhalb auch fernerhin Bundesbeiträge an die Hagelversicherung für vollkommen gerechtfertigt und eine diesbezügliche gesetzliche Regulirung für angezeigt.

b. Unterstützung der Viehversicherung.

Der Werth des schweizerischen Viehstandes wird von Herrn Prof. Dr. A. Krämer, gestützt auf die eidgenössische Viehzählung vom Jahre 1886, wie folgt geschätzt : *1 Pferde und Maulthiere 101,364 Stück Fr. 52,429,000 Rindvieh 1,212,538 ,, ,, 360,730,000 Schweine 394,917 ,, 20,931,000 Schafe 341,804 ,, ,, 6,836,000 Ziegen 416,323 ,, ,, 7,494,000 Das Rindvieh nimmt folglich die weitaus erste Stelle ein. Jeder Landwirth ist in der Regel Besitzer von Rindvieh und umgekehrt sind die 219,193 Rindviehbositzer mit wenigen Ausnahmen Landwirthe.

Der Besitz vertheilt sich wie folgt: 1 Stück Rindvieh besitzen 29,776 Personen, 2 ,, ,, 35,078 ,, 3 ,, , 31,819 ,, 4 ,, ,, 25,473 ,, 5 bis 6 ,, ,, ,, 35,853 ,, 7 bis 10 ,, ,, ,, 35,200 ,, 11 bis 20 ,, ,, ,, 21,322 ,, über 20 ,, ,, 4,672 ,, Es trifft somit auf einen Besitzer durchschnittlich 5,5 Stück Rindvieh im ungefähren Werth von zusammen rund Fr. 2000.

Aber mehr als die Hälfte aller Besitzer (122,146) nennen w e n i g e r als 5 S t ü c k ihr Eigen. Diese Zahlen zeigen, welch' verhältnißmäßig enorme Schädigung der Tod nur eines einzigen Stückes Vieh, sei derselbe durch Unfall, durch Krankheit oder infolge der Geburt herbeigeführt worden, dem Durchschnittsviehbesitzer bringt.

*) Schweiz. Volkswirthschaftslexikon von Fnrrer, Bd. II, S. 290.

Bundesblatt. 44. Jahrg. Bd. V.

31

474

Dieser Schaden wird um so größer, je werthvoller die betreffenden Stücke als Zucht- oder Nutzthiere waren, weil der Unterschied zwischen dem Preis des gesunden lebenden Thieres und dem Erlös aus dem Kadaver größer wird.

Unglück im Stall ist wohl öfter als man glaubt die Ursache, daß tüchtige und sparsame kleine Landwirthe ökonomischer Abhängigkeit, dem Wucher und schließlich dem Ruin verfallen. Die Furcht vor solchem Unglück veranlaßt sogar den besser situirten Viehhalter, die werthvollsten Thiere, die er züchtet, zu verkaufen und sich mit minderwerthigem Vieh zu behelfen, von dem er weiß, daß es ihm weniger Nutzen aus seinem Futter bringt, womit er aber geringeres Risiko läuft.

Nicht nur die Erhaltung vieler gefährdeter Existenzen, sondern auch die Förderung des weitaus wichtigsten landwirthschaftlichen Erwerbszweiges, der Rindviehzucht, verlangen demnach, daß diesem Risiko, das für den Einzelnen zu groß ist, von mehrern und wenn möglich auch kräftigern Schultern getragen werde. Dies geschieht durch die V i e h v e r s i c h e r u n g .

Große Viehversicherungsgesellschaften, seien es auf Gegenseitigkeit, seien es auf Aktien gegründete, haben in unserem Lande nie rechten Boden gefunden. Die Verwaltung derselben verschlingt einen zu großen Theil der Prämien, und letztere werden durch die vielfachen und verschiedenartigen Schädigungen, welche große Gesellschaften seitens der Versicherten erleiden, so sehr erhöht, daß der größere Landwirth die Selbstversicherung billiger findet und der kleine Viehbesitzer die Zahlung nicht zu leisten vermag.

