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Schweizerisches Bundesblatt

XXIV. Jahrgang. II.

Nr. 26.

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12. Juni 1872.

Bericht des

schweizerischen Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1871.

Geschäftskreis des Justiz und Polizeidepartements.

A. Gesezgebung, Vertrage ...c.

I. Gesezgebung.

1) Die einige gesezgeberische Vorlage bezog sich auf einen zweiten Nachtrag zu dem Bnndesgesez über die Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten. Dieser Nachtrag bezieht sich aus die Aufheb u n g d e s B e z u g e s d e r G e b ü h r e n in S t r a s s a c h e n . Nachdem

sämmtliche Kantone diesem Vorschlage priuzipiell ihre Zustimmung gegeben hatten, wurde derselbe zum Bundesgesez erhoben.

(Bundesblatt

1871, lll. 575.) Die bezügliche Mittheilung im legten Geschäftsbericht

hat nun in dieser Weise ihre Erledigung gesundeu.

2) Die beiden Eutwürse betreffend ein gemeinsames schweizerisches

O b t i g a t i o n e n r e c h t und betreffend die Schuldbetreibuug und d e n K o n k u r s wurden einstweilen keiuer weitern Berathung uuterzogen, weil das Resultat der. Bundesrevision zuerst abgewartet werden.

wollte.

Bundesblatt. Jahrg. XXIV. Bd. Il.

34

^466 ^ ll.

^rl,..ltnisse zu ..u.^m.rrt.^n .^..t^.n.

a. V e r t r ä g e und K o n v e n t i o n e n . .

3) Die Regierung von E n g l a n d machte die Anregung zum Absehlnss eines Vertrages mit derSchweiz, betreffend die A u s l i e f e r u n g von V e r b r e c h e r n und A n g e s c h u l d i g t e n . Da die neuere Gesezgebung dieses Staates einem solchen Vertrag einen etwas grossern praktischen Werth zu geben scheint, so sprach . der Bundesrath seine Geneigtheitaus, in bezügliche ^Unterhandlungen einzutreten. Jndess ist die Sache selbst noch nicht weiter gediehen, weil man zuerst den Absehlnss eines gleichen Vertrags zwischen England und dem deutsehen Reiche abwarten will.

4) Rachdem am 3. .Oktober 186..) zwischen J t a l i e n und W ü r t t e m b e r g ein Vertrag über gegenseitige Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten abgeschlossen worden war, gelangten die Regiernngen dieser beiden Staaten an den Bundesrath mit dem Gesuche um Gestaltung des T r a n s i t e s der g e g e n s e i t i g a u s z u l i e f e r n d e n Jn d i v i d u en.

Jn Folge der hierüber gepflogenen Korrespondenzen und unter Zn..

stimmung und Ermächtigung der Regierungen der beiden betheiligten Kantone St. Gallen und Graübünden wurde jenem Wunsche entsproehen, und zu.ar unter allseitiger Genehmigung einer Vereinbarung, welche

im Bundesblatt 1871, 1. 3..)1 abgedr.^t ist. ^ ^ . b. Spezialfälle.

5) Mit Rüksi.ht aus den Umstand, dass in der Schweiz viele Eng-

läuder sieh aufhalten, liess die e n g l i s c h e R e g i e r u n g d i e n e u e R a t u r a l i s a t i o u sa k t e von 1870 mittheilen, wodnreh verschiedene bezügliche Verhältnisse der in de..i vereinigten Konigreiehe ^ wohnenden Ausländer und der im Anslande wohnenden britischen Unterthanen iu..

Sinne einer sreiern Bewegung neu geordnet worden sind. Gleichzeitig wurde auch die revidirte Al^te über den Unterthaneneid n..itgelheilt. Um der Absicht der grossbritanisehen Regiernng zu genügen, wurden beide

Akte im Bundesblatt 187l, .l. 427 und 43.... in ebenso publizirt.

6) nachdem die srauzosische Regierung im August 1870, d. h. bald nach Beginn des Krieges mit Deutsehland, aus Gründen der ossen^iehen Ordnung sieh veranlagt gesehen hatte, die Vässe allgemein wieder einZuführen, erliess der Ehes der Vollziehungsgewalt Frankreichs an. 27.

April 1871 eine weitere Verfügung, ^vod..rch gegenüber allen ^luslän-

dern ohne Unterschied für die Ausstellung uu.^ für das Visum der ^ässe die im Tarif für die franzosischen Kanzleien vorgeschriebenen Tarnen wieder eingesührt wurden.

467 Jndem der franzosische Minister des Auswärtigen , Jules Favre, d.^ s.hwe^eri^.heu Gesaudten in Baris hievou Keuntuiss gab, bemerkte er in seiner Depesche vom 28. April: ,,Ces d.spos.lions ont pour conseqneuce n.^relle de leerer le Convernement Helveliqne de l'eneement qu'il ^v^l. pris, p.^r mesure de r.^iprocil^., d'exempter nos propres n.^io.^u^. de ..onle t.^e de .^ss.^.ort.^ Uebrigens habe er allen Agenten seines Departements empfohlen, die Anwendung des Tarifs iu der Brar^is so viel als möglieh zu mildern. So bleibe angeuommen. dass allen Reisenden, deren Dürftigkeit sestgestellt sei, die Ta^e vollständig erlassen und dass vou deu mit gehörigen livrets versehenen Arbeitern nur 1/2 der Gebühr gesondert werde. Ebenso werde diese Ermässigung, oder auch eine Redul^tiou ^ bis ^ur Hälfte der Gebühr bewilligt allen andern Bersoueu, die ohne^ gerade dürftig zu seiu,^ dennoch ui.^ht im Staude seien, die gan^e Ta^e ^u befahlen.

Auch die franzosische Gesandtschaft in Bern machte dem .^uudes^ rath^.. Mittheiluug von diesem Erlasse und den so eben erwähnten Erleichteruugeu, zu denen sie jedo.^h eine neue hinzufügte, indem sie ausdrüklich erklärte, dass^ die Auswanderer, welche Frankreich durchreisen, um sich in einem fran^osischen Hafen einzuschiffen, aueh fernerhin von jeder Ta^e befreit bleiben.

^iese Massregel erregte mit Recht allgemeines Aufsehen, uud e^ versteht sich von selbst, dass wir nicht ermangelten, ihr die verdiente Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wir mussten uus jedoch bald überzeugen, dass sie durchaus allgemein und gegen alle Rationen gleichmässig eingefül^rt worden war.

^a aber keine Vertragsstipularionen bestehen, welche ^u Guusten ^ der Schweiz eine Ausnahme begrüudeu liessen, so konnten wir gegen die Wiedereinführung der Bässe uud Visa nichts einwenden, und zwar um so weniger, als kein .^taat ans das Re.ht zur Einsührung von Massregeln oer^htet, die er zu seinem eigenen ^chuze als nothig er-

achtet. Ueberdies hat sich Frankreich dieses Recht ansdrüklich vorbehalten in einer Rote vom^Jnli 1866, deren Jnhalt der Bundesrath mit .^reisschreiben vom 18. gleichen Monats den Kantonen ^ur .^enntniss brachte und worüber er im Geschäftsberichte pro 1866 einlässlieher reserirte.

.(Bundesblatt 1866, .ll. 352 und 1867, 1. 565). Frankreich unterschied schon damals zwischen der prinzipiellen und der faktischen Aushebung der Bässe, indem es die erstere anerkannte, aber die Ausführung mit Rüksi^ht aus die ernste Geftaltuug der politischen Verhältnisse zeitweilig vertagte. ^eu Einfluss neuerer politischer Verhältnisse aus Frankreich ^u würdigen, muss uatürlieh anch gegenwärtig und künftig den franzosisehen Behörden selbst vorbehalten bleiben, sowie es auch gan^ unzweifelhaft in der Befuguiss der Schweb läge, die Bässe wieder. einzuführeu, selbst weun kein anderer. Staa.. .^as Gleiche thäte.

468 Während also gegen die Wiedereinführung der Bässe und Visa durch die frauzosisehe Reg.erung nichts eingewendet werben konnte.^so schien es steh anders zu verhalten mit den damit verbundenen lästigen Gebühren.

Schon der Umstand, dass überhaupt auch von den Schweizern wieder Gebühren gefordert wurden, war sehr anfallend, da die ^ln^hebnng derselben gleichsam erkauft wurde durch die Herabsezung der ...lusenthaltsgebühren in verschiedenen Kantonen. Es ergibt sich dieses nnzweifelhaft aus der Erklärung, betreffend die Reisepässe, welche den Verträgen vom 30. Juni 1864 angehängt ist (Off. .^. V1...L 378). ^ier erklärte die franzostsche Regierung, dass sie, wenn der Bundesrath, namentlich zu Gunsten der Arbeiter, erhebliehe Ermässigungen der von den Kantonen bezogenen hohen Aufenthaltsgebühren zu erwirken vermoge, geneigt sei,. gegenüber der Schweiz ini Basswesen ^ie nämlichen Grundsäze zur Anwendung zu bringen, welche gegenüber England und Belgien angenommen worden seien.

Von Seite dex Schweiz wurde obige Voraussezung im Juli 1866 erfüllt. woraus Frankreich auch die Bass- und V i s a g e b ü h r e n anshob.

Die Bässe und Visa selbst aber behielt es gegenüber der Schweiz noch bei, obsehon sie gegenüber England und Belgien bereits unterdrükt waren. Es geschah dies, weil damals Frankreich a..s politischen Gründen die ^ehweiz noch anders behandeln zu sollen glaubte. Erst im

August 1866 wurde vollige Gleichheit mit England und Belg.en hergestellt.

A...s den eingezogenen Erkundungen ergab sich, dass nicht bloss die Einsührung der Bässe, sondern auch der Bezug der Gebühren, allgemein und namentlich auch gegenüber diesen beiden leztern Staaten erfolgte, wie denn überhaupt die ganze Massregel ebensowohl in den finanziellen Bedürfnissen Frankreichs , als in polizeilichen Besorgnissen ihren Ursprung hat. Jmmerhin braucht ein anderer Staat auf dergleichen spezielle Verhältnisse keine Rüksieht zu ...ehmen, und da ^rankreich das gegenseitige Einverständniss aus eine sür die andern Staaten lästige Weise aufgehoben hat, so sind lettere aueh ihrerseits in ihren Entschliessungen srei geworden.

Von Belgien ist bekannt, dass es seinerseits nicht zogerte, mit Dekret vom 26. Jnni 1871 eine Bassvisagebühr von Fr. .l0 gegenüber .^en Franzosen einzusühren. Dagegen ist nicht bekannt, ob und was oon Seite Englands geschah.

Es konnte sieh daher fragen, ob auch von Seite der Schweiz auf eine Aeuderuug des seit April 1862 pro^lamirten .^stems der freien Bewegung der Jndividnen (Off. ^. Vl.L 276) Bedacht genommen, oder

46.^ ob nicht wenigstens gegen Frankreich getroffen werden sollten.

besondere Reeiproeitätsmassregeln

Die Regierung von Genf ermangelte nicht, zu erklären , dass fi.^ sieh vorbehalte, aus die Erhöhung der Aufenthaltsgebühren zurükzukommen.

Wenn wir auch, nach dem Gesagten, das Recht hiezu nicht in Abrede stellen konneu, so mochten wir doch ein solches Beginnen nicht ermutigen, weil damit die Ausenthalter schweizerischer Herkunft auch betroffen werden müssten und weil wir hoffen, dass die Massregel der französischen Regierung nur vorübergehender Ratux sein werde.

Dagegen fanden wir es allerdings am Blaze, bei der französischen Regierung wiederholt die Rükkehr auf den frühern Stand der Dinge naehdruksam zu bevorworten und zu konstatiren, dass die Schweiz steh frei betrachte uud sich vorbehalte, nach freiem Ermessen diejenigen EntSchliessungen zu fassen, welche ihr unter den veränderten Umständen angemessen erscheinen mochten.

Der franzosische Minister des .Auswärtigen schien wirklich geneigt, auf eine Milderung der Gebühren einzutreten^ uud sprach sich schon im Juli v. J. in der Rationaiversammlung in diesem Sinne aus. Jndess ist dennoch bis je^i. keine Aenderung eingetreten, obschon auch ander...

...Staaten , namentlich England , in gleichem Sinne bei der franzöfischen Regierung wirkten, wie die Schweiz.

Nebenbei gab uns auch die Art führen uud die Strenge, mit welehex Bapiere besagen, sogar polizeilich an Anlass zu besondern Reklamationen, waren.

und Weise des Bezuges der Ge...Schweizer, die nicht gehorig vierte die Grenze zurükgeschoben wurden, die im .Allgemeinen von Erfolg

Was im Speziellen den Bezug der Gebühren betrisft, so ist nach.

dem oben erwähnten französischen ,,T^.rik des droits .i percevoir dans les Chancelleries consulaires^ ein neuer Vass von den ^ra.^osen zu bezahlen mit ^r. 10, von den fremden mit 12 Fr., für ein Vassvisnm haben die ^..an^osen zu bezahlen .^ ^r., die fremden 10 ^r.

Während nun in Bern und Basel die Schweizer gleich den Franzosen behandelt wurden und nur 5 Fr. für ein Visum bezahlen mussteu, forderten die französischen Kousulatskanzleien in Reuenburg und Genf auch von den Schweizern 10 Fr. Wir glaubten aber in diese.: Beziehung mit Recht die Gleichstellung der Schweizer mit den ^ranzosen verlangen zu konnen, weil der Riederlassungsvertrag mit Frankreich von 1864 eine solche gleiche Behandlung der Angehörigen des andern Staates mit Rüksieht auf die Riederlassungsverhältnisse vorsehreibt und der Hauptzwek des Vertrages .gerade darin bestand, den Uebertritt und.

den Aufenthalt der Augehorigen des einen Staates in den andern zu erleichtern und aus dem ^usse der Gleichheit mit den eigenen An.^ehori-

470 .

gen zu ordnen. Die Ansieht, dass im Sinne dieses Vertrages die Schweizer nur die gleichen Gebühren wie die Franzosen zu fahlen haben, hat um so mehr Berechtigung . als unmittelbar nachdem der Vertrag in Krast getreten war, bis zur Aushebung der Bässe und .^isa im Jahr 1866, die Schwerer die gleiche Tai.e bezahlen mussten wie.

die Franzosen.

Wir werden übrigens dieser Frage unsere stete Aufmerksamkeit schenken und hoffen, dass der Zeitpunkt nicht mehr ferne sei, wo Frankreich selbst das Lästige dieses Basswesens einsehen und wieder zu dem frühern Zustand zurükkehren werde.

7) Auch im Beri.htjahr sind mehrere internationale Fragen über ^die M i l i t ä r p s i i c h t in Behandlung gekommen. Mit J t a l i e n wa-

reu es 5 ^älle, mit Frankreich 4, mit W ü r t t e m b e r g 1 und mit

H e s s e n 1. - Der lettere Fall, dessen im .Bericht pro 1870 nähere.

Erwähnung geschehen ist (.^chnean), erledigte sich dnrch die Entlassung.

dieser Familie aus dem Bürgerrechte von Mainz. Die Verhandlungen betreffend den Württemberger Fnchs sind aus den Vorlagen an die Bundesversammlung bekannt. Auf 4 von den mit Jtalien in Behandlung gekommenen Fällen kam ^emma 2 von Art. 4 des ^iederlassnugsVertrages mit Jtalien vom 22. Juli 1868 (Oss. ^.1.^.7^) ^urAnwendung, und es wurden diese ^älle auch von Jtalien im gewünschten ^inne erledigt. Darnach konnten ^olme von Schweizern, die Jtaliener geworden, nach Eintritt der Majorennität (21. Jahr vorbei) sür die

Schweiz optiren. Bei einiger Umsieht hätten die Beteiligten selbst zum

Ziele gelangen konnen. Der fünfte ^all bezog sieh ans das andere Verhältniss, auf den Sohn eines Jtalieners, der Schweizer geworden.

Dieser wurde vom italienischen Militärdienst nicht befreit, obwohl er noch minorenn war, als sein Vater im Kanton .Hessin sich naturalisiren liess und dessl..alb gemäss Art. 1l des italienischen Code civile selbst auch Schweizer wurde ; denn nach Art. 12 des gleichen Code enthebt der Verlust des italienischen Bürgerrechtes nicht von der Bflicht zum Militärdienste. Wer also als Jtaliener geboren ist, bleibt in Jtalien militärpflichtig, wenn schon er eine auswärtige Nationalität erworben hat. (Siehe Erklärung. zu dem oben erwähnten Vertrag ^,ss. Sml.

..l^, 729.)

Jn gleicher Weise verhält es sich mit den 4 fällen, welche mit Frankreich verhandelt wurden, indem Frankreich geltend macht, dass die Sohne^ eines Franzosen, die geboren wurden während der Zeit, da der Vater noch ^rauzose war, in Frankreich militärpflichtig bleiben, wo immer sie geboren sein mogen. Wenn sie dagegen Eiuspraehe machen, so ist es an ihnen, den Brozess vor dem betreffenden srauzosischen Gerichte einzuleiten. Raeh dem Verlause des immer noch pendenten Balles

471 Bourgeois seheint die Einrede eines im Auslauge geborenen Sohnes Blaz greisen zu kounen, dass der Vater vou Ansang an Frankreich mit der Ansieht verlassen habe, nicht wieder dahin zuxük zu wollen, so dass dann präsumi^ würde, er habe die französische Nationalität mit dem Austritte aus Frankreich verloren, in welchem ^alle der ^oh^. nicht als ^ranzose geboren wäre und desshalb auch nicht ^u den Bfli^ten eines Franzosen angehalten werden konnte. Der ^all Bourgeois schwebt noch vor dem obersten Gerichtshof in Baris, und es muss nun dessen Ausgang gewärtigt werden.

8) Die Regierung von Gens glaubte die Jnterveution des Bundesrathes anrufen zu sollen betreffend die Frage, ob eine von dem b r i t i s c h e n .......... n s u l in G e n s v o l l z o g e n e Ehe zwischen Anton E k e r t aus dem Grossherzogthum Baden und der Engländerin Luise S e l l w o o d , beide wohnhaft in Genf, gültig sei. Sie glaubte die Ehe nicht als rechtsbeständig anerkennen zu konnen, weil weder die in Gens gültige Ehegesezgebuug , noch der Vertrag .zwischen der Schweiz und dem Grossh. Baden von 1808 beobachtet worden sei, somit das aus dieser Ehe bereits hervorgegangene Kind als unehelich Zugeschrieben werden müsse.

.^ Es wurde jedoch der Regierung von Gens geantwortet, der Bundesrath sei nicht im ^al.le, diesem Ansuchen zu eutsprechen, weil die schweizerischen Behorden keinen Berus haben, die Jnteressen von Angehorigen sremder Staaten zu wahren. Solehe Bersonen haben ^u ihre.n Schule die Gesandten ihrer^ eigeuen Staaten .bei der Schweiz, an die sie verwiesen .verden mogen. Wenn im .^pezialsall ^wischen ^em Grossherzogthum Badeu und Eugland ein Konflikt entstehen sollte hinsichtlich der Kompetenz des britischen Konsuls in Ehesachen, so sei es ^ache jener beiden Regierungen, diesen Konflikt uuter sieh auszutragen. Der Bundesrath habe um so weniger Grund, sich einzumischen, als die.

Schweig und speziell den Kanton Gens keine nachteiligen folgen treffen konnen, denn wenn die Ehe gültig sei, so folgen die Kinder dem Vater, und sei sie ungültig, so folgen sie der Mutter. Die^ Gensex Behorden konnen^ den Entscheid hierüber herbeiführen, wenn sie den Betheiligten eine angemessene ^rist ansehen, nm ihre Bosition zu regeln und die uothigen Bapiere als Eheleute beizubringen, unter Androhung der Ausweisung.

Uebrigens sei zu bemerken,
dass der im Berichte des Zivilstandsbeamten von Genf erwähnte Vertrag mit dem Grossh. Baden von 1808 nicht mehr in Kraft sei. Vielmehr habe die badische Regierung in ^.olge einer neuen Ehegesezgebung des Grossher^ogthums vom 21. Dezember 1869 jenen Vertrag gekündigt, und es sei derselbe mit dem 1. Januar 1871 ausser Krast getreten, was der Bundesrath mit Kreisschreibeu vom

472 11. ....ovember 1870 sämmtlichen Kantonen zurKenntniss gebracht ha.^e, unter gleichzeitiger Zustellung einer badischen Rote über den wesentlichen Jnhalt des neuen Gesezes bezüglich aus Ehen, die im Auslande ge.-

Glossen werden (Bundesblatt 1870, Band lll, S. 561 und 562).

Dazu sei später noch eine Erläuterung gekommen, die auch publizirt worden sei (Bundesblatt 1870, Bd. Il..l, S. ....01). Daraus ergebe sieh, dass die von dem Zivilstandsbeamten in Gens ausgestellten Erfordernisse für die Gültigkeit der Ehe eines Badensers veraltet seien und^ nicht mehr gesordert werden können. Der Staatsrath ^erde daher ersucht, den Jnhalt jener Mittheilungen den ^ivilstandsbeamten zur Kenntniss zu bringen.

9) Jn ahnlicher Weise wünschten vier Kantone, dass der Bundesxath sür Ausländer, die in jenen Kantonen natnralisirt worden waren, die Entlassung aus ihren ursprünglichen Heimatstaaten bewirken mochte.

Es wurde aber jede derartige Mitwirkung abgelehnt, weil es Sache der Beteiligten selbst sei, ihre Entlassung zu bewirken und den nötigen Nachweis dasür beizubringen.

10) Dagegen liess der Bundesrath in sechs Fällen seine Verwendung bei auswärtigen Regierungen dafür eintreten, dass vorehelich gebornen Kindern, welche Ausländer mit Schweizerinnen erzengt hatten, vermoge des Grnndsazes der le^timatio per snb.^qnens matrimomum.

das Staats^ und Orts ^ Bürgerrecht ihrer Väter zugestanden werden ^mochte , allein diese Bemühungen waren nur in einem Falle von Erf^la,. Ju allen andern fällen wurde die Anerkennung der Kinder abgelehnt, und zwar geschah diese Ablehnung von ..^eite der Regierungen von B a d e n , O e s t e r r e i e h und W ü r t t e m b e r g , weil in diesen Staaten für die Ehelichmaehnng eines unehelich gebornen Kindes verlangt wird, dass dasselbe. v o n dem Vater. .^r der V e r e h e l i c h u n g mit d e r M u t t e r a n e r k a n n t w o r d e n sei.

...lL M i t w i r k u n g zur B u n d e s r e c h t s p s l e g e .

Gemäss Art. 90 des Bnndeszivilprozesses wurde eine Klage der Regierung des Kantons A a r g a u gegen den Kanton^Bern, betressend das Heimatrecht eines vorehelich gebornen Kindes der Eheleute Christian ^angg (Bern) und der Susanna Katharina Köbeli (Aargau^ an das Bundesgericht gewiesen.

473

^

^^

.I. ^.ll.^m^n.^ un^ .^ti^.

Wie in uuserm Berichte pro 1870 angegeben wurde, blieben am Schlusse desselben Jahres 25 Rekurse hangig. Jm Laufe des Jahres 1871 gingen 150 neue Rekurse ein. Es waren demnach im Ganzen

175 zu behandeln (1870: 163). Davon wurden 156 erledigt und

19 waren am 3l. Dezember noch pendent, und zwar lagen diese leztern tn ihrer Mehrzahl noeh^ bei den betreffenden Kantonen zur Beantwortung.

^ Bei der Gesammtzahl der 175 Rekurse waren vorzugsweise folgende Kantone betheiligt:

Freiburg mit 15, Bern mit^4, St. Gallen, Wallis und Genf mit je 12, Luzern und Solothurn mit je 9, Reuenburg mit 8, Basel.Landschaft mit 7, Zürich, Uri und Waadt mit je 6, Sehw^, BafelStadt und Aargau .mit je 5 ^e.

Mit Ausnahme

theiligt.

vou Appenzell J. Rh. waren alle Kantone be^

^

Dem Objekte nach bezogen sich diese Rekurse :

26 auf Gerichtsstandsfragen.

25 20 16 13 11

,, ,, ,, ,, ,,

^iederlassungsverhältnisse.

Eheverweigerung, wovon 10 Fälle nicht gemischte Ehen.

Verlegung versassungsm^issiger Rechte..

Rechtsverweigeruug in Zi^oil- und Strafsachen.

.^ Steuerverhältnisse.

6 .4 4 4

,, ^, ., .,

^eimats- und Wohnortes.

Ausschluss von Burgernuzu..gen.

Hetratsabgaben.

Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten.

Vermogensreklamationen auswärts wohnhaster Bürger an ihre .^.eimatbehorden.

.

.) ,, Rükhaltung der .Legitimationsschriften durch Behorden des

Die übrigen Besehwerden bezogen sieh aus sehr mannigfache, zum ^.heil unklare oder nicht leicht bestimmbare Verhältnisse.

474

Die eidgenössischen Räthe hatten sich im Jahr 1871 mit .^9 ^eschwerden und Rekursen zu befassen (1870: 28).

Von jenen .l..) wurden 6 erledigt und 13 blieben pendent, weil die eidg. Räthe am Schlusse des Jahres 1871 sich beinahe ausschliesslich nur mit der Revision der .Bundesverfassung befassten.

^on den erledigten Rekursen wurden 4 abgewiesen und 2 zurükgezogen.

Bezüglich der vom Bundesrathe behandelten Beschwerden und Reknrsen ergibt sich das weitere Detail aus folgender Uebersicht:

^ich^

^antvne.

P

rieb

.

.

.

.

.

^uzern

.

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.

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.

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.

.

.

.

Ewalden

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.

Ridwalden

. . . . .

Glarus

.

.

.

.

.

.

^ua

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

4

7 5 3

.

