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Bericht der

.kommission des Ständerathes über den vom Bundesrath mit Botschaft vom 12. Februar 1872 eingebrachten Beschlussesentwurf betreffend die Stelle eines Inspektors der Gotthardbahnbauten.

(Vom 27. Februar 1872.)

Durch die Verträge zwischen der Schweiz . Jtalien und dem deutschen Reiche, betreffend den Bau und Betrieb einer Gotthard-

eisenbahn vom 27. Juli 1870, 22. Oktober 1871 und 2.). Oktober 187l hat die schweizerische Eidgenossenschaft die allgemeine Verpflichtung

übernommen, die Vorschriften senes Vertrages betretend den Bau der Gottl,ardl..ahn vollziehen zu lassen. Die Vorschriften sind theils allgemein administrativer R..tur und konnen daher vom Bundesrath mit Hilfe der an seiner Seite stehenden oder ihm untergeordneten Organe ohne weiters vollzogen werden. Zum andern Theil sind behuss Dieser Verpflichtung, soweit sich dieselben aus die Ueberwaehnng des Baues selbst beziehen, technische Vorarbeiten erforderlieh, dahin gehort z. B.

Art. 2 betretend hypsometrische Kontrolirnng des Kulminationspunktes des grossen Tunnels, der Maxima der Steigungen und der Minima der Radien der Kurven, der Axenrichtung. überhaupt aller fragen, welche sich aus den Bau des grossen Tunnels beziehen (Art 2 und l1).

Das Gleiche ist der Fall hinsichtlich der den Snbvent.onsstaaten zu

erstattenden periodischen Berichte über den Gang und den Stand der Arbeiten, die Vorlegung von Programmen und Voranschlägen, die Ueberwaehung der Einhaltung der Bauzeiten und die allgemeine Verisi-

^774 Nation der Arbeiten (Art. l l, 3, 17).

Für diese technischen Funktionen hält nun der Bundesrath die ^reirung der Stelle eines Jnspektors der ^otthardbauten auf dem Departement des Jnnern für nöthig, mit

einer Jahresbesoldung bis auf Fr. 8000, nicht inbegriffen die Ver-

gütung der Reiseauslagen, in der Meinung, dass dieser Veamte aneh noch weiterhin für die dem Vun^ zustehenden Ausgaben im Eisenbahnwesen zu verwenden sei. Diese lettere Bestimmung beweist, dass der Bundesrath selbst nicht annimmt, dass die mit der Jnspektion der ^..otthard bauten verbundenen Geschäfte die ganze Zeit eines Jngenienrs in Anspruch nennen werde, und wenn man ^ie einzelnen ihm obliegenden Ausgaben ^enau überbot, so wird man sich^ lei.ht überzeugen, dass die wichtigsten derselben ihn ^eweilen nur ein Mal im Jahr für einige Wochen beschästigen werden, während die übrigen durch periodische Jnspektionen und Verifikalionsarbeiten bewältigt werden können, ohne dass diese intern in kurzen J..tervali..n aus einander ..u folgen hätten.

^ür die ^emessnng ...er Dringlichkeit ...er .^reiruug dieser Stelle kommt noch besonders in Bracht, dass der wichtigste Theil der mit ihr ver^undeuen Arbeiten erst nach geraumer ^eii wird begonnen werden können. ....o.l.. hat l.^e Gott^arogesellsehaft selbst keinen Jngenieur augestellt und von dem ^..genblik der Jnstallation desselben an, bis zu dem Zeitpunkt, in weichem ..in ^edürsniss ^nr .^ontrolirnng von A.^ leiten an dem grossen Tunnel eintreten .vird, bürste ein belräeh.licher Zeitraum verstreichen, da, mie man annimmt, ^ie ....lnsstellnng der Bohrmaschinen einen ^eilraum .^on nahezu ^vei Jahren erfordern wird.

