Probleme bei der Vorbereitung und Organisation der Landesausstellung 2001 (Expo.01) Eine Aufarbeitung im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 27. März 2001

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2001-0602

Zusammenfassung Der nachfolgende Bericht zeigt die aus der Sicht des Bundes hauptsächlichen Probleme, mit denen die geplante Landesausstellung «Expo.01» konfrontiert war. Daneben beurteilt die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates die Rolle der Eidgenossenschaft und ihrer Behörden bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01.

Die Aufarbeitung der Probleme der Expo.01 im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht drängte sich auf, nachdem die Vertrauens- und Finanzkrise der Expo.01 in der zweiten Jahreshälfte 1999 dazu führte, dass der Bund direkt in die operationellen Abläufe des Vereins EXPO 2001 eingreifen und zusätzliche finanzielle Beiträge sprechen musste, um eine Realisierung der Landesausstellung im Jahre 2002 überhaupt noch zu ermöglichen. Die Verantwortung der Vereinsorgane und auch der Politik am Scheitern der Expo.01 wurde in der Öffentlichkeit unmissverständlich angesprochen.

Die Abklärungen der Geschäftsprüfungskommission zeigen, dass eine Vielzahl von einzelnen Problemen, negativen Umständen und Fehlentscheidungen auf unterschiedlichen Gebieten und Stufen zum Scheitern der Expo.01 geführt haben. Das Vertrauen in die leitenden Organe und die Überzeugung, dass sich die Schwierigkeiten meistern lassen, führten dazu, dass man zu lange an die Machbarkeit der Landesausstellung im Jahre 2001 glaubte. Von Krise war bei der Expo-Leitung nie die Rede, obschon die Finanzierungsprobleme von Anfang an bekannt waren. Erst Mitte 1999 wurde man sich bewusst, dass die Finanzierung der Projekte nicht mit dem Sponsoring sichergestellt werden kann.

Für die Geschäftsprüfungskommission steht fest, dass man das Unternehmen «Landesausstellung» in seiner Komplexität auf allen Ebenen unterschätzt hat. Der Hauptmangel bestand nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission in der mangelnden Professionalität des strategischen und operativen Managements. Dies sowohl auf Ebene des Vereins als auch auf Ebene des Bundes bei den Bundesprojekten. Gefehlt hat wohl auch die Erfahrung in der Führung von solchen Grossprojekten. Auf Grund seiner Struktur, Zusammensetzung und auf Grund vereinsinterner Probleme eignete sich das oberste Organ des Vereins, d.h. der Strategische Ausschuss, nicht, die ihm zugedachte Verantwortung wahrzunehmen. Insbesondere unklare Kompetenzen zwischen Generaldirektion und Strategischem
Ausschuss sowie die zurückhaltende Informationspolitik der Generaldirektion gegenüber dem Strategischen Ausschuss führten zu einem Führungs- und Kontrolldefizit. Weil die ganze Planung ständig im Umbruch war, wiesen die Vorarbeiten eine ausgesprochene Unstetigkeit auf. Es fehlte zudem das Bewusstsein der Organisatoren für die Kosten.

Mit zu berücksichtigen sind aber auch die schwierigen Rahmenbedingungen, die von Seiten der Politik gesetzt wurden. Die Expo.01 stand von Anfang an unter einem grossen Zeit- und Realisierungsdruck. Der Bundesrat hat sich nicht hinreichend mit den Grundlagen der Expo.01 befasst. Er hat die Machbarkeitseinschätzung unkritisch und vorschnell übernommen. Die eidgenössischen Räte haben zwar bei der Beratung des Bundesbeitrags im Jahre 1996 auf verschiedene wichtige Probleme und

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offene Fragen hingewiesen. Aus politischen Gründen wurde der Beitrag aber schliesslich bewilligt, ohne dass offene Punkte wirklich geklärt wurden. Unklar blieben insbesondere Verantwortlichkeiten, Organisationsstruktur, Inhalte und Finanzierung der Expo.01. Es galt, eine rasche und enthusiastische Initialzündung zu geben. Offene Fragen wurden in Kauf genommen. Die Organisationsstruktur erlaubte nicht, die gestellte Aufgabe zu lösen. Es ist auch zu erwähnen, dass das Finanzierungs- und Ausstellungskonzept sehr hohe Anforderungen an die Organisatoren stellte.

Für den Bund hatte vor allem negative Auswirkungen, dass er seine Rolle und Verantwortung in Bezug auf die Expo.01 nicht von Anfang an realistisch und klar definiert hat. Dies liess im Laufe der Vorarbeiten immer wieder die Frage des zulässigen oder notwendigen Engagements des Bundes und seiner Organe aufkommen. Es führte auch dazu, dass die Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss eine schwache Stellung und ungünstige Rahmenbedingungen für die Wahrnehmung ihrer Verantwortung hatten. In der Krise der Expo.01 bewirkte es schliesslich, dass der Bund eine faktische politische Verantwortung übernehmen musste, die ihm anfangs nicht zugedacht war und die nicht der rechtlichen Verantwortung entsprach. Erst eine Krise bildete überhaupt die Legitimation dazu, dass der Bund seinen Einfluss geltend machen und die faktische politische Verantwortung für die Durchführung der von ihm beschlossenen Landesausstellung wahrnehmen konnte. Unabhängig von der Rolle und Verantwortung hätten Bundesrat und Parlament allerdings mehr Interesse für die Vorbereitung der Landesausstellung aufbringen sollen. Die «liebenswürdige Gleichgültigkeit» war dem Projekt einer Landesausstellung gewiss nicht angemessen. Der Bundesrat hat das Projekt nicht unter seinen Prioritäten eingestuft, die Vorarbeiten kaum begleitet und die politische Verantwortung des Bundes in Bezug auf die Landesausstellung verkannt.

Die Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission sind darauf ausgerichtet, einen Lernprozess zu ermöglichen und im Hinblick auf die Organisation künftiger Grossprojekte die aus heutiger Sicht angezeigten Massnahmen zu treffen. Als Erstes sind sämtliche Probleme bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01 aufzuarbeiten und in geeigneter Form festzuhalten und zu
sichern. Die Erfahrungen mit der Vorbereitung der Expo.02 müssen in diese Projektanalyse einbezogen werden.

Das Ziel dieser Analyse ist, zu verhindern, dass bei ähnlichen Projekten wieder dieselben Fehler begangen werden. Nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission soll der Bundesrat auch prüfen, ob eine gesetzliche Grundlage für die Unterstützung von Grossanlässen durch den Bund zu schaffen ist. Die Geschäftsprüfungskommission verlangt im Weiteren, dass der Bundesrat für professionelle Rahmenbedingungen sorgt, soweit sich der Bund für Grossprojekte engagiert. Er soll schliesslich entsprechende Massnahmen treffen, damit die vom Bund unterstützten Grossprojekte enger begleitet werden und ein politisches Controlling sichergestellt wird. Letzteres wird insbesondere verlangt, weil sich die Organisatoren der Expo.01 sehr schwer getan haben im Umgang mit der Begleitung und Kritik durch Funktionsträger der Öffentlichkeit.

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Schliesslich möchte die Geschäftsprüfungskommission noch festhalten, dass mit der Neuausrichtung der Expo.01 in Form der Expo.02 wesentliche Anpassungen und Verbesserungen in der Organisation, Führung und Kontrolle vorgenommen wurden.