.

2

5 4 Solothurn . . . .

3 Basel^tadt . . . .

4 Basel^andschast . . .

3 Schafshanseu . . . .

Appena A. Rh. . . . ^ 2 5 1 ..^raubüuden . . . .

3 1 T.hurgau . . . . .

1 5 8 5 ^ieueuburg . . . . . .

8 7..)

^reibura

St

Ballen

.

Tessin

Waadt

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

...

.

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.

.

Geus

.

.

.

.

.^

.

Wallis

.

^

.^ü^ gründe^ zug ..e.

nlrelen. weisung. e^larung

.

.

.

1 1 4 1

1 4 1 2

6 1 1 1 1 3 1

1 5 1 1 1 1 l

26

1 1 1 1 1 1

1 1 17

1 1 1 1 5 1 1

1 1

Bleiben pendent.

1

1 1 9

1 1

2 1 2 19

Gexichi^

2 9 2 3 1 .)

2 3 1 1 1 1 1 1 1 2 40

l ^erwaltung.^ beh..^ den.

4 5 7 ^ 6 2 2 1 2 1 6 9 3 4 2 2 11 2 . 4 2 1 6 11 7 10 110

^. u m m a.

6 14 .)

6 5^ 2 . 1 2 2 15 9 5 7 3 3 12 2 5 3 1 .6 12 8 12 150

.

.

.

.

^ .

.

.

^

.

.

^

476 Il. Entscheide it^er ^..nniendung der .^nnde^^er^ffun^.

1. Re ch ts g l e i c h h ei t.

1. Herr Joseph Brun ne r in Luzern wurde von den Berichten des Kantons Unterwalden o. d. W. mit seiner Forderung von 451 Fr.

an den Rachlass der Katharina Jmseid abgewiesen, weil er diese Forderung erst am 7. Februar 1870, also verspätet angemeldet habe, da der peremptorisehe Anmeldungstermin schon mit dem 24. Januar 1870 abgelausen sei.

Hr. Brunner beschwerte^ sich über Verlezung der Art. 4 und 48 der Bundesverfassung, indem nach den ^11 und 1..) des Obwalden^ sehen Konkursgesezes die Bnblikation z w e i Mal zu erfolgen habe, während diese Publikation nur e i n Mal in das Luzerner Amtsblatt eingexükt worden sei.. Jn dieser Weise werde der ausserkantonale Schweizer thatsächlieh ungünstiger behandelt , als ein Einwohner des Kantons Obwalden.

Mit Beschluss vom 5. April 1871 wnrde diese Beschwerde als unbegründet ^abgewiesen, gestüzt ans solgende Erwägungen: 1) Der Ents.heid in dieser Angelegenheit hängt wesentlich davon ab, ob in der Thatsache, dass das Benesieinm inventarii resp. der Konkurs über den .^aehlass der Katharina Jmseld in dem Amtsblatt pon Obwalden zweimal , in demjenigen des Kantons L^eru dagegen nnr einmal publizirt worden , eine unzulässige ungleiche Behandlung von Richtkantonsbürgern im gerichtlichen ^erfahren liege , (Art. 4 und 48 der Bundesverfassung).

2^ Sowohl nach bestehenden Konkordaten als nach Vorschrist der Bundesverfassung sind die Kantone allerdings gehalten, im materiellen Konkursreeht alle .Schweizer bezüglich ihrer Ansprüche an eine Konkursmasse und bei der .^ertheiluug derselben gleich zu halten.

3) Aueh die mehr sormelle Seite des Verfahrens bei der Einleitung und Eroffuung des Kouku.^es darf nieht der Art sein , dass da^ durch ein auswärts wohnender Gläubiger in seinen Rechten verkürzt werden konnte. Dagegen l.^egt es in der Ratur der .^a^he und es ist auch in den Konknrsgesezen der Kantone vorgeschrieben, dass das Amts-

blatt des Wohnfizkantons das offizielle Organ ift, in welchem die Be-

hörde die Konkurspublikation zur Kenntniss der Kreditoren des Gemeinschuldners bringt. Blätter anderer Kantone haben diesen Charakter nicht , weil der Gerichtsstand für die Konkursverhandlungen nicht aus ihrem Territorium liegt. Es ist daher ..^eder nothwendig noch dnreh eine Bundesvorsehrist verlangt , dass die amtliehen Publikationen in

477 gâcher Weise in ansserkantonalen Blättern ers.heinen , wie sie durch da.^ Ges^ für das amtliche Vublikationsorgan des Kantons, in welchem ein Konkurs erofsnet wird, vorgeschrieben find.

4) ........lese..: Auffassung entsprechen auch die Vorschriften der vers.hiede..en kantonalen Koukursgeseze, welche wohl vorsehreiben, wie oft die Publikation im Kanton geschehen soll, ^aber betreffend die Bublikation in ausserkautoualen Blättern keine Vorschrift enthalten, weil diese nicht die offiziellen ^r^ane der Konkursbehorde sind , soudern nur zur Weiterverbreite.^ der amtlichen Ausschreibung dienen sollen. (Vide s^weiz. Rechtsfreund von J. J. Weber.)

5) Auf diesem Standpunkte ist aus die Frage nicht einzutreten, ob der Art. 11, ^az 2 des Konkursgesezes von Obwalden vom Richter richtig interpretirt worden sei , weil dadurch keine eidgenossischen Vor^ fristen verleg werden,. ob der Richter annehme, der Gesezgeber habe eine zweimalige oder eine bloss einmalige Publikation in ausserl.antonalen

Blättern beabsichtigt.

2. Alois A r n o l d von Attinghaus^n , Kts. Uri, sollte behufs

der Anerkennung seiner mit einer Fran^osin eingegangenen Ehe eine Kaution vo.. 573 Fr. 1..) Rp. leisten. Er behauptete aber, diese ^orderung sei nach Art. 4 der Bundesversassuug unstatthaft, weil er ungleich behandelt wür...e. als ein Urner, der eine Schweizerin heirathe. Auch fei jene ^umuthuug im Widerspruch mit Art. 1 des RiederlassungsVertrages mit ^rau.^reieh vom 30. Juni 1864. Der Buudesrath und die Bundesversammlung wiesen diese Beschwerde als unbegründet ab.

Buudesbl.att.1871, 111, .^eite 570 und 1872, 1, 434 und 786.

3. Die K a u t o u a l - S c h ü z e n g e s e l l s c h a f t von Unterwalden o. d. W. beschwerte sich, dass ihr vom Landrath die Bewilligung zur Abhaltung resp. Erossnung von k a n t o n a l e n Schienen an Sonn.. und Feiertagen verweigert worden sei, und stellte das Gesuch, dass Litt. d.

von ^ 6 der nidwalden^schen Verordnung, betreffend die Heiligung der Sonn- und Feiertage , wodurch die Abhaltung von Landessehiessen an^ diesen ^ageu verboten sei , aufgehobeu werden mochte. Diese Beftimmung verstosse gegen die Rechtsgleichheit, indem gemäss den Litt. a, b und^ c des gleichen ^ 6 alle anderen Schiessen auch an Sonn- und Feiertagen gestattet seien. Auch sei allen andern Gesellschaften und Vereiuen die Abhaltung von Versammlungen und Festen an Sonnund Feiertagen gestattet.

Mit Entscheid vom 17. Mai. 1871 w^rde diese Beschwerde als begründet und Litt. d. von ^ 6 der Verordnung des Kantons Uuterwalden R./W. vom 21. Juli 1859 ausser Kraft erklärt. Die Be-

^rüuduug dieses Entscheides lautet wie folgt :

478

.

1) Der Art. 46 der Bundesverfassung garantit alle Vereine, welche weder in ihrem Zweke noch in den dafür bestimmten Mitten

rechtswidrig oder staatsgesährlich sind. Die Kantonssehüzengesellschaft von Ridwalden ^verfolgt keine unerlaubten , sondern vaterlandische ^wel.e, welche vom Bunde und von den Kantonen überall möglichst befordert werden.

2) Die Beschwerde der Gesellschaft geht nicht dahin, dass die Regierung ihrem Bestande und ihrem Bestreben etwas in den Weg lege, was auch gar nicht der Fall ist, da sie derselben stets peknniare Unter-

stüzu..g gibt und sie überhaupt frei gewahren lässt, mit der einzigen

Ausnahme , dass der Gesellsehast nicht gestattet wird , auch an Sonnund Feiertagen ihre ...^chiessen nach vollendetem Gottesdienste ^u beginnen.

3) Rach Vorschrift des ^itirten Art. 46 der Bundesverfassung ist

die kantonale .^olizeiges.^gebung allerdings berechtigt , über den Miss-

brauch des Vereinsrechtes ^as Ersorderli..he zu versügen, wie ihr über-

.hanpl. das Recht zusteht , in einem Gesez über die ^.eilighaltung von Sonn- und Feiertagen die ihr zwel^ienlichen und den Verhältnissen angemessenen Verordnungen zu erlassen, sof^.ru dieselben nicht Bundesvorschristen oder kantonalen Verfassungsbestimmungen widersprechen.

4) Es ist also einzig ^n untersuchen, ob das Recht der Gleichheit vor dem Geseze verlebt sei , wie die Rekurrentin behauptet. Es ist dieses jeweilen der Fall, wenn Personen o^er Vereine bei gleichen faktisehen und rechtlichen Vorausseznngen ungleich behaudelt werden. Eine solche ungleiche Stellung ist aber der rekurrirenden .^ehüzengesellschast zugewiesen , wenn sie nicht wie die übrigen ...^.chü^ngesellschaften und ...^iessvereine behandelt wird.

5) Die Kantonsschü^engesellsehast verlangt keine bessere Behandlung und will auch den.. Sinn und Geist des. .^onntagsgese^es und der alten ^andesüb^ug nicht entgegen Bandeln , was am besten der ^ 16 der Statuten beweist. Es ist desshalb nicht abzusehen, warum die eine Gesellsehaft, die dem gleichen Zweke dient, wie die andern, nicht auch an bestimmten Sonn- und Feiertagen Rachmittags, wie diese, ihre Sehiesstage sollte galten konnen.

6) Mau wendet zwar ein , es sammle sich an einem Kantonalschiesseu eine grossere Menge Volkes. Das mag sein, aber dagegen lasst sich bemerken , dass sie hochsteus alle Jahre einmal einen .^onn- und Feiertag benuzen will , wahreu^ den übrigen ^ehüzengesellsehasteu viele Sonn- und ^eiertage zu Gebote stehen. Von einer grossern ^torung der Sonntagsruhe kann auch nicht .vohl gesprochen werden, wenn man daneben den lärmenden und mit viel .Spektakel verbundenen Aelplerkilben den Sonntag für ihr^ Vergnügungen einräumt.

^

^

^

^ ^479^

7) E^ kann daher nicht wohl bestritten werden , dass man de^ .^..tonsschü^engesellschast eine Ausuahmsstellung anweist , die ihren Fortbestand und die Erreichung ihrer Zweke erschwert, weil viele Schüfen ihrer Verhältnisse wegen nur den Sonntag ^um Schiessen benuzeu können. Diese ^lusuahmsstellung wi^rkt noch um so nachtheiliger für deu herein ^, weil die ähnlichen Gese..lschasten anderer und namentlich der Rachbarkantone einer solchen Beschränkung nieht unterworfen sind.

2. R i e d e r l a s s u n g s v e r h ä l t n i s s e .

4. Hieher gehört die Beschwerde der Regierung von B e r n gegen die Regierung v o n W a a d t betreffend die Ausweisung des geisteskrauken Berners Eugen Rieder aus dem Kauton Waadt. Es genügt jedoch, hier aus die bezügliche Botschaft des Bundesrathes au die Bundesversammluug ^u verweisen uu^ zu erwähnen, dass die Beschwerde der Regierung von Bern als unbegründet erklärt wurde. Bundesblatt 1871, 11. .^70.

1117 und 111..). DieRegieruug vou Bern erklärte gegeu unsern Entscheid deu Rekurs au die. Bundesversammlung , zog ihn aber wieder zurul..

5. Eine Anzahl F a b r i k a r b e i t e r in der Spiunerei an der .Lorze in Baar, Kts. Zng, beschwerten sich, dass sie augehalten werden, Riederlassuug ^u nehmen. ^er Bundesrath wies diese Beschwerde ab .

die Bundesversammlung dagegen erklärte sie begrüudet. Der Beschluß

des Buudesrathes ist zu finden im Bundesblatt 1871, 11L 566.

3. .^ t e u e r r e eh t.

a. B e s t e u r u u g d e s G r u u d e i g e u t h ums.

6. Ein unter diese Rubrik gehöriger Entscheid in machen des Hrn. .Dr. H ür l ima n u in Wald, .^ts. Zürich, gegen die Art der Besteuruug seines Grundeigenthums im Kt. ^t. Gallen , wurde auch an die Bundesversammlung gezogen und ist abg^rukl. im Bundesblatt

1872, 1. 6.). Die Bundesversammlung bestätigte den Entscheid des Bundesrathes. . Bundesblatl.^ 1872, L 425.

b. B e s t e u r u u g der N i e d e r g e l a s s e n e n und ...lus e n t h a l ter.

7. Z.^ei hieher gehörende Entscheide des Bundesrathes in Sachen des Hrn. Jules Béguin in Hautefin, Kts. ^reiburg, betresfeu^ seine Besteurung zu Gunsten der protestantischen Kirche und Schule, siud ebensalls au die Bundesversammlung gezogen worden und daher bereits bekaunt. Es genügt hier zu erwähnen, dass Hr. Béguin mit seiner Befch^erde abgewiesen wurde. Die Entscheide des Buudesrathes siud ge^

drnkt im Bundesblatt 1872, L 164 und 16..).

^480 8. Der Amerikaner Abraham L o c k w o o d , wohnhast in Villmergen, .^ts. Aargan, beschwerte sich durch die ..Gesandtschaft der ...^ereinigten Staaten von Nordamerika gegen. die ihm abgeforderte Militarfteuex , weil er nach Art. 2 des .Vertrages zwischen der Schweiz u.nd den Vereinigten Staaten hievon befreit zu sein glaube.

Jn seiner Antwort vom 28. April 1871 sprach sich de.^Bund.^ xath folgendermaßen aus : Rach der schweizerischen Bundesverfassung (.^rt. 18) sei jeder Sehweizerbürger wehrpflichtig. Die kantonalen Militärorganisationen müssen sich an diesen allgemeinen Grnndsaz anlehnen und dürfen ..--.

abgesehen von einzelnen Befreiungen gewisser Beamten .--- nur solche Bürger vom peinlichen Dienste entbinden , welche wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen zum Militärdienste untauglich seien. Diese haben aber nicht einen Ersazmann zu stellen , wie die Gesandtschaft voraussehe, sondern wegen ihrer Dienstbesre.ung eine Geldleistung zu

machen, die aber keineswegs als Strasgeld sür ihre Untauglichkeit zum personlichen Dienst anzusehen sei, sondern einen billigen Ersaz für eine Leistung bilden folle, welcher andere Bürger persönlich unterworfen seien.

Zur Zeit , als ^der angerufene Vertrag abgeschlossen worden , sei es in der Schweiz noch ziemlich allgemeine Regel gewesen , dass Ausländer , welche man nicht in der schweizerischen Armee habe verwenden wollen. den nämlichen Bflichtersaz geleistet, wie die aus irgend einem Grunde entlassenen ^ehweizerbürger , weil man es unbillig gesunden habe, dass Fremde, die ungehindert ihrem Verdienste haben nachgehen können, während der Schweizer seine Militärpflicht habe erfüllen müssen, besser gehalten sein sollten als die eigenen Landeskinder. Diese Anschaunngsweise sei auch in deu Vertrag übergegangen , welcher sich so ^klar und unzweideutig ausdrüke, dass es dem Bundesrathe geradezu unmöglich seheine , dieser Bestimmung einen andern .^inn beizulegen.

Wenn gesagt werde , dass die in der Schweiz sieh aushaltenden Bürger der Vereinigten Staaten von Nordamerika vom persönlichen Militärdienst besreit seien, ..aber zur .Kompensation zu Geld- oder materiellen ^Leistungen verpflichtet sein sollen, wie die von diesem Dienste .befreiten ,,Bürger des Landes, wo sie wohnen^, so habe man eben nicht mehr und nieht weniger feststen wollen, als dass der vom persönlichen Militärdienst befreite ^lme^ikaner ganz gleich gehalten werden solle, wie der Schweizer, der nicht persönlich Militärdienst leiste. Es sei das Brinzip der gleichen Behaudluug der amerikanischen Bürger mit den Schweizerbürgern, das hier aufgestellt worden.

Wenn die Gesandtschaft aus die Wehrverfassung der nordamerikanisehen Union sich berufe, so seien die Bestimmungen derselben natürlich für die dortigen Staaten massgebend, nicht aber sür die Schweiz, so

48t..

............ig als die s eh w e iz e r i s eh e Militärorganisation in Nordamerika Geltung habe , daher man im Vertrage a.u.h ausdrüklieh die Wohnorteseze als Rorm der Behandlung erklärt habe , die aber sehr verschieden

feien. Während in der Schweiz grundsäzllch jeder Bürger wehrpflichtig

.^ei, bestimme in der Union das .Loos, welche Bürger zum Militärdienst .pflichtig seien , den fie persönlich oder durch .einen tauglichen Stellvextreter leisten konnen. Wenn aber die durch das Loos vom Dienst .....efreiten Bürger keine Ersazsteuer zu leisten haben , so konne bei dem .Prinzip der Gleichstellung der Schweizerbürger mit den Rordamerikani^.hen natürlich auch erstern keine Tax^e auserlegt werden. Jn der Schweiz zahle nun der Bürger, welcher der gesezlichen Vfiicht des Militärdienfies nicht genügen ^konne , die Ersazsteuer, und gleich solle der Unionsbürger behandelt werden. Würde in dem andern Staat anders.

verfahren , so wäre das Vrinzip der Gleichbehandlung verlebt, welches durch den Vertrag ausdrüklieh sanktionirt sei..

Wenn es übrigens noch eines Beweises bedürste, in welchem Sinne die so präzis lautende Bestimmung des sehweizerisch-amerikanisehen Ver-.

trages auffassen sei , so wäre derselbe in einer Reihe von Verträgen.

zu finden, welche die Schweiz später mit andern Staaten abgeschlossen habe. Während der in Frage liegende Vertrag das Vrinzip der GleichBehandlung ausstellte, sanktioniren die spätern meistens eben so bestimmt den Grundsaz der ungleichen Behandlung.

So sage der Vertrag mit England vom 6. September l855, Artikel V. : ,,Die Bürger oder Unterthanen jeder der beiden kontrahirenden Theile sind aus dem Gebiet des andern vom obligatorischen Mili..

tärdienft jeder Art befreit. ^ie find diesfalls von allen Geld- oder Raturalleistuuge.. , welche als auferlegt werden , sowie von Ausnahme der Ei..e.uartiruug und Ausländern sür Truppen werden.^

Ersa^ für den personlichen Militärdienst militärischen Requisitionen befreit , mit und Lieferungen. , welche von Bürgern aus dem Marsche gleichmässig gesordert

Wortlieh gleiehlauteud spreche der Vertrag mit Belgien vom 28.

Mai 1863 sich ans , und ebenso der Riederlassungsvertrag mit Jtalien vom 22. Juni 1.868. Ju dem Riederlassuugsvertrag mit Frankreich

vom 30. Juni 1864 sei sestgesezt , dass die gegenseitigen Angehörigen

nicht nuter den militärischen Gesezen des Landes stehen , in welchem sie wohnen, sondern denjenigen ihres Vaterlandes unterworfen bleiben.

Jn der Ueberei..kunst , welche im Jahre 1858 speziell über die.. ^rage

des Militärdienstes mit Bauern abgeschlossen worden , sei sestgesezt : ,.dass ^ie koniglich bayerischen Untertanen, wenn sie kürzere oder längere Zeit einen der Schweizerkantone bewohnen, daselbst weder zu irgend einem Militärdienst noch zu einer Ersazleistung den sog. Bfiichtersaz - angehalten werden sollen.^

Bundesbl...t...Jahrg.XXI^. ^d.II.

35

-.^2 . Gleiche Deklarationen seien mit andern deutschen Staaten ausgewechselt worden. Jn allen diesen Uebereinkünsten sei also expr....^ verbls gesagt , dass auch der ^flichtersaz nicht geleistet werden soll.

Würde man in dem schwei^erisch^nordamerikanischen Vertrag das Gleiche haben bestimmen wollen, so würde man es gewiss auch eben so ausdrük^ lieh gesagt haben. Statt dessen habe man gerade das Entgegengeht...

bestimmt, und zwar in ganz definitiver Weise, nämlich dass die Unionsbürger, die vom personliehen Militärdienst befreit sein sollen, als Eompensation zu Geld oder materiellen Leistungen verpflichtet sein sollen, wie die von diesem Dienste besreiten .Landesbürger.

^ .

.

0. Jm Jahre ^55 zog Hr. Julius W y l e r von Oberendingen , Kts. Aargau, nach Luzern und stellte bei diesem Anlasse zugleich mit seinem Bruder Sigmund W^ler zu Gunsten der Vorsteherschast von Ober.^Endingen folgende Erklärung aus :.

,,Die Unterzeichneten geben andurch die Verpflichtung , zu allen Zeiten und unter allen Umständen , wo dieselben sich auch aufhalten oder niederlassen, ohne irgend welche Einwendung die Gemeindesteuern, welchen Ramen sie auch tragen mögen, wie jeder hler wohnende Korporationsgenosse zu bezahlen.^ Jm Jahre 1869 forderte nun die Vorsteherschast von Ober^Endingen von Julius Wyler die seither angewachsenen Steuern sür Abzahlnng der Gemeindesehulden, sowie sür das Armenwesen und für den Knltus. Hr. W...ler weigerte sieh jedoch, diese Steuern, mit Ausnahme derjenigen sür das Armenwesen, zn bezahlen.. allein es wurde der hierüber entstandene Brozess von dem luzernischen Obergerichte zu Gunsten der Gemeinde Ober^Endingen entschieden.

Hr. W...ler rekurrirte noeh an den Bundesrath und maehte geltend, dass die sragliche Verpflichtung ungültig sei^, weil er bei Ausstellung derselben noeh minderjährig gewesen , und weil sie abgenothigt worden sei, indem mit der Verweigerung der im Jahr 1855 sür die Jsraeliten noch vorgeschrieben gewesenen Empsehlnng zur Ausstellung der Legitimationspap.ere gedroht worden. Zudem liege eine Doppelbesteurung vor, da die Gemeinde^ und Kultussteuern in .Lnzern bezahlt werden müssen.

Der Bundesrath wies jedoch . mit Besehlnss vom 8. April 1871 die Besehwerde ab, ans folgenden Gründen .

1) Rekurrent wird nicht durch die ...^tenergeseze zweier Kantone in ^Mitleidensehast gezogen, da die Forderung der Vorstehersehast von ....^berEndingen auf eine Erklärung , welche er zur Zeit ausgestellt hat. sieh

gründet .^

2) nun kann Jedermann zur Bezahlung einer Riehtsehuld sich ver.pflichten , also auch .^ur Beitragsleistungen an ^t..uern , die er sonst uieht zu bezahlen brauchte ;

483 3) wenn dann abex gegenüber einer solchen eingegangenen Verpflich-

tnng Einreden, betreffend Zwang, Minderjährigkeit u. drgl. geltend gemacht werden wollen, ^so fällt dieVrüsung derselben der richterlichen Beurtheilung anheim , wie bei jedem andern privatrechtlichen Verpflieh-

tnngsakt , ^ 4) Rekurrent hat über die Rechtsverbindlichkeit des in Frage

stehenden Aktes den Brozess vor zwei Jnstanzen bestanden und seine Einreden geltend gemacht , welche abex vom Richter verworfen worden

sind ;

5) unter diesen Umständen ist eine Einmischung der Bundesbehorden, sei es des Bundesrathes oder des Bnndesgerichtes, in diesel zur Glossen Zivilstreitigkeit gewordene Rechtsverhältnis.. unzulässig.

10. Herr von Ma^, Bürger in den Kantonen Bern und Aargan, erhob folgende Beschwerde : er wohne regelmässig im Kanton Aargau und nur vorübergehend bald kürzere, bald längere Zeit in der ^tadt Bern. Seine bürgerlichen Rechte und Belichten übe ex im Kt.

Aargau aus. Jnsolge dieser Doppelstellung sei im Jahr 1847 von der Regierung des Kantons Bern entschieden worden, dass er hier nuxdi^ im Kanton Bern h^pothezirten Kapitalien zu versteuern habe, und di..

Steuerbehörde von Aargau sei hiemit einverstanden gewesen.

Run habe er Ende Rovember 1869 eine Aufforderung erhalten, sein ganzes bewegliches Vermogen im Kanton Bern ^u versteuern. Dies..

willkü^rliehe Aeuderung des seit 20 Jahren bestandenen Verhältnisses set je.^oeh unstatthaft , da weder im bernischen ^teuergesez noch in seinen Riederlafsungsverhältnissen eine Aenderung eingetreten sei; au^ würd^ eine unzulässige Doppelbesteurung bezüglich^ seiner im Kanton Aargau liegenden Kapitalien eintreten.

Die Regierung von Bern machte geltend, dass Hr. v. Ma.^ in der ^.tadt Bern ein eigenes Hauswesen führe , also hier sein eigentliches Domizil habe, und nur vorübergehend im Kanton Aargau wohne. Auch sei jede Einrede verspätet, da er den hiezu gesezlich eingeräumten ^ermin versäumt habe. Das Gesez vom 18. März 1865 enthalte den Grundsaz , dass die Einkommensteuer von allen Einwohnern des Kantons, und zwar auch von den nicht h^pothezirten Kapitalien (....^ligationen, Schuldverschreibungen, Aetien, Depositen) zu entrichten sei.

