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B otschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Weltausstellung in Wien im Jahr 1873.

(Vom 26. Juni 1872.)

Tit. l Die Erwartungen, welehe von dem Einfluss des Jdeenaustausehes der Gewerbetreibenden, Techniker und Erfinder aller zivilisirten Volker aus den Weltausstellungen seit den lezten zwanzig Jahren zu Gunsten der Hebung des Wohlstandes und der gesammten Wirthsehas.. der Volker gehegt wurden, schienen bei der Pariser Ausstellung von 1867 ihren Hohepunkt erreicht zu haben. Seitdem ist namentlich in d..r Schweiz ein fühlbarer Rüksehlag eingetreten. Die Lust, internationale Ausstellungen zn beschiken, seheint in demselben Grade bei unsern Jnduftriellen abzunehmen, als die Zahl derselben sich in ungeahnter Weise vermehrt. Seit kaum vier Jahren sind nicht weniger als zwanzig internationale Ausstellungen abgehalten oder erossnet worden, zu welchen die Schweiz eingeladen worden war. Jn Rükstchtnahme aus jene Stimmung unserer Jndustrielleu hat sich oer ..Bundesrath allen diesen Einladungen gegenüber sehr reservirt gehalten, und rüksichtlich keiner derselben ans eine schweizerische Organisation oder aus Geldopser sieh einlassen zu dürsen geglaubt.

Er beschränkte sieh ans die M.ttheilung der bezüglichen Brogramme an die Regierungen der Kantone, aus die Publikation derselben im Bundesblatt und in drei Fällen auf .die Ernennung von diplomatischen Agenten zu Ausstellnngskommissären..

795 Da naht eine neue internationale Ausstellung von Produkten der .^andwirthschast, der Jndustrie und der bildenden .Dünste in Wien heran, welche schon im Jahr 1870 vom Kaiser von Oesterreich auf das Jahr 1873 sestgesezt und den Regierungen aller Länder der Erde angekündigt worden ist. Rieht blo^ der grosse kosmopolitische Ruf, dessen Wien in der ganzen asiatischen Weit geniesst und eine grossete

Betheiligung des Orients als an allen srühern Ausstellungen in Aus-

ficht stellt, sondern auch der umsassende Blan dieser Weltansstellung,

welcher das Ziel gestekt ist, ein Bild des gesammten Kulturlebens der Gegenwart zu entrollen, verspricht sie in gleichen Rang zu stellen mit den universellen Ausstellungen von London und Baris.

Dem grossartigen Blane gemäss^wurde die Organisation frühzeitig und auf breitester Grundlage begonnen. Rach vorläufiger Kenntnissgabe von leiten der k. k. österreichischen Regierung unterm 17. Juni 1870, welche den Kantonsregierungen durch Kreissehreiben vom 22. Juni desselben

Jahres mitgetheilt wurde, erfolgte.. unterm 28. Oktober 1871 aus diploinatisehem Wege die bestimmte Ankündigung der Aussühruug des Bro-

jektes unter gleichzeitiger Uebermittlung des Brogramms und der GruppenEintheilung, welchen nach und nach die Spezialprogramme und endlich

unterm 10. März die Einreibung des Allgemeinen Reglements mit

den wesentlichen materiellen Bestimmungen, sowie ein Exemplar des

Baurisses der Ausstellung folgte.

Nachdem der Bundesrath unterm 9. Juni 1871 der österreichischen Regierung das Ergebniss der ersten Ankündigung der Ausstellung ^bei den Kautonsregierungen mitgetheilt, war der Generaldirektor, Freiherr ^on S c h w a r z . ^ S e n b o r n , s.hon im Febrnar d. J. im Stande, auf diplomatischem Wege ein Expose über die Ausnahme mittheilen, welche das Brojekt in den meisten Staaten gesunden und über die Vorbereitungen zur Theilnahme, welche dort bereits getrossen worden.