Dagegen haben sich die kleinen, den Umfang einer Gemeinde nicht überschreitenden, meistens freiwilligen -- doch hin und wieder auch obligatorischen -- auf Gegenseitigkeit beruhenden Viehversicherungsgenossenschaften in den meisten Kantonen mehr oder weniger zahlreich verbreitet und eingelebt. Die Verwaltungskosten derselben sind sehr gering und die gegenseitige Ueberwachung der Viehbesitzer verhindert oder vermindert willkürliche Schädigung O O der Genossenschaften durch gewissenlose oder gleichgültige Viehbesitzer. Diese kleinen Gesellschaften können aber den Schaden, der aus Viehseuchen entsteht, nicht vergüten, ebenso übernehmen sie keine Entschädigungspflicht, wenn auf der Schlachtbank das.

Fleisch tuberkulös befundener Thiere beseitigt oder entwerthet,
wird. Der Staat, nämlich Bund und Kantone, entschädigen nur beim Auftreten einzelner, bestimmter ansteckender Thierkrankheiten die Besitzer der an denselben gefallenen oder der auf staatliche Anordnung beseitigten Thiere. In allen andern Fällen gibt* es keine Deckung für den oft unverschuldet erlittenen Schaden.

475

Unserem Landwirthschafï.sdepartement liegt nun eine Denkschrift vor,*) in welcher die Ueberzeugung ausgesprochen wird, daß durch die Einführung der obligatorischen Viehversicherung mit den Viehinspektionskreisen als Versicherungskreisen und mit den Viehinspektoren als Versicherungtibeamten nicht nur dem Versicherungsbedürfniß der Viehbesitzer besser als bisher entsprochen würde, sondern daß in diese Versicherung auch die durch Seuchen verursachten Todfälle und die durch Tuberkulosis hervorgerufene Fleischentwerthung unbedenklich einbezogen werden dürfe, und daß diese obligatorische Versicherung, wenn nicht das einzige, so doch das beste Mittel zur Bekämpfung der Rindertuberkulosis sei.

Diese Ansicht wird mit folgenden Thatsachen begründet: 1. Die Viehinspektionskreise haben in der Regel die geeignete Größe, um aus den Vieh besitzen! derselben obligatorische Versicherungsgenossenschaften zu bilden, die eine angemessene Vertheilung des Risiko's und die unumgänglich nothwendige gegenseitige Ueberwachung der Versicherten ermöglichen. Wo diese Voraussetzung nicht zutrifft, können die kantonalen Behörden die Inspektionskreise nach Bedürfniß umschreiben.

2. Die Viehinspektoren haben schon in Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten den größern Theil derjenigen Arbeiten auszuführen, der den Versicherungsbeamten zufällt. Werden sie noch mit dem Versicherungsgeschäft betraut, so ist durch die Aufsicht seitens der Genossenschaft eine gute amtliche Pflichterfüllung gesichert, und den Genossenschaften erwachsen aus dem administrativen Theil des Versicherungsgeschäftes geringere Kosten.

Bei dieser Organisation kann die Wahl der Viehinspektoren den Genossenschaften überlassen oder ihnen mindestens das Vorschlagsrecht für die Wahl eingeräumt werden.

3. Wenn die Ueberwachung des Viehverkehrs durch die Viehinspektoren, so wie selbe von der Viehseuchengesetzgebung gefordert ist, durch die Organisation der obligatorischen Viehversicherung in den Viehinspektionskreisen überall gesichert wird, so sind die bis jetzt bekannten Viehseuchen nicht mehr zu fürchten, namentlich nicht, wenn über das aus dem Ausland eingeführte Vieh Maßnahmen verhängt werden, die, ohne den Verkehr stark zu hemmen, doch das inländische Vieh vor Ansteckung schützen. Derartige allgemeine und wenig beengende Maßnahmen bedingen-
aber wieder die genaue Kontrole des Viehverkehrs.

*) Die Tuberkulose des Rindviehes und die Viehversichernng. Bericht an das schweizerische Landwirthscbaftsdepartement von F. Müller, Abth eilungschef desselben. Bern 1892.

476

4. Die energische Bekämpfung der Rindertuberkulosis liegt im eigentlichsten Interesse der Versicherungsgenossenschaften, weil ihnen aus der Entwerthung des Fleisches tuberkulöser Thiere auf der Schlachtbank Schadenersatz und damit erhöhte Prämien erwachsen.

