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Bundesrathsbeschlüsse in

Sachen des Rekurses des Hrn.

Joseph Anton Nieder

berger, von Stans, betreffend Rechtsverweigerung.

(Vom

2. Dezember

1863.)

( ,, 5. Mai 1866.)

( " 11. September 1868.)

..l,. Bunesrathsbeschluß vom 2. Dezember

1863.

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h hat ln Sachen des Hrn. Joseph Anton Ried er b e r g e r, Holzhändler,.

von Stans, betreffend Gerichtsstand für Polizeivergehen .

nach angehortem Berichte des Justiz- und Polizeidepaxtements und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben : 1. Der Landrath des Kantons Unterwalden o. d. W. hat am 12. April 1862 dem Rekurrenten als Eigentümer des Gutes Wiederwell bei Engelberg in Obwalden, gestüzt auf ein Gutachten der Herren Kantons-Oberförster Wietlisbaeh in Aarau und Bezirksforster Goldlin in Luzern , eine Bewilligung zum Schlagen von Holz aus genanntem Gute ertheilt. Diese ...Bewilligung wnrde indess an verschiedene Bedingungen geknüpft ; namentlich sollte das zu schlagende Holz zuvorderst

665 .^ureh eine Kommission angezeichnet und wieder für Rachpflanzung gesorgt werden, serner wurde vorgeschrieben, dass zur Sicherung der auf dem Unterpfand haftenden Kapitalien vor Abfuhr das Holzes die Halste des Erioses bei dem Gemeindrathe von Engelberg deponirt werden müsse, endlich wurde diese Schlagbewilligung bis den 1. November 1862 begrenzt und unter die Aussicht des Geme.indrathes von Engel-

berg gestellt.

2. Jufolge eiue- bezüglichen Beri.htes des Gemeindxathes von Engelberg an den Regierungsrath von Obwalden d. d. 27. April

1863, dahin gehend, dass Hr. Riederberger (welcher inzwischen uud zwar den 28. Mai 1862, das Gut Wieder^ell an ^rn. Beter Schallberger von .Lungern, ^^ie^ergelass^^^Stans., zerkaust hatte) die er-

haltene Schlagbewilligung theils überschritten, th.eils in verschiedenen

Richtuugen die damit verbundenen^ Bedingungen nicht erfüllt habe, ist derselbe am 4. Mai 1863 .durch den..Hrn..Landammann von Obwalden übenden ...^hatbestan.^ verhort worden^ wobei er, Hr. Riederberger, neben andern^ Entschnldigungsgründenauch^den geltend machte, dass das nach Ablauf der Bewilligung ^ges^lagene^Holz für feinen Eigenbedarf be-

stimmt sei.

^. .. ^ .^........^ ^

Zu näherer Feststellung des Thatbestandes . hat nun die Regierung von .^bwalden eines ^ihrer ^it^lieder .auf die Lokalität abgeordnet, welches seinen Berieht pom 13. ^uni 18l^3 dahin resümirte: es sel

die ....^ehlagbewilligung bedeutend zerstritten und kein Kapital, als was

der vierte Bsennig erfordere, abgelost worden ; ferner habe ^r. Riederberger eine grosse Masse Holz sur seinen Gebrauch ohne Bewilligung nach Stan.^ ^gesührt, ^ ein.. spezi^.s Quantum von 100 Stämmen erst em halbes Jahr nach Erloschung der Konzession gesehlagen und keinerlei Forstkulturen ausgeführt.

3. Hr. Riederberger^ wurde sodaun auf den 17. Juni 1863 vor den .Landrath von Obwaldeu zitixt ^ur Verhandluug über die gegen ihn waltende Klage wegen unberechtigtem .^.olzschlag ..e. Er ist indess nieht erschienen, sondern hat. in^ einer schriftlichen Eingabe an .Landammann und Regierungsrath von Obwalden d. d. 12. Juni 1863

Bezüglich der Klage wegen unberechtigtem Holzsehlag aus die Verant-

wortung im Verhore verwiesen und im Uebrigen seine Rechte vor.behalten, sowie ferner bezüglich der Richtbeaehtung der Bedingungen

der Schla^bewilligung nähere entschuldigende Aufschlüsse gegeben.

Hierauf hat der Regierungsrath von Obwalden am 17. Juni

1863 folgendes Urtheil gefällt: ^ . ^

^

^

.

.^ Erwägung:

1) dass Riederberger die ihm durch den h. Landxath am 12. April 1863 mit der Holzschlagbewilligung in Wiederwell verbundenen Be-

666 dingungen in verschiedenen Beziehungen nicht beobachtet und dieselben ^

nicht erfüllt hat,

2) dass er offenbar ein bedeutendes Quantum Holz ohne irgend welche Bewilligung geschlagen hat, über dessen eigenen gebrauch er sich nicht ausgewiesen .

3) dass durch eine solche Handlungsweise die Unterpfandwerthe der betretenden Hypotheken geschwächt werden und in solchen Fällen die Gemeindräthe laut Art. 2 des Gesezes über den Holzsel.lag gegen leichsinniges Holzschlagen einzuschreiten verpflichtet sind, selbst wenn das

Holz wirklich zu eigenem Bedarf geschlagen wird .

4) dass Riederberger mit seinem Holzfchlag, angeblich zu eigenem Gebrauch, offenbar Missbrauch getrieben hat .

b e f ch l o s s e n : I. Jofeph Anton Rie^.erberger ist mit Einschlug der allseitigen Untersuchung^ und Kommissionalkoften in eine Geldstrafe von Fr. 400 verfällt, in Zeit nächster 2 Monate zu entrichten . gegenfalls Umwandlung in^ Freiheitsstrafe vorbehalten wird.

II. Wird ihm untersagt , in Ankunft im Lande Wiederwell ohne spezielle Bewilligung des lobl. Gemeindrathes Engelberg Holz, und sei es zu eigem Gebrauche, zu sehlagen.

Ferner wurde Hr. Riederberger zur .^lussührung der Rachpflanzungen

bis nächstes Spätiahr verpflichtet und ihm sur allfällige Appellation

ausnahmsweise eine Frist von 10 Tagen eingeräumt.

4. Den 6. Juli 1863 machte Hr. Riederberger eine Eingabe an die Regierung von Obwaldeu, worin er derselben mittheilte, dass er den .Beschluss vom 17. Juni erst deu 27. gl. Mts. erhalteu habe, dass er denselben aber nicht anerkennen könne, weil er, abgesehen von

unrichtiger Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse, die Kompetenz

der Regierung von Obwalden nicht anerkennen konne, indem der Strafprozess bei den Ridwaldenschen Behörden hätte anhängig gemacht, oder wenigstens ohne deren Begrüssung nicht hätte abgeschlossen werden sollen ; er sei nur aus Deferenz am 4. Mai vor Verhör erschienen, und habe weder dadnrch noch durch die Eingabe vom 12. Juni die Kompetenz anerkennen wollen. Endlich behalte er sich alle Rechte zur Appellation vor.

5. Herr Bezirkssorster Göldlin von Lnzern , welcher vom Reknrrenten eingeladen wurde, eine ^okalbefiehtigung im Wiederwell vorzunehmen und zu berichten, inwiefern seinem srühern Gutachten nachgelebt worden sei, konftatirte in seinem Gutachten vom 27. Juli 186..^ bezüglich der einen Waldpartie , dass weun aneh beim Fällen manche junge .^tüke zusammengeknikt worden sein mogen, die man sonst hätte.

stehen lassen, dennoch ^ zu viel gesehlagen und insofern das früher^

6^7 ^pertengntachten missachtet worden sei. Rüksichtlich einer andern Bartie erklärte Hr. Göldlin, dass ihn dieser Kahlschlag noch mehr überrascht habe, und dass er Frevlerhand vermuthen würde, wenn nicht .^r. Nieder-

berger es selbst gethan hätte.

6. Unterm 1. August 1863 gelangte Rr. Riederberger in Rükficht auf Dispositiv 2 des oben erwähnten Urtheils mit dem Gesuche au. den Gemeindrath von Engelberg, dass er^ ihm zur Vollendung seiner Bauten in ....^dwalden Hol^ anzeichnen lassen möchte, (er hat nämlich im Kaufe mit Schallberger noch ein Quantum steh vorbehalten). Der Gemeindrath ist jedoch daraus nicht eingetreten, weil Betent selbst das Urtheil nicht anerkenne. Ein gleiches Gesuch an die Regierung von Obwalden d. d. 17.^ August ist von dieser am 20. August 1863 in gleichem Siuue abgewieseu worden. Hingegen wurde ihm die Frist für

Bezahlung der Geldbusse bis 15. September verlängert.

