01.020 Botschaft zur Volksinitiative «Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds (Goldinitiative)» vom 28. Februar 2001

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen die Botschaft zur Volksinitiative «Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds (Goldinitiative)» und beantragen Ihnen, diese Volk und Ständen mit der Empfehlung auf Ablehnung zur Abstimmung zu unterbreiten.

Der Entwurf zum entsprechenden Bundesbeschluss liegt bei.

Gleichzeitig beantragen wir, folgende parlamentarische Vorstösse abzuschreiben: 2000

P

98.3675

Goldreserven für gesamtschweizerische Bildungsoffensive (N 4.10.00, [Hochreutener]-Heim)

2000

P

99.3165

Bundesgesetz für die Errichtung der Stiftung solidarische Schweiz (N 4.10.00, Sozialdemokratische Fraktion)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

28. Februar 2001

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Moritz Leuenberger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2001-0275

1403

Übersicht Mit der Reform der Bundesverfassung vom 18. April 1999 wurde die Goldbindung des Frankens auf Verfassungsebene gelöst. Auf Gesetzesstufe erfolgte die Aufhebung der Goldbindung im Rahmen des neuen Bundesgesetzes über die Währung und die Zahlungsmittel (WZG), welches auf den 1. Mai 2000 in Kraft getreten ist.

Damit wurden die Voraussetzungen für eine Neubewertung der Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sowie für Goldverkäufe geschaffen. Als Folge davon hielt die SNB mehr Währungsreserven, als sie für die Erfüllung ihres geldpolitischen Auftrags benötigt. Ein Sondervermögen im Gegenwert von 1 300 Tonnen Gold kann für andere öffentliche Zwecke eingesetzt werden. Unmittelbar nach dem Inkrafttreten des WZG hat die SNB begonnen, diese Goldbestände zu verkaufen.

Der Bundesrat hat vorgeschlagen, mit Mitteln in der Höhe von 500 Tonnen Gold ­ höchstens aber 7 Milliarden Franken ­ aus dem Sondervermögen eine Stiftung solidarische Schweiz zu schaffen. Er hat am 17. Mai 2000 den Räten eine entsprechende Botschaft zugeleitet. Sie besteht neben dem Entwurf eines Stiftungsgesetzes aus einer Übergangsbestimmung in der Bundesverfassung (BV), welche die Rechtsgrundlage für die Übertragung von 1300 Tonnen Gold aus der SNB an andere Zwecke bildet und dem Gesetzgeber die Kompetenz zur Bestimmung dieser Zwecke zuweist. Für das restliche Sondervermögen im Wert von 800 Tonnen Gold hat der Bundesrat eine Vernehmlassung durchgeführt, deren Resultate er am 24. Januar 2001 zur Kenntnis genommen und veröffentlicht hat.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) hat die Vorberatung zur Botschaft des Bundesrates vom 17. Mai 2000 aufgenommen. Sie hat am 2. Februar 2001 die vorgeschlagene Übergangsbestimmung materiell konkretisiert. Der Vorschlag der WAK-S sieht vor, das Sondervermögen im Wert von 1300 Tonnen Gold einem Fonds zuzuführen, zu bewirtschaften und in seiner realen Substanz zu erhalten. Die Erträge aus dem Fonds sollen während 30 Jahren zu je gleichen Teilen der AHV, den Kantonen und einer durch Gesetz zu errichtende Stiftung zugeführt werden.

Die Volksinitiative «Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds (Goldinitiative» der Schweizerischen Volkspartei (SVP) stellt eine Alternative zu den Vorschlägen des Bundesrates und des Parlamentes dar. Sie sieht vor, die
Währungsreserven der SNB oder deren Erträge auf den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV-Fonds) zu übertragen, soweit sie nicht für geld- und währungspolitische Zwecke benötigt werden.

Aus folgenden Gründen empfiehlt der Bundesrat den eidgenössischen Räten sowie Volk und Ständen die Goldinitiative zur Ablehnung: ­

1404

Die Initiative bezweckt die Verhinderung der Stiftung solidarische Schweiz.

Sie richtet sich gegen das Projekt, ein humanitäres Werk zur Erneuerung der Solidarität zu schaffen, dessen Konzept der Bundesrat in seiner Botschaft vom 17. Mai 2000 an das Parlament vorgelegt hat.

­

Die Initiative nimmt mit ihren offenen Formulierungen eine Gefährdung der Unabhängigkeit der SNB in Kauf. Denn sie ermöglicht nicht nur die Übertragung des Sondervermögens in der Höhe von 1300 Tonnen Gold, sondern darüber hinaus auch von weiteren Währungsreserven der SNB an den AHVFonds.

­

Sie stellt zudem auch die künftigen Ansprüche von Bund und Kantonen an den Nationalbankgewinnen in Frage.

­

Schliesslich erweckt sie den Eindruck, mit der Zuweisung der Goldreserven in den AHV-Fonds einen nachhaltigen Beitrag zur Finanzierung des Sozialwerkes zu leisten. Damit könnte sie einer Verzögerung der erforderlichen strukturellen Anpassungen der Finanzierungsgrundlagen der AHV Vorschub leisten.

Der Bundesrat sieht demgegenüber in seinen dem Parlament zugeleiteten und von diesem weiterentwickelten Vorschlägen eine zweckmässigere Regelung der Verwendung der nicht mehr benötigten Währungsreserven. Er unterstützt das Parlament in seinen Bestrebungen, die hängige Vorlage als direkten Gegenvorschlag zur Volksinitiative auszugestalten.

1405

Botschaft 1

Formelles

1.1

Wortlaut

Die Initiative lautet: Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt: Artikel 99 Absatz 3a 3a

Werden Währungsreserven für die geld- und währungspolitischen Zwecke nicht mehr benötigt, so sind diese oder deren Erträge von der Nationalbank auf den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung zu übertragen. Die Bundesgesetzgebung regelt die Einzelheiten.

1.2

Zustandekommen

Die Volksinitiative ,,Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds (Goldinitiative),, wurde am 30. Oktober 2000 von der SVP eingereicht. Mit Verfügung vom 23.

November 2000 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Volksinitiative mit 125 372 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist (BBl 2000 5912 f).

1.3

Behandlungsfristen

Gemäss Artikel 29 Absatz 1 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG, SR 171.11) unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung die Botschaft zur Initiative spätestens ein Jahr nach deren Einreichung, somit bis spätestens am 30. Oktober 2001. Die Bundesversammlung muss innert 30 Monaten nach der Einreichung der Initiative, somit bis zum 30. April 2003, darüber Beschluss fassen, ob sie ihr zustimmt oder nicht (Artikel 27 Absatz 1 GVG).

1.4

Gültigkeit

1.4.1

Einheit der Form

Eine Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung kann entweder in der Form der allgemeinen Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfs eingereicht werden (Artikel 139 Absatz 2 BV). Die Volksinitiative «Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds (Goldinitiative)» ist als ausgearbeiteter Entwurf abgefasst. Die Einheit der Form ist gewahrt.

1406

1.4.2

Einheit der Materie

Eine Volksinitiative darf nur eine Materie zum Gegenstand haben. Die Einheit der Materie ist gewahrt, wenn zwischen den einzelnen Teilen einer Initiative ein sachlicher Zusammenhang besteht. Die Initiative hat folgenden Inhalt: ­

Sie sieht vor, die Währungsreserven oder deren Erträge, sofern sie für die geld- und währungspolitischen Zwecke nicht mehr benötigt werden, von der SNB auf den AHV-Fonds zu übertragen.

­

Die Einzelheiten dieses Vorganges sollen durch die Bundesgesetzgebung geregelt werden.

Die Forderungen der Volksinitiative stehen in sich in einem offensichtlichen sachlichen Zusammenhang; eine unverfälschte Willensbildung des Souveräns ist möglich.

