Freisetzungsversuch mit gentechnisch verändertem KP4-Weizen in Lindau (ZH) Bewilligungsgesuch vom 4. Januar 2001 der ETH Zürich, vertreten durch das Institut für Pflanzenwissenschaften Verfügung vom 20. November 2001 Referenz-Nr. B00003

A.

Sachverhalt

1. Am 17. November 2000 reichte die ETH Zürich, vertreten durch das Institut für Pflanzenwissenschaften (Gesuchstellerin), dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) ein Gesuch für einen Freisetzungsversuch mit transgenem KP4-Weizen ein. Das BUWAL wies das Gesuch zurück, weil es unvollständig war.

2. Am 4. Januar 2001 reichte die Gesuchstellerin ein neues, überarbeitetes Gesuch für einen Freisetzungsversuch mit transgenem KP4-Weizen ein. Die vorgesehene Versuchsfläche misst ca. 90 m2. Ziel des Versuchs ist es, die fungizide Wirkung von gentechnisch verändertem, KP4 («Killer Protein 4») exprimierendem Weizen gegenüber dem samenbürtigen Erreger des Weizenstinkbrandes (Tilletia tritici) unter Feldbedingungen zu prüfen. Vorversuche im Gewächshaus haben gezeigt, dass derart transformierte Weizenpflanzen eine verringerte Anfälligkeit gegenüber diesem Pilz besitzen. Die für den Versuch vorgesehenen Weizenpflanzen sind gentechnisch verändert worden, indem zwei Fragmente aus dem pUC19-Plasmid als Vektor ins Genom integriert wurden. Diese Fragmente enthalten namentlich: a.

DNA-Sequenzen mit jeweils einem funktionellen Gen für das Killer-Protein 4 (KP4), dessen Expression vom Mais-Ubiquitin-Promoter kontrolliert und vom 35 S Terminator des Blumenkohlmosaikvirus beendet wird. Die Anzahl der eingeführten Sequenzen ist nicht bekannt.

b.

DNA-Sequenzen für eine Toleranz gegen das Herbizid Phosphinothricin.

Dazu wurde das bar-Gen aus dem Bodenbakterium Streptomyces hygroscopicus transferiert, das zwischen dem Actin-Promoter aus Reis und dem 35STerminator des Blumenkohlmosaikvirus liegt. Auch hier ist die Anzahl der integrierten Gene nicht bekannt.

c.

DNA-Sequenzen für eine Antibiotikaresistenz. Nach Aussagen der Gesuchsstellerin ist ziemlich sicher, dass mehrere Kopien des bla-Gens, das eine Resistenz gegen Ampicillin codiert, ins Weizengenom mitübertragen wurden. Die Anzahl, die Vollständigkeit und die Expression dieser Gene ist nicht bekannt.

3. Das BUWAL stellte am 19. Januar 2001 das Gesuch folgenden Stellen zu: a.

den Bundesämtern für Gesundheit (BAG), für Landwirtschaft (BLW) und für Veterinärwesen (BVET), der Eidg. Fachkommission für Biologische Sicherheit (EFBS), der Eidg. Ethikkommission für Gentechnik im ausserhumanen Bereich (EKAH) und der Baudirektion des Kanton Zürich, Amt

6294

2001-2626

für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL), KSF/Fachstelle für biologische Sicherheit zur Stellungnahme; der EFBS und dem AWEL wurden zudem spezifische Fragen zur Umweltverträglichkeit gestellt; b.

dem Staatssekretariat für Wirtschaft, Arbeitsinspektorat, und der Schweiz.

Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zur Information;

c.

der Gemeindeverwaltung Lindau, mit der Auflage, es während 30 Tage für alle interessierten Personen aufzulegen.

4. Am 30. Januar 2001 wurde der Eingang des Gesuchs in Form eines Kurzbeschriebs im Bundesblatt (BBl 2001 196) publiziert und das Dossier ohne vertrauliche Unterlagen im BUWAL während 30 Tagen zur Einsichtnahme für alle interessierten Personen aufgelegt.

5. Am 21. Februar 2001 stellte das AWEL, am 22. Februar 2001 die EFBS Nachforderungen zum Gesuch. Die Nachforderungen wurden dem Gesuchsteller am 23. Februar 2001 zugestellt, wodurch das Verfahren sistiert wurde. Am 2. März und 28. März 2001 forderte auch das BUWAL vom Gesuchsteller weitere Informationen an.

6. Am 21. Februar 2001 orientiertenVertreter der Standortgemeinde Lindau (ZH), der Gesuchstellerin und des BUWAL die interessierte Lindauer Bevölkerung über den beabsichtigten Versuch und das angelaufene Bewilligungsverfahren.

7. Das BUWAL hat am 6. März (und für die nachgeforderten Informationen am 28. August 2001) einen externen Experten damit beauftragt, die Richtigkeit der Daten und Schlussfolgerungen der Gesuchstellerin zu prüfen. Das Gutachten wurde dem BUWAL am 15. März 2001 (mit Ergänzungen vom 6. September 2001) zugestellt.

8. Ein erster Teil der von der Gesuchstellerin geforderten zusätzlichen Informationen gingen am 10. Juli 2001 beim BUWAL ein. Die Unterlagen wurden am 16. Juli 2001 an das BAG, das BLW, das BVET, die EFBS, die EKAH und den Kanton Zürich (AWEL) weitergeleitet mit der Bitte um Stellungnahme. Gleichzeitig wurden diese ergänzenden Unterlagen dem Staatssekretariat für Wirtschaft, Arbeitsinspektorat, und der Schweiz. Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zur Information zugestellt. Am 18. Juli 2001 wurden der Gemeindeverwaltung diejenigen Informationen zugestellt, die der Gesuchsteller im Internet veröffentlicht hatte.