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Bericht 1

Umfeld der Abklärungen durch die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

1.1

Anlass und Vorgehen

Am 30. Juni 2000 hat die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates beschlossen, die Mängel bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01 bis zum Übergang zur Expo.02 zu untersuchen. Unmittelbaren Anlass dazu hat ein Schreiben der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) des Ständerates vom 25. April 2000 gegeben, das sie im Anschluss an die Beratung der Defizitgarantie für die Landesausstellung verfasst hat. Die WBK hielt eine Abklärung namentlich der politischen Verantwortlichkeiten für angezeigt, nachdem vom Parlament bereits zum dritten Mal ein finanzieller Beitrag zu Gunsten der Landesausstellung verlangt wurde und der Ruf nach Vergangenheitsbewältigung bereits Ende 1999 im Ständerat ertönt ist. Die Geschäftsprüfungskommission hielt am 24. Juli 2000 zuhanden der WBK fest, dass die Kontrolle des Parlaments über die Landesausstellung aus politischen und juristischen Gründen heikel ist. Der Bund trägt aber faktisch die politische Verantwortung. Für die Geschäftsprüfungskommission stand auch ausser Zweifel, dass zahlreiche Fehler begangen wurden. Die Liste der Fehlleistungen ist im Bericht von Hayek Engineering vom 23. September 1999 weitgehend dokumentiert. Obschon damit der Sachverhalt weitgehend bekannt ist, hat die Geschäftsprüfungskommission die Auffassung der WBK geteilt, dass die Probleme und namentlich politischen Verantwortlichkeiten im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht aufgearbeitet werden sollten.

Abgesehen von dem erwähnten Gesuch der WBK ist der Ruf nach Vergangenheitsbewältigung vor allem im Ständerat ertönt. Allerdings kann man sehr unterschiedliche Erwartungshaltungen betreffend eine Aufarbeitung der Fehlleistungen feststellen. Während bei den einen die politische Verantwortung, d.h. jene des Bundes und insbesondere seiner Vertreter in der Organisation der Expo.01, geprüft werden soll1, möchten andere die Verantwortlichkeiten innerhalb des Vereins geklärt haben2.

Letzteren wurde entgegnet, dass die Verantwortlichkeiten innerhalb des Vereins vom Parlament nicht abgeklärt werden können3. Auch Zweifel am Nutzen einer Vergangenheitsbewältigung wurden geäussert, «weil die Fehler, die gemacht wurden, offensichtlich sind und damit längst erkannt und soweit möglich korrigiert sind»4.

Andere erwarten kaum mehr neue Erkenntnisse angesichts der Tatsache, dass über
die Hintergründe und Fehler in den verschiedensten Gremien mehrmals ausgiebig gesprochen worden ist5. Es wurde die Frage gestellt, ob es eine «Abrechnung» für all die zahlreichen kleinen und grossen Fehlleistungen noch braucht6.

1 2 3 4 5 6

AB 1999 S 1145; AB 2000 S 245 (Votum Gentil) AB 1999 S 937 AB 2000 S 247 AB 1999 N 2399 AB 2000 N 704 AB 1999 N 2402

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Die Abklärungen wurden von der Subkommission EFD/EVD7 der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates durchgeführt. Die Subkommission wertete eine grosse Anzahl vorhandener Dokumente aus und verfasste daraus einen internen Zwischenbericht. Hinzu gezogene Dokumente sind: Materialien zu den Kreditbeschlüssen in den Jahren 1996, 1999 und 2000 zu Gunsten der Landesausstellung (inklusive Kommissionsprotokolle), parlamentarische Vorstösse und diesbezügliche Antworten, Geschäftsberichte des Bundesrates, Akten der Finanzdelegation, Vorakten der Geschäftsprüfungskommissionen, Presseberichte, Expertisen sowie die umfangreiche Sammlung von Schriftstücken durch die Interdepartementale Arbeitsgruppe (IDA-EXPO.01), welche die Expo.01 von der Krise im August 1999 bis zur Neuausrichtung der Expo.02 begleitete. Darüber hinaus forderte die Subkommission beim Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD) und bei der Eidgenössischen Finanzkontrolle Berichte ein. Diese Berichte gaben Aufschluss über die Rolle, die die Bundesorgane in Bezug auf die Vorbereitung der Expo.01 spielten und über die Beurteilung der Mängel durch die zuständigen Bundesorgane. Auf Grund dieses Informationsstandes führte die Subkommission Anhörungen durch (vgl. die Liste der angehörten Personen im Anhang) und hielt ihre Feststellungen im Februar 2001 in einem Bericht fest, den Sie mit Bundesrat Couchepin am 7. März 2001 besprach. Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates hat den vorliegenden Schlussbericht am 27. März 2001 einstimmig genehmigt und zur Veröffentlichung freigegeben.

1.2

Rahmen und Gegenstand der Untersuchung

Der Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ergibt sich massgebend aus den Befugnissen der parlamentarischen Oberaufsicht, die bezüglich der Expo.01 bestehen.

Diese Kompetenzen ergeben sich ihrerseits aus der Organisation der Landesausstellung. Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates hat sich bereits in der ersten Hälfte 1998 mit der Frage befasst, welches ihre Rolle und ihre Kompetenzen in Bezug auf die Expo.01 sind. Die diesbezüglichen Schlussfolgerungen hat sie am 9. Juli 1998 in einem vom Sekretariat der GPK vorbereiteten Arbeitspapier verabschiedet. Das Wichtigste daraus sei hier kurz rekapituliert.

Die Organisationsstruktur der Expo.01 stützt sich rechtlich auf einen Verein im Sinne von Artikel 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB; SR 210). Bundesrat und Parlament haben die Organisation und Durchführung der Expo.01 an den «Verein EXPO 2001» delegiert. Rechtlich verantwortlich sind deshalb die Vereinsorgane gemäss Statuten vom 28. November 1996, allen voran der Strategische Ausschuss (Comité stratégique) als das oberste Organ des Vereins (Art. 64 Abs. 1 ZGB).

Die Eidgenossenschaft ist Mitglied des Vereins und daran finanziell beteiligt. Sie hat eine Minderheitsvertretung von drei Mitgliedern in der Generalversammlung (d.h.

im Strategischen Ausschuss) und kann ihren Einfluss über diese Vertretung geltend machen. Während die Situation in Bezug auf die rechtliche Verantwortung eindeutig ist, bedarf die politische Verantwortung der Eidgenossenschaft einer nuancierteren Betrachtung. Es steht ausser Zweifel, dass die Expo.01 vor allem von der Eidgenossenschaft initiiert worden ist. Der Bundesrat hat beim Entscheid über die Durchfüh7

Mitglieder der Subkommission sind Ständerat Peter Briner (Präsident), Ständerätin Françoise Saudan sowie Ständeräte Michel Béguelin, Hans Hess und This Jenny

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rung einer Landesausstellung im Jahre 2001, beim Entscheid über das Drei-SeenProjekt sowie bei der Überprüfung der Machbarkeit der Expo.01 und bei der Festlegung der Organisation eine massgebende politische Verantwortung übernommen.

Das Parlament hat seinerseits durch seine Beratung und Beschlussfassung an dieser politischen Verantwortung teilgenommen. Ausserdem ist die Eidgenossenschaft bereits von Anfang an ­ obwohl ihre ursprüngliche Beteiligung lediglich 20 Prozent der geplanten Ausgaben ausmachte ­ die grösste Investorin der Expo.01. Für die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates war deshalb bereits im Jahre 1998 klar, dass die Expo.01 trotz ihrer privatrechtlichen Organisationsstruktur politisch als eine Bundesangelegenheit zu betrachten ist. Das Engagement und die Stellungnahmen des Bundesrates und des Parlaments nach Eintreten der Krise der Expo.01 in der zweiten Hälfte 1999 haben dieser Interpretation explizit Recht gegeben.