Rach diesem Bericht hatten bis dahin^24 Länder in 4 Welttheilen die Organisationsarbeit begonnen, und namentlich schoten sich die grossen Reiche Asiens an, in nie gesehener Weise sich zu betheiligen. Rieht .bloss Rnsslaud hatte Massregeln ergrisfen, um die Teilnahme seiner ostliehen Brovinzen vom Kaukasus bis nach Kamtschaka hervorzurusen,

nicht bloss die Türkei mit Eg.^pten, Tunis u..d Marokko tressen An-

stalt, sich stärker als in .Baris zu betheiligen, sondern auch Bersien, Japan und Ehina werden erscheinen. Die chinesische Regierung hat in allen Theilen des grossen Reiches einen Aufruf erlassen, in welchem sie die Bestimmungen über die Beschil^ng der Ausstellung und Jnftruktionen für dieselbe bekannt gibt und gleichzeitig den Ausstellungsgütern die Besr.eiung vom Ausgangszolle zugesteht.

796 Troz der permanenten Kunst- und Jndustrie..usstellung in Londo..,^ welche ebenfalls international ist, hat doch auch die Regierung von Großbritannien ein genügendes Jnteresse, nicht bloss bezüglich des vereinigten Königreichs, sondern auch in Betreff seiner überseeischen Kolonien

und insbesondere hinsichtlich der Vertretung Oftindiens bethätigt, indem

sie sowohl in England eine Regierungskommission ausstellte, als auch bereits in Bombay eine Ausftellnngskommission ernannte. Troz der Raehwehen des Krieges wird Frankreich sieh bei der Ausstellung b.^ theiligen . grossartiger aber als bei allen srühern Weltausstellungen werden Belgien und unsere ....ach.barlander Jtalien und Deutschland vertreten sein.

Werfen wir einen Blik aus das Brogramm und aus die Art und Weise, wie dasselbe ins Leben gesezt zu werden beginnt, so unterliegt es kaum einem Zweifel, dass die Ausstellung in einer Weise zu Stande kommt, dass sie aus das volkswirthschastliehe Leben von epochemachendem Einfluss sein wird.

Jn London glaubte man schon Ungeheures geleistet zu haben, dass man die Brodukte des Akerbaues, des Gewerbsfleisses und der Kunst aus allen Ländern der Erde auf einen Sammelpunkt vereinigte . -.-. in Baris dachte man noch Höheres erreicht zu haben, indem man diesen Brodukten noch die ..Beschichte der Werkzeuge in greifbarer Gestalt beifügte, sowie Gegenstände vorführte, welche die Verbesserung des ph..s.sehen und moralischen Zuftandes der Bevölkerung zum Zweke haben ; - allein der Wiener Ausstellung ist neben allem diesem noch ein

höheres Ziel gestekt. Sie soll Beiträge bringen zu einer Darstellung

des Welthandels, der Geschichte der Gewerbe, der Erfindungen, der wichtigen und noch ungelösten Ausgabe einer Geschichte der Breise, -sie soll neben einer Uebersieht der industriellen , land- und sorstwirthschastlieheu Broduktion, der besten Erzeugnisse in allen Gebieten der Kunst und der geistigen Bildung des zivilisirten und halbzivilisirten Erdkreises in ihren darstellenden Sammlungen ein Bild der Geschichte der Wirthschast zusammenfassen, --- mit einem Worte ein Bild der gesammten materiellen und ideellen Kultur der Völker, soweit sie sich zur Anschauung bringen lässt.

Das für die Ausstellung angewiesene Areal liegt aus der beliebtesten Seite von Wien und gewährt einen grössern versügbaren Raum, ...ls er den Ausstellungen zu Baris und London zu Gebote stand.

Jn der räumlichen Anordnung der Gebäude sind die Ersahrungen, welche zu London und Baris gemacht wurden, reiflich benuzt worden, so dass sie in vieler Beziehung zwekentsprechender zu werden scheinen.

Die Anordnung des Bariser Ausstellungspalastes, welcher vor dem des Londoner den grossen Vorzug hatte, dass man je nach Belieben ohne

797 Zeitverlust die Gegenstände nach Ländern oder nach Gattungen mustern konnte, hat doch den Rachtheil gehabt, dass die Ausstellung in den dem Mittelpunkte sich nähernden Winkeln sehr ersehwert wurde. Die räumliehe Anordnung der Wiener Ausstellung soll eine g e o g r a p h i s c h e werden, d. h. sie soll nach Ländern in der Art stattfinden, dass die verschiedenen Broduktionsgebiete in der Ausstellung mogliehst in derselben Reihe erseheinen, wie sie auf der Erde in der Richtung von Westen nach Osten folgt.