Umgekehrt stellte die Regierung des Kantons Aargau die Behauptung aus , dass das wahre Domizil des Hrn. von Mai., aus Schloß Rued, Kts. Aargau sei, was durch verschiedene Urkunden bewiesen werde. Ex habe auch in den Jahren 1867, 1868 und 1869 die Einkommensteuer im Kanton Aargan bezahlt. Der Umstand, dass Reknxrent jedes Jahr einige Wochen in Bern zubringe, vermoge an dem Rechte des Kanton.^ Aargau nichts zu ändern.

484 Der Bundesrath entschied diesen Konflikt am 7. Februar 1871 im Sinne sollender Erwägungen: ^ ^ ^. ^.

1). Die Ansieht der Regier^ von. Bern, e^ sollte ^ekurrent vorerst seine Beschwerde an d^n Grossen Rath bringen , wie zur Zeit die Herren Bendel^ und Mithaste es zu thun angewiesen worden sind, ist unrichtig. Jn dem leztern Falle handelte es sich um ganz andere Fragen, nämlich um den Sinn und die Tragweite gewisser Gesezesbestimmungen, vorüber der Grosse Rath eine authentische Jnterpretation zu geben hatte, während im vorliegenden Fall^ kein Streit vorliegt , der die gesezgebende Behorde berührt, sondern die Beschwerde eines Bürgers, dass er für das gleiche Vermo^n pon den Stenergesezen zweier Kantone in Anspruch genommen werde .

^ 2) nach mehrsachen Entscheiden der Bundesversammlung ist eine direkte Doppelbesteuerung der nämlichen Berson sür die gleichen Vermogensobjel.te unzulässig. Jn Ausführung dieses Grundsatzes hat sich die Vrax^is gebildet , dass das unbewegliche Vermogen da versteuert wird , wo das Grundeigenthum liegt , das bewegliche Vermogen aber da, wo der Eigentümer seinen Wohnsiz hat ., 3) Rekurrent wohnt unbestritten jedes Jahr einige Zeit in ^Bern, wo er eine eigene Wohnung hat und eigene Haushaltung führt , was die Behorden von Bern berechtigt, das Steuergesez aus ihn in Anweudung zu bringen, weil unter diesen Verhältnissen nicht wohl von einem blossen vorübergehenden zufälligen Ausenthalt gesprochen werden kann ; 4) da aber derselbe seinen eigentlichen bleibenden Wohnsiz im Kauton Aargau nicht aufgegeben und in der Regel die grosste Zeit des Jahres dort wohnt, wo er aueh die politischen Rechte ausübt und von seinem Vexmogen die Steuer bezahlt , so kann er in Bern nieht sur eine längere Zeit mit Steuern belegt werden, als er wirklich da wohnt.

d. h. er ist nur pfliehtig, die Eink...mmensfteuer pro rata des wirkliehen Ausenthaltes in Bern zu bezahlen, sür welche Zeit ihm aber hinwieder ein entsprechender Abzug an der Jahressteuer im Kanton Aargau gemacht werden mnss , 5) die Steuerbelaftung des Rekurrenteu ist sür das Jahr 1870 und bei der Fortdauer dieser Verhältnisse auch für die Zuknnst aus dem augegebenen Fnsse zu ordnen. Es dürste am zwekmässigsten sein, wenn Hr. von Ma.^ stch mit den beiden Steuerbehörden iu^s Einvernehmen sezen würde, um naeh den oben ausgestellten Grundsäzen seine ^teuerpflieht in Ordnung z^ bringen (vide Gesehästsbericht des Bnndes-

rai.hes pro 18^, Bundesblatt 1870, Bd. 1..., S. 135).

4. B ü r g e x r e ch t.

11. Die Raturalisirung des Württembergers J o h a n n e s Fuchs durch den Grossen Rath ^es Kantons ......hurgau wurde vom Bundesrathe

^5 .^s dem Art. 43 der Bundesverfassung widersprechend aufgehoben.

Auch dieser Fall kam ^n d^. .Bundesversammlung, welche den bundes-

xäthlichen Entscheid bestätigte. Die faktischen und rechtlichen Verhaltnifse dieses ^lles sind. ans den .gedrukten Berichten ersichtlich.

(Bun-

desblatt 1871, I...,^. 900.. 1117, 1119. Band ...I..., S. 91 und 99.)

^

^ .

^ .

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5.

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st .

12. Hier ist nur^ der an die Bundesversammlung gekommenen und ^uch von dieser als unbegründet erklärten Beschwerde des Hrn.

Wilhelm .^.eim pon Gais zu ermähnen. Der Entscheid des Bundes-

xathes ist gedrukt im Bundesblatt 1871, Il...., 387. Der commissionsberieht ist zu finden im Bundesblatt 1872, I, 767.

^ 6. ^ G e r i c h t s s t a n d .

... Gexichtsstand.des Wohnortes.

13. Jm Jahr 1868 kaufte Herr Hans Heinrich J a n s e n in Hamburg von einer Aktiengesellschaft in Basel das Schlossgut Bottmingen, im Bezirk Axlesheim, Kts. Baselland. Die in diesen Lokalitaten von jener Aetiengesel.lschast betriebene Vapierstoff^abrikation wurd^ von Hrn. Jansen fortgesezt , zu welchem Zweke ex die Niederlassung im Kanton Basel.land nahm. Seinen eigentlichen Wohnsiz hatte er jedoch in Hamburg, indem er in.Bottmingen durch einen ^eschäftssührex repräsentirt war nnd nur hin und wieder personlich dahin kam.

Bei Anlass einer solchen vorübergehenden Anwesenheit ^im März 1869 wurde ^Hr. Jansen durch den Maler .^lmberger von Solingen (Breussen), wohnhaft in Basel, vor das Friedensriehteramt Binningen, in dessen Kreis das^ Schlossgut Bottmingen liegt, zitirt, um darauf ^ antworten, ob er anerkenne, dem Hrn. Amberger schuldig ^n sein :

a. Fr. 13,627 Rp. 05 als Restanz der Aetien des Hrn. Amberger, b. Fr.

welche Hr. Jansen bei Ankauf des Schlossgutes Bottmingen zu bezahlen versprochen habe.

3080 Rp. 40 Auslagen des Hrn. Amberger sur Reparaturen im Schlosse zu Bottmingen und süx Anschaffung^ von Mobilien.

Hr. Jausen bestritt die Kompetenz der Gerichte von Baselland und verlangte die Verweisung dieser personliche..... Klagen an die Gerichte seines Wohnortes Hamburg. Allein das ^....bergerieht von Baselland erklärte die Gerichte dieses Kantons kompetent , weil Hr. Jansen Eigentümer von Liegenschasten im Kamton sei nnd die sormliche Rie-

^6 derlassung daselbst bestze , auch seien die streitigen Forderungen nt..t einem dingliehen Ehaxakter behaftet , weil sie einerseits mit dem Erwerbe der Liegenschaft verbunden und andererseits aus Verwendungen für diese .Liegenschaft entsprungen seien. Ueberdies habe Hr. Jansen diesen Gerichtsstand selbst anerkannt, indem er die erste Vorladung an seinem Domizil in Bottmingen personlieh angenommen habe und auch persönlich vor dem Friedensrichter erschienen sei. .-.- Jnsolge dessen wurde Hr. Jansen zur ..Bezahlung der beiden eingeklagten Summen verurtheilt.

Jn diesem Stadium beschwerte sich Hr. Jansen da..'. erste Mal, allein der Bundesrath entschied am 12. Januar 1870 , dass er nicht kompetent sei, ans diese Beschwerde einzutreten, weil in diesem ^alle die Berichte von Baselland weder durch Grun^saze des Bundesrechtes, noch durch einen Staatsvertrag mit Hamburg beschränkt seien.

Mittlerweile su.hte Hr. Amberger die zu seinen Gunsten lautenden Urtheile gegen Herrn Jause.. im .Danton Baselland zur Vollziehung zu bringen und erwirkte einen Arrest auf das Schlossgnt Bottmingen.

^.Dieser Arrest wurde gerichtlich bestätigt, woraus zur Erosfuung d..s Konkurses gegen Hrn. Jansen geschritten wurde. Lezterer lehnte jedoch die Annahme jeder bezüglichen Eröffnung , die ihm^ in Hamburg gemacht werden wollte, ab, und ^ie dortigen Gerichte verweigerten ebenfalls ihre Mitwirkung, weil die Kompetenz der schweizerischen Gerichtsbarkeit nieht nachgewiesen sei, denn Hr. Jansen sei hamburgischer Bürger, und es scheh.e nicht eine dingliche, ans den Grnndbesiz desselben in der Schweiz bezügliche Klage vorzuliegen . auch erhelle nieht^ dass Jansen ausdrüklich oder durch konkl.ndente Handlungen der Kompetenz der schweizerischen Gerichte sich unterzogen habe.

Auf Begehren des Hrn. Amberger wurde nun gegen Hrn. Jansen das Edietalversahren eingeleitet . allein lezterer beschwerte sieh bei dem Obergeriehte von Baselland uud rel^urrirte sodann neuerdings an den Bundesrath, indem er, gestü^t aus Art. 50 und ^3 der Bu^.desv^rfas-

fung, das Begehren stellte, dass die Gerichte von Baselland als inl.ompe-

tent sür das ganze ^ersal^ren gegen ihn zu erklären seien, eventuell, dass wegen Verlegung mehrerer prozessualiseher .^orschristen der .Arrest und das Konkursversahren ausgehoben werden mochten.

Der Bundesrath erklärte jedoch am 2..). Dezember 1871 diese Beschwerde abermals unbegründet, weil^ex Art. 50 der Bundesverfassung nur von ^chweizerbürgern angerufen werben köune , und Herx Jansen znr Zeit der gerichtlichen Verhandlungen eine förmliche .Niederlassnng im Kanton Baselland inne gehabt habe , wie er auch je^t noch Grundeigentum dort besize. Jm Uebrigen wurde aus die Begründung der Kompetenz durch das Ol.ergericht von Baselland verwiesen. Be-

4 .

.

^

^lich der weitern Beschwerde, dass die pro^essualischen Vorsehristen n.cht überall richtig .beobachtet worden seien , wurde der Rekurrent aus dieWenigen Rechtsmittel verwiesen , welche .n den gesezen von Baselland für solche Beschwerden vorgeschrieben sind.

b. G e r i c h t s s t a n d des Z u s a m m e n h a n g s der Sachen.

14. Hr. Jakob Bändiger, Bürger von Lnl^enberg, Kts. Appen.^ellA. R., hat im Jahr 1867, obwohl er damals schon in St. fallen wohnte , die ^ständige Behorde seines Heimatkantons angerufen, um von seiner ^rau Anna. geb. S^hwei.^er, geschieden zu werden und ^..ie Zutheilung seiner zwei Binder zu erhalten. ^iese Klage wurde dahin erledigt, dass die Ehegatten einstweilen von .^isch und Bett geschieden, die Kinder aber der Mutter zur Erziehung überlassen wurden.

Jm gleichen Jahre s.hlossen die Eheleute Bändiger vor dem Vermittleramte ^u St. Gallen einen Vergleich über die Ausscheidung des ^rauenver-

moyens und änderten gleichzeitig jenes Urtheil dahin ab , dass die ErZiehung des ältern Kindes dem Vater, die Erziehung des jüngern Kindes aber der Mntter obliegen soll. Jm Jahr 1868 erhob sodann die Ehe-

srau Bändiger vor dem gleichen Berichte des Kantons Appen^ell A. R. die

Klage ans definitive Scheidung, welche aneh ausgesprochen wurde, ohne dass der Beklagte gegen di.e Zuständigkeit des Gerichtes Einsprache erhoben hätte. Sowohl Bändiger als .dessen geschiedene Ehesrau verehelichten sich wieder. Jm Frühjahr 1871 kam nun ^as dem Bändiger ^ugesehiedeue Kind aas Besuch ^u seiner Matter, welche im Einverständnisse mit ihrem ^weiten Ehemanne dasselbe nicht mehr ^urül^ehen liess ; vielmehr erhob der lettere bei der kompetenten Behorde von ^.lppenzell A.^R. eine Klage und verlangte die Zuweisung aueh des zweiten Kindes an seine Mutter.

Hr. Bändiger beschwerte sieh nun bei dem Bundesrathe und verlangte, dass diese Klage, weil persoulicher Ratur, gemäss Art. .^0 der Bundesverfassung vor die Gerichte seines Wohnortes verwiesen werde.

Mit Entscheid vom 30. Oetober 1871 erklärte jedoch der Bundesrath die Geriete von Appenzell A. Rh. kompetent , und stüzte sich hiebei wesentlich auf solgende Gesiehtspuukte : Jm schweiz. Bundesrechte ist es Regel, dass die in der Hauptsache kompetente Behorde^ auch sür die aus denselben thatsächlichen Verhältnissen entspringenden Rebensa.hen kompetent ist. ^^un hat das Gericht von Appen^ell A. R. die ^rag^ der Auslosung der Ehe zwischen den Ehelenten Bändiger beurtheilt, und zwar ohne dass der heutige Rekurreut gegen diesen Gerichtsstand Einwenduug gemacht hätte, während es

si^ gegenwärtig nur um weitere Vollziehung des Urtheils handelt, rük^

sichtlich eines speziellen Vn..ktes , der seiner Zeit wohl vorläufig abe....

488 nicht definitiv erledigt wurde und jezt .......toff zu weitet Streitigkeiten bietet. Es handelt sieh somit un. den Umfa.^. der Wirkungen des Scheidungsurtheils, also uni ei..^^eh^ ue..^nsachllche Frage, die der ..u^meinen Re^el gemäss von der gleichen zustandigen Behörde .oon Appen.^ zell A. .....h. zu beurtheile.. ist, von welcher auch die Hauptfrage entschieden .wurde, wobei es dem^Rekurrenten immerhin freisteht, die Frage entgegenzuhalten, ob nicht der Streitpunkt durch den Vergleich vom 9.

November 1868 bereits seine rechtsgültige Erledigung gesunden^ habe.

c. G e r i c h t s s t a n d de.^ V e r t r a g e s .

15. Hier kann vor Allem der beiden Rekurse erwähnt werden, welche die R e g i e r u n g v o n Willis anhängig machte ge^en den Gerichtsstand in Bern und Basel-Stadt für mehrere Wechsel ans den

Staat Wal.lis, zahlbar .^ domicile. Es wird iedoeh bloss erwähnt, dass

sowohl vom Bundesrath als von der Bundesversammlung der in ^den Wechseln bezeichnete Zahlungsort aueh als Gerichtsstand sür die Weehselklage anerkannt wurde. Die Beschlüsse des Bundesrathes sind ge-

drukt im Bundesblatt 1871, ...l.l. 763 und 771 und der Kommisstonsberieht im Bundesblatt 1872, 1. 553.

16. ^Dieselbe Frage wurde im gleichen Sinne entschieden in dem Rekurse des Hrn. K. Villiger in Klei..^Dietw...l , Kts. Aargau.

(Bundesblatt 1871, 11... 535. 1872, L 737.)

17. Gemäss eines im Kanton Freiburg geschlossenen Vertrages machte Hr. Th....d.^Gremion in Enne... , Kts. Freibnrg , einem Hrn. S. B.

B e r n a r d zuhauden des Hauses Dord und Eomp. in Rew-^ork verschiedene Waarenlieserungen, und kam in Folge dessen in Vorsehuss mit einem Rechnungssaldo von 48,325 Fr. 55 Rp. Er machte nun zunächst seine Klage gegen Dord und Eomp. zu ^aris geltend, wo deren Repräsentant Bernard wohnte.. allein das Handelsgericht der Seine erklärte sich nicht zuständig. Hr. Thedh-Gremion erhob hierauf sei..e Klage bei dem Handelsgericht von Freibnrg, und erhielt von diesem ein Eontumazurtheil gegen Bernard sür sieh nnd als Repräsentant von Dord und Eomp.

Hr. Bernard rekurrirte sodann gegen die Kompetenz der freiburgischen Gerichte an den Bundesrath, und machte geltend, dass er als Bürger der Vereinigten Staaten von Nordamerika gemäss dem Freundsehastsvertrage zwischen diesen Staaten und der Schweiz gleich den Schweizern bei dem Gerichtsstand des Wohnortes sür die im Streite liegende personliche Forderung geschüzt werden müsse. Auch habe der eigentliche Schuldner, Dord und Eomp., den festen Wohnsiz in .^ew^ork ; es sei also die Kla^e an diesem Orte anzubringen. Uebrigens sei er, Hr. Bernard, auch franzosischer Bürger und könne den Vertrag

489 zachen der Schw^ ^und Frankreich. vom 15. Juni 186^, Art. 1, .^lbs^ 2, für sich anrufe , ^ indem die Franzosen und Schwerer mit f.^.stem Wohnstz nach dem dort Aufgestellten Brinzip behandelt werden müsse.... , wenn sie auch nicht im Gebote der Vertra^sstaaten wohnen.

Endlich .^ie.^ prozessüa..isehe Vorschr.iften .verlebt worden.

Unterm13. ^September

1.871 erklärte der Bundesrath diese Be-

^.hwerde als unbegründet, gestü^auf ^folgende rechtliche Gesichtspunkte :

1) Für die Vundesbehorden kommt einzig in Betracht, ob durch das Verfahren und .durch das.^Urtheil des Handelsgerichtes des Kantons Freibnrg Vorschriften bestehender Staatsverträge verlezt worden seiend denn nur in diesem Fal.l^ lasst s.^h ein Einschreiten derselben recht-

fertigen;

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^ 2). die Klage des Hrn. ^héd^Grem^on gegen Hrn. Bernard ist eine persönliche^ und hat zum Zwek, denselben in seiner Eigensehast als Assoeie und ^ Hauptagent des^ Hauses ,,Dord und Eomp.^ sur eine Forderung zu belangen, welche .der Kläger^ an dem Beklagten zu machen hat , ^ ^ ...

^ ^ 3) die weitere Frage, ob Hr^Bernard^pfliehtig sei, für die Schulden dieser Firma , die er als deren. Repräsentant im Kanton Freiburg per^onlich kontrahirte, zu hasten, ist Sache des Richters und kann für die ^undesbehorden nicht in Betracht kommen ; ^ ^ 4) wenn nun Hr. ..^d.^Greniion seine persönliche Klage am Orte des Vertrages eingeklagt hat , so find hiedureh keine Staatsverträge verlezt. Was zunächst den Vertrag mit Frankreich vom Jahr 1869 betrifft, so ist es um so weniger nothwendlg, aus die unter den Varteien

streitige Auslegung des ^lrt. 1 desselben einzutreten , als das vom

Kläger angerufene sranzosisehe Gericht aus dem Grunde, weil die Barteien Fremde seien und in Baris kein Domizil haben, sich inkompetent erklärt hat. Mithin ist gar nicht gedenkbar, dass zwischen den Gerichten der beiden Staaten ein Konflikt entstehe. Unter diesen Verhältnissen steht somit dieser Vertrag dem Vorgehen des Hrn. Thed.^Gremion nicht entgegen , 5) anbelangend den zwischen der Schweiz und Nordamerika bestehenden Vertrag pom Jahr 1855 , so kann aus demselben sür diese Gerichtsstan^ssache^ nichts abgeleitet werden, weil er die Regelung ganz anderer Verhältnisse bezwekt und sich mit der ^rage über das ^orum des wege.n Forderungen zu belangenden Schuldners gar nicht befasst ;

6) wenn schliesslich Rekurrent sieh beklagt , dass er nicht ordentlich porgeladen worden und dass bei dem gegen ihn erlassenen Kontumazurtheil die prozessualisehen formen nicht beobachtet worden seien , so

stehen ihm diessalls diejenigen Rechtsmittel bei den freiburgisehen Ge-

4^)0 richten zu, welche für solche Beschwerden in den dortigen Gesezen ..........geschrieben sind.

1..... Jm Mai 1864 versicherte sich Herkules Oswald von Jlanz, Kts. Graubünden, bei der schw e iz e r i sche n R e n t e n a n st a l t in Züric für 20,000 Fr. auf den Todesfall hin. Es geschah dieses anf Grundlage der Statuten der Rentenanftalt vom Jahr 1857, wonach die Gefellschast .Domizil und Gerichtsstand in Zürich hat und sür Streitigkeiten aus^ ^ersi.herungsverträgen ein Schiedsgericht vorgesehen ist.

Am 1. September 1869 starb Hr. Oswald, worauf dessen Erben die Auszahlung der Versicherungssumme verlaugten. Die Rentenanstalt verweigerte jedoch die Zahlung aus Grund des Selbstmordes des Versicherten. Die Erben Oswald zttirten die schweiz. Rentenanstalt vor das Vermittleramt in Ehur, wo leztere stch bereit erklärte, zur Bildung des in ihren Statuten vorgeseheneu Schiedsgerichtes mitzuwirken. Die .Kläger verlangten aber, dass die Beklagte vor den ordentlichen Gerichten von Graubüuden, oder doch eventuell vor einem durch die Regierung

zu wählenden Schiedsgericht, bestehend aus fünf Bündtnern, sich ein-

lassen müsse. Rach Vorschrist der Gesezgebnng des Kantons Graubünden kam diese Frage in erster Linie an die Regierung dieses Kantons,

welche am 31 .Mai 1870 dahin entschied, es habe die schwer. Rentenanstalt vor lassen.

den ordentlichen Gerichten

von Graubünden sieh einzu-

Gegen diesen Entscheid beschwerte sich der Direktor der Rentenanstalt bei dem Bundesrath, und machte geltend :

Zur Zeit des Abschlusses des Versicherungsvertrages mit Hrn. Oswald haben im Kanton Graubünden noch keine staatlichen Vorschristen süx diese Art Geschäfte bestanden. Dagegen sei mit 1. Januar 1865 eine Verordnung l^datirt 22. Juni 1864) in Krast getreten, wonach für den Absehluss von Versicherungsverträgen eine Konzession nachgesucht , eine Gebühr von 50 ^r. bezahlt nnd eine Realkaution geleistet werden müsse, welche sür die Rentenanstalt ans 50,000 Fr. fir.irt worden sei.

Endlich sehreibe diese Verordnuug vor , dass die betreffende Gesellschaft erklären müsse , für persönliche Klagen von Versicherten am Wohnorte des Hauptagenten im Kanton Graubünden sieh belangen lassen zu wollen.

Die schweiz. Rentenanstalt habe zwar geglaubt, dieser Verordnung sich nicht fügen .^u müssen, indes.. habe sie am 27. Mai 1865 die Erklärung abgegeben , dass sie den ausgestellten Bedingungen sieh unterwerse, jedoch uuter Vorbehalt des schiedsgerichtlichen Verfahrens. Dieser Gerichtsstand sei vereinbart durch den Versicherungsvertrag mit Hrn. .^..swald und nach Massgabe der Vorschriften der Statuten gestüzt , ans welche jener Versicherungsvertrag abgeschlossen worden sei. Die spätere

491 ^e.l.^rdnung^ vom 22. Juni 1864 konne an den mit dem Vertrag beidseitig erworbenen Rechten nichts ändern , sie habe überhaupt keine rükwirkende Kraft aus diesen frühern Vertrag. Der Entscheid der Regierung des Kantons Graubünden stehe somit nicht bloss im Widerspruche mit dem ^us ^..i.^situn.... beider V..rteien,. sondern auch mit Art. 50 und 53 der Bundesverfassung und mit dem Konkordate vom 15. Juni 1804, ^erneuert 8. Juli 1818.

Ferner enthalten die Verordnungen von 1865 und 1867 Bestimmungen , welche den freien Geschäftsverkehr in hohem Grade belasti^gen , ^uud das durch Art. 2..) der Bundesverfassung garantirti Vrinzip der Freiheit des Han^els^ nnd der Gewerbe verleben. Wenn eine Versicheruugsgesel.lschast in jedem Kauton eine verhältnissmässige Kaution

leisten müsste , so würde ihr die Betreibung des Gesehästes unmöglich gemacht.

. .

Am 12. April 1871 erklärte der Bundesrath diese Beschwerde als unbegründet, gestüzt anf folgende Erwägungen ^

1.

1) Betreffend berechtigt sei, der ^um Abschluß von legen , wie dieses

die allgemeine Frage , ob der Kanton Graubünden schweizerischen Rentenanstalt anlässlich der Konzession Versicherungsverträgen solche Bedingungen aufzuerin der angefochtenen Verordnung geschieht, so muss

diese ^rage bejaht werden. Eiue diessällig.^ Beschränkung des Gesezgebungsrechtes der Kantone ist in den angerufenen Artikeln der Bundesversass.^ng u^ht enthalten.

Z..n.^st berührt der Art. .2.) den Ges.^ästsbetrieb von Versieherungs- un.^ ähnliehen Gesellschasteu nicht, sondern spricht nur vom unbeschränken Ha..del u^.d vom freien Transport von Gegenständen von Kanton zu Kauton.

Sodann stellt der ..Art. 50 sur. personliche Forderungen nicht einen absolut verbindlichen Gerichtsstand ans, welcher u.cht durch einen andern konvenirten Gerichtsstand erseht werden konnte.

Endlich ist der Art. 53 desswegen ni.ht Antreffend , weil in der fraglichen Verordnung kein Ausuahmsgericht aufgestellt wird , sondern ein allgemeiner Gerichtsstand, der für alle derartigen Rechtsgeschäfte Anwendung siudet.

2) Eine Reihe von Konzessionen au Eisenbahngesellschaften enthalten für den Geschäftsbetrieb in den Kantonen ähnliche Bedingungen,

und ^war namentlich bezüglich des Gerichtsstandes. Alle diese Kon^es-

sionen wurden vou der Bundesversammlung ohne Bedenken genehmigt,

492 ^orln wohl der beste Beweis liegt, dai.. solch^ Bestimmungen buntesrechtlich als zulässig angesehen werden.^ .

