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Bundesrathsbeschluß in

Sachen der Vormundschaftsbehörde von Niederurnen und der .Konkursmasse des Wilhelm Scheu daselbst, betreffend Arrest und Gerichtsstand.

(Vom 22. Januar 1872.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h

hat i n Sachen d e r V o r m u n d s c h a s t s b e h ö r d e v o n R i e d e r u x n e n , Kts. Glarus , und der K o n k u r s m a s s e d e s W i l h e lm S ch e u daselbst, betreffend Arrest und Gerichtsstand des Konkurses ; nach angehortem Berichte des Justiz- und Bolizeidepartements nnd nach Einsicht der Akten, woraus sieh ergeben : 1. Anfangs der Fünfzigerjahre starb in Riederurnen, Kts. Glarus, der dort seit längerer Zeit ausässige Mechaniker Joseph Scheu von

Mogelsberg, Kts. St. Gallen. Die Erben desselben, nämiieh dessen

Witwe Elsbeth , geb. Schittler, nnd ein Sohn mit Ramen Wilhelm Scheu , selten den Aufenthalt im Kanton Glarus fort, wo dieselben,.

nachdem deren Heimatgemeinde mit Rüksieht ans das St. Gallische Vormundsehastsgesez die Bevormundung abgelehnt hatte , mittelst Beschluß der Standeskommission vom 1f. Februar 1853 unter Vormundschaft gestellt wurden.

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573 ..^ IL Am 1. Januar 1867 trat der genannte Sohn Wilhelm Scheu in das Handelsgeschäft der Herren Durst und .^ohne in Zürich als .Lehrling ein. Rach beendigter Lehrzeit wurde Scheu am 1. Januar.

1870 in demselben Gesehäste als Eommis engagirt, woraus er am 20.

gleichen Monats bei der Gemeinderathskanzlei von Riesbach, bei Zürich,.

seinen Heimatschein deponirte und in dieser Gemeinde die Niederlassung erwirkte.

11L Die Herren Dürft und Sohne sahen sich jedoch schon Ende Oktober 1870 veranlag, den W. Scheu ihres Dienstes zu entlassen, weil derselbe verschiedene, als Reisender sür das Geschäft einkasfirte Be-

träge nicht abgeliefert habe.

Sie verlangten auch sogleich von dem Waisenamt Riederurnen den Ersaz der ihnen veruntreuten Gelder, und erhoben, da die bezüglichen Unterhandlungen ohne Ersolg blieben , am 20. Dezember. 1870 eine

Strasklage. Die Untersuchung wurde vor dem St. Gallischen Bezirksamte Untertoggenburg geführt und ergab , dass der Angeklagte in 31

Posten einen Gesamtbetrag von Fr. 1916. 14 Ets. seinen Dienstherrn veruntreut hatte.

Scheu entzog sieh jedoch der Untersuchung durch die Flucht.

Er hatte ^ch zwar nach Deiner Entlassung aus dem Dienste der Herren Dürft und Sohne zu seiner Mutter nach Riederurnen begehen , flüchtete sich jedoch schon Anfangs Dezember 1870 - wahrscheinlich nach Brasilien.

IV. Jnzwifchen war dem W. Schen in St. Gallen ein Erbe angefallen, welches am .). Januar 1871 bei dem Bezirksamte von ^t.

Gallen deponirt wurde.

Tags daraus er.virkt^e Hr. Fürsprech Jäger in St. Gallen , Ramens der Herren Dürft und ^ohne einen Sequester auf jenes Erbe, und^ erhob sodann gegen das Bezirksamt ^t. Gallen, als Juhaber des seguestrirten^ Erbes (ein Kassasehein von 2000 Fr.) die Betreibung.

V. Von dieser Betreibung gab das ..^.chuldentriebamt der Stadt St. Gallen dem Waisenamte von Riederurnen Kenntniss, welch legeres ^ann dem Herrn Kirchenvogt Jakob Oswald .,als .^ogt des Wilh.

Scheu^ Austrag und Vollmacht gab, die Jnteressen seines Mündels zu wahren.

Hr. Oswald erklärte nun am 23. Januar 1871 bei der Fallimentsl.ommission des Unterlandes von Glarus die Jnsolvenz des Wilh.

