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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Vermehrung des Instruktionspersonals der Genietruppen.

(Vom 22. April 1892.)

Tit.

Der Bundesbeschluß vom 21. Februar 1878 betreffend die Herstellung des Gleichgewichtes in den Bundesfinanzen setzt die Zahl der Genie-Instruktoren fest, und zwar soll das Personal bestehen aus : 1 Oberinstruktor, 2 Instruktoren I. Klasse,

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3 Hülfsinstruktoren total 10 Mann.

Seit jenem Zeitpunkt sind 14 Jahre verflossen, und obschon das Instruktionspersonal des Genie sich während dieser Zeit redlich Mühe gegeben hat, den vielseitigen Anforderungen, welche ganz besonders der technische Dienst mit sieh bringt, gerecht zu werden, so stellt es sich doch immer mehr heraus, daß die Zahl der Instruktoren, mit Rücksicht auf die mannigfaltigen Unterrichtszweige und die Sprachverhältnisse, eine ungenügende ist.

Deßhalb wurde schon vor Jahren der Wunsch nach Vermehrung der Zahl der Genie-Instruktoren laut, und wenn wir heute den wiederholten dringenden Wünschen Folge geben, so geschieht es in der festen Ueberzeugung, daß die Verwirklichung dieses Begehrens im Interesse der Instruktion eines wichtigen Gliedes

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unserer Armee liege. Umgekehrt würde, falls in bisheriger Weise weiter gearbeitet werden müßte, die Geniewaffe unseres Erachtens schweren Schaden leiden, indem wir mit den Anforderungen an die gegenwärtigen Instruktoren des Genie längst an den Grenzen des Möglichen angelangt sind und ein Mehreres billigerweise nicht gefordert werden kann.

Die Unterrichtszweige, in welchen die Genietruppen unterrichtet werden müssen, sind verhältnißmäßig zahlreich. In erster Linie sind es die eigentlichen militärischen Fächer: Soldaten-, Zugsund Kompagnieschule, Schießen, Wach- und Felddienst, Innerer Dienst, Militärorganisation u. s. w. Der Geniesoldat muß eben bis zu einem gewissen Grad auch als Infanterist ausgebildet werden.

Die Genietruppen sollen im Feldverhältniß nicht nur ihre eigenen Arbeiten zu bewachen und zu vertheidigen im Stande sein, sondern sie sollen in einer Art und Weise geschult werden, daß sie gegebenen Falls ohne Anstand an der Seite der Infanterie, sei es als Verstärkung oder sonst in irgend einer Weise, direkt am Gefechte sich betheiligen können.

Zu dieser eigentlichen soldatischen kommt die rein technische Ausbildung, für welche sich ein sehr beträchtliches Arbeitsfeld bietet.

Bekanntlich sind unsere Genietruppen in drei Unterabtheilungen -- Sappeure (Infanteriepionniere) 5 Pontonniere und Pionnière -- gegliedert.

Die Unterrichtszweige der Waffe umfassen: Erd- und Straucharbeiten, Minenbau, Ordonnanz- und Nothbrückenbau, Lagerarbeiten, optisches Signalwesen, Zerstörung von Kunstbauten, Bau von Straßen und Eisenbahnen, Befestigungsweseu (Feld- und halb permanente Befestigung), Anlegung von Hindernissen. Hiezu kommen in Spezialkursen für Offiziere noch folgende Unterrichtsfächer: Taktik, Rekognosziren, Topographie, Elektro-, Minen- und Sprengtechnik, graphische Arbeiten u. s. w. u. s. w.

Die Mannigfaltigkeit der Disziplinen hat zur Folge, daß nicht sämmtliehe Instruktoren in allen Fächern derart bewandert sind, daß sie mit Vortheil darin unterrichten können. Man ist infolge dessen genöthigt, soweit es den technischen Dienst betrifft, den Kenntnissen, Fähigkeiten und besonderen Neigungen der Instruktoren Rechnung zu tragen, so daß der Unterricht in einzelnen Fächern an besonders hiezu geeignete Elemente übertragen werden muß.