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.. 1) Wa.^ die Gerichtsstandssrage im Spezialfalle betrifft, .^ liegt allerdings eine personliche Forderung in Frage, über welche nach Art. 50 der Bundesverfassung und nach Jnhalt des auf die Statuten abgeschlofsenen Versicherungsvertrages das dort vorgesehene Schiedsgericht zu urtheilen hätte , wenn nicht später andere Momente hinzugetreten waren, welche bezüglich des kompetenten Forums eine Aenderung herbeigeführt haben.

2) ^chon das bürgerliche Gesezbuch des Kantons Granbünden vom Jahr 1862 (Art. ^4) stellt solche Anstalten unter die Aussieht der Regierung und macht ihre staatli.he Genehmigung von der Erfüllung gewisser Verpflichtungen abhängig. Jn weiterer Ausführung dieser Gesezesbestimmung erschien dann die Verordnung vom 22. Juni 1864, nach welcher zum Geschäftsbetrieb von der Gesellschaft die rechtsverkindliche Erklärung abgegeben werden musste , dass sie am Wohnsize ihres Hauptagenten im Kanton für personliehe Klagen von inländischen Versicherten oder deren Rechtsnachfolger sieh zivilgerichtlich belangen lassen wolle.

3) Würde die Rentenanstalt damals die Erklärung abgegeben haben, sie unterziehe sich den ausgestellten Bedingungen nicht und verziehte auf fernere Abschlüsse von Versicherungsverträgen ini Kanton , so unterläge es wohl keinem Zweifel, dass alle vorher abgeschlossenen Verträge einzig nach Jnhalt der Statuten , auf welche der Abschluss erfolgt war, hätten behandelt werden müssen.

4) Die sragliche Verordnung hatte aber gerade zum Zweke , di^ Jnteressen der Einwohner nicht mehr allein von den Bestimmungen de.^ Gesellsehaftsstatuten abhängig ^u macheu, sondern dieselben in gewissen Richtungen dem staatliehen Sehuze ^u unterstellen und so das Verficherungswesen im Kanton in eine bestimmte einheitliehe Ordnung zu bringen. Dieses konnte aber nur geschehen , wenu aus Grund einer ertheilten Konzession alle mit einer kouzessionirten Gesellschast abgesehlos..

fenen Verträge bezüglich der Geriehtsstandsfrage gleich behandelt wurden und oh..e dass dabei in Berücksichtigung siel,^in welchem Zeitpunkt das materielle Rechtsgeschäft entstanden ist.

5) Jn diesem Sinne wurde die Verordnung vom 22. Juni 1864 der Direktion der Rentenanstalt mitgetheilt, und dieselbe hat auch in gleichem Sinne unterm 27. Mai l 865 znrük geantwortet, dass sie au Grundlage der Zuschrift der Regierung für Streitfälle aus Versichernngsvertragen, die im Kanton Graubünden a b g e s c h l o s s e n w o r d e n

493 sind , den bündnerischen .Gerichtsstand ^ i. e. das Forum von Ehur, anerkenne, worauf erst die Rükantwort ^er Regierung erfolgte, d^ass nach dieser Unterwerfung unter den bündnerisehen Gerichtsstand der Ertheilung der Konzession im Danton nichts mehr im Wege stehe. Jn diesen Vorsangen ^m^ss der Verzieht auf ein ursprünglich konvenirtes Recht erblikt werden, ^ohne welchen die Konzessionsertheilnng kaum erfolgt wäre.

6) ^Würde die Direktion der Rentenanstalt einen Unterschied in der Behandlung der Gerichtsstandssrage beabstchtigt haben, so hätte sie ausdrüklich die Erklärung abgaben sollen , dass ste nur in dem Sinne der Verordnung steh untergehe, dass^ dieselbe erst für künstig abzusehliessende Verträge ihre Wirksamkeit punito fori äussere. Der gan^ .^.enor dex Antwort geht aber vielmehr dahin , dass sie mit Erwerbung der Konzession sich auch dem dortigen Geriehtsstande unterwerfe, ohne Rüksieht aus den Zeitpunkt der abgeschlossenen ^Verträge.

7) Jn der Rük.tntwort der Rentenanstalt ist einzig die Voraussezung erwähnt , dass nach bündnerisehem Brozessreeht auch das schiedsgerichtliche Versahren znlässi^ sein werde. Dass aber damit nicht das in d.^n G..seils^h...ftsstatnten vorgesehene Schiedsgericht gemeint sein konnte, ist nach dem Wortlaut und nach der Stellung dieses ^azes ^anz klar, indem diese Bemerkung ^rst nach der Unterwersung unter den Gerichtsstand von Ehur folgt. Es ist hiemlt einfach die Erwartuug ausgesprochen , . dass im Kanton Graubündeu den Parteien frei stehen .

werde,. statt des ständigen Gerichtes auch ein Schiedsgericht anzurufen.

Run hat allerdings neben den allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesezes die Verordnung von 1866 (die im Wesentlichen die .gleichen Bedingungen enthält wie die Verordnung von 1864), dieses schiedsgerichtliche Verfahren ausdrüklich anerkannt , indem sie verfügt, dass eine allsällig in den Statuten vorgesehene schiedsrichterliche Eut-

scheidung uicht ausgeschlossen sei, jedoch in der Meinung, dass die Bestellnng dieses Schiedsgerichts, salls sieh die Varteien darüber n.cht verständigen, dem Kleinen Rathe zustehen soll.

^ d. Gerichtsstand des Vergehens.

19. ^rau D ü r l e r , geb. ^is.her, von Alt St. Johann, Kts.

St. Gallen , lebte freiwillig getrennt von ihrem Ehemann Riklaus Dürler, und gel..ar an ihrem Wohnort Binuiugen, Kts. Baselland, ein ausserehelich erzeugtes Kind.

Das Bezirksgericht ^lrlesheim verurtheilte sie am 26. Januar 1871 wegen dieser ^ausserehelichen SchwangerSchaft ^n einer Geldstrafe von 17 ^r. 1.^ Rp., eventuell im Falle der

Zahlungsunfähigkeit zu 6 Tagen Gefangenschaft.

Run hatten aber die Eheleute Dürler schon vorher . nämlich am 9. Rovember 1870 , den Scheidungspro^ess bei den Gerichten von

494 Basel-Stadt, wo der Ehemann wohnte, anhängig abmacht. Rachdem sodann die Regierung ihres Heimatkantous St. Gallen die Beurthei-

tung dieser Ehescheidung dem Basler Ehegerichte delegirt hatte, sprach

dieses die gänzliche Trennung der Ehelente Dürler aus , und vernrtheilte gleichzeitig die El^esrau wegen des vorerwähnten Ehebruches zu l0 Tagen Einsperrung. Das Ehegericht Basel gieng hiebei von der Ansicht ans , dass es auch kompetent sei zur .^lussälluug dieser Strase, weil das rechtliche Domizil einer nngeschiedenen Ehefrau am Wohnorte des Mannes sei.

Die Ehesrau Dürler beschwerte sich nun wegen der doppelten Bestrafung für die gleiche Handlung und suchte darzuthun , dass die Ve-

strafung in Baset unzulässig sei , weil die Aburtheilung in Baselland vorausgegangen und dort ^..gleich der Ort der That sei . auch habe der Ehemann Dürler nieht aus Bestrafung des Ehebruches geklagt.

Der Bundesrath erklärte diese Beschwerde am 4. August 1871 im Sinne der folgenden Erwägungen begründet :

1) Es liegt im Spezialfalle allerdings eine doppelte Bestrafung für das nämliche Vergehen vor, indem die Gerichte von Baselstadt das Unzuchtsvergehen, weil es sieh zum Ehebruch gnalifizirt, diejenigen pon Baseiland aber das Unzuehtsvergehen , welches die Schwangerschaft zur Folge hatte, bestrafen , 2)

da eine solche Doppelbestrafung der nämlichen Person für die

gleiche Handlung unzulässig erseheint , so liegt thatsäehlich ein Konflikt staatsrechtlicher .^atnr zwischen zwei Kantonen vor, uno es ist desshalb an den Bundesbehorden, zu entscheiden, welche der beiden Gesezgebungen massgebend sei ,

3) es erscheint nun richtiger, der Gesezgebung von Baselstadt den Vorzug zu geben, weil das Ehegerieht von Baselstadt sowohl durch Delegatlon^als ans das eigene Anrufen der Eheleute Dürler zuständig wurde, den Eheseheidungsprozess zu beurtheilen. Wenn das Gericht dann gleichzeitig über den der ^rau Dürler zur Last gelegten Ehebruch, welcher wesentlich dem Scheidungsbegehren zu Grunde lag , auch in strasrechtlicher Hinsicht urtheilte , so geschah dieses nach Anleitung dortiger Geseze, welche vorschreiben, dass mit dem Urtheil in der Hauptsaehe auch über den Strafpunkt von Amtes wegen zu urtheilen sei.

Ohnehin erseheint es ka^um als zulässig , dass eine noch in der Ehe lebende Frau wegen außerehelicher ^wangersehast bestrast werde,

wie solches dureh das Urtheil des basellandschastlichen Gerichtes ge-

sehehen ist.

495 ... ..Gerichtsstand in K o n k u r s s a c h e n .

20. Die Eheleute Gaillard von La Roche , Kts. Freiburg, wohnhaft in Les Eotards, Kts. Reuenburg, kamen an le^term Orte in Konkurs. Bald nachher starb im Kanton Freiburg die Mutter der Frau Gaillard, worauf der Verwalter der Konkursmasse, .^.r. M o n t a n d o n .

den Erbantheil der Erstern in die. Massa rel^lamirte.. Jhre Geschwister protestirten jedoch dagegen , und die Gerichte von Freiburg schürten sie bei ihrer Einsprache. Das Kantonsgerieht von Freibnrg sprach steh nämlich in seinem Urtheil vom 7. Februar 1870 dahin aus : Gemäß Art. 2 des Code civile des Kantons Freiburg seien die Angehörigen dieses

Kantons in Bezug auf die Rechte und Handlungsfähigkeit der hei-

Etlichen Gesezgebung unterworfen, auch we..n. sie außerhalb des Kantons wohnhaft seien, und nach Art. ^7 des gleichen Gesezes könne eine Ehefrau ^u Gunsten ihres Ehegatten keine Verpflichtung eingehen ohne die. Zustimmung des leztern und ohne gerichtliche Ermächtigung.

Run sei der Konkurs im Kanton Reuenburg erosfnet worden, ohne dass die heimatliche Vormundschastsbehorde im Kanton ^reiburg hievon Kenntniss und damit^ die Möglichkeit erhalten hätte , zu intervenire. oder zu genehmigen. Rach Art. 60 des zitirten Gesezes sei somit dieser Konkurs unstatthaft , jedenfalls aber müsse die Frau Gaillard nicht sur die Schul.^eu des Mannes haften.

Der Massaverwalter, Hr. M o n t a n d o n , rekurrirte gegen dieses Urtheil unter Berufung aus Art. 49 der Bundesverfassung und aus das

Konkordat vom. 15. Juni 1804, bestätigt am 8. Juli 1818.

Der Buudesrath hat am 8. April 1871 in Betracht gezogen :

1) Der Konkurs über die Eheleute Gaillard ist von dem zuständigen Gerichte des Kantons Reuenbnrg erössnet und in gesezlich vorgeschriebeuer Weise publizirt worden , mas nach den vorliegenden Akten der heimatliehen Behor.de auch nicht uubekanut geblieben ist. Rach

Jnhalt der Konkordate vom 15. Jnni 1804 und 7. Juni 1810, welchen

die Kantone Fxeiburg und Reuenbnrg beigetreten sind , ist daher der Konkurs vor dem Gerichtsstande und nach der Gesezgebung des Wohnortes durchzuführen .

2) nach den gleichen Konkordaten ist die Universalität des von den kompetenten Wohnortsbehorden verhängten Konkurses in der Weise festgesezt, dass sämmtliches bewegliches Vermogen der Konkursiten, es mag im Konkordatsgebiete gelegen sein wo es will, in die e i n e nnd ungetheilte Konkursmasse zu ziehen ist, 3) hieraus folgt, dass der von den neuenbnrgischen Gerichten nicht nur über Gaillard . sondern auch ausdrüklich über seine Ehefrau verhängte Konkurs seine Wirksamkeit auch aus das Vermögen der Frau

496 gaillard erstrekt , welches ihr im Kanton Freiburg zugefallen ist, ...^d daher in die neuenburgisehe Konkursmasse gehort. Dieses erfordert da...

gemeinsame Prinzip , weiches die konkordirenden Stände unter sich al....

allgemein bindende Rorm ansgestellt haben , und welchem daher auch das freiburgische Gesez sich unterordnen muss ; 4) die gemachten Einwendungen, es sei die Frau gaillard in Vezug auf Rechts- und Handlungsfähigkeit auch im Kanton Reuenbur^ den heimatlichen Gesezen unterworsen geblieben , wonach eine Ehefrau zu Gunsten ihres Mannes ohne Zustimmung des leztern und ohne Be.^

willigung der zuständige^ Heimatbehorde keine Verpflichtungen ein-

gehen konne, sind in doppelter Hinsicht ohne rechtliehe Bedeutung : einmal weil der Konkurs nicht den Gesezen vo.i Freiburg , sondern denjenigen von Reuenburg unterworfen ist, und sodann, weil, wenn materiell die sreiburgisehen Geseze anwendbar .vären , es den dortigen Jn^ teressenten unbenommen bliebe , ihre Einsprache gegen die Ausdehnung des Konkurses ans das fragliehe ......ermogen der Frau Gaillard bei den formell zuständigen neuenburgischen Gerichten anzubringen (vide Ullmer,

Rr. 1094),

und beschlossen, es sei der Rekurs im Sinne der Erwägungen begründet und das obergerichtliche Urtheil von Freiburg d. d. 7. Febrnar l 870 ausgehoben.

k. Gerichtsstand in E r b s e h a s t s s a c h e n .

21. Zwischen den Regierungen der Kantone St. G a l l e n und G l a r u s entstand folgender Konflikt: Am 20. ^ebrnar 1870 starb an seinem Wohnorte in der Gemeinde .Quarten, Kts. St. Gallen, Hr. Jakob ^ c h n e e l i , Bürger von Kerenzen, Kts. Glarns. Er hinterliess ein bedeutendes Vermogen, das in den Kantonen ^t. Gallen , Glarns und ^hurgau lag, und zwar im Kanton ^t. Gallen Mobilien und Forderungen, iu den beiden andern Kantonen aber Grundeigenthnn.. Die Jnventarisirung und Vertheiluug des^ Nachlasses wurde aufänglich unter faktischer Mithilfe sämmtlicher Erben von den .Behorden des Kantons ^t. Gallen an die Hand genommen.

Vald jedoch enthielten sich einige derselben jeder weitern Mitwirkung, indem sie verlangten, dass die Erbtheilung von den Vehorden und nach den Gesezen der Heimat des Erblassers (Glarns) zn vollziehen sei.

Die übrigen Erben dagegen sezten die Verhandlungen sort und hielten die Ansteht eutgegen , dass die Theilnng nach den Gesezen des Wohnortes (^t. Gallen) stattfinden müsse. Jede Partei suchte nun dnrch Präventivmassregeln die Durchführung ihrer Ansicht zn sichern. Um jedoch den drohenden Prozessen auszuweisen, ries die Regierung des Kantons

49^ St. Gallen die Jntervent.on des Bundesrathes an und stellte das ^such , dass entschieden werdet mochte , ^ es sei die Erbschaft Schnee^ nachten Gesten ^ des ^ant^n.^ St. . ^..llen zu vertheilen. ^ . .

Der Bundesrath^ entschied .diese Angelegenheit am 21. .August 1871.

Erzog dabei folgend^ rechtliche .Gesichtspunkte ^in ^Betracht :. .

1) Der Bundesrath. hat .in Betreff der Entscheidung von Erbsehast^streitigkeiten in einer Reihe von Schlussnahmen sich dahin ausgesprochen , dass das jez^e schweizerisehe ^Bundesstaatsrecht den Grundsaz der ^Einheit .und einheitlichen .Behandlung .der Erbschaften nieht^ kenne, sondern dass die .Kantone nach Art. 3 der Bundesverfassung souverän ^ seien, die aus^ihrem .Gebiete ^egen^eVerlasseuschaft nach Massgabe ihrer Gesezgebungen zu behandeln, ^soweit nicht eidgenossische Konkordate oder andere Verträge in dieser^ Hinsicht die. Hoheitsrechte eines Kantons be-

schränken. (vide Ullmer Rx. 273,^ 274, 876 und 1104, und Bundes blatt 1868, Bd. 1.1, S. .^20). ^ ^

2) Es .besteht ei.... solches. Konkordat vom 15. Juli 1822, dem dex .Kanton St. Gallen nie,. wohi aber der^ Kauton Thurgau beigetreten ist , sich aber im Jahr 1866 wieder davon losgesagt hat , also lauge vor dem Ausalle der hier in Frage stehenden Erbschaft. Von den drei Kantonen, in welchen diese Verlasseuschaft liegt, ist einzig noch Glarus im Konkordate. Bei so bewaudteu Umständen kann daher keine Rede davon sein, die Verlassenschaft des Jakob Schneeli sel. nach den Vorschristeu dieses Konkordates zur Teilung zu bringen, sondern es kann jeder Kanton die Berechtigung in Anspruch uehmeu , den auf seinem Gebiete liegenden .^.heil der Verlasseuschast seinen Gesezen zu unterstellen , was noch um so eher sich rechtfertigt , weil in ^en Kantonen ^Giarns und Thurgau uur liegenschaftliches Vermogeu sich befindet, auf ^welches der Gerichtsstand der gelegenen ^ache anwendbar ist (Ullme...,

.Bd. ^, Rr. 264).

3) Es berufen sich ^war beide Parteien zu Gunsten ihrer Ansichtrn aus die von St. Gallen ^ei Ablehnung des Konkordates abgegebene Erklärung, wobei sie über den Sinn und die Tragweite derselben gan^ aus einander gehen. ^..hne aus eine Jnterpretation dieser Erklärung näher einzutreten , ist daraus hinzuweisen, dass jenes Votum von St.

Gallen schon in formeller .^..sicht nicht die Bedeutuug eines Bundesgesezes oder Konkordates hat (Ullmer Rr. 560 Erwägung 4). Materiell

liegt ausser Zweifel, dass die Regierung von St. Gallen sich selbst da-

durch nlcht gebunden glaubt . wie n^ohl am besten aus dem Umstaude hervorgeht, dass sie iu ihrer Beschwerdeschrist vom 12. Juni 1871 er-^ klärt, der Kanton ...^t. Gallen sei im ^anfe der Zeit von der damaligen.

Rechtsanschauung abgegangen und habe in Erbschastssachen , in Gese^ und Vra^is, das reine Territorialprinzip angenommen.

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36

498 4) Wenn man entgegen der Ansicht des Bundesrathes steh darauf beruft, die Bundesversammlung habe sich in neuerer Zeit in dem Falle

Eottier ^Ullmer, B. .II, ^r. 874) für den Gr.mdsa^ der Universalität

der Erbmasse und für den Gerichtsstand des Wohnortes des Erblassers ausgesprochen , so zieht man aus einer einzelnen Entscheidung eine zu weit gehende Konsequenz. Es handelte sich in senem Falle um die anbegehrte Remission eines Testamentes, und die Bundesversammlung, ohne ein allgemein gültiges Bri.^ip ausstellen zu wollen , stüzte sieh mehr nur aus die Ratur des vorgelegenen Falles (vide Blumer, Bun-

desstaatsrecht B. 11, S. 147), dagegen wurde in dem später be-

handelten Falle Kübler-Troll , wenigstens von Seite der Mehrheit der nationalräthlichen Kommission (deren Ansichten sehliesslich angenommen wurden) , wieder ausdrüklich geltend gemacht , dass uach natürlichem, internationalem und interkantonalem Rechte bei getheiltem Domizil und örtlich getrennten Vermögensmassen eher für getrennte Separaterbsolge, als für eine einheitliche Gesammterbsolge .^u entscheiden sei, sofern nicht Verträge oder denselben an verbindlicher Rechtskraft gleichkommende hoheitliche Erklärungen vorliegen (Bundesblatt 1867, Bd. 1, S. 336).

5) Auf

diesem Standpunkte ist es gleichgültig , ob der Erblasser.

im Kanton St. Gallen aus eine gültige Riederlassnngsbewil.lignng angesessen war oder nicht , weil für die Theilung der in den Kantonen Glarus und Thurgau sich befindenden .Liegenschaften es nicht darauf ankommt, wo der Erblasser seinen rechtlichen Wohnsiz ^gehabt habe.

Auch die Frage, ob durch die Verhandlungen der Erben ein prorogirier Gerichtsstand im Kanton St. Gallen geschaffen worden sei , ist ohne rechtliche Bedeutung. Einerseits haben die Verhandlungen , soweit sie von sämmtlichen Erben in Uebereinstimmung geführt wurden, nur bezwekt, die Erbmasse zu bereinigen und festzustellen . sobald aber die Fragen der Anerkennung des Testamentes und der Verkeilung der Erbsehast zur ^praehe kamen, begann der Streit darüber, wo uud nach .welchen Gesezen die Theilung vorzunehmen sei. Andererseits haben die Erben in dieser Sache nieht freie Hand , wie in einem gewöhnliehen Zivilprozesse , weil Hoheitsreehte der Kantone mit in Frage kommen, über welche privaten nicht einseitig verfügen konnen.

Besehluss : Die Verlassenschast des Vaters Jakob Schneeli ist in der Weise zu behandeln, dass die in jedem der Kantone Glarus, ^t. Galle.. und Thurgau liegenden Theile des Nachlasses in Separatersolge nach den dortigen Gesezen zur ^Vertheilung unter die Erbberechtigten zu gelangen haben.

499 ^ Die dieser. Schlnssnahme entgegeustehenden Weisungen und Versügungen kantonaler Behorden sind aufgehoben.

22. Am 1. ^tober 1863 wurde Johann G u t k n e c h t von Gümmeneu, Kts. Bern, aus einer seiner Liegenschaften im Danton Freiburg. erschossen. Gutkneeht war stets wohnhaft in Gümmeueu und ...übte auch im Kauton Bern seine politischen Rechte aus. Seine Verlassenschast dagegen bestand zum grossern Theil aus Liegenschasten im Kanton Freiburg. Seine Familie, die Witwe und zwei Tochter, selten ihren Aufenthalt in der alten Wohnung ^u Gümmenen sort, bis im August 1867 die Witwe Gutknecht mit Jakob Hurni von Kallnach (Bern) sich wieder verehelichte. Bald daraus entstanden zwischen Hurni und den beiden Tochtern Gutkneeht .^wistigkeiten über die Frage der Erbfolge im ..^achlasse des Johann Gutknecht.

Jn Folge dessen machte Jakob Hurni bei dem Gerichtspräsidenten des bernischen Amtes Laupen gegen die Tochtern Gutknecht eine Klage

anhangig, und stellte das Rechtsbegehren, dass ledere schuldig zu.er.^ klären seien, ihre Mntter als Rotherbin ihres Vaters anzuerkennen.

Die Tochter Gutknecht bestritten jedoch die Kompetenz der Gerichte des Kantons Bern in dem Sinne, dass diese nicht befngt seien, über die Ansprüche des Hrn. .^nrni zu urtheilen , soweit sie aus Gegeustände des Nachlasses ihres Vaters gerichtet seien, die sich zur Zeit des Erbanfalles im Kanton Freiburg besundeu haben. Die Beklagten waren pielmehr der Ansicht , dass die Gerichte von Freibnrg berufen seien , darüber zu urtheilen.

Die praktische Bedeutung dieser Eiurede bestand darin , dass im Falle die bernische Erbsolgeordnung Anwendung gesunden hätte , nach

Sazüng 523 des Eivilgesezes des Kantons Bern die überlebende Ehesrau

Rotherbin, und nachdem sie in eine zweite Ehe getreten, zu einem Kopstheil erbberechtigt gewesen wäre mit den in der Ehe des Erblassers erzeugten Kindern, während nach dem Eiv. Gesez des Kantons Freiburg (Art. 716) die Kinder Gutknecht die alleinigen Erben ihres Vaters wären.

Der Gerichtspräsident von .....aupen wies jedoch am 12. Mai 1868 die Einrede der Geschwister Gutknecht ab, und dex Appellations^ und Kassationshos des Kantons Bern bestätigte diese Abweisung mit Urtheil vom 1. Oetober 1868, weil nach ^ 15 der Vroz.-Ord. Streitigkeiten in Betreff unvertheilter Erbs^aften vor den Gerichtsstand des Wohnortes ^..es Erblassers gehoren und weder Bundesgeseze noch Konkordate bestehen, welche diesen Grundsaz beschränken würden.

Hiegegen beschwerten sich die Schwestern Gutknecht, und der Bun-

desrath erklärte mit Entscheid vom 7. August 1871 ihre Besehwerde als begründet und hob die beiden erwähnten gerichtlichen Urtheile auf.

500 Dieser Entscheid stüzte sich aus folgende Motive : 1) Jn einer Reihe von Entscheidungen betreffend die Kompetenz sur Erbschastsstreitigkeiten wurde konsequent an ...em Grundsaze festgehalten, dass in Ermangluug abweichender Bestimmungen durch Staatsvertrage, der Gerichtsstand der gelegenen Sache znr Anwendung komme.

(vide Ullmer Rr. 273, 274, 876, Bundesblatt ^868, Bd. 11, S.

812). Der Bundesrath kann sich daher auf jene Beschlüsse und die denselben beigesezten Erwägungen beziehen.

