Bundesgesetz Entwurf über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 9. März 20011, beschliesst: I Das Betäubungsmittelgesetz vom 3. Oktober 19512 wird wie folgt geändert: Ingress gestützt auf die Artikel 69, 69bis und 64bis der Bundesverfassung3, ...

Art. 1 1

2

Dieses Gesetz soll: a.

Personen vor den gesundheits- und sozialschädlichen Auswirkungen von suchtbedingten Störungen der Psyche und des Verhaltens schützen;

b.

die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie kriminelle Handlungen bekämpfen, die in engem Zusammenhang mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen stehen.

Es regelt: a.

Massnahmen zur Verhinderung der schädlichen Auswirkungen von suchtbedingten Störungen;

b.

die Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen und mit deren Vorläuferstoffen.

Art. 1a (neu) Bei der Verfolgung der gesetzlichen Ziele nach Artikel 1 sehen Bund und Kantone in erster Linie Massnahmen in folgenden Bereichen vor (Vier-Säulen-Prinzip):

1 2 3

BBl 2001 3715 SR 812.121 Diesen Artikeln entsprechen die Artikel 118 Absatz 2 Buchstaben a und b sowie 123 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (SR 101).

3812

1999-4785

Betäubungsmittelgesetz. BG

a.

Prävention;

b.

Therapie und Wiedereingliederung;

c.

Schadensverminderung und Überlebenshilfe;

d.

Kontrolle und Repression.

2

Bund und Kantone berücksichtigen bei der Anwendung dieses Gesetzes namentlich die Anliegen des Jugendschutzes.

Art. 2

1

Betäubungsmittel sind abhängigkeitserzeugende Stoffe und Präparate der Wirkungstypen Morphin, Kokain oder Cannabis, sowie Stoffe und Präparate, die auf deren Grundlage hergestellt werden oder eine ähnliche Wirkung wie diese haben.

2 Psychotrope Stoffe sind abhängigkeitserzeugende Stoffe und Präparate, welche Amphetamine, Barbiturate, Benzodiazepine oder Halluzinogene wie Lysergid oder Mescalin enthalten oder eine ähnliche Wirkung wie diese haben.

3

Soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht, gelten die Bestimmungen zu den Betäubungsmitteln für die psychotropen Stoffe gleichermassen.

4

Vorläuferstoffe sind Stoffe und Präparate, die keine Abhängigkeit erzeugen, die aber in Betäubungsmittel oder psychotrope Stoffe überführt werden können oder zu ihrer Herstellung dienen.

5

Als Stoffe gelten sowohl Rohmaterialien wie Pflanzen und Pilze oder Teile davon sowie chemisch hergestellte Verbindungen.

6

Als Präparate gelten verwendungsfertige Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe.

7

Das Eidgenössische Departement des Innern bezeichnet die Betäubungsmittel, die psychotropen Stoffe sowie die Vorläuferstoffe. Es stützt sich hierbei in der Regel auf die Empfehlungen der zuständigen internationalen Organisationen.

Art. 3 Abs. 1 und 3

1

Der Bundesrat kann Vorläuferstoffe der Betäubungsmittelkontrolle nach den Bestimmungen des 2. und 3. Kapitels unterstellen. Er kann eine Bewilligungspflicht oder andere weniger weit gehende Überwachungsmassnahmen vorsehen, wie die Identifizierung des Kunden, Buchführungspflichten und Auskunftspflichten. Er befolgt dabei in der Regel die Empfehlungen der zuständigen internationalen Organisationen.

3

Aufgehoben

Art. 3a Aufgehoben

3813

Betäubungsmittelgesetz. BG

1a. Kapitel (neu): Prävention, Therapie und Schadensverminderung 1. Abschnitt: Prävention Art. 3b 1

Die Kantone fördern die Aufklärung und Beratung zur Verhütung von suchtbedingten Störungen und deren gesundheits- und sozialschädlichen Auswirkungen. Sie schaffen die dazu notwendigen Einrichtungen.

2

Der Bund führt Programme von nationalem Interesse zur Prävention durch und informiert die Öffentlichkeit über die Suchtproblematik.