9. Am 12. September 2001 setzte das BUWAL der Gesuchstellerin eine Frist bis zum 6. Oktober 2001, um die restlichen nachgeforderten Informationen einzureichen. Die Gesuchstellerin beantragte am 4. Oktober 2001 eine Fristverlängerung, welche ihr gewährt wurde. Am 8. Oktober 2001 reichte sie die restlichen Unterlagen ein. Am 9. Oktober 2001 leitete das BUWAL diese zur Stellungnahme an das BAG, das BLW, das BVET, die EFBS, die EKAH und den Kanton Zürich (AWEL) und zur Information an das Staatssekretariat für Wirtschaft, Arbeitsinspektorat, und die Schweiz. Unfallversicherungsanstalt (SUVA) weiter. Die Sistierung
wurde am 9. Oktober 2001 aufgehoben.

10. Die Stellungnahmen des BAG gingen am 4. September und 17. Oktober 2001, diejenigen des BLW am 8. März, 27. August und 16. Oktober 2001 und diejenigen des BVET am 19. März und 17. August 2001 ein. Das BUWAL erhielt die Stellungnahmen der EKAH am 23. August 2001, diejenige der EFBS am 5. September 2001 und diejenige des AWEL am 5. Oktober 2001.

6295

11. Am 28. März 2001 wurde beim BUWAL eine Petition mit knapp über 700 Unterschriften aus der Standortgemeinde und ihrer unmittelbaren Umgebung eingereicht. Darin wurde die Ablehnung des geplanten Versuchs gefordert.

B.

1.

Erwägungen Rechtliche Grundlagen

1. Nach Artikel 29a des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 (USG) darf mit Organismen nur so umgegangen werden, dass sie, ihre Stoffwechselprodukte oder Abfälle die Umwelt oder mittelbar den Menschen nicht gefährden können. Wer gentechnisch veränderte oder pathogene Organismen, die nicht für Verwendungen in der Umwelt in Verkehr gebracht werden dürfen, im Versuch freisetzen will, benötigt eine Bewilligung des Bundes (Art. 29e Abs. 1 USG). Nach Artikel 29e Absatz 2 USG erlässt der Bundesrat Vorschriften über die Anforderungen und das Verfahren für die Erteilung der Bewilligung für Freisetzungsversuche.

2. Wer gentechnisch veränderte, pathogene oder andere nach Artikel 5 der Einschliessungsverordnung vom 25. August 1999 als potenziell gefährdend eingestufte Organismen im Versuch freisetzen will, benötigt eine Bewilligung des BUWAL (Art. 7 Abs. 1 Freisetzungsverordnung vom 25. August 1999 [FrSV]). Nach Artikel 19 Absatz 1 FrSV erteilt das BUWAL die Bewilligung, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind.

2a. Erstens muss die Beurteilung des Gesuchs, insbesondere der Risikobewertung, ergeben, dass nach dem Stand der Wissenschaft und der Erfahrung der Freisetzungsversuch den Menschen und die Umwelt nicht gefährden kann.

Im einzelnen bedeutet dies: aa. Geschützt sind vorab das Leben und die Gesundheit menschlicher Individuen. Freisetzungsversuche sind daher schädlich (Art. 1 Abs. 1 USG), wenn sie zum Tod oder zur Beeinträchtigung der Gesundheit von Menschen führen. Dieser gleichgestellt ist die Bildung unerwünschter Resistenzen gegen bestimmte Medikamente. Denn dadurch wird die Abwehr einer Gesundheitsbeeinträchtigung erschwert oder vereitelt (vgl. Seiler, Kommentar USG, 2. Aufl., Zürich 2001, 5. Lieferung, Rz. 57 ad Art. 29a; BBl 1999 3039, 3044).

ab. Ferner sind fremdes Eigentum bzw. fremde Sachwerte geschützt.

Freisetzungsversuche sind daher unzulässig, wenn dadurch eine Beeinträchtigung fremder Sachwerte, Kulturen oder Nutztiere erfolgt (vgl. BGE 122 II 103 Erw. 6; BBl 1999 3039, 3043; Seiler, a.a.O., Rz.

59 ad Art. 29a). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Freisetzungsversuch zu einem Gentransfer auf benachbarte fremde Felder führen würde (Pollenflug) und damit dort transgene Produkte entstünden, die nicht bewilligt sind und von ihrem Eigentümer nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Neben
einer Verletzung des Umweltschutzgesetzes geht damit auch eine Verletzung fremden Eigentums einher (vgl. Seiler, a.a.O., Rz. 38 ad Art. 29e m.w.H.).

ac. Geschützt ist auch die Umwelt. Dazu gehören Tiere, Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume sowie die Fruchtbarkeit des Bodens. Als umweltschädlich sind alle Einwirkungen, welche durch 6296

Veränderung des Erbmaterials oder Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung von Lebensgemeinschaften direkt oder indirekt zur Verdrängung, Schwächung oder zum Aussterben von Arten, Unterarten oder Rassen bzw. Sorten von Tieren und Pflanzen führen. Dabei ist nicht nur die nationale, sondern auch die regionale und lokale Ebene massgebend (BGE 118 Ib 485). Im Zusammenhang mit dem Lebensraum sind insbesondere die Zusammensetzung des Nahrungsangebots und die ökologisch bedeutsamen Stoffwechselprozesse und Stoffflüsse relevant (vg. Seiler, a.a.O., Rz. 62 ff. ad Art. 29a, Rz. 38 ad Art. 29e; Saladin/Schweizer, Kommentar BV, Rz. 123 f. ad Art. 24novies). In Artikel 8 FrSV hat der Bundesrat die Umwelt-Schutzgüter konkretisiert.

