98.446 Parlamentarische Initiative Post, SBB, Swisscom.

Arbeitsplätze in der ganzen Schweiz (Hämmerle) Bericht der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates vom 14. November 2000

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen gestützt auf Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes den vorliegenden Bericht und überweisen ihn gleichzeitig dem Bundesrat zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt Ihnen, mit 11 zu 10 Stimmen, dem beiliegenden Gesetzesentwurf über die Änderung von Erlassen im Zusammenhang mit Arbeits- und Ausbildungsplätzen bei der Post-, der Telekommunikationsunternehmung des Bundes und den Schweizerischen Bundesbahnen zuzustimmen.

Die Kommissionsminderheit (Theiler, Binder, Durrer, Föhn, Heim, Hegetschweiler, Kurrus, Schenk, Tschuppert, Vaudroz) beantragt, auf den Gesetzesentwurf nicht einzutreten.

14. November 2000

Im Namen der Kommission

11309

Der Präsident: Bezzola

2000-2710

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Übersicht Die parlamentarische Initiative (98.446) verlangt Änderungen im Postorganisations-, Telekommunikationsunternehmungs- und im SBB-Gesetz. Damit sollen die drei Unternehmen verpflichtet werden, in der ganzen Schweiz Arbeits- und Ausbildungsplätze flächendeckend anzubieten. Weiter darf ein Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen nicht regional einseitig erfolgen, neue Arbeitsplätze sind regional ausgeglichen zu schaffen.

Am 27. September 1999 gab der Nationalrat mit 74 zu 58 Stimmen der parlamentarischen Initiative Folge. Daraufhin wurde das Geschäft erneut der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates zugewiesen, die eine Vorlage ausarbeitete und sie am 23. Oktober 2000 mit 11 zu 10 Stimmen zuhanden ihres Rates verabschiedete.

Die Mehrheit der Kommission will mit der Vorlage die vom Arbeitsplatzabbau bei Swisscom und SBB, in Zukunft wahrscheinlich auch bei der Post, besonders hart getroffenen Randregionen unterstützen. Die Kommissionsminderheit, die auf den Beschlussesentwurf nicht eintreten will, vertritt die Auffassung, Auflagen im Bereich der Arbeitsplatzerhaltung würden die drei Unternehmungen in ihrer Konkurrenzfähigkeit zu stark einschränken.

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Bericht I

Allgemeiner Teil

1

Ausgangslage

1.1

Parlamentarische Initiative für Arbeitsplätze in der ganzen Schweiz

Am 10. Dezember 1998 reichte Nationalrat Andrea Hämmerle eine parlamentarische Initiative ein, welche verlangt, das Bundesgesetz über die Organisation der Postunternehmung des Bundes1, das Bundesgesetz über die schweizerischen Bundesbahnen2 und das Bundesgesetz über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes3 seien je mit einer Bestimmung zu ergänzen, welche vorsieht, dass Post, SBB und Swisscom ihre Arbeits- und Ausbildungsplätze flächendeckend in der ganzen Schweiz anbieten müssen, dass ein allfälliger Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen nicht einseitig in den Rand- und Berggebieten erfolgen darf und dass neu zu schaffende Arbeits- und Ausbildungsplätze auch in Rand- und Berggebieten anzubieten sind.

1.2

Begründung der Initiative

Der Initiant führte in seiner Begründung aus, Post, SBB und Swisscom seien auch nach ihrer teilweisen Verselbstständigung und Privatisierung nach wie vor vollständig oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes. Dieser müsse seinen Unternehmungen auf Gesetzesebene soziale und politische Rahmenbedingungen setzen. Post, SBB und Swisscom seien auf Grund des Service public verpflichtet, ihre Dienstleistungen flächendeckend im ganzen Land anzubieten. In Ergänzung dazu seien sie genauso zu verpflichten, flächendeckend im ganzen Land Arbeits- und Ausbildungsplätze anzubieten. Es zeige sich eine Tendenz von Post, SBB und Swisscom, mit dem Hinweis auf ihre «unternehmerische Freiheit» in den Rand- und Berggebieten Arbeitsplätze abzubauen und sie in bestimmten Zentren zu konzentrieren. Diese Tendenz sei sowohl volkswirtschaftlich als auch staatspolitisch unerwünscht.