7. Mit Eingabe an den Bundesrath vom 29. September hat Hr. Fürsprecher ^lüeler in Staus Rameus des Hrn. Riederberger die Aushebung der erwähnten ^trassentenz vom 17. Jnn^ 1863 nachgesucht und zur Begründung vorgetragen : Die sragliche Sentenz sei von einer Strafbehorde von .^bwaldeu über einen Bürger Ridwaldens gefällt worden, ohn.. dass die Behorden des leztern Kantons veranlasst worden wären, darüber s.ch auszusprechen, ob sie die Bestrasuug ihres Bürgers übernehmen, odex dieselbe der Behorde von Obwalden überlassen wolle.

Dieses Verfahren widerspreche dem Buudesgesez über Auslieserung von Verbrechern und Augeschuldigten ^vom 24. Juli 1852. Hiernach und gemäss der bundesreehtlichen Brar^is stehe den Heimats- und WohnsizBehörden des Angeschuldigten (hier also jenen von Ridwalden) das

Vorrecht, beziehuugsweise das Wahlrecht, sür Ausübuug der Strafjustiz ^u. Es sei gleichgültig, dass uicht eine Beschwerde der Regierung von

Ridwalden vorliege, denn das Gesez wolle auch den einzelnen Bürger gegen strafrechtliche Verfolgung durch inkompetente Behorden schüfen.

^bwalden habe aber gegenüber Ridwalden nichts gethan, als dass es die erste Vorladung zum Verhore am 4. Mai durch die Kanzlei Ridwalden ihm habe zustellen lassen. Die ^rage, ob das erwähnte Bundes.^ ^esez auch aus den vorliegendem Fall Anwendung finde, sei Angesichts von Art. 4 der Bundesverfassung und des allgemeinen Wortlautes von Lemma 2 des Art. 1 jenes Bu..desgesezes zu bejaheu. Entlieh konne von einer Anerkennung ^der Kompetenz keine Rede sein, da er fortwährend seine Rechte verwahrt habe.

Eventuell verstosse das fragliche Urtheil gegen den Grnndsaz der Rechtsgleichheit. Der Vorwurs des Missbrauches im Holzsehlage zu eigenem Gebrauche konne wohl nur auf dasjenige Holz bezogen werden, das er für. seine Wafser- und Hochbauten in Ridwalden verwendet habe. Das Gesez von ....^bwalden gegen schädlichen Holzschlag von.

668 26. April 1857 stelle aber sür den Obwaldnerbürger keine Bedingung^ auf, dass er das Holz zu eigenem Gebrauehe zeichnen lassen und daß es ausgewachsen sein müsse. Run dürse er nicht anders behandelt werden, wenn schon er Obwaldnerholz für seine Bauten in Ridwalden verwendet habe. Dispositi... 2 der fraglichen Sentenz sei speziell auch darum ungültig, weil er für den eigenen Gebrauch die Bewilligung und Anzeichnung des Gemeinsames von Obwalden nachsuchen soll, während der Obwaldnerbürger von einer ähnlichen Beschränkung gedieh befreit sei.

Endlieh stellt Rekurrent das Gesuch, dass, falls der Entscheid für ihn ungünstig aussallen sollte, ihm noch eine angemessene Appellations-

frist bewilligt werden möchte.

8. Die Regierung von Ol.walden hat diese Beschwerde den 25. Rovember 1863 mit dem Antrage auf Abweisung beantw ortet und zur Begründung im Wesentlichen bemerkt : Das Bnndesgesez vom 24. Juli 1852 finde hier darum keine Anwendung, weil es sich aus V e r b r e c h e r beziehe, während Rekurrent sich nur eines Bolizeivergehens schuldig gemacht habe. Jenes Bundesgesez und die. in demselben dem Heimatkanton des Augeklagten eingeräumten Rechte fiuden nur bei den in jenem speziell genannten Verbrechen ihre Anwendung und nur dann, wenn die Auslieferung^ in Frage komme. Da dem Reknrrenten die Vorladung zum Verhore, sowie auch das Strasurtheil durch die Standeskanzlei Ridwalden mitgetheilt worden, so haben sogar die vom Reknrrenten verlaugten Formalitäten Anwendung gesunden, obschon sie keineswegs als verbindlieh anerkannt werden.

Ferner sei von einer ungleichen Behandluug des Rekurrenten keine Rede. Wenn seinem Vorgeben, als habe er das zu viel geschlagene Holz zu eigenem Gebrauche in Ridwalden verwenden wollen, nicht Glauben geschenkt worden sei, so liege der Grund, abgesehen von seiner frühern Bestrafung, darin, dass er für seine Behauptung nicht den mindesten Beweis erbracht habe, vielmehr die Vermuthung gegen ihn spreche, da er Holzhändler sei und von dem eigenen Verbrauche niemals Erwähnung gethan habe, bis zum Verhore.

Endlich habe Rekurrent durch sein Versahren es selbst verschuldet, dass er im Holzschlagen beschränkt worden sei. Dieses Versahren sei durchaus dem Geseze gemäss, wodurch das Schlagen von Holz zu eigenem Gebrauehe nur in der R e g e l frei stehe. Eine Ausnahme von der Regel sei hier durch das gleiche Gesez gerechtfertigt.

Endlich sei unrichtig, dass Rekurrent . mit dem achtfachen Betrage

der gesezlichen Strase belegt worden sei, weil in den Fr. 400 nicht

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669

bloss die^Busse,^ sondern ^.h bedeutende .Untersuchungskosten begriffen ^und well.im ..geseze. besonders wichtige .F^lle. vorgesehen .seien.

^ ^ Hinsichtlich... des ^ dem Rekurrenten übrigens wohlbekannten Appellationsvetsahrens^wird bemerkt, dass die Frist erst vom Tage der Mittheilung des Urtheils ^u lausen beginne, .dass somit Rekurrent seine ^ Eingabe.. vom ^6. Juli gerade am 10. Tage gemacht habe und dass

indess lettere. .kein Recht für die. Appellation begründen konne.

J n Erwägung:

..1^Reknrreut stellten erster .^iuie die Behauptung auf, es hätte znr

^. ^ Aburtheilung der ihm zur .Last gelegten .Bolizeiübertretung gemäß dem Bundesgesez über die Auslieferung. von .Verbrechern vom 24. Juli 1852 verfahren werden sollen,

2) das bezeichnete Bundesgesez findet indess^ wie in den Artikeln 1 und 2 ausdrüklu.h hervorgehoben wird, nur für die Auslieserung . in fällen von bestimmt bezeichneten Verbrechen Anwendung , so-

mit ist ^ie Berusnng ans dasselbe im Spezialfalle unpassend ;

3) mit etwas mehr Grund hätte das Konkordat wegen gegenseitiger Stellung der ^ehlbaren in ^ol^eisällen vom 7. Juni 1810, bestätigt den ..). Juli 18l 8, angerufen werden können, wonach sich die .^onkor.^atskantoue, zu deueu Uuterwalden^gehort, bei allgemein anerkannten Bolizeivergehen^ zur Stellung der Schuldigen, auf sormliche Requisition hin, verpflichtet^ haben ; ..

4) indess nothigt ^dieses Konkordat ^keinen Kanton, die Auslieferung ^u verlangen, wenn er solches nicht sür passend erachtet, sondern v e r p s l i c h t e t nur die Kantone, ans ^Verlangen hin die Auslieferung zu g e w ä h r e n ; ^ 5) unter solchen Umständen war die Regierung von Obwalden vollig befugt, ein auf ihrem Territorium verübtes Volizeivergehen zu ahuden ,

6^ Rekurreut beklagt sich ^ann weiter bezüglich des Jnhaltes der ^trafsentenz dahin, dass er au^h wegen Hol^schlages zu eigenem Gebrauche verurtheilt und dabei anders als die ^bwaldner^ürger behandelt wordeu sei, beziehungsweise in Zutnnst weiter anders behandelt werden wolle ;

7) diese Besehwerde stellt sieh iudess ebenfalls als unrichtig heraus, da auch der Obwaldnerbürger da, wo ofseutli.^he Jnteressen in ^rage kommen, an solchem Hol^lage gehindert werden kann, wobei es alsdann nicht ^aehe der Bnndesbehorden ist, darüber ^u entscheiden, ob im ^pezialsalle solche Verbote sich rechtfertigen ^ .^^, endlich sällt das Verlangen des Rekurrenten , es mochte ihm die Frist zur Appellation erstrekt werden, nicht in ^ie Kompetenz der.

^.

...^ndesblat... ^ahrg.XXI^. Bd.II.

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670 Bundesbehorden, sondern mag bei kompetenter Stelle in ^b.v...l^ den angebracht werden .^

.

1.

.

b e s ..h l o s s e n :

Es sei die Besehwerde als unbegründet abgewiesen.

2. ^ei dieser Beschluss der Regierung von Obwalten und dem Rekurrenten mittheilen, beiden unter Rül^endnug der Akten.

Also beschlossen, B e r n , den 2. Dezember 1863..

Jm Ramen des sehweiz. Bundesrathes,

Der B u n d e s p r ä s i d e n t : konstant .^ornerod.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft .

