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Bericht der

ständeräthlichen kommission über den Rekurs des Hans .Heinrich Bansen von Hamburg.

(Vom 10. Juli 1872.)

Herr Fürsprech Low reknrrirt im Ramen des Hrn. Hans Heinrich Jansen gegen zwei Entscheide des Bundesrathes d. d. 29. Dezember

1871 und 10. Juni 1872.

Die thatsächlichen Verhältnisse, welche diesen Entscheiden zu Grunde liegen, sind in Kürze solgende:

Durch notarialischen Akt vom 14. Juli 1866 eonstituirte sieh in Basel eine Aktiengesellschaft für Errichtung und Betrieb einer Papierfabrik im Sehlofse zu Botmingen, Kantons Baselland. Bei diesem Unternehmen betheiligten sich der iu Basel wohnende Maler Amberger aus Solingen, Königreich Preussen, mit 12 Aktien zu je 1000 Fr., und ein Freund desselben , Ramens Beutesührer, vermittelst der pon

Amberger geliehenen Fr. 10,l)00 ebenfalls mit 10 Aktien, welche jener

diesem als Kaution hinterste. Das Gesellst rentirte nicht und wurde desshalb bereits 1867 an den mit Ambergex damals befreundeten Hrn.

Jansen, Grosshändler, Bürger und wohnhast zu Hamburg, um die Summe von Fr. 100,000 verkaust. Jansen versprach dem Amberger den Rennwerth seiner Aktien zu bezahlen und ihm auch seiner die Fr. 5000 zu perguten, m.t welchen er die 1l) Aktien pon Beuteführer eingelöst hatte. Unterm 8. Februar 1868 erhielt sodann Jansen die nachgesuchte .Niederlassung sur die Gemeinde Bottm.ngen ohne irgend

133 eine Beschränkung oder Bedingung. Er betrieb die Fabrikation von Vapierstoff , hatte in Bottmingen seine Angestellten und war mitunter auch persönlich dort anwesend. Auf Einladung des Hrn. Jansen fiedelte Amberger sür kurze Zeit selbst nach Bottmingen in die Wohnung von Hrn. Jansen über und liess in letzterer verschiedene Baureparaturen .um die Summe von Fr. 3,080. 45 Rp. aussühren.

Gegen Ende des Jahres 1868 stellte sodann Amberger über seine Forderungen Hrn. Jansen folgende Rechnung:

1. Bezüglich der Aktien nach Abzug von erhaltenen Fr. 5000 mit Zins bis 15. Jannar 1869 Fr. 13,627. 05 Rp.

2. Für die gehabten Bauauslagen mit Zins bis 1. Januar 1869

Fr. 3107. 59 Rp.

Da Jansen. die Bezahlung verweigerte, so zitirte ihn Amberger vor den Friedensrichter in Binningen , vor welkem indessen keine Verständigung zu Stande kam. Jn Folge dessen wurden die Klagen für beide Forderungsposten gesondert vor dem Bezirksgerichte Arles..

heim anhangig gemacht.

Hier wurde nun von dem .Vertreter Jausens gegen beide Klagen die Einrede der Jukompetenz erhoben. Diese Einrede wurde vom Bezirksgerichte Arlesheim und von. Obergeriehte verworsen, woraus die beiden Vrozesse znr materiellen Verhandlung gelangten.

Mit Urtheil des Bezirksgerichts von Arlesheim d. d. 24. Mai 1870 wurde Jansen verurtheilt , an den Kläger Alnberger Fr. 3080

nebst 5% Zins seit 1. August 1869 zu bezahlen, waches Urtheil vom Obergerichte unterm 25. Rovember 1870 bestätigt w...rde.

Betreffend die grossere Forderung wurde Jansen unterm 28. Juli

1870 vom gleichen Bezirksgerichte zur Bezahlung von Fr. 13,627 nebst 5 % Zins seit l 5. Januar 1869 an Amberger verurteilt. Jn Folge Richtbeachtung prozessualischer Vorsehristen erklärte das Obergericht die

eingelegte Appellation unterm 28. Oetober 1870 als verwirkt und es war somit das erstinstanzl.iehe Urtheil in Rechtskrast erwachsen.