Diese Trennung bzw. das Ungleichgewicht zwischen rechtlichem Handlungsspielraum und politischer Verantwortung hat bewirkt, dass der Oberaufsicht der Geschäftsprüfungskommissionen über die Geschäftsführung der Expo.01 von Anfang an enge Grenzen gesetzt waren. Das Geschäftsgebaren der Vereinsorgane bildet nicht unmittelbar Gegenstand der Aufsicht der Geschäftsprüfungskommission. Diese kann lediglich die Tätigkeiten der Bundesorgane (insbesondere der Bundesvertreter im Strategischen Ausschuss) beurteilen. Auch nur in diesem Bereich verfügt die Geschäftsprüfungskommission über Informationsrechte.

Die vorliegende Untersuchung der Mängel bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01 kann deshalb auch nur innerhalb des erwähnten Rahmens und der Kompetenzen der Geschäftsprüfungskommission stattfinden. Die Geschäftsführung der Vereinsorgane kann nicht unmittelbar überprüft, die Verantwortlichkeiten innerhalb des Vereins können im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht auch nicht im Nachhinein abgeklärt werden.

Unter diesen Rahmenbedingungen besteht der Beitrag dieser Untersuchung vor allem in der Abklärung der politischen Verantwortung des Bundes, d.h. der Rolle der Bundesorgane in Bezug auf die Vorbereitung und Organisation der Expo.01. Zentral ist die Rolle und Verantwortung des Bundesrates und der Bundesvertreter im Strategischen Ausschuss, die Führung der
Bundesprojekte und die Finanzaufsicht durch die Eidgenössische Finanzkontrolle. Dem von verschiedener Seite geäusserten Bedürfnis nach Aufarbeitung der bereits weitgehend bekannten Probleme kann nur begrenzt Rechnung getragen werden. Zum einen wegen den erwähnten rechtlichen Rahmenbedingungen, zum andern aber auch wegen der Vielzahl der verschiedenen kleinen und grossen Fehlleistungen auf allen Ebenen, deren unterschiedlicher Tragweite und auch unterschiedlicher Beurteilung. Eine abschliessende Klärung der Verantwortlichkeiten zwischen den verschiedenen Trägern ist im Rahmen dieses Berichts kaum möglich, da am Projekt der Landesausstellung alle politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Kräfte eine gemeinsame Verantwortung tragen. Diese Untersuchung beschränkt sich deshalb auf die Frage, welches aus Sicht des Bundes die hauptsächlichen Probleme bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01 waren. Die Geschäftsprüfungskommission würdigt diese aus ihrer Sicht. Damit ist aber auch schon gesagt, dass diese Untersuchung eine eingehende Projekt- und Managementanalyse durch die Projektverantwortlichen nach Projektabschluss nicht ersetzen kann.

Schliesslich ist zu erwähnen, dass die Geschäftsprüfungskommission diese Untersuchung zeitlich bewusst auf die Expo.01 begrenzt hat (d.h. bis zur Neuausrichtung in 2548

Form der Expo.02 mit dem Beschluss des Parlaments am 16. Dezember 1999). Dies entspricht sowohl dem Auftrag als auch dem Anliegen der Vergangenheitsbewältigung, ohne damit den Fortgang der Vorarbeiten zur Expo.02 zu behindern oder die von Parlament und Bundesrat gewünschte Landesausstellung im Jahre 2002 in Frage zu stellen.

2

Ablauf der Ereignisse

2.1

Wichtigste Ereignisse im Zusammenhang mit der Expo.01

Am 13. Juni 1994 hat der Bundesrat entschieden, dass im Jahre 2001 wiederum eine Landesausstellung stattfinden soll8 und am 30. Januar 1995 beschlossen, aus den drei eingereichten Varianten dem «Drei-Seen-Projekt» (der Kantone Bern, Waadt, Neuenburg, Freiburg, Jura sowie der Städte Murten, Biel, Neuenburg und Yverdonles-Bains) den Vorzug zu geben. Nach Prüfung der diesbezüglichen Machbarkeitsstudie bestätigte der Bundesrat am 18. März 1996 dem Verein «Landesausstellung» (später auch als Verein «EXPO 2001» bezeichnet) den Auftrag, die globale Verantwortung zur Organisation und Durchführung der Expo.01 zu übernehmen. Er unterbreitete am 22. Mai 1996 dem Parlament eine Botschaft9 für einen Bundesbeitrag von 130 Millionen Franken für die Landesausstellung (wovon 90 Millionen für Basisinfrastrukturkosten sowie Ausstellungsprogramme, 20 Millionen für die Bundesprojekte und 20 Millionen in Form einer Defizitgaranite). Im Bundesbeschluss vom 10. Dezember 1996 regelte das Parlament die Gewährung dieses Verpflichtungskredits.

Die auf Ende 1998 erfolgten Rücktritte aus der Generaldirektion (künstlerische Direktorin, technischer Direktor) legten Probleme hinsichtlich Kommunikation, Führung und Organisation beim Verein offen. Ebenfalls wurde von zeitlichen und finanziellen Schwierigkeiten der Expo.01 gesprochen. Die Vizepräsidentin des Strategischen Ausschusses (Comité stratégique) erhob in der Öffentlichkeit die Forderung nach einem externen Controlling und einem besseren Informationsaustausch innerhalb des Vereins. Auch der Bundesrat reagierte auf diese in der Öffentlichkeit bekannt gewordene Krise der Expo.01. Zum einen traf sich der Vorsteher des EVD im Januar 1999 mit dem Expo-Direktorium, um sich über die Schwierigkeiten bei der Vorbereitung des Projekts zu informieren. Zum andern bildete der Bundesrat eine Dreierdelegation (mit den Vorstehern des EVD, des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation [UVEK] und des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport [VBS]). Diese im Januar 1999 gebildete Delegation sollte die Meinungsbildung im Bundesrat erleichtern und die Koordination gewährleisten. Sie traf sich erstmals am 22. April 1999 mit der Expo-Direktion. Der Meilenstein (= Zeitpunkt, auf den alle Managementprozesse koordiniert und kontrolliert werden) von Ende April 1999
markierte den Übergang der Expo von der konzeptionellen in die Realisierungsphase. Nach diesem Meilenstein hat der Strategische Ausschuss grünes Licht gegeben für den Baubeginn. Der erste Spatenstich für den Bau 8 9

Im Anschluss an die Landesausstellungen 1883 in Zürich, 1896 in Genf, 1914 in Bern, 1939 in Zürich und 1964 in Lausanne BBl 1996 III 337

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der Expo.01 erfolgte am 26. Juni 1999. Die Anzeichen für eine problemlose Realisierung der Expo.01 mehrten sich. Noch im Juni 1999 glaubten Verein, Bundesrat, Parlament und Öffentlichkeit an die Machbarkeit der Landesausstellung im Jahre 2001. Auch die parlamentarische Gruppe «Expo.01», welche sich regelmässig über den Fortgang orientieren liess, empfing noch in der Sommersession 1999 vorbehaltlos optimistische Signale.