Zur richtigen Benrtheilung .^er wirklichen ^ede..tu..g der sragliehen .^ontrole dars auch der Umstand nicht übersehen werden, dass die genane Beobachtung der ^n überwachenden Forschriften vor Allem im Jnteresse

der Gotthardgesellschast selbst gelegen ist und so begreiflich es auch ist,

dass die subventio^irenden Staaten eine derartige Ueber^^hnng der .Arbeiten verlangt haben, so müsste immerhin ei^e all^n ängstliche Ausdehnung ^er kontroliren^en Funktionen als eine in der ^atur der ^aehe nicht begründete Belästigung betrachtet .r,er.^en.

Gestüzt auf diese Betrachtungen ist die .^on.mission zu d^.m ^ehlnsse gelangt, dass die .^reirnug einer mit jährlich mindestens Fr. l 0,000 Auslagen verbundenen Stelle für Juspektion der Gotthar.^banten im gegenwärtigen Angenblike nicht hinreichend motivirt wäre, und dass die .bis aus weiteres zu diesem Zwek zu besorgenden Arbeiten süglieh dem^emäss dem .^esehlnss der Bundesversammlung vom 23. Dezember 1870 aus dem Departement des Jnnern, Abtheilnng Bauwesen, etablirten technischen ..^hes des Vaubüreau überbnnden werden konnen, in der .Meinung , dass wenn die Anwendung dieses Ausl.a..stsmittels auf Schwierigkeiten^ stossen sollte, bis ans weiteres Speziale^perten verwendet werden sollen.

775 Dieser Antrag steht auch vollkommen im Einklang mit den in ^der Botsehaft des Bundesrathes vom 16. November 1870 betreffend Errichtung einer technischen Stelle aus ^dem Baubüreau des Departements des Jnnern enthaltenen Motivirungen, indem daselbst als vierte Kategorie der diesem Beamten zu übertragenden Arbeiten das Eisenbahnwesen und im Besondern die Alpenbahnsrage angefuhrt sind, in einem Zeitpunkte also, in welchem der Gotthardvertrag bereits seit .geraumer Zeit parapi^irt war.

Anders wird sieh allerdings diese Frage gestalten, wenn dem Bunde weitere Kompetenzen im Eisenbahnwesen werden übertragen worden sein, und dies wird ohne allen Zweifel in Folge der Erlassung eines neuen Bundesgesezes über das Eisenbahnwesen der Fall sein. Unter dieser Voranssezung würde dann allerdings der Antrag des Bundesrathes betretend Kreirnng einer solchen Stelle unter et.vas veränderter.

äusserer ^or^n vollkommen gerechtfertigt erscheinen, wenn man aber nicht umhin konneu wird, einzuräumen, dass die Kontrolirung der Gotthardbauten einstweilen noch eine Aufgabe von geringem Umfang darstellt und dass die ..^erwendnng des ^afür anzustellenden Jngenieurs für andere dem Bunde ^.stehenden Aufgaben im Eisenbahnwesen erst praktische Bedeutung gewinnen wird nach Erlassung eines Gesezes, dessen B.^rathung von dem Ständerath bis nach Annahme der neuen BundesVerfassung verschoben worden ist, so wird man notwendig zu . dem Sehlusse gelangen, dass das Eintreten ans diesen Beschlussentwurs im gegenwärtigen Augenblik als versrüht erscheine.

Die Mehrheit der Kommission des Ständerathes stellt daher solgenden Antrag . Es sei ans ^en mit Bots..hast des Bundesrathes vom 12. Febrnar d. J. einbegleiteten Beschlnssesentwurs betreffend die Stelle eines Jnspektors der Gottl^ardbahnbauten für einmal nicht einzutreten, in der Meinung, dass .^ie diesfälligen Funktionen bis auf Weiteres den. technischen Ehef des Baubüreau oder im Fall de^ Verhinderung desselben .^peziale^perten übertragen werden.

Bern, den 27. Februar 1872.

Samens der verordneten Kommission :

Sulzer.

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Bericht der Kommission des Ständerathes über den vom Bundesrath mit Botschaft vom 12.

Februar 1872 eingebrachten Beschlussesentwurf betreffend die Stelle eines Inspektors der Gotthardbahnbauten. (Vom 27. Februar 1872.)

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20.04.1872

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