Rachdem aus solche Weise Amberger seine beiden Forderungen ge...ichtlieh aufrecht gestellt hatte, handelte es sich bei ih..i um den Bezug derselben. Da inzwischen das Fabrikgebäude abgebrannt war und Hr.

Jansen seine Niederlassung im Kanton Baselland aufgegeben hatte, so erwirkte Amberger vom Gerichtspräsidenten von Arlesheim einen .Arrest aus das dem Reknrrenten gehörende Schlossgut Bottmingen. Letzterer bestritt diesen Arrest, allein er wurde sowohl vom Bezirksgerichte Arlesheim, als unterm 3. Dezember 1869 vom Übergewichte mit seiner Klage abgewiesen. Mit diesem Arreste wollte Amb.xger verhindern, dass Jansen vor Bezahlung seiner Anforderung nicht seine im Kanton

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134 Baselland liegenden Vermogensobjekte fortziehen konne , ohne f.ch ein..

eigentliches Unterpfand zn sichern.

D.. in Baselland Urtheile, welche auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme lauten, auf dem Wege gerichtlicher Schuidbetreibung voll^ogen werden, so erwirkte der von Amberger bevollmächtigte Hr. Für-

spreeh Schwarz eine Betreibungsbewilligung beim Gerichtsschreiber in

Arlesheim, in welchem Gerichtskreise das Schlossgut Bottmingen liegt.

und Jansen seine Riederlassungsbewilligung erworben hatte. Auf Ansuchen des Gerichtsschreibers, welcher vorsehriftsgemäss auch sür Anlegung der ausgestellten Betreibungsbewilligungen zu sorgen hat, ersuchte das

basellandschaftliche Obergericht das Obergeri.ht in Hamburg um Anlegung der Betreibung, allein legeres verweigerte dieselbe. Hierauf wurde der Gerichts.veibel. in Arlesheim beauftragt, die Betreibungs-

.Bewilligung dem Gemeindepräsidenten von Bottmingen zuzustellen. Dieser sandte solche per Vost nach Hamburg, allein Reknrrent verweigerte, wie er in seinem Rekurse selbst zngiebt, die Annahme des Briefes. Gemäß obergerichtlicher Weisung, welche sich der Gerichtsschreiber von Arlesheim erbeten hatte, wurde die Betreibung nochmal an das hamburgische Gericht gesandt mit dem Verdenten, wenn es die Vermittlung und Jansen die Annahme derselben nochmal verweigere, dass sodann Jansen al.^ unbekannt abwesend angesehen werde und hinsichtlich der SchuldBetreibung nach Massgabe der Art. 61 und 281 der Brozessordnung^ verfahren werde. Die Anlegung und Annahme ^ wurde wieder perweigert und es erliess in Folge dessen der Gerichtsschreiber die offentliehe

Mittheilung im Amtsblatt. Der Anwalt des Hr. Jansen bestritt die

Betreibuug. Hieraus kam es zn gerichtlicher Verhandlung, welche ebenfalls im Amtsblatte ausgeschrieben wurde und zu welcher aneh ein Delegierter des Anwalts von Jansen erschien. Der Gerichtspräsident von Arlesheim bestätigte die von Amberger erwirkte Betreibungsbewil.ligung. Gegen diesen Entscheid wurde vom Vertreter Jansens an das ^...bergericht reknrrir.., welches indessen, nachdem der Bundesrath

früher Sistirnng des richterlichen Urtheils versügt hatte, bis nach seinem

über den ersten Rekurs gefassten Besehlnsse vom 2..). Dezember

1871,

unterm 2. ^ebrnar 1872 die Verfügung de.s Gerichtspräsidenten von Arlesheim bestätigte.

Dieses die^thatsächlichen Verhältnisse in porwürfigex Fra^e.

Jn zwei verschiedenen Rekursen beschwerte sich nun Hr. Fürspreeh .Low gegen das Vorgehen der basellandschastliehen Behorden beim ^Buudesrathe.