Im Juli 1999 forderten verschiedene Direktoren die Absetzung der Generaldirektorin des Vereins, die am 6. August 1999 vom Strategischen Ausschuss dann auch entlassen wurde. Damit wurde eine tief gehende Vertrauens- und Finanzkrise der Expo.01 publik. Der Verein sah sich mit argen Liquiditätsengpässen konfrontiert. Geplante Bankdarlehen fielen auf Grund der Vertrauenskrise dahin, die geplanten Sponsoringeinnahmen für die Deckung der Baukosten zeigten sich nicht mehr so positiv. Neben dem grossen finanziellen Risiko lagen Hinweise auf erhebliche Organisations- und Managementprobleme vor. Eine zeitgerechte Realisierung erschien fraglich. In der Öffentlichkeit wurde die Verantwortung der Expo-Gremien (insbesondere der Generaldirektion und des Strategischen Ausschusses), aber auch der Politik (Bundesrat und Parlament) am Scheitern der Expo.01 angesprochen. Am 16. August 1999 kam es zu einem Spitzentreffen von Bundesrat und Schweizer Wirtschaft mit der Expo.01-Leitung. Der Tenor dieses Spitzentreffens war folgender: Die Schaffung eines schlagkräftigen Führungsgremiums für die Expo.01 ist wichtigste Voraussetzung für ein Gelingen der Expo.01. Es braucht eine starke Person an der Spitze der Expo.01.

Ein gesteigertes Engagement des Bundesrates wurde gefordert. Verschiedene Vertreter haben sich bei diesem Treffen über die Art und Weise beklagt, wie die Generaldirektion in der Vergangenheit mit der Wirtschaft kommuniziert hat.

Im Auftrag des Präsidenten des Strategischen Ausschusses nahm die Firma Hayek Engineering AG auf den 23. September 1999 eine Standortbestimmung der Expo.01 vor. Die Arbeiten von Hayek wurden seitens der Bundesverwaltung von einer interdepartementalen Arbeitsgruppe (IDA-EXPO.01) begleitet. Diese Arbeitsgruppe hatte den Auftrag, dem Bundesrat verschiedene Handlungsoptionen in Bezug auf die Landesausstellung aufzuzeigen und eine Botschaft für einen Zusatzkredit des Bundes
vorzubereiten. Die Arbeitsgruppe begleitete die Arbeiten im Zusammenhang mit der Standortbestimmung von Hayek Engineering und überprüfte die Organisationsstruktur beim Verein EXPO 2001 sowie bei den Bundesprojekten. Parallel zu den Untersuchungen von Hayek beschloss der Strategische Ausschuss eine vereinsinterne Reorganisation, bei der er insbesondere alle eigenen wesentlichen Kompetenzen an das neu gegründete fünfköpfige Steuerungskomitee (Comité directeur) abtrat.

Durchgesetzt wurde diese Reorganisation im Wesentlichen von Seiten des Vorstehers EVD (im Gespräch mit der Wirtschaft und der Vereinsleitung).

2.2

Übergang zur Expo.02

Auf Grund der Krise und der entsprechenden Analysen wurde die Projektorganisation der Expo.01 in verschiedenen Punkten angepasst. Die einschneidendsten und offensichtlichsten Anpassungen betrafen die strategische und operative Projektführung und die Führung der Bundesprojekte. Noch bevor die Ergebnisse der Hayek-Studie vorlagen, begann der Reformprozess innerhalb des Strategischen Ausschusses. Die Forderung nach einem effizienteren Führungsorgan wurde vor allem von der Wirt2550

schaft klar geäussert und vom Bundesrat umgesetzt. Schliesslich gingen mit der Statutenrevision vom 27. August 1999 fast alle Kompetenzen vom Strategischen Ausschuss an ein fünfköpfiges Steuerungskomitee über (strategische Führung, Controlling, Mittelbeschaffung, Medienarbeit, Herstellung von strategischen Kontakten zu Wirtschaft, Politik und Kultur). Der Strategische Ausschuss bleibt als Generalversammlung zuständig für das Ausstellungskonzept, den Voranschlag und die Rechnung.

Auch auf Stufe Generaldirektion wurden Lehren aus der Vergangenheit gezogen und organisatorische Anpassungen vorgenommen. Um das Controlling, die Koordination und den Informationsfluss innerhalb des Vereins zu verbessern, wurde die Stellung des Generalsekretariats verstärkt. Die Änderungen auf operationeller Stufe können wie folgt zusammengefasst werden: die 4 Direktoren (Technik, Kunst, Finanzen, Entwicklung) arbeiten Vollzeit. Die strategischen Funktionen werden konzentriert am Sitz der Expo.01 in Neuchâtel wahrgenommen. Die Schaffung der neuen Direktion Entwicklung entlastet die Direktion Finanzen, welcher die Generaldirektion zuvor immer mehr und ganz unterschiedliche Aufgaben übertragen hat. Das Sponsoring fällt in die Verantwortung der künstlerischen Direktion (die diese Aufgabe de facto schon zuvor wahrgenommen hat). Marketing und Kommunikation wird in die direkte Verantwortung der Generaldirektion gestellt. Ausserdem wurde das Controlling angepasst.

Bei der Führung der Bundesprojekte wurde die unklare Verantwortlichkeit zwischen Verein und Bund geregelt. Die Führung und Aufsicht wurden mit entsprechender Organisationsstruktur an den Bund ausgegliedert. Die Gruppe Rüstung des VBS übernahm die Projektoberleitung und -aufsicht über die bundeseigenen Projekte.

Auf Bundesebene haben die eidgenössischen Räte Ende 1999 im Bundesbeschluss über einen Zusatzkredit für die Landesausstellung die Kontrolle durch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) ausdrücklich verankert. Die EFK prüft auf Grund der vierteljährlichen Berichterstattung des Vereins den Stand der Geschäftsentwicklung, die Auftragsvergabe und die Finanzlage und teilt die Ergebnisse der Finanzdelegation mit. Bei den jährlichen Prüfungen beurteilt die EFK, ob ein wirksames Controlling und ein funktionstüchtiges internes Kontrollsystem eingerichtet ist.
Zudem überprüft sie die Auftragsvergabe, Finanzplanung, Liquidität, Umsetzung der Empfehlungen der Aufsichtsorgane und Einhaltung der Auflagen des Bundes.

Zu den politischen Entscheiden: Gestützt auf die Auslegeordnung von Hayek Engineering, die Ergebnisse der IDA-EXPO.01 und auf Grund zahlreicher Gespräche mit der Wirtschaft und den Vereinsorganen entschied der Bundesrat am 4. Oktober 1999, die Expo.01 um ein Jahr zu verschieben und sie unter gewissen Bedingungen mit einem Zusatzkredit des Bundes von 250 Millionen Franken auszustatten. Am 16. Dezember 1999 stimmte die Bundesversammlung einer Realisierung von Expo.02 unter den vom Bundesrat postulierten Bedingungen zu. Der Bundesrat gab den Zusatzkredit für die Expo.02 am 26. Januar 2000 frei, obwohl die Auflagen noch nicht vollständig erfüllt wurden. Gleichzeitig mit der Freigabe des Zusatzkredits trat der Bundesrat auch auf das Begehren des Vereins nach einer Defizitgarantie ein. Mit der Botschaft vom 23. Februar 2000 beantragte der Bundesrat beim Parlament eine Defizitgarantie in der Höhe von 338 Millionen Franken. Auch dieser Defizitgarantie stimmte das Parlament zu und sprach sich ­ wenn auch mit einem teilweise unguten Gefühl und ohne eine eigentliche Wahl zu haben ­ für die Durchführung einer Landesausstellung im Jahre 2002 aus.