Art. 3c 1 Amtsstellen und Berufsleute, die im Erziehungs-, Sozial-, Gesundheits-, Justizund Polizeiwesen tätig sind, können Fälle von vorliegenden oder drohenden suchtbedingten Störungen an die zuständigen Behandlungs- oder Fürsorgestellen melden, wenn:

a.

sie diese in ihrer amtlichen oder beruflichen Tätigkeit festgestellt haben;

b.

eine erhebliche Gefährdung der Betroffenen, ihrer Angehörigen oder der Allgemeinheit vorliegt; und

c.

sie eine Betreuungsmassnahme als angezeigt erachten.

2

Die Kantone bezeichnen fachlich qualifizierte öffentliche oder private Behandlungs- oder Fürsorgestellen, die für die Betreuung von gemeldeten Personen, namentlich von gefährdeten Jugendlichen, zuständig sind.

3

Das Personal der für die Betreuung zuständigen Behandlungs- oder Fürsorgestellen untersteht für solche Meldungen dem Amts- und Berufsgeheimnis nach den Artikeln 320 und 321 des Strafgesetzbuches4. Es hat keine Zeugnis- oder Auskunftspflicht, soweit sich die Aussagen auf die persönlichen Verhältnisse der Betreuten oder eine strafbare Handlung nach Artikel 19b beziehen.

4 Amtsstellen und Berufsleute nach Absatz 1, die erfahren, dass eine ihnen anvertraute Person gegen Artikel 19b verstossen hat, sind nicht zur Anzeige verpflichtet.

2. Abschnitt: Therapie und Wiedereingliederung Art. 3d 1

Die Kantone sorgen für die Betreuung von Personen mit suchtbedingten Störungen, die ärztliche oder psychosoziale Behandlung oder fürsorgerische Massnahmen benötigen, und sie fördern deren berufliche und soziale Wiedereingliederung. Sie schaffen die dazu notwendigen Einrichtungen.

4

SR 311.0

3814

Betäubungsmittelgesetz. BG

2

Der Bundesrat erlässt nach Anhören der Kantone Empfehlungen über die Grundsätze zur Finanzierung von Suchttherapien und Wiedereingliederungsmassnahmen.

Art. 3e

1

Die Verschreibung, Abgabe und Verabreichung von Betäubungsmitteln zur Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen ist bewilligungspflichtig. Die Bewilligung wird von den Kantonen erteilt.

2

Der Bundesrat kann nach Anhörung der Kantone Rahmenbedingungen festlegen.

3

Für die heroingestützte Behandlung erlässt der Bundesrat besondere Bestimmungen. Er sorgt insbesondere dafür, dass nur an betäubungsmittelabhängige Personen, bei denen andere Behandlungsformen versagt haben oder deren Gesundheitszustand andere Behandlungsformen nicht zulässt und nur von spezialisierten Fachpersonen in hierfür geeigneten Einrichtungen Heroin ärztlich verschrieben wird. Durchführung und Verlauf der heroingestützten Behandlungen werden periodisch überprüft.

Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

4

Die zur Durchführung der Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen tätigen Behörden oder Institutionen sind berechtigt, im Rahmen ihrer übertragenen Aufgaben Personendaten, besonders schützenswerte Personendaten und Persönlichkeitsprofile zu bearbeiten. Sie gewährleisten durch technische und organisatorische Massnahmen den Datenschutz. Der Bundesrat legt Einzelheiten der erforderlichen Datenbearbeitungen fest, insbesondere die für die Datenbearbeitungen zuständigen Behörden und Institutionen, die zu bearbeitenden Personendaten, die Datenflüsse sowie die Zugriffsberechtigungen.

3. Abschnitt: Schadensverminderung und Überlebenshilfe Art. 3f Zur Verhinderung oder Verminderung von gesundheitlichen und sozialen Schäden bei Personen mit suchtbedingten Störungen treffen die Kantone Massnahmen zur Schadensverminderung und Überlebenshilfe. Sie schaffen die dazu notwendigen Einrichtungen.

Art. 3g Befürchtet eine Amtsstelle, dass eine Person aufgrund suchtbedingter Störungen den Strassen-, Schiffs- oder Luftverkehr gefährdet, so hat sie die zuständige Behörde zu benachrichtigen.

