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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend eidgenössische .Wahlen und Abstimmungen.

(Vom 24. Juni 1872.)

Tit. l Die Bestimmungen der Bundesverfassung, welche sich aus Wahlen oder Abstimmungen beziehen. bei denen die Gesammtheit der Bürger betheiligt ist, sind folgende :

Wahlen für d..n Nationalrath.

Art.

61.

Der Nationalrath wird aus Abgeordneten des schwere-

rissen Volkes gebildet. Auf je 20,000 Seelen der Gesammtbepolkerung wird ein Mitglied gewählt.

Eine Bruckzahö über 10,000 Seelen wird für 20,000 Seelen berechnet.

Jeder Kanton und bei getheilten Kantonen jeder der beiden .Landestheile hat wenigstens ein Mitglied zu wählen.

Art. 62. Die Wahlen für den Nationalrath sind direkte. Sie finden in eidgenossischen Wahlkreisen statt, welche jedoch nicht aus Theilen verschiedener Kantone gebildet werden konnen.

754 Art. 63. Stimmberechtigt ist jeder Schweizer, der das zwanzigste^ Altersjahr zurükgelegt hat und im Uebrigen nach der Gesezgebung des^ Kantons, in welchem er seinen Wohusiz hat, nicht vom Aktivbürgerreeht ausgeschlossen ist.

^stimmun.^ über ^tnsion .^er ^nnd^er^ssun^.

Art. 113. Wenn eine Abteilung der Bundesversammlung die Revision beschliesst und die andere nicht zustimmt, oder wenn sünzigtausend stimmberechtigte Sehweizerbürger die Revision der Bundesversassung verlangen, sv muss im einen wie im andern Falle die Frage, ob eiue Revision stattfinden soll o.^er nicht, dem schweizerischen Volke zur Abstimmung vorgelegt werden.

Sofern

in

einem dieser Fälle

die Mehrheit der stimmenden

Schweizerbürger über die Frage sich bejahend ausspricht. so sind beid...

Räthe neu zu wallen, um die Revision zur Hand zu nehmen. .

Art. 114. Die r.evidirte Bundesversafsnng tritt in Kraft, wenn sie von der Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger und von der Mehrheit der Kantone angenommen ist.

Ueber die Wahl der eidgenossischen Geschwornen enthält die Bundesversassung überhaupt keine Vo^schrist.

Gesezgeberische Erlasse , welche Gegenstande haben, bestehen zwei .

eidgenössische Volkswahlen

zum

....) Das Bundesgesez vom 21. Dezember 18 ...0, betreffend ^die Wahl der Mitglieder des Nationalrathes, und das Rachtragsgesez vom

23. Heumonat 1863.

b) Das Bundesgesez vom 5. Juni 184.) über die Organisation

der Bundesrechtspflege, insoweit es in den Artikeln 22 bis 28 aus die Wahl der eidgenössischen Geschwornen Bezug hat, nebst dem Nachtragsgesez vom 16. Juli 1862.

c) Das Bundesgesez vom 5. Dezember 1867, betretend die Begehren sür Revision der Bundesverfassung.

Aus diesen versassnngsmässigen und geglichen Bestimmungen er-

geben sich nun sür die personliche Stimmfähigkeit, sowie für das Verfahren bei den eidgenossisehen Wahlen und Abstimmungen folgende Konse^uenzen :

I. .^erfouliche Stimmfahi^keit.

^ Zuf^^e Art^ 63 ^er Bundesverfassung komn.t es den Kantonen zu, einzelne Bürger von dem Aktivbürgerrecht und damit von der eid-

755 .^enössischen Stimmfähigst bei d e n R a t i o n a l r a t h s w a h l e n auszus.hliessen, insoweit diese Befugniss nicht durch andere Bestimmungen

der Bundesverfassung (Art. 4, 41, 42, 43 und 48) beschränkt ist.

^ur in Bezng ans das Alter gilt die allgemeine Regel , wonach die

Stimmberechtigung au das zurükgelegte zwanzigste Lebensjahr geknüpft ist. Jn dieser Beziehung .ist zu bemerken, dass die kantonalen Verfassungen und Wahlgeseze das zwanzigste Lebensjahr für die Stimmgebung bei Rationalrathswal.len festhalten. Dagegen ergibt sich aus einen. Schreiben der Standeskommisston des Kantons Glarus vom^ 7. Juni d. J. an den Bnn^esrath, dass dieser Karton keinerlei Geseze und Verordnungen über ^ie Wahlen bes^zt, dass jedoch nach der Kautonsverfassung an der Landgemeinde und in den Gemeinden bei politischen Wahlen jeder Kantons- und .^chweizerbürger stimmberechtigt ist, der in bürgerliehen Ehren steht u n d das a c h t z e h n t e A l t e r s j a h x

zurü l^gel egt h^.t.

Rach einer Mitteilung von Landammann und Rath des Kantons

Appenzell Jnnerrhoden (12. Juni 187..^ beschränken sich die dortigen Vorsehristen ans die Bestimmung der Versassnng, welche ^agt: ,,Jeder nicht richterlich entehrte Sandmann vom a c h t z e h n t e n bis in das

hochste Alter ist stimmfähig bei der Lands- und seiner Rhodsgemeinde.^

Wir müssen annehmen, dass troz dieser Bestimmungen bei den Rationalrathswahlen jeweileu die Vorsehrist der Bundesversassnug zur Anwendung kon.me.

Was den Ausschluss von der ^.timmfähigkeit anbetrifft, so besteht hierüber in den kantonalen Verfassungen und Gesezen die grosste Verschiedenheit. Ein einziger ^lusschlnssgrund ist allen. Kantonen gemein.sam, der Verlust der bürgerlichen Ehre durch ein Kriminalurtheil. Aber auch in dieser Beziehung kann der Sache nach von einer einheitlichen Behandlung darum nicht gesprochen werden, weil nicht nur in den einzelnen Kantonen eine und dieselbe Handlung vor dem Strasgeseze verschieden beurtheilt wird, sondern weil auch in Bezug aus die Dauer des Entzuges der Ehrenfähigkeit und die Möglichkeit der Wiederein-

sezung in den frühern Stand die grosste Mannigfaltigkeit sieh findet.

Jn der Mehrzahl der Kantone find aueh diejenigen vom ^timmrecht ausgeschlossen, welche, sei es wegeu Geistesstörung und Schwachsinn, oder wegen Verschwendung unter Vormundschaft stehen. Uri, ^...hw.^, Unterwal^en ob und nid dem Wald, sowie die beiden Appenzell beschränken diesen Ausschluss auf die Geisteskranken.

Eine no.^ grössexe Verschiedenheit zeigt sich bei den ^lussehlussgrüuden, die aus dem Konkurs, dem Empsang von Armenunterftüzungen und dem Wirthshäuserverbot beruhen. Stimmsähig sind die Konkur-

siten einzig in den beiden Appenzell und in Gens. Jn allen übrigen

756 Kantonen sind sie freilich in sehr verschiedenen Modifikationen ansg.^ schlossen.

Bevor wir mit der Auszählung beginnen, muss bemerkt werden, dass selbstverständlich vom eidgenossischen Standpunkte aus ein allgemeiner und einheitlicher Begriff des Konkurses nicht besteht. Je nachdem in den Kautonen auf Vfand oder Konkurs betrieben wird, ist schon die Veranlassung und die Erofsuung des Konkurses ein.. ganz ungleichmässige. Während z. B. im Kanton Waadt der Konkurs nur ausnahmsweise vorkommt, wird er in andern Kantonen, ^. B. Bern, Luzern, Aargau, Zürich, gegen jeden zahlungsunsähigen Schuldner e^ kannt, so dass schon ans diesem Grunde die Zahl der Konkursen in den Kantonen eine ganz verschiedene ist.