Sie werden daher durch Belehrung ihrer Mitglieder und, wenn diese nicht ausreichen sollte, durch Verweigerung oder Herabsetzung der Entschädigungen zu verhindern suchen, daß Vieh mit Anlagen zur Tuberkulosis gekauft oder zur Aufzucht verwendet wird. Sie werden ferner eine bessere Stallhygieine und überhaupt eine naturgemäßere Haltung und Pflege der Thiere zu erzielen suchen und Vieh, an dem die Tuberkulosis erkannt oder vermuthet wird, möglichst schnell zur Schlachtbank liefern, um wachsenden Schaden zu vermeiden.

Der Zwang, den das Obligatorium bedingt, soll dadurch gemildert werden, daß der Viehbesitzer berechtigt wird, wenigstens innert einer gewissen Minimalgrenze, sein Vieh jeweilen selbst einzuschätzen. Der Sehadenersatz richtet sich nämlich nicht nach dem Einschatzungsbetrag, sondern nach dem wirklichen Werth des Thieres vor dem Unfall oder vor der tödtlichen Krankheit, wie er durch Erhebungen und Experten festgestellt wird. Der Einschätzungsbetrag begrenzt diese Entschädigung nach oben und dient zur Berechnung der Prämien.

5. Durch die Versicherung des Viehes gewinnt der Landwirth an Kredit; es wird eine zuverläßigere und sich stets auf dem Laufenden haltende Statistik des Viehstandes und eine intensivere Hebung der Rindviehzucht, sowie die ökonomische Förderung des Viehhalters überhaupt erreicht, ohne andere Kosten im Gefolge zu haben, als diejenigen, die bis jetzt auch getragen werden mußten.

Um die Einführung der obligatorischen Viehversicherung anzubahnen und zu erleichtern, wird dann beantragt: ^Der Bund möge denjenigen Kantonen, welche die obligatorische Versicherung des Rindviehes nach einem von ihm genehmigten Projekt einführen, Bundesbeiträge zur Ausgleichung und Herabminderung der Prämien in Aussicht stellen.

Ferner haben Anspruch auf gleiche Bundesbeiträge diejenigen Viehinspektionskreise der andern Kantone, welche freiwillig die gesammte Rindviehhabe nach einer vom Bunde zu genehmigenden Organisation zu versichern beschließen.tt Wir wollen nicht erörtern, wie und in welchem Grade die Viehversicherung die in der erwähnten Denkschrift ausgesprochenen Erwartungen wird erfüllen können; wir gewärtigen hierüber noch

477

die Ansicht der Kantone, denen die Schrift am 30. Januar 1. J.

zur Würdigung zugesandt wurde, sowie die von den beiden Thierarzneischulen hierüber verlangten Gutachten.

Immerhin kann an Hand des amtlichen Bulletins über die ansteckenden Krankheiten der Hausthiere nachgewiesen werden, daß die genaue, von den Viehseuchengesetzen geforderte Viehverkehrsüberwachung wirklich im Stande ist, die Seuchenverbreitung zu verhindern. So z. B. hatte ein Kanton noch im Jahre 1889 64 °/o sämmtlicher Krankheits- und Verdachtsfälle von Maul- und Klauenseuche, die während des ganzen Jahres in der gesammten Schweiz gezählt wurden, innert seinen Grenzen verzeichnet. Durch bessere Beaufsichtigung des Viehverkehrs wurden diese Seuchen- und Verdachtsfälle auf 33 °/o im Jahre 1890 und auf 8 °/o im Jahre 1891 herabgedrückt, obwohl gerade das letzte Jahr mit 28,439 an Maulund Klauenseuche kranken und derselben verdächtigen Thieren das Maximum seit 1886 verzeigte. Die obligatorische Viehversicherung muß aber schon aus versicherungsteehnischen Gründen die genaueste Ueberwachung des Viehverkehrs anstreben.

Die Behandlung der eidgenössischen und kantonalen Viehseuchenfonds und Viehentschädigungskassen als Reservefonds der obligatorischen Viehversicherung bietet keine Gefahr, indem dieselben nicht nur nicht vermindert, sondern vielmehr geäuffnet werden und nur dazu dienen sollen, die Risiken, die in einzelnen Jahren auf so kleine Versicherungsgenossenschaften schwer drücken können, zeitlich und örtlich angemessen zu vertheilen. Durch diese Verwendung werden die Fonds recht eigentlich ihrem Zwecke dienstbar gemacht und die Gefahr beseitigt, daß denselben Gelder für andere, die Viehgesundheitspflege und Sanitätspolizei nicht beschlagende Ausgaben enthoben werden.