3815

Betäubungsmittelgesetz. BG

4. Abschnitt: Koordination, Forschung, Ausbildung und Qualitätssicherung Art. 3h 1

Der Bund unterstützt Kantone und private Organisationen in den Bereichen der Prävention, der Therapie und der Schadensverminderung mit Dienstleistungen, namentlich durch: a.

Koordination, einschliesslich Angebotsplanung und -steuerung;

b.

Umsetzung von Qualitätsmassnahmen und bewährten Interventionsmodellen;

c.

Information über neue wissenschaftliche Erkenntnisse.

2

Er kann selbst ergänzende Massnahmen zur Verminderung der Suchtprobleme treffen oder private Organisationen mit deren Verwirklichung betrauen.

3 Er kann Kantonen oder privaten Organisationen Abgeltungen oder Finanzhilfen zur Erfüllung bestimmter Aufgaben nach Absatz 1 gewähren.

Art. 3i 1

Der Bund fördert mittels Finanzhilfe die wissenschaftliche Forschung über die Wirkungsweise von abhängigkeitserzeugenden Stoffen sowie über die Ursachen und Auswirkungen von suchtbedingten Störungen, über die präventiven und therapeutischen Massnahmen sowie über die Verhinderung oder Verminderung von suchtbedingten Störungen.

2

Er kann in den Forschungsbereichen nach Absatz 1 spezifische Forschungsaufträge erteilen.

Art. 3j 1 Der Bund fördert und koordiniert die Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Bereichen der Prävention, Therapie und Wiedereingliederung sowie Schadensverminderung und Überlebenshilfe.

2 Er kann die öffentlichen und privaten Organisationen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachleuten im Suchtbereich mit Finanzhilfen unterstützen.

Art. 3k Der Bund entwickelt in Zusammenarbeit mit den Kantonen Empfehlungen zur Qualitätssicherung in den Bereichen der Prävention, Therapie und Wiedereingliederung sowie Schadensverminderung und Überlebenshilfe.

Titel vor Art. 4 Betrifft nur den französischen Text

3816

Betäubungsmittelgesetz. BG

Art. 4 Abs. 1 1 Firmen und Personen, die Betäubungsmittel anbauen, herstellen, verarbeiten oder damit Handel treiben, bedürfen einer Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit.

Vorbehalten bleibt Artikel 8.

Art. 5 Abs. 1 erster Satz 1

Jede Ein- und Ausfuhr von Betäubungsmitteln, die der Kontrolle unterliegen, bedarf einer Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit. ...

Art. 6 Abs. 1 1

Der Bundesrat kann auf Grund der internationalen Abkommen den Bewilligungsinhabern Anbau sowie Herstellung, Ein- und Ausfuhr und Vorratshaltung von Betäubungsmitteln untersagen.

Art. 7 1 Stoffe und Präparate, von denen vermutet werden muss, dass sie ähnlich wirken wie die Stoffe und Präparate nach Artikel 2, dürfen nur mit Bewilligung und nach den Bedingungen des Eidgenössischen Departementes des Innern angebaut, hergestellt, ein- und ausgeführt, gelagert, verwendet oder in Verkehr gebracht werden.

2 Das Bundesamt für Gesundheit prüft, ob es sich bei dem Stoff oder dem Präparat um einen Stoff oder ein Präparat nach Artikel 2 handelt. Wenn dies zutrifft, sind Bewilligungen nach den Artikeln 4 und 5 erforderlich.

3

Das Eidgenössische Departement des Innern bezeichnet diese Stoffe und Präparate.

Art. 8 Abs. 1 Bst. b, d und Abs. 5­8 1

Die folgenden Betäubungsmittel dürfen nicht angebaut, eingeführt, hergestellt oder in Verkehr gebracht werden: b.

Aufgehoben

d.

Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis.