ad. Unzulässig sind Freisetzungsversuche, welche die erwähnten Schutzgüter gefährden können. Damit ist nicht erst eine konkrete Gefährdung unzulässig, sondern bereits die Möglichkeit einer Gefährdung. Aufgrund des Vorsorgeprinzips (Art. 1 Abs. 2 USG) sind zudem Einwirkungen schon dann zu unterbinden, wenn eine gewisse, nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine Schädigung eintreten könnte (BGE 126 II 300, 311/12 Erw. 4.e.aa.; Seiler, a.a.O., Rz, 75 ad Art. 29a; Rausch, Kommentar USG, 1. Aufl., Zürich, Rz. 18; Botschaft zu einem Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 31. Oktober 1979, in: BBl 1979 III 749 ff., 779). Soweit eine Quantifizierung der Risikobewertung mangels verlässlicher Kenntnisse nicht möglich ist, sind entsprechend dem Vorsorgeprinzip vorsichtige Annahmen zu treffen (vgl. Seiler, a.a.O., Rz. 39 ad Art. 29e; BBl 1999 3039, 3041). Aus dem Vorsorgeprinzip ergibt sich auch, dass unnötige Risiken zu vermeiden sind. Ein Freisetzungsversuch ist daher nicht zu bewilligen, wenn der gleiche Nutzen bzw. Erkenntnisfortschritt auch mit einer weniger riskanten und technisch möglichen Versuchsanordnung zu erreichen wäre (Seiler, a.a.O., Rz. 42 ad Art. 29e m.w.H.). Dem Vorsorgeprinzip entspricht auch das Einbringen von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt nach dem Stufenprinzip. Danach darf mit gentechnisch veränderten Organismen nur dann in der Umwelt umgegangen werden, wenn die Bewertung der vorherigen Stufe (geschlossenes System) in bezug auf den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt ergibt, dass die nächste Stufe eingeleitet werden kann
(vgl. Botschaft zu einer Änderung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Juni 1993, in: BBl 1993 II 1445, 1470; Schweizer, Gentechnikrecht, Zürich 1996, S. 61; Seiler, a.a.O., Rz. 40 ad Art. 29e; Erwägungsgrund 10 der Richtlinie des Rates 90/220/EWG vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und Erwägungsgrund 24 der Richtlinie 2001/18/EG vom 12. März 2001 des europäischen Parlaments und des Rates über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates).

2b. Die zweite Voraussetzung, damit ein Freisetzungsversuch bewilligt werden kann, besteht darin, dass die Bundesämter für Gesundheit (BAG), für Veterinärwesen (BVET) und für Landwirtschaft (BLW) anhand ihrer spezialgesetzlichen Vorschriften dem Freisetzungsversuch zustimmen.

6297

3. Dem Gesuchsteller obliegt vorerst die Aufgabe, zu beurteilen, ob der beantragte Freisetzungsversuch den Menschen und die Umwelt gefährden kann. Zu diesem Zweck hat der Gesuchsteller die erforderlichen Daten zu eruieren und eine Risikobewertung vorzunehmen. Welche Daten dabei massgebend sind, bestimmt Artikel 9 Absatz 1 FrSV. Der Gesuchssteller trägt dabei auch die Beweislast für die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen (vgl. Seiler, a.a.O., Rz. 65 ad Art. 29c m.w.H.), namentlich auch bei der Geltendmachung, dass die Voraussetzungen für eine Bewilligung erfüllt seien (vgl. BGE 112 Ib 65 Erw. 3).

2.

2.1 2.1.1

Materielles Beurteilung aufgrund des Umweltschutzgesetzes Stellungnahmen der Kommissionen und Fachstellen

Eidg. Fachkommission für biologische Sicherheit (EFBS) Die EFBS stellt in ihrer Stellungnahme vom 5. September 2001 fest, dass sie den geplanten Versuch als sicher erachtet und kein wesentliches Risiko für Mensch und Umwelt sieht. Gleichwohl schlägt sie vor, die Sicherheitsmassnahmen zu erhöhen (z.B. durch Ausdehnung der Mantelsaat oder durch Vorgabe einer Mindestdistanz von 200 m zu nächstgelegenen Weizenfeldern, deren Ernte bei einem unvorhergesehenen Ereignis wie Sturm, Unwetter etc. nicht zur Vermehrung verwendet werden darf). Sie erachtet es auch als nötig, dass die Bewilligungsbehörde vor Versuchsbeginn über weitere Informationen verfügt (z.B. Angaben über die Versuchsflächen in der Nachbarschaft der Versuchsparzelle oder über ein Konzept für die begleitenden Untersuchungen zur Biosicherheit). In der Beurteilung des KP4-Weizens sieht sie die Pflanzen zwar für diesen kleinräumigen Versuch als genügend charakterisiert an, verweist jedoch auf einige fehlende Angaben (Anzahl integrierter Kopien, Ort der Insertion, Funktion des KP4 Proteins), die z.B. für weitere Freisetzungsversuche oder für eine Kommerzialisierung geliefert werden müssen. Unabhängig vom Aspekt der Biosicherheit äussert sie sich zudem kritisch zum Nutzen solcher Weizenforschung in der Schweiz. Der Gesamtansatz des Vorhabens sei sehr kompliziert und teuer, man könne nicht für jeden Schädling ein neues Genkonstrukt in den Weizen einführen. Zudem seien gute Alternativen vorhanden, um den Stinkbrand zu bekämpfen; eine ökologische Verbesserung sei längerfristig so nicht zu erwarten.