S^.

b. ^und^rat^beichln^ ^m 5. ^.ai 1.^.

Der schweizerische Bundesrath

hat in Aachen des Herrn Joseph Anton R i e d e r b e r g e r , Holzhändler, von Staus, betreffend Rechtsverweigerung, gestüzt aus die im Bundesrathsbesehlnsse vom .... ^^...ber 1863 erorterten faktischen Verhältnisse, und da sieh ferner ergeben .

1) Ra.hdem der Bundesrath mit dem erwähnten Besehlusse vom 2. Dezember 1863 die Beschwerde des Rekurrenten gegen das Straf^ urtheil der Regierung des Kantons Unterwalden O./W. vom 17. Juni 1863 als unbegründet abgewiesen hatte , stellte er mit Schreiben vom 8. Januar 1864 an den Landrath des genannten Kantons unter BeZeichnung verschiedener Bunkte . die nicht genügend erortert seien , das Gesuch,^ es sei das ^.lrtheil vom 17. Juni 1863 anzuheben und auf seine Kosten eine neue unparteiische Untersuchung des .^hatbeftandes anzuordnen. .Dieses Begehren liess er durch seinen Worlsührer noeh . dahin erweitern, dass ihm wenigstens ein neuer Termin bewilligt werden

671 .^nochte zur Appellation an das Kantonsgeri.ht. Der .Landrath beschloß jedoch am 9. Januar 1864, ans dieses Gesuch nicht einzutreten, weil es nicht in seiner Kompetenz liege, Strasurtheile aufzuheben oder Fatal^termine^ anzusehen.

Riedexberger erneuerte später sein Gesuch und wurde abermals abgewiesen. Dann deponirte er zur Sicherung der allfällig doch zu zahlenden Busse und Kosten aus der Kanzlei Ridwalden den Betrag von Fr. 500 und veranlasste auch eine Verwendung in obigem Sinne von Seite der Regierung des Kantons Ridwalden.

Die Regierung von .^bwalden antwortete hieraus am 23. März..

l 864, sie habe mit Rüksicht ans diese Empsehlung und dann auch in

Anbetracht der obwaltenden^ exzeptionellen Verhältnisse dem Betenten die seiner Zeit nachgesuchte Appellation an das Kantonsgericht gestattet und die Verhandlung auf den 7. April nächsten angesezt. Gleichzeitig machte die Regierung von Obwalden zuhanden des Riederberger daraus aufmerksam, dass sofern ein Bestrafter ein Urtheil vor das Kantonsgerieht appellare, vor dieser Jnstanz Anklage und Verteidigung stattfinde, und dass es dem ersteru nach Art. 71 der Verfassung sreistehe, ein be-

liebiges Mitglied des Landrathes als Vertheidiger zu wählen. Ein Fürsprecher hingegen, der nicht Mitglied des Landrathes sei, wäre nicht zulässig.

..

2) Diese Angelegenheit gelaugte nnn am 7. April 1864 vor die Appellationsinstanz. Das Urtheil derselben lautet dahin .

,,Das Ka..tonsgeri..ht des Kautons Unterwalden ob dem Wald, ,,nach a..gehorter Anklage und Verteidigung, Einsieht und Brüsung der

,,Untersuchungsakten und des erstinstanzlichen Urtheils, ^,in Erwägung .

^1) dass es nicht ^in der Aufgabe des Kantonsgerichtes liegt, einen ,,vom Appellanten Riederberger verlangten neuen Untersuch an Ort und ,,Stelle anzuordnen , sondern dass es vielmehr aus die von der Unter,,suchungsbehorde geschlossen erklärten und ihm vorgelegten Akten nur ,,uber das ^..trasmass ^u urtheilen hat , sosern eine Rükweisung der .,erstern (Akten) nicht nothig scheint , welch^ lezteres im vorliegenden ,,Brozesse nieht der Fall ist, ,,2) dass Herr Joses Anton Riederberger ihm durch den h. Land,,rath am t 2. April 1862 mit der ertheilten Holzschlagbewilliguug ver,,bundene Bedingungen vielseitig nicht beachtet, beziehungsweise nicht er-

,^füllt hat , ^,3) dass derselbe namentlich auch ein bedeutendes .Quantum Holz ,,ohne Bewilligung geschlagen, über dessen eigenen Gebrauch er sich nicht ,,ausgewieseu hat , zumal die von ihm vorgebrachte Behauptung : ..er .,.,habe einen Theil des zu viel geschlagenen Holzes als Flossrahmen,

672 ,,,,mithin zu eigenem gebrauche verwendet^, - nicht als ein Rechtser^ ^tigungsgrnnd angesehen werden kann, indem unter ^eigenem Gebrauche^ ..nur perstanden wird , was Einer in gewohnlichen Verhältnissen und ,,nicht zu einem Gewerbe gebraucht .

^ ,,4^ dass er auch ihm ausgetragene Rachpflanzungen nicht bloss ..innert der ihm angewiesenen Frist nicht besorgt , sondern bis hente ,,noch nicht vollzogen hat, ....ovon ihm keineswegs ein Brivatgntachten Deines Forsters, sondern einzig die zuständige Vehorde liberiren konnte, ,,was nicht geschehen ist ; ,,5^ dass durch eine solche Handlungsweise die Unterpsandsrechte.

..der betreffenden Hypotheken geschwächt werden .

.,6) dass in diesem Brozesse der Wichtigkeit der Sache wegen der

,,in Art. 8 des Gesezes über schädlichen Holzschlag vorgesehene Fall

,,einer ansserordentl^.hen Straferhohung eintritt, ,,besunden .

,.die Appellation sei nicht begründet und daher ,,zu Reeht gesprochen .

,,I. Herr Josef Anton Riederberger ist mit Einschluss der all..

,,seitigen l.lntersnchungs- und Kommissional^ Kosten in eine Geldbusse ^von Fr. 400 versällt, in Zeit nächster 3 Monate zu entrichten , gegen,.salls er 6 Monate Gefangenschastsstrafe auszuhalten hätte.

.,Die am 20. März 1860 wegen unberechtigtem Holzschlag über "ihn verhängte Geldstrafe von ^r. 40 habe er in Monatsfrist zu beWahlen.

..II. Da Riederberger das Land Wiederwell nun verkaust , je,,doch darin laut Kansakt vom 28. August t862 noch gewisse Wald^ ^parzellen vorbehalten, so hat er sich länglich derselben der bestehenden ,,Holzsehlagverordnuug zu unterziehen.

^1l.. Die ihui durch Beschlnss des .Laudrathes vou. 12. April ,,1862 überbnndenen Verpflichtungen zum Raehpflanzen von ,,Waldung soll er von heute an innert Jahressrist erfüllen.^ 3) Mit

junger

einer amtlich beglaubigten Erl.läruug ^vom 6. April 1866

bezeugt Herr Jgu. Omlin, in tarnen, Mitglied des Laudrathes, dass

Jos. Ant. Rie.^erberger ganz freiwillig ihn zn seinem Fürsprecher zur Verhaudlung vor dem Kantonsgericht ernannt habe, und dass ihm die sämmtlichen zum Strafprozesse gehörigen Akten vou der Kanzlei xeeht^ zeitig mitgetheilt und von Riederberger selbst auch eiugesehen worden seien. Herr Omlin fügt serner bei , er wisse siel. nieht zu erinnern, dass Riederberger vor Gericht bittlich uud dringend das Wort zur Vertheidigung verlangt oder um Gehor nachgesucht habe ; er .-- Hr. Omlin --- habe denselben ganz so verteidigt , wie er es selbst gewünscht

673 ^und. Riederberger habe ihm auch nach beendigtem Vortrage erklärt. dass er zufrieden sei.

4) Am 16. April 1864 machte die Standeskanzlei von Obwalden an die Standeskanzlei von Ridwalden zuhanden des Riederberger schrift-

liche Mittheilung des Urtheils vom 7. April, da es ihm nur mündlich

eroffnet worden sei. Zugleich stellte iene das Gesuch . dass die depo-

nirten Fr. 500 nicht aushingegeben werden mochten , bis das Urtheil seine Vollziehung erhalten habe.

D.. Riederberger während der durch das Urtheil ihm gewährten ^ Frist von 3 Monaten die Busse nicht bezahlte, so wurde er im Juli 1864. bei seiner zufälligen Anwesenheit in Obwalden arretirt und in^s Gesängniss gesezt.

Die Regierung von Ridwalden sah sich. hiedurch veranlasst , mit

Sehreiben an die Regierung von Obn.^alden d. d. 19. Juli 1864 ihr

Erstaunen auszudrüken über dieses Versahren und die Freilassung Riederbergers zu besürworten, indem die .Kaution von ^r. 500 - wie gewünscht --- stets noch deponirt sei, und dem Riederberger als Familienvater und Ehef eines ausgebreiteten Geschäftes durch die Beraubung der Freiheit grosser Schaden verursacht werde.