2551

3

Die hauptsächlichen Probleme bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01

3.1

Vorbemerkung

Der Bundesrat hat die Probleme bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01 nicht von sich aus aufgearbeitet. In den parlamentarischen Beratungen ist zwar wiederholt eine eigentliche Abklärung der Verantwortlichkeiten gefordert worden. Es wurde sogar mehrfach ein Unverständnis geäussert, dass das Geschehene nicht aufgearbeitet wird und die Verursacher nicht zur Verantwortung gezogen werden10. Der Bundesrat hat bisher darauf entgegnet, dass er im Dringlichkeitsverfahren weder bereit noch in der Lage ist, Fehlleistungen nachzuweisen, die Verantwortung dafür zuzuweisen und die Konsequenzen daraus zu ziehen11. Der Vorsteher EVD hat erklärt, dass es auch erste Priorität des Steuerungskomitees des Vereins ist, die Expo.02 zum Erfolg zu führen und erst in zweiter Priorität, falls man es verlange, die Verantwortung in der Vergangenheit gesucht wird12. Gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit beschränkte sich der Vorsteher EVD bisher auf die Feststellung, dass es nichts in den bisherigen Akten gebe, das eine strafrechtliche Untersuchung rechtfertigen würde. Hingegen war er bereits in einem frühen Stadium überzeugt, dass eine gewisse Anzahl von Fehlern in der Geschäftsführung zur Krise geführt hat13.

Ausgangspunkt für die politische Neuausrichtung der Expo.01 und die Neukonzeption der Expo.02 bildet der Bericht von Hayek Engineering vom 23. September 1999. Die Standortbestimmung der Hayek-Engineering ist wesentliche Grundlage für die Beurteilung der Lage durch die Expo-Leitung sowie durch Bundesrat und Parlament, nachdem die Krise der Expo.01 im August 1999 offensichtlich wurde. In allen wesentlichen Fragen stimmten der Strategische Ausschuss14 und die Generaldirektion15 mit der Beurteilung von Hayek Engineering überein. Der Bundesrat hat seine Botschaft für einen Zusatzkredit für die Landesausstellung im Wesentlichen gestützt auf diese Standortbestimmung verfasst. Ebenso hat die Aufarbeitung im Hayek-Bericht eine breite öffentliche Debatte ausgelöst, in der einerseits die Fehler in der Konstruktion, Strategie, Aufsicht und im Management der Expo.01, anderseits Fragen der Machbarkeit hinsichtlich Terminen und Finanzen erörtert wurden. Über die Hintergründe und Fehler wurde in den verschiedensten Gremien auf Bundesebene (Bundesrat, Parlament, interdepartementale Arbeitsgruppe) mehrmals ausgiebig gesprochen.
Wegen der zentralen Bedeutung für die Sicht des Bundes, sollen die wichtigsten Probleme gemäss Hayek-Bericht dargestellt werden. Die nachfolgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der interessierte Leser sei auf den Bericht von Hayek Engineering vom 23. September 1999 verwiesen.

10 11 12 13 14 15

U.a. AB 2000 S 248 AB 1999 S 934 AB 2000 S 253 AB 2000 S 252f.

Stellungnahme des Strategischen Ausschusses vom 28. September 1999 zum HayekBericht Medienorientierung der Generaldirektion vom 6. Oktober 1999

2552

3.2

Einige wesentliche Feststellungen gemäss Bericht von Hayek Engineering vom 23. September 1999

Unter den verschiedenen Schwächen der Expo.01 ragt eine besonders heraus: Gemäss Bericht von Hayek Engineering hat die ineffiziente Wahrnehmung von Direktionsfunktionen im Teilzeitverhältnis einen Grossteil der Probleme verursacht.

Nachfolgend werden einige Feststellungen gemäss Bericht von Hayek Engineering aufgelistet, soweit sie für die Aufarbeitung durch die Geschäftsprüfungskommission im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht relevant sind. Diese Feststellungen lassen sich folgenden drei Bereichen zuordnen: Management und Aufsicht: ­

Die Leitung nimmt die wesentlichen Funktionen nicht zentral und nicht in einem vollzeitlichen Arbeitsverhältnis wahr. Das praktisch 100%ige Outsourcing vieler wesentlicher Projektaktivitäten und -funktionen führt zu einem enormen, kaum kontrollierbaren Koordinationsaufwand.

­

Ungewöhnlich viele Veränderungen und Turbulenzen im Management.

­

Fehlen einer klaren, erfahrenen, unumstrittenen und entscheidungssicheren Leadership (Intoleranz und Überheblichkeit in wichtigen Funktionen, nicht erkannte Probleme und Schwachstellen, Tolerierung von Ungenauigkeiten, starker Anstieg des Finanzbedarfs ohne entsprechende Reaktionen des Managements, Verkürzung der Zeit wegen ständigen Machtkämpfen, Änderungen in der Direktion und neue Konzeptionen, unkritische Haltung gegenüber der eigenen Arbeit, Transparenzmangel mit einem Hang, Schwierigkeiten zu verharmlosen oder gar zu beschönigen). Führungsorgane und Management sehen die Probleme seit Jahren nicht oder stehen auf dem Standpunkt, bestehende Probleme nicht offen legen zu müssen (z.B. wurden ernsthafte Terminprobleme nicht erkannt und behoben).

­

Teilweise sehr schwierige Zusammenarbeit in der Generaldirektion der Expo.01 in der Vergangenheit.

­

Fehlendes Antizipationsvermögen der verantwortlichen Personen in Aufsichts- und Führungsgremien.

­

Fehlen eines wirksamen betrieblichen Rechnungswesens.

­

Fehlen eines zentralen Controllings (ATAG in Lausanne für Gesamtbudget, Suter&Suter in Lausanne für Baukostenbudget, ATAG in Neuchâtel für Finanzbuchhaltung, KPMG in Zürich für Liquiditätsplanung, PriceWaterhouseCoopers für Finanz- und Betriebsbuchhaltung zuständig) als Überwacher der Ausgabendisziplin und Garant des Budgets.

­

Bei Verträgen mit Drittfirmen wurde die Kontrollkommission nicht hinzugezogen. Bei Mehrzahl der Verträge fehlt Aufwandkalkulation.

­

Fehlende Verantwortlichkeit eines erfahrenen Managers für die Durchführung der Expo.01 von Mai bis Oktober 2001.

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Planung und Organisation: ­

Ineffiziente Organisationsstruktur der Expo.01.

­

Anzeichen, dass Planung im Zeitpunkt der Überprüfung durch Hayek Engineering noch keineswegs abgeschlossen ist, Konzepte stehen noch immer nicht fest

­

Betr. Bundesprojekte: unzureichende Projektorganisation und -kultur, Defizit an professionellem Projektmanagement, unklare Verantwortlichkeiten zwischen Verein und Bund, Missverhältnis zwischen den hohen Ansprüchen des Bundes an eigene Projekte und den geringen Bundesbeiträgen von 5 Mio. Fr. je Projekt.

­

Die Planung der Arteplage-Einrichtungen ist verspätet. Vorgaben, Standorte und Flächen sind durch die Expo.01-Organe ständig geändert worden.

­

Fehlende Terminplanung: die detaillierte Terminplanung für die Planung der Planungsphase hätte schon Ende 1997 oder spätestens im 1. Quartal 1998 erfolgen müssen und fehlt prinzipiell noch heute.

­

Bundesrätliche Botschaft ging hinsichtlich der Kosten und des Ausstellungskonzeptes von unrichtigen bzw. nicht einhaltbaren Voraussetzungen aus. Hinsichtlich Terminen ist die Urplanung zu optimistisch.

Finanzierungsprobleme und Sponsorensuche: ­

Budgeterhöhungen wegen interner Machtkämpfe, mangelnder Führung, ineffizienter Organisationsstruktur sowie zahlreichen und wesentlichen Projektänderungen.

­

Uneinheitliche Auffassung der Expo.01-Direktion in Sachen Budget.