Damit ist auch die Einheit der Materie als zweite formale Voraussetzung für die Gültigkeit der Volksinitiative gegeben.

1.4.3

Weitere Gültigkeitserfordernisse

Neben der Einheit der Form und der Materie nennt die BV in Artikel 194 Absatz 2 die Einhaltung der zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts als Gültigkeitserfordernis.

Nach der Praxis der Bundesbehörden ist zudem die Durchführbarkeit einer Verfassungsbestimmung ebenfalls erforderlich für die Gültigkeit einer Volksinitiative.

Zwingende Bestimmungen des Völkerrechts werden durch die Volksinitiative nicht betroffen. Ebenso ist sie durchführbar.

Die Volksinitiative ist somit gültig.

2

Ausgangslage

2.1

Entstehen von überschüssigen Goldreserven der Nationalbank

Durch die Anpassung des Geld- und Währungsartikels (Artikel 99 BV) im Rahmen der Reform der Bundesverfassung sowie mit dem Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes über die Währung und die Zahlungsmittel auf den 1. Mai 2000 (SR 941.10) wurde die formelle Goldbindung des Schweizer Frankens beseitigt. In der Realität hat diese Goldbindung jedoch schon seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr existiert. Aufgrund der rechtlichen Bestimmungen über Goldparität, Goldeinlöse- und Golddeckungspflicht musste die SNB ihre Goldbestände aber zu einem Preis bilanzieren, der weit unter dem Marktpreis lag. Sie konnte auch keine An- und Verkäufe von Gold tätigen. Mit der Aufhebung der Goldbindung wurde der SNB nun eine marktnahe Bewertung ihrer Goldreserven ermöglicht.

Der damit generierte Aufwertungsgewinn drängte eine Überprüfung des notwendigen Bestandes an Währungsreserven auf, welche die SNB zur Führung ihrer geldund währungspolitischen Aufgaben benötigt.

1407

Zu den Währungsreserven der SNB gehören Gold, Devisen, Reservepositionen beim Internationalen Währungsfonds und internationale Zahlungsmittel. Die wichtigsten Funktionen von Währungsreserven liegen in der Stärkung des Vertrauens in die Währung, der Vermeidung von Währungsturbulenzen und der Bereitstellung eines «Notgroschens» für Krisenzeiten. Der notwendige Umfang der Reserven für diese Zwecke ist jedoch mit wissenschaftlichen Mitteln nicht exakt zu bestimmen. Er ist abhängig von verschiedenen Faktoren wie der Grösse der Volkswirtschaft sowie dem Grad ihrer Auslandsverflechtung. Im Falle der Schweiz sind weitere Besonderheiten unserer Wirtschaft (internationaler Finanzplatz, keine Teilnahme an der Europäischen Währungsunion, etc.) in Erwägung zu ziehen. Das Gewicht dieser Faktoren für die Strategie der Reservebildung ist aus geldpolitischer Sicht den sich wandelnden finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

Gestützt auf die im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der Botschaft über einen neuen Geld- und Währungsartikel in der Bundesverfassung gemachten Untersuchungen sowie im Einvernehmen mit der SNB ist der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass die SNB nebst ihren Devisenreserven zusätzliche Währungsreserven in der Höhe von rund 1300 Tonnen Gold halten sollte1. Da die SNB zum Zeitpunkt der Aufhebung der Goldbindung über Goldbestände in der Höhe von rund 2600 Tonnen Gold verfügte, stehen 1300 Tonnen Gold bzw. deren Verkaufserlös zur Verwendung für anderweitige Zwecke zur Verfügung.

Die Bewertung dieses Vermögens von 1300 Tonnen Gold ist mit Unsicherheit verbunden. Es ist in Betracht zu ziehen, dass die Goldpreisentwicklung in der Vergangenheit starken Schwankungen unterlegen ist. Zudem ist der Gegenwert des Goldvermögens in Schweizer Franken vom Dollarkurs abhängig, da die Goldverkäufe in der Regel gegen Dollar erfolgen. Bei einem Goldpreis von 15 000 Franken pro Kilo würden die 1300 Tonnen 19,5 Milliarden Franken entsprechen. Bei einem um 2000 Franken niedrigeren Kilopreis liessen sich noch 16,9 Milliarden Franken lösen. Auch die Erträge, welche sich künftig auf diesem Sondervermögen erzielen lassen, sind schwierig zu schätzen. Bei einem Realzins von 2,5 Prozent würden auf dem Vermögen von 19,5 Milliarden Franken jährliche Erträge in der Höhe von knapp 490 Millionen Franken anfallen. Bei
einem Realzins von 3,5 Prozent würden gut 680 Millionen Franken erzielt. Ein Vermögen von 16,9 Milliarden Franken würde bei einem realen Zins von 2,5 Prozent rund 420 Millionen Franken und bei einem Zins von 3,5 Prozent gut 590 Millionen Franken abwerfen.

Die SNB hat sich an dem Abkommen mit der Europäischen Zentralbank und praktisch allen Zentralbanken der EU vom 26. September 1999 beteiligt. In diesem Abkommen verpflichten sich die Zentralbanken, während fünf Jahren (2000­2004) insgesamt maximal 2000 Tonnen Gold ­ d. h. maximal 400 Tonnen pro Jahr ­ zu verkaufen. Die vereinbarte Verkaufsbeschränkung von insgesamt 2000 Tonnen schliesst die beabsichtigten Schweizer Goldverkäufe von 1300 Tonnen vollumfänglich ein. Auch die Zentralbanken der USA, Japans, Australiens sowie die BIZ und der IMF haben erklärt, in den nächsten Jahren kein Gold zu verkaufen. Mit ihren Verkaufsbeschränkungen tragen die an dieser Übereinkunft beteiligten Zentralbanken und Institutionen dazu bei, Erschütterungen der Preisverhältnisse am Goldmarkt zu verhindern.

1

Botschaft über einen neuen Geld- und Währungsartikel in der Bundesverfassung, BBl 1998 4063 ff.

1408

2.2

Botschaft des Bundesrates vom 17. Mai 2000

Am 17. Mai 2000 hat der Bundesrat eine Botschaft betreffend die Verwendung von Goldreserven und ein Bundesgesetz über die Stiftung solidarische Schweiz zuhanden des Parlamentes verabschiedet2. Damit sind zwei Erlassentwürfe unterbreitet worden: Eine neue Übergangsbestimmung zu Artikel 99 BV (Geld- und Währungsartikel) sowie das Stiftungsgesetz, welches die Ausgestaltung des geplanten Solidarwerks regelt.

Die Frage, ob die Übertragung von überschüssigen Goldreserven der SNB an andere Verwendungszwecke einer ausdrücklichen Verfassungsbestimmung bedürfe oder nicht, ist vom Parlament im Rahmen der gescheiterten separaten Revision des Geldund Währungsartikels im Sommer 1999 diskutiert worden. Das Parlament hat dabei klar die Haltung vertreten, dass die Übertragung von Goldreserven oder von deren Erlösen in der Verfassung abgestützt werden sollte. Es befürwortete die Schaffung einer Verfassungsgrundlage, die zur Abweichung von der üblichen Verteilungsregel gemäss Artikel 99 Absatz 4 BV ermächtigen würde, wonach die Gewinne der SNB zu zwei Dritteln den Kantonen und zu einem Drittel dem Bund zukommen. Der Bundesrat ist dieser Auffassung des Parlamentes gefolgt und hat in seiner Botschaft vom 17. Mai 2000 eine Übergangsbestimmung zu Artikel 99 BV mit folgendem Wortlaut vorgeschlagen: Übergangsbestimmung zu Artikel 99 BV Das Gesetz regelt die Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf von 1300 Tonnen Gold der Schweizerischen Nationalbank.