Was dann die Bekämpfung der Tuberkulosis betrifft, so behalten wir uns ein endgültiges Urtheil über diese noch in Berathung liegende Frage vor. Immerhin darf bemerkt werden, daß seit dem Erscheinen der erwähnten Broschüre der deutsche Landwirthsehaftsrath erklärt hat : ,,Zur weitern Abwehr der durch die Tuberkulose und andere Krankheiten des Rindviehes verursachten wirthschaftlichen Schäden ist eine allgemeine Versicherung des Rindviehes in ganz Deutschland dringend wünschenswert!!." *) Noch bestimmter spricht sich der oberste Sanitätsrath Oesterreichs aus, indem er
gelegentlich der Berathung über die Grundsätze, nach welchen bei der Vieh-und Fleischbeschau vorzugehen ist, hervorhob**): ,, d a ß *) Deutsche Landw. Presse Nr. 22 vom 16. März 1892.

**) Wiener Landw. Zeitung Nr. 43 vom 28. Mai 1892.

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eine in j e d e r Hinsicht genügende S i c h e r s t e l l u n g einer den sanitären A n f o r d e r u n g e n e n t s p r e c h e n d e n Qualität des zum G e n ü s s e gelangenden Fleisches auch bei entsprechender E i n r i c h t u n g der Vieh- und F l e i s c h b e s c h a u n u r d a n n z u e r z i e l e n i s t , w e n n eine o b l i g a t o r i s c h e , v o n d e n S t a a t s - o d e r v o n d e n Landesv e r w a l t u n g e n zu h a n d h a b e n d e V e r s i c h e r u n g des g e s a m m t e n V i e h s t a n d e s gegen u n v e r s c h u l d e t e W e r t h v e r l u s t e d u r c h U n f ä l l e , K r a n k h e i t e n u . s . w. i n a l l e n im Reichsrat.he v e r t r e t e n e n K ö n i g r e i c h e n und Länd e r n n a c h g l e i c h a r t i g e n Gr r u n d s ä t z e n e i n g e f ü h r t würde, welche E i n r i c h t u n g sich als ein u n s c h ä t z bares w i r t h s c h a f t l i c h e s M i t t e l zur V e r v o l l k o m m nung der V i e h z u c h t und zur r a d i k a l e n T i l g u n g aller ansteckendenThierkrankheiten,, s o n a c h z u r H i n t a n h a l t u n g d e r S e u c h e n u n d B e l e b u n g d e s V i e h e x p o rtes darstellt."· Aus Allem geht jedenfalls hervor, daß die Einführung der obligatorischen Viehversicherung nicht nur sämmtlichen Landwirthen ohne Ausnahme nützen und die Auslagen und Opfer des Staates für Bekämpfung ansteckender Thierkrankheiten bedeutend vermindern würde, sondern daß sie auch der gesammten Bevölkerung Garantie für gesunde Fleischnahrung zu bieten im Stande ist.

Um diese Einführung zu erleichtern und zu beschleunigen, halten wir demnach Beiträge des Bundes für nothwendig und für durchaus gerechtfertigt; denn eine Anstalt, aus der Alle Nutzen ziehen, soll auch durch Alle unterstützt werden.

In Berücksichtigung der vorausgehenden Auseinandersetzungen über Hagel- und Vieh Versicherungen und in Zusammenfassung beider Versicherungsarten schlagen wir Ihnen die Aufnahme folgenden neuen Artikels 12 vor: ,,Insoweit d e r S t a n d d e r B u n d e s f i n a n z e n e s gestattet, wird der B u u d die Bestrebungen der K a n t o n e für o b l i g a t o r i s c h e Vie h ve r S i c h e r u n g wie f ü r H a g e l v e r s i c h e r u n g m i t Beiträgen unterstützen.

Aus den für diesen Zweck a l l j ä h r l i c h durch das Budget
festzustellenden Summen werden denjenigen K a n t o n e n , w e l c h e die obligatorische V i e h v e r s i c h e r u n g und die Versicherung der Feldf r ü c h t e g e g e n H a g e l s c h l a g u n t e r s t ü t z e n ,B e i t r ä g e im M a x i m u m bis zu r H ö h e de r b e t r e f f e n d e n kantonalen Leistung verabfolgt.