Eben so verschieden sind aber auch die Folgen bezüglich der bürger-

lichen Ehrensähigkeit, resp. der Stimmfähigkeit. Ra.h der Gesezgebnng

des Kantons Reuenbnrg kann der Richter im einzelnen Falle die Faillite als entschuldbar (e^ns^le) erklären und damit den Verlust der ^timm..

fähigkeit vermeiden. Jn Wallis tritt die Einstellüug im Aktivbürger^

recht nur ein,^ wenn der Konkurs nicht die Folge hoherer Gewalt oder des Antrittes ^ einer überschuldeten Erbschast ist. im Kanton Waad.., wenn der Schuldner nicht beweisen kann , dass er seinen Gläubiger insolge zusälliger Ereignisse geschädigt habe, welche diesen selbst hätten treffen konneu. ^ Rach der Verfassung von Tessin wird nur dem dolosen oder eulposen Konkursiten die bürgerliche Ehre entzogen. Die Verfassnng des Kantons Zürich, sowie die von Obwal.den, lässt diese Fol^e ebenfalls nur in gälten der Verschuldung eintreten , und zwar durch gerichtlichen Entscheid auf die Dauer von 1 bis 10 Jahren. Die meisten übrigen Kantone dagegen knüpsen ohne alle Einschränkung au die Thatsache des ausgesührten Konkurses auch die ..^usschliessnng vom

.^lktivbürgerrecht bis ^ur gerichtlich ausgesprochenen Rehabilitation. Diese

ledere unterliegt aber wieder den verschiedensten Bediugnugeu. Während fie in den meisten Kantonen nur uach erfolgter, vertragsmässiger Abfindung mit dem Gläubiger eintreten kann, besteht in andern das Jnstitnt des Zwangsakkommodements, bei dem sich der Gläubiger be..

stimmten Bedingungen unterziehen muss. Eine Quelle weiterer Verschiedenheit liegt darin, dass ein Theil der Gesezgebnugen den d^rchgeführten Konkurs znr Voraussezung des^ Entzuges maeht, andere d^..

gegen schon die blosse Erklärung. Mehrere Kantone gehen übrigens noch weiter und stellen auch das ^lkkommodement mit den Gläubigern dem Konkurse gleich, so Lnzern, Uri, Oswalden, Ridwalden, Glarus, .Basel^Stadt, Basel^Landschast und Schasshausen. Ja, die Versassung von Luzern geht sogar so weit, diejenigen auszusehliessen, auf welchen, ohne

dass ein Konkurs herbeigesührt würde, Zahlungsabsehläge und Unzahl-

barkeitsurkunden hasten , ähnlieh lautet auch die Verfassung von ^t.

Gallen. Jn eigentümlicher Weise entzieht die Verfassung von Renen-

757 ^urg das Stimmrecht denen, welche die dem Staate schuldigen Steuern nicht bezahlt haben.

Jn ähnlicher Art wie bei dem Konkurs gestalten sich die kantonalen Geseze bei ben Armenunterstüzungen. Die Verfassungen der Kantone Genf, ^euenburg, Waadt, Hessin, Graubünden, Appenzell Ausser- und Jnner..

Rhoden, Obwalden und Uri thun dieses Verhältisses überhaupt nieht Erwähnung und begründen daraus keinerlei Ausschluß. Die andern Kantone thun dies in mannigfaltigen Abstufungen ; Zürich ,,wegen dauernder Armengenössigkeit und nur während der Dauer derseben.^ Denselben

Gruudsaz befolgen auch Schw.^, Ridwalden, Zug, Basel- Landschaft,

Sehafshausen, St. Gallen, Thurgau und Wallis. Andere Kantone dagegen schließen sogar diejenigen aus, welche in früherer Zeit Armenunterstüzung empfangen; so .^uzern, wenu Jemand nach dem 16. Altersjahx für sich unmittelbar oder mittelbar für Frau und Kinder von den Armenämtern Unterstüzung genossen und solche nieht restituirt hat. Freiburg, wenn die Uuterftüzung im verflossenen Jahre statt hatte , Aargau sogar in dem Fall, wenn Jemand inner den leztverflossenen sechs Jahren aus dem Kantons.. oder Gemeindearmengut Unterstüzung erhalten und deren Betrag nicht wieder zurükerstattet hat.

Jn folgenden Kantonen bestehen Ausschlüsse für die mit Wirths.hausverbot Belegten : Bern, Uri, Schw.^, Obwalden, Ridwalden, Freiburg, Solothurn und Aargau.

Ausser den besprochenen mehr allgemeinern Ausschlussgründen finden sieh noch einige vereinzelte, so in Genf und Reuenburg der Umstand, dass Jemand im Dienste einer fremden Macht sich befindet ^service d'une puissan....... étrangère). Jn Wallis wird ausgeschlossen, wer die ^chul^.

den seiner Eltern nieht bezahlt oder ihre Erbschaft aussehlägt , obschon er im Besiz des nothigen Vermögens ist, in Tessin , wer überwiesen wird, unerlaubte Mittel angewendet zu haben, um ein öffentliches Amt ^u erhalten ; in .^..olothurn die wegen Landftreieherei oder wegen gewerbsmassigem Bettel Bestrasten.

Es ist nun sehr einleuchtend, dass alle die ausgezählten Verschieden.

heiten in^ den kantonalen Verfassungen und Gese^gebuugen auf die Zahl der Stimmfähigen in den einzelnen Kantonen den grossten Einfluss üben müssen , und dass diese Zahl namentlich in den Kantonen eine verhältmassig grossere sein mnss, welche einerseits die Armeugenossigen als stimmsähig erklären, andererseits nur wenige Konkursiten haben und dazu

noch die Wirkung des Konkurses in Bezug ans die ^..timmfähigkeit be-

schräukeu. Leider ist kein statistisches Material vorhanden, um die daherigen Konse.^ueu^en in Zahlen ausdrüken zu konnen. Wie immer sieh die ^ache verhalten mag, so ist gegenüber der Bestimmung des Art. 63 der Bundesverfassung die eidgenossische Gesezgebung nieht besugt , sür

BundesbIatt. ^ahr^.XXI^.^d.II.

54

758 die Rationalrathswahlen gleiehmässige und allgemeine Vorschriften übe...^ die personliche Stimmsähigkeit auszustellen. Da übrigens die Repräsen-^ tation nicht auf den Stimmfähigen , sondern auf der Totalbevolkerun^ beruht, so hat diese Verschiedenheit der kantonalen Bestimmungen nu^ die Konsequenz, dass sie die einzelne Wahl zu beeinflussen im Stande isl^ aber eine Ungleichheit zwischen den Kantonen unter sieh nicht begründet^ Anders verhält es sich mit dem Stimmreehte bei der Revision über die Bundesverfassung.

Da im Art. 63 nur von der Stimmsähigkeit bei den Nationalraths-

wohlen die Rede ist, während Art. 113 und 114 über diesen Bunkt gar keine Verfügung enthalten, so folgt hieraus, dass der eidgenössischen Gesezgebung (und nicht den Kantonen) das Recht zusteht, in dieser B..ziehu^g nach Gutfinden zu verfügen. Von diesem Rechte hat die Bundespersammlnng zweimal Gebrauch gemacht. Das erste Mal bei Anlass der Bundesxevision vom Jahre 1865. Das daherige Bundesgese^ vom 19. Rovember normirt im Art. 6 die Stimmbereehtigung in solgender Weise: .,Zur ..^heilnahme an dieser Abstimmung ist jeder Schweizerbürger berechtigt, welcher bei den Wahlen in den schweizerischen Nationalrath stimmfähig ist.

,,Es ist jedoch den Kantonen gestattet, mit Bezug auf das für die Stimmberechtigung erforderliche Alter die Vorschriften ihrer kantonalen Gesezgebung in Anwendung zu bringen , sosern nach denselben das Stimmrecht schon vor zurükgelegtem zwanzigsten Altersjahr beginnt.^ . Jn dem lezten Abftimmungsgesez vom 5. März d. J. wurde im Art. 5 diese Bestimmung wortlieh wieder ausgenommen und aus diese Weise die schon in der verschiedenartigen personlichen Stimmfähigkeit liegende Ungleichheit ohne Roth aueh auf das Altersre.^uifit ausgedehnt und damit die einzige , wenigstens sür die Rationalrathswahlen ver-

fassungsgemäss ausgestellte gleichmässigeStimmsähigkeitsbedingung beseitigt.