Die Idee einer Schweizerischen Solidaritätsstiftung ist am 5. März 1997 durch den damaligen Bundespräsidenten Arnold Koller vor der Vereinigten Bundesversammlung angekündigt worden. Es ist vorgesehen, einen Anteil von 500 Tonnen, höchstens aber 7 Milliarden, aus den Erlösen der überschüssigen Goldreserven der SNB an die geplante Stiftung zu übertragen. Die Tätigkeit der Stiftung soll durch die Zinserträge aus der Bewirtschaftung des Stiftungskapitals finanziert werden, wobei der reale Wert des Kapitals langfristig erhalten werden muss.

2.3

Vernehmlassung über die Verwendung von Goldreserven der Nationalbank

2.3.1

In der Vernehmlassung zur Diskussion gestellte Vorschläge

Mit der Stiftungsbotschaft hat der Bundesrat dem Parlament einen Vorschlag zur Verwendung von 500 der insgesamt zur Verfügung stehenden 1300 Tonnen Gold unterbreitet. Zur Frage, wie die verbleibenden 800 Tonnen eingesetzt werden sollen, hat er eine offizielle Vernehmlassung bei den Kantonen, Parteien, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden sowie weiteren interessierten Organisationen durchgeführt.

Die Vernehmlassung wurde am 28. Juni eröffnet und dauerte bis am 31. Oktober 2000.

2

Botschaft betreffend die Verwendung von Goldreserven und ein Bundesgesetz über die Stiftung solidarische Schweiz, BBl 2000 3979 ff.

1409

Die Vernehmlassungsunterlagen des Bundesrats haben zwei Möglichkeiten für die Verwendung des Erlöses beschreiben, der mit dem Verkauf der 800 Tonnen Gold erzielt werden wird: Einerseits stellen sie die zeitlich gestaffelte Verwendung für eine Bildungsinitiative sowie für Überbrückungsleistungen im Bereich der AHV zur Diskussion. Andererseits ist ein Abbau öffentlicher Schulden vorgeschlagen worden.

Der erste Vorschlag umfasst zunächst die Finanzierung von Bildungsmassnahmen im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Dabei stehen drei Aktionsfelder im Vordergrund: Die Weiterbildung von Lehrkräften, die Entwicklung von Bildungssoftware sowie die Ausbildung von Personen mit erschwertem Zugang zu den herkömmlichen Bildungseinrichtungen. Für die Bildungsinitiative sollen die Erträge, welche auf dem Sondervermögen nach seiner Ausgliederung aus der SNB bis ca. Ende 2004 bzw. 2005 erwirtschaftet werden, mindestens aber ein Betrag von 600 Millionen Franken, eingesetzt werden.

Anschliessend sollen die Erträge zur Finanzierung von Überbrückungsleistungen im Bereich der AHV verwendet werden. Mit diesen Überbrückungsleistungen sollen sozialpolitisch unerwünschte Wirkungen gemildert werden, welche in Folge der notwendigen strukturellen Anpassungen der AHV entstehen können. Diese Überbrückungsleistungen bis zum Erreichen des ordentlichen AHV-Alters bzw. bis zu einer Wiedereingliederung ins Arbeitsleben würden gezielt Personen ausgerichtet, deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt infolge fortgeschrittenen Alters und teilweiser Invalidität, längerer Arbeitslosigkeit oder infolge eines langen Erwerbsunterbruchs gering sind. Die Leistungen sollen auf 12 Jahre befristet werden.

Der zweite Vorschlag sieht vor, das Sondervermögen für einen Abbau der Schulden bei Bund und Kantonen einzusetzen. Dabei würden die Mittel zwischen Bund und Kantonen gemäss dem geltenden verfassungsrechtlichen Verteilschlüssel für Notenbankgewinne aufgeteilt; d. h. dem Bund würde ein Drittel, den Kantonen zwei Drittel des Sondervermögens zustehen. Ein Schuldenabbau könnte durch eine sofortige Rückzahlung öffentlicher Schulden mit unmittelbarer Bereinigung der Bilanzen geschehen. Ebenfalls denkbar wäre es, den Erlös aus den Goldverkäufen in einen Fonds zu investieren; dies mit dem Ziel, eine Rendite zu erwirtschaften, welche über dem Zinssatz für öffentliche Anleihen liegt. Dadurch könnte später ein Schuldenabbau in grösserem Umfang stattfinden.

2.3.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Insgesamt sind im Vernehmlassungsverfahren 88 Stellungnahmen eingegangen. Von den 111 angeschriebenen und zur Stellungnahme eingeladenen Organisationen haben 63 die Gelegenheit wahrgenommen, sich zur Verwendung der 800 Tonnen Gold zu äussern. Des Weitern sind 25 Stellungnahmen von Vernehmlassern eingegangen, die sich aus eigenem Antrieb zu Wort gemeldet haben.

Zusammenfassend haben sich folgende Meinungen zur Goldverwendung herauskristallisiert: Die Kantone betonen einstimmig, dass ihnen gemäss dem geltenden verfassungsrechtlichen Gewinnverteilschlüssel für Nationalbankgewinne zwei Drittel des Erlöses aus dem Verkauf der 800 Tonnen Gold ohne jegliche Zweckbindung durch den Bundesgesetzgeber zustehen. Auch die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) befürwortet, dass zwei Drittel des Sondervermögens an die Kantone gehen, wobei 1410

ein Teil davon als Beitrag zur Finanzierung der Kosten, welche bei den Kantonen als Folge der Flexibilisierung des Rentenalters im Bereich der Ergänzungsleistungen anfallen können, betrachtet werden soll.

Von den beiden Verwendungsvorschlägen des Bundesrats unterstützen die Kantone klar die Variante «Schuldenabbau». Ebenfalls für einen Schuldenabbau sprechen sich die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP), die Liberale Partei der Schweiz sowie die Arbeitgeberverbände (insbesondere economiesuisse, Schweizerischer Gewerbeverband, Schweizerischer Arbeitgeberverband, Fédération Romande des Syndicats Patronaux und Bankiervereinigung) aus.

Eine direkte Überweisung des Erlöses aus den Goldverkäufen bzw. der daraus erwirtschafteten Erträge an den AHV-Fonds unterstützen insbesondere die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS), die SVP, der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände.

Demgegenüber werden Überbrückungsleistungen im Sinne des Bundesratsvorschlags von der Partei der Arbeit (PdA) sowie von Organisationen im Bereich der Versicherten und Leistungsbezüger (vor allem Rentnerorganisationen) unterstützt.

Die Bildungsinitiative wird nebst der PdA vor allem von Verbänden und Organisationen im Bildungsbereich begrüsst. Die CVP ist zwar der Ansicht, dass eine Bildungsinitiative unter föderalistischen Aspekten ein staatspolitisches Problem darstelle. Da sie aber einen gewissen Handlungsbedarf sieht, könnte sie sich vorstellen, das Bundesdrittel der 800 Tonnen Gold für Bildungsmassnahmen einzusetzen.

Die Grünen, die Christlich-Soziale Partei sowie der christlichnationale Gewerkschaftsbund möchten die Erträge aus dem Sondervermögen für die Finanzierung einer Kinderrente bzw. die Erhöhung der Kinderzulagen einsetzen. Auch die SPFrauen und die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände möchten nebst den vorgeschlagenen Überbrückungsleistungen, die vor allem älteren Personen zugute kommen, gezielt Leistungen für Kinder und Familien finanzieren.

Des Weitern vorgeschlagen wurde die Finanzierung von Leistungen für schwangere Frauen oder Beiträge für eine Pensionskasse für Landwirte. Die Hilfswerke schliesslich sind in erster Linie an einer raschen Konsenslösung interessiert, um die Errichtung der Stiftung solidarische Schweiz weder zu gefährden
noch länger zu verzögern.