479 Der Bundes r ath wird die B e d i n g u n g e n bet r e f f e n d d i e B e w i l l i g u n g und V e r w e n d u n g dieser B e i t r ä g e f e s t s e t z e n."

E. Landwirthschaftliche Vereine und Genossenschaften.

In A r t i k e l 11 und 12 des bisherigen Bundesbeschlusses werden der alpwirthschat'tliche Verein und die schweizerischen landwirthschaftlichen Hauptvereine als solche Vereine bezeichnet, denen alljährlich Subventionen bewilligt werden können. Zugleich werden einzelne Unternehmungen besonders hervorgehoben, für welche den genannten Vereinen diese Subventionen verabfolgt werden können.

Wenn eine besondere Nennung des schweizerischen alpwirthschafluchen Vereias im Jahre 1884 mit Rücksicht auf seine Betheiligung an der Milchversuchsstation in Lausanne gerechtfertigt war, so besteht heute, nachdem jene eingegangen, resp. an deren Stelle eine kantonale Station getreten ist und die Sammlungen derselben zum Theil an die landwirthschaftliche Abtheilung des eidgenössischen Polytechnikums übergegangen sind, kein Grund mehr, den genannten Verein anders als die übrigen landwirthschaftlichen Hauptvereine zu behandeln, weßhalh wir beantragen, es sei in dem revidirteo Gesetz von einer besondern Nennung desselben Umgang zu nehmen, in der Meinung, daß er gleich den übrigen im Kollektivnamen ^landwirthschaftliche Hauptvereine"1 inbegriffen sei.

Ebenso empfehlen wir Ihnen, von der Aufzählung bestimmter, zu subventionirender Unternehmungen abzusehen, da die Beitragsleistungen des Bundes sieh nicht auf solche beschränken, sondern auch für andere Zwecke Subventionen verabfolgt werden können.

Dagegen sind die Bedingungen beizubehalten, unter welchen diese Beiträge überhaupt erhältlich sind.

Nach A r t i k e l 12 des bisherigen Bundesbeschlusses können den landwirthschaftlichen Haupt vereinen, bezw. Genossenschaften, Subventionen bewilligt werden. Der Wortlaut dieser Bestimmung entspricht nun den gegenwärtigen Verhältnissen absolut nicht mehr.

Die landwirthschaftlichen Genossenschaften, wie sie sich in neuerer Zeit entwickeln, verfolgen andere Zwecke, sind auf andern Grundlagen aufgebaut und haben ein ganz anderes Gebiet der Wirksamkeit als die sogenannten Hauptvereine. Deßhalb können dieselben als selbstständige Vereinsverbindungen behandelt werden, deren Subventionirung von ganz anderen Bedingungen abhängig ist als diejenige der sogenannten Hauptvereine. So haben wir, obschon durch den bisherigen Bundesbeschluß formell nicht berechtigt, den-

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noch an eine Reihe von Viehzuchtgenossenschaften Beiträge an deren Gründungskosten verabfolgt, welche den Zweck haben, diese Genossenschaften zu kräftigen, sie zusammenzuhalten und in ihren auf die Förderung der Thierzucht gerichteten Bestrebungen zu unterstützen. Aehnliche Genossenschaften können auch auf andern Gebieten der Landwirtschaft entstehen. "Wir haben ein Interesse daran, solche Bestrebungen zu fördern und materiell zu unterstützen, und beantragen deßhalb, damit hiefür eine feste Grundlage vorhanden sei, folgenden n e u e n A r t i k e l in das Landwirthschaftsgesetz aufzunehmen: ,, D e n l andwirthschaftlichen G e n o s s e n s c h a f t e n , welche im allgemeinen landwirtschaftlichen Interesse liegende Zwecke verfolgen, k ö n n e n u n t e r Bed i n g u n g e n , w e l c h e d e r ß u n d e s r a t h aa u f s t e l l e n w i r d , Bundesbeiträge verabfolgt werden.

Wir empfehlen Ihnen den im Anschluß folgenden Entwurf eines Bundesgesetzes zur Genehmigung, und wir versichern Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 28. November 1892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Beilage: Protokoll der Konferenz kantonaler Delegirter betreffend Erhebungen über die Bodenverschuldung, vom 20. und 21. April 1892.