Die zur Ausnahme der Ausstellung bestimmten Hauptgebäude bieten wesentliche Vortheile sowohl vor der Anordnung in London, als vor der in Baris. Während in London die Brodukte aus den verschiedenen Gebieten des Volksfleisses nebst den Kunstgegenftänden und den in Gang gesezen industriellen Maschinen in derselben Halle zu..

sammengedrängt waren, die Thiere und die ^landwirtschaftlichen Mafchinen dagegen aus einem besondern, stundenweit entsernten Raume vorgezeigt wurden, während in Baris im Bark noch von vielen Ländern Zahlreichem zersplitterte Separatausstellungen.^ von Maschinen, landwirthschastliehen und Kunstgegenständen gemacht werden mussten, werden in Wien alle Länder in je einem Gebäude vereinigt sein, nämlich : 1) im grossen Ausstellungspalast ; .

2) in der Maschinenhalle, 3) in der Kunsthalle.

4) in den Gebäuden für Ausnahme der Thiere ; 5) endlieh steht den Ausstellern noch der Raum im Bark zu Gebote, welcher nach der Wahl derselben entweder im Freien benuzt oder aus deren Kosten gedekt werden kann.

Die Dauer der Ausstellung ist vom 1. Mai bis zum 31. Oktober 1873 festgesezt.

Reben der stehenden Ausstellung finden auch temporäre statt, in welchen lebende Ghiere, Brodukte der Milehwirthschast und andere animalische Rahrungsmittel, .Leistungen des Gartenbaues, der Land- und Forstwirtschaft schädlich.. lebende Bslanzen zur Anschauung gebracht werden sollen.

Daneben werden Versuche veranstaltet, um die .Leistungssähigkeit ausgestellter Ruzthiere zu ermitteln, Versuche mit Arbeitsmasehinen aller Art, mit Dampspflügen, Strassenlokomotiven, Dampsfeuersprizen, Drathseilbahnen, Sprengversuche, Versuche aus dem Gebiete der Kellerwirthschast,. der Anwendung des elektrischen Lichtes, der Benuzung der Luftschisfsahrt u. s. w. Mit der Ausstellung von Lur^uspserden werden internationale Wettrennen verbunden, für welche Breise in Aussicht genommen sind, und in gleicher Weise sollen rechtzeitig internationale

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freisa nfgaben ausgesehrieben, in den Ausstellungsräumen Vorlesungen^ abgehalten werden und während der Dauer der Ausstellung internationale Kongresse stattfinden.

Für die Beurtheilung der ausgestellten Gegenstände wird eine internationale Jur^ eingesezt werden, deren Urtheil die Aussteller sich nach Wahl unterziehen können oder nicht. Von diesem internationalem Brüsungsamte werden 8 Formen der Anerkennung naeh verschiedene:..

Kategorien ertheilt.

Die Vertheilang der Kosten und tasten der Ausstellung zwischen dem Ausstellungslande und den Ausstellern ist in folgender Weise angeordnet : O e st e r r e ich übernimmt und leistet: 1) den nöthigen Raum in den Gebäuden.

2) den erforderlichen Blaz im Bark;

3) die Bedachung und Bedielung der Gebäude .

4) Transportbegünstigung .

5) 6) 7) 8,.

Zollbefreiung wie in einem Entrepot ; die Bewegnngskraft zum Betriebe der Maschinen ^ den Sehuz vor unberechtigter Rachahmnng.

die Bewachung der Ausstellungsobjekte, jedoch ohne Verantworte

lichkeit.

Die A u s s t e l l e r , beziehungsweise die Kommissionen sorgen sü..

alles Uebrige, was es aueh immer sür Ramen habe, und haben überdies ein Blazgeld zn bezahlen , welches in einem Bauschalbetrag naeh folgendem Taris zu entrichten ist: Ber Quadratmeter Grundfläche: a) im Jndnstriepalaste .

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10 fl. o. W.

b) in der Maschinenhalle .