Rach ihren Verfassungen beginnt in folgenden Kantonen das Stimmrecht schon vor dem zwanzigsten Altersjahr: Graubünden mit dem 17. Jahr,

Appenzell J. Rh. ,, Appenzell A. Rh. ,, Zu.^

,,

,, 18. ,, ,, 18. ,, ,,

^.

,,

Glarus ,, ,, 1.^. ,, ^chw^ ,, ,, 18. ,, Aus der nachstehenden Tabe.le , welche aus den Ergebnissen der Volkszählung beruht , ist ersichtlich , wie gross in jedem dieser Kantone die Zahl derer ist. die in .^....lge jener Bestimmung an der Abstimmung vom 12. Mai d. J. theilnehmen kannten.

Gültige Stimmen vom 12. Mai

Kantone.

1872.

Schw^

.

.

.

.

.

.

Giaru.^

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

^

.

.^lppenzell .^l. Rh. . . .

18 Jahren.

19 Jahren.

Total.

Vrozent der Stimmenden.

543 373

450 295 226

4t7 94 696

430 ^78 692

993 668 226 847 172 2,129

9,3 10,5 4,7 8,3 6,2 10,8

2,123

2,171

5,035

9,3

Männliche Bevolkerung im Alter von 17 Jahren.

10,620 6,320 4,567 10,179

Appenzell J. Rh. . . . ^ 2,743 ^ ^ ^ 19,596 Graubünden . . . . .

741 .^

Total

54,025

741

760 Jnsosern also auch in Zukunft das kantonale Stimmalter für eidgenossische Abstimmungen massgebend sein ^sollte, würden nicht bloss di.^ obigen Kantone die Zahl ihrer Stimmberechtigten gegenüber andern .Kantonen verhältnissmässig um .,.^ vermehren , sondern es stünde jedem Kanton frei, aus dem Wege der Gesezgebung dasselbe zu thun. Dass aber ein solcher Zustand nicht fortbestehen darf , ist selbstverständlich.

Denn während bei den Rationalrathswahlen, wie schon gesagt, die nach den einzelnen Kantonen verschiedenen Stimmfähigkeitsbedingungen wenigftens das Repräsentationsverhältniss der Kantone unter sich nicht ...eeinträchtigen , müssen dieselben nothwendig bei Abstimmungen über die Bundesversassung das Gesammtresultat beeinflussen . zudem verstosst sich die in eidgenossischen Angelegenheiten ungleiche Behandlung der gleichen Kategorie von ^chweizerbürgern, je nachdem sie dem einen oder dem andern .Kanton angehören , ossenbar auch gegen Art. 4 der Bundesversassung, dessen Vorsehrist sür die eidgenössischen Behörden eben so gut a^ls siir die

kantonalen gilt. Muss daher das Stimmsähigkei^salter sür alle SchweizerBürger gleichmässig festgestellt werden , so ist es angezeigt , das sür die ......ationalrathswahlen verfassungsmässige Alter von zwanzig Jahren allgemein sestzusezen, d. h. auch aus die Wahlsähigkeit bei den Geschwornenwahlen uud die Stimmfähigkeit bei den Revisionsabstimmungen auszudehnen.

Bei

weitem

schwieriger stellt sich die Frage, in welcher Weise

bezüglich der andern personlichen Stimmsähigkeitsre^uisite, resp. der Aus-

schl..ssbedingnngen in der gleichen Richtung (Geschwornenwahlen und Verfassungsabstimmung) vorgegangen werden soll.

Vorerst ist im Allgemeinen zu erwägen, ob es rathsam und praktisch zulässig erscheint , eine doppelte Stimmsähigkeit in eidgenössischen Angelegenheiten aufzustellen, neben der durch die Kantone (Art. 63) na^.h ihrer Konvenienz normirten Stimmbereehtigung bei den Nationalrathswahlen eine besondere durch die eidgenössische Gesezgebung definirle Stimmbereehtigung bei den Geschworneuwahlen uud den Abstimmungen über die Bnndesversassung. Jnsosern sich dies in richtiger und gerechter

Weise thun liesse , würden wir uns durch die äüssere Ungleichmässigkeit

um so weniger abhalten lassen, als die Abstimmungen über die Bundesversassung sich nur in längeren Zwisehenräumen wiederholen und daher die Notwendigkeit der Führung doppelter Stimmregister wenig in Betraeht käme. Eine eingehendere Erwägung stellt aber heraus, dass die .Ausstellung eidgenössiseher Bestimmungen über den Aussehluss von der

...^timmfähigkeit eine in Wirklichkeit gleiche Behandlung der Schweizer-

bürger nicht ^nr ^olge haben konnte. Offenbar müssten die Beschränkungen der eidgenössischen Gesezgebung auf denselben thatsächliehen Vor-usse^ungen beruhen, wie ^diejenigen der Kantone ; es würden nämlich ^ort, wie hier, hauptsächlich die Bevormundeten, die durch richterliches

761 ..^Uxtheil der politischen Ehren Entsezten, die Armengenössigen und die Konkursen in Betracht fallen. Alle diese personlichen Rechtsverhältniss...

und Zustände haben aber ihre Quelle ^ in den kantonalen Gesezgebuugen und werden demnach in jedem Danton unter andern Bedingungen begründet und ^usgehoben als in dem andern. Wenn also ein eidgenössisehes Gesez z. B. den Konkurs als Ausschlnssgrund bezeichnen wollte, so wäre damit allerdings eine allgemeine Disposition getroffen, aber e....

bliebe den Kantonen anheimgestellt, zu bestimmen, in welchen einzelnen Fällen diese Disposition zur Anwendung kommen soll. Rach wie vor würden also unter den gleichen tatsächlichen Voraussezungen die Bürger des einen Kantons ihr ^timmrecht verlieren , die andern es behalten ; gleich wie diejenigen , die es verloren haben , in dem einen Kanton wieder in ihre Rechte eingesezt werden könnten , in dem andern nicht. Ganz dieselben Betrachtungen machen sich auch bei dem Ausschluss geltend , welcher in Folge entehrender Strafen oder überhaupt durch gerichtliches Urtheil eintritt , auch hier könnte nur wieder eine äusserliehe und scheinbare Gleichheit hergestellt werden.

Eine in Wahrheit gleichmäßige Behandlung aller Schweizerbürge...

ist nur dann möglich, wenn dem Bunde auch die Gesezgebung aus denjenigen Gebieten zusteht , denen die Thatsachen entnommen sind , an welche der Ausschluß vom Stimmrecht geknüpst .verdeu soll.

Anders würde es sich freilich verhalten, wenn die eidgenössisch^ Ges...zgebuug die Kantoue lediglich verhindern wollte, gewisse Ausschlußkategorien auszustellen, wobei nach ^age der ..^aehe hauptsächlich nur der Konkurs und die Armenunterstüzung iu Betracht fallen könnten.

formell würde gar nichts einer allgemeinen Regel entgegen stehen,. wonach kein Bürger bei eidgenossischen Abstimmungen aus Gründen , die.

mit der Betreibung, dem Konkurs oder dem Akkommodement zusammenhängen , von dem Stimmrecht ausgeschlossen werden darf. Mit einer solchen Bestimmung , wie mit einer analogen über die Armenunterstüzung, wäre eine der reichsten Quellen der bestehenden Ungleichheit

abgegraben. Gleichwohl hält der Bundesrath nicht dasür , dass es gut

gethan wäre, namentlich in Bezug auf die Konkursen, in dieser Weife vorangehen. Mit Ausnahme von Gens und der beiden Appenzell knüpsen alle andern Kantone in dieser oder jener Weise an den Konkurs den Verlust der bürgerliehen Ehrenfähigkeit. Wenn sich auch .^icht verkennen lässt, dass dieses in einzelnen Kantonen mit unentschuldbarer Härte geschieht, so ist zu erwägen, dass^ die eidgenössische Gesezgebuug sur die Einhaltung eines richtigen Masses nichts thun kann , da sie aus den entwikelten Gründen dieses Verhältniss entweder den Kantonen über^ lassen, oder dann den Ausschluss der Konkursiten ganz untersagen muss.