(Entwurf.)

Bundesweite betreffend

die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund.*)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 28. November 1892 und in Revision des Bundesbeschlusses betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund vom 27. Jupi 1884 (A. S. n. P. VII, 605), beschließt: Art. 1. Zur Förderung der Landwirtschaft wird der Bund die in nachfolgenden Artikeln aufgeführten Maßnahmen treffen und von den Kantonen oder landwirtschaftlichen Vereinen in's Leben gerufene Institutionen und Vorkehrungen unterstützen.

A. Landwirtschaftliches" Unterrichtswesen und Versuchsanstalten.

Art. 2. Der Bundesrath ist ermächtigt, Schülern, welche sich als Landwirthschaftslehrer oder Kulturtechniker ausbilden wollen, unter folgenden Bedingungen Stipendien bis zum Betrage von je 600 Franken per Jahr zu ertheilen : a. Dieselben müssen sich mindestens ein Jahr mit praktischer Landwirthschaft befaßt haben.

*) Die Abweichungen vom Bandesbeschlusse vom 27. Juni 1884 sind durch Kursivschrift hervorgehoben.

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b. Die Kautone, denen sie angehören, müssen ein Stipendium von demselben Betrage wie das eidgenössische gewähren.

c. Die Stipendiumgenössigen haben sich zu verpflichten, nach Ablauf ihrer Stipendienzeit während sechs Jahren ihre Thätigkeit der schweizerischen Landwirthschaft zu widmen.

Wer ohne hinreichende, vom Bundesrathe zu würdigende Gründe dieser Verpflichtung nicht nachkommt, ist gehalten, die genossenen Stipendien zurückzuerstatten.

Der Bundesrath kann auch Reisestipendien für landwii thschaftliche Studien und Untersuchungen ertheilen.

Er wird die besonderen Vorschriften betreffend die Ausrichtung der in diesem Artikel überhaupt bezeichneten Stipendien erlassen.

Art. 3. Kantonen, welche theoretisch-praktische Ackerbauschulen und landwirtschaftliche Sommer- oder Winterkurse eingerichtet haben oder einzurichten gedenken und dem Bundesrathe das bezügliche Schulprogramm zur Genehmigung vorlegen, kann, in der Voraussetzung, daß Schüler aus allen Kantonen unter den gleichen Bedingungen Aufnahme in die Schule rinden, eine regelmäßige jährliche Subvention verabfolgt werden.

Unter Bedingungen, die der Bundesrath aufstellen wird, können auch solche Kantone Unterstützungen erhalten, die landwirtschaftliche Wandervorträge und Spezialkurse, Käserei- und Stalluntersuchungen, sowie'Alpinspektionen abhalten lassen.

Art. 4. Der Bund kann je nach Bedürfniß die Errichtung und den Betrieb von Milchversuchsstationen, Musterkäsereien, Obst- und Weinbauversuchsstationen, sowie weitere landwirtschaftliche Untersuchungsstationen Subventioniren.

Der Bundesrath ist ermächtigt, mit den Kantoren, welche

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solche Stationen errichten wollen, in Unterhandlungen zu treten, und wird, falls dieselben einen befriedigenden Abschluß finden, die zu einer Betheiligung des Bundes an der Gründung und dem Betrieb der erwähnten Anstalten erforderlichen Summen anläßlich der Budgetvorlage verlangen.

Der Bund kann überdies, sofern dies nothwendig wird, landwirtschaftliche Versuchsanstalten selbst errichten.

B. Förderung der Thierzucht.

Art. 5. In das eidgenössische Budget wird alljährlich ein Posten zur Hebung und Verbesserung der jlmdviehzucht von mindestens 100,000 Franken aufgenommen werden.

Derselbe soll hauptsächlich zur Förderung einer geordneten Zuchtstierhaltung' in den Kantonen, ausnahmsweise auch zur Unterstützung einer schweizerischen Betheiligung an ausländischen Riodviehausstellungen verwendet werden.

Der Bundesrath wird die Bedingungen feststellen, unter denen die Unterstützungen aus dem genannten Kredite verabfolgt werden.