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4 .. ,, ,, c) in den Hofräumen des Jndustriepalastes .

4 ,, ,, ,, d) im Barke : i m Freien .

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t ,, ,, ,, in dem ans Kosten der Aussteller zu dekenden Raum

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e) Kunstgegenftände stnd frei.

Scho^. bei der Ansicht des Brogrammes war es einleuchtend, dass die Schweiz bei der tiefgehenden Bedeutung dieser Weltansstellung an^ ihrer seit einigen Jahren reservirten Haltung heraustreten und je mehr ^sie gegenüber den^zahlreiehen internationalen Ausstellungen der lezten 4 Jahre ihre Kräste gesehont, nunmehr Alles ausbieten müsse, um eine^ ihrer Stellung aus dem Weltmarkte würdigen Vlaz in der Donaustad..

7.^ einzunehmen. Diese Ansieht wird auch von dem schweizerischen Handels-^ und Jndustrieverein ^getheilt, den wir um ein Gutachten angegangen hatten. Derselbe befürwortet in der bezüglichen Kundgebung seines Vorstandes nicht bloss eine würdige Vertretung der schweizerischen Jndustrie in lebhaster Weise, sondern fügt auch noch hinzu, ,,die Wiener Weltausstellung scheine grossartigere Dimensionen anzunehmen, als alle frühern ähnlichen Unternehmungen. fie sei im .wissensehastlichen Geiste als eine Darstellung der wirkliehen Kulturentwiklung ausgesagt, sie biete manehe ganz neue Eigentümlichkeiten und Vorzüge und verspreche insbesondere auch der schweizerischen Jndustxie, welche in Oestreich und in den Donauländern bisher noch wenig bekannt sei, ein ganz neues willkommenes Absazgebiet zu erosfnen^.

Bei der Bedeutung der Sa.he wäre es geboten gewesen, sofort nach erfolgter definitiver Einladung von Seiten der osterre.ehischen Regier^ng gegen Ende des verflossenen Jahres in die Organisationsarbeit einzutreten. Verschiedene Hindernisse haben uus indessen abgehalten, früher mit bestimmten ^Einriehtungsanträgen vor die Bundesversammlung ^u gelangen. Jn erster Linie hatte uns der ausweichende Jnhalt der obenerwähnten Autworten der Kantonsregierungen auf die erste Erossnung der osterreiehisehen Regierung über das Stattfinden der Aus.stelluug, welcher durch den Mangel der nähern Bedingungen in dem ersten Ausschreiben motivirt war, abges.hrekt, mit positiven Vorsehlägen vorzugehen, bevor wir über die ^u tragenden Lasten und die zu erwartenden Begünstigungen unterrichtet waren. Erst im März d. J. gelangten wir in den Besiz des allgemeinen Reglements, aus welchem die

Obliegenheiten der Aussteller, insbesondere der Betrag des Blazgeldes

entnommen werden konnte, sowie ^ur Kenntniss der .^ransportbegünstigungen aus den ostreiehisehen Eisenbahnen und Dampfsehifsen. Erst am

17. April erhielten wir die Vorsehläge des schweizerischen Handels- und

Jndnftrievereins über die Bildung der Eentralkommissson. Vor Allem aber mussten wir Anstand nehmen, die Räthe während den ernsten Berathungen der Revision der Bundesverfassung mit noch einem weitern wichtigen Gegenstand in Anspruch zu nehmen.

Der Bundesrath versäumte iudessen nicht, von sich ans alle Massregeln zu ergreifen, welche nothig waren, um vorläufig die Betheiligung der Schweiz an der Ausstellung in geeigneter Weise zu siehern.

Jn erster Linie erwirkte er sehon unterm 16. Dezember v. J. die Zusage des Generaldirektors der Ausstelluug, durch welche der Schweig

der gleiche Raum, wie I867 zn Baris bewilligt wurde. Diese Abmaehung wurde neuerdings in Folge Verwendung des eidgen. Departements des Junern noch dahin erweitert, dass die der Verabredung gemäss der schweizerischen Kunst reservirte Wandfläehe von 300 Quadrat

800 metern aus 400 erhöht und die Anmeldungssrist für die Kunstgegenstände nach unserm Ermessen verlängert wurde. Auch fügen wir sogleich hier bei, dass nach Wnnsch der kantonalen Kommission von Zürich im Maschinenraum eine Erhöhung des Vlazes von 500 aus 1500 Ouadratmetex verlangt wurde.