Eine Minderheit der Kommission ist gegen eine Durchführung des Versuchs.

Eidg. Ethikkommission für die Gentechnik im ausserhumanen Bereich (EKAH) Die EKAH hält in ihrer Stellungnahme vom 23. August 2001 mehrheitlich fest, dass den Zielsetzungen des geplanten Versuchs ethisch nichts entgegensteht, sofern diese Zielsetzungen erkennbar und relevant sind. Sie empfiehlt jedoch, künftig eine eindeutigere und damit transparentere Deklaration der Forschungsziele vorzulegen, um die öffentliche Meinungsbildung und die Möglichkeit zur Partizipation zu gewährleisten. Gegen eine Durchführung des Versuchs ist aus ethischer Sicht nichts einzuwenden, sofern folgende Auflagen erfüllt sind: ­

6298

Die Ziele, insbesondere der begleitenden Untersuchungen zur Biosicherheit sind zu präzisieren.

­

Die Gesuchstellerin soll ein Konzept für einen öffentlichen Diskurs im Vorfeld und während des Versuchs vorlegen. Zur Öffentlichkeitsarbeit soll ein Zwischenbericht verfasst werden.

­

Vergleichsdaten aus dem Gewächshaus sind öffentlich zu machen. Nach der Durchführung der Arbeiten soll eine klare Berichterstattung über Ergebnisse und Erfahrungen zuhanden der Öffentlichkeit erfolgen.

­

Die Gesuchstellerin soll in bezug auf mögliche Anwendungsbereich und Nutzen aus Transparenzgründen künftig von Hypothesen sprechen.

Eine Minderheit ist gegen eine Durchführung des Versuchs.

Baudirektion des Kanton Zürich, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL), KSF/Fachstelle für biologische Sicherheit Die Baudirektion des Kanton Zürich, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL), KSF/Fachstelle für biologische Sicherheit hält ausdrücklich fest, dass die veraltete Technologie der Antibiotikaresistenz nicht mehr angewandt werden sollte.

Dieser Mangel kann nur gerechtfertigt werden, wenn substanzielle Erkenntnisgewinne in der Biosicherheitsforschung erreicht werden. Sollte der Versuch genehmigt werden, dann muss dem Gesuchsteller Folgendes zur Auflage gemacht werden: ­

Die vom Gesuchsteller in Aussicht gestellten Testergebnisse zur Toxizität sowie zur Expression des KP4-Proteins müssen dem AWEL vor der Aussaat mitgeteilt werden. Insbesondere wären die Sequenz des kp4-Gens und die copy-number der eingeführten Genen zu bestimmen.

­

Die in den nachträglich eingereichten Unterlagen vorgestellten Projektskizzen zum horizontalen Gentransfer sind durchzuführen, wobei die Fragestellungen vermehrt an ökologisch fundierte Sicherheitsstandards anzupassen sind.

­

Der Freisetzungsversuch hat grundlegende Erkenntnisse über Biosicherheitsaspekte zu liefern und die Begleituntersuchungen dazu müssen zu einem namhaften Erkenntnisgewinn für zukünftige Biosicherheitsbeurteilungen führen. Dafür ist ein Konzept zu erarbeiten, das dem AWEL vor Versuchsbeginn zu unterbreiten ist.

­

Zur Verhinderung der Verbreitung der Antibiotikaresistenz muss sämtliches Material, inkl. Boden, welches möglicherweise das Gen enthält, durch Autoklavieren vernichtet werden (Erfolgsmeldung an AWEL).

­

Zur Verhinderung der Verbreitung von Sporen von T. tritici sind infizierte Ähren vor der Reifung abzuschneiden und vorschriftsgemäss zu entsorgen.

­

Ein Jahr nach Versuchsende sollte das Umfeld der Versuchsparzelle nach keimenden transgenen Weizenpflanzen abgesucht werden und die Ergebnisse dem AWEL mitgeteilt werden.

­

Die Monitoringmassnahmen mit einer Mantelsaat mit männlich sterilen Weizen sind zu konkretisieren und zu erweitern.

Im Rahmen eines kantonalen Mitberichtverfahrens kommen die einzelnen Ämter zu folgenden Schlüssen: ­

Das Amt für Landschaft und Natur gibt zu bedenken, dass der Versuch in nächster Nähe zu landwirtschaftlich genutzten Flächen mit potenziellen Hybridisierungspartnern geplant ist. Aufgrund der benachbarten Saatgut6299

produktion (im Abstand von 70 m) sollte eine Standortverlegung erwogen werden.

­

Das Kantonale Laboratorium kommt zu dem Schluss, dass das eingereichte Gesuch nicht den gesetzlichen Anforderungen genüge und abzulehnen sei.

Es wird die Entfernung des Antibiotikaresistenzgens gefordert und festgehalten, dass die Toxizität des KP4-Proteins für andere Organismen nicht genügend geklärt ist.

­

Der kantonsärztliche Dienst bewertet das Gesuch und insbesondere die Risikobewertung in wesentlichen Bereichen als dürftig, insbesondere in Bezug auf die Abklärungen zur Toxikologie und über die Problematik des Ampicillinresistenzgens. Weiterführende Arbeiten mit diesen Pflanzen seien völlig auszuschliessen, sollte der Versuch dennoch bewilligt werden, dürfe diesem Umstand auf keinen Fall präjudizierende Bedeutung zukommen.

­

Das kantonale Veterinäramt erhebt aus der Sicht seiner direkten Zuständigkeiten keine Einwände.