135 Jn seiner Eingabe vom 17. .November 1871 bestritt er schon aus dem formellen Grunde, dass Hr. Jansen nicht rechtzeitig - d. h. acht Tage vorher - zu der friedensgerichtlichen Verhandlung am ..). März 1869 vorgeladen sei, die Gültigkeit der gegen ihn ergangenen Urtheile.

Diese Nichtachtung einer gesetzlichen Vorschrift sei ..in Fehler, welcher das ^ganze spätere gerichtliche Versahren ungültig ma.he.

Sodann seien in der Materie selbst die Gerichte von B...selland nicht kompetent.

Es handle sich hier nm eine personlich. Anforderung des Amberger an den in Hamburg wohnenden, notorisch sollenden Hrn.

Jansen. Dadurch, dass derselbe ungeachtet einer verspäteten Vorladung vor dem Friedensrichter in Binningen erschienen sei, habe er die Zuständigkeit der basellandschastlichen Gerichte keineswegs anerkannt. Die kantonalen Geseze seien auch dem Ausländer gegenüber anzuwenden.

Run schreibe aber Art. 24 der Brozess-Ordnnng vor, dass persönliche Klagen in der Regel vor demjenigen Richter anzubringen seien, in dessen Bezirk der Angesprochene wohne, ferner bestimme Art. 8 der ... ersassun g, ,,dass Niemand seinem ordentlichen Richter sich entziehen oder demselben entzogen werden dürfe. ^ Unterm 29. Dezember 1871 wies der Bundesrath den Rekurrenten ab, indem er als Hauptmotiv geltend machte, dass die Gerichte des Kautons Basellau... weder Bestimmungeu der Bundesverfassung, noch eines Staatsvertrages verlezt haben, sobald dieses aber nicht der Fall sei, stehe dem Bundesrathe ni.ht zu, gleichsam in d^r Eigenschast eines Kassationshoses zu prüfen, ob kantonale Gese^esvors.hriften richtig angewendet worden seien. Art. 50 der Bundesverfassung, welcher bestimme, dass solvente Schulduer an ihrem Wohnorte für personliche Ansprayen belangt werden müssen, konne nur von Sch...ei^erbürgern angerufen werden. Uebxigens besitze ja Rekurrent zur Stunde noch eine Liegenschaft in Baselland, von welcher her auch die Anforderung des Amberger rühre.

Auf die weitere Beschwerde des Rekurreuten, betreffend das gegen Jansen eingeleitete Vollziehungsversahren, trat der Bundesrath damals nicht ein, indem diese Frage noch beim Obergerichte hängend war.

Nachdem dann aber

unterm 2. Februar l. J. lettere Behorde

das erftinstanzliehe Urlheil bestätigt und die Konkursbetreibung be-

willigt hatte, rekurrirte der Anwalt des Hrn. Jansen unterm 18. März neuerdings an den Bundesrath und machte zur Uuterstü.^uug seiner neuen Beschwerde vorzüglich geltend : Hr. Jansen habe seine Riederlassung in Baselland zurückgezogen, er wohne in .^amburg uud müsse sonach auch dort belangt werden. Art. 281 der B..ozess^rdnung gestatte das Ediktalversahren nur gegen unbekannt Abwesende. Das Geset^ enthalte keine Bestimmung, wie die abwesenden Schuldner von ,,bek a n n te m A u f e n t h a l t ^ belangt werden müssen, somit gelte solchen

136 gegenüber die für den Schweizer bestehende Vorschrift der Bundesverfassung.

Uebrigens habe das Obergericht in eigener Sache gehandelt, i.^dem es durch sein Urtheil pom 2. Februar seine früher dem Gerichtsschreiber in Arlesheim ertheilte Weisung bestätigt habe.

Der Bundesrath wies auch diesen Rekurs unterm 10. Juni ab, ...on dem Gesichtspunkte ausgehend , dass die Gexichtsbehorden von Baselland durch das angeordnete Vollziehnngsversahren weder Bundesporschriften noch Staatsverträge verlebt, noch gegen eine Verfassung..^

bestimmung sich verfehlt haben dadurch, dass sie die Edil.talladung im Amtsblatt publieirt, nachdem Re^rrent die Anlegung der Eitation auf einem andern Wege verunmöglicht habe. Wir verweisen übrigens auf

die Vorlage des Bundesrathes, in welcher die Gesichtspunkte, welch..

den beiden bundesräthlichen auseinander gefegt sind.