Die elementaren militärischen Unterrichtszweige, sowie einige kleinere Details im technischen Dienst endlich, fallen den Hülfsinstruktoren zu.

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Diese ausgedehnten militärisch-technischen Aufgaben, die an und für sich schon bedeutende Schwierigkeiten für die Instruktion bieten, werden noch durch die sprachlichen Verhältnisse, vorab bei den Rekruten, erschwert. In den sämmtlichen Rekrutenschulen der Geniewaffe ist man gezwungen, den Unterricht in zwei Landessprachen zu ertheüen, entweder deutsch und französisch oder deutsch und italienisch. Nun ist es beinahe unmöglich, besonders in den untern Chargen der Instruktoren, die nölhigen Persönlichkeiten zu finden, die im Stande sind, in zwei Sprachen geläufig zu unterrichten. ' Es entsteht dadurch ein Uebelstand beim Unterricht, der noch durch den Umstand gesteigert wird, daß der technische Unterricht nicht an grössere Klassen ertheilt werden kann, daß vielmehr, speziell mit Rücksicht auf eine eingehende Instruktion, Klassen von geringer Mannschaftszahl gebildet werden müssen. Hier macht sich ganz besonders der Mangel an einer genügenden Anzahl von Instruktoren fühlbar, hauptsächlich wenn man dabei berücksichtigt, daß sich die Zahl der Disziplinen seit 1878 infolge von Neuerungen im Geniedienst wesentlich vermehrt hat.

Sodann sind die Anforderungen an die Instruktion durch die Einberufung der Landwehr seit 1878 gesteigert worden. Vorerst wurden zwar nur die Cadres einberufen, seit 4 Jahren hat aber auch die Mannschaft der 9 jüngsten Jahrgänge zu Wiederholungskursen einzurücken. Ferner wird von nun an auch der Auszug zahlreicher zu den Wiederholungskursen einrücken, indem vom laufenden Jahre an die sämmtlicnen Jahrgänge der Unteroffiziere und 10 Jahrgänge der Mannschaft eingezogen werden.

Endlich trat in jüngster Zeit ein weiterer Umstand hinzu, der eine Vermehrung des Instruktionspersonals der Geniewaffe zur unumgänglichen Notwendigkeit macht. Gemäß Bundesrathsbeschluß vom 5. Januar 1892 betreffend die Organisation der Gottha*dvertheidigung ist im Stab der letzteren ein Geniechef vorgesehen, der gleichzeitig bei der Instruktion der Genietruppen, soweit es ihm seine Stellung ermöglicht, verwendet werden soll.

Auf die Mitwirkung dieses Instruktors I. Klasse kann aber die Geniewaffe wenig rechnen, indem die Zeit desselben voraussichtlich fast ganz durch den Dienst am Gotthard in Anspruch genommen werden dürfte.

Wir glauben in dem hievor Gesagten die Nothwendigkeit, einer Vermehrung des
Genie-Instruktionskorps genügend auseinandergesetzt zu haben und fügen hier nur noch bei, daß bereits anläßlich der Vermehruno; des Personals der Infanterie-Instruktoren von

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Seite der Geniewaffe ein ähnliches Begehren gestellt worden war.

Dieses Gesuch wurde damals zurückgelegt. Heute aber ist das Begehren zur unabweisbaren Nothwendigkeit geworden.

Wir beantragen, gestützt auf die oben angeführten Auseinandersetzungen, das Instruktionspersonal unserer Geniewaffe zu vermehren um · l Instruktor I. Klasse, 2 Instruktoren II. Klasse, 3 Hülfsinstruktoren, total 6 Mann, so daß künftighin dieses Personal bestehen würde aus l Oberinstruktor, 3 Instruktoren I. Klasse (wovon -einer als Geniechef dem Stab der Gotthardvertheidigung zugetheilt), 6 Instruktoren II. Klasse, 6 Hülfsinstruktoren, total 16 Mann.