Externer Experte des BUWAL In seinem Gutachten vom 15. März 2001 mit ergänzenden Kommentaren vom 7. September 2001 kommt der vom BUWAL beauftragte Experte zum Schluss, dass verschiedene wichtige Fragen unklar bleiben. Mit den Nachlieferungen vom 10. Juli 2001 werden seiner Ansicht nach zwar viele Lücken geschlossen, einige bleiben hingegen weiterhin unbefriedigend. Der Experte schlägt zudem für den Fall einer Bewilligung eine Reihe zusätzlicher Sicherheitsmassnahmen als Auflagen vor (z.B.

Mindestabstände zu benachbarten Kulturen, Konkretisierung von Notfallmassnahmen, usw.).

2.1.2

Beurteilung durch das BUWAL

1. Nach Artikel 19 Absatz 1 FrSV erteilt das BUWAL die Bewilligung für einen Freisetzungsversuch, wenn die Beurteilung des Gesuchs, insbesondere der Risikobewertung, ergibt, dass nach dem Stand der Wissenschaft und der Erfahrung der Freisetzungsversuch den Menschen und die Umwelt nicht gefährdet. Dem Gesuch sind deshalb die erforderlichen Unterlagen beizufügen, welche eine behördliche Beurteilung erlauben (Art. 9 FrSV). Dazu gehören u.a. die Angaben nach Anhang II der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen und eine Risikobewertung nach Anhang 4 der FrSV. Sind die Unterlagen unvollständig, so kann das BUWAL weitere Informationen verlangen (vgl. Art. 19 Abs. 2 FrSV). Die Gesuchstellerin ist daher verpflichtet, zur Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts beizutragen.

1a. Nach Nachforderungen vom 23. Februar, 2. und 28. März 2001 sowie verschiedenen Gesprächen und Emails setzte das BUWAL der Gesuchsstellerin mit Schreiben vom 12. September 2001 letztmals Frist bis zum 6. Oktober 2001, um noch die notwendigen Unterlagen einzureichen. Gleichzeitig hielt es fest, dass es aufgrund der vorhandenen Akten entscheiden werde, wenn es bis zu diesem Zeitpunkt nicht über die notwendigen Unterlagen verfüge.

1b. Mit der Eingabe vom 8. Oktober 2001 hat die Gesuchsstellerin die letzten Unterlagen eingereicht. Aufgabe des BUWAL als Bewilligungsbehörde ist 6300

nun, die von der Gesuchsstellerin vorgenommene Risikobewertung zu beurteilen (Art. 19 FrSV). Um eine Risikobewertung vornehmen zu können, ist es zwingend notwendig, den Organismus zu kennen, mit welchem man einen Freisetzungsversuch durchführen will. Im vorliegenden Gesuch fehlen folgende Angaben (siehe zum Ganzen Anh. II B Bst. D der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen (Freisetzungs-RL) in der Fassung der Richtlinie 94/15/EG der Kommission vom 15. April 1994 zur ersten Anpassung der Freisetzungs-RL): ­ Angaben zur DNA-Sequenz des tatsächlich eingeführten kp4-Gens: Die Gesuchstellerin führt in ihrem Gesuch eine DNA-Sequenz eines zurückgezogenen Patentantrages aus dem Jahre 1992 auf. Aus den Unterlagen geht indes nicht hervor, ob diese erwähnte DNA-Sequenz oder eine andere im vorliegenden Verfahren verwendet wird. Aus der Datenbank GenEmbl geht zudem hervor, dass zwei weitere kp4Sequenzen vorhanden sind, die von der im Gesuch aufgeführten Sequenz um ca. 5% abweichen. Darüber hinaus ist die eingeführte Sequenz des kp4-Gens nicht vollständig beschrieben. Vor allem die Struktur und die Funktion des ca. 600 Basenpaare langen Teilstücks am 3'-Ende des KP4-Konstrukts ist unbekannt. Selbst nach Nachfragen hat die Gesuchstellerin lediglich auf Wahrscheinlichkeiten verwiesen und nicht die notwendigen Abklärungen vorgenommen.

­ Angaben zur Anzahl (copy number) der Sequenzen, die in das Weizengenom integriert worden sind.

­ Informationen über die Expression der Inserts (eingebrachte DNASequenz) und über die Pflanzenteile, in denen sich die Inserte exprimieren, sowie die Beschreibung der Verfahren für die Charakterisierung des Inserts.

1c. Fehlen die oben erwähnten Angaben, so ist die der Risikobewertung zugrunde gelegte Datenbasis unvollständig und die Risikobewertung kann keine ausreichenden Angaben darüber machen, dass die Umwelt nicht gefährdet werden kann. So lassen fehlende Informationen über die Expression der Inserts keinen Schluss zu, wo sich das KP4-Protein im Weizen befindet und welche Organismen (z.B. Insekten, Regenwürmer) dem KP4-Protein ausgesetzt sind. Aus wissenschaftlicher Sicht ist klar, dass die Risikobewertung entsprechend der vom KP4-Protein ausgesetzten Organismen variieren wird. Die vorliegende
Risikobewertung geht daher von Voraussetzungen aus, die nicht die Ungefährlichkeit der vorgesehenen Freisetzungsversuches mit hinreichender Wahrscheinlichkeit belegen kann. Kann die Gesuchstellerin den Beweis nicht erbringen, dass die Umwelt nicht gefährdet wird, so trägt sie nach der Beweislastregel die Folgen der Beweislosigkeit (vgl.

Seiler, a.a.O., Rz. 65 ad Art. 29c; vgl. Rhinow/Koller/Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel 1996, Rz. 909 ff.). Das Gesuch für einen Freisetzungsversuch ist daher aus diesen Gründen abzuweisen.