Jn zweiter Linie ordnete der Bundesrath rechtzeitig die Veroffentliehung des Programms und der Gruppeneintheilung im Bundesblatt an.

Nachdem sodann das allgemeine Reglement nebst einer Anzahl von Spezialprogrammen ans diplomatischem Wege eingetroffen waren, ließ der Bundesrath das erstere ebenfalls im Buudesblatt abdruken und theilte die genannten Aktenstüke zugleich mit der Nachricht der von den österreichischen Verkehrsanstalten bewilligten Transporterleichterungen den

eidgenössischen Ständen mit. Gleichzeitig lud der Bundesrath die Kan-

tonsregierungen ein, zur Ernennung kantonaler Ausstellnngskommissionen zu sehreiten, welche sieh darüber aussprechen möchten, welche Betheiligung man sich im Allgemeinen von ihren Kantonen versprechen konne.

Dieser Einladung haben bis zur Stunde 19 Kantone entsprochen, während di^ Kantone Uri, Obwalden, Ridwalden, Basel-.Landschaft und Appenzell J R. die Ernennung von Spezialkommissionen wegen

Maugel an Betheiligung abgelehnt haben und die Regierung von Wallis noch keinen bestimmten Entschlnss zu erkennen gegeben hat.

Dagegen sind von Seiten der ernannten kantonalen Kommissionen verschiedene Desiderien eingelangt, unter welchen einige besonders z^ erwähnen sind, weil sie sämmtlich eine mehr oder weniger bedeutende Beihülse des Bundes anstreben.

Der schweizerische Grütliverein reichte nnterni 11. .^lpril d. J. dem.

Bundesrath das Vrojekt einer Separat-Organisation für die Besel.iknng

der Wiener Weltausstellung durch seine Mitglieder ein , sür welche außerordentliche Begünstigungen bezüglich der Deknng des Blazgeldes, der Transportkosten, der Kommissariatsgebühren, Beiträge zu Reisekosten zu Gunsten besonders geeigneter Arbeiter, Vorschüsse bis zu 70 ^ auf die Ausstellungsgegenstände und Zurükerstattung derselben durch eine Verloosung in Aussieht genommen und um eine Subvention des Bnndes gebeten wurde. Ferner richtete der Grütliverein ebenso wie der Verein schweizerischer Buehdrnkereibefizer an de.. Bundesrath das Ge-

such, durch je ein Mitglied in der schweizerischen Ansstellnngskommission

vertreten zu werden. Der Verein sür Handel nnd Jndustrie, der Gewerherath und die Künstlergesellschaft sprachen den Wnnsch aus, dass

une finanzielle Betheiligung des Bundes annähernd wie 1867 in Varis s.attsinden und wenigstens das Vlazgeld, die Transport- und Komn.issariatskosten aus eidgenössischen Mitteln gedekt werden möchten.

Die

801 ^Künstlergesellschaft beantragte insbesondere die Organisation einer schwelzerischen Vorausstellung, an welcher durch eine Vorprüfung über die Zulassung der Kunstgegenstände entschieden werden soll, die Ernennung eines Berichterstatters über Kunst und Kunstindustrie und eine Einladung an die im Ausland wohnenden schweizerischen Künstler,^ in der schweizerischen Abtheilung auszustellen.

Mittlerweile war der Bundesrath zur Ernennung eines Ausstel-

l.üngsagenten im Sinne des ^ 28 des allgemeinen Reglements in der Berson des Herrn Julius Vollack in Wien geschritten, mit der Absicht, denselben mit den provisorischen Gesehästen, soweit sie nicht durch die schweizerische Gesandtschast besorgt wurden , zu betrauen und nachher d^m Generalkommissär zur Beihülse im genannten Sinne unterzuordnen.