5

Das Bundesamt für Gesundheit kann Ausnahmebewilligungen für die Verwendung der Betäubungsmittel nach den Absätzen 1 und 3 in der wissenschaftlichen Forschung oder für eine beschränkte medizinische Anwendung erteilen, wenn: a.

die Voraussetzungen zur Guten Herstellungspraxis, zur Abgabe von nicht zugelassenen Arzneimitteln, zur Guten Laborpraxis oder zur Guten Praxis der klinischen Versuche erfüllt sind;

b.

die ethischen Grundsätze und Empfehlungen berücksichtigt sind; und

c.

diese Verwendungen im Einklang mit den internationalen Übereinkommen stehen.

3817

Betäubungsmittelgesetz. BG

6

Das Bundesamt für Gesundheit kann Ausnahmebewilligungen für die Verwendung der Betäubungsmittel nach den Absätzen 1 und 3 zu Bekämpfungsmassnahmen erteilen.

7

und 8 Aufgehoben

Art. 8a Aufgehoben Art. 11 Abs. 1bis (neu) 1bis Ärzte und Tierärzte, die als Arzneimittel zugelassene Betäubungsmittel für eine andere als die zugelassenen Indikationen abgeben oder verordnen, müssen dies innerhalb von 30 Tagen den zuständigen kantonalen Behörden melden. Sie haben auf Verlangen der zuständigen kantonalen Behörden alle notwendigen Angaben über Art und Zweck der Behandlung zu machen.

4. Abschnitt (Art. 15­15c) Aufgehoben Art. 16 Für jede Lieferung von Betäubungsmitteln ist ein Lieferschein zu erstellen und dem Empfänger mit der Ware zu übergeben. Die Lieferung ist dem Bundesamt für Gesundheit mit separatem Meldeschein mitzuteilen. Ausgenommen sind die Abgaben von Betäubungsmitteln der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Tierärzte an Personen und Tiere, für die die Betäubungsmittel bestimmt sind, sowie an die nicht selbst dispensierenden Ärzte im eigenen Kantonsgebiet.

Art. 17 Abs. 3 3

Firmen und Personen, welche die Bewilligung zum Anbau, zur Herstellung und zur Verarbeitung von Betäubungsmitteln besitzen, haben ferner dem Bundesamt für Gesundheit vierteljährlich über den Umfang der Anbaufläche und die Art und Mengen der gewonnenen, hergestellten und verarbeiteten Betäubungsmittel zu berichten.

Art. 17a (neu) Die Eigentümer von Hanfkulturen haben der zuständigen kantonalen Behörde alle notwendigen Angaben über die Art und Menge des angebauten Hanfs sowie über seine Verwendung zu melden. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

3818

Betäubungsmittelgesetz. BG

4. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 19 1

Mit Gefängnis oder Busse wird bestraft, wer: a.

Betäubungsmittel unbefugt anbaut, herstellt oder sonstwie erzeugt;

b.

Betäubungsmittel unbefugt lagert, versendet, befördert, einführt, ausführt oder durchführt;

c.

Betäubungsmittel unbefugt veräussert, verordnet, sonstwie einem andern verschafft oder in Verkehr bringt;

d.

Betäubungsmittel unbefugt besitzt, aufbewahrt, erwirbt oder sonstwie erlangt;

e.

den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln finanziert oder seine Finanzierung vermittelt;

f.

zu einer Widerhandlung nach den Buchstaben a­e Anstalten trifft.

2

Der Täter wird mit Zuchthaus oder mit Gefängnis nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er: a.

weiss oder annehmen muss, dass die Widerhandlung mittelbar oder unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann;

b.

als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung des unerlaubten Betäubungsmittelhandels zusammengefunden hat;

c.

durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt.

3 In den Fällen nach Absatz 2 kann die Freiheitsstrafe mit einer Busse bis zu 1 Million Franken verbunden werden.

4

Der Richter kann in folgenden Fällen die Strafe nach freiem Ermessen mildern: a.

bei einer Widerhandlung nach Absatz 1 Buchstabe f;

b.

bei einer Widerhandlung nach Absatz 2, wenn der Täter von Betäubungsmitteln abhängig ist und diese Widerhandlung zur Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums hätte dienen sollen.

5

Nach den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ist auch strafbar, wer die Tat im Ausland begangen hat, sich in der Schweiz befindet und nicht ausgeliefert wird, sofern die Tat auch am Begehungsort strafbar ist. Ist das Gesetz des Begehungsortes für den Täter das mildere, so ist dieses anzuwenden. Artikel 6bis Ziffer 2 des schweizerischen Strafgesetzbuches5 ist anwendbar.

