zu 98.418 Parlamentarische Initiative Gysin Remo Genehmigung von Kapitalaufstockungen des IWF durch das Parlament Bericht vom 15. Mai 2000 der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats Stellungnahme des Bundesrats vom 4. Dezember 2000

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, im Sinne von Artikel 21quater Absatz 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG; SR 171.11) unterbreiten wir Ihnen unsere Stellungnahme zum Bericht der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats vom 15. Mai 2000.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. Dezember 2000

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

11298

Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2016

2000-2561

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Nationalrat Remo Gysin reichte am 17. Juni 1998 eine parlamentarische Initiative in der Form einer allgemeinen Anregung ein. Diese verlangt, das Bundesgesetz über die Mitwirkung der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods (Mitwirkungsgesetz) so zu ändern, dass Kapitalaufstockungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom Parlament zu genehmigen sind. Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats prüfte die Initiative an ihrer Sitzung vom 23. November 1998 und beantragte dem Rat mit 13 zu 6 Stimmen, ihr Folge zu geben. Der Nationalrat folgte dem Antrag ihrer Kommission und beschloss am 3. Juni 1999 mit 56 zu 55 Stimmen ebenfalls, der Initiative Folge zu geben. Gleichzeitig beauftragte er die Kommission mit der Ausarbeitung eines Berichts. An ihrer Sitzung vom 15. Mai 2000 hat die Kommission dem Bericht zugestimmt und mit 15 zu 2 Stimmen beschlossen, ihrem Rat die Annahme der vorgeschlagenen Gesetzesänderung zu beantragen.

Ebenfalls am 17. Juni 1998 erkundigte sich Nationalrat Gysin in einer Dringlichen Einfachen Anfrage (98.1089), warum es der Bundesrat unterlassen habe, das Parlament über die Teilnahme an der elften Quotenerhöhung des IWF gemäss Mitwirkungsgesetz vorgängig in Kenntnis zu setzen. In seiner Antwort verwies der Bundesrat auf Artikel 2 Absatz 2 des Mitwirkungsgesetzes. Danach bezieht sich die Pflicht des Bundesrats zur vorgängigen Information der Räte auf die Kapitalerhöhung und nicht auf den bundesrätlichen Entscheid über eine schweizerische Teilnahme daran. Der Bundesrat sei dieser Pflicht nachgekommen, indem er das Parlament am 8. Juni 1998, also am Tag seiner Beschlussfassung, mit Schreiben an die Ratspräsidenten sowie an die Präsidenten der Aussenpolitischen Kommissionen informiert habe. Dem IWF gegenüber wurde die Teilnahme der Schweiz an der Quotenerhöhung im Oktober 1998 notifiziert.

Bereits am 21. Dezember 1995 regte Nationalrat Vollmer in einem Postulat (95.3627) an, zu prüfen, ob der Entscheid über die Beteiligung der Schweiz an Quotenerhöhungen des IWF sich in die Kompetenz der Bundesversammlung übertragen liesse. Da die Teilnahme an Quotenerhöhungen des IWF von der Schweizerischen Nationalbank finanziert würden und im Unterschied zur schweizerischen Teilnahme an Kapitalaufstockungen der Weltbank keine Rahmenkredite benötigt würden, beantragte der Bundesrat, das Postulat abzulehnen. Am 24. September 1996 wurde das Postulat zurückgezogen.

2

Stellungnahme des Bundesrates

Nach geltender Fassung des Mitwirkungsgesetzes kann der Bundesrat in eigener Kompetenz über die Teilnahme der Schweiz an Quotenerhöhungen des IWF entscheiden. Die mit der Mitgliedschaft im IWF verbundenen finanziellen Leistungen werden nach Artikel 3 Absatz 2 des Mitwirkungsgesetzes von der SNB erbracht; sie haben keine Wirkung auf den Bundeshaushalt. Der Bundesrat arbeitet demzufolge bei der Teilnahme der Schweiz an Quotenerhöhungen des IWF mit der Nationalbank zusammen. Die Zustimmung der Räte war bisher nicht erforderlich, vorbehalten blieb jedoch die Pflicht, das Parlament vorgängig zu informieren (Art. 2 Abs. 2).

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Die Informationspflicht nach Artikel 2 Absatz 2 des Mitwirkungsgesetzes kam als Kompromiss zustande, nachdem in der Wirtschaftskommission des Nationalrats der Antrag von Nationalrat Ulrich vom 16. August 1991, völkerrechtliche Verträge über Kapitalaufstockungen der Bretton-Woods-Institutionen durch die Bundesversammlung genehmigen zu lassen, abgelehnt wurde.

Die Dringliche Einfache Anfrage (98.1089) von Nationalrat Remo Gysin vom 17. Juni 1998 macht deutlich, dass die geltende Fassung des Mitwirkungsgesetzes zu gewissen Missverständnissen führen kann. Vor allem wird deutlich, dass das Interesse des Parlaments, wie auch der Öffentlichkeit, an den Tätigkeiten des IWF zugenommen hat. Ein verstärktes Interesse ist insbesondere seit den Finanzkrisen von 1997 und 1998 in Asien, Russland und Brasilien zu verzeichnen. Es hat sich gezeigt, dass sich mit der Zunahme privater internationaler Kapitalströme auch die Krisenanfälligkeit des internationalen Finanzsystems erhöht hat. Von dieser Krisenanfälligkeit ist die Schweiz als kleine offene Volkswirtschaft in besonderem Masse betroffen. In diesem Umfeld hat die Bedeutung des IWF zugenommen. Damit hat auch der Entscheid, sich an einer Quotenerhöhung des IWF zu beteiligen, an Tragweite gewonnen. Es erscheint daher dem Bundesrat angebracht, die Bundesversammlung vermehrt an grundlegenden Entscheiden der schweizerischen Politik im IWF zu beteiligen. Der Bundesrat erklärt sich daher mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung einverstanden.

Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass die Schweiz kaum je in der Lage sein wird, sich nicht an einer vom Gouverneursrat des IWF beschlossenen Quotenerhöhung zu beteiligen. Der Verlust des Stimmenanteils in den Exekutivräten des IWF und der Weltbank würde zu schwer wiegen. Ausserdem muss beachtet werden, dass ­ anders als im Falle des Kongresses der Vereinigten Staaten ­ die Zustimmung der Eidg. Räte kaum an Bedingungen bezüglich der Geschäftspolitik des IWF geknüpft werden könnte. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Beratung und Beschlussfassung des Parlaments jeweils mit dem Zeitplan in Übereinstimmung gebracht werden muss, der bei Quotenanpassungen vom Gouverneursrat des IWF vorgegeben wird.

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