Entscheiden zu

Grunde liegen .

näher

Jhre Kommission beantragt .Jhnen , die beiden bundesräthlichen Entscheide vom 29. Dezember 18.^9 und 10. Jnni 1872 aufrecht zu erhalten und somit diesen Doppelrekurs abzuweisen. Zu den bereits in den Beschlüssen des Bundesrathes angegebenen Motiven, die sie hier nicht wiederholen will, hat sie nur Weniges beizusügen.

Es ist wohl ein von jedem Schweizer, der unsere Bundesinstitutionen und die Bestimmungen der Bundesverfassung anch nnr oberflä.hlich kennt, anerkannter Rechtssatz: dass das Eingreisen der Bundesbehorden in die kantonale Jnstiz einzig in dem Falle zulässig fei, wenn durch lettere die Bundesverfassung, Bundesgesetze, Konkordate, die Kantonsversassungen oder Verträge mit auswärtigen Staaten verletzt worden sind. Durch das im Kanton Baselland betreffend die Anforderung des in Basel niedergelassenen Malers Amberger an dem Grosshändler Heinrich Jansen beobachtete Versahren und die diessfalls ergangenen gerichtlichen Entscheide ist nun aber weder eine VerfassungsBestimmung noeh ein Staatsvertrag eingebrochen worden. Art. 50 der Bundesverfassung bestimmt nur das Forum, wo sollende schweizerische Schuldner mit festem Domizil i n n e r t dem G e b i e t e d e r EidG e n o s s e n s c h a f t für persönliche Ansprachen belangt werden müssen.

Der Rekurrent ist nun aber nicht bloss nicht ^ehwei^erbürger, sondern hat seine Niederlassung in Baselland schon lange sreiwillig zurückgezogen, ^r ist gebürtig von Hamburg und wohnt auch dort. Wir vermogen nun nicht einzusehen, wie ein Schweizerbürger - und diesem gleich ist wohl auch ein in einem schweizerischen Kantone gesetzlieh Niedergelassener .anzusehen und zu behandeln - angehalten werden konnte, mit Rücksieht aus Art. 50, einen Ausländer, der noch Vermogensobjek..e in der Schweiz hat, zumal gerade aus solehe die Ansorderung begründet und

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die -- gerichtlich festgestellt - somit nicht mehr konstatirbar ist, im Anslande zu belangen und zn gewärtigen, ob ex dort neuerdings seine Anforderung aufrecht zu stellen habe.

Wir finden aber auch keine Verlegung der Verfassung des Kantons Baselland in dem ..^ersahren gegen Hrn. Jansen. Rekurrent beruft

sich aus die Art. 4, 5, 8, 34, 45, 46 un.^ 48 der Verfassung.

Wir brauchen aber ...loss die eitirten Artikel zu lese^, um hiemit auch den Beweis zu leisten, dass sie auf den vorliegenden ^all nicht zutreffen.

Ernstlich kann wohl nur d i e Frage fein, ob hier Art. ^ Anwendung finde. Derselbe besagt : ,,Es darf sich ...Jemand seinem ordentlichen ,,Richter entziehen oder demselben entzogen werden. Die ^Ausstellung .,ausserordentlicher Gerichte für einzelne Fälle ist verboten.^ Dieser Artikel bietet allerdings sür die B e w o h n e r von B a s e l l a n d die gleiche Garantie, wie eine solche in allen übrigen Kantonsve..sassnngen sich vorfindet. Wie schon der Eingang der Versassnng sagt, ,,das souveräne Volk von Baselland gibt sieh folgende Versassung,^ wollte diese Garantie

gegen Ausstellung willkürlicher Spezialgeriehte gegeben werden. (Es

handelt sich im vorwürfigen Falle auch n.cht um ein Spezialgericht.)

Dass aber gestützt auf diese V e r s a s s u n g s b e st i m m ^ n g v o n B a s e l l and ein in Hamburg wohnender Ausländer vor den Gerichten Hamburgs sür eine in der Schweiz kontrahirte Schuld belangt werden müsse, selbst wenn er hier Vermögen hat, wird kanm im Ernste behauptet werden wollen.

