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Minderheit der nationalräthlichen .kommission. betreffend die Frage der Aufhebung der Portofreiheit fur amtliche .Korrespondenzen.

(Vom 3. Juli 1872.)

Tit..

Die Frage der Portosreiheit ist ein beinahe stetiges Tractandum Jhrer Räthe und wird es bleiben, so lange nicht gegen die Misshräuche, die sich unbestrittener Massen vorfinden, Abhülfe gelassen wird.

Der Bnudesrath hat im Jahre 1867 eine Vorlage gemacht, wonach in Hauptsache die Vortosreiheit aufgehoben, dagegen den Kantonen von der Vostverwaltung eine Summe von Frankomarken unentgeltlich abgetreten werden sollte, welche ungefähr das Equivalent der Einbusse, welche sie bei Aufhebung der Vortosreiheit treffen sollte, betragen hätte.

Diesem Antrag gegenüber beschlossen die Räthe sür einmal nicht einzutreten.

Unterm 21. Juli 1871 wurde im Nationalrath das Bostnlat gestellt: Der Bundesrath wird eingeladen, der Bundesversammlnng in der nächsten Session Berieht und Antrag einzubringen über die Frage wegen Aushebung der Vortosreiheit der amtlichen Korrespondenz, - welches Vostulat aueh einstimmig angenommen wurde. Jn der Sitzung vom.

16. Rovember 1871 hat der Ständerath die Frage an den Bundesrath.

zurückgewiesen in folgendem Sinne : "Der Bundesrath ist eingeladen, der Bundesversammlung einen Gesezentwurs vorzulegen im Sinne der Einsührnng der Zwangssrankatur

12.^ und dex Beschränk^ der Vortosreiheit aus die ^rrespondenz der im Dienste besindl.chen Militärs, sowie aus die ossene Korrespondenz der .^entliehen Verwaltungsstellen.^ Jn Jhrer Simung vom 1. Februar 1872 haben ^ie ans Antrag Jhrer kommission beschlossen, das Eintreten in die Materie bis zur Erledigung der Bnndesreviston zu verschieben.

Das Vostulat liegt nun heute zur Behandlung vor, und es bedarf

dasselbe einer grundsätzlichen Erledigung.

Jhre kommission ist einstimmig, dass der erste ^heil des Bostulates des Ständerathes über Einführung der Zwangsfranlatur in der Schweiz zu verwerfen sei, indem nachgewiesen ist, dass die sreiwillige Frankatur der Korrespondenzen von Jahr zu Jahr zunimmt und vorauszusehen ist, dass nach und nach nicht srankirte Briefe zu den grossen Ausuahmen ^ehoren werden. Jst einmal dieser Zeitpunkt eingetroffen, so lasst sieh dann füg^ch erortern, ob das was saktisch schon besteht, nicht aueh

^ese^lich bekrästigt werden soll.

Die Eommission ist dagegen getheilter Ansteht in Bez..tg aus die ^ortosreiheit. Die Mehrheit der Mitglieder will die sruhern Geseze ^nd Verordnungen bestehen und keinerlei Aenderungen eintreten lassen und verbleibt mir die Ausgabe, meinen Minderi^eits-Antrag zu begründen. Derselbe lautet: Die Bundesversammlung moge beschliessen :

,,Es sei in Berücksichtigung der vielseitig zu .^age getretenen MissBräuche die Bortofreiheit prinzipiell aus die Korrespondenz der im Dienste befindlichen Militärs und aus ossene Korrespondenzen von ossentlichen Verwaltungen ^u beschränken.

^Der Bundesrath sei einzuladen, zu untersu.hen und Berieht zu erstatten, in wie weit den .Kantonen unter sich, sowie auch einzelnen kantonalen Verwaltungen, die Vortofreiheit sür geschlossene Korrespondenzen ausnahmsweise auch serner zu gestatten sei.^ Wie Sie sehen, steht mein Antrag dem zweiten .^heil des stände^äthliehen Bostulates nahe und würde derselbe einem grossen .^heil der gegenwärtigen Missbräuche durch Benu^ung der amtlichen Adressirung .^on Eorrespondenzen sür Vrivat^wecke in hohem Masse entgegentreten, ohne den je^igen amtlichen Verkehr auch nnr erwähnenswerth zu storen.