Art. 6. In das eidgenössische Budget wird alljährlich ein Posten von mindestens 60,000 Franken zur Hebung und Verbesserung der Pferdezucht aufgenommen werden. Derselbe soll folgende Verwendung finden: a. zum Ankaufe und den Bedürfnissen entsprechend auch zur Haltung von fremden und allfällig in der Schweiz gefallenen Zuchthengsten, wenn letztere nachweisbar in Abstammung und Qualität resp. Race den importirten nicht nachstehen; b. zur Prämirung von Stutfohlen und von Zuchtstuten, deren Abkunft von mit Bundessubvention unterstützten Zuchthengsten nachgewiesen wird; c. zur Erhöhung von Prämien, welche an den von Kantonen oder Pferdezuchtvereinen angeordneten Pferdeausstellungen zur Vertheilung kommen;

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d. zur Unterstützung solcher Pferdezuchtvereine, Genossenschaften oder Kantone, welche passende Fohlenweiden besitzen.

Der Bundesrath wird die Bedingungen feststellen, unter denen die Unterstützungen aus obigem Kredite verabfolgt werden.

Art. 7. Unter Bedingungen, die der Bundesrath feststellen wird, können den Kantonen Beiträge zur Hebung der Kleinviehzucht verabfolgt werden.

C. Verbesserung des Bodens.

Art. 8. Der Bundesrath ist ermächtigt, Unternehmungen, welche eine Verbesserung des Bodens oder die Erleichterung seiner Benutzung zum Zwecke haben, unter folgenden Bedingungen zu unterstützen: a. Unterstützungsbegehren müssen stets vor Inangriffnahme der Arbeiten mit den nöthigen Angaben über die Beschaffenheit und Wichtigkeit, über die Kosten der auszuführenden Arbeiten, sowie mit den technischen Vorlagen versehen, von der Kantonsregierung dem Bundesrath eingereicht werden.

b. Der Beitrag des Kantons oder der Gemeinde oder der Korporation muß mindestens ebenso hoch sein, als der des Bundes, welcher 40 °/o der Gesammtkosten (exklusive Unterhaltungskosten) nicht übersteigen darf.

c. Es muß die kantonale Verwaltung in jedem einzelnen Falle die bestimmte Verpflichtung übernehmen, die ausgeführten Verbesserungsarbeiten gut zu unterhalten ; doch steht derselben der Rückgriff auf die betheiligten Gemeinden, Korporationen oder Privaten zu.

d. Die Ausbezahlung des Bundesbeitrages erfolgt in der Regel, nachdem die Arbeiten ausgeführt und von der Oberaufsichtsbehörde untersucht worden sind.

485 Art. 9. Der Bundesrath setzt alljährlich die Beiträge an die Kantone nach Maßgabe der im eidgenössischen Budget bewilligten Summen fest.

Art. 10. Der Bundesrath kann das zur Prüfung der Unterstützungsbegehren und zur Ausübung der Oberaufsicht erforderliche technische Personal je nach Bedürfniß beiziehen.

D. Maßnahmen gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

Art. 11. Der Bundesrath ist ermächtigt, eine gehörige Ueberwaohung der Weinberge, sowie die erforderliehen Schutzmaßregeln gegen die Verbreitung der Reblaus und anderer Schädlinge anzuordnen, die Einfuhr, Zirkulation und Ausfuhr von Pflanzen, Stoffen und Produkten, welche Träger der Reblaus oder eines anderen die Landwirtschaft bedrohenden Schädlings sein können, zu verbieten und Strafbestimmungen aufzustellen, welche für Uebertretungen dieses Verbotes Bußen bis zum Betrage von 1000 Franken vorsehen.

Der Bund kann denjenigen Kantonen, welche zur Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten der landwirthschaftlichen Kulturen Maßregeln ergreifen, Unterstützungen bis zum Betrage von 40°/o der von ihnen gemachten Ausgaben zukommen lassen.

Die zur Ausrichtung dieser Entschädigungen erforderlichen Summen sollen alljährlich auf dem Büdgetwege verlangt werden.

Der Bundesrath wird die Bedingungen feststellen, unter denen Entschädigungen beansprucht werden können.

Art. Ì2. Insoweit der Stand der Bundesfinanzen es gestattet, wird der Bund die Bestrebungen der Kantone für obligatorische Viehversicherung wie für Hagelversicherung mit Beiträgen unterstützen.