Nachdem hieraus vou den schweizerischen Eisenbahnverwaltungen die Ermässigung der Transportkosten der Ausstelluugsgegenstände auf die Halste zugesagt war , schritt der Bundesrath, unter Berüksichtigung der Wünsche der eben genannten Vereine , zur Ernennung einer schweizerischen Kommission, um das ^Gutachten von .Fachmännern über die zwekmässigste Organisation der Betheiligung der ...Schweiz an der Ausstellung entgegen zu nehmen.

Diese Kommission war am 10. und 11. Juni d. J. in der Bundesstadt versammelt und hat sich im Wesentlichen in folgender Weise ausgesprochen : Jn erster Linie war man in der Konferenz allseitig der Ansicht, dass an eine ernste und lebhaste Betheiligung von Seiten der Mehrzahl der Produzenten in fast allen Kantonen nicht zu denken sei, bevor nicht der Umsaug der Uuterftüzung des Bundes bekannt sei. Zur Beur-

theilung der Grenze, welche sür die Betheiligung des Bundes .ins Auge

zu fassen sei, stellte sich die Kommission zunächst die Ansgabe, das Vrinzip festzustellen, nach welchem bei der Wiener Ausstellung die ......^ ganisatlo.. der schweizerischen Abtheiluug ins Leben gesezt werden solle.

Zuerst standen sich zwei Ansichten gegenüber, .die eine sür eine K o l l e k t i v -

Ausstellung, deren Ausgabe es sein würde, wie 1867 ein vollstän-

diges Bild der schweizerischen Produktion zu liesern, die andere sür eine i n d i v i d u e l l e V e r t r e t u n g , bei welcher es weniger auf Vollständigkeit als auf die Repräsentation einzelner bedeutender Leistungen insbesondere der bei der Ausstellung interessierten Produktionszweige ankommen würde. Die leztere Richtung schüzte namentlich die vorgerükte Zeit vor, das mangelnde Jnteresse mancher der Bedeutendsten Jndustrien, namentlich der Baumwollen- und Seidenmanusakturen und insbesondere die grossen Kosten, welche die Organisation einer befriedigenden Kol..

lektivausstellung verursachen würde.

802 Die Anhänger einer Kollektivausstellung machten daraus aufmerksam,^ dass die Ausstellung in eine... so vollkommenen und umfassenden Weise organisirt werde, dass sie mehr als alle srühern die Produzenten und Konsumenten aller Länder herbeiziehen und diese zu einer Brüsnng der internationalen Leistungen veranlassen werde. Würde die Schweiz dan..^ bei ei.^er solchen selten wiederkehrenden Gelegenheit ihre Vertretung dem Zufall der individuellen Wahl überlassen, so würde sie Gefahr lausen, beim Vergleich mit andern Ländern übel zu bestehen, u^.d man würde das Versäumniss nachher ausserordentlieh zu bereuen haben. Wäre die Schweiz dagegen komplet vertreten, dann würden viele Känser, namentlich aus dem Orient, finden, dass sie ihre Bedürfnisse eben so gut und billiger aus der Schweiz befriedigen können, als ans andern Ländern, mit welchen sie bisher in Verbinduug steheu.

Von einer dritten Seite wurde zugegeben, dass einzelne grosse Jndustrien wenig Vortheil von den Ausstellungen hätten. Allein der Bund könne seine Massregeln nieht nach einzelnen Zweigen bemessen, sondern er müsse den handelspolitischen Zwek der Hebnng der gesammten Produktivkräfte der Schweiz erstreben. Zu diesem Zweke könne nur eine Kollektivausstellung dienen, allein es sei wohl möglieh, dasselbe Resultat wie in ^aris mit geringern Kosten zu erzielen, indem man einen Mittelweg einschlage. Einige bedeutende Kosten der Bariser Ausstellung fallen durch die Organisation der Wiener hinweg, z. ^.

die Separatgebäude im Betrag von Fr. 80,000. ferner könnten in Wegsall kommen, die Auslagen sür Glaskasten und Schreinerarbeit im Betrag von Fr. 82,000. .Lezterer Dosten wird allerdings wieder ausgewogen dureh die Blazmiethe, welche bei srühern Ausstellungen erlassen worden.