Die Kantone und die meisten Parteien haben im Rahmen der Vernehmlassung ihre Zustimmung zur Schaffung der Stiftung solidarische Schweiz bekräftigt.

2.4

Parlamentarische Vorstösse

Zur Frage der Verwendung von überschüssigen Goldreserven der SNB sind im Parlament eine Reihe von Vorstössen gemacht worden. Einige Vorstösse betrafen den

1411

Fahrplan und die Ausgestaltung des Projektes «Stiftung solidarische Schweiz» und konnten inzwischen als erfüllt abgeschrieben werden3.

Zur Verwendung der nicht mehr benötigten Goldbestände der SNB wurden folgende Motionen eingebracht: ­

Die Fraktion der SVP hat am 26. Juni 1998 eine Motion (98.3335 N) eingereicht, welche vorsah, die «für geld- und währungspolitische Zwecke nicht mehr benötigten Währungsreserven auf den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung» zu übertragen. Sie wurde vom Nationalrat am 17. Dezember 1998 abgelehnt.

­

Eine Motion von Nationalrat Norbert Hochreutener (98.3675 N) vom 18. Dezember 1998 schlug vor, einen Teil der nicht mehr benötigten Währungsreserven zur Lancierung einer Bildungsoffensive zu verwenden. Die Motion wurde vom Nationalrat am 4. Oktober 2000 als Postulat überwiesen.

­

Punkt 2 einer Motion der SP-Fraktion (99.3165 N) vom 21. April 1999, welche eine Verwendung der nicht benötigten Nationalbankgoldbestände für die Solidaritätsstiftung und die Sozialversicherungen verlangte, wurde vom Nationalrat am 4. Oktober 2000 als Postulat überwiesen.

­

Eine Motion der CVP-Fraktion (00.3053 N) vom 15. März 2000 sah vor, den vom Bundesrat für die Finanzierung der Stiftung solidarische Schweiz vorgesehenen Anteil der überschüssigen Goldreserven der SNB dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz zukommen zu lassen. Die Motion wurde am 4. Oktober 2000 vom Nationalrat abgelehnt.

2.5

Ansprüche der Kantone (Gewinnverteilungsregel nach geltendem Recht)

Gemäss Artikel 99 Absatz 4 BV (Geld- und Währungsartikel) sowie Artikel 27 Absatz 3 des Nationalbankgesetzes stehen zwei Drittel der Reingewinne der SNB den Kantonen zu. Historisch erklärt sich die Beteiligung der Kantone an den Notenbankgewinnen daraus, dass sie mit der Schaffung der SNB ihre Notenbankmonopole an den Bund abgetreten haben. Da die zur Diskussion stehenden 1300 Tonnen Gold auch als zurückgehaltene Notenbankgewinne betrachtet werden können, haben die Kantone geltend gemacht, dass ihnen gemäss dieser Regel zwei Drittel der 800 Tonnen überschüssiger Goldbestände der SNB zustünden (siehe Ziff. 2.3.2.). Gleichzeitig hat die Konferenz der Kantonsregierungen aber wiederholt vernehmen lassen, dass sie die Schaffung einer Stiftung solidarische Schweiz begrüssen und auf die Anwendung der Zwei-Drittel-Gewinnverteilungsregel auf die dafür vorgesehenen 500 Tonnen Gold verzichten würde.

3

Dazu gehören folgende Motionen: Motion «Stiftung für Solidarität: Zeitliche Befristung auf 30 Jahre»von Christoph Eymann (97.3109 N). Die Motion wurde am 19.März 1997 zurückgezogen. Motion «Erfolgversprechende Stiftung solidarische Schweiz» von Hans Danioth (98.3034 S). Die Punkte 1 bis 6 wurden vom Ständerat am 25. Juni 1998 als Postulat überwiesen. Der Bundesrat hat in der Botschaft betreffend die Verwendung von Goldreserven und ein Bundesgesetz über die Stiftung solidarische Schweiz vom 17. Mai 2000 beantragt, das Postulat abzuschreiben. Punkt 7 der Motion ist noch beim Nationalrat hängig: «Die Stiftung muss in ihrer Trägerschaft gesellschaftlich und politisch in allen Schichten breit abgestützt werden. Sie ist vom Fonds für Holocaustopfer thematisch, organisatorisch und personell völlig zu trennen.»

1412

3

Beurteilung der Initiative und ihrer Auswirkungen

3.1

Auslegung des Initiativtextes

Die Initiative sieht vor, Währungsreserven oder deren Erträge, wenn sie für geldund währungspolitische Zwecke nicht mehr benötigt werden, von der SNB auf den Ausgleichsfonds der AHV zu übertragen sowie die Einzelheiten dieser Übertragung vom Gesetzgeber regeln zu lassen.

Dem Wortlaut nach erstreckt sich die Initiative daher nicht nur auf das einmalig aufgrund der Aufhebung der Goldbindung des Frankens entstandene Sondervermögen in der Höhe von 1300 Tonnen Gold. Der Initiativtext charakterisiert die auf den AHV-Ausgleichsfonds zu übertragenden Finanzmittel vielmehr abstrakt als «Währungsreserven, die für die geld- und währungspolitische Zwecke nicht mehr benötigt werden». Er lässt damit sowohl die Art (Gold, Devisenreserven, internationale Zahlungsmittel) als auch die Höhe dieser für geld- und währungspolitische Zwecke nicht mehr benötigten Währungsreserven offen. Im Folgenden ist daher davon auszugehen, dass die Initiative nicht nur das einmalig ­ aufgrund der formellen Aufhebung der Goldbindung des Frankens ­ entstandene Sondervermögen in der Höhe von 1 300 Tonnen Gold erfasst, sondern weitere, auch erst in Zukunft anfallende Währungsreserven einschliesst, soweit sie für die Geld- und Währungspolitik nicht mehr benötigt werden sollten.

Die Formulierung der von den Initianten vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung ist in zweierlei Hinsicht problematisch und wirft Fragen auf: Erstens ist zu prüfen, wie sich die Initiative zu der in Artikel 99 Absatz 2 BV verankerten Unabhängigkeit der SNB verhält (siehe Ziff. 3.2.1). Zweitens stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zu der Gewinnverteilungsregel gemäss Artikel 99 Absatz 4 BV (siehe Ziff. 3.2.2).

3.2

Konfliktpotenzial in Bezug auf die Notenbankunabhängigkeit und die Gewinnausschüttung

3.2.1

Notenbankunabhängigkeit

Artikel 99 Absatz 2 BV hält ausdrücklich fest, dass die SNB bei der Erfüllung ihres Auftrags, die Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen, unabhängig ist. Eine wichtige Voraussetzung für die Erfüllung dieses Auftrags ist, dass die SNB über genügend Währungsreserven verfügt. In Artikel 99 Absatz 3 BV wird die SNB deshalb verpflichtet, aus ihren Erträgen ausreichende Währungsreserven zu bilden. Weil das Halten von Währungsreserven Teil des unabhängig zu erfüllenden Notenbankauftrags ist, muss der Entscheid, wie hoch der Umfang an Währungsreserven sein soll, im Kompetenzbereich der SNB liegen. Da der notwendige Umfang an Währungsreserven vor allem von der Grösse der Wirtschaft und der Auslandverflechtung des betreffenden Landes abhängt, soll die SNB aber im Rahmen der geplanten Revision des Nationalbankgesetzes verpflichtet werden, bei ihrem Entscheid über die erforderliche Höhe der Währungsreserven die Entwicklung der schweizerischen Volkswirtschaft zu berücksichtigen. Zudem wird sie diesen Entscheid im Rahmen der ebenfalls einzuführenden Rechenschaftspflicht gegenüber Bund und Öffentlichkeit erläutern müssen. Damit wird sichergestellt, dass die Reservenbildung durch die SNB transparent gemacht wird.