Die Regierung von Oswalden antwortete derjenigen walden unterm 20. Juli 1864:

von Rid.^

Da Riederberger die Geldbusse während der 3 Monate nicht eutrichtet habe , so sei die eventuelle ^trase (6 Monate Gesangenschast) zur Vollziehung gekommen. Er habe sich also nicht zu beklagen , zumal er schon wiederholt mit aussergewohnlieher Rachsicht behandelt worden. So sei ihm durch das ^traserkenutniss vom 17. Jnni 1863 eine Appellationssrist von 10 Tagen eingeräumt worden, während das Reglement eine solche von nur 24 Stunden vorschreibe. Und als er jene Frist unbenuzt habe verstreichen lassen, dagegen an den Bundesrath rekurrirt habe, aber von diesem abgewiesen worden, sei ihm auf Empfehlung der Regierung von Ridwalden die Appellation vor das Kautonsgericht ganz ausnahmsweise wieder erossnet worden. Rachdem auch das Kan..onsgericht eine neue Untersuchung nicht nothig gesunden, so sei es

in der Pflicht der Regierung gelegen, das Urtheil des obersten Gerichtes

zur Vollziehung zu bringen. Mit Rüksicht aus die wiederholte Empsehlung der Regierung von Ridwalden werde dem Riederberger noch eine Zeitsrist von acht Tagen eingeräumt , um die Bussen nebst Kosten zu bezahlen , ansonst ein neuer Strasprozess gegen ihn eingeleitet würde wegen Beschimpfung der Landesregierung und wegen Gefährdung eines Menschenlebens durch .fahrlässiges und verbotenes ,,Holzreisten^ in Engelberg.

674 Unterm 22. Juli 1864 unterzeichnete Riederberger eine Erklärung,^ worin er freiwillig anerkannte, dass die sämmtlichen in Obwalden über ihn verhängten Bussen und Kosten aus den bei der Kanzlei von Ridwalden deponirten und von seiner Frau an die Kanzlei von Obwalden gesandten Geldern bezahlt werden , woraus er aus der Gefangensehast entlassen wurde.

5) Joseph Anton Riederberger richtete nun unterm 1^. Oktober 1864 eine Betition an den dreifachen Rath des Kantons Unterhalten ob dem Wald , morin er - nachdem alle Rechtsmittel erschopst seien und nachdem die Hoffnung aus eine Revision des Brozesses und auf eine neue Untersuchung gescheitert sei - das Gesuch stellte, es mochten ihm die Bussen nachsichtsvoll und gnädig gesehenst werden , nnd da-

gegen die Versicherung gab , dass er den in Dispositiv 11 und 111 des kantonsgerichtlichen Urtheils ihm auserlegten Bflichten nachkommen werde.

Der dxeisaehe Rath von Obwalden besehloss jedoch am 18. April I865, es konue auf dieses Gesuch nicht eingetreten werden.

Riederberger beruhigte sich aber nicht, sondern gelangte noch ein-.

mal an die Regierung von Oswalden, indem er unterm 12. Juni 1865

das Gesuch stellte, es mochte die Einleitung eines Desensivprozesses ge-

stattet, d. h. ihm Gelegenheit gegeben werden, seine Entlastungszeugen vor^usühreu, da er im Falle sei, den Beweis seiner Unschnld und der Wahrheit seiner Angaben zu leisten, und somit nachzuweisen, dass die Motive, aus welche das Urtheil vom l 7. Juui 1863 sich stüze, unrichtig seien. Die Regierung von Obwalden legte dieses Gesuch einfach ad acta.

6) Run richtete Herr Fürsprecher Dr. Franz Schmid in Alldorf mens des Jos. Ant. Riederberger unterm 14. Februar 1866 eine sehwerde an den Bundesrath wegen Rechtsverweigernng von ^eite Behorden des Kantons Unterwalden ob den. Wald , und stellte Gesuch, der Bundesrath mochte beschliessen .

1. Es sei die Regierung von ^bwalden gehalten, d'em Betenten verlangten Desensivprozess zu gestatten.

Ra^ Beder das den

2. Sei zu diesem B...hufe ..uf Kosten des U.^...cht habenden Theils ein unparteiischer Untersuch au Ort und Stelle anzuordnen, welcher die dem Betenten znr Last gelegten Klagpunkte genau sestzustellen habe.

3. Sei ^ diese Uutersuchungskommission von dem Bundesrathe selbst zu wählen.

4. Habe Rekurrent für Untersnchungs- und alle weiteru Kosten eine bestimmte Kaution bei der ...^tandesl.anzl.^ ^u hinterlegen.

Jn dieser Beschwerdeschrist wird behauptet, Riederberger habe die Schlagbewilligung nicht um die Hälfte überschritten , wie das ^tras-

675 ..^urtheil annehme , und ein allsäll.ger Verstoss gegen das Gutachten der Forstmänner konnte nur den An^eiehnern des Holzes zur Last gelegt werden. Ueber den eigenen Gebrau^ vermoge er sich auszuweisen . in dieser Richtung werde es steh fragen , ob dem Ridwaldner ein gleiches Recht zustehe , wie dem einheimischen Engelberger. Das gesezlich zulässige Strasmass sei überschritten , da die gesezlich vorgesehene hochste Strase achtfach ausgesprochen worden sei. Jm Weitern produite Rekurreut eine grosse Zahl von Zeugnissen , um die faktischen Voraussezungen der fraglichen Strasurtheile zn widerlegen , beziehungsweise

darzuthun , dass die Kapitalablosuug und die Anpflanzung des WaldBodens vollkommen erfüllt seien.

7) Die Regierung des Kantous Unterwalden O./W. liess steh in ihrer Antwort vom ^ 4 . April 1866 dahin vernehmen:

Der Wortlaut des Vetitums beweise , dass es sich eigentlich um die Aushebung beziehungsweise Modifikation eines Strasuri.heiles handle.

Run sei aber das Strasrecht ein Hoheitsrecht , das gegenwärtig ausschliesslieh den Kantonen zugewiesen sei. Die Bundesbehorden konnen sich daher mit der ^rage nicht befassen , ob in concreto richtig genr^ fheilt worden^ sei. Jhre Einmischung sei nur in dem Falle gedenkbar, wenn die Kantonsverfassung oder die bundesmässige Gleichstellung der Bürger anderer Kantone mit den eigenen Bürg.ern verlezt wäre^ Dies sei aber im vorliegenden Falle nicht geschehen und weder behauptet noch nachgewiesen worden ; überhaupt habe Rekurreut keinen Versassungs- oder Gesezes-Artikel bezeichnen konuen, der verlebt worden wäre.

Dem begehren um nochmalige Untersuchung des Thatbestandes habe darum nicht entsprochen werden konnen , weil nach der Kantonsversassung dem Landrathe die Kompetenz nicht zustehe, in irgend welcher Weise in Erkenntnisse sich einzumischen , die der Regierungsrath als S t r a f b e h o r d e erlassen habe. Eine Revision seiner Urtheile stehe nur der Appellationsinstanz zu , welche ^aber hier nach Brüsung aller

Verhältnisse das erstinstanzliehe Urtheil bestätigt habe. Das in diesem

Brozesse beobachtete Versahren entspreche ganz den ...lrt. 63 und 71 der Kantousversassung. Es sei unrichtig, dass die Busse eiuen achtsach hohern

Betrag erreiche, als das gesezliche Maximum betrage. Allerdings spreche

Art. 8 des Gesezes zur Verhütung von s.hädl.ichem ^ol^sehlag von einer in d e r R e g e l zu verhängenden Geldstrafe von Fr. 5 bis 50, füge aber bei : ,,Jn besonders wichtigen Fällen findet eine Erhohung naeh ...Umständen statt.^ Dass im vorliegenden ^alle eine A u s n a h m e von der Regel vorliege, davon würde sieh der Bnudesrath sogleich über^ Beugen, weun er, was aber nicht in seiner Aufgabe liege, das fragliche

Strasurlheil materiell prüfen wollte. Die gleiche Gesezesbestimmung

habe übrigens aueh schon gegen Kantonsaugehorige Anwendung gesunden.

Dem Begehren des Rekurrenten sei somit keine weitere ^olge zu geben.

676 8) Auf spezielles ^erlangen liess das eidgenössische Justiz- nnd^ Volizeide.oartement die Autwort der Regierung von Obwalden dem Rekurrenten noch ^ur Einsicht mittheilen , woraus die Standeskanzlei von .....idwalden mit Schreiben vom 26. ^.lprii a. c. noch einige Gegenbemerkungen desselben vom 20. gl. Mts. mittheilte , aus denen noch ^folgende Säze enthoben werden :

Allerdings sei die Aushebung des Strafurtheils die Absicht des Rekurrenten ^ er habe die Ueberzengung, dass durch den verlangten Untersuch seine Unschuld im vollsten Umfange zu Tage gefordert werde.