1.3

Vorprüfung der Parlamentarischen Initiative

Die parlamentarische Initiative wurde von der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates an zwei Sitzungen vorgeprüft. Die Kommission diskutierte ausführlich über die Anliegen der Initiative und hörte zudem Vertreter der drei betroffenen Betriebe und zweier Peripheriekantone (NE, TI) an. Ausserdem wurden von mehreren privaten Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen schriftliche Stellungnahmen eingeholt. Die betroffenen Betriebe und die privaten

1 2 3

Postorganisationsgesetz, POG, vom 30.4.1997.

SBBG vom 20.3.1998.

TUG vom 30.4.1997.

695

Anbieter haben sich gegen, die Kantone dagegen für die parlamentarische Initiative ausgesprochen.

Die Kommission beantragt dem Nationalrat mit 16 zu 8 Stimmen, der Initiative Folge zu leisten. Die Mehrheit der Kommission war der Auffassung, seit der Bahn- und der Postreform habe sich gezeigt, dass der ­ zum Teil unvermeidliche ­ Arbeitsplatzabbau auf Grund der Liberalisierung und der Teilprivatisierung von Post, SBB und Swisscom schwerpunktmässig in den Rand- und Bergregionen erfolge oder Arbeitsplätze von dort in die Zentren verlagert würden. Zwar seien mit den Reformen die politischen Einflussmöglichkeiten ein Stück weit aufgegeben worden. Im Gegensatz zu den Privatbetrieben, auf deren Arbeitsplatzentwicklung kaum Einfluss genommen werden kann, habe der Bund aber im Rahmen der Gesetzesbestimmungen und der Eignerstrategie die Möglichkeit, nach wie vor auf die Unternehmenspolitik von Post, SBB und Swisscom Einfluss zu nehmen. Liberalisierung könne nicht bedeuten, dass nur noch Effizienz- und Gewinnsteigerungen verlangt würden. Vielmehr müsse gleichzeitig aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive sichergestellt werden, dass gesamtschweizerisch qualifizierte Arbeitsplätze vorhanden seien, auch im Interesse eines legitimen Anspruches auf Gleichbehandlung der Schweizer Bevölkerung in allen Landesteilen. Bereits heute sei der Grundsatz der unternehmerischen Freiheit bei den drei Unternehmungen nicht sakrosankt, sondern durch Auflagen eingeschränkt, z.B. im Bereich der Sicherstellung der Grundversorgung (Service public) und beim Personalrecht (Unterstellung des Personals von Post und SBB unter das Bundespersonalgesetz, Auflagen bezüglich Abschluss von Gesamtarbeitsverträgen bei der SBB AG, Versicherung des Personals bei der Pensionskasse des Bundes). Genau gleich könnten den drei Unternehmungen aus regionalpolitischen Gründen, um der dezentralen Siedlungsstruktur der Schweiz Rechnung zu tragen, Auflagen in Bezug auf die Arbeitsplatzverteilung gemacht werden.

Die Kommissionsminderheit vertrat hingegen die Auffassung, Auflagen im Bereich der Arbeitsplatzerhaltung würden die drei Unternehmungen, die sich auf Grund der Bahn- und Postreform im freien Markt durchsetzen müssen, in ihrer Konkurrenzfähigkeit einschränken. Auch die direkten Konkurrenten der Swisscom hätten sich in ihren schriftlichen Stellungnahmen
aus diesem Grund gegen die Auflagen der Initiative ausgesprochen.

Aus diesen Stellungnahmen und der Anhörung der Swisscom gehe zudem hervor, dass im Telekommunikationsbereich nicht nur Arbeitsplätze abgebaut, sondern durch private Anbieter auch viele neue geschaffen würden. Diesen müssten die gleichen Auflagen bezüglich Arbeitsplatzerhaltung und -schaffung gemacht werden, da sonst der freie Wettbewerb völlig verzerrt würde. Die drei Unternehmungen seien in die Selbstständigkeit entlassen worden und damit voll für ihre Unternehmensführung zuständig und verantwortlich. Auf die Unternehmenspolitik im Bereich der Arbeitsplatzerhaltung solle nicht durch gesetzliche Beschränkungen der unternehmerischen Freiheit Einfluss genommen werden, sondern durch die Vertretungen des Bundes und der Arbeitnehmerschaft in den Verwaltungsräten.