1413

Die Zuständigkeit zum Entscheid über den Umfang der notwendigen Währungsreserven ist daher bei der Nationalbank anzusiedeln, soll die in Artikel 99 Absatz 2 BV statuierte Unabhängigkeit der Nationalbank gewahrt bleiben. Die Bundesverfassung geht in Artikel 99 Absatz 3 ausdrücklich davon aus, dass es die Nationalbank ist, die aus ihren Erträgen ausreichende Währungsreserven bildet. Die Initiative äussert sich selbst nicht explizit zur Entscheidzuständigkeit, sondern regelt bloss den Verwendungszweck für den Fall, dass Währungsreserven vorhanden sind, die für die Geld- und Währungspolitik nicht mehr benötigt werden. Dass sie überdies die Regelung der «Einzelheiten» dem Gesetzgeber überträgt, muss nicht heissen, dass der Gesetzgeber zum Entscheid über den Umfang der notwendigen Währungsreserven ermächtigt werden soll. Dieser Entscheid ist ein wesentlicher Bestandteil der unabhängig zu führenden Geld- und Währungspolitik der Nationalbank und stellt daher nicht bloss eine «Einzelheit» dar.

Der Wortlaut der Initiative lässt jedoch zu, dass dieser Punkt auch anders interpretiert wird. Es besteht das Risiko, dass die Initiative als Ermächtigung an den Gesetzgeber gelesen wird, selbst ­ d. h. anstelle der Nationalbank ­ über den Umfang der notwendigen Währungsreserven zu entscheiden. Weil der Wortlaut der Initiative den Umfang der nicht mehr benötigten Reserven offen lässt, erlaubte diese Interpretation dem Gesetzgeber, auf gesetzlichem Weg Reserven der SNB als für geld- und währungspolitische Aufgaben nicht mehr notwendig zu bezeichnen und an den AHVFonds zu übertragen. Würde die Initiative im Fall ihrer Annahme tatsächlich vom Gesetzgeber zum Anlass genommen, in eigener Kompetenz als überschüssig erachtete Währungsreserven an den AHV-Fonds zu übertragen, so könnte dies die Führung der Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes stark erschweren und das Vertrauen in die Schweizer Währung entscheidend schwächen. Aus politischer Sicht führt jedoch bereits die blosse Möglichkeit, dass der Gesetzgeber wiederholt auf die Währungsreserven der Notenbank zugreifen würde, zu einer massiven Verringerung der Glaubwürdigkeit der Geldpolitik der Nationalbank. Es ist empirisch erwiesen, dass die Inflationsraten in Ländern mit unabhängigen Zentralbanken niedriger sind. Deshalb besteht die Gefahr, dass schon
das blosse Risiko eines Eingriffs in die Unabhängigkeit der SNB zu steigenden Inflationserwartungen führt. Diese müssten mit einer restriktiveren Geldpolitik bekämpft werden, was mit Kosten in Form eines Rückgangs von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung verbunden wäre.

3.2.2

Verhältnis der Initiative zum Anspruch der Kantone auf die Nationalbankgewinne

Der vorgeschlagene Text der Initiative wirft ferner die Frage nach der Abgrenzung zu Artikel 99 Absatz 4 BV auf, wonach zwei Drittel des Reingewinns der SNB den Kantonen zustehen. Der Gewinnermittlungsprozess der SNB sieht nämlich wie folgt aus: Zunächst finanziert die SNB aus ihrem Jahreserfolg die Dividende an die Aktionäre, die Dotierung des gesetzlich vorgeschriebenen Reservefonds und die Pro-KopfEntschädigung an die Kantone. Diese Beträge werden als Reingewinn ausgewiesen.

Anschliessend vergleicht die SNB den effektiven Stand ihrer Währungsreserven mit dem angestrebten Bestand. Der angestrebte Bestand sieht ­ ausgehend vom Bestand Ende 1990 ­ einen jährlichen Zuwachs der Währungsreserven im Gleichschritt mit

1414

dem durchschnittlichen nominellen Wirtschaftswachstum vor. Liegen die effektiven Währungsreserven unter dem angestrebten Bestand, werden sie aus den im betreffenden Jahr erzielten Erträgen aufgestockt. Liegen sie darüber, wird der Überschuss zusätzlich als Reingewinn ausgewiesen und gemäss Artikel 99 Absatz 4 BV an Bund und Kantonen ausgeschüttet. Damit wird sich der effektive Bestand an Währungsreserven künftig nahe am angestrebten Bestand entwickeln.

Der von der SNB jährlich ausgewiesene Reingewinn hängt somit direkt vom Bestand an Währungsreserven ab. Beschränkte sich die Initiative auf die für die Geldund Währungspolitik nicht mehr benötigten 1300 Tonnen Gold, so wäre in der Zuweisung an den AHV-Ausgleichsfonds eine einmalige Sonderregelung zu erblicken, die der allgemeinen Gewinnverteilungsregelung nach Artikel 99 Absatz 4 BV vorgehen würde. Es ist indessen, wie oben ausgeführt, möglich, dass die Initiative weiter zielt und weitere, erst in Zukunft anfallende überschüssige Währungsreserven erfasst. Es fragt sich daher, ob ein allfälliger Überschuss von Währungsreserven als Reingewinn ausgewiesen und damit gemäss Artikel 99 Absatz 4 BV zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone verteilt wird oder ob der Überschuss als nicht benötigte Reserven gemäss dem neuen Artikel 99 Absatz 3a dem AHV-Fonds übertragen werden soll und die Kantone leer ausgehen. Die Initiative beantwortet diese bedeutsame Frage nicht. Die Klärung würde damit dem Gesetzgeber obliegen. Würde der Gesetzgeber der Verfassungsbestimmung der Initiative Vorrang vor der Gewinnverteilungsregelung zugunsten der Kantone nach Artikel 99 Absatz 4 BV einräumen, so führte dies zu einer weitgehenden Aushöhlung des Gewinnanteils der Kantone. Ob eine andere, den Gewinnanspruch der Kantone schonendere Regelung getroffen werden könnte, ist schwierig abzuschätzen. Die Stimmberechtigten wissen somit im Zeitpunkt der Abstimmung über die Initiative nicht, ob die Initiative zu einer Aushöhlung der kantonalen Gewinnansprüche führen wird oder ob bzw. in welchem Ausmass der Gewinnanspruch der Kantone gewahrt werden kann. Aus rechtlicher Sicht ist es unbefriedigend, dass die Initiative in einer Frage von diesem Gewicht unklar ist. Aus politischer Sicht stellt die Initiative indes eine Bedrohung für die Ansprüche der Kantone und des Bundes an den Gewinnen der Nationalbank dar.

3.3

Auswirkungen auf die AHV

3.3.1

Standortbestimmung AHV

Das schweizerische System der sozialen Sicherheit fördert die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stabilität und leistet einen entscheidenden Beitrag zum sozialen Frieden in der Schweiz. Es ist damit auch ein wichtiger Standortvorteil für die schweizerische Wirtschaft.

Da die Finanzierung der AHV auf dem sogenannten Umlageverfahren basiert, spielt das Verhältnis zwischen der Anzahl der rentenbeziehenden Personen und der Anzahl der Beitragzahlenden für das finanzielle Gleichgewicht der AHV eine zentrale Rolle. Dieses Gleichgewicht wird sich in den kommenden Dekaden zunehmend verschieben. Die demographischen Szenarien gehen davon aus, dass sich die Zunahme der Gruppe der 65-jährigen und Älteren an der Gesamtbevölkerung der Schweiz im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts weiter beschleunigen wird. Währenddem im Jahre 2000 das Verhältnis von rentenberechtigten und beitragsleistenden Personen eins zu vier betrug, wird es bis zum Jahre 2020 auf rund eins zu drei zunehmen.