2. Entsprechend dem Stufenprinzip darf mit gentechnisch veränderten Organismen nur dann in der Umwelt umgegangen werden, wenn die Bewertung der vorherigen Stufe (geschlossenes System) in bezug auf den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt ergibt, dass die nächste Stufe eingeleitet werden kann (vgl. Bot6301

schaft zu einer Änderung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Juni 1993, in: BBl 1993 II 1445, 1470; Schweizer, Gentechnikrecht, Zürich 1996, S. 61; Seiler, a.a.O., Rz. 40 ad Art. 29e; Erwägungsgrund 10 der Richtlinie des Rates 90/220/EWG vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und Erwägungsgrund 24 der Richtlinie 2001/18/EG vom 12. März 2001 des europäischen Parlaments und des Rates über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates).

2a. Nach Aussagen der Gesuchstellerin ist das KP4-Protein spezifisch gegenüber Brandpilzen. Die Gesuchstellerin verweist in ihrem Gesuch indes auf die DNA- und Aminosäure-Sequenzen von KP4 des obgenannten Patentantrag aus dem Jahre 1992. Das Wirkungsspektrum dieses Proteins ist wesentlich breiter und umfasst damit eine Vielzahl betroffener Organismen.

Diese Erkenntnisse sind nicht in die Risikobewertung der Gesuchstellerin eingeflossen. Entsprechend dem breiteren Wirkungsspektrum ist daher davon auszugehen, dass mehr unerwünschte Auswirkungen auf die Umwelt auftreten können als sie von der Gesuchstellerin dargelegt worden sind. Das Risiko des Freisetzungsversuchs ist daher in diesem Punkt nicht korrekt bewertet worden.

2b. Im Übrigen geht die Gesuchstellerin stillschweigend davon aus, dass Nützlinge (z.B. Marienkäfer, Florfliege) beim vorgesehenen Freisetzungsversuch keinem Risiko ausgesetzt sind. In Anbetracht der breiten Diskussion über unerwünschte Nebenwirkungen bei transgenen Pflanzen drängt sich im vorliegenden Fall indes eine Abklärung im geschlossenen System entsprechend dem Stufenprinzip auf. Wohl hat die Gesuchstellerin Abklärungen zu potentiellen Nebenwirkungen auf Mykorrhiza-Pilze (endophytische, wurzelbesiedelnde Pilze, die einen wachstumsfördernden Effekt auf die Pflanze ausüben) getroffen. Diese Erkenntnisse können indes nicht sachgerecht interpretiert werden, weil nicht bekannt ist, ob der Weizen das KP4-Protein exprimiert oder nicht (siehe oben unter 1). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Abklärungen nur zu einem Nützling die Gesuchstellerin nicht davon entbindet, weitere davon betroffene relevante Nützlinge einer Abklärung zu unterziehen. Das Ziel der Risikobewertung besteht ja gerade darin,
darzulegen, dass die Umwelt und der Mensch nach dem Stand der Wissenschaft und der Erfahrung nicht gefährdet werden kann.

2c. Ein wesentliches Element der Risikobewertung besteht darin, die Wechselwirkung mit der Umwelt abzuklären. Aufgrund der von der Gesuchstellerin eingereichten Risikobewertung kann ­ wie bereits dargelegt (Erw. 2­2b) ­ auch hier nicht ausgeschlossen werden, dass die Umwelt gefährdet werden kann. Das Gesuch für einen Freisetzungsversuch ist daher auch aus diesen Gründen abzuweisen.

3. Das genetische Konstrukt enthält ein oder mehrere Antibiotikaresistenz-Gene gegen Ampicillin. Ampicillin wird in der Schweiz zwar wenig verwendet (1 Präparat im Handel) (www.kompendium.ch; Arzneimittelkompendium der Schweiz 2001).

Doch liegt eine totale Kreuzresistenz zwischen Ampicillin und Amoxicillin vor, von welchem 14 Präparate zugelassen sind und das regelmässig angewandt wird (www.kompendium.ch; Arzneimittelkompendium der Schweiz 2001). Antibiotikaresistenz-Gene können mittelbar über die Umwelt die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen, indem dadurch die Abwehr einer Gesundheitsbeeinträchtigung 6302

erschwert oder gar vereitelt wird (siehe oben Erw. B.2a.aa.). Ob durch den Einsatz dieser Antibiotikaresistenz-Gene die Umwelt und mittelbar der Mensch gefährdet werden, kann nach heutigen Wissensstand nicht abschliessend beurteilt werden.

Angesichts der in der Umwelt vorhandenen kumulativen Effekte und langfristigen Prozesse und insbesondere der Komplexität der Bodenmikroflora sowie der diesbezüglich grossen Unwissenheit und Unsicherheit bleibt ein schwer einzuschätzendes Risiko zurück. Aus dem Vorsorgeprinzip ergibt sich indes, dass unnötige Risiken zu vermeiden sind. Ein Freisetzungsversuch ist daher nicht zu bewilligen, wenn der gleiche Nutzen bzw. Erkenntnisfortschritt auch mit einer weniger riskanten und technisch möglichen Versuchsanordnung zu erreichen wäre (Seiler, a.a.O., Rz. 42 ad Art. 29e, vgl. auch FF 1999 2778, E. B.2.2.d. = URP 1999 752). Das Antibiotikaresistenz-Gen ist für die Durchführung des vorliegenden Freisetzungsversuchs unnötig und nach Aussage der Gesuchstellerin auch unbeabsichtigt in den Organismus übertragen worden. Damit steht fest, dass weniger riskante und technisch mögliche Versuchsanordnungen möglich sind. Das vorliegende Gesuch zu einem Freisetzungsversuch ist daher abzuweisen.