So weit zu gehen ist aber in keiner Weise angezeigt. Die Besserstellnng der Konkursiten in össentlichen Angelegenheiten ist vielerorts ein

762 ^ebot der Gerechtigkeit , dem aber die Kantone nachzukommen haben^ ^bei denen die Gesezgebung und die Gerichtsbarkeit in Konkurssachen steht. -....ex Fortschritt kann nicht davon ausgehen, dass der Bund denWenigen das Stimmrecht bei der Revision der Verfassung zuerkennt, die ^ei den Rationalrathswahlen gleichwohl nicht berechtigt wären und in den Angelegenheiten des Kantons und der Gemeinde von alleu politifchen Ehren ausgeschlossen sind. Viel eher würde es noeh angehen, in Bezug aus die Armengenössigen eine solche Bestimmung zu treffen.

Aus allen diesen gründen gelangen wir zu dem S.hluss, es sei davon Umgang zu nehmen , besondere gesezliche Verfügungen über die Stimmfähigkeit bei den Geschwornenwahlen und den Abstimmungen über die Revision der Bundesverfassung auszustellen , sondern es seien die Vorschriften des Art. 63 der Bundesverfassung aus alle eidgeuossi^chen Wahlen und Abstimmungen gleiehmässig auszudehnen.

II. ^f.^elI bei ^eu ..^ahle.t m..^ ...lhstimmllll^n.

Jn dieser Beziehung lässt die Bundesverfassung der Gesezgebu^g

vollständig freie Hand. Wie schon im Eingang dieses Berichtes er-

wähnt , besteht über die Wahl der eidgenössischen Geschwornen au^er der Bestimmung des Art. 28 des Gesezes vom 5. Juni .l 84..) so wenig ein gesezgeberiseher Erlass als über die Vornahme der Abstimmungen über die Bnndesrevision. Einzig das Verfahren bei den Rationalxathswahlen ist durch das Bnndesgesez vom 21. Dezember 1850, jedoch nur in einzelnen Hauptpunkten , regulixt , während die weitern VorSchriften und die formellen Anordnungen der Gese^gebung der Kantone

überlassen worden sind. Gleichwohl haben sich während des 24jährigen

Bestandes der Bundesversassung keine Uebelstäude geltend gemacht, die .eine neue gesezgeberische Ordnung durch den Bund hätten wünschenswerth erscheinen lassen. Erst der jüngsten Abstimmung über den Entwurs der Bundesversassung war es vorbehalten , einige wesentliche Mängel des jezigen Zustan.^es ins Licht zu sezen, welche uothwendig .verbessert werden müssen.

Die sehr zahlreichen Beschwerden, welche dem Bundesrathe vor dem 12. Mai aus verschiedenen Kantonen eingegangen sind, besagen wesentlich folgende Vunl.te : a. Einzelne Kantone lassen die Sehwei^erbürger anderer Kantone oder auch die eigenen Angehörigen , welche nicht in der Heimatgemeinde wohnen, nur nach einem kürzer^ oder längern Ansenthalte in der Wohngemeinde znm Stimmrecht zu.

h. Von den niedergelassenen Schweizerbürgern anderer Kantone, sowie von den Ausenthaltern werden Ausweise darüber verlangt,

763 ^

daß sie nach den .gesezen ihrex Heimat das Aktivbüxgerreeht besizen.

..... Der .... e rm in zur Anmeldung für Eintragung in die Stimmre-

gister wird für Sehweizerbürger ungünstiger gestellt als für Kan-

tonsbürger, oder er erscheint im Allgemeinen zu kurz bemessen.

Die unter diese drei Kategorien nicht gehörenden Beschwerden sind nicht gegen die kantonalen Geseze gerichtet, sondern haben Uebertretungen derselben durch die Wahlbehorden zum Gegenstand und konnen darum hier füglich ganz ausser Betracht falle....

Wir werden nun die einzelnen Bunkte an der Hand der BundesVerfassung näher besprechen,. und Beginnen mit der Stimmsähigkeit der in einem dritten Kantone wohnenden ^ehweizerbürger und die Bedingungen, von denen die Ausübung dieses Stimmreehts gesezlich abhängig gemacht werden darf.

Rach der von den Bnndesbehorden stets festgehaltenen Jnterpretation kann kein Zweifel darüber bestehen , dass die Ausübung des Stimmrechts in eidgenossischen Angelegenheiten nicht bloss den mit Riederlassnngsbewilligung in einem andern Kanton wohnenden Schweizerbürgern, sondern auch den blossen Aufenthaltern zukommt. Weder Art. 63 noch Art. 113 und 114 der Bundesverfassung machen einen Unterschied. Die Verfassungen und Geseze der Mehrzahl der Kantone beenden sieh mit dieser Aussassung im Einklang. Die Kantone Luzern, Schw^, Solothurn, Basel^tadt , Basel-Landschast , Schasfhausen, Glarus, ^t. Gallen, Hessin, Aargau, .^hurgau, Bern und Zürich erklären ausdrüklieh bei eidgenössische.. Wahlen alle schweizerischen Ausenthalter und Riedergelassenen als stimmberechtigt, ohne für die Ausübung des Stimmre.htes einen vorherigen Ausenthalt im Kanton oder einer Gemeinde zu verlangen. Die Kartone Uri, Obwalden, Ridwalden, Zug, Appeuzell A. Rh. fordern ebenfalls keinen vorgehenden Ausenthalt, sprechen aber nur von dem Stimmrecht der Riedergelasseueu, ohne jedoch die Aufenthalter auszuschließen , die , wie dem Bundesrathe bekaunt ist , wirklieh auch an den Abstimmungen .^.heil nehmen. Rachstehende Kantone hingegen machen die Theiluahme an den eidgenossischen Wahlen (und resp. Abstimmungen) süx die schweizerischen uud theilweise auch sür die kantonalen Riedergelassenen und Aufenthallter pon , einer bestimmten Ausenthaltsdauer abhängig :

W a a d t (Art. 2 des Gesezes vom 26. Rovember 1863) verlangt von den eigenen Bürgern einen Ausenthalt Schweizern einen solchen von 12 Monaten.

von 3 , von den

R e u e n b u r g (Art. 1 des Gesezes vom 14. April 1871) erklärt die niedergelassenen Schweizer (établis) nach zweijährigem Ausenthalt (apres deu^ ans de s^onr) als stimmsähig.

764 ..^ e n s in seinem neuesten Geseze vom 7. Mai 1872 sezt nu..^ einen Ausenthalt von 8 Tagen für alle Schweizer voraus , die ihren Wohnsiz in dem Kanton genommen haben (qnl ont li.....^ lenr r.^den...o dans le Canton^.

F x e i b u r g endlieh knüpft in dem Geseze vom 22. Mai 1861, Art. 5, die Sti^nmbereehtigung für die im Kanton ,,domieilirten^ Schweizer an einen Aufenthalt von einem Jahren Jn Bezug auf die lezterwähnten Kantone muss jedoch bemerkt werden, dass für die Abstimmung vom 12. Mai l. J. der Staatsraih von Waadt durch Dekret vom 30. April die eben erwähnte Bestimmung des dortigen Gesezes^ für diesen Fall ausser Anwendung erklärte und keinen Termin feststellte.

^ Ebenso verfügte der Staatsrath von Reuenburg durch Dekret vom 5. Mai, dass bei der Abstimmung über die Bnndesrevision sämmtliehe Schweizer ^ur Stimmgabe berechtigt sein sollen , welche ihre Papiere deponirt haben, um einen permis de sejour z.. erlangen , selbst wenn ihnen der leztere noch nicht ertheilt worden sei.

Dieser nun überall durchgedrungene und in der Bundesverfassung allein begründete Grnndsaz, dass in eidgenossischen Wahlen und Abstimmungen jeder Schweizer ohne Rüksicht an.^ kürzern oder längern Ausenthalt in einem Kantone zum Stimmrecht zugelassen werden müsse,

ist für die Zukunst gesezlich festzustellen. Jn dieser Weise hat sich auch

die Bundesversammlung in einem Spezialsalle ausgesprochen.