Seheu. Zugleich protestirte er mit Telegramm vom gleichen Tage so-

wohl beim Bezirksamt St. Gallen als bei dem Schuldentriebamt da-

selbst gegen die Betreibung , weil ^cheu nichts schuldig und nichts kanntlich sei , serner bestritt er in demselben Telegramm den St. Gallischen Gerichtsstand und verlangte, dass aus Grund dex Konkurs-Erkläxung die Betreibung in St. Gallen eingestellt werde.

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Die Glarner Failimentsbehörde eröffnete wirklich den Ko^..

kurs über W. Scheu und verlangte die Ablieferung des in St. Gallen

liegenden Vermögens. Die Herren Dürft uud Söhne ihrerseits machten zwar ihre Forderung im Konkurse auch geltend , allein sie bestritten

gleichzeitig die Zuständigkeit der Gl.arnerbehörden und protestirten gegen das dortige Konkursverfahren.

Auf der andern Seite gelangte der Rechtsdarschlag des Hrn. Oswald vom 23. Januar 1871 vor die Regierung des Kantons St.

Gallen, welche am 8. Februar gleichen Jahres besehloss : ^ ,,1. es sei der im Kanton Glarus über W. .^cheu eröffnete Konkurs sür den Kanton St. Gallen bedeutungslos ;

2. daher sei das fragliche Arrestgut an die angebliche Konkursmasse das Scheu im Kanton Glarus nicht abzuliefern, sondern es bleibe .aueh fernerhin beim Vezirkamt St. Gallen depvnirt ^ und 3. der von Hrn. Oswald eingelegte Rechtsvorschlag besize keine

Rechtsgültigst.^ Diesen Veschluss stüzte die Regierung von St. Gallen hauptsächlich daraus, dass der Kanton Glarus weder zur vormundscha.stiiehe.. Verwaltung des Vermögens des W. Scheu noch zur Eröffnung des Konkurses über diesen berechtigt erscheine.

Die glarnerische Konkursmasse , sowie Hr. Oswald remonstrirten zwar gegen diesen Beschluss . allein die Regierung von St. Gallen

erklärte am 23. Jnni 1871 die vorgebrachten Gründe als unstiehhaltig und wies das Gesuch um Aushebung jener Erkanntniss ab.

Vl.... Mit Eingabe vom 23. Juli 1871 re^.rrirte^nun Hr. Fürspreeher Dresselli in Uznach , Ramens der Konkursmasse und der Vormundschaft des Wilh. ^eheu, an den Bundesrath und maehte Folgendes geltend : Wilh. ^eheu habe zu einer Riederlassung in Zürich weder von seinem damaligen Vogte noch von den.. Waisenamte Riederurnen die Bewilligung erhalten. Er habe sich deshalb als Vevogteter und weil er während seines Aufenthaltes in Zurich noch minderjährig gewesen, für die Konsequenzen der Niederlassung nicht verbindlich machen können.

Die Niederlassung in Zürich habe sür ihn auch keinen Zwek gehabt, da er nur vorübergehend sich dort ausgehalten habe und sür Angestellte eine Ausenthaltsbewilligung genüge. Anf der andern Seite sei die Riederlassung des Sehen in Riederurnen nie ausgegeben worden. Sein Vermögen sei immer in Riederurnen verblieben und daselbst waisenamtlich verwaltet worden. Hieraus folge, dass der restliche Wohnort des W.

Sehen in Riederurnen verblieben sei, was auch von den Herren Dürft und Söhne anerkannt worden sei, indem sie ihre Ansprüche zunächst in Riederarnen geltend gemacht haben.

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^Uebrigens hätte die Niederlassung des Scheu in Zürich nur bis

zu Ende Oktober 1870, nämlich bis zu der Entlassung aus seiner Stelle, gedauert. Mit dieser Ansicht stehe die Erklärung der Gemeinderathskanzlei Riesbach vom 5. März 1871 im Einklange, wonach Scheu am 1. Februar 1871 als schon längere Zeit unbekannt abwesend im Riederlassungsprotol.oll gestrichen worden sei. ^-. Eventuell konnte man von zwei neben einander bestehenden Domizilen des W. Scheu, in Zürich und in Riederurnen , sprechen. Allein auch bei dieser Annahme wäre dasjenige in Riederurnen für die Geltendmachung einer Forderung gegen jenen maßgebend.

Es seien also die Behorden des Kantons Glarus zur Erofsnung des Konkurses über W. Schen berechtigt gewesen, zumal das Vermogen desselben, bestehend in Liegenschaften und Mobilien, sich auch im Kanton Glarus befunden habe.