5

SR 311.0

3819

Betäubungsmittelgesetz. BG

Art. 19a Mit Gefängnis und Busse wird bestraft, wer einer Person unter 16 Jahren ohne medizinische Indikation Betäubungsmittel anbietet, abgibt oder sonstwie zugänglich macht.

Art. 19b Mit Busse wird bestraft, wer Betäubungsmittel vorsätzlich ohne medizinische Indikation konsumiert oder hierzu eine Widerhandlung im Sinne von Artikel 19 Absatz 1 begeht. Vorbehalten bleibt Artikel 19c.

Art.19c Nicht strafbar ist, wer: a.

Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis konsumiert;

b.

für den eigenen Konsum von Betäubungsmitteln des Wirkungstypes Cannabis eine Widerhandlung im Sinne von Artikel 19 Absatz 1 Buchstaben a und d begangen hat, ohne dadurch den Konsum Dritter zu ermöglichen.

Art. 19d (neu) 1

Der Bundesrat kann nach Anhörung der Kantone Prioritäten der Strafverfolgung von Handlungen festlegen. Hierfür kann er die allgemeine Pflicht zur Verfolgung bestimmter Widerhandlungen innerhalb des gesetzlichen Rahmens von Artikel 19e­19f beschränken.

2

Der Bundesrat regelt die Einzelheiten im Sinne der Artikel 19e­19f.

Art. 19e (neu) Beschränkt der Bundesrat nach Artikel 19d die Pflicht zur Verfolgung strafbarer Handlungen, die den nicht medizinisch indizierten Konsum von Betäubungsmitteln nach Artikel 19b betreffen, so ist von polizeilichen Ermittlungen, der Eröffnung eines Strafverfahrens, der Überweisung an das Gericht oder der Bestrafung abzusehen, wenn: a.

die sichergestellten Betäubungsmittel für den eigenen Konsum bestimmt sind;

b.

der Konsum nicht in der Öffentlichkeit erfolgt; und

c.

die Widerhandlung des Täters den Konsum eines Dritten nicht ermöglicht.

Art. 19f (neu) 1

Beschränkt der Bundesrat nach Artikel 19d die Pflicht zur Verfolgung strafbarer Handlungen nach Artikel 19 Absatz 1, welche Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis betreffen, so ist von polizeilichen Ermittlungen, der Eröffnung eines Strafverfahrens, der Überweisung an das Gericht oder der Bestrafung wegen strafbarer Handlungen abzusehen, wenn der Täter: 3820

Betäubungsmittelgesetz. BG

a.

Betäubungsmittel des Wirkungstyps Cannabis, soweit sie keine erhöhten Risiken für die Gesundheit bergen, in geringen Mengen an Personen über 18 Jahren abgibt oder verkauft, auch gewerbsmässig, sofern dadurch die öffentliche Ordnung nicht gefährdet, keine Werbung betrieben und keine Einund Ausfuhr ermöglicht wird;

b.

glaubhaft macht, dass die Widerhandlung, namentlich der Anbau, das Herstellen, Erwerben und Lagern von Betäubungsmitteln des Wirkungstyps Cannabis, auf eine Veräusserung im Sinne von Buchstabe a gerichtet ist oder mit ihr zusammenhängt.

2 Der Bundesrat beschränkt die Strafverfolgungspflicht dieser Widerhandlungen nur insoweit, als der Schutz der öffentlichen Ordnung gewährleistet bleibt sowie öffentliche Ansammlungen, Ausfuhren und grenzüberschreitender Handel vermieden werden. Er kann zu diesem Zweck Vorschriften erlassen, namentlich über Grösse und Ausgestaltung der Anbauflächen, Anzahl und Lage von Verkaufsstellen, die Buchführungspflichten und persönlichen Verhältnisse des Täters.

3

Er regelt, wie die Einhaltung der Vorschriften gemäss Absatz 2 überprüft werden.