1415

Dies ist nicht nur auf die längere Lebenserwartung, sondern auch auf die Abnahme der Geburtenhäufigkeit zurückzuführen. Erst ab dem Jahre 2035 wird sich das Verhältnis zwischen der rentenbeziehenden und der erwerbstätigen Bevölkerung voraussichtlich auf einem hohen Niveau stabilisieren.

Diese demographischen Entwicklungstendenzen sind für die Fortschreibung der AHV-Ausgaben von entscheidender Bedeutung. Wie hoch der tatsächliche Finanzierungsbedarf in langfristiger Perspektive sein wird, ist indes nur schwer im voraus zu berechnen. Er hängt vor allem auch von den Einnahmen ab, welche wiederum in engem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung stehen.

Das schweizerische Drei-Säulen-System mit der umlagefinanzierten AHV als erster Säule (inklusive Ergänzungsleistungen) und der kapitalfinanzierten zweiten und dritten Säule ermöglicht eine optimale Verteilung der Finanzierungsrisiken. Die erste Säule erfasst aber als einziger Pfeiler der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge die gesamte Wohnbevölkerung. Es wäre daher nur schwer möglich, eine wesentliche Verlagerung der Gewichte von der ersten zur zweiten Säule vorzunehmen, wenn der Verfassungsauftrag einer angemessenen Existenzsicherung für alle betagten Personen in der Schweiz erfüllt werden soll. Wenn heute aufgrund der Unsicherheit längerfristiger Wirtschaftsprognosen auch nicht klar gesagt werden kann, wie hoch der Mehrbedarf sein wird, so steht aufgrund der starken demographischen Veränderungen fest, dass dieser Mehrbedarf nicht allein durch das Wirtschaftswachstum gedeckt werden kann.

3.3.2

Wirkungsszenarien

Die Auswirkungen der Übertragung einer Vermögenssubstanz beziehungsweise ihrer Zinserträge auf die Finanzierung der AHV sind schwierig abzuschätzen, da diese von zahlreichen ökonomischen, demographischen, finanzwirtschaftlichen und politischen Faktoren abhängig ist. Auf der Basis der Annahmen und Berechnungen im Rahmen der Botschaft zur 11. AHV-Revision lassen sich folgende Wirkungsszenarien entfalten:4 Stipuliert man einen durchschnittlichen Preis von 15 000 Franken pro Kilo Gold, liesse sich mit 1 300 Tonnen ein Verkaufserlös von 19,5 Milliarden Franken erzielen. Dieses Vermögen liesse sich zu einem realen Zinssatz in einer Höhe zwischen 2,5 und 3,5 Prozent anlegen. Daher könnten jährlich Erträge zwischen 0,5 und 0,7 Milliarden Franken erwirtschaftet werden.

Gemäss den Annahmen und Berechnungen im Rahmen der Botschaft über die 11. AHV-Revision liegen die realen Totalausgaben der AHV zu Preisen 1999 in einer durchschnittlichen Höhe von rund 30 Milliarden Schweizer Franken pro Jahr.

Stellt man sie dem Wert der überschüssigen Goldreserven in der Höhe von insgesamt 1300 Tonnen gegenüber , lässt sich sagen, dass das zur Verfügung stehende Sondervermögen gerade den Ausgaben der AHV von rund 8 Monaten entspricht.

Mit den Zinserträgen aus dem Verkaufserlös der 1300 Tonnen Gold könnten demnach zwischen 1,6 bis 2,3 Prozent der jährlichen Ausgaben der AHV gedeckt wer-

4

Botschaft über die 11. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung und die mittelfristige Finanzierung der Alters-, Hinterlassenen und Invalidenversicherung vom 2. Februar 2000, BBl 2000 1865 ff.

1416

den. Dies entspräche umgerechnet rund einem Fünftel bis einem Viertel eines Prozentes der Mehrwertsteuer (MWST)5.

Anstatt den realen Wert des Verkaufserlöses aus Goldreserven langfristig zu erhalten und nur dessen Zinserträge zu verwenden, ist es auch denkbar, die Substanz der überschüssigen Goldreserven zur Finanzierung der AHV einzusetzen. Es stellt sich dabei die Frage, ob mit der Verwendung von Goldreserven auf den zunehmenden Finanzierungsbedarf der AHV reagiert werden könnte, welcher die Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten prägen wird.

Unter Verwendung der 1300 Tonnen liesse sich eine Erhöhung der MWST von 1 Prozent um rund 6 bis 7 Jahre hinausschieben. Bei der Verwendung der Substanz würden die Erlöse aus den Goldreserven aber bis spätestens 2010 aufgebraucht. Ab diesem Zeitpunkt entstünde daher wieder eine Finanzierungslücke von geschätzten 1,5 MWST-Prozentpunkten.

Aufgrund der skizzierten demographischen Entwicklung wird jedoch der zusätzliche Finanzierungsbedarf weiterhin bestehen bleiben und bis zum Jahre 2035 sogar noch weiter zunehmen. Das heisst, dass mit dem Erlös aus dem Verkauf von 1300 Tonnen Gold zwar die vorgeschlagene Erhöhung der MWST um 1,5 Prozent verschoben werden, der ,,aufgelaufene,, Finanzierungsbedarf jedoch nicht aus der Welt geschafft werden könnte. Denn aufgrund der heute zur Verfügung stehenden Daten lässt sich bereits abschätzen, dass ­ über die vom Bundesrat vorgeschlagene Erhöhung der MWST in der Höhe von 1,5 Prozent bis zum Jahr 2010 (11. AHV-Revision) hinaus ­ bis 2025 mit einem zusätzlichen Finanzierungsbedarf in der Höhe von 3,1 MWSTProzenten zu rechnen ist. Mit anderen Worten, ab 2010 müsste gleichzeitig zu der ,,verschobenen,, Zusatzfinanzierung von 1,5 MWST-Prozent auch mindestens ein Teil der zusätzlichen notwendigen MWST-Erhöhungen beantragt werden. Eine derart geballte MWST-Erhöhung hätte verstärkt negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Teuerung und könnte zu einer zusätzlichen Beeinträchtigung der Standortattraktivität führen. Die Lösung einer finanzpolitisch derart gewichtigen Aufgabe wäre politisch schwierig und würde vermutlich auch eine rasche Beratung der 12. AHV-Revision im Wege stehen.

3.3.3

Berechnungen der Initianten

Die SVP hat im Zusammenhang mit ihrer Initiative verschiedentlich Annahmen über die Höhe der nicht mehr benötigten Währungsreserven getroffen und diese mit rund 20 Milliarden Franken veranschlagt6. Davon ausgehend nimmt die SVP an, dass mit einer gut abgesicherten Anlage jährliche Erträge von 1,5 bis 2,0 Milliarden Franken zu erzielen seien. Dies entspräche einer nominalen Rendite von 7,5 bis 10 Prozent.

Wollte man den realen Wert des Vermögens erhalten, wäre dieser Renditesatz noch um die Teuerung zu bereinigen. Die Annahmen der SVP lägen aber damit noch um das zwei- bis dreifache über den Schätzungen der Bundesverwaltung (siehe die Ausführungen unter Ziff. 3.3.2.).

5

6

Diese Schätzung geht davon aus, dass die Anhebung der MWST um einen Prozentpunkt rund 2,5 Milliarden Franken entspricht. Diese Zahl basiert auf einer linearen Erhöhung der MWST-Sätze und berücksichtigt den geplanten Bundesanteil.

Pressekonferenz der Schweizerischen Volkspartei anlässlich des Zustandekommens der Goldinitiative vom 28. September 2000. Referat von Nationalrat Toni Bortoluzzi.