Wolle man mit der Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen in Randregionen wirklich ernst machen, so müsse dies auf Grund einer Gesamtschau aller Arbeitsplätze des Bundes erfolgen, welche insbesondere auch die Armee, die Verwaltung, die Annexanstalten und die Unternehmungen mit Mehrheitsbeteiligungen einbeziehe und die Ergebnisse in Zusammenhang mit der Subventionspolitik und mit der Höhe der Bestellungen des Bundes bei den Kantonen stelle. Eine punktuelle Regelung der Problematik nur für die drei in der Initiative angesprochenen Unternehmungen sei 696

nicht sinnvoll. Ausserdem könne nicht allein die Lage der Peripheriekantone betrachtet werden, da es zentrale Kantone gebe, die vom Arbeitsplatzabbau durch die drei Unternehmungen ebenso sehr oder sogar noch mehr betroffen seien.

An seiner Sitzung vom 27. September 1999 gab der Nationalrat der parlamentarischen Initiative mit 74 zu 58 Stimmen Folge.

2

Ausarbeitung einer Vorlage und Erwägungen der Kommission

An ihrer Sitzung vom 17. Januar 2000 beschloss die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates die Einsetzung einer fünfköpfigen Subkommission. Diese befasste sich an drei Sitzungen mit der Ausarbeitung einer Vorlage zuhanden der Plenarkommission. Da bereits bei der Vorprüfung Anhörungen durchgeführt worden waren, verzichtete die Subkommission darauf, die betroffenen Unternehmungen oder andere interessierte Kreise nochmals anzuhören.

Die Plenarkommission beriet den Entwurf anlässlich der Sitzung vom 23. Oktober 2000. Ein wesentlicher Teil der Diskussion widmete sich nochmals der grundsätzlichen Frage über die Notwendigkeit von Vorschriften für die drei ehemaligen Regiebetrieben bezüglich Erhaltung, Schaffung und Abbau von Arbeitsplätzen. Die Formulierung der einzelnen Bestimmungen war dagegen unumstritten.

Im Ergänzung an die bereits in der Vorprüfungshase geäusserten Argumente unterstrich die Mehrheit der Kommission, dass die Initiative nicht mechanistisch anzuwenden sei, es gehe vielmehr darum, dass Regionen durch den Strukturwandel nicht mehr benachteiligt werden, wie dies in der Vergangenheit geschehen sei. Das Ziel der Vorlage sei es, den regional unausgeglichenen Abbau von Arbeitsplätzen zu stoppen, und den Ausbau und die Schaffung neuer Arbeitsplätze regional ausgeglichen zu gestalten. Gerade die Feststellung, dass die in den letzten zwei Jahren eingereichten Vorstösse positiv gewirkt haben, zeige, dass es möglich sei, den Prozess des Ungleichgewichtes politisch zu korrigieren. So haben alle drei Unternehmungen Arbeitsmarktzentren geschaffen, welche der Beratung, Vermittlung und Weiterbildung dienen. Intensiviert und ausgebaut wurde die Lehrlingsausbildung mit einem Schwergewicht in den betroffenen Regionen. Die Swisscom ist daran mit dem Bundesamt für Bildung und Technologie eine Informatikoffensive zu starten.

Das Argument der Minderheit, dass gerade einige Bergkantone die tiefsten Arbeitslosenraten in der Schweiz hätten, lässt die Mehrheit nicht gelten, weil die betroffenen Personen heute in mehr oder weniger nahen städtischen Zentren arbeiteten oder weggezogen seien. Zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit der NEAT oder einem Staudammbau hält die Mehrheit der Kommission fest, dass diese Arbeitsplätze zeitlich befristet seien und vor allem von ausländischen
Arbeitskräften besetzt seien, die nach Vollendung des Projektes wieder wegziehen würden.