Trozdem werden die versassnngsmässigen Rechte und Kompetenzen des Kantons Obwalden nicht bestritten ^ es werde dieses Forum als das gesezmässige anerkannt. Aber auch ln Obwalden müssen die vom natürlichen und positiven Rechte gebotenen Formen beobachtet werden. Rnn

müsse doch einem Angeschuldigten vor Allem die Möglichkeit gewährt

werden , die beweise sür seine Unschuld zu sammeln und vorzulegen.

Dies sei der Zwek des verlangten Desensivprozesses. Jn der Verweigeruug desselben liege eine Verkümmerung des Rechtes. Eine solche Verkümmerung zu heben sei allerdings Ausgabe der Bundesbehorden.

E s f ä l l t in B e t x acht : 1) Da die Verwaltung der Strasiustiz Sache der Kantone ist, so

steht den Bnndesbehorden keine Berechtigung zu , sieh in diessällige

Prozesse sormell oder materiell einzumischen , woraus folgt , dass der Bundesrath weder im Falle ist, näher zu prüfen, ob die Verachtsaehung

des Maximums der als Regel angedrohten Geldbusse im Spezialfalle gerechtfertigt gewesen sei , noch Augenschein anzuordnen , eine Untersuchungskommission zu wählen , die Stellung von Kautionen vorzusehreiben oder über die endliche Kostenzutheilung ..^orsehristen zu erlassen.

2) Der Bundesrath hat im ^iune des Art. 48 der Bnndesverfassung einzig und allein zu prüsen, ob der in Obwalden sür die dortigen Bürger zulässige Rechtsgang dem Reknrrenten nieht verweigert oder verkürzt werde ^

3) Jn dieser Beziehung gewähren die Akten nicht ganz die gewünschte Klarheit ,

indem die Regierung

von Obwalden

zwei

ver-

sehiedene Dinge , die allerdings dortseits mit dem gleichen Ramen bezeiehnet werden , verwechselt zu haben scheint. Rekurrent will nämlich ^augenscheinlich unter dem Titel eines Desensivprozesses eine Revision

des kantonsgerichtlieheü Urtheiles vom 7. April 1864 anstreben aus

Grund einer neu anzuhebenden Untersuchung. Diesem Begehren lässt sich nun nicht entgegenhalten , es habe das Kantonsgerieht schon als Revisionsbehorde entschieden , da dessen Entscheid in That und Wahr-

.heit im A p p e l l a t i o n s - und nicht im Revisionswege, d. h. aus

677 ..^.

..^ Grundlage der nämlichen Akten , wie der erstinstanzliche Entscheid erfolgte.

4) Die Frage stellt sich daher einfach dahin : Jst im Kanton Obwalden die Anfechtung eines Strafurtheiles der o b e r st e n Jnstanz moglieh, wenn in der ^olge ein Unsehuldsbeweis geführt, resp. dessen Führung anerboten wird ^ Da sast alle Länder in mehr oder weniger beschränkter Form eine solche. Revision moglieh machen , indem ja sonst ein Jrrthum oder eine Täuschung des Richters gar nicht wieder gut gemacht werden konnte, so muss der Bundesrath vermutheu, dass auch im Kauton Obwalden eiue solche Revision von a b g e u r t h e i l t e n Vrozessen uicht absolut unzulässig sei.

.^) Dieses vorausgeht kanu dem Rekurrenten der A e e e ss zur Revision ni.^t verweigert , mit andern Worten , es dars ein Revision^ gesuch des Riederberger nicht ohne Weiteres ad acta, gelegt werden, sondern es muss vom Kautonsgerieht, au welches sieh Rekurrent zu wenden hat. eine Brüsung stai.tfiuden , ob die neu anerboteuen Beweise erheblieh wären , sosern sie erbracht werden konnten. Würde das Kantonsgerieht diese Beweise unerheblich finden, so wäre Rekurrent einfach abzuweisen. Würden die Beweise dagegen als erheblich gesunden, so wäre alsdann die Untersuchung nach Seiten der neu behaupteten T h a t s ach e n weiter zu sühren , und am Sehlusse derselben ^u entscheiden, ob nuumehr das frühere Urtheil ausgehoben und ein anderes im ordeutlichen Jnstanzenzuge an dessen Stelle gesezt werden solle. Diese beiden Entseheiduugen wären jedoch immerhin ^.ache der Kantonsbehorden, ohne dass ein weiterer Rekurs an die Buudesbehorden zulässig wäre , b e s ch l o s s e n : 1. Es sei der Rekurs in dem Sinne als begründet erklärt, dass das Kantonsgericht von Ob....alden für den ^al.l, als nach dortigen Ge..

sezen oder Uebungen Revision gerichtlicher Strafurtheile ^..lässig ist, dem Rekurrenteu ebenfalls ^utritt zu solcher Revision zu gestatten hat, wogegen der materielle Entscheid über die Erheblichkeit und Begründetheit des Revisionsgesuches einzig in die Kompetenz der betretenden Ge-

. richtsbehorden einschlägt ; im Uebrigen sei aus den Rekurs nicht weiter einzutreten.

2. .^ei dieser Beschluss der Regierung des Kantons Unterwalden ob dem Wald sur sieh und ^uhanden des dortigen Kantonsgerichtes und dem Rekurrenten unter Rüksendung der Ulkten mitzutheilen.

^llso beschlossen, B e r n , den 5. Mai 1.^6.

Jm Ramen des schweizerischen Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t .

^. M. Knusel.

,

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

^ie^.

^78

e. Bund^r.^.^ln^ ^om 11. S.^m^r 1..^.

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h

hat in Sachen des Joseph Anton R i ed erb e r g e r von Stans, Kts.

Unterhalten n. d. W., betretend Reehtsverweigerung .

aus Grundlage der in den bundesräthlichen Rekursentscheiden vom

2. Dezember 1863 und 5. Mai ..866 enthaltenen faktischen Verhältnisse, und da sich ferner ergeben :

L Der lezte Beschluss des Bundesrathes in dieser Angelegenheit vom 5. Mai 1866 ging dahin : ,,Es sei der Rekurs ^in dem Sinne als begründet erklärt, dass das ,,Kantonsgericht von Obwalden für den Fall, als nach dortigen Ge,,sezen oder Uebnngen Revision gerichtlicher ^trasnrtheile zulässig ist, ,,dem Rekurrenten ebenfalls Zutritt zu solcher Revision zu gestatten hat, ,,wogegen der materielle Entscheid über die Erheblichkeit und Be-

,,gründetheit des Revisionsgesuches einzig in die Kompetenz der be-

^treffenden Gerichtsbehörden einsehlägt, ,,kurs nicht weitem einzutreten.^

im Uebrig.^n sei aus den Re-

11. Jn Folge dessen gab Joseph Anton Riederberger am 19. Jnni 1 8 6 6 ^ dem Kantousgeriehte von Obwaldeu ein Revisionsgesnch ein, woraus dasselbe am 26. gl. Mts. in die Sache eintrat und eine Kommission zur Vornahme eiues Untersuches au^Ort und Stelle und an der Hand der Akten auf Unrecht habende Kosten niederste.

Anfangs Juli 1866 sand dieser Augenschein ....irklich statt, und zwar in Anwesenheit des Herrn alt Regierungsrath W i e d l i n , unter Beizng der seiner Zeit mit Anzeichuung des Holzes^ betraut gewesenen gemeiuderäthliehen .Commissione sowie in Gegenwart des Reku.^renten und seines Anwaltes.

Raeh weiterm Stndiuu^ der Akten und nach Abhorung verschiedener Zeugen sehritt das Kantonsgericht von Obwalden am 31. Jannar 1867 zum Urtheil. Laut den Erwägungen dieses Urtheils konstatirte das Gericht, .^r. Riederberger ha^e einerseits die ^rist des bewilligten Holzschlages nicht inne gehalten und andererseits den Umsang der

679 .^ Holzschlagbewilli^ung überschritten, indem die Einrede, dass der Sturm das ^u viel geschlagene Holz umgeworfen, nicht stichhaltig sei, da durch Beugen erwiesen worden, dass damals kein Sturm eingetreten sei.

Jm Uebrigen ^ählte das Urtheil mehrere Buukte aus, in denen die neue Untersuchuu^ entschuldigende Ansklarung gebracht habe, und raison^ nirte in den Erwägungen 10 und 11 wie folgt:.