1417

Die SVP nimmt weiter an, dass sich mit den jährlichen Erträgen von 1,5 bis 2,0 Milliarden eine Erhöhung der MWST bis ins Jahr 2008 verhindern liesse. Nach den Berechnungen und Annahmen der Bundesverwaltung könnte diese Wirkung aber nur dann erzielt werden, wenn auch die Substanz der überschüssigen Währungsreserven in der Höhe von 20 Milliarden Franken eingesetzt würde.

Es ist mit aller Deutlichkeit festzuhalten, dass sämtliche Parameter, welche die Initianten für ihre Berechnungen heranziehen, selbst über den optimistischsten Annahmen der Bundesverwaltung liegen. Aus der Sicht des Bundesrates ist es unwahrscheinlich, dass die von den Initianten angestrebten Wirkungen auf die Finanzierung der AHV erreicht werden können.

3.4

Würdigung der Initiative

Erklärtes Ziel der Initianten ist die Verhinderung der Stiftung solidarische Schweiz.

Die Initiative wendet sich gegen die Absicht des Bundesrates, mit der Stiftung ein Zeichen der Solidarität für die Zukunft zu setzen und damit an die humanitäre Tradition der Schweiz anknüpfend ein Werk zu schaffen, das einen Beitrag gegen Gewalt, Not und Ausgrenzung im In- und Ausland leisten will.

Der Vorschlag, die für geld- und währungspolitische Zwecke nicht mehr benötigten Währungsreserven für die AHV zu verwenden, wirkt auf den ersten Blick plausibel, handelt es sich doch bei der AHV um ein anerkanntes Sozialwerk mit hohem Ansehen und Vertrauen in der Bevölkerung. Die Finanzierung der AHV sicher zu stellen gehört zu den wichtigen gesellschaftspolitischen Aufgaben.

Die Initiative schiesst indes in wesentlichen Punkten an diesem Ziel vorbei. Indem sie die Möglichkeit eröffnet, über das Sondervermögen im Wert von 1300 Tonnen Gold hinaus Währungsreserven der SNB dem AHV-Fonds zufliessen zu lassen, nimmt sie zumindest in Kauf, dass die verfassungsmässig gewährleistete Unabhängigkeit der SNB durch Gesetzesänderung eingeschränkt werden kann. Der Bundesrat befürchtet daher, dass die Annahme der Initiative von der Finanzwelt als Signal einer Einschränkung der Autonomie der SNB verstanden werden könnte. Dies hätte mit Bestimmtheit nachteilige Folgen für die Volkswirtschaft.

Im weiteren ist die Initiative in einer Weise formuliert, die zu Konflikten mit den Ansprüchen, namentlich denjenigen der Kantone, an den Gewinnen der SNB nach geltendem Recht führen könnten. Schliesslich erweckt die Initiative zu Unrecht den Anschein, einen nachhaltigen Beitrag zur Finanzierung der AHV zu leisten. Sie könnte damit als Vorwand missverstanden werden, die erforderlichen strukturellen Anpassungen bei der Finanzierung der AHV aufzuschieben. Sie würde damit zu einem späteren Zeitpunkt einen volkswirtschaftlich viel schwieriger zu verkraftenden Anpassungsdruck erzeugen.

Zusammenfassend stellt der Bundesrat fest: Die Goldinitiative ist mit zahlreichen Mängeln behaftet; sie will die gesamten Währungsreserven nur einem einzigen Zweck zuführen und sie ist in erster Linie ein Instrument, mit dem die Stiftung solidarische Schweiz verhindert werden soll. Der Bundesrat lehnt aus diesen Gründen die Goldinitiative ab.

Er ist indes bereit, einer politisch breit abgestützten Lösung zum Durchbruch zu verhelfen, die einen Teil der geld- und währungspolitisch nicht mehr benötigten

1418

Währungsreserven zugunsten der AHV einsetzt. Als Teil einer politisch ausgewogenen Gesamtlösung ist es durchaus vertretbar, einen Teil der Erträge aus den Währungsreserven als zusätzliche Finanzierungsquelle der AHV zukommen zu lassen.

4

Alternative Verwendungszwecke

4.1

Klärung der Ausgangslage

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die politische Ausgangslage in der Frage der Verwendung der überschüssigen Goldreserven der Nationalbank durch eine Vielschichtigkeit unterschiedlicher und unterschiedlich weit entwickelter Vorlagen gekennzeichnet: ­

Schon am 17. Mai 2000 zuhanden des Parlamentes wurden mit der genannten Botschaft ein Entwurf der Übergangsbestimmung zu Artikel 99 BV sowie ein Entwurf des Stiftungsgesetzes verabschiedet.

­

Ende Oktober 2000 lief die Vernehmlassungsfrist zu den Vorschlägen ab, die der Bundesrat im Juni 2000 zur Verwendung der nicht für die Stiftung benötigten 800 Tonnen Gold in Konsultation gegeben hatte. Der Bundesrat hat am 24. Januar 2001 von den Ergebnissen der Vernehmlassung Kenntnis genommen.

­

Die Goldinitiative der SVP stellt daher zu den Vorschlägen des Bundesrates oder des Parlamentes einen alternativen Vorschlag dar, wie Reserven der Nationalbank, die zu geld- und währungspolitischen Zwecken nicht mehr benötigt werden, eingesetzt werden könnten.

­

Zudem sind auch im Rahmen der Vorberatung der Botschaft zur 11. AHVRevision Vorstösse zur Verwendung der überschüssigen Goldreserven gemacht worden.

4.2

Vorberatungen der bundesrätlichen Botschaft vom 17. Mai 2000 durch die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben

Die vorberatende Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAKS) ist am 11. September 2000 auf die Botschaft des Bundesrates vom 17. Mai 2000 eingetreten. In ihrem Beschluss vom 19. Oktober 2000 hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie die reine Kompetenznorm, wie sie der Bundesrat mit seinem Entwurf der Übergangsbestimmung zu Artikel 99 BV vorgeschlagen hat, weiter entwikkeln und die Verwendungszwecke der gesamten Goldreserven im Umfang von 1300 Tonnen in die Verfassung aufnehmen möchte. Diese konkretisierte Übergangsbestimmung möchte die WAK-S der Goldinitiative in einer Volksabstimmung als direkten Gegenvorschlag mit Stichfragenentscheid gegenüberstellen.

Am 2. Februar 2001 hat die WAK-S einstimmig einen ersten Grundsatzentscheid zur Verwendung der überschüssigen Goldreserven getroffen. Der Vorschlag der WAK-S sieht vor, das Sondervermögen im Wert von 1300 Tonnen Gold, welches die Nationalbank als nicht mehr nötig bezeichnet hat, in einen selbstständigen, öffentlich-rechtlichen Fonds zu überführen. Dieses Vermögen muss in seinem realen

1419

Wert erhalten werden. Es ist vorgesehen, das Vermögen während 30 Jahren zu bewirtschaften. Die daraus entstehenden Erträge sollen zu je gleichen Teilen der AHV, den Kantonen und einer durch das Gesetz zu errichtenden Stiftung zugeleitet werden.

Es soll nach Ansicht der WAK-S den zukünftigen Generationen überlassen werden, über das Sondervermögen nach Ablauf der Frist von 30 Jahren zu entscheiden. Dabei wird es Volk und Ständen unbenommen sein, zu entscheiden, ob der Fonds und seine Zweckbestimmungen weitergeführt oder angepasst werden sollen. Ansonsten soll nach dem Grundsatzentscheid der WAK-S das Fondsvermögen entsprechend der Gewinnverteilungsregel nach Artikel 99 Absatz 4 BV an den Bund und an die Kantone verteilt werden.