4

Die Kantone können mit Rücksicht auf örtlich unterschiedliche Verhältnisse diese Bestimmungen einschränken, namentlich betreffend Anzahl und Lage von Anbauflächen und Verkaufsstellen.

Art. 20

1

Mit Gefängnis oder Busse wird bestraft, wer: a.

ein Gesuch mit unwahren Angaben stellt, um sich oder einem andern eine Einfuhr-, Durchfuhr- oder Ausfuhrerlaubnis zu verschaffen;

b.

ohne Bewilligung Betäubungsmittel oder Stoffe nach Artikel 3 Absatz 1, für die er eine schweizerische Ausfuhrerlaubnis besitzt, im In- oder Ausland nach einem anderen Bestimmungsort umleitet;

c.

Stoffe und Präparate nach Artikel 7 ohne Bewilligung anbaut, herstellt, einund ausführt, lagert, verwendet oder in Verkehr bringt;

d.

als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt oder Apotheker Betäubungsmittel anders als nach Artikel 11 oder 13 verwendet oder abgibt und wer als Arzt oder Tierarzt Betäubungsmittel anders als nach Artikel 11 verschreibt.

2

Der Täter wird mit Zuchthaus oder mit Gefängnis nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt. Die Freiheitsstrafe kann mit einer Busse bis zu 1 Million Franken verbunden werden.

Art. 21

1

Mit Gefängnis oder mit Busse bis zu 30 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

die in den Artikeln 11 Absatz 1bis, 16, 17 Absatz 1 und 17a vorgeschriebenen Meldungen nicht macht, die vorgeschriebenen Lieferscheine und Betäu3821

Betäubungsmittelgesetz. BG

bungsmittelkontrollen nicht erstellt oder darin falsche Angaben macht oder Angaben, die er hätte machen sollen, einzutragen unterlässt; b.

von Lieferscheinen oder Betäubungsmittelkontrollen, die falsche oder unvollständige Angaben enthalten, Gebrauch macht.

2

Die Strafe ist Haft oder Busse bis zu 10 000 Franken, wenn der Täter fahrlässig handelt.

Art. 22 Mit Haft oder mit Busse bis zu 10 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig: a.

seine Sorgfaltspflichten als zum Verkehr mit Betäubungsmitteln berechtigte Person nicht erfüllt;

b.

gegen die Bestimmungen zur Werbung und Information für Betäubungsmittel verstösst;

c.

Lagerungs- und Aufbewahrungspflichten verletzt;

d.

gegen eine Ausführungsvorschrift des Bundesrates oder des zuständigen Departementes, deren Übertretung für strafbar erklärt wird, oder gegen eine unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn gerichtete Verfügung verstösst.

Art. 24 Abs. 2 (neu) 2

Die zuständigen Behörden verwahren die ihnen bei der Ausführung des Gesetzes zugehenden Betäubungsmittel und sorgen für deren Verwertung oder Vernichtung.

Art. 27 1 Die besonderen Bestimmungen des Strafgesetzbuches6 und die Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes vom 9. Oktober 19927 bleiben vorbehalten.

2

Bei unbefugter Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr von Betäubungsmitteln nach Artikel 19 finden die Strafbestimmungen des Zollgesetzes vom 1. Oktober 19258 und der Verordnung vom 22. Juni 19949 über die Mehrwertsteuer keine Anwendung.

Art. 28 1 Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone. Vorbehalten bleiben Artikel 340bis des Strafgesetzbuches10 sowie die Artikel 28a und 29d Absatz 3 des vorliegenden Gesetzes.

6 7 8 9 10

SR 311.0 SR 817.0 SR 631.0 SR 641.201 SR 311.0

3822

Betäubungsmittelgesetz. BG

2

Die Artikel 6 und 7 (Widerhandlung in Geschäftsbetrieben) des Bundesgesetzes vom 22. März 197411 über das Verwaltungsstrafrecht gelten auch bei der Strafverfolgung durch kantonale Behörden.

3

Urteile, Strafbescheide und Einstellungsbeschlüsse in Fällen nach Artikel 19 Absatz 2 sind sofort nach ihrem Erlass in vollständiger Ausfertigung der Bundesanwaltschaft mitzuteilen, sofern die Anklage eine unbedingte Freiheitsstrafe beantragt hat.