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Aus den für diesen Zweck alljährlich durch das Budget festzustellenden Summen werden denjenigen Kantonen, welche die obligatorische Viehversicherung und die Versicherung der Feldfrüchte gegen Hagelschlag unterstützen, Beiträge im Maximum bis zur Höhe der betreffenden kantonalen Leistung verabfolgt.

Der Bundesrath wird die Bedingungen betreffend die Bewilligung und Verwendung dieser Beiträge festsetzen.

E. Landwirthschaftliche Vereine und Genossenschaften.

Art. 13. Den schweizerischen landwirtschaftlichen Hauptvereinen können alljährlich Subventionen bewilligt werden, und zwar unter folgenden Bedingungen : 1. Die gehörig zu motivirenden Subventionsbegehren müssen, um in dem Budget eines Jahres Berücksichtigung finden zu können, vor dem 15. August des vorhergehenden Jahres eingereicht sein.

2. Den Begehren muß ein genaues Programm beigegeben werden, aus welchem in klarer Weise die Natur des Unternehmens, für das eine Subvention verlangt wird, der Voranschlag der Gesammtkosten der Durchführung desselben und die Art und Weise der Verwendung der Subvention entnommen werden können.

3. Die Bundesbeiträge dürfen nicht zur Erzielung eines Privatnutzens dienen.

4. Die Ausbezahlung der Subvention erfolgt nur gegen Vorweis der Rechnungsbelege und Erstattung eines Berichts über das Unternehmen.

Art. 14. Für Unternehmen, die nur durch das Mitwirken kantonaler Behörden in zweckentsprechender, gedeihlicher Weise durchzuführen sind, soll die Subsidie den betreffenden Kantonen ausgehändigt werden.

Der Bundesrath wird dafür sorgen, daß bei der Verwendung der den landwirthschaftlicheu Vereinen gewährten

487 Subventionen der landwirtschaftliche Kleinbetrieb besondere Berücksichtigung finde.

Art. 15. Den landwirtschaftlichen Hauptvereinen kann der Bundesrath für Arbeiten, welche sie in seinem Auftrage ausgeführt haben, besondere Entschädigungen gewähren.

Art. 46. Den landwirthschaftlichen Genossenschaften, welche im allgemeinen landwirthschaftlichen Interesse liegende Zwecke verfolgen, können unter Bedingungen, welche der Bundesrath aufstellen wird, Bundesbeiträge verabfolgt werden.

F. Anderweitige Förderung der Landwirthschaft.

Art. 17. Der Bund unterstützt allgemeine landwirthschaftliche Ausstellungen, welche nicht öfter als von vier zu vier Jahren abwechselnd in der östlichen, mittleren und westlichen Schweiz stattfinden sollen.

Die Unterstützung des Bundes darf nur zu Prämien verwendet werden. Das Ausstellungsprogramm, die Wahl der Jury, sowie das Juryreglement unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes. Die Organisation der Ausstellungen ist Sache der landwirthschaftlichen Vereine und der Kantone.

Für allgemein schweizerische oder interkantonale Spezialausstellungen können ausnahmsweise ebenfalls Subventionen bewilligt werden, vorausgesetzt, daß dieselben nicht in einem Jahre abgehalten werden, in welchem eine allgemeine landwirthschaftliche Ausstellung stattfludet.

Art. 18. Der Bundesrath wird für den weiteren Ausbau der landwirthschaftlichen Statistik die geeigneten Maßnahmen treffen. Ueber die Natur und den Umfang der zu machenden Erhebungen, sowie über die Kosten derselben wird er jeweilen besondere Vorlagen einbringen.

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G. Allgemeine und Schlußbestimmungen.

Art. 19. Der Bundesrath wird darüber wachen, daß die Opfer des Bundes nicht eine Verminderung der bisherigen Leistungen der Kantone und landwirtschaftlichen Vereine zu Gunsten der Landwirthschaft zur Folge haben, sondern ausschließlich dazu dienen, die in gegenwärtigem Gesetze namhaft gemachten Institutionen und Maßregeln zu fördern und zu vervollkommnen.

Art. W. Durch das gegenwärtige Gesetz wird der Bundesbeschluß betreffend Förderung der Landwirthschaft, vom 27. Juni 1884, aufgehoben.

Art. 21. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung über die Revision des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund. (Vom 28. November 1892.)

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07.12.1892

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