Auch die Minderheit der Kommission unterstreicht nochmals die anlässlich der ersten Phase der Beratung der Initiative geäusserten Argumente für die Begründung ihres Nichteintretensantrags. Zusätzlich seien nun aber auch die diesbezüglichen Absichten des Bundesrates bekannt. Diese werden grundsätzlich unterstützt. Zweifel werden einzig angebracht, ob mit dem Aktionsplan auch die richtigen Regionen in Genuss der Investitionen kommen. Weiter weist die Minderheit darauf hin, dass Kantonen (Uri, Graubünden) mit teilweise sehr tiefer Arbeitslosigkeit mit der Vor697

lage vorgeschrieben werde, Arbeitsplätze zu erhalten oder zu schaffen, obwohl gar keine Arbeitskräfte in der Region verfügbar seien. Sie weist darauf hin, dass mit dem Bau der NEAT und anderen Grossprojekten gerade in den Randregionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Bezüglich der finanziellen Konsequenzen der Initiative wird bemängelt, dass diese zu wenig oder nicht bekannt seien. Werden in Randregionen Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen, die man betriebswirtschaftlich gesehen streichen müsste, so sei noch offen, wer diese Kosten zu tragen habe und allfällige Ausgleichszahlungen leisten müsse.

3

Stand der Arbeiten der Bundesversammlung und der Verwaltung zum gleichen Gegenstand

3.1

In der Bundesversammlung behandelte oder hängige Vorstösse

­

Eine von Nationalrat Alexander Tschäppät am 30. September 1999 eingereichte parlamentarische Initiative (99.449), welche die Schaffung eines Kohäsionsfonds mit den Dividenden- und Gewinneinnahmen des Bundes von Post, SBB und Swisscom verlangt, wurde im Nationalrat am 24. März 2000 mit 86 zu 84 Stimmen abgelehnt. Die Fondsmittel sollten zweckgebunden für Konversions- und Innovationsprojekte im Bereich des Service public allgemein und insbesondere in den von Arbeitsplatz- und Leistungsabbau betroffenen Regionen eingesetzt werden.

­

Die gleichlautenden Standesinitiativen, welche von den Kantonen Graubünden (am 9. Dezember 1999; 99.309), Wallis (am 3. April 2000; 00.305), Tessin (am 30. Mai 2000; 00.313) und Schaffhausen (am 5. September 2000; 00.316) eingereicht wurden, lehnte der Ständerat einstimmig am 5. Oktober 2000 ab. Er anerkannte zwar, dass hier durchaus Handlungsbedarf besteht, äusserte aber Vorbehalte zur Zweckbindung dieses Fonds. Er überwies gleichzeitig einstimmig eine Motion (00.3419) an den Bundesrat, welche eine Liberalisierung mit landesweiter Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft verlangt.

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Am 13. März 2000 reichte Nationalrat Odilo Schmid eine Einfache Anfrage zum Stellenabbau in den Randregionen ein (00.1012). Der Bundesrat hält in seiner Antwort vom 13. September 2000 fest, dass er für die Förderung der Randregionen nach einer angemessenen Verteilung der SBB-, Post- und Swisscom-Arbeitsplätze grosses Verständnis habe. Gleichzeitig erachte er es als unerlässlich, dass die grossen Bundesbetriebe nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt würden.

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Auf die am 20. März 2000 von Ständerätin Berger eingereichte Interpellation (00.3078) zur Strategie des Bundesrates im Zusammenhang mit der Schliessung von Poststellen antwortete der Bundesrat am 19. Juni 2000, das weit verzweigte Poststellennetz spiele zwar für die Sicherstellung der flächendeckenden Grundversorgung eine zentrale Rolle, doch handle es sich dabei nicht um eine starre Netzausgestaltung und die Post müsse die Möglichkeit haben, sich den wandelnden Kundenbedürfnissen und Markterfordernissen anzupassen.

698

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Am 23. März 2000 reichte Ständerat Maissen eine Interpellation über die Zukunft der schweizerischen Regionalpolitik ein (00.3132). Im Zentrum stehen Fragen des Service public und der Stellensituation in den Randregionen.

Der Bundesrat erwähnt in seiner Antwort vom 5. Juni 2000 u.a. die Massnahmen, die er zur Erhaltung des Service public zu treffen beabsichtigt (Weiterführung der Regionalpolitik, neuer Finanzausgleich, gezielte Massnahmen im Bildungsbereich usw.).

­

Am 20. Juni 2000 schliesslich überwies der Nationalrat (107 gegen 42 Stimmen) eine Motion der Spezialkommission Legislaturplanung (00.3215). Diese beauftragt den Bundesrat, den flächendeckenden Service public zu definieren und die für dessen künftige Sicherstellung nötigen Massnahmen zu bestimmen. Insbesondere soll der Bundesrat ein Konzept darüber erarbeiten, wie der Service public auch in jenen Bereichen und Gebieten sichergestellt werden kann, wo keine rentablen Geschäfte möglich sind. Der Ständerat nahm eine gleichlautende Motion am 3. Oktober 2000 an.