2)Rach diesen Entscheiden ist das Begehren der Kinder Gntknecht,^ dass die aus dem Gebiete des Kautons Freibnrg liegenden Sachen ans der Verlassensehaft ihres Vaters nach den Erbsgesezen dieses Kautons behandelt werden sollen, um so mehr begründet, als dieser Theil der

Erbschaft beinahe ausschliesslich in Liegenschaften besteht.

3) Wenn Hr. Hurni sieh auf den Umstaud beruft , dass bei ^lbschluss des Konkordates vom 15. Juli 1822 der Stand Freiburg demselben zwar nicht beigetreten , aber die Erklärung abgegeben habe, er werde von dem Grnndsaze nicht abweichen, dass eine Erbschaft nach den Gesezen des Ortes, wo sie eröffnet worden, zu behandeln sei, so ist dagegen zu erinnern , dass dieses Votum nur den Z.vek hatte , den Grand zu eröffnen, warum Freiburg nicht zu dem im Konkordate ausgenommenen Grnndsaze der Theilung nach den Gesezen des Heimatvrtes des Erblassers stimmen konne. Eine Verbindlichkeit gegenüber den Konkordatskantonen wurde aber damit nicht übernommen , so dass das spätere Zivilgesez von Freibnrg ganz gut die Bestimmung ausnehmen konnte , dass alle aus dem Geb.ete dieses Kantons gelegenen Güter den dortigen Gesezen unterworsen sein sollen , wofern nieht ^taatsverträge ...e. eine Aufnahme machen.

g. G e r i c h t s s t a n d der W i d e r k l a g e .

23. Herr Ulrich R o t h l i s b e r g e r in L^ssach (Bern), kanste im Kanton Freiburg verschiedenes Eichenholz und machte mit Jaques Gobet in Uets^w^l, Kts. ^reiburg, einen Vertrag, in Folge dessen der leztere die Ausrüstung jenes Holzes übernahm. Hr. Rothlisberger glaubte jedoch , dass Gobet seiue Verpflichtungen nicht ersüllt und ihm dadurch Schaden Angefügt habe. Er erhob desshalb bei den. Friedensrichter in ^chmitten , Kts. ^reiburg, eine Klage gegen Gobet aus ^chadenersaz im Betrage vou 400 ^r. Da eine gütliche Verstaubung nicht erfolgte , so wurde dieser .^rozess an das betretende sreibnrgisehe Gerieht gewiesen. --- Der Beklagte Gobet liess nun dem Kläger erofsnen, dass er nicht bloss auf Abweisung der Klage antragen , sondern auf dem Wege einer Widerklage die Zahlung eines Reehnungssaldo's von 192 Franken 40 Ets. fordern werde. --- Jn Folge dessen erklärte Hx. Röth-

^

^

50l

l.^erger, dass er seine Klage nicht weiter verfolge und gewärtige, dass Gobet seinerseits ihn an seinem Wohnorte im Kanton Bern suchen werde, sür welchen Fall er indess sich vorbehielt , seine Forderung wieder geltend ^u machen. Gobet ging auf diese Ansieht nicht ein , sondern sezte seine Klage vor dem gleichen freibnrgis^hen Gerichte fort. Rothlisbe..ger erblikte hierin eine Verlegung von Art. 50 ^er Bundesversassung, zumal seine eigeue, die Hauptklage, noch nicht formlieh rechtshängig gewesen, also die Widerklage auch nicht habe rechtshängig werden können.

Mit Entscheid vom 8. Mai 1871 wurde diese Beschwerde des Hrn. Rothlisberger als unbegründet abgewiesen, und zwar in Betracht folgender rechtlicher Momente .

1) Die materielle Eonne^ität . der vom Rekursbeklagten gestellten Forderung mit der vom Reknrrenten erhobenen Ansprache liegt unbestritten vor ; dagegen stellt der Lettere die Behauptung aus, es sei zur Zeit der Einführung der Widerklage vor dem sreiburgischen Richter der Verficht aus d^ ursprüngliche Klage schon erklärt gewesen, und es habe somit von diesem Momente an wieder die versas^...gsmässige Regel des Axt. 50 der Buudesversassung Blaz greisen müssen.

2^ Es fragt sich also lediglich, ob diese faktische Behauptung des Rekurrenten richtig sei , da im Falle der Richtigkeit derselben auch der daraus gezogene Schluss als richtig anerkannt werden müsste.

3) Jndess erhellt aus den Akten die Unrichtigkeit dieser faktischen Behauptung. Raehdem am 21. Dezember 1870 die Varteien vor dem Friedensrichter ihre Anbringen vorgebracht und in Ermanglung eines Vergleiches denselbeu ein Weiterziehungssehein an das Gericht ausgestellt worden , liess J. Gobet schon am 7. Januar daraufhin erstmals eine Vorladung vor Gericht an seinen Rechtsgegner durch den Gerichtspräsidenten abgehen , worin er motivirt aus Abweisung der Forderung desselben und .aus dem Weg der Widerklage aus Zusprechung eines Rechnungs^aldo^s von Fr. 1.^2. 40 Ets. sehloss. Erst nachdem Gobet die Vorladung erneuert , liess Rekurrent am 10. Hornung diesem ansagen, dass er seine Ansprache vor dem freiburgischen Richter nicht mehr geltend machen und daher auch nicht vor Gerieht erscheinen werde. Es geht daraus hervor , dass die Widerklage zu einer Zeit anhängig gemacht und bei dem Richter eingesnhrt wurde, als die .^auptklage noch unerledigt war.

4) Rekurrent verzichtet auch nicht aus Geltendmachung seiner Klage, indem er seinem Gegner insinuiren lässt, dass dieser ihn vor dem bernischen Richter suchen müsse , wo er dann seine ursprüngliche Klage als Widerklage geltend mache. Es handelt sich also nur darum, durch künftliche Manipulation aus der Stellung des Klägers in diejenige des Be-

502 klagten zu kommen, um dadurch die Sache vor einen andern Gerieh^..stand bringen zu konuen. Diese Wendung ist aber nicht geeignet, das ursprünglich angerufene richtige Forum in ein inkompetentes umzn.vandeln (Bnndesblatt 1864, B. I, S. 367 in Sachen des Jakob Holzer).

7.

.24.

V o l l z i e h u n g v o n E i v i l u r t h e i l en.

Hr. Theophil K l a u s , Wassensehmied in Genf, erlangte ani

17. August 186..) eiu Eontumazurtheil des Eivilgerichtes von Genf

gegen den früher in Genf , dann in Thuu wohnhaften Ehristian Hosmann aus Bauern , gemass welchem der lettere vernrtheilt wurde , an Hrn. Klaus 221 ^.r. 45 Ets. nebst Zinsen und Kosten zu bezahlen.

Am 23. Jnli 1870 ertheilte der Appe.lati......^ und Kassatioushof des Kantons Bern diesem Urtheil das E^uatur, worauf Hr. Klaus die rechtliche Betreibuug gegen seinen Schuldner in Tl,.un anhob. Hofmann opponirte jedo.h. dass er zur Zeit der Gerichtsverhandlungen urcht mehr in Gens gewohnt und weder von der Vorladung , uoch von dem Urtheil in nüzlicher ^rist Keuntniss erhalten habe. Jn Folge dessen erhielt er am 23. Januar 1871 die Wiedereinsezung in den vorigen Stand .und die Kassation d..r Betreibung. Dieser Entscheid stüzte sieh

auf folgende Gesichtspunkte : Das E^uatnr des Appellations^ und Kassationshoses habe uur die Bedeutung , dass das Urtheil ^von Gens im Kanton Bern in gleicher Weise voll^iehbar sein soll, als wäre es von einem Bernergerieht gegen einen Bürger des Kantons Bern ausgefällt worden. Rnu konne nach ^ 44.) und ss. des bernischen Vollziehungspersahrens gegen die E^eution eines Urteils Widerspruch erhoben werden, wenn einer der am gleichen Orte ..ungezählten Gründe geltend gemacht werden konne. Dieses sei hier der ^all, inde^u eine entsehuldbare ^äumniss in der Reehtsbesorgung vorliege, die uach jeuen Gesezesvorschristeu dem Rechte selbst unschädlich sei.

Gegen dieseu Entscheid reknrrirte Hr. Klaus an den Bundesrath unter Berufung aus Art. 4..) der Bun.^.sversafsu..g und gestüzt ans den Grundsaz, dass eine Restitution gegen eiu Eonlumazurtheil nur von dem urteilenden Gerichte selbst ausgesprochen werden konne.

Am 12. Mai 1871 wurde dieser Rekurs als begründet erklärt und das Urtheil des Gerichtspräsidenten in Thun vom 23. Januar

1871 ausgehoben. Motive .

1) Die Voll^ehl.arkeit eines Urtheiles sezt dessen Reehtsl.rast voraus , die na.h den Gesezen desjenigen Kantons ^u benrtheileu ist, in welchem dasselbe erlassen wurde. Es ist nun amtlich bescheinigt , dass das unterm 17. August 1869 gegen Hrn. Hofmann in Geus erlassene

Urtheil in Rechtskraft ist, was auch der .Appellations.. und cassationshos des Kantons Bern anerkannt hat.

50^ .^ 2) Wenn nun von dem Beklagten eingewendet wird, dass er weder von der Vorladung, noch von dem Termine der Urtheilssällnng Kenntniss erhalten habe , und dass ihm auch keine Mittheilnng von dem Urtheile gemacht worden sei, so liegt dieses in der Ratnr des Kontumazialversahrens , welches gegen ihn nach Vorschrift des genfer Gesezes eingeleitet wurde, weil sein damaliger Ausenthalt unbekannt war.

3) Ueber die Ansenthaltsverhältnisse des Beklagten liegen in den Akten keine sichern Anhaltspunkte vor. Er hat allerdings beschworen, dass er zur Zeil.^der Ausfällung des Urtheils den Kanton Gens bereits verlassen gehabt, allein es folgt daraus noch nicht, dass er zur Zeit der gerichtlichen Vorladung, resp. der Anhebung des Vrozesses, nicht mehr dort gewohnt habe.

4) Wenn aber dieses der Fall wäre (und das Gegentheil ist weder in den eidlichen Einvernahmen behauptet, noch sonst ersichtlich) , so ist der heutige Rekursbeklagte beim richtigen Forum belangt worden , und wenn gegen ihn unrichtig das Kontnmazialversahren eingeleitet und durchgeführt worden wäre , so hätte er vor Allem die Restitution bei den Genfer Gerichten selbst nachsuchen , denn es ist im Bundesrecht angenommene Regel , dass wenn der Beklagte erst nach .Anhebung des

Prozesses aus dem Sprengel des damals zuständigen Gerichts sich entfernt, dasselbe dennoch zur Austragung des Brozesses kompetent bleibt und auf die Anfenthaltsändernng keine Rükstcht zu nehmen braucht.

25. Dnrch ein schiedsgerichtliches Urtheil vom 7. Rovember 1868, ^ureh ein Urtheil des Bezirksgerichtes von Uri vom 28. Mär^ 1870 und durch ein Urtheil des Kantonsgerichtes von Uri vom 28. April 1780 wurde Herr ^inzenz Müller in Altdors zur Bezahlung von Kosten und Entschädigungen verurtheilt , und zwar an die Kanzlei des Schiedsgexichtes 483 ^r. 40 Rp. und au die sogenannte Ezerneker-Revindikationsgesellsehast 200 Fr. Zur Einkassirung dieser Beträge wurden die Herren W e l t i , V a t e r und S o h n in Altdors beauftragt. Da eine BeZahlung aus gütlichem Wege nicht erhältlieh war , so erhoben diese die Betreibung gegen die Erben des inzwischen verstorbenen Hrn. Vinzenz Müller , worans dessen Sohn , Hr. Rathsherr Anton Müller in Alt-

dors, am 14. Deeember 1870 zwei Vferde ,,auf Reeht hin^ zu

Vsand gab. Die ^erren Welti verlaugten jedoch u n b e d i n g t e s Vsand und eitirten zu diesem Ende die Mnller^schen Erben vor die Regierung des Kantons Uri. Am 27. Februar 1871 gab .virklich die lettere

die obrigkeitliche Weisung, dass .^r. Anton Müller Ramens der Erben des Hrn. Vinzen^ Müller gemäss ^ 87 und ^ 88 der Eiv.-Vr.-Ordnung den Hrn. Welti , Vater und ^ohn , für 683 ^r. 40 Ets. an drei Dosten, aus gerichtlichen Urtheilen beruhend, s o f o r t entweder Be..^ ^ahluug oder unbedingtes Vsand zu leisten habe. Es .^efchah dieses jedoch nicht, wesshalb am 17. Juni 1871 die amtliche Vsändung statt-.

^04 finden sollte. Hr. Anton Müller weigerte sich abermals , worans ^i...

Amtshilfe des Hrn. Bezir..statthalters .Lusser angerufen wurde. Dieser Bewahrte am 20. Juni Hrn. Müller wieder eine Frist von einem Monat zur Bezahlung, widrigenfalls ex^ekutorisch vorgefahren würde. Am 21. Juli ..wurde diese .Verfügung dem Hrn. Regierungsrath Büntener zur polizeilichen Exekution vorgewiesen, und dieser gewährte einen weitern Termin von acht Tagen zur Zahlung oder Bsandbestellung. Da jedoch keines von beiden geschah, so orduete Hr. Büutener am 31.

Juli die polizeiliehe Exekution durch den Bolizeiwachtmeister Trösch an.

Allein jezt untersagte Hr. .Landammanu Epp die ^polizeiliche Vollziehung dieses Befehls.

Unter diesen Umstanden sahen sich die Herren Welti veraulasst, bei dem Bundesrathe über Rechtsverweigerung sich zu beschweren. Raeh ^ 8.... der urnerschen Eivilprozess-Ordg. sei ein Rechtsvorschlag nicht zu^ass^ g^en eiue Betreibung für Erfaz von gerichtlich festgestellten

Brozesskosten u. dgl.

Hr. Anton Müller focht jedoch das E^e..ulionsversahren an , indem er behauptete, er sei zwei Mal vor der Regierung erschienen, allein diese Angelegenheit habe nicht in Behandlung genommen werden. können, weil die Regierung wegen des Ausstandes mehrerer Mitglieder nicht spruchfähig gewesen sei. Am 25. ^ebruar 1871 habe er eine Reise antreten müssen und vorher bei dem Repräsentanten der Gegenpartei Aufschub nachgesucht bis zu seiner Rükkehr. Kaum sei er aber verreist gewesen , so seien die Rekurrenten einseitig und unter Verschweigung des ihm gegebenen Aufschubes vor die Regierung getreteu und haben von dieser den vom 27. Februar 1871 datirten Voll^iehuugsbesehl erhalten, obschon nur drei Mitglieder anwesend gewesen.

Die Regierung des Kantons Uri sah sieh nicht veranlasst, einen Bexieht über diese Angelegenheit zu erstatten, sondern beschränkte sieh daraus, einschreiben, welches Hr. .Landammann Epp über seine Stellung in dieser Angelegenheit ^n sie gerichtet hatte, an den Bundesrath einzusenden. Jn Folge dessen schrieb Hr. Epp aneh noch direkt an^ den Bundesrath, um zu sagen, dass er jenes Sehreiben nicht als eine Rechtfertigung seines Verhaltens zuhanden des Bundesrathes betrachte , indem er sich nicht für verpflichtet halte, diesem hierüber Auskunst zu geben, sondern nur de.n ....andrath des Kantons Uri, an welchen die Rekurrenten zu verweisen seien.

Der Bundesrath trat jedoch auf die Sache selbst ein, und fasste

..m 29. Dezember 1871 folgenden Besehluss : 1) Raeh Art. 27 der Verfassung des Kantons Uri ist der Regiexungsrath diejenige Behörde, welche über die Vollziehung der Urtheile

505 z.^wa^en und die nothigen Anordnungen ^t treffen hat, damit solche Urtheile , soseru sie als rechtskräftig und vollziehb..r erscheinen , auch wirklich vollzogen werdeu l^ 87 der Z.^B.^.). Gegen diese Verfügungen des Regiernngsrathes ist keine Weiterziehung an eine andere kantonale Jnstanz ^ulässig ^ ^ 2) der Regierungsrath hat von diesem Rechte Gebrauch gemacht, als er am 27. Hornun.g 1871 die Erkauutniss erliess, es habe in den im Einlange genannten Urtheilen Hr. Rathsherr ^lnton Müller für Fr. 683. 40Ets. an drei Vosten, beruhend aus gerichtliehen Urtheilen, sofort entweder Bezahluug oder unbedingtes Bfand zu leisten ; 3) es ist nun ausfallend , wie wenig der Regieruugsrath daraus gehalten hat , dass der erwähnten Schlussuahme Rachaehtung verschafft werde, so dass mit Recht behauptet werden kann, es liegen solche Zoge^ rungen vor, die sieh als Verlegung versassuugsmässiger Rechte der Bürger

gestalten ;

4) der Bundesrath würde daher auch uieht angestanden haben, sein Jnterventionsreeht zur Vollziehung der vom Re^ierungsratl.^ als e^ekutoriseh erklärten Urtheile sosort eintreten ^u lassen, wenn nicht ein Umstand vorhanden .vare , der ^nerst näher ausgeklärt sein muss , da der Regieruugsrath sonderbarer Weise über die Beschwerde gegen sein Ver-

halten in dieser Angelegenheit ein gänzliches Stillschweigen beobachtet .^ 5) wenn uämlieh die Behauptung richtig ist (und der Regierungs-

rath widerspricht derselben nicht) , dass der ledere bei Fassung seiner S.ehlussuahme. nieht in reglemeutariseher Zahl versammelt gewesen und

dass überhaupt der Entscheid gegen sonstige Uebung in entschuldigter

Abwesenheit des Beklagten herbeigeführt und seither eine Wie^ererwägung nach Anhoruug der Parteien nicht zu Stande gebracht wnrde, so muss diesem Uebelstande abgehoben werden.

Da die Erfahrung ^eigt, dass ohne Eiusehreiten des Bundesrathes solche Beschwerden in Uri ihre Erledigung nicht leicht sinken , so wird beschlossen : I. Der Regierungsrath von Uri wird eingeladen, aus seine .^..chlussnahme vom 27. Hornuug 1871 ^urü^ukommen und bis spätestens den 15. Januar 1872 dieselbe ^u bestätigen oder auszuheben.^ 1L Wenn der Regierungsrath iu seiner kompetenten Stellung die Voll^iehbarkeit dieser Urtheile ausrecht hält, so hat er dasür zu sorgen, dass spätestens bis 15. Horuuug 1872 die Vollziehung eiugetreteu ist.

IIL Sollte er aber eraehten,^ dass die fraglichen Urtheile nicht die nothigen Eigensehasten besizen , um ex^ekntorisch erklärt zu werden , so wird sür diesen Fall den .^rn. Rel.urrenten die sosortige Beschwerde.^ führung an den Bundesrath gewahrt.

506 IV.

^nn^ndun^ .^on ^.onl^ord^ten.

^ 26. Es kann hieher gerechnet werden der Rekurs des Beter Joseph V o n l a u s e n von Oberkirch, Kantons .Luzern, wohnhaft im Kt. Fxei^ burg, betreffend nachträgliche Anerkennung seiner, ohne die Bewilligung der Heimatsbehorden abgeschlossenen Ehe mit einer Freiburgerin. Die .Lnzerner Behörden erkennen in seinem Vorgehen eine Verlezung des Konkordates vom 4. Juli 1820. Bezüglich d^er Details diesem Angelegenheit wird ans den Bericht des Bundesrathes an die Bnndesver-

sammlung verwiesen, welcher gedxukt ist im Bundesblatt ^871, I1..., 903. ^lm 17. Rovember 1871 beschloss der Ständerath .die Verschiebung bis nach Erledigung der Bnndesrevision , indem in Folge der Annah.ne der neuen Bundesverfassung diese Angelegenheit auch ohne Entscheid der Bundesversammlung erledigt werden dürste.

V.

Anwendung der ^nton.^r^ssnn^n.

27. Der Rekurs der Herren W ä b e r , J o h n e r u n d K o n s o r t e n , weicher im legten Geschäftsberichte noch als pendent verzeichnet werden musste, hat dadurch seine Erledigung gefunden, dass der Bezug der sogenannten Brammen im .Danton Freibura. aufgehoben wurde.

Jn .^olge dessen erklärte die Bundesversammlnng. am 11. Juli 1871

diese Angelegenheit als erledigt. Bundesblatt 1871, 1.1, 1117.

28. A l o i s B ossa r d , der gewesene Einzüger der Bürgertemeiude Zug, rekurrirte auch an die Bundesversammlung, indem er behauptete, dass in dem Strafverfahren gegen ihn die Verfassung des Kan^ tons Zug und die Brozessgeseze verlezt worden seien. Der Bericht des Bundesrathes, aus welchen verwiesen wird, ist gedrnkt im Bundesblatt 187l , 11, 9l0. - Die Bundesversammlung schritt über diese Besehwerde zur Tagesordnung, in der Voraussezung. dass ein von Bossard eingereichtes Revifionsgesuch von der kompetenten Behorde des Kantons

Zug in Behandlung gezogen werde. Bundesblatt 1871, 111, 1.

29. Hieher gehört auch der Rekurs des Hrn. Joseph T o r r e u t

in Monthe.^, Kts. Wallis, und Mithasten, welche behaupteten, dass in der .Anerkennung ^der oben sub .....r. 15 er.vähnten Wechsel durch den Grossen Rath eine Verlezung der kantonalen Verfassung liege. Der Bundesrath und die Bundesversammlung erklärteu diese Beschwerde als

unbegründet. Bundesblatt 1871, 11I, 774 und 1872, 1, 434.

30. Der Rekurs der Hrn. .Advokat G e n d r e in ^reiburg und Mithaste , betreffend eine angebliche Versassungsverlezung durch Erlass des sreiburgischen Gesezes vom 9. Mai 1870 über den Brimar- uud Sekundars^hulunterricht, ist ebensalls durch den Weiterzug an die Bnndesversammlung bekannt. Er ist noch bei dem .^tänderathe pendent.

Bundesblatt 1871, I11, 391.

507 ,.... 31.

Hr . J . B . E a l p i n i in Sitten für steh und 21 andere

Mitglieder des Grossen Rathes von Wallis , beschwerte sich gegen die Vollziehung des am 24. .November 18^..) von dem Grossen Rathe des Kantons Wallis angenommenen Gesezes über den Stempel, indem er behauptete, dass durch dasselbe der Art. 72 der Verfassung des Sautons Wallis verlebt werde.

Am 2. Oetober 1871 wurde diese Beschwerde mit folgender BeGründung abgewiesen :

1) Jedem Danton steht das Recht zu, sein Steuerwesen selbst zu ordnen. Dahin gehort auch die Gesezgebung übex die Stempelsteuer, welche einen .^heil der allgemeinen Steuergesezgebung bildet. Eine Berechnung des Bundes , gegen ein kantonales Steuergesez Einwendun^en zu erheben, ist nur dann vorhanden, wenn nachgewiesen wird, dass durch eiu solches Gesez Bestimmungen der Bundes- oder Kantons.^ versassung verlebt werden.

2) Die^ Reknrxeuten behaupten wirklich , es sei dnrch das Gesez vom 24. November 186.) der Art. 72 der .^antonsversassung verlezt..

welcher bestimmt, dass jede ^lbänderuug der Grundlage de^ bestehenden ^inanzs.^stems und jede Erhohuug des Steuersusses dem .^olke zur Geuehmigung unterlegt werden sollen.

3) Es wird also ^u untersuchen sein , ob dur.h dieses Gese^ die Grundlage des bestehenden ^inan^stems verändert werde, weil in diesem ^alle dasselbe vor Jnkrasttretnug der Sanktion des Volkes hätte unterstellt werden musseu.

4) Es ergibt sich , dass zur Zeit der Vnblikation der Versassung bereits ein ^iuan.^ese^ bestand , welches das ^inauzsystem regelte und die direkten und indirekten .Abgaben auswählte , welche zur Bestreitung der ^taatsbedürsnisse bezogen werden konnen. Unter den leztern signxiren aneh, wiewohl nicht alle namentlich ausgezählt, die Regalien und ^iskalabgaben. Jm Jahr 185l^ wurde die .^tempelabgabe dnrch eine Verordnung des ^taatsralhes eingesührt nnd seither bezogen. ohne dass eine Einwendung dagegeu erhoben wurde. ^luch gegen das Fiuanzgesez von 1862, welches die Si.empelgebühr regelt, wurden keine Beschwerden laut.

5^ Das neue Gesez vom 24. Rovember 18^.) erhoht allerdings die bestandene Stempelabgabe , verändert aber die Basis des Steuersr^stems nicht, indem keine der indirekten Steuern, bei denen die Hohe ^der Be^ugsta^e augegeben ist , dadurch betroffeu wird . auch wird die direkte Vermögenssteuer , wie sie im ursprünglichen ^inan^gesez festgestellt wurde , durch das neue Gesez nieht berührt. Es hat also der Grosse Rath n...r bei einer Steuerart , bei welcher ihm durch die VerFassung keiue beengenden Schranken gesezt sind, eine Veränderung eintreten lassen.

50^ 6) Bei dieser Sachlage kann von einer erweislichen Verlegung ^er .^antonsversassung nicht die Rede sein. Wenn auch von den Rekurrenten dem Art. 72 eine andere Auslegung gegeben wird, so fallt da^ gegen in Betracht , dass in erster Linie der Grosse Rath der .Ausleger der Versassuug ist, und wenn er nicht ans eine unzulässige Weise Bestimmungen derselben umgeht oder solchen eine Anwendung gibt , die dem Sinne und Wortlaut widerspricht oder die garantirten Volksrechte verlezt , so liegt es nicht in der Stellung der Bundesbehörden , der Finanzverwaltung der Kantone Hindernisse in den Weg zn legen.