Die Verlegung von Bundesgese.^en oder eidg. Konkordaten ist ab Seite des Rekurrenten nicht einmal behauptet worden. Ebenso wenig sind Bestimmungen eines ...^taatsvertrages ausser Acht gesellt worden aus dem einfachen Grunde, weil ^wischen der Schweiz und der freien

Stadt Hamburg kein solcher besteht. (Vergl. auch Erklärung des OberBerichts von Hamburg vom ..). Januar 1871.)

Wenn endlich Rekurrent noch behauptet, es seien von den Gerichten des Kantons Bafelland mehrere Bestimmungen der Brozessordnung missachtet worden, so muss vorab die Kommisston si^.h .^ahin anssprechen, dass nach ihrer Ansicht es nicht in der Aufgabe und Kompetenz weder des Bundesrathes. noch der Bundesversammlung lieg., zu untersuchen, ob von den Behorden eines Kantons in einem eonerei.en Falle die kantonalen Geseze richtig angewendet worden seien. Wären sie in jedem Einzelsalle hiezu befngt, so würden sie die Befugnisse eines Kassationsoder Appellationsl.^ofes sieh anmassen und als eine den kantonalen Behorden übergeordnete eidgenossisehe Jnstanz auftreteu, an welche Jeder sich wenden konnte, der in einem verlornen Brozesse oder in einer ihm ungünstigen Adminiftrationsverfügnng glaubte, es seien Gese^esbestimmungen ihm gegenüber unrichtig angewendet worden. Diese Befugnisse haben nun aber weder nach Sinn und Wortlaut der Bundesverfassung,

13^ noch nach vierundzwanzigjähriger Vra^is die Bundesbehorden nicht.

Die Ausübung der Eivil- und Strasjustiz gehort in die Kompetenz der in dieser Beziehung souveränen Kantone. Von dieser .Ansicht ausgehend, kann daher die Kommission unterlassen zu untersuchen, ob in dem gegenüber Hrn. Jansen von den basellandschastlichen Gerichten befolgten Verfahren Gesetzesbestimmungen ausser Acht gesellt oder unrichtig angewendet worden seien. Von all' den vielen behaupteten GesezesVerletzungen wären es übrigens nur zwei, welche, würde diese Brüsung in der .Ausgabe und Kompetenz der Bundesversammlung liegen, einer nähern Untersuchung bedürfen würden.

Jn seinem ersten Rekurse vom 17. Rovember 1871 behauptet der Anwalt des Hrn. Jansen, es sei das Eivilversahren gegen Leitern schon desshalb als ungesetzlich aufzuheben, weil er nicht 8 Tage pocher, sondern höchstens nur Einen Tag vor der friedensgerichtlichen ...^erhandlung vom 9. ^.ärz 1869 vorgeladen worden sei. Run ist aber aktenmassig erwiesen, dass Hr. Jansen p e r s o n l i c h vor dem Friedensrichter erschienen und dort keiue Einrede wegen verspäteter Vorladung erhoben hat.

Es behauptet übrigens der Beklagte, dass spätestens am 1. März die Vorladung Hrn. Jansen angelegt worden sei, und er berust sieh

diesssalls ans einen bei den Akten liegenden Bries des Friedensrichters von Binningen, den wir aber ni.ht finden konnten.

Jn seinem zweiten Rekurse vom 18. März 1872, welcher gegen das über Jansen eingeleitete Konkursverfahren gerichtet ist, behauptet sodann der Beschwerdeführer : Art. 281 der Brozessordnung gestatte die

Publikation der Betreibungsbewilligung im Amtsblatt nur in dem ^alle, wenn der Ausenthalt des Schuldners unbekannt sei. Run sei aber den Gerichten von Baselland zur Genüge bekannt ge.vesen, dass Hr.