Wir wollen hier noch beifügen, daß es auch nach Genehmigung dieser Vorlage durch die eidgenössischen Räthe wahrscheinlich eines längeren Zeitraumes bedürfen wird, bevor die neuen Stellen besetzt werden können ; denn es wird jedenfalls großen Schwierigkeiten begegnen, einen technisch und militärisch tüchtig gebildeten höheren Genieoffizier zu finden, welcher sich als Instruktionsoffizier eignet und gleichzeitig auch geneigt ist, sich diesem Beruf zu widmen; ist es ja eine allgemein bekannte Thatsache, daß tüchtig gebildete Techniker sich im Civilleben eine weit vortheilh.aftere Lebensstellung zu begründen vermögen, als es bei der Instruktion der Fall ist.

Was sodann die Instruktoren II. Klasse anbetrifft, so ist ebenfalls nicht zu erwarten, daß die neu zu kreirenden Stellen sofort besetzt werden können, da auch hier pekuniäre Verhältnisse eine Rolle spielen werden. Sodaan wird beabsichtigt, die für diese letzteren Stellen sich meldenden Jüngern Offiziere vorerst l bis 2 Jahre lang als Aspiranten bei der Instruktion zu verwenden, um ihnen Gelegenheit zu geben, sich für ihre zukünftige Stellung vorzubilden. Auf diese Weise wird ein doppelter Zweck erreicht ; vorerst wird es möglich sein, nur ganz geeignete Elemente zu Instruktoren zu wählen ; sodann -- und hierauf legen wir ein großes Gewicht -- ist es wahrscheinlich, daß sich eine größere Anzahl

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jüngerer Genieoffiziere als Instruktionsaspiranten melden, soferu sie Aussicht haben binnen absehbarer Zeit eine definitive Anstellung zu erhalten, als es gegenwärtig der Fall ist, wo eigentlich keine Stellen zu besetzen sind.

Dagegen wird es ein Leichtes sein, die Hülfsinstruktorstellen /u besetzen, indem sich fortwährend Aspiranten biefür melden.

Zum Schluß sei uns gestattet, noch kurz auf die finanzielle Tragweite der Vorlage einzutreten.

Die Anstellung eines weiteren Instruktors I. Klasse wird keine Mehrkosten zur Folge haben, indem der eine der Titularen aus dem Kredit für die Gotthardvertheidigung besoldet wird.

Es wären somit die wirkliehen Kosten für Vermehrung des Instruktionspersonals des Genie wie folgt zu berechnen : 2 Instruktoren II. Klasse durchschnittlich Fr. 3,300, jährlich zusammen Fr. 0,600 3 Hiilfsinstruktoren, durchschnittlich Fr. 2,200, zusammen ,, 6,600 zusammen Fr. 13,200 Mit Hinzurechnung der Reise- und Bekleidungsentschädiguagen circa Fr. 14,000 Hievon wären abzuziehen der bereits bewilligte Kredit für Aushülfe bei der Instruktion im Betrug von ,, 4,000 Es ergäbe sich somit eine Mehrausgabe von .

. Fr. 10,000

Wir empfehlen Ihnen die Annahme unseres Beschlussesentwurfes.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 22. April 1.892.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ßingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschlnß betreffend

die Zahl der Instruktoren der Genietruppen.

D i e B u n d e s v er sa m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft,

nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrathes vom 22. April 1892, beschließt: Art. 1. Die Zahl der Instruktoren der Genietruppen wird folgendermaßen festgesetzt: l Oberinstruktor; 3 Instruktoren I. Klasse (wovon einer als Geniechef dem Stabe der Gotthardbefestigung zugetheilt) ; 6 Instruktoren II. Klasse; 6 Hülfsinstruktoreu ; Total 16.

Art. 2. Der Artikel 7 des Bundesbeschlusses vom 21. Februar 1878, betreffend Herstellung des Gleichgewichtes in den Bundesfinanzen (A. S. n. F. III, 330), wird, soweit er sich mit vorstehenden Bestimmungen im Widerspruch befindet, hiemit aufgehoben.

Art. 3. Der Bundesrath wird "beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse, die Veröffentlichung dieses Beschlusses zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Vermehrung des Instruktionspersonals der Genietruppen. (Vom 22. April 1892.)

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27.04.1892

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