Endlieh fanden aueh die Wünsche des schweif. Grütlivereins ihre Befürwortung, indem insbesondere der Antrag gestellt wurde, ausstellenden Mitgliedern dieses Vereins Vorschüsse im Betrage von 70o/o des Werthes ihrer Ausstellungsgegenstände, soweit sie vom Generalkommissariat für zulässig erklärt werden, zu gewähren und dieselben eventuell dureh eine Verloosung zu deken . ferner solchen Arbeitern, die dureh Vereine empfohlen, und vom Generalkommissariat angenommen werden, Reiseunterstüzungen zum Besuch der Ausstellung zu gewähren.

Diese Anträge wurden von allen leiten mit
Wohlwollen aufgenommen, allein eben so sehr die Schwierigkeiten der Aussührung hervorgehoben.

Die Kommission war einstimmig der Ansicht, dass der Bund bloss aus das lettere Ansuchen eintreten könne und zwar nur unter der Bedingung, dass die Kantone die Juitiative ergreisen.

Die Kommission einigte sieh sehliesslieh aus Grund der leztgenannten Erwägnngen einstimmig dahin, dem Bundesrathe eine im Wesentlichen ähnliehe Organisation wie die der legten Variser Ausstellung zu empseh-

80.^ ..^..en, wobei aber Verschiedenes, wie namentlich die kosten sur die ganze.

Spezialeinriehtung (Glaskasten und Schreinerarbeit) nicht wie in Baris vom Bund zu tragen, sondern sur Rechnung der Aussteller vorzustreken seien.

Jn der Organisationssrage schlug die Kommisston die Ernennung eines Generalkommissärs vox.

Anschliessend an dieses Gutachten der Kommission liessen wir auf Grund der Spezialrechnungen der Bariser Ausstellung einen KostenAnschlag ausstellen, bei welchem der Grnndsaz festgehalten .^urde, die verschiedenen Bosten von vornherein hoch genug zu fassen, um mit einiger Sicherheit in dem Rahmen des einmal angenommenen Budgets bleiben zu konnen.

^ Bei dieser Berechnung hat sieh troz der Ersparungen, welche die Wiener Ausstellung im Vergleich zur Bariser durch den Wegfall von Separatgebäuden, durch die Lieferung der Triebkraft und Anderm im Gesamtbetrag von über ^r. 84,000, sowie durch den Wegsall der Glaskästen und Schreinerarbeit im Betrag von zirka Fr. 82,000 gewährt, doch ergeben, dass die Gesammtkosten aus Fr. 350,000 oder im hochften Fall aus Fr.. 400,000 sich erheben werden. Die Ursache liegt einesteils in dem gegen Fr. 75,000 betragenden Blazgeld, welches bei der Bariser Ausstellung von 1867 nicht gefordert wurde, sowie in den exorbitanten Breisen, welche nach nähern Erkundigungen

seit einiger Zeit und namentlich im Hinblik ^aus die Ausstellung in

Wien herrschen.

Troz dieser Lage der Dinge ^sieht sich der Bundesrath ausgesordert, sieh für eine nationale Vertretung der Schweiz mit kollektiver Organisation zu erklären und eine den Lasten der Bariser Ausstellung sich nähernde Teilnahme zu empsehlen. Der Bundesrath stellt daher den Antrag, die^ Bundesversammlung wolle nachsolgenden Beschluss fassen: Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft,

naeh Einsieht des Antrages des Bundesrathes, b e s eh l i esst :

1. Der Bund übernimmt für die schweizerische Abtheilnng des Jahres 1873 in Wien die Kosten : a. Der allgemeinen baulichen Anordnung und Ausstattung des Aus.^ stellungsraumes .

b. der Blazmiethe sür alle Ausstellungsgegenstände , sowie der Ansstellung und Besorgung derselben im Ausstellungsraum ;

804 c. des Hin- und Rüktransportes nn^ ^der Transportversicherung^ zwischen dem als Ablieserungsstation ^bezeichneten schweizerischen Grenzorte und dem Ausstellungsgebäude sür alle Ausstellung...gegenstände der Knnst und der .Landwirthschast, sowie sür solche Gegenstände der Gewerbe und Jndustrie, welche das Gewicht von 50 Kilogrammen für jeden einzelnen Aussteller nicht übersteigen und in gewohnlicher Fracht befordert werden ; d. der Unterstellung, Unterhaltung und Besorgung ^es ausgestellte^ Viehes, soweit solche nicht von der Ausstellnngsbehorde bestritte.i werden .

e. der Versicherung der Ausstellungsgegenstände gegen Fenersgefahr im Ausstellungsraume und der Viehassekuran., , soweit leztere

möglich ist.

k. des Kommissariates und der Preisrichter.