Dieser Antrag schliesst allerdings die bisherige Votosreiheit ^ 1

Lut. a der Verordnung vom 13. Juni 18l^2 sür die Mitglieder der

Bundesversammlung, des Bundesgerichtes und der kommissionen während der Dauer der Si^ungen gänzlich aus, und ich zweifle keinen Augenblick, dass, wenn man nun einmal in ein.^ Revision des Gesezes eintreten soll, jedes Mitglied aus diese bescheidene ......erzlchtleistung gerne^ ..^n^ehen wird.

130 Es wird dieses Vorgehen auch ausserhal... des Bundesrath^hanses begrüsst werden.

Vor Allem soll die vorgeschlagene Änderung des Geseze.... nicht den ^weck einer permehrten Einnahme für die Bossasse haben und ebensowenig im Allgemeinen die h.^igen Vortheile der ^ortosreiheit in den Kantonen erheblich abschwachen. sie wird dies anch nieht, weil die amtliche Eorrespo..de..z, wenn osfen versandt, auch spater portofrei spedirt wird.

Den Gemeinden , Kirchen- und Armenbehörden werden aus diesem Wege die gleisen Dienste wie früher geleistet, und ini Ganzen werden es seltene Ausnahmen sein, wo der Jnhalt der amtliehen Mit.^ th^.ilnngen ein verschlossenes Eonpert erheischt. die .Last, welche diesen Behörden diessalls erwachst, kann nur ein Minimum sein. Man dar^ wohl mit einiger Sicherheit annehmen, dass von den 9,000,0^ Boststücken, welche gegenwärtig durch die ^oft gratis spedirt werden, kaum 5^ der Frankatur wegen ihres Anhalte... bedürstig sein werden, ein..

Ausgabe von eirea ^r. 45 ... 50^m, welche auf alle Kantone pertheilt, kaum der Erwähnung werlh ist.

Wenn demnach die Lut. C und E, welche von Gemeindebehörden und Armenwesen sprechen, aus die ossene Korrespondenz beschränkt werden, so darf dieser Schritt unbedenklich getl,an werden. Das Militär im eidgenössis.hen und kantonalen Dienste bleibt wie früher lant ....ht. I) in seiner ^ortosreiheit geschult. Wie unschätzbar ei^.e Dolche Bestimmung für den Diensttuenden ist, haben die legten Jahre bewiesen und an dieser wird Riemand rütteln wollen.

Etwas anders verhalt es sich mit Lilt. B, welche den kantonalen Behorden ebensalls Vortosreiheit in Amtssa.l.e.. gefettet. Hier halte ieh eine unbedingte Abschaffung der portofreien geschlossenen Korrespondenz zum mindesten verfrüht und sehe m^eh daher veranlagt, zu beantragen, der ^.ndesrath u^ochte untersuchen und berichten, inwieweit dies^.. Eon..

cession den Kantonen unter sich und mit einzelnen kantonalen Behörden auch ferner ausnahmsweise gestattet werden solle.

Einige Rücksicht in dieser Hinsicht wäre am Vla^e und e^ wird dann einer später^ Verhandlung vorbehalten sein, diese Ans^.ahmen festzustellen. Für hente dürfte es genügen, den Grnnd^ ausznsprechen.

Wenn ich im Eingang bemerkte, dass die vorgeschlagene Aen^erung nieht den Zweck einer Mehreinnahme haben soll, so darf anderseits mit Recht
hervorgehoben werden, dass es in der Aufgabe der Räthe liegt, den anerkannten Missbrauehen, welche im^uer u^.hr über Hand nahmen, nach Kräften zn steuern. Die Voft soll uicht verpflichtet ^sein, Briefe, die ihr mit den deutlichsten Anzeichen argen Mis..bra..^.es zur Beförderu^g übergeben werden, bestellen zu müssen. Es soll il.r das Recht der Einsieht gestattet werden. sowie et.vas Verdächtiges vorliegt und

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überdies im Ueberlretungssalle befugt sein, erhebli^e Strafen, wie beim Schmuggel im Zoliwesen, zu verhängen. Dass das Briefgeheimnis auch bei der offenen Korrespondenz gewahrt bleiben soll, ist selbstverständlich, und dass dieselbe auch nicht überflüssig .visitirt wi..d, dasnr dürste der gute Takt der Bostverwaltung und die anderseits e.bgemesseue Zeit der ...^..^angestellten von selbst Sorge tragen.

.Das Beispiel anderer Staaten, wo selbst die Regenten^Häusex keine Vortosreiheit geniessen, wäre allerdings verlobend geung gewesen, weitergehende Anträge im ^inne der gänzlichen Abschaffung zu stellen , ich habe mich aus vorliegenden Antrag beschränk. weil für einmal schwerlich mehr erreicht werden ka^n, und weil dem ^v..cke, Mis.bräneheu zu begegnen, in Hauptsache Genüge geleistet ist.