­

Fehlende Kostenvorgaben (überhöhte Angebote).

­

Finanzierung der Ausstellungen (Suche von privaten Partnern/Sponsoren) stellt Kernproblem für die Realisierung der Expo.01 dar.

­

Das Marketing, das bis zu diesem Zeitpunkt eher vernachlässigt wurde, ist von Hrn. Hirzel im Winter 1998/99 neu strukturiert und verstärkt worden.

­

Effektiv lag die Hauptverantwortung für die Suche von Partnern beim künstlerischen Direktor (und nicht gemäss Organisationsstruktur beim Departement Sponsoring).

­

Unverhältnismässig restriktive Rechte, Privilegien und Präsenzen der Ausstellungspartner an der Expo.01 im Vergleich zu den sehr hohen, geforderten finanziellen Engagements.

An dieser Auslegeordnung fällt auf, dass die Überprüfung durch Hayek Engineering vor allem vereinsinterne Unzulänglichkeiten angesprochen hat. Die Verantwortung der Bundesbehörden wird nur vereinzelt erwähnt (bei den Bundesprojekten, bei der bundesrätlichen Planung der Landesausstellung im Jahre 1995/96, teilweise bei der Organisationsstruktur).

2554

3.3

Hauptsächliche Probleme aus der Sicht des Bundes

Die nachfolgende Beurteilung stützt sich auf eine umfangreiche Dokumentenanalyse, schriftliche Antworten der Eidgenössischen Finanzkontrolle und des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements sowie Aussagen aus den Anhörungen der Geschäftsprüfungskommission. Entsprechend der Komplexität der Organisation einer Landesausstellung ist auch die Beurteilung der Schwachstellen sehr komplex und vielschichtig ausgefallen. Eine abschliessende Darstellung der Probleme kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht geboten werden. Dieser Abschnitt gibt lediglich die Sichtweise der wichtigsten involvierten Bundesorgane wieder. Eine Beurteilung seitens dieser Organe lag teilweise bereits vor der Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission vor (z.B. Schlussberichte des Delegierten des Bundesrates) oder wurde im Hinblick auf die Beantwortung der Fragen der Geschäftsprüfungskommission vorgenommen. Nicht ausdrücklich wiederholt werden die einzelnen Feststellungen von Hayek Engineering, die wie bereits erwähnt von den Bundesbehörden weitgehend geteilt werden. Wichtig ist bereits an dieser Stelle die Feststellung, dass wohl nicht einzelne Ereignisse für sich zum Scheitern der Expo.01 geführt haben, sondern das Zusammentreffen von immer neuen und schwerwiegenderen negativen Umständen. Sie zerstörten schliesslich das Vertrauen in die leitenden Organe, das ihnen lange entgegengebracht wurde, und die Überzeugung, dass sie die Schwierigkeiten meistern und den Auftrag erfüllen könnten. Dieses Zusammentreffen von negativen Umständen war es, das den Leitungsorganen und schliesslich auch den politischen Behörden die Augen dafür öffnete, dass der Verein EXPO 2001 offensichtlich nicht über die nötige Organisation und die erforderlichen Mittel verfügte, um die gestellte Aufgabe zu lösen.

Die hauptsächlichsten Probleme der Expo.01 aus der Sicht des Bundes können grob folgenden Bereichen zugeordnet werden:

3.3.1

Probleme bei der Konzeption und Planung der Expo.01

Ursachen für die Probleme der Expo.01 werden in der Konzeption und Planung gesehen. Die ganzen Vorarbeiten waren gekennzeichnet durch eine ausgesprochene Unstetigkeit, weil die ganze Planung ständig im Umbruch war. Das Grundthema der Ausstellung «Die Zeit oder die Schweiz in Bewegung» schloss nach Ansicht der Organisatoren und des Bundesrates eine frühzeitige Planung der Inhalte und damit auch der konkreten Projekte aus. Dies beeinflusste zweifelsohne auch die Probleme bei der Sponsorensuche. Im ständigen Umbruch waren auch die Organisation der Generaldirektion und die Finanzierung. Die vom Strategischen Ausschuss genehmigten Budgets wurden immer wieder angepasst: Budgetdefizite wurden durch (zu) optimistische Anpassungen auf der Einnahmenseite in buchhalterisch ausgeglichene Budgets überführt. Auch grundlegende Parameter (Anzahl der Ausstellungen, Ausstellungsfläche, Flächenmiete, Zuordnung der Themen etc.) wurden immer wieder in Frage gestellt. Unsicherheiten, die mit der Planung einer Landesausstellung naturgemäss einhergehen, wurden bei der Expo.01 noch verschärft durch das geografisch dezentrale Konzept einer Ausstellung an vier Standorten. Dies verursachte institutionelle und politische Schwierigkeiten (Entscheidfindung, Rechtsanwendung, zeit-

2555

liche Verzögerungen). Die verschiedenen personellen Wechsel in der Generaldirektion zogen ihrerseits Unsicherheiten und Verzögerungen nach sich.

Neben der Konzeption und Planung im Allgemeinen soll an dieser Stelle noch ein Blick auf die politische Planungsphase geworfen werden. Vor allem die Eidgenössischen Räte haben die politische Planung bei der Expo.01 hinterfragt. Dabei mangelt es keineswegs an Selbstkritik. Bei der Vorbereitung der Landesausstellung im Jahre 1996 habe das Parlament eine Botschaft voller Fragezeichen akzeptiert16.

Auf Grund der näheren Betrachtung des politischen Planungsprozesses im Jahre 1996 hat die Geschäftsprüfungskommission verschiedene Unklarheiten festgestellt.

Bereits bei der Überprüfung der Machbarkeit im Jahre 1996 hat die interdepartementale Koordinationsgruppe (GIC) den Bundesrat auf verschiedene Unzulänglichkeiten aufmerksam gemacht. Der Bundesrat hat diese Feststellungen lediglich zur Kenntnis genommen und die Organisatoren gebeten, den Bemerkungen der Bundesverwaltung bei der Realisierung der Expo.01 Rechnung zu tragen. Eine kritische Auseinandersetzung hat nicht stattgefunden. Priorität hatte die möglichst rasche Unterbreitung der Vorlage für einen Bundesbeitrag an das Parlament.

Bei der Beratung der Vorlage folgte prompt die Kritik in den parlamentarischen Gremien, dass der Bundesrat ein Projekt mit fehlenden Inhalten und einer unklaren Organisationsstruktur unterbreitet hat. Den Inhalten der Landesausstellung haben sich die Organisatoren erst im Juni 1996 durch Bildung einer Arbeitsgruppe vertieft angenommen, d.h. zwei Monate vor der Beratung in den parlamentarischen Kommissionen. Auf Grund eines Antrags der vorberatenden Kommission des Ständerates musste der Bundesrat in einem Ergänzungsbericht17 zur Botschaft betreffend den Bundesbeitrag für die Landesausstellung 2001 u.a. die Organisationsstruktur des Vereins näher darlegen. Das Vertrauen wurde bereits am Anfang der Expo.01 durch die Tatsache erschüttert, dass noch keine saubere Projektorganisation vorlag18. Auf Grund der vielen Unklarheiten wurde teilweise sogar eine Verschiebung der Landesausstellung gefordert19.