Als die neueste Verfassung des Kantons Solothuru im Art. 18 verlangte, dass, wer Richtbürger oder Niedergelassener der Wohngemeinde ist, sich vor dem Abstimmungstag über einen Aufenthalt von 6 Monaten in derselben auszuweisen habe, erklärte die Bundesversammlung durch Besehluss vom 29. Juli 1868, dass diese Bestimmung aus Volksabstimmungen und Wahlen in eidgenossischen Angelegenheiten keine Anwendung finden^ dürfe. Durch diesen Beschluss wurde somit aueh das Prinzip anerkannt, dass nach Art. 63 der Bundesverfassung die Kantone zwar das Recht haben, die Bedingungen festzusezen, unter denen der einzelne Bürger von dem Stimmrecht bei den Rationalrathswahlen ausgeschlossen sein soll, dass ihnen aber die Befugniss nicht zustehe, in Bezug auf die Ausübung des anerkannten Stimmrechtes beschränkende und suspendirende Bestimmungen zu erlassen.

Dabei gehen wir selbstverständlich von der Meinung aus, dass nur derjenige Schweizerbürger eines andern Kantons ans die Theilnahme an eidgenossischen Wahlen und Abstimmungen Anspruch hat , welcher sich nicht bloss zufällig nnd momentan in einem dritten Kantone befindet, sondern dass ^hiefür die von den kompetenten Behorden des leztern er-

theilte Erlaubniss (Aufenthalts- oder Riederlassnngsbewillignng) noth-

76.^ .^wendig ist, den Wohnsiz dort zu nehmen, und dass von dieser Erlaubniss auch tatsächlich Gebrauch gemacht werde.

Eine weitere wichtige Frage ist die über den N a c h w e i s der S t i m m b e r e e h t i g u n g von Seite des einzelnen Bürgers. Hierüber finden sich in den dem Bundesrath eingesandten kantonalen Gefezen folgende Bestimmungen : Das Organisationsgesez des Kantons L u z e r n vom 12. August 1866 sezt im Art. 2 fest: ^Bezüglich derjenigen, welche nicht Angehorige der Wohngemeinde sind, müssen, bevor deren Austrag aus das Stimmregister erfolgen darf, Stimmfähigkeitszeugnisse von den Gemeindexäthen der Heimatgemeinden abgegeben werden.^ Uebereinstimmend hiemit sagt Art. 30 der Verfassung: ,,Die Ausweise über Stimmfähigkeit der neu Ausgetragenen müssen aus Verlangen vorgewiesen werden.^ Eine Verordnung vom 2. September 1863 schreibt für deu Kauion

St. Gallen vor: ,,Wo Zweifel über bürgerliche Ehrenfähigkeit waltet, mag Ausweis verlangt werden.^ Rach dem Geseze des Kantons .Hessin vom 5. Juni 1851 find nur die Schweizerbürger bei den Rationalrathswahlen stimmfähig, welche nachweisen, dass sie in ihrem Heimatkanton das Aktivbürgerrecht besten.

Durch Dekret vom 24. April 1872 verfügte der ^taatsrath des Kantons ^ r e i b u r g in Bez..lg auf die Abstimmung über die Bundesrevision : Art. 2. Wenn über die Stimmfähigkeit eines Bürgers Zweifel besteht, so kann der Gemei^derath verlangen, dass derselbe vorweife: a) einen gehorig beglaubigten Heimatsehein ; b) eine Erklärung der Heimatgemeinde, dass der Betreffende im Genuss seiner bürgerliehen und politischen Rechte sei und sieh in keinem der durch den Art. 6 des (^reiburg) Gesezes vom 22. Mai 1861 vorgesehenen ^.älle befinde..

c) eine Erklärung gleichen Jnhalts aus der Gemeinde seines lezten Domizils, wenn er im Lause des Jahres dasselbe gewechselt hat.

Aus den Kantonen Zug und Uri, deren Geseze übrigens ahnliche Bestimmungen nieht enthalten, langten ebensalls Beschwerden ein, dass von den Schweizerbürgern anderer Kantone ein Rachweis über die

^timmsähigkeit durch Einlage eines Zeugnisses über bürgerliche Ehren

beigebracht werde. Mehrfache ähnliche Besehwerden kamen aueh aus dem Kauton W a a d t an den Bundesrath.

Um steh die praktische Tragweite der Forderung solcher ^Ausweise klar zu machen, braucht man nux das Dekret des Kantons ^ r e . b u r g

766 näher ins Auge zu fassen, welches (wir nehmen gerne an, unabsichtlich)^ den Ausweis beinahe unmöglich macht. Denn abgesehen von der bei allen solchen Ausweisen vorkommenden Schwierigkeit, dieselben in einer verhältnissmässig kurzen Frist von den heimatlichen Gemeinderäthen aus dem Wege der Korrespondenz zu erhalten, wird hier ausnahmsweise nicht bloss ein Zeugniss der Heimatgemeinde, sondern dazu noch ein sol.^ ches der lezten Wohngemeinde perlangt, gehoren die eine oder beide dieser Gemeinden andern Kantonen an, so sind dieselben gar nicht im Stande, die verlangten Zeugnisse auszustellen, weil sie unmoglich, wie es verlangt wird , angeben konnen , ob der Betretende sieh in einem der Fälle befinde, welche in dem s r e i b u r g i s c h e n Geseze vorgesehen sind. Ein weiterer Uebelstand liegt darin, dass in diesem Dekret, wie in der Verordnung des Kantons St. Gallen , die Forderung des Aus.^

weises im einzelneu Falle lediglich in die Hand der Behorden gelegt

wird. Es ist denn auch mehrfach darüber Klage geführt worden und nicht zu bezweifeln, dass bei der legten Abstimmung eine nicht uubede...^ tende Zahl von Bürgern von der Ausübung ihrer bürgerlichen Rechte verhindert wurden, weil sie nicht imstande waren,^die von ihnen ver-

langten Zeugnisse rechtzeitig beizubringen. Diesen Uebelstäuden lässt sieh

nur dureh eine eingreifende Bestimmung abhelsen, wie sie sieh übrigens aus der Ratur der Sache und den Bestimmungen der Bundesversafsnng ohne Zwang ergibt. Bei dem Erwerb einer Niederlassung^ oder Ausenthaltsbewilligung hat sich. Jedermann als Schweizerbürger auszuweisen.

Dieser Ausweis genügt aber , um in Bezug auf die Ausübung des

Stimmrechtes die nämliche Behandlung wie jeder andere in seinem eigenen Kanton oder in seiner Heimatgemeinde wohnende Bürger zn beanspruchen . wie bei dem leztern muss die Stimmfähigkeit auch für die Bürger anderer Kantone präsumirt werden,^ was um so weniger Bedenken hat, als in der Mehrzahl der Fälle nicht bloss bei dem Erwerb der Niederlassung (nach Art. 41 der Bundesverfassung) , sondern auch

bei dem des Ausenthalts aus den Legitimationspapieren ersichtlich ist.

ob die Betreffenden im Besiz der massgebenden personlichen Eigeuschaften sind. Es ist überdies nicht zu übersehen, dass die Stimmsähigkeit nach den Gesezen des Riederl^ssungs- und nicht nach denen des Heimat^ kantons beurtheilt werden müsse, wie es aus der Ratur der ^ache und der Vorschrist des Art. 63 der Bundesversassung hervorgeht.

Ein Zeugniss über das Aktivbürgerreeht, wie es in den erwähnten Gesezen von Luzern, Hessin und dem Dekret von Freiburg verlangt wird, ist daher auch gar nicht massgebend, sobald es von der Gemeinde eines andern Kantons verlangt wird, weil in den verschiedenen Kantonen die Voraussezungen für die Stimmsähigkeit durchaus andere sind.. darum kommt es auch nicht dem niedergelassenen Bürger, sondern den Behorden des Riederlassungskantons zu, zu ermitteln, ob Jemand nach seinen eigenen Gesezen die Requisite der Stimmfähigst in sieh vereinige.