10) Es gehe aus den Erwägungen 1 bis .... hervor, dass auel,. die.

neue, eben so umfassende als unbesaugene Untersuchung, in welche dem Beklagten stets Einsicht gestattet worden sei, .^..chgewiesen habe, es habe derselbe durch die Art und Weise, wie er im Wiederwell Hol^ geschlagen, in mehrsaeher Beziehung das Gesez vom 26. April 1857 verlebt , und ^var in einem Umsauge, dass hier bezüglich der Summe der auszufällenden Strase die Ausnahme vou der in Art. 8 des bezeichneten Ge^ sezes aufgestellten Regel Anweuduug finden müsse ; 11) dass aubelangend die im Jahre t 860 vom Regiernngsrath über Riederberger ausgefällte Strafe vou Fr. 40, der Fall desshalb uieht einer Revision uuterworseu worden sei, weil dieser . Straf^ fall versassuugsgemäss nieht an das Kantonsgericht habe gezogen werden konueu.

Das Gericht erkannte sodann bei Eiden :

1. Es sei die unterm 7. April 1864 über Joseph Anton ..^iederberger von Sl.ans ausgefällt^ Strase von ^r.

ans ^r. 180 reduzirt.

.lI. Bezüglich der vom Regierungsrathe den 20. Mär^ über Joseph Antou Riederberger ausgefäl.lteu Strafe Fr. 40 habe es im Sinne der Erwägung 11 sein

bleiben.

Die Kosten wurden zur Halste dem Rekurrenten znr Halste dem Fiskus Obwalden auferlegt.

^ 11L Rameus des Hrn. Riederberger reknrrirte Hr.

Schmid in Altdors mit Eingabe vom 5. Oktober 1867 au den Bundesrath.

400 1860 von Verund

Dr. ^ran^ neuerdings

Er anerkannte zwar, dass der Wald besichtigt und dem Beschuldigten zum Theil Gelegenheit gegeben worden sei, sich zu erklären ; dagegen seien die berusenen Zeugen uieht aus dem ^..aze, soudern später vom Kautonalverhoramt eiuvernommen worden. Der Auge-

schuldigte habe sreilieh zur Vervollständigung des bei jenem Anlass An-

gebrachten noch einige ausklärende Bemerkungen der Uutersuehungsbehorde eiugereieht , uud während der eingetretenen Verzogerungen wiederholt neue Schreiben eingereicht uud das Beehren gestellt, dass, wofern nach der Ansicht der Prüfungskommission noeh ein Mal^el ans

680 ihm, dem Rekurrenten, lasten sollte, ihm davon Mittheilung gemacht und die Möglichkeit geboten werden mochte, sich darüber des Weitern vernehmen zu lassen. Es sei ihm jedoch nicht entsprochen und auch nicht Gelegenheit gegeben worden, um seine Rechtsmittel im ganzen Umfange geltend zu machen. So sei ihut^ wohl perstattet worden, Zeugen^ zu benennen , nicht aber auch die ihm nöthig scheinenden Fragen an dieselben zu stellen. Ueberdies seien deren ..Aussagen durchweg geh..i^ gehalten worden. Sodann erscheine es als eine Anomalie,

dass ein Mitglied der Regierung, gegen die der Rekurs gerichtet gewesen, das^lmt eines Verhörrichters bekleidet habe. Es liege hierin eine Richtbeachtung des Art. 63 der Obwal^ner Verfassung.

Rachdem Rekurrent am 22. Januar 1867 die Anzeige erhalten,

dass das .^.antonsgerieht am 31. gl. M..s. zur Aburtheilnng dieses Falles schreiten werde, habe er nochmals das Gesuch gestellt, dass ihm

doch ^a Gelegenheit gegeben werden mochte, über allfällige^ Zweifel

eine wahrheitsgetreue Rechtfertigung einzureichen. Es sei daher befremdend, dass diese Rechtfertigung nicht zugelassen und dann doch ein Theil des frühern Urtheils vom 17. Juni 1863 bestätigt worden sei.

Hiegegen müsse um so mehr neue Beschwerde erhoben werden, als Rekurrent sieh nicht überzeugen konne, dass die Obwaldenschen Gerichtsbehorden dem Sinn und Geist des Bnndesrathsbeschlusses vom 5. Mai

1866 nachgelebt haben.

Eine Revision habe nach allgemeinen Rechtsbegrifsen die. Wirkung, dass der ganze Prozess von vorn zn beginnen habe, neue Erhebungen sollen gemacht und neue Belege sollen gesammelt werden . es handle sich nicht um eine Vervollständigung, sondern um eine neue Anlage der ...ll.ten. Riederberger hätte daher vor Allem aus neu verhört, und es hätte ihm gestattet werden sollen, au die Zeugen Fragen zu stellen, oder doch solche Fragen einzureichen, sowie aueh andere Beweismittel ^u bezeichnen, wenn der richtige Sachverhalt aus den ersten Verhören nicht zur Genüge aufgehellt worden wäre. Auch hätte bei den Besonderheiten des Falles ein ausserordentlicher Verhörriehter bestellt werden

sollen. Es habe sür ihn stets ein undurchdringliches Dunkel gewaltet,

was ihm zu O^ren gekommen, sei nur aus dem Wege des Gerüchtes geschehen. Da er aber wiederholt angeboten habe, über alle noch unklaren Bunkte volle Ausklärung zu geben, so sei es unerklärlich, wie das Kantonsgerieht in Erwägung 10 die Behauptung habe ausstellen können, dass eine eben so umsassende als unbefangene Untersuchung statt.gesunden habe, in welche dem Beklagten stets Einsicht gestattet worden sei. Wenn dieses der Fall gewesen wäre, so hätte man zu dem gleichen Urtheil kommen müssen, wie Herr Regierungsrath Wittlisbaeh in Aarau, gewesener Oberforster. der s. Z. das erste Gutachten über den Bestand der Widerwell-Waldnng abgegeben und gesunden habe, dass, wosern

^8.

.^ein Verschulden mitnnterlausen sei, dieses nicht ihm, Riederberger, aus^gebürdet werden konnte, sondern gan... andere Personen dafür vexantwortlieh gemacht werden müssten.

Es ergebe stch somit, dass die vom ^antonsgerichte ausgesprochene Revision nicht ^nr Geltung ^habe kommen konnen, weil die Untersuchung mangelhaft geführt worden sei, gegen allgemein geltende formen verstossen habe und ihm, dem Angeschuldigten, das rechtliche Gehor verweigert worden sei. Gestüzt aus den ^uudesrathsbesehluss vom 5. Mai 1866 und gestüzt ans ^e dnrch Bundes- und .^antonsversassnng jedem ^ehweizerbürger gewährleisteten Rechte, stelle er nun das Gesneh, der Bundesrath moehle ihm die Möglichkeit sichern, den Beweis der totalen

.Sehuldlosigkeit beibringen zu konnen.

1V. Jn einer durch die Regierung von Ridwaldeu unterm 13. Januar 1868 eingesandten nachträglichen Besehwerdesehrist d. d. 25. November 1867 brachte Hr. I)r. S c h m i d Samens des Jos. Ant. Riederberger .^wei neue Verhältnisse zur Sprache.

a. Riederberger habe uämlieh im Mai 1860 von einem gewissen

Hürschler in Engelberg etwas Windbrnchhol^ gekaust. ^as Beschädigen

eiuer indess sofort zufrieden gestellten Bersou habe Anlass ^um Untersuch gegeben und ^ur Bestrasuug Riederbergers geführt, obsehon er bloss die

Weisungen des Verkäufers befolgt habe. Am 21. Dezember 1860 habe sodanu der Gemeiuderath von Eugelberg ihn, den Riederl.erger, ohne dass er Gelegeuheit erhalten hätte, si..h vertheidigeu zu konuen, iu eine Bus^e von ^r. 12. 40 verfällt, die mau ^rei Mal eingefordert und aueh wirklich d.^rch ^e.valt drei Mal eiugetriebe.. habe, uaehdem iuzwischen das frühere gemeinderäthliehe Urtheil aus unbekannten Gründen in ein bussengeriehtliches umgewaudelt worden sei.

b. ferner habe am 7. April und 14. September 1859 Martin A m st u ^ die Verpsliehtuug übernommen, zwei .^.eheunen zu erstellen und die im Widerwellhause nothigen Reparatureu auszusühren. Als Schaffner und Verwalter habe er seineu ^ehwager Riederberger bestellt, der den nothigen Hol^schlag angeordnet, die Banten hergestellt und überdies einen ziemlich bedeutenden Hol^ankaus gemacht, das Abhol^ hingegen, ^irka 11 ^tükehen, im Werth von höchstens Fr. 13 zu Handen genommen und ^eu bezüglichen Betrag seinem Schwager vergütet habe.

Dieses Faktums wegen sei dann ui..ht etwa Amstu^, sondern Riederberger vorgernsen und um ^r. 40 bestrast worden. Es .vürde aber ein leichtes ge.vesen sein, gemäss Gese^ und Brax^is von .^.bwalden dar^uthun, dass das, was Amstul.. durch Riederberger habe thun lassen, durchaus erlaubt sei. Desshalb habe man sich nicht an Amstul^, den Bürger von ^.bwalden, sondern an den Rid.valdner gehalten ^ der habe herhalten müssen, obsehon er nur ans berechtigten Besehl von Amstutz gehandelt habe.