Da nachgewiesen worden , dass Scheu sein gesezliches Domizil in Glarus gehabt, und da ex zur Zeit der Arrestlegung ^noch ein ausrechtstehender Schuldner gewesen , so stehe der von den H. ^. Dürst und Sohne bei dem Bezirksamte St. Gallen erwirkte Arrest im Widerspruche mit dem Art. 50 der Bundesverfassung. Selbst wenn man annähme, dass Scheu zu jeuer Zeit den ..^ohusiz in Zürich gehabt habe, so märe der Arrest dennoch unzulässig , indem auch in diesem Falle ausserhalb des Wohnsizkautons liegendes Vermogen se^uestirt worden wäre.

Das ^t. Gallische Gesez über das Arrestverfahren komme hier nicht in Betracht , weil es sich hier nicht um den Arrest gegen einen im Kanton .^t. Gallen wohnenden Schuldner habe handeln konuen, und weil nicht eine Verschleppung von Eigenthum , das unter wais.enamtlicher Absorge stehe, vorliege.

Man berufe sich dieser Beweisführung gegenüber auf die flucht des W. Scheu. Allein wenn es auch erwiesen wäre, dass dieser zur Zeit der Arrestlegung bereits flüchtig gewesen, so konnte dieser Umstand die rechtlichen Verhältnisse dennoch nicht ändern, weil das Domizil des Scheu im .^...rte seiner vormundschastlieheu Verwaltung nicht aufgehort hätte. Der Kreditor hätte daher den Vogt Ramens des Bevormundeten an diesem Orte fassen konuen.

^ Durch den Ausbruch des Konkurses habe die in St. Gallen angehobene Betreibung dahin fallen müssen, und es sei die glarnische Konkursmasse berechtigt, das in dort liegende Guthaben zu reklamiren.

^r. Fürsprecher D re s s e l li schloss mit dem Gesuche, es mochten der fragliche Arrest und die aus das Arrest- und Konkursverfahren bezüglichen Beschlüsse der Regierung von St. Gallen ausgehoben werden.

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V1...L Jn ihrer Antwort vom 6. Oktober 1871 rechtfertigte d^ Regierung von St. Gallen die angefochtenen Beschlüsse, wie folgt : Es dürfe angenommen werden , dass Witwe ^ Scheu nach dem Tode ihres Ehemannes für sich und sür ihr Kind in .Riederurnen die Riederlassungsbewillignng ausgewirkt habe, und es müsse nach Axt. 8, Lnt. b des St. Gallischen Zivilprozessgesezes, wonach Bevormundete ihren Wohnsiz am Orte der Vormundsehaftsbehorde haben, anerkannt werden, dass der Sohn Scheu zu derselben Zeit das Domizil im Kanton Glarus gehabt habe.

Allein dieses Domizil habe W. Scheu mit seinem Wegzu^e aus dem Kanton Glarus ausgegeben. Jn Folge seiner Anstellung in Zürich sei dort sein saktisches und in Folge des Erwerbes der Niederlassung in Riesbach dort auch sein gesezliches Domizil gewesen. Scheu sei hiezu berechtigt gewesen, da er zu jener Zeit lant dem züreherischen Geseze volljährig ^gewesen.

Gemäss ^ 1 des Brivatgesezbuches des Kantons Zürich nämlich gelte das züreherische Brivatrecht für alle Personen, Einheimische und Fremde, die im Kanton Zürich wohnen oder sich aufhalten, und der

^ 2 des gleichen Gesezbuches bestimme : ,,Die rechtlichen Eigenschasten

der Kantonsbürger (Reehtssähigkeit, Handlnngssähigkeit) richten sich selbst im Zustande nach dem Rechte ihrer Heimat. Ebenso wird in dieser

Hinsicht .(Handlungsfähigkeit) den Kantonssremden die Anwendung

ihres heimatlichen Rechtes gewährt, wenn solches nach dem Rechte des Staates , dem sie angehören , vorgeschrieben wird.^ Der Kanton St. Gallen gehöre nun nicht in diese .Kategorie von Staaten . er halte im^ Vormundschastswesen und überhaupt im Bersonen- und Familien^

recht am Terri.orialpri..zip fest. Die Volljährigkeit des .W. ^eheu

ri.hte sich also naeh den Gesezen des Kantons Zürich. Gemäss Art. l 6 der Verfassung dieses Kantons trete die Volljährigkeit mit dem erfüllten 20. Altersjahre ein. Run sei W. Schen am 30. September 184.^ geboren. er sei also am gleichen Monatstage des Jahres 186..)