Unklar blieb in der Botschaft auch die Verantwortung und die Rolle, die der Bund bei der Landesausstellung 2001 übernehmen sollte: «zu gegebener Zeit wird der Bundesrat die genauen
Modalitäten der Zusammenarbeit bei der Vorbereitung der Ausstellung festlegen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt beschränkt er sich darauf, der Bundesverwaltung das Mandat zur aktiven Zusammenarbeit mit den Organisatoren der Expo 2001 zu erteilen, insbesondere, um Lösungen zu finden, die mit den Zielen und Anforderungen des Bundes und der Kantone übereinstimmen.»20 Es bestanden nicht quantifizierte Forderungen bezüglich zusätzlicher Dienstleistungen des Bundes (VBS, Fachämter, Post, SBB, usw.).

Das Studium der Materialien aus dem Jahre 1996 hinterlässt insgesamt den Eindruck, dass die Beratungen zum Bundesbeitrag für die Landesausstellung 2001 unter einem grossen zeitlichen und politischen Druck standen. Es galt, eine Initialzündung zu geben, aber gleichzeitig offene Fragen und Risiken in Kauf zu nehmen. Kritik von Seiten der Politik war nicht willkommen. Wer seine kritische Stimme erhob, 16 17 18 19 20

AB 1999 S 940 (Votum von Ständerat Onken) Vgl. BBl 1996 V 570 Protokoll der WBK-S vom 26./27.8.96 Vgl. Einfache Anfrage 96.1087 BBl 1996 III 337ff. (Ziff. 2.4)

2556

riskierte, als Expogegner abgestempelt zu werden. Von der Politik wurde erwartet, dass sie Vertrauen schafft und sich auch hinter eine Landesausstellung mit vielen offenen Fragen stellt.

Die genannten Umstände lassen nach Auffassung der Geschäftsprüfungskommission bereits an dieser Stelle den Schluss zu, dass die Planung der Landesausstellung auf politischer, strategischer und operationeller Ebene unzureichend war.

3.3.2

Probleme auf Stufe der Organisation und der Vereinsorgane

Unmittelbar im Anschluss an das Scheitern der Expo.01 hat der Bundesrat als Hauptursache für die Krise das Fehlen eines schlagkräftigen Führungsgremiums beim Verein EXPO 2001 ausgemacht. In seiner Botschaft zum Zusatzkredit vom 8. Oktober 1999 stellte er fest, dass «es den Führungsverantwortlichen offensichtlich nicht gelungen ist, den Übergang von der Planungs- in die Realisierungsphase erfolgreich zu organisieren und zu bewältigen»21. Der Vorsteher EVD hat denn auch noch einige Zeit später seiner Befriedigung Ausdruck gegeben, dass es an der Spitze der Expo-Leitung zu einem Wechsel gekommen ist22. Der Bundesrat hat die Lehren betreffend die Organisationsstruktur der Expo.01 teilweise gezogen: «Die Lehren aus den negativen Erfahrungen mit der Expo-Struktur von 1996, bei der alle Kompetenzen an einen privaten Verein delegiert und die Einflussnahme des Bundes zwangsläufig limitiert war, sind gezogen worden. Es liegt für das Projekt Expo.02 ein neues Steuerungs- und Kontrollkonzept vor, bei dem die Interventionsmöglichkeiten des Bundes wesentlich verstärkt wurden. Die EFK [Eidgenössischen Finanzkontrolle] wird das Finanzgebaren nun im Rahmen einer mitschreitenden Kontrolle überwachen können, und die parlamentarischen Finanzaufsichtsorgane werden durch die regelmässige Berichterstattung über die Entwicklung des Projektes auf dem Laufenden gehalten. Der Bundesrat kann versichern, dass er auch bei künftigen Grossprojekten, die federführend von Dritten durchgeführt werden, die Leistung von Bundesbeiträgen mit der Auflage eines griffigen Finanzsteuerungs- und Finanzkontrollkonzeptes verbinden wird.»23 Die Delegation der globalen Verantwortung an einen Verein sowie die Vereinsstruktur an sich haben demnach dem Bundesrat nicht erlaubt, seine politische Verantwortung wahrzunehmen. Der Bundesrat ist noch in der Botschaft zum Bundesbeitrag davon ausgegangen, dass neben der strategischen Trägerschaftsorganisation in Form des Vereins EXPO 2001 eine professionelle Betriebs- und Verwaltungsorganisation in Form einer Aktiengesellschaft bestehen wird. Der Strategische Ausschuss hat dann aber an der Rechtsform des Vereins als einfache und flexible Lösung festgehalten. Der Bundesrat hat diese Lösung im Ergänzungsbericht vom 6. September 1996 gutgeheissen.

Im Rahmen der Abklärungen der Geschäftsprüfungskommission haben die angefragten Bundesorgane präzisiert, wo sie die Probleme der Expo.01 auf Stufe der

21 22 23

BBl 1999 S. 9211 AB 2000 N 708 Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Bignasca Giuliano, 99.3594

2557

Vereinsorgane sehen. Die wichtigsten Feststellungen können wie folgt zusammengefasst werden: Eine Hauptursache der festgestellten Mängel sehen die massgebenden Bundesorgane ohne Zweifel in der Organisation und im Funktionieren des Strategischen Ausschusses selbst. Der Strategische Ausschuss als das oberste Organ des Vereins EXPO 2001 sollte eine grösstmögliche Repräsentativität und Verankerung auf politischem Niveau ermöglichen. Der Ausschuss hat damit eine Zahl der Mitglieder von 19 erreicht, jedoch ohne Einbezug von Spezialisten auf den Gebieten des Managements, der Finanzen, der Technik oder der Kultur. Die Vertreter der Städte und Standortkantone hatten primär ihre besonderen Interessen zu vertreten. Der Milizcharakter bewirkte einen Mangel an Verfügbarkeit. Präzision, Klarheit und Entschlossenheit in den Entscheidungen werden von Bundesseite nicht als hervorragende Qualitäten dieses Gremiums eingestuft. Neben der Organisation des Strategischen Ausschusses an sich wird ein Problem darin gesehen, dass der Strategische Ausschuss die globale operationelle Verantwortung der Generaldirektion abgetreten hat und an einer schematischen und strikten Trennung zwischen operationellen und strategischen Belangen festhielt. Die Delegation der Verantwortung basierte auf dem Vertrauen in die Generaldirektion. Auf Grund des guten Glaubens der Mitglieder, die grosses Interesse an der Realisierung der Landesausstellung hatten, sowie infolge mangelnder sicherer und definitiver Informationen (immer wieder hat die Generaldirektion eine Verbesserung der Situation in Aussicht gestellt), aber auch aus Angst, die Situation noch zu verschlimmern, hat der Strategische Ausschuss sein Vertrauen immer wieder erneuert. Das von der Generaldirektion eingeführte strategische Controlling gab dem Ausschuss ein gewisses Sicherheitsgefühl. Schliesslich war die Arbeitsweise dieses Gremiums vor allem am Anfang ziemlich improvisiert (es fehlten Traktandenlisten, Entscheide wurden schlecht dokumentiert). Aus all diesen Umständen resultierte ein Führungsmanko seitens des Strategischen Ausschusses. Es dauerte zu lange, bis der Strategische Ausschuss sich bewusst wurde, dass die ungelösten operationellen Probleme zu strategischen Fragen wurden. Im Nachhinein steht für die involvierten Bundesorgane fest, dass der Strategische Ausschuss der
Generaldirektion zu lange Vertrauen geschenkt hat.

Was die Generaldirektion betrifft, waren nach Ansicht des EVD auf dem Arbeitsmarkt keine erfahrenen Persönlichkeiten in Sachen Organisation von Landesausstellungen vorhanden. Es war aber auch nicht möglich, Personen mit Erfahrungen in der Vorbereitung von Ereignissen dieser Grösse mit all ihren politischen, kulturellen, finanziellen, organisatorischen und technischen Aspekten zu gewinnen. Den ausserordentlichen und effektvollen Konzepten fehlte der Bezug zur Umsetzbarkeit.

