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des

.Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend den Art.

28 des nationalräthlichen Entwurfs der Bundes-

Verfassung über Aufhebung der Zollentschädigungen.

(Vom 13. Januar l 872.)

Tit. l Durch Schlussnahme vom 23. Dezember lezthin hat der .Nationalrath uns eingeladen, die aus dem Kanton ...largau eingelangten Betitionen, betretend den neu angenommenen Art. 28 des Entwurses der Bundesverfassung, sowie alle dadurch veranlassten Reehtssragen zu prüfen und ihm bis zum 15. Januar l 872 darüber Berieht zu erstatten.

Jndem wir uns beeilen, diesem Austrage nachzukommen, erlauben wir uns hervorzuheben, dass es sieh hauptsächlich um sollende drei Fragen handeln muss : a. Ob der Bund gegenüber den aargauisehen Gemeinden irgendwelche privatreehtliehe Verpflichtungen habe?

b. Ob die Zollloskaufsumme an die eidgenössische Linthkommission sortzuzahleu sei...'

c. Wie es sieh in Znknnft bezüglich des Schneebruches ans dem St. Gotthard verhalten sollet

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Ad a.

Rach Einführung der gegenwärtigen Verfassung

wurden

gemäss Art. 24 derselben, sowie nach Mitgabe des Art. 56 des dama-

ligen und Art. 58 des damaligen Gesezes über das Zol.lwesen, die von den Kantonen, Gemeinden oder Korporationen oder privaten erhobenen Zölle, Weg- und Brükengelder von der Eidgenossenschaft den Kantonen abgekauft, während die Kantone nach dem nämlichen, oben angerufenen Gesezesartikel, 4. Lemma, die Bflieht haben, alle Entschädigungen an ihre gemeinden, Korporationen oder Brivaten für solche losgekaufte Gebühren zu leisten.

Raeh dem gleichen Gesezesartikel unterlagen die diessälligen mit den Kantonen abgeschlossenen Zollloskaufverträge der Genehmigung der Bundesversammlung.

Mit Schlussnahme vom 30. April 18.^0 hat die Bundesversammlung ^ie daherigen mit den Kantonen abgeschlossenen Zollloskausverträge in folgender Form genehmigt (eidg. Gesezsammlung, Band IV, Seite 363). i Die daherige Begründung der nationalräthlichen Kom-

mission ift^ im Bundesbtatt abgedrukt, vide Jahrgang l 850, Band l, Seite.

307.).

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.,Die^ Schweizerische .Bundesversammlung genehmigt die mit den "Kantonen ...nd ^der Linthsehisssahrtskommission abgeredeten Ueberein,,künste über die Zollabtretungen und daherigen Entschädigungen in der ,,Weise, dass die in Vertragssorm stattfindende Aussührung der aus die "Zol.lverhältnisse bezüglichen Versassnngsbestimmungen die rechtliche ^Stellung des Bundes und der Kantone, wie sie im ^inn und Geist ^,,der Bundesverfassung liegt, in keiner Weise verändert, und es ist .,demnach der Bundesrath beauftragt, in dieser Weise die Uebereinkünste ,.zur gegenseitigen Auswechslung definitiv aussertigen zu lassen und die ^Ratifikation Ramens des Bundes beizusehreiben.^ Alle seither abgeschlossenen Zollioskausverträge wurden mit dem gleichen Vorbehalt genehmigt.

Alle Kantone ohne Ausnahme haben diesen Standpnnkt der Bundesversammlung dadurch anerkannt, dass sie die oben angeführte Ratifikationsformel angenommen und gestüzt darauf die entsprechenden Entschädigungsbeträge seit mehr als zwanzig Jahren entgegengenommen haben.

Durch diesen Vorbehalt in der oben angeführten Ratifikationsformel ist nun unzweifelhaft festgestellt, dass die Zollloskaufverträge keinen privatrechtliehen Eharakter haben. Die Bundesversammlung hat dadurch^ die freie Verfügung der gesezgebenden Behorde ausdrüklich vorbehalten, so ..ass bei der Ausstellung eines neuen Staatsgrundgesezes der Bund vollkommen freie .^and hat, in Sachen diejenigen Bestimmungen auszustellen, die er snr angemessen erachtet, und zwar ohne dass die Kan-

^0 tone berechtigt sein konnnen, gestü^t ans d^e Zollloskansverträge, Einreden dagegen zu erheben.

Schasft nun ein neues Grundgesez die den Kantonen nach dem bisher bestandenen ausbezahlten Zoll- und Bostentsehädigungen ab, so müssen die Kantone sich dieses gefallen lassen, ohne desswegen zn einer

Entsehädignngsfordernng gegenüber dem Bunde berechtigt zu sein. Es ist dies ganz einsach die Folge der Ausübung des Souveränetätsreehtes .

und so gut die neuen Versassungsbestimmungen über andere Materien für d.ie Kantone verbindlich werden, gerade so müssen es diese in Be..

tress der Zollloskausverhältnisse sein.