3.2

Stand der Arbeiten von Bundesrat und Verwaltung

Anlässlich der Sitzung der Kommission vom 23. Oktober 00 führte der Vertreter der Verwaltung zum Stand der Arbeiten bezüglich Stellenabbau in den Randregionen und damit verbunden zur Grundversorgung Folgendes aus: Es ist das klare Ziel des Bundesrates, in allen Regionen eine flächendeckende Grundversorgung sicherzustellen. Er hat das mehrfach wiederholt und wird sich dafür einsetzen. Das Niveau der Grundversorgung ist in den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen sowie z.T. in den strategischen Zielen des Bundesrates für die drei Unternehmungen festgehalten. Die Instrumente zur Organisation und Finanzierung der Grundversorgung sind allerdings sehr unterschiedlich. Der Bundesrat hat ein Massnahmenpaket beschlossen, welches Ende 2000 in Vernehmlassung gehen wird. Im nächsten Jahr wird dem Parlament eine entsprechende Botschaft unterbreitet.

Es findet bei den ehemaligen Regiebetrieben ein Arbeitsplatzabbau statt: Swisscom hat 4000 Stellen abgebaut, weitere 3000 werden folgen. Die SBB haben in den letzten acht Jahren 10 000 Stellen abgebaut; dieser Abbau geht verlangsamt weiter. Die Post hat bisher keine Stellen abgebaut, aber auf Grund der zunehmenden Konkurrenz im Postmarkt und der finanziellen Situation der Post ist künftig auch hier mit einem Stellenabbau zu rechnen.

Zumindest im Telecombereich wird der Stellenabbau kompensiert durch die Stellen, welche die Konkurrenten der Swisscom geschaffen haben. Volkswirtschaftlich werden diese Umstrukturierungen in der Schweiz auf Grund der guten Konjunkturlage aufgefangen werden können.

Regionalpolitisch besteht Handlungsbedarf, weil der Stellenabbau regional unausgeglichen erfolgt. An seiner Sitzung vom 23. August 2000 beschloss der Bundesrat, einen Kredit von 80 Millionen Franken für flankierende regionalpolitische Massnahmen in jenen Kantonen zu beantragen, die von den Umstrukturierungen der Swisscom, der SBB und der Post besonders betroffen sind. Dieser Aktionsplan hat fünf Hauptstossrichtungen: So soll die Stellenvermittlung intensiviert und sollen gezielte Aus-, Fort- und Weiterbildungsmassnahmen unternommen, Unternehmens699

gründungen gefördert, Gebäude und Landreserven bereitgestellt sowie Impulse für touristische Projekte gegeben werden. Der Bundesrat definierte die Regionen, die in den Genuss dieser Massnahmen kommen können: die Kantone Uri, Solothurn, Tessin, Graubünden, St. Gallen, Wallis und Jura sowie Teilregionen in den Kantonen Bern, Waadt, Neuenburg und Freiburg. Insgesamt wären also elf Kantone ganz oder teilweise davon betroffen. Eine Steuerungsgruppe aus Vertretern der Bundesverwaltung, der Kantone und der drei betroffenen Betriebe (SBB, Swisscom und Post) hat den Auftrag erhalten, für die Koordination unter den verschiedenen Partnern zu sorgen und Vorschläge zur Umsetzung dieser Massnahmen zu unterbreiten. Diese Gruppe ist am 17. Oktober 2000 erstmals zusammengetreten. Gemäss Auskunft der Verwaltung sollen bis Ende Jahr konkrete Vorschläge über die Massnahmenschritte und die Mittelverteilung vorliegen. Im Zusammenhang mit den regionalpolitischen Vorkehren ebenfalls zu erwähnen ist, dass der Bundesrat letztes Jahr eine Vernehmlassung zur Finanzausgleichsreform durchführte. Diese wurde im November 1999 abgeschlossen. Der neue Finanzausgleich soll die regionalpolitischen Ziele ergänzen und die regionalen Unterschiede ausgleichen.