767 ...^Selbstverständlich bleibt damit die Berechtigung nicht ausgeschlossen, die Ausnahme in das Bürgerregister zu versagen oder die Streichung der Eintragung anzuordnen, wenn den betretenden Behorden die Beweismittel für den Ausschluß von der .^timmberechtigung zu Gebote stehen, gerade so wie es gegenüber den in der Heimatgemeinde wohnenden .Bürgern auch geschieht. Rnr mit diesem Gruudsaz der Vräsumtion der

Stimmsähigkeit werden die 1,075,299 Schweizerbürger, welche nach dex

neuesten Zählung nicht in ihrer Heimatgemeiude wohnen, ihren 1,442,301

Mitbürgern in Wahrheit bei den eidgenossischen Wahlen gleichgestellt, und wir haben darum auch keinen ..Anstand genommen, denselben als allgemeine Regel in das Gesez niederzulegen.

Rothwendig ist ebenfalls, wie die Erfahrung gezeigt hat, eine allgemeine Vorsehrist über gleichmässige Behandlung der einem Kantone Angehorigen und der übrigen Schweizerbürger in Beziehung auf die Führung der Stimmregister, da in einzelnen Kantonen die leztern süx kantoussremde Schweizer srüher geschlossen werden als für Einheimische, eine in jeder Beziehung ungerechtfertigte Ungleichheit. Die Maximalsrist für den .......chluss des Stimmregisters beantragen wir aus 3 Tage vor einer Wahl oder Abstimmung anzusehen. Jn der Mehrzahl der Kantone werden Einschreibungen bis zum legten Tage vorgenommen, so dass diese ^rist sür die von den Behorden noeh zu tretenden administrativen Anordnungen nicht zu karz bemessen scheint.

^to^h bleibt uns übrig, einen Hauptpunkt unserer Vorlage zu rechtfertigen, nämlich die Vorsehrist der g e h e i m e n Wahl. Wir glauben, darüber nicht viele Worte verlieren zu sollen. Jn der Mehrzahl der Kantone, welche mindestens ^ der schweizerischen Bevölkerung repräseutiren, ist dieselbe sür alle kantonalen Wahlen und Abstimmungen an die Stelle des srüher allgemein offenen Mehrs getreten, nnd Riemand denkt daran, auf frühere Zustäude znrü.^ul.ommen. Die Ansieht darf als eine ganz allgemeine bezeichnet werden, dass die Wahl.. und Stimmsreiheit jedes einzelnen Bürgers nur bei der schriftlichen Stimmgabe gesichert ist, und dass namentlich der nach Vermogen uud äusserer Stellung abhängige Bürger diese ..^timmgabe verlangen muss, wenn er we-

nigsteus iu Bezng ans seine politischen Rechte demjeuigen gleichgestellt

werden will, nach dem er sich im sonstigen .^eben zu richten hat. Denn bei dem .osfenen Mehr gebietet in Wahrheit der Dienstherr über seine Stimme, oder es machen sich an der Stelle der materiellen moralische Einflüsse geltend, welche der Freiheit des Einzelnen nicht weniger nachtheilig entgegentreten. Rieht mit Unrecht wird daher in allen Ländern die Einführung der schriftliehen ^timmgabe als ein wahrer freiheitlicher Fortschritt betrachtet , wie er sich in diesem Augenblike nach langen Kämpfen in England vollzieht. Eine Folge dieser Renernng wird allerdings die sein, dass in den demokratischen Kantonen die Wahlen in den

768 Nationalrath nicht mehr durch die Landsgemeinde getroffen werden^ können Dass abex die Wahl in der Gemeinde sich mit den staatsrechtliehen Anschauungen dieser Kantone ganz wohl perträgt, beweist der Umstand, dass am 12. Mai die Abstimmung in allen Landsgemeinde-Kautonen in den^ Gemeinden und nirgends in der Landsgemeinde statt

hatte, so dass füglich auch die eidgenössischen Wahlen in gleicher Weise vorgenommen werden können.

Das sind die Hauptgrnndsäze, von denen wir dasür halten, dass sie für die Zukunft zur gesezlichen Geltung zu bringen seien. Dagegen ^halten wir nicht dasür, dass ste mit Bestimmungen über die Organisation der Wahlbehörden und über den Mechanismus des Wahlverfahrens vermehrt und zu einem förmlichen für sich bestehenden eidgenössischen Wahlgesez erweitert werden sollten. Wir sind vielmehr der Ansicht, es genüge, den jezigen Stand dieser Verhältnisse nur in so weit zu än^ dern, als sieh dasür das Bedürfniss gezeigt hat. Wir haben schon oben nachgewiesen, in welchen Richtungen dies der ^all geweseu sei, und hegen die Ueberzeugung, dass den bestehenden Mängeln vollständig abgeholfen werde, wenn den Kantonen zur Bslieht gemacht wird, in Handhabung ihrer eigenen Wahlgeseze bei den Votationeu diejenigen Vorsehristen zu befolgen, welche in dem beiliegenden Gesezentwurs au^gestellt werden. Abgesehen hievon ist leieht einzusehen, dass die Auf-

stellung eines eidgenössischen Wahlgesezes mit mannigfachen schwierig-

keiten verbunden sein würde. Jn den meisten, namentlich den grössern Kantonen, ist die Organisation der Wahlen und Abstimmungen schon in

dem Masse komplizirt, dass es nicht angezeigt erseheint , von Eid^.

genossensehafts wegen noch einen neuen Organismus hinzuzufügen, der von den meisten kantonalen notwendigerweise sieh wesentlich unterscheiden müsste. Dann ist zu bedeuten, dass mit einem eidgenössischen Wahlgeseze auch eidgenossische Wahlbehörden zu schassen wären, deren Vestand, soweit es wenigstens die Anlage und die Haltung der ^timmregister zum Gegenstande hat, durchaus kein bloss zeitweiser und vorübergehender sein könnte, sondern die Schaffung von förmlichen eidgenössischen Vürean^ zur ^olge hätte.

Wir schlagen Jhnen daher vor, das jezige Verhältniss, wonach di..

Wahlen und Abstimmungen nach der Form der kantonalen Geseze uuter ...Beobachtung der eidgenössischen Vorschristen vor sieh gehen, aueh für die Zu^nnft beizubehalten. Was die änssere Anordnung unseres Eutwurses anbelangt, so hielten wir dasür, es sei das jezige Wahlgese^ vom 21. Dezember 1850 in der Weise zu trennen, dass der erste Artikel desselben, welcher je.veilen nur von einer Volkszählung zur andere

in Krast bleibt, und auch sachlich zn den solgeuden Artikeln nicht passt,

zum Gegenstand eines eigenen Gesezes gemacht und dass die übrigen

769 theile von Axt. 2 bis zum S^luss durch Aufnahme der in diesem ..-..Berichte besprochenen Grundsäze zu einem allgemeinen Wahlgesez erheitert werden.

Genehmigen Sie, Tit., die erneuexte Versicherung unserer vollkommenden Hochachtung.

Bern, den 24. Jnni 1872.

Jm

Ramen des schweiz. Bundesrathes,

Der Bundespräsident: .^elti.

^

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schi^.

(Entwurf)

Bundesgesez betreffend

die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht des Vorschlages des Bundesrathes, vom 24. Juni 1872,

beschließt: Art. 1. Die Wahlen in den schweizerischen Nationalrath (Art. 61.--65 der Bundesverfassung), die Wahlen der eidg. Geschwornen (Art. 104) und die Abstimmungen über die^ Revision der Bundesverfassung (Art. 113 und 114) finden nach den Vorschriften der kantonalen Geseze statt, unter Vorbehalt jedoch der nachstehenden Bestimmungen des vorliegenden .Bundesgesezes.

770 .A. Allgemeine ^estimm^e^.

Art. 2.

Stimmberechtigt ist jeder Schweizer, der das zwanzigste

Altersjahr zurükgelegt hat und im Uebrigen nach der Gesezgebuug des Kantons, in welchem er seinen Wohnsiz hat, nicht vom Aktivbürgerrecht ausgeschlossen ist.

Art. 3. Das Stimmreeht wird von sämmtlichen .^chweizerbürgern da ausgeübt, wo sie auf Grund ihres .^.eimatreehtes oder einer Niederlassung oder Ausenthaltsbewilligung wohnen.

Dabei bleibt die Bestimmung des Art. 2 des Bundesgesezes vom 16. Mai 1849 vorbehalten.