32. Mit Beschluß vom 10. September 1870 enthob der Staatsrath des Kantons ^reibnrg den Hrn. Alsred V r e s s e t von seiner Stelle als Lehrer zu Eonrgevaud, weil allgemein bekannt und von Hrn. Vresset selbst zugegeben sei , dass er in den Jntrignen betreffend die Lostreunung des Bezirkes M.irten vom Kanton Freibnrg eine Rolle spiele und in der Volksversammlung zu Mnrten vom 12. Jnni 187l.) eine Rede im Sinne der Lostrennung gehalten habe. Es sei aber ^flieht eines Lehrers, seinen Schülern die Liebe zum .Lande,. dem sie angehören, einzupflanzen. Man könne kein Vertrauen haben zu Jemandem, der öfsentlieh gegen die Prinzipien des Landes ausreize.

Hiegegen beschwerten sich Hr. Presfet, der Gemeinderath und die Schulkommission von Eourgevand, der Gemeinde.ratl^ von Mnrten, der Handwerker- und Gewerbeverein daselbst und 43 Bürger des Bezirkes Murten, indem sie die Behauptung ausstellten, dass der erwähnte Besehluss der Regierung mit einer Reih^ von Artikeln der Kantonsverfassung im Widersprach stehe. Wenn die Handlung des Hrn. fresset ein politisches Vergehen .vare, so würde sener Beschlnss eine .^erlezung der Art. 5 u..... 7 der Verfassung involviren , da zur Beurtl.eiluug jener Handlung nur die Gerichte kompetent wären. Der Staatsrath hätte sieh nicht bloss eines Eingriffes in die Kompetenz der Gerichte s.hnldig gemaehr,. sondern er hätte ^gleich als Kläger und Richter ^geurtl.eilt.

Jndess habe sich Hr. fresset keines Vergehens schnldig gemacht , und

dessen ...lbsezung sei ein ..^lkt politischer ...^ersolgnng.

Mit Beschluß vom 22. ^ebruar 1871 wnrde diese Beschwerde ab^ gewiesen, und zwar mit sollender Begründung : 1) Das Erziehungswesen, inbegrissen die Anstellung, Entlassung und .^lbsezung der Lehrer, gehort in den Bereich der Kantone. Wenn daher der Staatsratl. des Kantons ^reiburg dem Hrn. Vresset zwar nicht das Lehrerdiplom entzogen , wie die Rekurrenten irrthümlieh behanpten, ihn aber als Lehrer von der Schule in Eourgevaud abberufen hat , so steht dem Bundesrathe keine Einmischung in diese Angelegenheit zu, sosern in dem angegriffenen Besehlusse nicht eine Verlegung von konstitutionellen Rechten liegt, welche durch die Bundes- oder Kantonalverfassnng garantirt sind.

50^ 2) Die Rekurrenten berufen sich zwar auf mehrere Artikel der Bundes- ^und Kautonalverfassung, von welchen aber nur zwei in ernstliehe Erorterung fallen konnen , nämlieh die Axt. 5 und 7 der kanto^ ualen Verfassung.

Der Art. 5 verlaugt , dass Niemand seinem ordentlichen Richter entzogen und vor ein Ansnahmsgericht gestellt werde. Dieses ist aber nicht der Fall, weil der Art. 8.5 des damals noch bestandenen Sehulgesezes dem Staatsrath das Recht einräumt , einen Lehrer von seiner Stelle al.^usezen. Ob der Sl.aatsrath wohl daran gethan, diesen Artikel auf die Handlungsweise des Hrn. Bresset anzuwenden und ob er einen richtigen Gebrauch von dieser kantonalen Vorschrift gemacht , hat der Bundesrath nicht zu entscheiden.

Auch der Art. 7 ist nicht zutreffend , da gegen Hrn. Bresset kein Strasurt^eil aus Grund eines Strasgesezes durch eiue inkompetente Be-

horde ausgefällt wurde. Die Eutlassung^ ges.hah durch die ^..ständige Behorde uaeh der gesezlieh vorgeschriebenen Auhorung des angeschuldigt ten Lehrers.

33.

....... t e ... e r g e s e z des K a n t o n s S o l o t h u r u . Jn dem Revisionsstatut zur Verfassung des Kantons Solothurn vom Jahr^ 1867 wurden über das Steuerwesen folgende Vorschriften ausgestellt : ^ 8. ..Das gegenwärtige ^iuauzs.^stem ist im Grund sa^e be^nbehalten. Es dürfen keine Steuern sür mehr als ein Jahr vorausbezogen werden. Einnahmen uud Ausgaben müssen jährlich in einem Voran^l.lage festgestellt werden.

^ ^,Die Gesezgebung ist angewiesen , sür die Vermehrung der Einnahmen in der Weise zu sorgen , dass Einkommen und Erwerb nach billigem Ve..hältn.ss zur Dekung der Staatsausgaben beizutragen habend

^ 12. Dehnten uud ähnliche dingliche Lasten, die gese^lieh abgeschafft sind, dürfen nicht wieder eingeführt werden.

.,Das Grnndeigenthum, welches diese Lasten entrichtet, oder noch zu entrichten hat, darf als solches der ^esteurung nach ^ 8 nicht unter^ worfen werden.^ Am 28. November 1868 genehmigte der Grosse Rath des Kantons Solothurn ein neues Gesez über die Einführung einer Einkommen- und Erwerb-^teuer, welches in ^ 2 vorschreibt : .,Für die Einkommensteuer kommen in Berechnung : 4. Das Einkommen von Miethzinsen , sowie von .Pachtzinsen solcher Liegenschaften , die der Zehnt- und Bodenzinspflieht nicht unterworfen waren.

510 6. Der landwixthsehastliehe Erwerb , soweit er nicht von Liegenschaffen herrührt, welche der Zehnt- und Bodenzinspflicht unterworsen waren.

Die Gemeinderäthe pon Solothnrn und .^..lten , sowie der Gewerbeverein der ..^tadt Solothurn beschwerten sieh gegen dieses Steuergesez und verlangten, dass dasselbe ausser Kraft gesezt werde. Sowohl der Zehnten als der Bodenzins seien Schulden der .Liegeuschasten gewesen und bei dem Ankaufe der leztern abgerechnet worden. Durch den .Loskauf dieser Reallasten habe man also nicht Steuern, sondern Schulden bezahlt. Jndem nun dnrch das Stenergesez alle Liegenschaften, welche mit Zehnten und Bodenzins belastet gewesen, von den Steuern besreit werden, sei für diese Eigenthümer Steuersreiheit kreirt worden, und da die Zehntpflicht allgemeine Regel gewesen , so sei für den gesammten landwirthschastliehen Besiz und Erwerb Steuerfreiheit statnirt. Dadurch sei die Vorschrift der Verfassung, dass alles Einkommen und Erwerb nach billigem Verhältnis^ zu den Steuern beitragen sollen, verlebt, denn das

Grundeigenthum sei nur a l s s o l c h e s , d. h. als^produetionsfähiger

Kapitalstol. befreit und dürfe nicht mit einer Grundsteuer belastet werden.

Die praktische Folge wäre , dass nur etwa 2000 pon 14,000 Haushaltungen die Steuern deken müssten. Dadurch sei aber nicht bloss die solothurnische Staatsverfassung , sondern anch Art. 4 der Bundesver^.

fassung verlezt.

Jn ihrer Antwort machte die Regierung von Solothurn geltend, dass die Abänderung der Versassung die Genehmigung der Bundesversammlung erhalten habe und dass das Steuergesez in Uebereinsti.nmung sei mit der Verfassung. Es könne desshalb von einer Aushebung dieses Gesezes keine Rede sein. Die Grundbesizer bezahlen ihre Steuern in anderer Form , z. B. in der Salzsteuer und in der Handändernngsgebühr. Jn Folge der Abtragung der Zehnten und Bodenzinse durch die srühern Eigenthümer haben die Käufer um so viel mehr bezahlen müssen. Ueberdies sei durch jene .Loskausssummen ein Reservefond gebildet worden, dessen Erträgnisse der Gesammtheit zu gut kommen und die Steuerlast erleichtern.

Der Bundesrath erledigte diese .Beschwerde zwar nicht mit einem bestimmten Entscheide, dagegen fand er, es liege das materielle Recht wirklieh aus Seite der Rekurrenten, und sprach sich in einem Sehreiben ....n die Regierung des Kantons Solothnrn vom 7. Mär.^ 1871 folgendermassen aus .

.,Rach diesem Steuergesez besteht eine einzige direkte Steuer, welche nach Art. .I, Zusaz zu ^ 8 der Verfassung vom Einkommen und Erwerb nach billigem Verhältnisse bezogen werden sollte. Wenn aber das Gesez selbst nach den Vorsehristen von ^ 2, Ziff. 4 und 6 zu Gunsten

51^ des landwirthschaftiichen Erwerbes für ea. 70 Prozente der Einwohner m..^ einem grossen produktiven Liegenschastswerlh gänzliche Befreiung von dieser einzigen direkten Steuer ausspäht , so dass in Wirklichkeit eine ganz kleine Minderheit von Bürgern die gesammte direkte Staatssteuer allein zu tragen hat , während die grosse Mehrheit , die au den Vor-

theilen eines geregelten Staatswesens doch den gleichen Antheil hat,

von jedem direkten Beitrag an die Bestreitung der Staatsbedürfnisse befreit ist, f o liegt hierin eine auffallende Verlegung der Rechtsgleichheit. Wir begreifen daher vollkommen , dass der betroffene Theil kein gesezliches Mitte.. unversucht lässt, eine gerechtere Befteuruugsweise anzu^ streben, worin er durch eine starke osfeutliche Meinung im Kanton selbst unterftüzt wird. Es kann Jhnen nicht entgangen sein, dass dieses Ge^.

sez auch ausserhalb des Kautons vielfach eine scharfe Verurtheilung gefunden hat.

,,Wenn man das Gesez als eine sogenannte Ansgl.eichungssteuer rechtfertigen will, so darf nicht überseheu werden, dass durch den Loskauf von privatrechtlichen Grundlasten wohl Grund und Boden von der Zehutpflicht im Jnteresfe der Eigeuthümer frei gemalt wurde, aber n^ und nimmer kann dadurch eiu Loskauf v.^n eiuer mehrere Jahrzehute später eingeführten osfentlichen Staatsstener bewerkstelligt worden sein, was wahrlich keine... weitern Ausführung bedarf.

,,Auch der grossere Beitrag einzelner Volksklassen an indirekte Abgaben kann dieselben nach gerechten Brinzipien nicht von der Leistung der direkten Steuer befreien. Die ledere ist ihrer Ratur nach allgemein, sie soll alle fruchtbaren Vermogensobjekte uud jedes Einkommen umfassen , während die indirekten Abgaben ganz anderer ^atur sind.

Zu welchen Jnkonse.^uenzen ein solches ^stem sührt , zeigt deutlicher als ein weiteres Eingehen der Umstand , dass die erträglichste indirekte Abgabe . nämlich die Getränkeverbrauchfteuer, gar nicht in Berechnung gezogen wurde und auch nicht wohl gezogen werden konnte.

,,Aus diesen kurz angedeuteten Gründen sind wir zu der Ue^erzeugung gekommen , dass das Steuergesez vom 28. Ropember 1868 nicht nur auf unrichtigen Grundlagen beruht, sondern selbst mit dem Art. 4 der .Bundesverfassung im Widerspruch ^u stehen scheint.

,,Jndem wir Jhnen von dieser unserer Anschauungsweise Kenntniss geben , konnen wir nicht umhin, das freundliche Ansuchen an Sie zu xi.hten, Sie mochten diesen Konflikt selbst losen und zu diesem Behuse dem Kantonsrath Kenntniss von der erhobenen Beschwerde und dieser unserer Mittheilung geben und denselben veranlassen, seine Schlussnahme selbst einer Revision ^u unterstellen.^

512 VI. Anwendung non ^ertr^en unter ^...nt.^en.

^

34. Der hieher gehorige Konflikt zwischen den Kantonen B e r n und A a r g a u , betreffend ....ie Gerichtsbarkeit über den Fluss ,,Roth^ in Mnrgenthal, hat endlich durch Anerkennung der bernischen Gerichts^ barkeit seine Erledigung gesunden. Bnndesblatt 1871, II, 866 und

1l19. .872, I, 753.

VII. ^nton^o^r^nt..^ 35. Der Staatsrath des Kantons F r e i b u r g machte gegen den Staatsrath des Kautons R e u e n b u r g folgende Beschwerde anhängig : Barthelemi B l .. n e von Eorb^res , Kts. Freiburg , sei mit der Reuenburgerin Bauliue G..^e perheiratet und im Kanton Reuenburg wohnhast gewesen , wo er auch gestorben sei. Rachher habe dessen Witwe den Waadtländer Jeanmonol.. geheiratet , der seinen Ansenthalt ebenfalls im Kl. Reuenburg genommen habe. Die aus der Ehe des Blane Vorhandenen zwei Kinder seien seither immer bei der Mutter verblieben und alle Bemühungen, dieselben in die Heimatgemeinde ^orbieres zurül.zuerhalten, seien bis jezt erfolglos gewesen. Schon im Jahr 1859 habe er , der Staatsrath von Freiburg , den ^taatsrath von Reuenburg ersucht , jene zwei Kinder ihrem in Eorbieres bestellten ^ormnnd zusühren zu lassen, allein umsonst. Jm Oktober 1869 habe er sein Begehreu erneuert , aber das gewünschte Resultat wieder nicht erreicht.

Run schreibe Art. 2 des Code civile des Kantons ^reiburg vor, dass alle Angehörigen des Kantons, auch wenn sie auswärts wohnen, in Bezug

aus den .^ersonalstand und bezüglich der Handlungsfähigkeit der Gese^

gebnng ihrer Heimat unterworfen bleiben. Der gleiche Grnndsaz sei auch in Art. 3 des Code civile des Kantons R^.uenburg adoptirt, wahrend nichts darüber gesagt sei, welchem Gesez die im Kt. Reuenburg wohnenden Fremden in dieser Beziehung unterstellt seien. Es sei daher anzunehm.en, dass auf die freiburgisehen Angehörigen die Gesezgebung des Kantons Freiburg Anwendung finde. Hiernach (Art. 213 des Code civile) verliere eine Mutter die väterliche Gewalt über ihre Kinder , wenn sie eine zweite Ehe eingehe. Dieser Fall liege hier vor, wesshalb die im Kanton Freiburg über diese Kinder bestellte Vormundschaft allein gültig und poni Kanton Reuenburg zu respektiren sei.

Am 10. Mai 1871 erklärte der Bundesrath die Beschwerde der Regierung von Freiburg als unbegründet, und ^war gestüzt ans folgende rechtliche Gesichtspunkte : 1) Die Gesezgebung der Kantone über das Vormundsehastswesen ist, wie in manchen andern Rechtsmaterien, verschieden. Während das

513 freiburgische Gesez die Rechtssähigkeit einer Berson, das Alter der Volljal^rigkeit, die Vormundschaft ..e. nach dem heimatlichen Brinzip regelt und dieses Brinzip auf alle Freibnrger , mögen sie in oder ausser dem Danton wohnen, angewendet wissen will, stellt sich die Gesezgebung des Kantons Reuenburg aus den entgegengesehen Standpunkt, wonach sieh die Zivil^ und Volizeigewalt des Staates von Rechts wegen ^auf alle im Kanton wohnenden Bürger erstrekt, und zwar in dem Sinne , dass die Richtkantousbürger wie die eigenen Angehörigen in allen Rechtsmaterien nach den .Gesezen des Wohnortes behandelt werden müssen.

2) Ans dem Boden des jezigen Bundesrechts steht es den Kantonen srei, diese Rechtsverhältnisse, und somit auch das Vormundschaft^ wesen , nach Gutsinden zu regeln ; deshalb ist aber auch kein Kanton verpflichtet, die Gesezgebnng eines andern Kantons auf seinem Gebiete zur Richtschnur zu uehmen, wenn nicht beide Kantone dem Konkordate vom

15. Juli 1.^22 beigetreten stud, was bei Reuenburg nicht der Fall ist.

Rach der neuenburgischen Gesezgebung ist der überlebende Ehegatte der Vormund der Kinder, und die Mutter behält die Vormundschaft ^.ueh dann bei , wenn sie eine zweite Ehe schließt , nur wird ihr ein zweiter Vormund für die Kinder beigegeben. Es kann also der von den freiburgischen Behörden ernannte Beistand der Kinder Biane auf dem Gebiete des Kantons Reuenburg weder hinsichtlich der Berson seiner Klienten , noch rüksichtlich des allfällig^ dort liegenden Vermögens derselben Verfügungen treffen , sosern diese Verfügungen von den Reuenburger Behörden zu vollziehen sind, indem diese nur ihre eigene Gesezgebung zu konsultiren haben.

3) Der von der Regierung des Kantons Freiburg angerufene Entscheid in Sachen der Juliana Spielmann ist für den vorliegenden Fall nicht zutreffend. Dort handelte es sich um ein elternloses Kind, welches mit Einwilligung seines Vogtes für kurze Zeit zu Verwandten nach St. Gallen in die Ferien ging und zurükbehalten werden wollte. Hier handelt es sieh aber um eine fest niedergelassene Familie und um die Frage, welche Gesezgebung in Vormundschastssaehen massgebend sei.

4) Was die Anrufung des Art. 6 des Bundesgesezes über die gemischten Ehen betrifft , so liegt nach obigen Erörterungen die legale Vormundschast in deu Händen der Mutter. Jst aber dieses richtig, so liegt es in der Ratur der Sache , uud es ist in einer richtigen Ausle^ung des angerufenen Gesezes begründet , dass sie auch hinsichtlich der Erziehung der Kinder die Entscheidung trifft. Wollte man dem im Kantou Freiburg gewählten Vormunde und den Verwandten der Kinder in dieser Hinsicht das Bestimmungsrecht einräumen , so würde wegen eines sekundären Vunktes, das ganze neuenburgische Vormundschaftsrecht illusorisch gemacht und in rechtlicher Hinsicht eine untergeordnete Fra^e über die Hauptfrage gestellt.

B^ndesbl...^.

.

.

^ .

.

.

^ .

.

X X .

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.

.

^ .

.

.

1 .

3 7

514 5) Uebrigens muss es auffallen , dass die Regierung von Frei^.

burg zehn Jahre wartete, ehe sie den Rekurs gegen die Weigerung ^e^ neuenburgischeu Behörden bei dem Bundesrathe einlegte. Wollte man das Erziehungsrecht der Muttex bestreiten , so wäre dieses jedenfalls früher viel geeigneter gewesen als jezt, nachdem die Kinder bereits einem reisern Alter entgegengehen und keinerlei Veranlassung vorhanden ist, um eine solche Reklamation jezt erst zu rechtfertigen.

36. Ein ganz ähnlicher Konflikt kam noch zwischen den Regierungen der Kantone S ch w y z und L u z e r n vor. Der im Jahr 1864 verstorbene Joseph Eamenzind von Gersau, Kts. Schw.^, hinterliess nämlich eine Tochter, welche mit Zustimmung der Vormundschaft^ behorde von Gersau ihrer Mutter Josepha , geb. Zimmermann, nach Vil^nau , Kts. Luzern, überlassen wurde. Später verehelichte sieh die Witwe Eamenzind zum zweiten Mal mit Oberlehrer Bsenniger in Büron, Kts. Lnzern und behielt ihr Kind aus erster Ehe auch fernerhin bei sich. Die Behorden von Gersau verlangten nun aber, dass dieses Kind wieder nach Gersau oder Vi^nau zurükgebracht werde , und die Obervormundsehastsbehorde von Schwt.z unterstüzte dieses Begehren.

Die Regierung des Kantons Schw.^z stellte auch an die Regierung von .Luzern das Gesuch , dass sie hiezu behülflich sein möchte. Leztere trat jedoch nicht darauf ein, wesshalb die erstere sieh veranlagt sah, bei dem Bundesrathe Beschwerde zu führen , indem sie namentlich daraus sich berief, dass das Gesez der Heimat hier Anwendung finde und von dem Kanton .Luzern respektirt werden müsse.

Der Bundesrath erledigte diesen Rekurs am 29. März 1871 gleichem Sinne, wie den obigen in Aachen der Kinder Blane.

in

^. Polizei.

L

^....^tie^rnng .^n ^r^rechern und ^n.^schut.^ten.

a. A l l g e m e i n e s .

Die Verhandlungen betretend die Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten haben sich im .^ause des Berichtjahres bedeutend vermehrt, und zwar eben sowohl in Folge ansehnlicher Vermehrung der einzelnen Fälle, als insbesondere auch in Folge der speziellen Verhältnisse, welche mit einzelnen Auslieferungen verbunden waren.

.

515

Jn lezterer Beziehung kann an die Verhandlungen erinnert werden, infolge der Ausliesexungsgesuche von Frankreich gegen einzelne Jndividnen , welche an dem .Kampfe der Eommune in Baris sich betheiligt und nach der Schweig sich geflüchtet haben .sollten. Es wurde in .diesen Fällen zwar eine provisorische Verhaftung und die Einvernahme der Betreffenden über ihre persönliche Betheiligung an jenen Vorgängen angeordnet , aber gleichzeitig wurden .^ueh von der französischen Regierung nähere Rachweise verlaugt, um sodann prüfen und ermessen zu können, in wie fern einzelne Handlungen politischer Ratur seien oder nicht.

Es konnte jedoch nur ein einziger dieser Angeklagten in Gens aufgefunden und zur Hast gebracht werden , aus dessen Auslieferung später von der franzosisehen Regierung verachtet wurde.

Die Vollziehung von Auslieserungen naeh dem Auslande bietet hie und da ^ogerungen, weil von den kantonalen Behörden nicht genügende Ausmerksamkeit aus die Ausstellung der nothigen Bapiere verwendet

wird. Die Ansicht , als hätte das eidg. Justi^ und Bolizeideparte-

ment mitzuwirken, ist irrig. Es hat dasselbe (wenn mit dem betreffenden Staate ein Vertrag besteht) die Frage zu prüfen , ob ein Anslieserungsbegehren begründet oder ob das Verbrechen politischer Ratux, oder ob es verjährt sei ...e. Aber wenn^ einmal die Auslieferung be.^ sehlossen ist, so steht die Vollziehung den kantonalen Bolizeibehorden zu.

Zu diesem Ende ist von der kompetenten Behörde desjenigen Kantons, in welchem der Verfolgte arretirt wurde, ein Transportbesehl auszustellen zuhanden d e r j e n i g e n B e h o r d e , w e l c h e d e n V e r h a f t b e f e h l a u s g e s t e l l t hat (nieht etwa ^uhanden einer Gxenzbehorde, welche von der Sache nichts weiss und desshalb geneigt ist, die Annahme des Transporten ^urükzuweisen). Dieser Transportbesehl ^ mnss neben der genauen Bezeichnung des Jndividuums und des Verbreehens namentlich auch die Angabe enthalten, dass die sragliehe Berson aus Begehren der Regierung des betreffenden Staates und in Folge der Bewilligung der schweiz. Behörden a u s g e l i e f e r t werde.

Bezüglich^ der Kosten einer solchen Auslieferung geht der Bundesrath davon aus , dass sie nach Analogie des Bundesgesezes betreffend Abänderung des Gesezes über die Auslieferung von Verbrechern und Angeschuldigten von 1867 (.^. S. I.^, 86) von jedem Kanton ^u tragen seien, so weit sie auf seinem Gebiete erwachsen sind.

Dieses Versahren wegen der Kosten muss in allen den Fällen stattfinden, wo es fich um eine Auslieferung an einen Staat handelt, mit welchem die Schweiz einen Ablieferungsvertrag hat , weil in diesen Verträgen überall vorgeschrieben ist , das.. jeder Staat die Kosten von Auslieferungen bis^an seine Grenze an fich selbst zu tragen habe.

516 Wenn es stch dagegen um die Auslieferung an einen Staat handelt, mit welchem die Schweiz keinen Auslieserungsvertrag hat, so ka.in die Rükvergütung aller Kosten verlangt werden.

Einzelne kantonale Behörden stellen auch sast regelmäßig mangels haste Verhaftsbefehle aus , wenn sie im Falle sind, die Auslieferung eines Jndipiduums bei einem auswärtigen Staate zu verlangen ; auch wird, um die provisorische Verhaftung eines Flüchtigen zu veranlassen, oft mangelhast telegraphirt.

Ein solches Telegramm ...uss immer das Verbrechen angeben nach einer Begrisssbezeichnung des Vertrages, und ferner muss ausdrüklieh im Telegramm erklärt werden , d asse i n V e r h a s t s b e s e h l e r l a s s e n s e i und dass d i e A u s l i e f e r u n g des V e r f o l g t e n v e r l a n g t w e r d e . Ohne diese Er.^ klärung wird entweder das Telegramm nicht beachtet , oder es veranlasst , dass nach dem Grunde der Verhastung gefragt und darüber eine kostbare Zeit versäumt wird. Jndess ist dieser Jnhalt eines solchen Telegramms geradezu vorgeschrieben in den Verträgen mit B e lg i e n, Art^ 5, mit Fr a n k r e i ch, Art. 4 und mit J t a l i e n, Art. 10. ^ Jeden..

falls muss, wenn eine Verhastung telegraphisch verlangt wordeu ist, un^

verzüglieh das Ansliesernngsbegehren ans diplomatischem Wege gestellt

und dann ein Verhaftsbefehl in derjenigen Form beigefügt werden, ..^ie sie in dem Kreisschreiben des Bundesrathes vom 14. Januar 1870, (Bundesblatt 1870, ...., 61) beschrieben ist. Damit wird die telegraphiseh bewirkte provisorische Verhaftung zu einer definitiven , und anch bei den meisten Staaten das Anslieserungsbegehren begründet. Bei Belgien und Holland dagegen muss noch die definitive Verweisung an den Strasrichter oder auch ein bereits erlassenes Urtheil hinzukommen.