4.3

Vorschläge und Standpunkte des Bundesrates

Aufgrund der bekundeten Absichten im Parlament, die Übergangsbestimmung zu Artikel 99 BV materiell zu konkretisieren, wird der Bundesrat zum gegenwärtigen Zeitpunkt darauf verzichten, seine Vorschläge über die Verwendung überschüssiger Reserven in der Höhe von 800 Tonnen Gold in die Form eines rechtlichen Erlasses zu kleiden. Er wird seine Vorstellungen im Rahmen der parlamentarischen Debatte einbringen.

Sollte das Parlament auf die ursprüngliche Absicht des Bundesrates, die Verwendungszwecke auf Gesetzesstufe zu regeln, zurückkommen, so wird der Bundesrat entsprechende Botschaften und Gesetzesentwürfe ausarbeiten.

Im Grundsatz begrüsst der Bundesrat die Absicht des Parlamentes, ein Gesamtpaket zur Verwendung des Sondervermögens im Wert von 1300 Tonnen Gold zu schnüren. Der Bundesrat unterstützt auch die Stossrichtung der Entscheide, welche die WAK-S anlässlich ihrer Sitzung vom 1. und 2. Februar 2001 in erster Lesung getroffen hat. Er könnte sich vorstellen, dass die AHV und die Kantone zusammen mit der Stiftung solidarische Schweiz die Destinatäre eines Gesamtvorschlages zur Verwendung der Erträge des Sondervermögens im Wert von 1300 Tonnen Gold bilden könnten. Allerdings bedeutet eine Dreiteilung der Erträge nicht zwingend deren Drittelung.

Nach seinem Dafürhalten sind bei einer künftigen Lösung folgende Rahmenbedingungen zu berücksichtigen: ­

Der Bundesrat hält an seiner Absicht fest, eine Stiftung solidarische Schweiz zu errichten und diese mit Finanzmitteln auszustatten, welche den Erträgen aus der Bewirtschaftung eines Vermögens im Wert von 500 Tonnen Gold, höchstens jedoch 7 Milliarden Franken, entsprechen.

­

Der Bundesrat kann dem Antrag zustimmen, das Sondervermögen im Gegenwert von 1300 Tonnen Gold gesamthaft in der Substanz zu erhalten und die Verwendung der Zinserträge auf 30 Jahre zu befristen. Er hat dieses Prinzip schon im Entwurf des Stiftungsgesetzes vorgesehen.

­

Der Bundesrat ist dagegen, über die Frage der Verteilung des Sondervermögens nach Ablauf dieser Frist bereits jetzt zu verfügen. Die Handlungsfreiheit der künftigen Generationen soll nicht eingeschränkt werden. Die recht-

1420

lichen Erlasse sind entsprechend so auszugestalten, dass auch eine Weiterführung der Stiftung solidarische Schweiz ermöglicht wird.

­

Der Bundesrat hält dafür, dass neben der AHV auch die Kantone in einem gewissen Umfang an der Gesamtlösung beteiligt werden.

­

Das Parlament wird über den Umfang und den Verwendungszweck des für die AHV vorgesehenen Anteils am Sondervermögen zu entscheiden haben.

Nach Meinung des Bundesrates könnten entsprechende Regelungen auf Gesetzesstufe vorgesehen werden. Eine Verknüpfung der Übergangsbestimmung zu Artikel 99 BV mit Bestimmungen der 11. AHV-Revision ist zu vermeiden.

5

Neugestaltung des Finanzausgleichs

Die Ziele der Neugestaltung des Finanzausgleiches, namentlich der Versuch vermehrter Klärung der Kompetenzen im Bundesstaat, die neuen Kooperations- und Finanzierungsformen zwischen Bund und Kantonen sowie der Ausbau der interkantonalen Zusammenarbeit werden durch die Goldinitiative und die Vorlage des Bundesrates zur Verwendung der überschüssigen Goldreserven der SNB nicht tangiert.

6

Finanzielle und personelle Auswirkungen

6.1

Finanzielle Auswirkungen

Mit der Annahme des Artikels 99 Absatz 3a BV (bzw. einer Übergangsbestimmung zu Artikel 99 BV) würde für die Menge der für geld- und währungspolitische Zwecke nicht benötigten Reserven die Verteilungsregel der Notenbankgewinne gemäss Artikel 99 Absatz 4 BV, wonach zwei Drittel den Kantonen und ein Drittel dem Bund zustehen, ausser Kraft gesetzt. Die Höhe der dadurch dem Bund und den Kantonen entgangenen Gewinne ist abhängig von der Wahl des Verwendungszwecks. Bei einer Annahme der Goldinitiative würden die Kantone leer ausgehen.

6.2

Personelle Auswirkungen

Die Annahme der Goldinitiative an sich wird keine direkten Auswirkungen auf den Personalbestand der Eidgenossenschaft haben. Personelle Auswirkungen zu einem späteren Zeitpunkt sind möglich, hängen jedoch von der Ausführungsgesetzung ab.

Sie sind im Rahmen der entsprechenden Botschaften darzulegen.

7

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Ist die Übertragung von Währungsreserven an den AHV-Fonds auf einen Betrag im Gegenwert von 1300 Tonnen Gold begrenzt, so schränkt dies den Handlungsspielraum der Geld- und Währungspolitik nicht ein, da es sich bei diesem Betrag ausdrücklich um von der Nationalbank nicht benötigte Währungsreserven handelt.

1421

Führte die von den Initianten vorgeschlagene Verfassungsbestimmung allerdings zu wiederholten, vom Gesetzgeber zu beschliessenden Übertragungen von Währungsreserven auf den AHV-Fonds, würde dies sowohl die Unabhängigkeit der SNB als auch ihren währungspolitischen Handlungsspielraum einschränken, was mit negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre.

Von den Verkäufen von 1300 Tonnen Gold an sich sind keine grösseren Auswirkungen auf die Entwicklung von Wechselkurs und Inflation zu erwarten, da die SNB diese Goldreserven nicht auf einen Schlag, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg in ertragbringende in- und ausländische Wertpapiere umschichtet. Da die Übertragung des Vermögens auf den AHV-Fonds in Form eines Wertschriftenportefeuilles mit in- und ausländischen Anlagen erfolgen könnte, wäre auch diese Transaktion mit Blick auf die Wechselkurs- und Geldmengenentwicklung problemlos.

8

Schlussfolgerungen

Die für geld- und währungspolitische Zwecke nicht mehr benötigten Währungsreserven stellen ein Sondervermögen dar, über dessen Verwendung Volk und Stände zu entscheiden haben. Es handelt sich um Volksvermögen, das frühere Generationen erarbeitet haben und das nun für andere öffentliche Zwecke zur Verfügung steht.

Der Bundesrat strebt mit seinen Vorschlägen eine ausgewogene Lösung an, die den Anliegen verschiedener Bevölkerungsgruppen Rechnung trägt.

Die Stiftung solidarische Schweiz soll nach den Vorstellungen des Bundesrates als Zeichen der Erneuerung von Solidarität und Gemeinsinn in die Zukunft wirken. Im weiteren erachtet es der Bundesrat als angezeigt, die AHV und die Kantone an den Erträgen der Währungsreserven zu beteiligen. Er strebt eine faire Gesamtlösung an, die Bund und Kantone berücksichtigt, den Interessen der verschiedenen Alterssegmenten Rechnung trägt und auch künftigen Generationen einen Handlungsspielraum offen lässt. Eine solche Lösung verdient die Zustimmung von Volk und Ständen.

Demgegenüber lehnt der Bundesrat die Volksinitiative «Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds (Goldinitiative)» der SVP ab, weil sie die gesamten Währungsreserven nur einem einzigen Zweck zuführen will und, indem sie auch künftige Reserven mit einschliesst, die Gefahr in sich birgt, die Unabhängigkeit der SNB und damit die finanz- und geldpolitische Stabilität der Schweiz zu gefährden.

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