Diese Argumente decken sich im Übrigen auch mit den neuen schweizerischen und europäischen politischen Bestrebungen auf Gesetzesebene: Mit dem überwiesenen Postulat 98.3605 wird verlangt, dass Pflanzen mit Antibiotikaresistenz-Genen nicht mehr freigesetzt werden sollen; ferner sieht der Entwurf des Ständerates für ein Gentechnikgesetz ein solches Verbot vor. Auch die Europäische Union hat diesen Weg eingeschlagen: In der vor kurzem erlassenen Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG ist ein Verbot solcher Gene bis Ende 2008 statuiert. Dementsprechend haben einzelne Mitgliedstaaten der EU bereits reagiert: In den Niederlanden sind dieses Jahr mehrereFreisetzungsversuche mit Pflanzen, die Antibiotikaresistenzgene enthalten, nicht bewilligt worden. Der Einsatz von Antibiotika-Resistenzgenen entspricht nicht mehr dem Stand der Technik. Er soll deshalb auf generell abstrakter Ebene verboten werden.

4. Weizen ist vorrangig selbstbefruchtend, aber ein gewisser Prozentsatz an Fremdbefruchtung ist regelmässig vorhanden. Dieser Prozentsatz ist abhängig von klimatisch-physikalischen Bedingungen und der
verwendeten Sorte, normalerweise liegt er unter 5 %, bei günstiger Witterung kann er auf 9­10 % ansteigen. Als Kreuzungspartner kommen vor allem Weizen- oder Roggenpflanzen in Betracht. Solche Pflanzen werden im näheren Umkreis zumindest zu Versuchszwecken angepflanzt, und es findet auch ackerbaulicher Anbau, z.T. zur Produktion von Basis-Saatgut auf benachbarten Feldern statt, die nicht im Besitz der Gesuchsstellerin sind. Um einen Pollenflug und dadurch eine mögliche Befruchtung mit den erwähnten Kreuzungspartnern auszuschliessen, sieht die Gesuchstellerin pollendichte Zelte vor. Nach Ausführungen der Gesuchstellerin sind mit dem pollendichten Zelt Versuche durchgeführt worden. Dabei seien Nähte gerissen. Die Gesuchstellerin führt daher aus, dass diese nun neu doppelt genäht werden sollen. Ob diese Massnahme genügend sein wird, ist die Gesuchstellerin schuldig geblieben. Deshalb hat die EFBS in ihrer Stellungnahme vom 5. September 2001 einen Abstand von 200 m zwischen dem Versuchsfeld und den möglichen Kreuzungspartnern vorgeschlagen, um alle Eventualitäten einer Kreuzung mit den erwähnten Kreuzungspartner ausschliessen zu können und damit keine transgene Produkte entstehen, die nicht bewilligt sind. Aufgrund der Akten ist ersichtlich, dass Kreuzungspartner innerhalb eines Radius von 200 m kultiviert werden. Damit weder fremdes Eigentum bzw. Kulturen noch das Umweltschutzgesetz verletzt werden, ist der beantragte Freisetzungsversuch auch aus diesen Gründen abzuweisen.

6303

5. Hinzuweisen ist ferner, dass das Argument nicht stichhaltig ist, dass die Versuchsfläche klein sei, dass Schädigungen von vornherein ausgeschlossen seien und daher nicht alle nach Artikel 9 geforderten Unterlagen für den vorliegenden Freisetzungsversuch notwendig sind. Für die Beurteilung, ob ein möglicher Schaden und eine Eintrittswahrscheinlichkeit vorliegt oder die vorgesehenen Sicherheitsmassnahmen genügend sind, ist es sachlogisch zwingend notwendig, dass der der Bewertung zugrundeliegende Sachverhalt genügend abgeklärt ist. Wie dargelegt, ist dies gerade nicht geschehen.

2.1.3

Gebühren

1a. Wer eine Dienstleistung oder eine Verfügung des BUWAL nach der Freisetzungsverordnung veranlasst, muss eine Gebühr bezahlen (Art. 36 Abs. 1 FrSV). Nach Artikel 37 FrSV erlässt das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die Gebührenansätze u.a. für das Bewilligen von Freisetzungsversuchen. Dabei hat es sich bei der Bemessung der Gebühren nach Artikel 36 FrSV nach dem Kostendeckungsprinzip, wonach der Gesamtbetrag der Gebühren die gesamten Kosten des betreffenden Verwaltungszweiges nicht übersteigen darf, und nach dem Äquivalenzprinzip zu richten, das verlangt, dass die Gebühr im Einzelfall zum objektiven Wert der Leistung nicht im einem offensichtlichen Missverhältnis stehen darf (vgl. Tschannen/Zimmerli/Kiener, Allgemeines Verwaltungsrecht, Bern 2000, S. 377 ff.). Aufgrund der beiden Prinzipien und des in der Bundesverwaltung üblichen sowie in verschiedenen Verordnungen enthaltenen Stundenansatzes von 120­180 Franken lässt sich die Gebühr nach Artikel 36 FrSV genügend klar bestimmen, weshalb es vorliegendenfalls nicht schadet, dass die departementale Verordnung über die Gebühren für Dienstleistungen nach der Freisetzungsverordnung vom 15. Oktober 2001 erst am 1. Dezember 2001 in Kraft treten wird. Da das UVEK in dieser Verordnung für die Bewilligung von Freisetzungsversuchen eine obere Gebührengrenze eingeführt hat und zugunsten der Gesuchstellerin vom Äquivalenzprinzip abgerückt ist, ist diese als für die Gesuchsstellerin günstigeres Recht bereits im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen.