Art. 28a (neu)

Widerhandlungen nach den Artikeln 20­22, welche im Vollzugsbereich des Bundes von der zuständigen Bundesbehörde festgestellt werden, werden von dieser verfolgt und beurteilt. Für das Verfahren gilt das Bundesgesetz vom 22. März 197412 über das Verwaltungsstrafrecht.

5. Kapitel: Aufgaben der Kantone und des Bundes 1. Abschnitt: Aufgaben des Bundes Art. 29 1

Der Bund übt die Oberaufsicht über den Vollzug des Gesetzes aus.

2

Bund und Kantone arbeiten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz zusammen und stimmen ihre Massnahmen aufeinander ab. Sie können weitere betroffene Organisationen einbeziehen.

3

Der Bundesrat ernennt eine Expertenkommission, welche ihn in Fragen der Suchtproblematik berät.

Art. 29a (neu) 1

Das Bundesamt für Gesundheit sorgt für die wissenschaftliche Evaluation der Massnahmen nach diesem Gesetz. Es kann die nach Artikel 3e Absatz 4 beschafften Daten in anonymisierter Form dem Bundesamt für Statistik zur Auswertung und Veröffentlichung übermitteln. Das Eidgenössische Departement des Innern erstattet nach Abschluss von wichtigen Evaluationen dem Bundesrat Bericht über die Resultate und unterbreitet ihm einen Vorschlag für das weitere Vorgehen.

2 Es unterhält eine Dokumentations-, Informations- und Koordinationsstelle und erstattet Bericht nach den internationalen Abkommen.

Art. 29b (neu) 1 Im Bereich der Bekämpfung des unerlaubten Betäubungsmittelverkehrs erfüllt das Bundesamt für Polizei die Aufgaben eines nationalen Analyse-, Koordinations- und

11 12

SR 313.0 SR 313.0

3823

Betäubungsmittelgesetz. BG

Ermittlungszentrums nach dem Bundesgesetz vom 7. Oktober 199413 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes. Es hat bei der Bekämpfung des unerlaubten Betäubungsmittelverkehrs durch Behörden anderer Staaten im Rahmen der bestehenden Rechtshilfevorschriften und der Rechtsübung mitzuwirken. Es sammelt die Unterlagen, die geeignet sind, Widerhandlungen gegen dieses Gesetz zu verhindern und die Verfolgung Fehlbarer zu erleichtern. In Erfüllung dieser Aufgaben steht es in Verbindung mit den entsprechenden Dienstzweigen der Bundesverwaltung (Bundesamt für Gesundheit, Oberzolldirektion), der Generaldirektion der Schweizerischen Post, dem Dienst für Besondere Aufgaben (UVEK), mit den Polizeibehörden der Kantone, mit den Zentralstellen der anderen Länder und der Internationalen kriminalpolizeilichen Organisation Interpol. Zoll- und Grenzwachtorgane melden dem Bundesamt für Polizei Widerhandlungen gegen dieses Gesetz zwecks Weiterleitung an die ausländischen und internationalen Behörden; sie informieren auch die Kantone.

2 Für die Vornahme von Beweiserhebungen bei der Leistung von internationaler Rechtshilfe in Betäubungsmittelstrafsachen sind die entsprechenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 15. Juni 193414 über die Bundesstrafrechtspflege anwendbar.

3 Die Anordnung von Ermittlungen durch den Bundesanwalt nach Artikel 259 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege bleibt vorbehalten. Sie ist auch zulässig zur Durchführung von Rechtshilfeersuchen des Auslands.

Art. 29c (neu) 1

Der Bundesrat bezeichnet ein nationales Referenzlabor. Dieses forscht, informiert und koordiniert im analytischen, pharmazeutischen und klinisch-pharmakologischen Bereich der Betäubungsmittel und der Stoffe nach den Artikeln 2, 3 Absatz 1, 7 Absatz 3.

2 Der Bundesrat bezeichnet eine Nationale Beobachtungsstelle zur Überwachung der Suchtproblematik, welche vorhandene statistische Daten sammelt, analysiert und interpretiert. Sie arbeitet mit den Kantonen und den internationalen Organisationen zusammen.