^

Art. 4. Wählern , welche sich während der ......ationalrathswah.^ len , die an ihrem Wohnorte stattfinden, anderswo im Dienste der Eidgenossenschaft oder ihres Kantons unter den Waffen befinden, soll.

falls nicht besondere Schwierigkeiten oder Umständlichkeiten damit verbunden sind , Gelegenheit gegeben werden , sich bei jenen Wahlen zu betheiligen.

Art. 5.

Jeder^ in einer Gemeinde wohnende Schweizerbürge.: (Art. 3) ist von Amtes wegen in das Stimmregister derselben (Art. 1) einzutragen, insofern nicht der betreffenden Behorde die Beweise dafür vor..

liegen, dass er nach den Gesezen des Kantons von dem Aktivbürgerrecht ausgeschlossen sei.

Alle aus die Rührung der Stimmregister bezüglichen Vorschriften müssen sür sämmtliche Schweizerbürger dieselben sein.

Art. 6. Die Stimmregifter sollen während wenigstens 14 Tagen vor einer Wahl oder Abstimmung zur Einsieht der Betheiligten ossentlieh aufgelegt und Kursen nicht srüher als drei ..^age vor der Abstimmung geschlossen werden.

Art. 7.

Gegen die Verweigerung oder ^..treiehung einer Eintragung , sowie wegen jeder Verlegung dieses Gesezes , ist der Rekurs von den kantonalen Behorden an den Bundesrath gestattet.

Art. 8. Die Rationalrathswahlen und die Versassungsabstimmungen finden mittelst schriftlicher und geheimer Stimmgabe statt. di...

Wahl der Geschwornen kann in offener Abstimmung vorgenommen werden.

Art. 9. Ueber die Abstimmungs- und Wahlverhandlnngen ist ein Protokoll aufzunehmen , dessen Richtigkeit von dem Wahlt.üreau unterschristlich zu bezeugen ist. Dieses Protokoll ist der Kantonsre^ierung zu übermitteln , welehe die Ergebnisse der verschiedenen Ver-

771 Sammlungen zusammenstellt und in angemessener Weise sofort öffentlich bekannt macht.

Art. 10. Binnen einer Frist von 6 Tagen , die mit dem Tage zu lausen beginnt, an welchem die im vorigen Artikel genannte ..bekanntmaehung erlassen worden, können Einsprachen gegen die Gültigkeit der Wahl oder Abstimmung erhoben werden. Dieses hat vermittelst schristlieher Eingabe bei der Kantonsregiernug zuhanden der Bundesbehörden zu geschehen. Rach Ablauf obiger Frist erfolgende Eingaben werden

nicht berüksiehtigt.

Zum Gegenstand solcher Einsprachen kann Alles gemacht werden, was auf den Verlauf der Verhandlungen Einfluss hat, namentlich auch Entscheidungen über das Stimmrecht einzelner Bürger und daherige Beschlüsse der Kantonalbehörden. (Art. 7 dieses Gesezes.)

Art. 11. Rach Ablauf der im vorigen Artikel genannten Frist haben die Kantonsregierungen die sämmtlicheu aus die Wahlen oder Abstimmungen bezüglichen Akten , sammt den allfälligen Besehwerden und ihrem Gutachten über die leztern dem Bundesrathe zu übermitteln.

Einzig die Stimmzeddel bleiben unter Verwahrung der KantonsLegierungen und sind von diesen nur aus Verlangen einzusenden, nach Genehmigung der Verhandlungen aber zu vernichten.

.^. ....^fon^e Bestimmul^elt fnr ^ie Nationalrath......^^.

Art. 12. Die Wahlen sür den Nationalrath sind direkte.

der Bundesverfassung.)

(Art.

62

Art. 13. Wahlfähig als Mitglied des Nationalrathes ist jeder stimmberechtigte Schweizerbürger weltlichen Standes.

Ratnralisirte ^ehweizerbürger müssen seit wenigstens fünf Jahren das erworbene Bürgerrecht befizen , um wahlfähig zu sein. (Art. 64 der Bundesverfassung.)

Art. 14. Die Mitglieder des Ständerathes, des Bundesrathes und von lezterem gewählte Beamte können nicht zugleich Mitglieder des Nationalrathes fein. (Axt. 66 der Bundesverfassung.)

Uebrigens find dieselben doch in den Nationalrath wählbar. Raeh erfolgter Wahl haben fie aber zwischen den beiden mit einander unvereinharen Stellen zu wählen.

Art. 15. Bei einer Gesammterneuerung des Nationalrathes können die in Folge dieser Erneuerung abtretenden Beamten , welche in den neuerwählten Nationalrath ernannt worden find, an den Verhandlungen dieses ledern Theil nehmen, bis die ihre Beamtungen betreffenden Ernenernngswahlen stattgefunden haben.

772 Art. 16. Die Gesammtwahlen behufs der Jntegralerneuerun^ .

des Nationalrathes beginnen jeweilen am l e z t e n Sonntage im Weinmonate und werden , falls sie nicht in der ersten Wahlverhandlung zu Ende geführt worden, an den durch die betreffenden Kautonsregierungen hiefür zu bestimmenden Tagen fortgesezt.

Art. 17. Für Wahlverhandlungen, behufs Vesezung von Stellen im Rationalrathe , welche im .Lause einer Amtsdauer des leztern erledigt worden , wird der Zeitpunkt von den betreffenden Kantonsregierungen bestimmt.

Art. 18. Die Kantonsxegierungen werden, so weit sie den Zeitpunkt der Wahlverhandlnngen zu bestimmen haben, auf moglichste Veförderung der leztern hinwirken.

Sie werden überdies jeweilen, salls in ihren Kantonen an mehreren Orten Wahlversammlungen statt zu finden haben, die thunliehst gleichzeitige Abhaltung derselben anordnen.

Art. 19. Diejenigen, auf welche sieh die absolute Mehrheit der stimmenden Wähler vereinigt hat, sind als gewählt zu betrachten.

Art. 20. Hat sich im ersten Wahlgange die absolute Mehrheit nicht auf so viele Personen vereinigt, als zu wählen sind , so findet ein zweiter, ganz freier Wahlgang statt.

Diejenigen, welche in demselben die absolute Mehrheit der Stimmen aus sich vereinigt haben, gelten als gewählt.

Art. 21. Jst auch beim zweiten Wahlgange die absolute Mehrheit füx die sä.nmtlichen von dem betretenden Wahlkreise zu wählenden Mitglieder nicht vorhanden, so wird zu einem dritten Wahlgange geschritten, wobei dreimal so viele Kandidaten als noeh Wahlen zu treffen sind, und zwar diejenigen , welche die meisten Stimmen erhalten haben , i...

der Wahl bleiben.

Jn diesem dritten Wahlgange gelten diejenigen als gewählt, welche in demselben die meisten .Stimmen, und wäre es auch nicht die absolute Mehrheit derselben, erhalten haben.

Art. 22. Wenn bei Vollziehung der in den vorhergehenden Artikeln enthaltenen Vorschri.ften darum, weil mehrere Bersonen in einem Wahlgange gleich viele Stimmen aus sich vereinigt haben , die Frage entsteht, welche von ihnen in der Wahl bleiben sollen oder als gewählt zu betrachten seien, so entscheidet hierüber das Loos, welches durch den Präsidenten der betreffenden Kantonsre^iernng unter der Kontrole der leztern zu ziehen ist.

^ Art. 23. Wäre in einem Wahlgange die Zahl derjenigen, welche die absolute Mehrheit aus sich vereinigt haben, grossex ausgefallen als.

77.^ ^ie. Zahl der zu Wählenden , so gelten diejenigen , welche die meisten Stimmen aus sich ve....iu.gt haben, als gewählt.

Art. 24. Je am Schlusse der Wahlverhandlungen eines Wahlleises hat die betreffende Kantonsregierung sofort : a. den Gewählten von der auf fie gefallenen Wahl vermittelst Zuschrift Mittheilung zu machen, b. dem Bundesrathe vorläufig einfach die Ramen der Gewählten noch ohne Einsendung von Wahlakten ^ur Kenntniss zu bringen.