Nachdem Sie unterm 2l. Juli 1.^71 das Bostulat über die Frage wegen Aushebuug der Bortofreiheit der amtlichen Korrespondenz einstimmig angenommen haben, würden Sie in einigen Widerspruch ge^ rathen, wollten Sie nach der Ansicht der Mehrheit der kommission heute bei unveränderter Sachlage einfache Tagesordnung erkennen.

Jch empfehle Jhnen, Herr Bräsideut, meine Herren, Eintreten in angedeutetem ^iune.

B e r n , den 3. Juli l 872.

Die Minderheit der nationalräthlichen Kommission: ...^uu^ .....ote.

Unterm 1..^. .....^...ber 1871 beschloß der Ständerath folgendes .

,,Der Bundesrath ist eingeladen, der Bundesversammlung einen Gesezeniwurf vorzulegen lm Sinne der Einführung der .^wang^f^ankatu^ und der Beschränkung der ^o.^ofreihe^ auf die .Korrespondenz der im Dienste befindlichen ^intär.^ sowie auf die offene Korrespondenz der offentlichen ^erwaltun^^stellen.^ Der .....alionalralh selnersei^ faßle am .^. .^ull 1872 nachstehenden Beschluß ^ ,.^ soll ln Berüksich.^igung der vielseitig zn Tage getretenen ^iß^räuche die ......orlosreihe^ prinzipiell auf die Korrespondenz der im Diente befindlichen ^..ilitär^ und auf offene Korrespondenzen ^on ofsentl^chen .^erwal.^un^en beschränk werden.^ Der Bundesrath ist eingeladen, zu nn.ersuchen und Bericht zu erstallen, in wle weit den .^an.^onen unter sich, ^wie auch einzelnen kantonalen Verwaltungen, die ^ortofreiheit .für geschlossene Korrespondenzen ausnahmsweise auch serner z^ gestatten sei.^ ...Im ^. Juli 1872 beschloß der Ständerath. Beibehaltung des s^tus ^u^, beziehungsweise einstweiliges ^lussichberuhenlassen des Gegenstandes.

Diese... Beschlusse trat der Nationalrath unterm 12. JuIl 1872 be^

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Bericht der

ständeräthlichen kommission über den Rekurs des Hans .Heinrich Bansen von Hamburg.

(Vom 10. Juli 1872.)

Herr Fürsprech Low reknrrirt im Ramen des Hrn. Hans Heinrich Jansen gegen zwei Entscheide des Bundesrathes d. d. 29. Dezember

1871 und 10. Juni 1872.

Die thatsächlichen Verhältnisse, welche diesen Entscheiden zu Grunde liegen, sind in Kürze solgende:

Durch notarialischen Akt vom 14. Juli 1866 eonstituirte sieh in Basel eine Aktiengesellschaft für Errichtung und Betrieb einer Papierfabrik im Sehlofse zu Botmingen, Kantons Baselland. Bei diesem Unternehmen betheiligten sich der iu Basel wohnende Maler Amberger aus Solingen, Königreich Preussen, mit 12 Aktien zu je 1000 Fr., und ein Freund desselben , Ramens Beutesührer, vermittelst der pon

Amberger geliehenen Fr. 10,l)00 ebenfalls mit 10 Aktien, welche jener

diesem als Kaution hinterste. Das Gesellst rentirte nicht und wurde desshalb bereits 1867 an den mit Ambergex damals befreundeten Hrn.

Jansen, Grosshändler, Bürger und wohnhast zu Hamburg, um die Summe von Fr. 100,000 verkaust. Jansen versprach dem Amberger den Rennwerth seiner Aktien zu bezahlen und ihm auch seiner die Fr. 5000 zu perguten, m.t welchen er die 1l) Aktien pon Beuteführer eingelöst hatte. Unterm 8. Februar 1868 erhielt sodann Jansen die nachgesuchte .Niederlassung sur die Gemeinde Bottm.ngen ohne irgend

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Bericht der Minderheit der nationalräthlichen Kommission, betreffend die Frage der Aufhebung der Portofreiheit für amtliche Korrespondenzen. (Vom 3. Juli 1872.)

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Jahr

1872

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3

Volume Volume Heft

38

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.08.1872

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128-132

Page Pagina Ref. No

10 007 394

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