3 Der Bund kann Dritte mit einzelnen Aufgaben zur Erforschung, Information und Koordination und zur Überwachung der Suchtproblematik nach den Absätzen 1 und 2 betrauen.

13 14

SR 360 SR 312.0

3824

Betäubungsmittelgesetz. BG

2. Abschnitt: Aufgaben der Kantone Art. 29d 1

Die Kantone erlassen die erforderlichen Vorschriften zur Ausführung des Bundesrechts und bezeichnen die zuständigen Behörden und Ämter für: a.

die Aufgaben und Befugnisse aus den Bereichen der Prävention, Therapie und Wiedereingliederung sowie Schadensverminderung und Überlebenshilfe (Kap. 1a), namentlich für die Entgegennahme der Meldungen über Personen mit vorliegenden oder drohenden suchtbedingten Störungen (Art. 3c);

b.

die Erteilung von Bewilligungen (Art. 3e, 4 und 14);

c.

die Entgegennahme der Meldungen über Abgaben und Verordnungen von Betäubungsmitteln zu anderen als den zugelassenen Indikationen (Art. 11 Abs. 1bis);

d.

die Kontrolle (Art. 16­18);

e.

die Strafverfolgung (Art. 28) und den Entzug der Berechtigung zum Verkehr mit Betäubungsmitteln (Art. 12);

f.

die Aufsicht über die unter den Buchstaben a­d erwähnten Behörden und Organe sowie über die zugelassenen Behandlungs- und Fürsorgestellen.

g.

die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften nach Artikel 19f Absätze 2-4.

2

Die Kantone sind befugt, für die von ihnen zu erteilenden Bewilligungen (Art. 3e, 4 und 14) und für besondere Verfügungen und Kontrollen Gebühren zu erheben.

3

Die Kantone bringen die Ausführungsvorschriften dem Eidgenössischen Departement des Innern zur Kenntnis.

Art. 29e (neu)

1

Die Kantonsregierungen berichten dem Bundesrat regelmässig über die Ausführung des Gesetzes, namentlich zu den Artikeln 19e und 19f, und die dabei gemachten Beobachtungen und stellen die benötigten Daten der Nationalen Beobachtungsstelle zur Überwachung der Suchtproblematik (Art. 29c Abs. 2) zur Verfügung.

2

Die Kantone haben dem Bundesamt für Polizei gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 199415 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes über jede wegen Widerhandlung gegen dieses Gesetz eingeleitete Strafverfolgung rechtzeitig Mitteilung zu machen. Die entsprechenden Informationen werden grundsätzlich auf dem elektronischem Weg übermittelt oder direkt in die Datenverarbeitungssysteme des Bundesamtes für Polizei eingegeben. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

15

SR 360

3825

Betäubungsmittelgesetz. BG

6. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 30 (neu) 1

Der Bundesrat erlässt die zum Vollzug erforderlichen Ausführungsbestimmungen.

2

Er setzt die für die Ein- und Ausfuhrerlaubnis vom Bundesamt für Gesundheit zu erhebenden Gebühren fest.

3

Für den Bezug, die Verwendung, die Kontrolle und die Lagerung von Betäubungsmitteln in der Armee erlässt er besondere Bestimmungen.

4 Er legt bei der Erteilung von Bewilligungen an Organisationen im Sinne von Artikel 14a im Einzelfall die Befugnisse, die näheren Voraussetzungen ihrer Ausübung sowie die Art und Weise der durchzuführenden Kontrolle fest. Er kann bei der Regelung der Kontrolle nötigenfalls vom Gesetz abweichende Vorschriften erlassen.

Art. 31­36 Aufgehoben II Änderung bisherigen Rechts Das Strafgesetzbuch16 wird wie folgt geändert:

Verabreichen gesundheitsgefährdender Stoffe an Kinder

Art. 136 Wer einem Kind unter 16 Jahren alkoholische Getränke oder andere Stoffe in einer Menge, welche die Gesundheit gefährden kann, verabreicht oder zum Konsum zur Verfügung stellt, wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.

III Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

11375

16

SR 311.0

3826