682 ^ Jm Uebrigen verbreitete steh Hr. Dr. Schmid noch über den bis iezt in Frage gelegenen ^ritten Fall, produrrle mehrere Aktenstüke und anerbot abermals den Beweis der^ gänzlichen Unschuld Riederbergers, wenn ihm nur ein Mal Gelegenheit gegeben werde, sich mündlich und umständlich horen zu lassen. Hiesür ruse er den Schnz des Bnndes..^ rathes an.

V. Es folgten dann noch mehrere Zuschristen an den Bundesratl^, theils von Seite der Familie Riederbergers mit der dringenden Bnte, es mochte eine neue ll..tersnchung durch den Bundesrath angeordnet werden, theils von Hrn. Dr. ^.ehmid mit dem Gesuch um

Mittheilung der Antwort von Obwalden behuss einer Replik, und theils ^endlich pon Riederberger selbst.

Die weitläufige Eingabe des intern ist datirt vom 25. .^lpril 1868 und tritt ebenfalls aus die in ^alt. lV erwähnten zwei neuen Fälle ein. Riederberger behauptet, überall in seinem Rechte zur Vertheidigung verkürzt und namentlich nie verhort worden zu sein.

Die Untersuchungen seien mangelhaft und einseitig geführt worden, und man habe seine Bemühungen, die Wahrheit anfznl^lären, nieht beachtet.

Jm Falle Hürschler hätte nur von ^chadenersaz die Rede sein tonnen, den er iezt noch anerbiete. Eine Bestrafung sei unstatthaft gewesen, weil der von .hm benuzte Weg erweislieh von Jedermann benuzt werde. J.. der über ihn verhängten Bestrafung liege somit eine ungleiche Behandlung.

Auch im Falle Amstutz sei er ^n^er^ , und zwar nachteiliger be.^ handelt worden als ein Obwaldner Bürger, denn es sei zu erweisen, dass selbst die Behorden von Obwalden das .^lbholz und die Abschnitte von Reubauten verkaust haben ; so sei es gehalten worden bei den Bauten des ^antonsspitals, des Waisenhauses, des Kollegiums in Sarnen, des Sehulhauses in Kerns und der Kiosterscheune in Grafenort.

Was den dritten ^all betrifft, so wiederholte Hr. Riederberger

die gleichen Ausstellungen bezüglich des gegen ihn beobachteten Ver-

sahrens, wie sie in den Eingaben des .^rn. Dr. Schmid aufgezählt sind, und wünschte neue Untersuchung, namentlich Abhorung des Hrn.

Schaffner H e s s , mit dem er nothigensalls konsroutirt zu werden verlange. Jm Uebrigen behaupte er auch hier, dass die ...^halleate von Engelberg im gleichen ^alle nicht bestraft werden und noeh nie bestrast worden seien.

VL Die Regierung von Obwalden veranlasste das Kantonsgericht zur Beantwortung der Besehwerden des Rekurrenten und sandte diese Antwort mit Schreiben vom 30. .^lpril l 868 an den Bundesrath, indem sie bezüglich des fast gleichzeitig eingekommenen Memorials von Riederberger selbst .^Fakt. V) bemerkte, dass ste sich nicht veranlaßt

683 ^gesehen habe, weiter aus dasselbe einzutreten, zumal es theils auf Unwahrheiten, theils auf Entstellung beruhe und auch der Hauptsache nach bereit... beantwortet sei.

Weiter als aus das Urtheil des Kantonsgerichtes vom 31. Januar

1867 gehe die Regierung in keinem ^alle zurü^ ste halte vielmehr an dem bnndesreehtliehen Grundsaze sest , Souveränetät der Kantone gehöre.

dass

da.^

^trasrecht

in

die

V1L Jn seiner vom 24. April 1868 dat.rten Antwort bemerkte das Kantonsgerieht von Obwalden .

^ Obschon seit dem Bestehen der Verfassung von 1850 bis 1866 niemals die Revision eines Strasurtheiles ausgesprochen worden sei, und obsehou auch weder die Verfassung noch ein Gesez dieses Rechtsmittel vorsehe l^trasurtheile seien nur ans dem Wege der Gnade durch den dreifachen Landrath gemildert worden, ein Weg, den auch der Rekurrent^ aber erfolglos betreten habe), obschon also nach dem Wortlaute des Bundesrathsbeschlnss^ vom 5. Mai 1...^ die Revision des Urtheils gegen Riederberger hätte verweigert werden können, so habe das Gericht dennoch am 26. Juni 1866 eine nochmalige Lokalbesichtigung angeordnet und dann am 9. August gl. J. diese Revision bewilligt. Es habe sodann eine neue Untersuchung stattgesunden ; die Einvernahme neuer Zeugen, die der Beklagte angerufeu habe, sei vorgenommen und der ganze Vrozess sei von einer aus fünf Mitgliedern bestehenden Gerichtskommission genau und mogliehst unbefangen geprüft worden. Sodann haben die Anträge dieser Kommission mit sämmtlichen altern und neuern Ulkten unter allen Mitgliedern ^ixknlirt , und erst dann sei das neue (modifizirende) Urtheil gefolgt. Das gan^e Versahren sei umsichtig und durchaus unparteiisch geweseu.

Der Einwurs wegen Beschränkung in der Verteidigung vor den Gerichtsschranken ^erde durch die Verfassung widerlegt , wonach die Vertheidigung vor dem Kantonsgerich.. als Strasbehorde nur dureh ein Mitglied des Landrathes geführt werden dürfe. Es habe also der persouliche Vorstand des .^.errn Dr. Schmid nicht gestattet werden können,.

dagegen sei ihm eine schristliche Verteidigung srei gestellt worden.

Diese habe um so mehr genügt , als die Regierung weder schristlieh noeh ^mündlich dureh den ossentlichen Ankläger sich habe vertreten lassen, sondern lediglich aus die Akten abgestellt habe. Dem Hrn. Dr. ..Schmid sei die mundliche Vertheidiguug gestattet worden , wo es nur immer

möglieh gewesen .^ so namentlich bei der Lokalbesichtigung im Wider-

welt.valde, und .^rr Dr. Schmid habe ausdrüklieh erklärt, dass er mit dem damaligen Versahren einverstanden sei.

Was die Zeugen betreffe, so gehe ans dem Beri.hte der Gerichtskommission hervor, dass die von Riederberger zur Lokalbesichtigung her^einbrachten Zeugen wirklieh verhort worden seien. Sie seien jedoch

6.^4 nur über einen einzigen der zahlreichen .^lagepnnkte angerüsen worden,.^ der dann .aber ini Revisionsurtheile nicht mehr in maßgebende Berük-^

sichtigung gesallen^ei.

^.

.^. .

Allerdings sei dem Riederberger nicht gestattet worden . selbst die Fragen an die Zeugen z... stellen , ^a in ....... bwalde n we.^er das ^reuzverhör . noch das öffentliche Verfahren (abgesehen von Anklage und Verteidigung) bestehe. Dagegen seien alle von Riederberger angeruseuen Zeugen und über alle von ihm bezeichneten Bnnkte verhort worden.

Es sei unrichtig , dass die Verhöre für den Rekurreuten ein Geheimniss geblieben seien , vielmehr seien sie ihm in Abschrift mitgetheilt worden. Diese Begünstigung habe er jedoch nur dazu bennzt , um einen unstatthaften Drnk aus die Zeugen auszuüben.

Endlich falle auch der Ei..wnrf , dass die Verhore durch ein Mitvon 1850 als unbegründet dahin. Diese schreibe nämlich vor, dass die

glied der Regierung ausgenommen worden , gegenüber der Verfassung Verhore mit Jnhastirten vom Verhornter , alle Jnsormationsverhore dagegen vom regierenden Landammann aufgenommen werden sollen.

Von dieser Vorsehrist habe nicht abgegangen werden können , denn es habe sich um ein gerichtliches Urtheil gehandelt, nicht um einen Regiexungsentscheid. wie Rekurrent andeute.

Das Urtheil vom 3l . Jannar 1867 verstosse in keiner Beziehung mit der Versass...ng von Obwalden , es sei namentlich unrichtig , dass der Rekurrent ungünstiger behandelt worden sei als ein .^antonshürger.

Vielmehr seien ihm mehrfach Begünstigung und Rachsicht zu Theil ge-

worden. Der materielle Entscheid aber stehe nur den kantonalen Be^ horden zu, wie der Bundesrath bereits anerkannt habe.

Was endlieh von. Rekurrenten bezüglich einer Strafe von 40 Fr.

gesagt werde (^akt. 1V. b.) , beziehe .ich aus ein Urlheil , das srüher vom Regierungsrathe in seiner Eigeuschast als ..^trasbehorde ausgesällt worden sei. Es werde aber aus die Erörterungen des Rekurrenten darum nicht eingetreten, weil dieses Urtheil der geringen Summe wegen

versassnngsgemäss nicht appellabel gewesen sei und auch die bewilligte

Revision uicht aus dasselbe sich bezogen habe.