Von einem Rechte znr Eutschadigungssorderung zu Dunsten der Kautone kann also keine ..^ede sein. Mit den Gemeinden und Korporationen, die hier als Reklamauten austreten, steht aber der Bund in durchaus keiner Beziehung. Legerer hat mit keinen Gemeinden oder Korporationen über Lostaus von Rollen oder Brükengeldern unterhandelt, hat ihnen also anch nichts versprochen, noch vielweniger bisher bezahlt, tonnte daller von denselben selbst bei ^er Annahme eines privatrechtlichen Standpunktes unter^ keinen Umständen sür Zollloskausbetrage belangt werden, welche ihnen bisher von Kantonen bezahlt worden sind. Die Loskaufoerträge mit Gemeinden und Korporationen wurden alle mit den entsprechenden Kantonen abgeschlossen, wie es im Art. 58 des B ....desgesezes über das Zoliwesen vorgeschrieben ist.

Wenn nnn die Kantone die in diesen Verträgen mit ihren Gemeinden und Korporationen bestimmten Entschädigungssummen nicht fortbe^ahlen wollten, so ist die daherige Streitsrage zwischen den beiden Kontrahenten^ zu erledigen , der Bund kann dabei unmoglieh betheiligt sein.

Wir zweifeln übrigens nieht daran, dass die ...lnseiuandersezn..g zwischen den Kantonen und den Gemeinden nach Recht nnd Billigkeit erfolgen werde.

Ad. b. Ob die ^oliloskaussnmme an die eidgenossisehe Linthkommission sortzuzahlen sei^ Wenn der Art. 28 der neuen Verfassung , wie er vom Rationalrath angenommen ist , in Wirksamkeit tritt , so ist kein Zweifel . dass die bisher an das Liuthuuternehmen ausgerichtete Zollloskaufsumme fortbezahlt werden mnss. Der Art. 28 bestimmt . ,,Die den Kantonen

bisher bezahlten Zolieutsehädignngeu fallen weg.^

Entsehädiguugen dieser Art , welche nicht an Kautone werden, sind dadurch nieht betrofsen, fallen also nicht weg.

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bezahlt

Durch das Bundesgesez vom 6. Dezember l 867 und den voraus^ gegangenen Bundesbeschluß vom 27. Januar 1862 ist die ^inthange..

9t ^egeni..e.t , die von jeher als eine eidgenossische gemeinnüzige Unter.nehm..ng behandelt wurde, zur Bundessache gemacht worden zum ^wek .der Unterhaltung, Fortführung und Beendigung des Lintl..werkes.

Zur Durchführung dieses Werkes wurde eine eigene Verwaltung ausgestellt, welche unter Aufsicht und Kontrole des Bundesrathes steht.

Bei dieser Reorganisation wurde ....sdrüklich ausgesprochen, dass an den Zollauslosungsverhältnisse^. nichts geändert werben soll , wodurch sieh ^lfo die Zolientschädignngssnmme in eine Subvention verwandelt hat, .weiche die Bundeskasse^ an dieses gemeiu..ü..ige Werk zu leisten übernommen hat, ähnlich wie solches bei andern Unternehmungen dieser Art geschah.

Diese Beiträge, durch deren ^ortentrichtung die Ausführung und ^Vollendung dieses s e g e n s r e i c h e n Werkes bedingt ist, müssen daher nach unserer Ansieht sorleutrichtet werden, wenigstens für so lange, bis der angelegte, Ende 1870 auf Fr. 479,000 angewachsene Liuthsond so .hoch angewachsen sein wird, dass dessen Erträguiss zur Unterhaltung der vollendetem Banwerke genügen kann.

Jm Weitern ist hier nicht ansser Acht zu lassen , dass die Zol^ Entschädigungen den ^Kantonen , insoweit man die ganze Operation im Znsammenhauge anfsasst , nieht entzogen werden , sondern durch die Ueberuahme der gesammten Militäransgaben durch den Bund erhalten die Kantone eine Gegenleistung dasür, din, wenn man die Kantone als ^esammtheit dem Bunde gegenüber stellt, grosser ist, als was der lettere dnrch Aushebung der Zoll- und Vostentsehädignngen gewinuen kann.

Die Linthu^ternehmung ist in eineu^ gan^ andern Verhältnisse, .als die Kantone. Sie erhält den sraglicheu Gegenwerth nicht , weil sie .kein Kanton ist, solglich dem Bunde keine Militärlasten abzutreten hat; das Anshoren der Zolleutsehädigung wäre daher sür sie ein reiuer Verlust, ^während es in Bezug aus die Kantone nnr als eine Konversion zu betrachten ist. Diese ganz verschiedene Stellung der Linthunternehmung, die infolge Gesez durch Buudessubsidien unterstüzt wird, welcher mittelst .Bnndesbeschlnss die Zollauslosungssnmme ausdrüklich, ihrer Reorganisation ungeachtet, formlich vorbehalten wnrde, lässt keinen Zweifel, dass auch nach ^inn und Geist des neuen Art. 28 des Versassungs..

^entwnrses, die Zollentschädigung von Fr. 15,000 jährlich dem Linthunternehmen auch fernerhin zu entrichten ist.