Art. 25. Wollen schon vor der durch den vorhergehenden Artikel vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses in einem Wahlkreise Einsprachen gegen Wahlverhandlungen des ersten oder ^weiten ^Wahlganges erhoben werden, so sind dieselben binnen 3 Tagen, von der bestrittenen Wahlverhandlnng au gerechnet , der betreffenden Kantonsregierung vermittelst einer schriftlichen Eingabe zur Kenntuiss zu bringen.

Haben die Gesammtwahlverhandlungen des Wahlkreises, die Gültigkeit derselben .vorausgesezt, noch zu keinem absehliessliehen Ergebnisse ge..

führt, so entscheidet die Kantonsregierung, im entgegengesehen Falle der Nationalrath, über diese Einsprachen.

Art. 26. Jst die Wahl in mehreren Wahlkreisen auf die gleiche Berson gefallen, so hat der Bundesrath den mehrfach gewählten ungesäumt zu einer besorderlichen Erklärung , in welchem Wahlkreise er di^ Wahl annehme, zu veranlassen.

Rach Eingang dieser ^Erklärung wird der Bundesrath sosoxt da, wo die Wahl nicht angenommen worden , die Vornahme einer neuen Wahl anordnen.

Art. 27. Jedesmal nach einer Gesammterueuer^ug des Rationalxathes haben sich diejenigen, welchen eine Kantonsregierung ihre Wahl in den Rationalrath gemäss Art. 24, Litt. a angezeigt , ohne weiter^ Einladung am ersten Montage im Ehristmonate Vormittags um 10 Uhr zu der koustituirenden Simung des Nationalrathes in der Bundesstadt einzufinden.

Art. 28.

Solche dagegen, welche im ....^..use einer Amtsdauer des Nationalrathes gewählt worden, find von dem Bundesrathe in der gewohnlichen Form einzuberufen, und zwar soll dieses, wenn der Rationalxath gerade versammelt ist, sosort, sonst aber aus die nächste Siznng desselben geschehen.

Art. 29. Jn der nach der Gesammterneuerung des Rationalxathe.^ stattfindenden konstituirenden Simung (Art.

27) ist jeweiten vorerst

Bund^bIat.... ^ahrg.XXIv. Bd.II.

55

774 über die Anerkennung der^ .n den Nationalrath getroffenen Wahlen^ einzutreten.

Bei diesen Verhandlungen haben alle diejenigen, welche mit einem ^ ihre Wahl beurkundenden Schreiben einer Kantonsregierung versehen

find , gleichviel ob ihre Wahl beanstandet ist oder nicht , Siz und Stimme.

Während der Behandlung von Wahleinsprachen, bei denen sie selbst

betheiligt sind, haben sie sich indessen in .ausstand zu begeben, und ist ihre Wahl für ungültig erklart worden , so haben sie sich jeder weitern Theilnahme an den Verhandlungen zu enthalten.

Art.

30.

Rach ersolgter Konstitnirung des Nationalrathes ist ein

neugewähltes Mitglied erst, nachdem seine Wahl als gültig anerkannt worden, an den Verhandlungen

Theil zu uehmen berechtigt.

Art. 31. Der Nationalrath wird auf die Dauer von drei Jahren gewählt, und es findet jeweilen Gesammterneuerung statt. (Art. 65 der Bnndesversassnug.)

Art. 32. Die Amtsdauer des Nationalrathes läuft in dem Jahre, u.^welchem er in Gesammterneuerung fällt, jedesmal mit dem dem ersten ^ ntage des Ehristmonates vorhergehenden Sonntage ab.

Art. 33. Wünscht ein Mitglied aus dem Rationalrathe auszutreten, so hat es, falls es Abgeordneter und Bürger eines Kantons ist, in welchem sür Kantonalämter der Amtszwang besteht, und sa^s dieser Amtszwang durch .die Gesezgebnng des betretenden Kantons aueh aus die Rationalrathsstellen ausgedehnt worden ist, ein Entlassung^ gesueh seiner Wählersehast oder der betreffenden Kantonsregierung, salis

es sich hingegen nicht in diesem Falle befindet, eine Anstrittserklärung dem

...^ationalrathe, wenn dieser eben versammelt ist, sonst aber dem Bundesxathe einzureichen.

Jm erstern ^al.le entscheidet die Wählerschaft oder die betreffende Kantonsregierung über das Entlaffungsbegehren ; im leztern ^alle nimmt die betreffende Bundesbehorde von der Austrittserklärung Vormerkung am Protokolle.

Art. 34. Ein Mitglied des Nationalrathes, das gemäss den Be- ^ stimmungen des vorhergehenden Artikels von seiner Stelle entlassen worden ist oder den Austritt aus den. Rationalrathe erklärt hat, ist jedoch verpflichtet, den Sizungen dieser Behorde beizuwohnen, bis sein .^achsolger gewal.lt ist.

Art. 35. Jn allen Fällen, in welchen die Erledigung einer Stelle im Rationalrathe vor dem Ablause der Amtsdauer des leztern eintritt, soll diese Stelle sosort wieder besezt werden, es wäre denn, dass vor

775 ^..ex Gesammterneuerung des Nationalrathes kein Zusammentritt desselben

mehr in Aussicht stünde.

(... ^alllen der ei^e^sfischen Geschmorten.

Axt. 36. Die Geschwornenliste eines jeden Bezirks besteht aus den Verzeichnissen der demselben einverleibten Kantone oder Kantonstheile. Jn die ledern wird in den vier ersten Bezirken auf je 1000 Einwohner, im fünften Bezirke auf je 500 Einwohner, welche der beMessende Kauton oder Kautonstheil enthält , ein Geschworner eingetragen.

Art. 37. Jeder nach Art. 63 der Bundesverfassung stimmberechtigte Schweizer kann zum Geschwornen ernannt werden.

Ausgenommen sind jedoch : 1) die Mitglieder der obersten Kantonalgerichtsbehorden, sämmtliehe Gerichtspräsidenten, Verhorrichter und Staatsanwälte, sowie alle eidgenossischen und kantonalen Vollziehungsbeamten, mit Ausschlnss der Gemeindsbeamten .

2) die Geistliehen , 3) die Angestellten in den Verhasts- und Strafanstalten ,

4) die Boli^eiangestellten.

38. Jeder, der zum Geschwornen ernannt wird, ist verpflichtet, dem an ihn gerichteten Ruse ^olge ^leisten. Ausgenommen sind: 1) alle, welche das sechzigste Altersjahr zurükgelegt haben , 2) jeder , der aus der lezten Gesch.vornenliste sich befunden hat ; 3) diejenigen , welche wegen Krankheit oder in .^olge irgend eines Gebrechens ausser Stande sind , die pflichten eines Geschwornen zu erfüllen.

Art. 39. Der Entscheid der Frage, ob Jemand sähig oder verpflichtet sei, sich aus die Geschwornen liste sezen zu lassen, steht den Kantonalbehorden zu.

^ Art. 40. Die Gesehwornenlisten werden innerhalb der Schranken des gegenwärtigen Gesezes in den Kantonen durch direkte Volkswahlen

gebildet.

Art. 41. Die Kautonalgeschwor..enlisteu werdeu, sobald dieselben entworfen worden sind , durch die Kantonsregierungen dem Bundesrathe eingesendet, welcher daraus die Bezirkslisten zusammengeht und verossentlicht.

776 Art. 42. Die Erneuerung der Geschwornenlisten erfolgt je von^ sechs zu sechs Jahren. Der Bundesrath sorgt dafür , dass die neuen^ .Listen rechtzeitig angefertigt werden.

Art. 43. Die Ramen der ...^eschwornen, welche aus irgend einem Grunde diese Eigenschaft verloren haben oder die verstorben sind, werden durch die Kantonalbehorden, welche dem Bundesrathe davon Anzeige zu machen haben, aus dem Verzeichnisse gestrichen, und wenn in Folge der hiedurch entstehenden Luke eine Bezirksliste unter 200 .....amen herabsinken würde , so ordnet der Bundesrath die Ergänzung derselben an.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend eidgenössische Wahlen und Abstimmungen. (Vom 24. Juni 1872.)

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