Unter allen Umständen sind die Akten zuhanden der lezten beiden Staaten gehörig zu legalistren.

Vier Auslieserungen fanden nur statt gegen Zusieherung de... Reeiproeität, und zwar 1 vom deutsehen Reich an Bern wegen betrüblichen Bankerottes , 1 von Bern an das deutsehe Reich wegen Diebstahls, 1 von Hamburg an Bern wegen betrüglichen Bankrotts und 1 von Genf an Russland wegen Betruges.

Was die Vermehrung der einzelnen ^älle betrifft , so ergibt sieh aus der unten folgenden Statistik, dass die Zahl der von der Schweiz

bei auswärtigen Staaten nachgesuchten Anslieserungen 32, (1870 : 22) beträgt.

Die Zahl der von auswärtigen Staaten

bei der Schweiz

nachgesuchten Auslieferungen ist dagegen aus 87, (1870: 69) gestiegen.

517 ^ Die von Seite der Schw e i z verlangten Auslieferungen betrafen :

2 Mord, 1 Korperperlezung, 1 Angriff auf d.e Schamhaftigkeit,

7 Betrug und bezüglichen Bankerott, 4 Fälschung, 5 Unterschlagung, 12 einsaehen und .iualifizirten Diebstahl.

^32^ Die Ausliesernngsbegehren von a^u s w ... x t i g e n S t ... a t e n betrafen : ..... F r a n k r e i c h : 18 Mord, Brandstiftung, .^ualiflzirten Diebstahl ....... bei der Bariser Jnsnrrektion,

11 betrüblichen Bankerott, 6 Diebstahl, 5 ^älschnng und Zutraueusmissbrauch, 4 Unterschlagung offentl. Gelder, 1 Vergiftung, 1 Mord.

46 b. J t .. l i e n : 7 Mord,

5 Betrug und Unterschlagung von Staatsgeldern

4 3 3 3

Fälschung, ..^...lifizirten Diebstahl, betrüglichen Bankerott, Misshandlung,

2 Verbrechen gegen die Sittlichkeit, 1 Erpressungsversneh,

1 Verausgabung falscher Bankbillets.

29

c. O e s t e r r e i e h : 4 Betrug und Fälschung, 1 Unterschlagung.

518 d. B a u e r n : 1 Betrug, 1 ^.....rpervexlezung,

1 Unterschlagung amtlicher Gelder.

3

..... B a d e n :

.l Schändung, 1 Unterschlagung.

.

.

.

^

f. R o r d d e u t sche r B u n d :

1 Diebstahl.

^. R u ß l a n d : 1 Gehilfenschaft bei Betrug und Diebstahl.

Das weitere Detail ist zu ersehen aus folgenden Tabellen

51^ b. Statistik.

A. Statistik der von der Schweig bei auswärtigen Staaten nachgesuchten A u s l i e f e r u n g e n .

Anzahl

Ausge- Unentder Jndi- liefert. dekt.

.Kantone.

Verweigert.

Vendent.

viduen.

Zürich

.

.

.

.

.

.

.

.

Bern .^ua

.

.

.

.

Freiburg .

.

Basel-Stadt . . .

Graubünden . . .

Thurgau . . . .

.

.

.

.

Hessin

.

.

.

.

.

.

Waadt

.

.

.

.

.

.

1 17 1 1 4 1 1 1 5

1 10 1 1 1

^1 .

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

1 1 1

^

1 ^

1 ^.^^

.

^--

--^

1

.^

32

18

1 3 1 21 2 1 3

^2 1 10 1 1 3

32

18

9

1

4

Staaten, bei welchen diese Ausliese..

rungen verlangt wurden : Baden

.

Bauern

.

.

.

Belgien

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Frankreich

. . . . .

Jtalien

.

.

.

.

.

.

Niederlande . . . .

Rorddeutsehland .. . .

1 8 ^ .

^

1

^

3 1

.

^

^

^ .

.

.

---.

9

1

-^-

4

520

B. Statistik der durch willigten Auslieferungen.

die Schweiz an auswärtige Staaten b^.

Anzahl der

Staaten.

Ausge-

Un e n t- Revo-

Jndi- liefert. dekt.

zirt.

Bendent.

viduen.

Baden

.

.

.

.

Bauern

.

.

.

.

Frankreich Jtalien

. ^ .

.

.

. . . . .

..^

. . . . .

..Norddeutscher Bund . .

Oefterreich . . . . .

Russland

. . . . .

2 ^ 3 4.^ 28 1 5 1

1 1 13 18 1 2

1 2 31 10

87

36

47

2 .^

1 2 2 1 1 15 1 2

1 1 3 2 1 1 .^ 2 ^ 26 5

3

.

-

2

^

1

-

1

2

2

Kantone, bei welchen diese Auslieferungen verlangt wurden.

Zürich

.

.

.

.

Bern

.

.

.

.

.

.

.

^nzern

.

.

.

.

.

.

3 1 2 20 4 2 ^ 1 .^

Basel.^tadt St.

Gallen

. . . .

.

.

.

.

Graubünden

.

.

.

. . . .

Hessin

.

Waadt

.

.

.

.

.

.

Wallis

.

.

.

.

.

.

Renenburg

.

Genf

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Schweiz im Allgemeinen .

3..)

5

87

I

10

36

47

^ -

.

^ ^^ ^ -

2

1 ^ 1

2

2

^

^

521

^

.... Einzelne Fälle.

1. Die Auslieferung des Eugen .I.^nvicr de la Moue, gewesenen Bräfekten des Departements de l'Enre (Frankreich), bietet einige Unteressante Seiten dar. Die französische Regierung präsentirte zur Begründung der Auslieferung zunächst einen Verhastsbefehl, in welchem die Anklagen wegen Fälschung amtlicher Aktenstüke und Unterschlagung von Amts- und Brivatgeldern angegeben waren. Gemäss den Vorschüssen des Auslieferungsvertrages mit Frankreich wurde die Verhaftung des Augeklagten in Gens angeordnet und die Auslieferung beschlossen.

Allein sowohl von lezterm, als von Seite einiger Freunde desselben wurde gegen die Verhaftung und Auslieferung reklamirt. Sie ma.hten namentlich geltend, dass die Anklage aus eine Zeit sich beziehe (1866), da der Angeklagte noch Bräsekt gewesen und Handlungen betreffe, die er in seiner amtlichen Stellung verübt haben soll. Run sei bis in die neueste Zeit Art. 75 der Verfassung vom 2^. Frimaire des Jahres Vlll in Krast gewesen, wonach er vor der Verantwortlichkeit für seine Handlungen ge.^t gewesen. Der Art. 3 des Dekretes vom 9. August 1806 untersag^ nämlich den Untersuchungsbeamten, gegen Agenten der Regiernng wegen Handlungen in Ausübung ihrer Funktionen einen Verhastsbefehl auszustellen, oder auch nur ein Verhor mit ihnen anzuorduen, ohne vorhergegangene Brüfung durch deu Staatsrath und Ermächtigung der Regierung. Das Gouvernement der Rationalvertheidigung in Bordeaux während ^es legten Krieges mit Deutschland habe zwar diese Vorschriften aufgehoben^ allein es sei zu bezweifeln, ob ein Verfassungsgesez durch ein blosses Dekret aufgehoben werden könne , jedensalls aber sei einzuwenden, dass die Aufhebuug keine rükwirkende Krast haben dürfe. - ferner wurde bemerkt, dass der Verhastsbefehl nicht die Zeit angebe, wann die einzelnen eingeklagten Handlungen stattgesunden haben, aneh seien die Anklagen nicht detaillirt.

Die Vorschriften des Vertrage^ mit Frankreich seien daher nicht. erfüllt.

Da diese Einreden auch von der Regierung von Genf unterstüzt wurden, so sah sich der Bundesrath veranlag, gemäss Art. 6 des Ausliesernngsvertrages mit Frankreich, nähere Aufschlüsse zu verlangen.

Da diese Rachweise länger als 14 ^age ausblieben, so glaubten die Behorden von Gens, dass die Freilassung des Angeklagten stattfinden könne. Es wurde ihuen jedoch bemerkt, dass Lemma 4 von
Art. 4 des Vertrages hier keine Auweudung finde, .^eil das Auslieferungsbegehren von Ansang an nach Vorschrift des Art. 3 in gehöriger Form gestellt worden sei. Aus diesem Grunde komme der Umstand, dass nähere Jnformationen nothig scheinen, nicht in Betracht, denn sonst hätte in Art.

4 auch der Art. 6 eitirt werden müssen. .Die provisorische Verhastung könne nur dann naeh 14 Tagen ausgehoben werden, wenn innerhalb .

^522 dieser Frist nicht das formliche Auslieferungsbegehren gestellt w.^ den sei.

Die französische Regierung entsprach dem hierseitigen Begehren, indem sie einen neuen Verhastsbesehl produzirte, in welchem 18 verschiedene Anklagen der Art spezifizirt waren, dass der Gedanke an Verjährung oder an politische Verfolgung ausgeschlossen wurde.

Bezüglich der Tragweite von Art. 75 der Versassung des Jahres VHl sprach sich der französische Minister des Auswärtigen dahin aus: es sei dieses nicht eine konstitutionelle, sondern elne prozessualische Bestimmung, und sie habe bloss aus diesem Grunde die Verfassung überlebt, in welcher sie enthalten gewesen.

Die Aufhebung jenes Art. 75 sei schon von der kaiserlichen Regierung präparirt gewesen und sei dann von den. Gouvernement der Rationalvertheidigung wirklich versügt worden, indem es daraus verzichtet habe, die Beamten gegen Anklagen von Brivaten zu sehüzen. Uebrigens sei der Art. 75 nicht ein Schnz zu Gunsten der Beamten gegen Reklamationen de.^ Staates gewesen, sondern ein Schuz des Staates gegen Verfolgungen, sür welche der Beamte als Vorwand hatte dienen konnen. Der beste Beweis hiesür liege in dem Umstand, dass im Falle der Abbernsung die ...^trasklage gegen den gewesenen Beamten für Handlungen aus seiner Geschäftsführung frei geworden sei. Zum Beweise sür^diese Bra^is wnrde ein Entscheid des Kassationshoses vom 26. Juni

1862 produzirt.

Der Bundesrath erneuerte nun seiuen Entscheid und lud die Regierung von Genf ein, die Auslieferung von .Janvier de la Motte zu

vollziehen, indem er ihr gleichzeitig bemerklich machte, dass es gemäss Art. 8 uud Art. ..)0, Ziffer 1, 2 und 8 der Bundesverfassung ^ache des Bundesrathes sei, über die Vollziehung von ^taatsverträgen zu wachen, welche von der Bundesversammluug genehmigt worden, und somit als Beschlüsse der leztern sieh darstellen. Die Andeutung des ^ Staatsrathes, als wäre er kompetent, darüber zu entscheiden, ob eine

Auslieferung zu bewilligen sei oder nicht, sei daher nicht gerechtfertigt.

Der Staatsrath von Gens vollzog zwar diese Auslieferung, allein .^r glaubte antworten ^u sollen, dass er selbst sich überzeugt habe, dass die Anslieseruug nieht verweigert werden konne. Er habe als Regierung eines souveränen Staates der Vflicht sich nicht entheben dürsen, diese ^.rage genauer zu prüfen. Die Thatfaehe, dass der Auslieferung...vertrag mit Frankreich durch die Vermittlung des Bundesrathes abgesehlossen worden sei, konne die von der Bundesversassung anerkannten Souveränetätsrechte der Kantone nicht beeinträchtigen. Der ...^taatsrath maehe daher alle Vorbehalte gegen eine Jnterpretation, welehe in Auslieserungsangelegenheiten die kantonalen Regierungen zu blossen Werk-

523 ^.gen der passiven Vollziehung von Entscheiden der Eentralgewalt machen würde. Da die. Auslieferung, wie es der Beschluss des Bundesxathes verlangte, vollzogen worden, so fand es der Bundesrath nicht nothig, sich mit der Regierung von Gens in weitere Auseinaudersezuugen einzulassen.

^ Ju ^..le d^ ueuen .^ertrage^ mit B e l g i e n hat .^e Ausliesexung eines Angeklagten wegen schwerer Korperverlezung mit todtlichem Ausgang erzielt werden konnen. Die diessalligen Verhandlungen wurden aber dennoch ziemlich weitläufig, weil die nothigen Akten erst nach verschiedenen Korrespondenzen mit den betreffenden kantonalen Behorden erhältlich waren und weil das Versahren in Belgien allerdings eiuigermassen abweicht von demjenigen, wie es in den andern europäisehen Staaten üblich ist. Die Hauptdisserenz besteht darin, dass während in den meisten Staaten ein gehorig e^pedirter Verhastsbesehl genügt , in Belgien daneben noch entweder bereits ein Urtheil oder das Erkenntniss der Anklagekammer über die Versezung des Verfolgten in den Anklagezustand und die Verweisung desselben vor den ^trasrichter erforderlich ist. Wenn diese Urkunden den Thatbestand mit allen Merkmalen und die darauf anwendbaren Strasgeseze enthalten, so ist der Erfolg eines Auslieferungsgesuehes bei Belgien durch den neuen Vertrag gesichert. Jn jenem ...^pezialsalle haben auch die belgischen Behorden in gan^ loyaler Weise den Vorschriften des Vertrages genügt.

3. Die nationalräthliche Kommission ^ur Vrüs.^ng des l^esehästs^ Berichtes pro 1870 hat in ihrem bezüglichen Berichte aulässlich des Fal^ les ^ a r e z erwähnt, dass der Bundesrath den Versuch hätte maehen sollen, um bei der Regieruug der V e r e i n i g t e n S t a a t e n von^ N o r d a m e r i k a Erleichterungen zu erhalten in dem Verfahren bei Auslieserungeu. Namentlich glaubte sie anuehmen zu dürfen , dass die Schweig eigentlich ni^t gehalten wäre, in Amerika vor den Gerichten um Auslieserungsbegehren als Bartei ^u^ prozediren, sondern dass alle nothigen Vorkehren in ihrem Ramen von der Unionsregierung selbst gethan werden sollten, gleich wie dieses auch bei uus geschieht, wenn Amerika ein Auslieferungsbegehren stellt.

Es wurde zwar sehon im lezten Geschäftsberichte hervorgehoben, dass eine bezügliche Verwendung kaum den erwünschten Ersolg haben dürfte, weil jenes Versahren aus
zwei Kongressakten aus ^en Jahren 1848 und 1860 beruhe , und dass es daher von der Regierung dex Vereinigten Staaten nicht geändert werden koune.

Da jedoch die erwähnte Kommission an dem ..Standpunkte festhielt, den .die Bundesversammlung bei Anlass des Postulates vom 18. Juli 1870 eingenommen hatte, so ertheilte unser Jnfti^ und Vol^eidepartement dem schweizerischen Generalkonsulate in Washington entspre-

524 chende Austräge. Die Regierung der Vereinigten Staaten erklärte abe.^, dass sie aus eine Aenderung des Verfahrens nicht eintreten konne, und was die Kosten betreffe, so danke sie dafür, dass das Versahren in der Schweiz unentgeltich sei ; allein wenn dasür die Bestellung von Anwalten nothig wäre, so würde sie bereit sein, die Kosten zu tragen, da nach dem Vertrage jeder re^nirirende Staat verpflichtet sei, die Kosten der Verhaftung und Auslieferung zu übernehmen. .Uebrigens seien dem Staatsdepartement bis jezt von keiner andern Seite ähnliche Begehren gestellt worden. Durch die jezt bestehende Ordnung, wonach das Be^ gehren um Ausliesernng einer Berson nicht bloss por den Vereinigten Staaten-Gerichten, sondern auch vor einem Kommissär der Vereinigten Staaten behandelt werben konne, sei der Würde auswärtiger Staaten nicht zu nahe getreten, vielmehr sei diese Einrichtung geschaffen worden, um den Ausliesernngsbegehren eine schnellere Erlediguug zu sichern, als por den Gerichtshosen möglich wäre, da diese zunächst die ältern Geschäfte zu erledigen haben. Die Verwendung von Advokaten wäre nur selten nothwendig. wenn die Auslieferungsbegehren nach den Vorschristen des Vertrages. gestellt und ungleich die .Beweise znr Unterstüzung der Gesuche gehorig erbracht würden.

Jn mündlichen Verhandlungen wurde der Herr Generalkonsul noch aus die unabhängige Stellung der Justizverwaltung in den Vereinigten Staaten und auf den Mangel jeglichen Einflusses ^der Vollziehnngsgewalt aus dieselbe vermiesen. Ferner .vurde beigesügt, dass uach dem Vertrage die Kosten doch von der. Schweiz bestritten werden müssten, ob die Auslieferung von einem Staatsanwalt oder von einem ..^rivatanwalt betrieben wnr.^e ; auch würde ein StaatsAnwalt nicht weniger den El^ieanen eines Gegenanwaltes ansgesez^ sein, als es der Anwalt des schweizerischen Repräsentanten im ^alle ^arez gewesen sei. - Die Repräsentanten von England und Deutschland, welche die meisten Auslieferungsbegehren bei den Vereinigten Staaten zu betreiben haben. erklärten sieh ihrerseits vollkommen besriedigt bei dem jezigen Versahren. Der Gesandte von Deutschland sprach sich überdem dahin ans, dass die angedeutete Aenderung die meisten Ans^ lieserungsgesnehe resultatlos machen würde, indem Bundesbezirksanwälte nicht den Eiser anwenden würden, wie ein vom sremden Staate
eigens bestellter Anwalt. Der Staatssekretär sei immer zuvorkommend bei Ertheilung von Verhaftsbesehlen. Diese werden dann sosort dem deutschen Generalkonsul in Rew-^ork zugeschikt, welcher ungesäumt durch seinen Anwalt die nothigen Schritte vornehme. Durch energisches und einfichtspolles Handeln des Konsuls in Rew-^ork konne ein Fall wie der von Farez nicht vorkommen.

Diese Ergebnisse bestätigen vollkommen, was der Bundesrath im lezten Berichte angedeutet hat.

Er glaubt daher abermals dahin sieh

525 ...ussprechen zu sollen, dass von einer sörmlichen diplomatischen Verhand

lung Umgang ^u nehmen sei. Es ergibt sich aus Allem, dass die Schwe^ gleich behandelt wird wie die andern Staaten ; sie würde daher unter keinen Umständen ein ihr günstigeres Versahreu allein erhalten kennen, während die ^wei am meisten betheiligten Staaten zu keinen Reklamationen sich veranlagt sehen.

H. ^und.^- nnd k^nton.n.^ ^tr^srecht.

Hier ist vor Allem aus der eidgenossischen Strasuntersuchung ^u erwähnen, welche in Folge der t u m u l t u a r i s c h e n V o r g ä n g e in der T o n h a l l e in Zürich vom 7. b.s 1l. März 1871 in Anwendung der Art. 52 und 73 d..... Buudesstrafrechtes erofsnet werden musste.

Gemäss Art. 205 des eidgenössischen Militärstrasgesezbuches wurden die

dabei betheiligt gewesenen sranzosischeu Jnternirten an die militärische Gerichtsbarkeit verwiesen. ^ Vor den bürgerlichen Assisen des ll... Vezirkes erschienen 42 Angeklagte, wovon die Kriminalkammer am 7.. Juni

1871 sechs freisprach und 36 zu Gesangniss von 1 -10 Monat, verbun-

den mit Busse verurtheilte. Die Liquidation der Vrozesskosteu, welche den Verurteilten ^nr Bezahlung überwunden wurden, ist no.h nicht beendigt, so dass der Gesamtbetrag der Kosten^ noch nicht hat festgestellt werden konneu. Die Vollziehung der Gefängnisstrafen wurde ohne Säumniss angeordnet.

Jm Weitern wurden 12 Untersuchungen wegen G e f ä h r d u n g von

Eiseuba hnz.üge n mitgetheilt und gemäss Art. 74 des Bundesstraf^

rechtes den Gerichten der betretenden Kantone zur Veurtheilung zugewiesen. 3 Fälle aus dem Kauton Waadt, 4 aus dem Kauton St.

Gallen, 3 aus dem Kauton .^hurgau, 2 aus dem Kanton ^ern.^ Jm Ganzen waren 17 ^ersouen betheiligt. Davon wurden .) Bersonen gexichtlich freigesprochen, oder schon dureh die Ueberweisu^ngsbehorde von der Anklage besreit. Die Uebrigen wurden zu Gesängniss und Bussen perurtheilt. Die^ ^wei schwersteu Urtheile lauten aus 3 Monate Gesängniss und 300 ^r. Busse (St. Gallen) und 11/2 Jahr Gesängniss mit 80 Fr.

Busse. Zwei Fälle (Bern) sind pendent geblieben.

Der wichtigste ^all betras das Eisenbahnunglük in.Eolombier bei Anlass des Rüktransportes von franzosischen Jnternirten. Die drei Angeklagten .wurden freigesprochen. Die Kosten dieses Vrozesses sielen aus

die Bundeskasse mit 1358 ^r. 15 Rp. Bei Anlass der Feststellung

der vom B..nde zu tragenden Kosten entstand mit der Regierung von .^euenburg eine Differenz, indem diese alle Ta^en fordern zu kouuen glaubte, wie ein verurtheilter Vrivatmaun sie bezahlen müsste. Es wurde^ aber, wie in allen ähnlichen Fällen, daran sestgehalten, dass der Bundesfiskus nur sür so viel Kosten einzustehen habe, als der Gerichts- oder

526 Staatskasse des Kantons znr Last fallen würden, wenn es sich um ein gewöhnliches Verbrechen gehandelt hätte und der Verurtheilte nicht be.^ zahlen könnte. Der Bund tritt in solchen Fällen nur an die Stelle

des kantonalen Fiskus. .^Bundesblatt 1871, lL 416.)

IlI. ^u^rt.ger ^it^rd^nst.. ^er.^un^.

Jm lezten Geschäftsberichte konnte endlich konstatirt werden, dass der a u s w ä r t i g e S ö l d n e r d i e n s t sein Ende erreicht habe. Es sind auch aus dem Jahre 1871 kei..e erheblichen Vorgäuge dieser Art zu

notiren. Diese Rubrik wird daher künstig ans dem Geschäftsberichte

verschwinden können.

Gegenwärtig müssen wir aber noeh einen bezüglichen Auftrag des Nationalrathes erledigen. Derselbe hat nämlich am 11. Juli 1871 be^ Glossen: ,,Der Bundesrath ist eingeladen, zu prüfen und darüber Berieht zu erstatten, ob an der Hand des Gesezes über den fremden Kriegs..

dienst vom 30. Jnli 185^ nicht insbesondere aueh die Werbuugen nach Holland, resp. nach holländisch Jndien, wirksamer ^ unterdrükt werden könnten.^ Wir sind nun im Falle, mitzutheil.en, dass auch diese Angelegenheit

ihre Erledigung gesunden hat, indem die holländische Regierung die Werbungen nach Jndien schon vor dem Beschlusse des Nationalrathes von sich aus unterdrükt hatte. Dieselbe machte nämlich unterm 6.

September 1870 ihrem Generalkonsulate in Bern die Mittheilung: Jm Hinblik aus den Umstand, dass dem Bedürsnisse an Rekruten für das Kolonialheer gegenwärtig durch die Anwerbung nur von Riederländern vollständig genügt werden konne, habe der Kriegsminister für gut gefunden, zu versügen. dass sür besagtes Heer bis ans weiteres keine Fremden mehr, welcher Ration sie aueh angehören mögen, angenommen werden sollen.

IV. .^..tifche ^otizei, ^lüchtlin^.

Auf dem Gebiete der politischen Bolizei war das Justiz und Bo-

lizeidepartement in der ersten Hälfte des Berichtiahres in Folge des

Krieges noch vielsach beschäftigt. Zu diesen Geschäften gehörte namentlieh die Sequestration von Wafsen und Munition , welche mit Umgehung der Reutralitätsverordnung naeh Frankreich ges.hmuggelt werden sollten, der Durchzug wassensähiger Leute aus den kriegsührenden Sta..ten über schweizerisches Gebiet und die Unterstüzung der aus Frankreich ausgewiesenen Deutschen und Schweizer.

527 Rach Unterzeichnung der Friedenspräliminarien wurden jene Sefester ausgehoben und die betreffenden Waffen und Munitionen den Eigentümern wieder aushingegeben, soweit fie nicht bei der Zerstorung des Schlosses in Morges zu Grunde gingen. Die gan^e Li.^uidation konnte ohne erhebliche Anstände erledigt werden.

Was die Kosten für Unterfiüzung der aus Frankreich ausgewiesenen Deutsehen und Schweizer betrifft, so sind von der schweizerischen Gesandtschast in Baris und von den schweizerischen Konsulaten in Frankxeich, sowie von den Grenzkantonen hiesür während des ganzen Krieges

(1870 und 1871) Fr. 183,326. 06 aufgewendet worden, wovon auf die Schweiz Fr. 66,073. 67 fielen, während der Rest von den betheiligten Staaten Deutsehlands xeich zurükvergütet wurde.

und zu einem kleinen .^heii von Oestex-

Bezüglich der p o l n i s c h e n Flüchtlinge, die noch in der Schweig leben, sind .keine erhebliehen Aendernngen eingetreten. Es wurden nur 5 Bässe an Bolen ausgestellt, die nach dem ^luslande verreisten. Die üblichen Unterstüzungen an einige Kranke und .Altersschwache betrugen

^r. 1467. 30 Rp.

.l^. ...^eimatlosenwesen.