volljährig und in Folge dessen gemäss ^ 1 2 des züreherischen Brivatgesezbuehes handlungsfähig geworden. Mit dem Eintritt der Volljährigkeit sei die aus dem Titel ^er Minderjährigkeit angeordnete .Vormundsehast des ^.cheu eo ipso erloschen, und es h^abe die am 20. Januar 1870 im Kanton Zürich aueh ohne Zustimmung der Behörden von Riedernrnen erworbene Niederlassung Reehtsbestand. Von einem Doppeldomizil könne nicht gesprochen werden.

Mit der Flucht des W. Scheu naeh Amerika sei dessen Domizil in Riederurnen nicht wieder ausgelebt. Die Konsequenz dieses Ereignisses sei vielmehr die, dass jener hiemit den saktischen Wohnsiz in Zürich ausgegeben habe , der formelle Wohnsiz dagegen habe noch bis

577 ..^ Streichung aus dem Riederlassnngsregister von Riesbach, also bis ^um 1. ^ebruar 1871 gedauert.

W. Scheu habe also zur Zeit der Arrestlegung gar keinen festen Wohnsiz in der Schweiz gehabt.. somit sei der fragliche Arrest nach Art. 50 der Bundesversassung zulässig gewesen, zumal der Schuldner im Zustande der Jnsolvenz sich befunden habe, und da Scheu am 23. Januar 1871 (Datum der Fallimentserklärung) im Kanton Glarus .auch nicht mehr unter Vormundschaft gestanden, so habe damals in diesem Kanton auch kein Generalkonkurs über denselben eröffnet werden können. Die glarnerischen Behörden seien höchstens zu einem Separat.konkurse über dessen im Kanton Glarus befindlichen Liegenschasten befugt gewesen , der Hauptkonkurs aber hätte nur im Kanton Zürich .angehoben werden ko..nen, weil Scheu die formelle Niederlassung noch in diesem Kauton besessen habe.

Wollte man endlich unter den gegebenen Verhältnissen den Heimatort des W. Scheu rechtlich als dessen Domizil betrachten, so wäre der fragliche Arrest nach ^ 247 des St. Gallischen Zivilprozessgesezes begründet, der Art. 50 der Bundesversassung träfe nicht zu, und es müsste der Hauptkonkurs im Kanton St. Gallen eröffnet werden.

.l..^... Ramens der Herren Durst und Söhne antwortete Hr.

Fürsprecher J ä g e r in St. Gallen, welcher in seiner bezüglichen Ein-

gabe vom 28. August 1871 aus die Abweisung der Rekursbeschwerde antrug.

Zar

Rechtfertigung

seines Antrages

machte Hr. Fürspreeher

Jäger wesentlich .die gleichen Gesichtspunkte gellend, welche von der

Regierung von St. Gallen angebracht worden s.nd. Namentlich sührte er noch an, dass die materielle Jnsolvenz des W. ^cheu schon durch ^die Thatsache ^ des sosortigen Ausbruches seines Konkurses, sowie auch durch das Kouknrsinventar bewiesen werde. Der Nachweis der materiellen Jusolvenz aber genüge zur Begründung eines Arrestes.

Jm Weltern brachte .^r. Fürsprecher Jäger noch folgende Bemerkungen an : Die Vormundschaftsbehörde vou Riederurnen habe den im Jahr 1867 mit den .^erren Durst und Söhne abgeschlossenen Lehrvertrag förmlich genehmigt, und ste habe überhaupt den Ausenthalt des W. Scheu in Zürich stillschweigend und faktisch gebilligt. Auch sei ein bevormundeter in seiner .^andlungssähigkeit nicht so beschränkt, dass er nicht

den Wohnsiz wählen dürste, (^ 122 des glarnerisehen Landrechtes).

Es sei uurichtig, dass die Herren Durst und Söhne den W. Scheu für ihre Ansprache in Riederurnen belangt haben. Es seien dort nur gütliche Unterhandlungen gepflogen worden ; sobald im Rechte etwas ^gethan worden sei, habe der Kreditor gegen den Gerichtsstand von

Glarus protestirt.