1b. Die Evaluation des Gesuches einschliesslich der nachgeforderten Informationen beanspruchte insgesamt 80 Arbeitsstunden. Bei einem Stundenansatz von 120 Franken belaufen sich die Kosten somit total auf 9600 Franken.

2.2 2.2.1

Beurteilung des Freisetzungsversuches aufgrund anderer Rechte durch BAG, BVET und BLW Bundesamt für Gesundheit (BAG)

Das BAG kommt in seinen Stellungnahmen vom 4. September und 17. Oktober 2001 zum Schluss, dass die Unterlagen für eine wissenschaftliche Beurteilung des Gesuchs aus gesundheitsrechtlichen Gründen ausreichen und dass der Versuch nach heutigem Kenntnisstand keine direkte Gefährdung des Menschen darstelle. Das BAG kann deshalb dem Vorhaben zustimmen, wenn sichergestellt ist, dass keine Körner der Mantelsaat-Pflanzen und der transgenen Testpflanzen in die Nahrungs6304

kette gelangen. Im Falle aussergewöhnlicher Ereignisse oder neuer Erkenntnisse verlangt das BAG eine sofortige Information seiner Fachstellen.

2.2.2

Bundesamt für Landwirtschaft (BLW)

Das BLW hat gemäss Stellungnahme vom 8. März 2001, ergänzt durch die Mitteilungen vom 27. August und 16. Oktober 2001, aus landwirtschaftlicher Sicht nichts gegen die Durchführung des Freisetzungsversuches einzuwenden und erachtet dies als Gewinn für die Forschung. Es weist darauf hin, dass der Versuch sehr begrenzt ist und alle möglichen Sicherheitsmassnahmen zur Verhinderung aller vorstellbarer Risiken ausgeschöpft werden. Deshalb nimmt das BLW an, dass weder ein erwartetes noch ein unerwartetes Ereignis zu einer Gefährdung der Landwirtschaft führen könnte.

2.2.3

Bundesamt für Veterinärwesen (BVET)

In der Stellungnahme vom 19. März 2001, ergänzt durch die Mitteilung vom 17. August 2001, erklärt sich das BVET mit der Durchführung einverstanden. Nach seiner Einschätzung ist eine wie auch immer geartete Gefährdung der Fauna durch den Versuch ausgeschlossen.

2.3

Schlussbeurteilung

Aufgrund der obigen Überlegungen und Erwägungen kommt das BUWAL zum Schluss, dass nach dem heutigen Stand des Wissens und der Erfahrung die Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt nicht ausreichend belegt ist und das Risiko durch die von der Gesuchstellerin vorgesehenen technischen Massnahmen nicht genügend vermindert werden kann.

C.

Entscheid

Aufgrund dieser Erwägungen und unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen wird verfügt: 1. Das Gesuch der ETH Zürich, vertreten durch das Institut für Pflanzenwissenschaften, vom 4. Januar 2001 zur Freisetzung von gentechnisch verändertem KP4Weizen wird abgewiesen.

2. Die Gebühren werden festgesetzt auf 9600 Franken. Sie gehen zu Lasten der Gesuchstellerin.

3. Gegen diese Verfügung kann innert 30 Tagen ab ihrer Eröffnung beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), 3003 Bern, Beschwerde erhoben werden (Art. 50 VwVG).

6305

Zur Beschwerde berechtigt ist, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat, sowie jede andere Person, Organisation oder Behörde, die das Bundesrecht zur Beschwerde ermächtigt (Art. 54 USG i.V.m. Art. 48 VwVG).

Die Beschwerdefrist beginnt für Parteien, denen dieser Entscheid persönlich eröffnet wird, an dem auf den Eingang der schriftlichen Ausfertigung folgenden Tag, für die andern Parteien an dem auf die Publikation folgenden Tag zu laufen.

Die Beschwerdeschrift ist im Doppel einzureichen. Sie hat die Begehren, deren Begründungen mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden bzw. der sie vertretenden Person zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind der Beschwerde beizulegen, soweit die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer sie in Händen hält.

Die Verfügung und die Entscheidunterlagen können innerhalb der Beschwerdefrist beim BUWAL, Abt. Stoffe, Boden, Biotechnologie, Worblentalstrasse 68, 3063 Ittigen, zu den üblichen Bürozeiten eingesehen werden. Telefonische Voranmeldung unter der Nummer 031 322 93 49.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeinstanz für das Verfahren von den Parteien die Bestellung eines oder mehrerer Vertreter verlangen kann, wenn in einer Sache mehr als 20 Parteien mit kollektiven oder individuellen Eingaben auftreten, um gleiche Interessen wahrzunehmen (Art. 11a VwVG).

4. Der Entscheid wird eingeschrieben eröffnet: ­

der Gesuchstellerin

­

der Gemeinde Lindau (ZH),

und im Bundesblatt publiziert (VwVG Art. 36).

5. Mitteilung zur Kenntnis an: ­

Generalsekretariat UVEK

­

Bundesamt für Gesundheit

­

Bundesamt für Landwirtschaft

­

Bundesamt für Veterinärwesen

­

Staatssekretariat für Wirtschaft, Arbeitsinspektorat

­

Schweiz. Unfallversicherungsanstalt

­

Baudirektion des Kanton Zürich, Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL), KSF/Fachstelle für biologische Sicherheit

­

Eidg. Fachkommission für biologische Sicherheit

­

Eidg. Ethikkommission für die Gentechnik im ausserhumanen Bereich

11. Dezember 2001

Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft Der Direktor: Philippe Roch

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