II

Besonderer Teil

4

Gesetzliche Grundlagen

Gemäss Artikel 87 der neuen Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft4 ist die Gesetzgebung über den Eisenbahnverkehr Sache des Bundes. Der Bund ist Alleinaktionär der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB AG), deren Aufgaben und Verpflichtungen im Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG) geregelt sind.

Nach Artikel 92 nBV ist das Post- und Fernmeldewesen ebenfalls Sache des Bundes. Nach Absatz 2 dieser Bestimmung sorgt der Bund für eine ausreichende und preiswerte Grundversorgung mit Post- und Fernmeldediensten in allen Landesgegenden. Der Bund ist Alleininhaber der «Schweizerischen Post», deren Aufgaben und Verpflichtungen im Bundesgesetz über die Organisation der Postunternehmung des Bundes (POG) geregelt sind.

Die Swisscom, deren Aufgaben und Verpflichtungen im Bundesgesetz über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes (TUG) geregelt sind, ist eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft, an der der Bund die kapital- und stimmenmässige Mehrheit halten muss. Sowohl das SBBG als auch das POG und das TUG regeln im fünften Abschnitt «Personal» die Anstellungsverhältnisse des Personals der drei Unternehmungen.

4

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nBV; SR 101

5

Erläuterungen zu den Gesetzesänderungen

5.1

Postorganisationsgesetz

Im POG wird im fünften Abschnitt (Personal) in einem neuen Artikel 15a in Absatz 1 festgehalten, dass die Post in der ganzen Schweiz Arbeits- und Ausbildungsplätze anzubieten hat. Absatz 2 sieht vor, dass ein Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen nicht regional einseitig erfolgen darf. Nach Absatz 3 sind neue Arbeits- und Ausbildungsplätze regional ausgeglichen anzubieten.

5.2

Telekommunikationsunternehmungsgesetz

Im TUG wird im fünften Abschnitt (Personal) in einem neuen Artikel 17a in Absatz 1 festgehalten, dass die Unternehmung (also die Swisscom) in der ganzen Schweiz Arbeits- und Ausbildungsplätze anzubieten hat. Absatz 2 sieht vor, dass ein Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen nicht regional einseitig erfolgen darf.

Nach Absatz 3 sind neue Arbeits- und Ausbildungsplätze regional ausgeglichen anzubieten.

Sollte der Bund die Aktienmehrheit an der Swisscom aufgeben, so müsste das TUG geändert oder aufgehoben werden, womit diese Auflage entfiele.

5.3

SBB-Gesetz

Im SBB-Gesetz wird im fünften Abschnitt (Personal) in einem neuen Artikel 16a in Absatz 1 festgehalten, dass die SBB in ihrem ganzen schweizerischen Tätigkeitsgebiet Arbeits- und Ausbildungsplätze anzubieten haben. Da die SBB, anders als Post und Swisscom, nicht in der ganzen Schweiz, aber durch Verbindungen mit ausländischen Bahnunternehmungen auch im Ausland tätig sind, soll die Verpflichtung zum Angebot von Arbeits- und Ausbildungsplätzen auf ihr effektives Tätigkeitsgebiet in der Schweiz beschränkt werden. Absatz 2 sieht vor, dass ein Abbau von Arbeitsund Ausbildungsplätzen nicht regional einseitig erfolgen darf. Nach Absatz 3 sind neue Arbeits- und Ausbildungsplätze regional ausgeglichen anzubieten.

5.4

Aufwand und Zeitplan

Die Änderung des Postorganisationsgesetzes, des SBB-Gesetzes und des Telekommunikationsunternehmungsgesetzes lässt sich, da es jeweils nur um die Einfügung einer einzelnen Bestimmung geht, gesetzgebungstechnisch einfach und ohne grossen Aufwand umsetzen. Die Prüfung der Einhaltung der Bestimmung dürfte sich auf Grund ihres allgemeinen und programmatischen Charakters hingegen schwierig gestalten.

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6

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Änderung der drei Gesetze hätte für den Bund keine direkten finanziellen oder personellen Auswirkungen. Sie hätte jedoch eine Erhöhung des betriebswirtschaftlichen Aufwandes der drei betroffenen Unternehmungen zur Folge. Wenn beschlossen wird, diese Mehraufwendungen durch den Bund abgelten zu lassen, so hätte dies finanzielle Konsequenzen, die sich zurzeit nicht beziffern lassen.

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