1. Hessin. Die Arbeiten sür die Einbürgerung der Heimatlosen haben in diesem Kanton einen sehr erfreuliehen ^ortgang genommen. Wenn au.ch der definitive Abschluß noch nicht erreicht werden konnte, so gewinnt man doch aus Allem, was vorliegt, die Uebex-

Beugung, dass im .Lause des Jahres 1871 mit Umficht und mit grossem Ersolg gearbeitet wurde. Das Formelle des Versahrens kann hier wohl übergangen werden. Rur die Bemerkung mag Blaz finden, dass noch immer nicht jede Berson einzeln festgestellt und im Einbürgerungsdekret genannt wird, sondern dass al.le Bersonen, die zur Zeit der Einbürgexung in einer Familie zusammenleben, als Familie eingebürgert werden, .^on welcher nur der Ehes namentlich ausgeführt wird. Dieses Versahxen müsste später nothwendig zu Unsicherheiten führen, indem die Jdentität der Eingebürgerten ost in Zweifel gezogen werden konnte. Wir haben daher dex Regierung von Tesfin gegenüber da^ bestimmte Begehren gestellt, dass sie eine .Liste anfertigen lassen solle, in welcher jede eingebürgerte Berson speziell genannt sein müsse, mit Angabe des Datums und des

.^rtes der Einbürgerung, indem der Ausweis über die Vollziehung des

Bundesgesezes konne.

nur untex Vorlage einer

solchen Liste geleistet werden

528 Jm Speziellen ist Folgendes hervorzuheben .

^ Die Heimatlosen, deren Herknnst unbekannt ist, wurden naturalistrt und zum grossern Theil bereits auch in Gemeinden eingebürgert.

Auf diese Klasse beziehen sich 244 Reg^ru..gsdekrete.

Bezüglich derjenigen Bersonen, die aus andern Staaten abstam.^ men, wurde zunächst die Wiederanerkenunng in der ursprünglichen Heimat auszuwirken versucht, und es scheint, dass diese Bemühungen von gutem Erfolge waren, indem aus ^iese Weise 104 Fälle, betreffend Familien oder einzelne Bersoneu, ihre Erledigung sanden. Ueber andere Fälle sind die Korrespondenzen noch im Gange.

Am meisten .Schwierigkeiten boten diejenigen .Personen und Familien, welche zwar Bürger des Kantons Hessin, aber nicht einer Gemeinde sind, oder deren Heimalrecht zwischen einzelnen Gemeinden streitig ist. Die Erforschnng der Thatsachen, ans welche gestüzt der Entscheid über die Einbürgerung erfolgen muss, verursachte die meiste

Mühe. Es hatte dies zur Folge, dass nur 27 Fälle dieser Klasse ihre Erledigung fanden.

Von den ausgesehen Kindern wurden .40 den Gemeinden der Mutter, welche ermittelt werden^ konnten, zugesprochen. Die eigentlichen Findelkinder wurden als tessinische Bürger erklärt und zum grossern Tl^eil auch in Gemeinden eingebürgert. Aus solche Personen beziehen sich 65 Dekrete.

Für die Znkunst wurde die sehr anerkennenswerthe Verordnung erlassen, dass in jedem einzelnen Falle von Aussezung eine administrative Untersuchung zur Ermittelung der Mutter augehoben werden solle, und es sind die Regiernngs-Kommissäre, Gemeiudsbehorden, Aerzte und .Hebammen unter Strafandrohung zur Mitwirkung verpflichtet.

1..) einzelne Jndividnen oder Familien konnten entweder selbst sieh neue .Legitimationspapiere verschassen, oder wurden als schon anerkannte Bürger einer Gemeinde des Kantons Tessin ermittelt.

.Bezüglich auf 10 Personen wurde die Einbürgerung snspendirt, weil sie wegen des Alters gemäss Art. 3 des Bundesgesezes unterbleiben konnte.

Endlich wurden 4 Fälle dem eidgenossischen Untersuchungsbeamten überwiesen, als streitig zwischen dem Kanton Hessin und andern Kantonen.

Jm Ganzen stnd 509 Dekrete über die Einbürgerung einzelner Bersonen oder Familien erlassen worden, wovon nnr zwei an den Grossen Rath rekurrirt wurden, ein Beweis, dass die Untersuchungen ^ewlssenhast und die Entscheide gerecht waren.

529 ^ Der Staatsrath von Hessin schließ seinen

lezten Bericht vom 9.

Januar 1872 mit der Bemerkung, dass die gänzliche Erledigung der

Einbürgerung auch fernerhin mit Eiser betrieben werde und dass ex hoffe, deren Ende bald anzeigen zu können.

2. W a ad t. Der Staatsrath dieses Kantons berichtete mit Schreiben vom 14. Februar 1872, dass der Art. 8 des Dekretes vom 24. Januar 187l, wonach die Gemeinde St. Eroi^. verpflichtet ist, allen Gliedern der in dieser Gemeinde eingekauften Corporation vandoise ^ehorige Heimatscheine auszustellen, für die Mehrzahl dieser Mitglieder seine Vollziehung erhalten habe, und dass die Gemeinde sortsahre,^die weiter uothigen Legitimationspapiere auszustellen ^ auch habe dieselbe Gemeinde seit dem l. Juli des legten Jahres die Uuterstüzung aller Bedürftigen jener Korporation gleich den alten Bürgern übernommen.

Es sei also falsch und rechtlich die Corporation v^idoise aufgelost und damit die Einbürgerung nach Vorschrift des Bnudesgesezes auch im .Kanton Waadt vollzogen. Jn Folge dessen wird dieser Kauton künstig hier ausser Betracht fallen.

3. Wallis. Ueber die Verhandlungen, welche im Lause des Berichtjahres mit diesem Kanton vorzüglich gepflogen worden sind, haben wir bereits in dem Spezialberiehte vom 23. ^ebrnar 1872 nähern Aufsehluss gegeben. Jndem wir auf diesen Bericht verweisen, welcher in dem Beschlusse der Bundesversammlung vom 4. März 1872 eine neue Grundlage sür die Einbürgerung der ewigen Einwohner des Kan^

tons Wallis zur ^olge halte, kounen wir uns aus die Mittheilung des-

jenigen beschränken, was im Kanton Wallis aus Grundlage der nicht Zweifelhaft gewesenen gesezlichen Vorschriften im Laufe des Jahres 1871

geschehen ist.

Rach dem bezüglichen Berichte des ^taatsrathes vom 20. Dezem-

ber 1871 sind bis ^ diesem .^age 3^84 Einbürgernugsbriefe auf dem Departement des Jnuern koutrolirt und vom Staatsrath 875 Raturalisati.onen ertheilt worden. Die Naturalisation fällt nämlich überall weg, wo es sich um Bersoneu handelt, die schon lange dem Kanton Wallis angehort haben. Ebenso sind 7 Heimatlose, welche von den Bundesbehorden dem Kanton Wall.is ^gesprochen wurden, eingebürgert worden, sowie 2 Findelkinder und 978 Uneheliche oder eheliche Rach^kommen von solchen, die ihrerseits unehelich geboren wurdeu.

Von 2401 andern eingebürgerten Bersonen vermag der Staatsrath nicht genau anzugeben, welcher Klasse der Heimatlosen sie vorher angehort haben. Jndess .glaubt er, dass ungefähr 2000 davon ewige Einwohuer uud die andern Tolerirte gewesen seien, die aus Mangel dex ..othigen Vapiere in ihrer ursprünglichen Heimat nicht mehr anerkannt worden seien.

B....nd.^bIal.t. .^ahra.XXI^. Bd. II.

3^

^30 ....7 Gemeinden des Kantons haben das Gesez ganz oder zum gr...^.

ten Theil vollzogen.

Unter den Gemeinden, welche noch keine Büre.erbriese ei..geschikt haben, befinde sich diejenige von Sitten, welche 7^.800 Bersonen einzubürgern habe. Aber der Staatsrath wisse, dass eine Spezialkommission sich thatig mit dieser Arbeit beschäftige und in den ersten Monaten des Jahres 1872 damit zu Ende kommen werde. Wenn Sitten seine Aufgabe beendigt habe, werden kaum mehr 1000Bersonen einzubürgern bleiben, indem die andern Gemeinden, welche das Gesez noch nicht vollzogen haben. nicht von Bedeutung seien.

Es ist au^ diesen Mittheilungen zu ersehen, dass endlich auch im

Kauton Wallis mit Eifer an der Vollziehung des Buudesgesezes gear-

beitet und dass die Erledigung der ganzen Aufgabe besordert wird. Jndess mangelt es unverkennbar an einer einheitlichen und kräftigen Kontrole. Unser Jnsti^ und Volizeidepartement hat nicht ermangelt, den Staatsrath von Wallis wiederholt aus diesen Mangel aufmerksam zn machen und namentlich auch ans die Anlage einer Geueralliste aller eingebürgerten Personen, sowie auf den Druk dieser ^iste^ zu dringen, damit für die Znkunst eine sichere Grundlage zum Rachweise der Eiubürgerung vorliege.

Der Beschluss der Bundesversammlung vom 4. März 1872 hat

nun allerdings eine Modifikation des Gesezes des Kantons Wallis und

eine Aenderung der Arbeiten für die Einbürgerung zur Folge. Jndessen sind die Verhältnisse doch nicht der Art, dass auch eine erhebliche Verlängerung der Arbeit daraus entspringen konnte.

Jm Allgemeinen bestätigt sich in den Kantonen Tessin und Wallis

die früher schon gemachte Bemerkung dass sür solche Arbeiten unmöglich ein Termin zur Erledigung derselben festgestellt werden. kann, indem ^ei allem Eifer, mit dem der einzelne Fall betrieben werden mag, der endliche Entscheid desselben doch zu oft von Voranssezungen, z. B. von Korrespondenzen mit auswärtigen Staaten oder mit andern Kantonen abhängt, aus welche kein bestimmender Einfluss geübt werben kann. So viel ist sicher, dass nun in beiden Kantonen mit Eifer gearbeitet wird, und wir werden darüber wachen, dass der definitive Abschluss mit mog.lichster Beförderung erhielt wird.

Bern, den 29. April 1872.

Jm Ramen des schweizerischen Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

.^elti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiel.

531

Konzession sur .

den Bau und Betrieb einer Eisenbahn ^erlasingen.^.Aare.

(Vom 31. Dezember 1858.)

Der K a n t o n s r a t h v o n S o l o t h u r n , nach Einsicht Vorschlags des Regierungsrathes,

ertheilt der Baugesellschast Herrn L oche r und Compagnie in Zürich die Konzession zum Bau und Betrieb einer Eisenbahn längs der Emme von der Emmenbrüke bei Derendingen südlieh bis Biberift, eventuell Gerla-

fingen, und^nordlieh bis an die Aare in der Richtung naeh Attisholz.

behufs Verbindung von zu erstellenden gewerblichen Etablissements mit der Eisenbahn, und zwar als Bahn für Bferde oder Lokomotivbetrieb, nach ihrem Ermessen, - unter folgenden Bedingungen: Art. 1. Die Gesellschaft verpflichtet sich, die vorbeschxiebene Bahn kunstgerecht anzulegen, in Betrieb ^u sezen, und solche während der Konzessionsdauer darin zu erhalten.

Art. 2. Die Gesellschaft hat für personliche Ansprachen ein Doml^il im Amtsbezirk Bucheggber^Kriegftetten zu bezeichnen.

Art. 3. Die Dauer der Konzession für den Betrieb dieser Bahn im Ruzen und Schaden .der Gesellschaft ist auf neun und neunzig aus einander folgende Jahre festgefezt, vom Tage der Eroffnung und des wirklichen Betriebes an.

532 Rach Ablauf dieser ^eitdau..r fällt die Bahn , sofern s.e vorh.^ dem össentltehen Verkehr übergeben worden ist, unentgeltlich den. Kauton Solothurn als Eigentum anheim.

Art. 4.

Für die Verbindlichkeit zur Abtretung von Vrivatrechten

gelten die Vorschriften unseres Eivilgesezbnchs (^ 684 und folgende).

Für die uachherige Justandhaltung dieser Bahn, sowie für deren

allsällige Fortsezung gilt das Bundesgesez vom l. Mai 1850, ,,über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Brivatrechten.^

Die Besugniss der Gesellschaft, die Abtretung von Grund und Boden zu beanspruchen, erstrekt sich: a.

ans den erforderlichen Boden für die Erbauung und den Unterhalt^ der Bahn mit einspurigem Unterbau nebst Seitengräben, sowie sur die erforderlichen Abweichungen und Bahnkreuzungen .

b aus den Raum zur Gewinnung und Ablagerung von Erde, ^and, Kies, Steinen und allen erforderlichen Materialien sür die Bahn, sowie sür die herzustellenden Kommunikationen zwischen derselben und den Bauplänen , ..... aus Grund und Boden für die der Bahn zugehörigen Anlagen, als Zu- und Abfahrten, Wasserleitungen, Bahnhose und Stationsgebäude, Aufsichts- und Bahnwärterhäuser, Wasser- und Vorrathsstalionen u. s. w. .

d. aus Anlegung und Veränderung der Strassen, Wege, Wasserleitungeu, wozn in Folge des Bahubaues und gegenwärtigen Vflichtenheftes die Gesellschast angehalten werden mag.

Art. 5. Die Gesellschaft ist verpflichtet, spätestens sechs Monate nach der von der Bund^sbehörde ersolgten Genehmigung dieser Konzession, die ...Sauarbeiten zu begiunen, widrigensalls diese Konzession n^it Ablauf dieser Frist erloschen sein soll.

Art. 6. Die konzedir..e Eisenbahn soll binnen fünf Jahren, vom Datum der Bundesgenehmignng gegenwärtiger Konzession an gerechnet, zum Betrieb vollendet sein.

Diese Verpflichtung soll jedoch nur insosern massgebend sein, als der Gesellsehast die Erstellung des Gewerbkanals und der daherigen Etablissements ermöglicht war, und soll sieh in der Richtung naeh Gerlafingen nur bis zum lezten Etablissement bei Biberist ausdehnen.

Art. 7. Bevor die Bauarbeiten begonnen werden konnen, soll die Gesellsehast der Regierung die Vläne über den Bau zur Vrüsung und Genehmigung vorlegen. Rachherige Abweichungen von diesen Blänen sind nur na..^ neuerdings eingeholter Genehmigung der Regierung gestattet.

533 ^ Art. 8. Da wo in ^olge des Baues der Eisenbahn Uebergänge, Durchgänge und Wasserdurchlässe gebaut , überhaupt Veränderungen an ^trasseu, Wegen, Brüken, Stegen, Flüssen, Kanälen oder Bächen, Abzugsgräben, Wasser^ und Bxnuuleitun^en erforderlieh werden, sollen alle Unkosten der Gesellschaft zufallen, so dass den Eigentümern oder sonstigen, mit dem Unterhalt belasteten Versonen und Korporationen weder e.u Schaden, noch eine grossere Last, als die bisher getragene, aus jenen Veränderungen erwachsen konnen.

Ueber die Notwendigkeit und Ausdehnung solcher Bauten entscheidet im Falle de.s Widerspruchs der Regieruugsrath, ohue Weiterziehung.

Art. 9. Sollten nach Erbauung der Bahnen öffentliche Strassen, Wege oder Brunnleituugeu von Staats.^ oder Gemeindewegen augelegt werden, welche die Bahn durchkreuzen müssen, so hat die Gesellschaft keine Entschädigung zu fordern für die Uebersehreitung ihres Eigenthums, wohl aber fallen derselben alle diejenigen Kosten allein zur .Last, welche aus der hiedurch nothwendig gewordenen Errichtuug von neuen Bahnwartshäusern und Anstellung von Bahnwärtern erwachsen sollten.

Art. 10. Während des Baues sin.^ von der ..^seilschast alle diejenigen Vorkehrungen ^u treffen, da.ss der. Verkehr aus den bestehenden Strassen und Verbindungsmitteln überhaupt nicht unterbrochen, auch an Grundstüken und Gebäulichkeiten kein Schaden zugefügt werde. Für

nicht abzuwendende Beschädigungen hat die Gesellschaft Ersaz^u leisten.

Die Gesellschaft wird die Bahnen, wo es die ofseutliche Sicherheit erheischt, in ihren Kosten auf eine hinlängliche Sicherheit gewähreude Weise einfrieden und die Einfriedung stets in gutem Stande erhalten.

Ueberh^upt hat sie all.^ diejenigen Vorkehrungen auf ihre Kosten zu tressen, welche in Hiusicht aus Bahnwärterposten oder sonst, jezt oder künstig, von der Regieruug ^ur öffentlichen Sicherheit nothig befunden werden.

Art. 1l. Bevor die Bahu dem Verkehr übergeben werden darf, soll dieselbe durch Delegirte der Regieruug in allen Theilen untersucht und, wo passend, erprobt werden.

Die Erossnuug des Betriebs kann erst dann vor sich gehen, wenn aus den Berieht dieser Delegirten die Regierung ihre sormliehe Bewilligung ertheilt haben wird.

Diese nämliche Bestimmung gilt hinsichtlich der im Art. 10 erklärten Vorkehrungen, insosern solche aus den Bau Brüken .e. sich erstreken sollten.

provisorischer Wege oder

Art. 12. Ra.h Vollendung der Bahn wird die Gesellschaft aus ihre Kosten einen vollständigen Gren^ und Kadastral-Blan derselben mit kontradiktoriseher ^eiziehung der betretenden Gemeindebehörden ausnehmen lassen und zugleich mit ebenfalls kontradiktorischer Beiziehung

534 von Delegirten der Bundes- und Kantonalbehörden eine Beschreibung der hergestellten Brüken, Uebergänge und andern Kunstbauten, sowie ein Jnventar des sämmtlicheu Betriebsmaterials ausfertigen lassen.

Authentische Ausfertigungen dieser Dokumente, denen eine genaue und vollständig abgeschlossene Rechnung über die Kosten der Anlage der Bahn und ihrer Betriebseinrichtung beizulegen ist, sollen in das Archiv des Bundesrathes und in dasjenige des Kantons niedergelegt werden.

Später ausgeführte Ergänzungen oder Veränderungen am Bau der Bahnen, sowie die jeweilige Vermehrung des Betriebsmaterials. sollen in den gedachten Dol.ume..ten nachgetragen werden.

Art. 13. Die Bahn sammt beweglicher und unbeweglicher Znbehorde soll stets in gntem, sieherm Zustande erhalten werden. .

Dieser Zustand, sowie sämmtli.l.e Einrichtungen der Bahn konnen jederzeit durch Deleg.rte der Regierung untersucht werden, und wenigstens einmal im Jahr hat eine solche Untersuchung zu regelmäßig wiederkehrender Beriode zu geschehen.

Sollte die Gesellschast allsäliig entdekten und ihr bezeichneten Mangel-

haftigkeiten oder Vernachlässigungen nicht sofort abhelfe..^ so ist die Re-

gierung befugt, von sieh ans auf Unkosten der ..^..sellschast das Rothige vorzukehren.

Art. 14. ^alls die Gesellschaft die Bal..n mit Lokomotiven betreibt, sollen dieselben nach geltenden technischen Grundsäzeu koustr..irt sein.

Das Rämliche gilt sür die Konstruktion der Güterwagen^ eventnell der Wagen für persone... --- Die Personenwagen sollen gedekt, mit Sizen versehen und mit Fenstern geschlossen sein.

Art. 15. Die Gesellschaft ist nur zur Erstellung einer einspurigen Bahn verpflichtet. sie hat jedoch das .^echt, diese nach ihrem Ermessen jederzeit zweispurig anzulegen.

Art. 16. Das Recht Waarentrausport. ^ie ist an die kompetente Behorde, oder einem ^heil derselben

der Gesellschast erstrekt sieh nur aus den.

jedoch jederzeit, naeh vorheriger Anzeige zum Personenverkehr aus der ganzeu Linie berechtigt.

Art. 17. Die Handhabung der Bahnpolizei wird un.vorgegrisfen den Besngnissen der ^audes.polizei der Gesellschast überlassen, die hierüber nnter Genehmigung der Regierung die ersorderliehen Reglemente aufstellen wird.

Die mit der Handhabung und Ausführung dieser Reglemente zu

betrauenden Bahubeamten, welche vorzugsweise ans Kantonsangehorigen ^u nehmen sind, sollen eine kenntliche Auszeichnung in der Kleidung erhalten.

Dieselben stnd von der betreffenden Staatspoli^eibehorde für gewissen-

53.^ t^ste und treue Bflichterfülluug ins Handgelübde zu nehmen und sollen auch aus motivirtes Begehren der besagten Behorde entlassen werden.

Axt. 18. Die Regierung wird mit Vorbehalt der durch die Bundesbehorde zu erlassenden .geseze sur Ausstellung besonderer Strafbestimmungen gegen Beschädigung der Eisenbahnen, Gefährdung des Verkehrs ans denselben und Uebersehreitnug bahupolizeiliehex Vorschriften besorgt sein.

Storer und Beschädige sind von den Bahnbeamten im Betretungsfalle festzunehmen und an die zuständige Behorde abzuliefern.

Art. 19. Vor der Betriebserosfnung darf die Konzesstonsakte nur mit Genehmigung des Regieruugsrathes veräußert oder abgetreten werden.

Art. 20.

Wenn die Gesellschaft bis Gerlafingeu gebaut hat, hat

der Regiernngsrath das Recht, die Gesellschast anzuhalten, die Bahn dem öffentlichen Verkehr, d. h. dem Bersonen- und .Gütertransport zu übergeben.

Von dem Zeitpunkte an, wo die Bahn dem ossentlichen Verkehr übergeben wir^, gelten, ausser den obigen, noch nachfolgende Bestimmungen :

Art. 21. Ueber die Wahl und Lage der zu erstellenden Anhaltsstellen hat eine Verständigung mit der Regierung stattzufinden.

Art. 22. Die Gesellschaft kann nicht augehalten werden, täglich mehr als zweimal eine Kommuuikatiou ^wischen den Endpunkten zu unterhalten. Die Fahrto^rduuug ist aber der Genehmigung der Regierung zu unterstellen und augemessen und zeitig zu verosfentlichen.

Die Gesellschaft .ist verpflichtet, die ^ahrtenpläne der Regierung

zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 23. Jm Falle der Konzessionsertheilung für Zweigbahnen für Verlängerung der konzedirten Bahn und sür Bahnen in der gleichen Richtung soll der Gesellschaft bei sonst gleichen Bedingungen der Vo.^ xang vor andern Bewerbern zugesichert sein, unbeschadet den Rechten der .^onzessionsakte vom 17. Dezember 1852 an die Eentrall..ahn.

Art. 24. Die Gesellschaft ist gehalten, ans Verlangen der Regierung einen Auszug aus den Rechuungen einzusenden. - Die Gesellsehast wird der Regierung die Bersonen anzeigen, welchen sie jeweilen die Verwaltung, Beaufsichtigung und Leitung des Unternehmens übertragen wird.

Art. 25. Die Gesellschaft soll snr die Einzelnheiten des .^ransportdienstes besondere Reglemente mit Genehmigung der Regierung aus-

stellen.

^

Art. 26. Die ^.ax^en sollen überall und sür Jedermann gleichmässi^ berechnet werden.

Die Eisenbahnverwaltung darf Niemanden einen Vorzug einräumen, den sie nicht unter gleichen Umständen allen Andern gestattet, insofern nicht Brivatverträge mit den durch den Gewerbskanal betriebenen Eta-^ blissements entgegenstehen.

536 Art. 27. Jede Aenderung am Tarif oder an den Transportreglementen soll gehorige Veroffentlichuug bekommen. erstere. mindestens 14 Tage vor ihrem Jnkrafttreten.

Art. 28. Als Maximum für die Ta^en sind der Gesellschaft gestattet, für Verfonen 10 Ets. per ^Stunde. Binder unter 10 Jahren

zahlen auf allen Viazen die Hälfte. - Die Gesellschaft verpflichtet sieh, für Billets, ans Hin- und Rüksahrt am gleichen Tage gültig, eine Ermässigung von 25 .^ auf obiger Ta^e eintreten zu lassen. -- Für Abonnementsbillets auf eine regelmassige Beugung der Bahnen während eines Zeitraumes von mindestens 3 Monaten wird sie einen weitern Rabatt bewilligen.

Für den Transport von Vieh und Waare hat eine spätere Verstän-

digung zwischen der Regierung und der Gesellschast stattzufinden.

Art. 29. Die Gesellschaft ist gehalten, grossere oder kleinere Treppen-

korps, welche im Kanto..aldienst stehen, sowie deren Material, aus Ree.uisition der zuständigen Militärbehörde des Kantons gegen die Hälfte der niedrigsten Tax.e durch die ordentlichen Bahnzüge zu besordern, soweit es das vorhandene Material znlässt.

Für Zusammenzüge zum blossen Zwek militärischer Uebnngen oder Festlichkeiten findet diese Verpflichtung nicht statt.

Art. 30. Streitigkeiten zivilriehterlicher Ratnr, welche in Hinsicht aus die Auslegung des gegenwärtigen^ Konzessionsaktes zwis.hen der Kautonsregierung und der Gesellschaft entstehen sollten, unterliegen der Entscheidung durch ein Schiedsgericht, wie solches im Art. 36 des Bundesgesezes vorgeschrieben ist, und zwar ohne Weiterziehuug.

Art. 31. Auf gegenwärtige Konzession finden selbstverständlich alle Vorsehristen der Bundesgesezgebung ihre Anwendung.

Für die Erfüllung dieser Konzessionsbestimmungen hat die Gesell-

sehast eine Kaution von 20,000 ^.r. zu erlegen, welcher Betrag zugleich als Kaution für die Konzession des Gewerbskanals dienen soll.

Dieser Besehlnss tritt unter Vorbehalt des Veto^s na.h Ablauf der.

daherigen Frist in Kraft.

Gegeben, S o l o t h u r n , den 31. Dezember 1858.

^

Der Vräfident : n. .......i.^ier-Steiu^ru^.

Der Staatsfehreiber : ^ .

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweizerischen Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1871.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1872

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

26

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.06.1872

Date Data Seite

465-536

Page Pagina Ref. No

10 007 288

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