2. Der Bund schiesst vor und hat von den Ausstellern sich zurükvergüten zn lassen, die Kosten : a. der Herstellung der Fundamentirungsarbeiten und sekundären Transmissionen für Maschinen und ähnliche Apparate, der Ausstellungsbehälter , der Sehansehränke , Tische und überhaupt der innern Einrichtung der schweizerischen Ausstellung nach der vom Kommissariate zu bestimmenden Rormalien , h. des Hin- und Rüktransportes und der Transportversicherung für das Uebergewicht über 50 Kilogramme für jeden einzelnen Anssteller bei denjenigen Gegenständen der Gewerbe und. Jndustrie, welche in gewohnliche... Fracht . beordert werden, sowie solchem Gegenstände der Gewerbe und Jndustrie , deren Spedition in

Eilfracht erfolgt,

c. überhaupt alles desjenigen , was nicht aus Kosten des Bundes selbst zu erfolgen hat.

3. Das Kommissariat besorgt in einheitlicher Weise : a. die Abnahme aller Ausstellungsgegenstände, sowie deren Rükliese^ rung aus der schweizerischen ...ll.lieserungsstatiou .

b. deren Spedition und Transportversicherung nach und von dem

Ausstellungsgebäude .

c. die Herstellung der Ansstellungsbehälter, die innere Anordnung der Ausstellung, den Empsang der Ausstellungsgegenstände , das

Auspaken und Ausstellen derselben, die Beseitigung und Anfbewahrung der Bakkisten, die Beaufsichtigung und die Fürsorge sür Schuz und Erhaltung der Waaren , die Wiedereinpakung der nicht verkauften Gegenstände.

805 4. Die Bestellung des Kommissariates geschieht durch den Bun^srath.

5. Der Bund ist den Ausstellern gegenüber für den Transport in gleichem Massstab haftbar, wie es das Kommissariat, die Transportant stalten, Versicherungsgesellschaften u. s. w. ihm gegenüber sind.

Den Ausstellern liegt ob, ihre Gegenstände in sorgfältigster Verpakung an dem bezeichneten Stationsorte abzuliefern.

6. Durch den Bundesrath ernannte eidg. Experten entscheiden an einem bezeichneten Orte über Zulassung der angemeldeten Kunstgegen-

stände zur Ausstellung.

Ueber die Zulassung aller andern angemeldeten Gegenstände entscheiden die kantonalen Kommissionen, diese Entscheide^ unterliegen jedoch der Genehmigung des eidg. Departements des Jnnern und die kantonalen Kommissionen haben dem Leitern rechtzeitig Ort und Zeit der ^rüsung der zur Ausstellung bestimmten Gegenstände anzuzeigen, damit sich dasselbe bei der Prüfung vertreten lassen kann.

7. Die au die Ausstellung gesandten und von derselben zurükkommenden Gegenstände geniessen bei ihrem Uebergang über die Schweizergrenze ^ollbesreiung.

8. Bis zu einer Summe von höchstens Fr. 25,000 im Ganzen leistet der Bund einen Drittheil der von Kautonen an Handwerker und Arbeiter zur Erleichterung des Besuches der Ausstellung gewährten

Beiträge.

9. Zur Bestreitung der Kosten wird dem Bundesrath ein Kredit

bis höchstens Fr. 4^)0,000 angewiesen.

10. Der Bundesrath ist mit der weitern Vollziehung dieses^ Beschlusses beaustragt.

Geuehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen.

Hochachtung.

Bern, 2l.... Juli 1872.

Jm Ramen des schweig Bundesrathes , Der B u n d e s p r ä s i d e n t : .^elti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

^l^.

Bnndesbl.^. ..^h..^. XXIV. Bd. II.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Weltausstellung in Wien im Jahr 1873. (Vom 26. Juni 1872.)

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1872

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06.07.1872

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794-805

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