Jansen in Hamburg wohne, wo man ja wiederholt die Zustellung der Betreibungsbewilligung versucht habe. Aus diese Beschwerde antwortet das .^bergerieht iu seiner Vernehmlassung, dass, nachdem Hr. Jansen die Betreibung weder in ehargirten Briefen habe annehmen, noch das Obergericht von Hamburg selber habe amtlich bestellen wollen, sur die basell..ndschastliche Behörde Hr. Jansen unbekannt abwesend gewesen, indem

ihr kein anderes Mittel der Zustellung mehr übrig geblieben sei.

Wir

unserseits vermöchten in diesem Versahren nicht nur keine Gesetzesübertretung, sondern nur die Anwendung einer Bestimmung ans einen im Gesetze zwar nicht ausdrücklich vorgesehenen, aber analogen Fall zu erblicken.

Mit dieser Auseinandersetzung könnten wir unsere Berichterstattung schliessen. Bevor wir dieses aber thun, möchten wir noch zum Schlösse die prinzipielle Frage berühren, ob ein Ausländer, zumal wenn derselbe nicht in der Schweiz niedergelassen ist, überhaupt zu seinen Gunsten die Bestimmungen der schweizerischen Bundesversassung anzurufen und

139 .gegen kantonale Behörden beschwerend aufzutreten berechtigt ist. Wir.

glauben, diese Frage grundsätzlich verneinen ^u müssen. Wie schon ^er Eingang der Bundesverfassung klar aussprieht, ist dieselbe ausschliesslieh für die Schweizer gegeben, sie gewährt ihnen Rechte und Garantien für ihre personliche Freiheit und ordnet den Organismus

als selbstständigen Staat, dessen Bürger sie sin... Sie legt ihnen

aber au.^ maunigsache Bfliehten aus, und beschränkt ihre ......hätigkeit vermittelst ausgestellter Vorschriften in verschiedener Richtung. Diese.

Verpflichtungen dem öffentlichen ...Gemeinwesen gegenüber bestehen sür ^den Ausländer nicht, ihm kann es vollständig gleichgültig sein, welche staatliche Organe und Geseze das ihm fremde La.id steh gebe, da er ja einem andern Staate angehort. Wenn er vorübergehend in diesem Lande wohnt oder dort Grundbesitz hat, so ist er allerdings den Gesetzen dieses .Landes unterworfen und kann den Schutz derselben für sieh in Anspruch nehmen. Aber er kann nieht verlangen, dass gewisse Begünstigungen, welche sür den Schweizer einzig bestehen und denen auch wieder Bflichten entsprechen, die er nicht ^u erfüllen hat, auch ihm ^u .....heil werden. Eine Ausnahme von dieser Regel, von diesem Grundsatze gibt es allerdings für diejenigen .^...lander, die einem Staate angehoren, mit welchem die Schweiz einen Staatsvertrag abgeschlossen hat, der die gleiche Behandlung der Angehörigen dieses Staates wie der eigenen in gewissen näher bezeichneten Materien festsetzt. Jm vorwürsigen Falle trifft nun aber diese Ausnahme nicht zu, indem Hr. Jansen, wie bemerkt, Bürger der freien ..^tadt Hamburg ist, mit welker die Schweiz keinen Staatsvertrag abgeschlossen hat.

Wir glauben daher, die Jntervention des Bundes konnte von Hrn.

Jansen gegen die Behorden von Baselland schon aus diesem Grunde nicht angerusen werden. Wir wiederholen übriges, dass wir nach genauer materieller Vrüsung der Akten nieht finden kannten, es seien ihm gegenüber Bestimmungen der Gesetze von Basella...... verletzt worden.

Aus den von uns dargelegten Gründen beantragt Jhnen, .^it., die Kommission einstimmig : es seien die beiden Rekurse des Hrn.

Jansen gegen die Entscheidungen des Bundesrathes vom 29. Dezember t871 un.^ 10. Juni 1872 als unbegründet abzuweisen.

B e r n , den 10. Juli 1872.

Ramens der Kommission des Ständeraths, Der Berichterstatter:

...t. ^er.nann.

.....ote.

Obiger ^nr..ag wurde am 11. .JuI. angenommen.

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Bericht der ständeräthlichen Kommission über den Rekurs des Hans Heinrich Jansen von Hamburg. (Vom 10. Juli 1872.)

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Jahr

1872

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3

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38

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.08.1872

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132-139

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