Die Linthkommi.sion sasst die Sache ebenfalls in diesem Sinn^ .aus (siehe beiliegende Eingabe derselben vom 30. Dezember l87l).

.^2 Ad c. Ueber die Frage, wie es sich in Zukunft bezüglich de.^ S c h n e e b x u c h e s a u f d e m St. G o t t h a r d perhalten solle, erlauben wir uns hier Folgendes anzuführen : Der Schneebruch auf dem St. Gotthard ist als ein Theil der Zollloskaussumme von Uri und Tessin anzusehen. Dem Kanten Uri wurden dasür Fr. 8000 von seiner daherigen Forderung in Abzug gebracht und ihm dageaen die Besorgung des Schneebruches durch die Eidgenossenschaft abgenommen. Dasselbe geschah gegenüber Tessin.

Dieser Leztere erhob früher sogar eigene Sehne^ebrnchgebühren (jährlich

durchschnittlich Fr. 1438), welche nicht losgekauft, sondern bloss abgezogen wurden. Jm Weitern wurden Tessin Fr. t 9,952 (nach summarischem Anschlag) sür Sehneebruch und .Consumo abgezogen, ohne dass auseinander gehalten worden wäre, wie viel davon aus den Schneebrueh und wie viel ans den Konsumo ..eie. Wir konnen jedoch ganz sicher bei Tessin mindestens Fr. 10,000 sür den Sehneebrneh annehmen. Anstatt diese Summen, Fr. 8000 an Uri nnd Fr. 10,000 an Tessin, jährlieh auszuzahlen, übernahm der Bund die Besorgung des Sehneebruches ans dem St. Gotthard. Die Zollentsehädignng an die Kantone Uri und Tessin wurde dagegen um die entsprechenden Summen vermindert.

Die Uebernahme des Schneebruches aus dem

St. Gotthard bildet also einen Theil der Zollloskanfsnmme, indem

der Bund, anstatt den beiden Kantonen die von ihnen geforderten Gesammtsummen sür den Zol.lloskanf zu entrichten und ihnen die fernere Besorgung des Schneebruches nach wie vor zu belassen, es vorzog, die daherigen Auslagen den^ Kantonen aus der Zollloskaufsumme in Abzug zu bringen und dagegen den Sehneebruch selbst zu übernehmen.

Fallen nun in ^olge einer Verfassungsrevision die den Kantonen in der bisherigen Verfassung zugesicherten Zollentschädigungen dahin, so muss auch die Verpflichtung des Bundes zur Besorgung des Schneebruches auf dem St. Gotthard dahinsallen , weil die vom Bunde damals übernommenen Leistungen einfach aufhoren, eine Thatsache, die ihre Wirkung unzweifelhaft auch auf den Schneebruch äussern muss, dessen Besorgung, wie wir oben gezeigt, einen Theil der Zollloskaufentfchädigung bildet; mit andern Worten, es müsste bezüglich des Sehneebruches der frühere vor dem .Loskauf der Zolle bestandene Zustand wieder eintreten. Der Schneebrueh aus dem St. Gotthard müsste desshalb in Zukunft. wenn der Art. 28 des neuen Versassnngsentwurfes so bleibt, wie ihn der .Nationalrath angenommen hat, unzweifelhaft wieder durch die betreffenden Kantone besorgt werden. wie es vor dem .Loskauf der Zolle der Fall war.

D.. jedoch der Bund ein grosses Jnteresfe hat, dass der Schnee^.ruch auf dem St. Gotthard, wenigstens bis zur Erofsnung des Eisen-

93 Bahnbetriebes, in Ordnung besorgt werde, so halten wir dasür, es dürfte aus Billigkeitsgründen gegenüber den betretenden Kantonen Uri und Tessin .die Verabfolgung eines Beitrages gerechtfertigt sein, in der Weise, dass bei Festsezung der vorgesehenen Entschädigung für den Unterhalt der Alpenstrassen angemessene Rüksicht genommen wüide.

Die Besorgung des Schneebruches würde den Kantonen selbst überlassen,^ jedo.l. der Aussicht und Kontrole des Bundes unterstellt werden müssen.

Vermöge der Bestimmung im dritten Absaze des Art. 28 ist indessen der Bundesgesezgebung die Möglichkeit gegeben, den in vorstehender Auseinandersezung dargelegten Verhältnissen nach jeglicher .Dichtung angemessene Rechnung zu tragen, und wir erachten es daher

nicht für nothig, bezüglich des Schneebruchs die Stellung des Bundes

noch in einem besondern ^usaze zu wahren.

Andere Anträge haben .^ir keine zu stellen.

Wir benuzen diesen Anlass , Sie , Tit. , unserer vollkommensten Hochachtung zu versiehern.

B e r n , den 13. Januar 1872.

Jm Ramen des sehweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

.^elti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

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Bericht des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend den Art. 28 des nationalräthlichen Entwurfs der Bundesverfassung über Aufhebung der Zollentschädigungen. (Vom 13. Januar 1872.)

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Jahr

1872

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1

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03

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.01.1872

Date Data Seite

88-93

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10 007 145

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