Das Kantonsgerieht von Obwalden schloss mit dem Antrage, dass Rekurrent , im Hinblik aus die Bundesversassung, wonach das ^trafrecht Sache der Kantone sei, abgewiesen werden möchte.

V11L Jn der dem Rekurrenten gestatteten Replik (d. d. 22. Mai 1868) erorterte Hr. Dr^ Schmid abermals die Unzulänglichkeit des von den ^.bwaldner Behorden beobachteten Verfahrens und beklagte sieh besonders über die Heimlichkeit , die fortwährend, auch im Rekursverfahren noch, hinsichtlich der Ergebnisse der Untersuchung walte, während

^

685

nicht das Mehr oder Weniger der Strafe, sondern, dass überhaupt eine .^Strafe ausgesprochen worden, in Frage liege. Der Rekurrent behaupte, unschuldig ^u sein , und daher müsse ihm Gerechtigkeit werden, indem man ihm den materiellen Jnhalt der Akten vorlege , um sich dagegen vertheidigen zu konnen. Diese Gerechtigkeit koune er nur noch vom Bundesrathe hoffen, den er bitte, in das Wefen der Sache selbst einzutreten. Zu diesem Ende lege er das von ihm selbst gesammelte Aktenmaterial vor.

Das.. dem Riederberger nicht gestattet worden sei, seine Vertheidigung durch einen Advokaten mündlich führen zu lassen , habe unverkennbar Rachtheil.e sür ihn gehabt ; jenes Versahren gestalte sich somit ^u einer Verkümmerung des Rechtes der Verteidigung.

Ueber die. Thätigkeit und das Versahren der Gerichtskommission

.

anläßlich der in Gegenwart des Rekurrenten und seines Advokaten vorgenommenen Lokalbesichtigung walte allerdings weniger Grund zu einer Beschwerde als darüber, dass später ganz im Stillen ein neuer, nicht offizieller Augenschein stattgefunden habe , in der unverkennbaren Absieht , die dem Rekurrenten günstigen Resultate der ersten , amtlichen, Beaugenscheinigung zu schwächen.

.

Was die Zeugen betreffe, so glaube Rekurrent als koustatirt hexausheben zu konnen , dass nicht alle Zeugen einvernommen und daß die einvernommenen auch nicht über alle Vunkte abgehort worden seien..

Jn einem Strafprozesse seien Anklage und Verteidigung gleichbereehtigt ; man hätte also die lettere auch vollkommen horen sollen. .

.l..^.

Der Regierung von Ewalden wurde no..h die Möglichkeit

^u einer Duplik gegeben , sie erklärte jedoch in ihrer bezüglichen Eingabe vom 10. Jnli l 868^, dass sie zu einlasslichen .Erörterungen sich nicht weiter veranlasst sehe, sondern aus die Begründung des rekurrirten Urtheil.s und aus die Rekursantwort de.s Kantonsgerichtes sich beziehe.

Rur verwahre sie sieh davor , dass dem vom Rekurrenten einseitig zusammengestellten Aktenmaterial irgend welches Gewicht beigelegt werden dürse. Das ganze Verfahren habe uaeh den Gesezen und Uebungen des Kantons Ewalden stattgefunden, und der Vorwurs, dass die Vertheidigung beeinträchtigt worden, sei durchaus unbegründet.

J n Er w ä g u n g : 1) Der Bundesrath hat in seinem Entscheide vom 5. Mai 1866 bereits dahin sich^ ausgesprochen , dass die Verwaltung der Strasjustiz Sache der Kantone sei und daher die Bundesbehorden keine Berechtiguug haben , sieh in diessällige Brozesse sormell oder materiell einzumisehen. Wenn aber im Kanton Obwalden, fügte er im Weitern bei.

eine Revision von abgeurtheilten ^traspro^en nicht absolut unzulä^ig sei, so dürse ein Revistonsgesueh des Riederberger nicht einfach ad act^

Bundes...Ia..... ^ahrg. XXI^. Bd.II.

49

^6 Belegt werden, sondern es müsse vom Kantonsgericht eine Brüfung stattfinden, ob die neu anerbotenen Beweise erheblich wären, sosern sie er-^ bracht werden könnten. Würde das Kantonsgerieht diese Beweise unerheblieh finden , so würde Rekurrent einfach abzuweisen sein. Würde..

dagegen die Beweise erheblich gefunden , so wäre alsdann die Untersuchung nach Seiten der neu behaupteten Thatsaehen weiter zu führen und am Schlusse derselben zu entscheiden, ob nunmehr das frühere Urtheil aufgehoben und ein anderes im ordentlichen Jnstanzenzuge an dessen Stelle gesezt werden solle. Diese beiden Entscheidungen wären jedoch immerhin Sache der Kantonsbehörden , ohne dass ein weiterer Rekurs an die Bundesbehörden zulässig wäre.

2) Obwohl im Kanton Obwalden das Rechtsmittel der Revision eines Strasurtheils weder gefezlich noch in der Bra^is bekannt ist, da vorkommenden Falles der Landrath aus dem Wege der Gnade Strafurtheiie mildert, so hat doch das Kantonsgerieht, den Andeutungen des Bundesrathes entsprechend, die Revision bewilligt. Rachdem die Untersuehung vollendet war, trat das Gericht in eine neue Beurtheilung ein und reduzirte die früher ausgesprochene Strafe von Fr. 400 aus Fr. 180.

3). Rekurrent behauptet aber, dass wenn die Untersuchung gehörig geführt worden wäre , eine Freisprechung hätte ersolgen müssen. Zu diesem Ende zitirt er verschiedene Unregelmässigkeiten, die bei den Untersuchungs- und Gerichts-Verhandlnngen vorgekommen. Aus Allem er-

gibt sich allerdings , dass der Brozessgang in Obwalden nicht allen

Anforderungen einer ausgebildeten Brozess- und Gerichtsordnung entspricht, dass aber das ganze Verfahren den Gesezen und Uebungen des Landes gemäss stattgefunden hat, und dass Rekurrent nicht anders oder unbilliger behandelt wurde, als Jedermann in gleicher Lage behandelt worden wäre.

4) Wenn Reknrrent gar noch aus ältere Verurteilungen ^urükkommt , von denen in allen frühern Beschwerden keine Rede war , so liegt sür den Bundesrath aueh nicht die mindeste Veranlassung vor, auf dieselben irgendwie einzutreten. - Der Bundesrath hat in seinem Entscheide vom 5. Mai 1866 überhaupt den bun^esrechtliehen Standpunkt in Strassaehen so bestimmt und klar gezeichnet , dass wenn auch der Rekurrent persönlich im Glauben stehen mag , er könne bei dem Bundesrathe ein solches Einsehreiten erzwingen , welches am Ende zu einer gänzlichen Freisprechung sühren müsse , doch d^m Anwalt des ^.iederberger die Unrichtigkeit einer solchen Anschauung kaum entgangen sein kann ; b e schl o s s e n : 1.

Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

2. Es sei dieser Besehluss der Regierung des Standes Obwalden

6^7 für sich und zuhanden des dortigen .^antonsgerichtes , sowie dem Hrn.

^.Di.. Franz Schmid in Altdorf, als Anwalt des Rekurrenten Jos. Ant.

.^iederberger in Staus, unter Rüksendung der Akten mittheilen.

Also beschlossen, Bern, den 11. September 1868.

Jm .^amen des schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : .

l ) r .

.

^ .

D u b s .

.^

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

S^.

^t ^ t r .t g.

^it Eingabe an den Bundesrath vom 9. April 1872 kam Joseph Anton R i e d e r b e r g e r aus diese. Angelegenheit zurük, indem ex darüber sieh beschwerte, dass er in Folge des durch obigen Besehluss vom 5. Mai 1866 veranlagten Revisionsverfahrens nicht eine vollständige Freisprechung habe erlangen konnen , weil das Beweisverfahren beschränkt worden sei. Der Bundesrath lehnte jedoch mit Beschluß vom 15. April

1872 das weitere Eintreten auf die^ Angelegenheit ab, da die gleiche

Beschwerde schon im Jahr 1868 erhoben und mit Besehluss vom 11.

September gl. J. abgewiesen worden sei. Jn Folge dessen xekurrirte.

nun Riederbexger an die Bundesversammlung.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesrathsbeschlüsse in Sachen des Rekurses des Hrn. Joseph Anton Niederberger, von Stans, betreffend Rechtsverweigerung. (Vom 2. Dezember 1863.) ( Vom 5. Mai 1866.) (Vom 11. September 1868.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1872

Année Anno Band

2

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29

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.06.1872

Date Data Seite

664-687

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