578 Jn rechtlicher Hinsicht salle noch in Betracht, dass der Erwerb d^ Niederlassung des Scheu im Kanton Zürich durch die Verhältnisse geboten gewesen sei, und dass die Verwaltung des Vermögens eines Vogtlings an dem Orte stattzufinden habe, wo der Bevogtete wohne.

.^. Hr. Fürsprecher Jäger legte seiner Antwort ein von ihm eingeholtes Gutachten des Hrn. Fürspreeher S eh l a tt er in Zürich bei,.

welcher in der gleichen Sache für die .^erren Dürst und Sohne in Zürich gehandelt hatte. Jn diesem (vom 25. Angust 1871 datirten) Gutachten wird die Arrestsrage einer einlässlichen Besprechung unter-

stellt, und es gelangt Hr. Fürsprecher Schlatter zu den gleichen Schlüssen,

wie die Regierung des Kantons St. Gallen und wie Hr. Fürsprecher Jäger.

J n Erwägung:

1) W. Scheu hat am 20. Januar 1870 im Danton Zürich die Niederlassung erworben. Ob er in seiner Eigensehast als Commis hiezu verpflichtet war oder nicht, ist gleichgültig. es genügt die That-^ sache, dass er Niedergelassener wurde und somit in allen Beziehungen der dortigen Gesezgebung und Gerichtsbarkeit sich unterwarf.

2) Wenn dagegen eingewendet wird, er sei nach den Gesezen seines frühern Wohnortes noch minderjährig und als solcher unter Vogtsgewalt gestanden, so ist hier nicht zu untersuchen, ob mit dem Eintritt der Volljährigkeit im Riederlassungskanton die Vormundsehast im Kanton Glarus noch fortgedauert habe. Zürich hatte das Recht, dem nach seinen Gesezen Volljährigen und Handlungsfähigen Niederlassung zu ertheilen, wodurch Scheu in Rechten und Vflichten den Bürgern und Einwohnern des Kantons Zürich gleichgestellt wurde. Wenn wegen der ^rage der Minderjährigkeit Einwendungen erhoben werden wollten, so hätte dieses eher von ^eite der heimatlichen Behorden zu geschehen, die aber selbst der Ansicht sind, es sei die .^rage der Volljährigkeit und Handlungsfähigkeit nach züreherischen Gesezen zn entscheiden und zu bejahen (vide Ullmer Rr. 1102).

3) Wenn also Scheu seinen rechtlichen Wohnsiz nicht mehr im Kanton Glarus hatte, so kann auch sür diesen Kanton keine Berechtigung bestehen, anderwärts befindliches Vermogen dorthin zu ziehen und eine sogenannte General^Konkursmasse zu bilden.

4) Anbelangend die ^rage, ob in der Arrestlegnng aus das im Kanton ^t. Gallen dem W. ...^eheu zugesallene Erbgut eine Verlegung des Art. 50 der Bundesverfassung liege, so muss diese verneint werden.

Zur Zeit der Ergreisnug dieser Massregel war Scheu bereits landesflüchtig. Wenn auch damals ein sormlieher Raehweis über dessen Jnsolvenz noeh nicht vorlag, so konnte doch schon angenommen werden,

579 e..^ sei nicht im Stande, seine Kreditoren zu befriedigen, welche Annahme sich durch das ausgestellte Konkursinventar als richtig herausgestellt hat.

Unter solchen Umständen kann von Verlegung von Bundesvorschxiften nicht die Rede sein.

beschlossen: 1. Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

2. Sei dieser Beschluß der Regierung des Kantons St. Gallen für sieh und zuhanden des Hrn. Fürsprecher Jäger in St. Gallen, als Anwalt und zuhanden seiner Klienten, der Herren Durst und Sohne in Zürich, sowie dem Hrn. Advokaten .Dr. Dresselli^in Uznach, als Anwalt und zuhanden der Rekurrenten, unter Rüksendung der Akten mitzutheilen.

Also beschlossen in Bern, den 22. Januar 1872.

Jm Ramen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident:

.^elti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

S^.

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Bundesrathsbeschluß in Sachen der Vormundschaftsbehörde von Niederurnen und der Konkursmasse des Wilhelm Scheu daselbst, betreffend Arrest und Gerichtsstand. (Vom 22.

Januar 1872.)

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22.06.1872

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