Ein wesentlicher Mangel bestand darin, dass die innovativen Konzepte nicht bis ins Detail durchdacht, durchgerechnet sowie in den vorgegebenen (vor allem finanziellen) Rahmen gesetzt wurden. Die betriebswirtschaftliche Sicht fehlte. Nach Auffassung des EVD führte die teilweise mangelnde diesbezügliche Erfahrung der Führungskräfte dazu, dass diese dem Irrtum unterliefen, Vertrauen erwecken zu wollen, um so ihre persönlichen Schwächen und jene des Projekts zu verdecken. Die damalige Generaldirektorin hatte ausserdem mehrmals eingestanden, dass sie den administrativen Aufwand der Operation unterschätzt hatte. Sie hat nicht alle Massnahmen getroffen, die notwendig gewesen wären, um sich zu entlasten und den Direktoren die notwendige logistische Unterstützung zu gewähren. Mit ein Grund war das bereits mehrfach erwähnte teilzeitliche Engagement wichtiger Funktionsträger am

2558

komplexen Projekt. Gemäss EVD war sodann die Art und Weise des Umgangs der Generaldirektion mit Partnern sowie die internen Führungsprobleme (mangelhafte interne Kommunikation sowie unzureichende Zusammenarbeit mit dem Strategischen Ausschuss) letztlich für die Beschleunigung der Krise entscheidend.

Dass die Zusammenarbeit zwischen dem Strategischen Ausschuss und der Generaldirektion nicht spielte, ist hinlänglich bekannt und wurde bei den Abklärungen der Geschäftsprüfungskommission wiederholt hervorgehoben. Die Generaldirektion misstraute sehr rasch den Politikern, die Einsitz in den Strategischen Ausschuss genommen hatten. Die Angst, dass interne Probleme ungefiltert über die Politik nach aussen dringen, mag Hauptursache des Misstrauens der Generaldirektion gewesen sein. Diese Haltung führte zu einer zurückhaltenden Praxis der Generaldirektion in Sachen Information. Der Strategische Ausschuss nahm deshalb die Schwierigkeiten und Schwächen des Projekts eher intuitiv wahr, als dass er zum richtigen Zeitpunkt präzise und konkrete Anhaltspunkte und Beweise in der Hand hatte. Das Misstrauen bewirkte, dass die Generaldirektion das Monopol der Kommunikation nach aussen für sich in Anspruch nahm. Diese Kommunikation wird als mangelhaft beurteilt und zwar sowohl gegenüber den Medien (die sich mangels Inhalten auf die Probleme betreffend Personal, Organisation und Finanzen beschränkten) als auch gegenüber den Sponsoren.

3.3.3

Probleme im Bereich der Finanzierung der Expo.01

Die verantwortlichen Vereinsorgane waren sich von Anfang an der Liquiditätsprobleme einer Ausstellung bewusst, bei der die Einnahmen erst nach Eröffnung anfallen. Bereits sehr früh stand fest, dass in der Zeit von 1999 bis 2001 ein Liquiditätsbedarf von etwa 150 bis 200 Millionen Franken bestehen würde, der durch einen Kredit abgesichert sein muss. Wegen der kritischen Finanzsituation beim Bund Mitte der 90er Jahre hat die Expo-Leitung und Politik vorwiegend, d.h. zu 80%, auf eine Finanzierung durch private Sponsoren abgestellt. Die Beiträge der öffentlichen Hand sollten nur einen kleinen Teil des Gesamtbudgets ausmachen. Die Vereinsorgane haben diese Art der Mittelbeschaffung von Beginn weg als grosse Herausforderung erkannt. Auch der Bundesrat hat diese Problematik erkannt. Aus dem Ergänzungsbericht vom 5. November 199624 zur Botschaft über einen Beitrag für die Landesausstellung geht hervor, dass das Budget der Expo.01 stark auf die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft aufbaut und dass die Zeit für die Suche nach Sponsoren knapp ist. Auch betreffend die Auswahl der Aussteller sah man, dass diese sich erst verpflichten werden, wenn ein detailliertes Projekt vorliegt. Die zu erwartenden Finanzprobleme sind auch vom Bundesparlament bereits im Jahre 1996 aufgezeigt worden. Die Generaldirektorin hat seit Beginn ihrer Tätigkeit unaufhörlich ihre Unzufriedenheit über die durch den Bund ursprünglich festgelegten finanziellen Bedingungen beklagt. Die Bundesvertreter im Strategischen Ausschuss mussten sich diesbezüglich auf den Hinweis beschränken, dass nicht mit einer Erhöhung der Bundesbeiträge zu rechnen sei und dass die Generaldirektion die Defizitgarantie nicht als eine Reserve betrachten dürfe. Die nötige Liquidität musste vorerst über Bankkredite beschafft werden. Erst das Auftreten eines massiven Mangels an Liquidität, die in konkreten Zahlen erfasste kritische Finanzsituation und schliesslich 24

BBl 1996 V 570

2559

das Ultimatum der Direktoren gegenüber der Generaldirektorin im Sommer 1999 liess den Strategischen Ausschuss und die Politik das Risiko des Misserfolgs der Expo.01 gewahr werden. Die Beurteilung der Finanzierung erwies sich im Nachhinein als unrealistisch und zu optimistisch. Die Differenz zwischen dem von der Generaldirektion erhofften und tatsächlichem Engagement der Wirtschaft war so massiv, dass das Projekt ohne zusätzliche Finanzhilfe des Bundes nicht mehr zu retten war.

Die finanziellen Schwierigkeiten der Expo.01 hingen im Wesentlichen mit dem gewählten Konzept zusammen. Die Details der Ausstellung sollten auf «kreative», «dynamische» Art im Laufe der Zeit entwickelt werden. Auch die Infrastrukturprojekte befanden sich in einer Entwicklungs- und Auswahlphase. Geplant wurde nach der Methode des «Simultaneous Engineering», d.h., die Projekte wurden von den Direktionen parallel und nicht auf einer Zeitachse entwickelt. Auch bei den Einnahmen fehlten zuverlässige Angaben über die Bereitschaft privater Geldgeber und die zu erwartenden Eintrittsgelder. Unter diesen Voraussetzungen war natürlich eine zuverlässige Budgetierung in der ersten Phase nicht möglich. Der tatsächliche Finanzbedarf ergab sich erst mit der Konkretisierung der Ausstellung. Im Oktober 1998 erfuhr das Büro des Strategischen Ausschusses, dass Sponsoringbeiträge von 300 Millionen Franken notwendig sind (zugesichert waren erst 175 Millionen, die meisten durch Absichtserklärungen). Hier war man zum ersten Mal erstaunt, dass die Zahlen am Anfang nicht präziser eruiert werden konnten. Gemäss Einschätzung der Eidgenössischen Finanzkontrolle dürfte aus heutiger Sicht in der Zeit des «Meilensteins» von Ende April 1999 erstmals ein vertretbarer Überblick über die finanzielle Situation möglich gewesen sein. Tatsächlich, aber auch nicht definitiv, wurde der Finanzbedarf mit der Standortbestimmung von Hayek Engineering im September 1999 geklärt. Auch wenn heute, d.h. bei Expo.02, der Finanzbedarf einigermassen überblickt werden kann, bestehen nach wie vor Unsicherheiten, vor allem bedingt durch die ungewissen Einnahmen. Dieses von der Politik gewählte und vom Verein konkretisierte Konzept stellte wegen der unklaren Einnahmen und Ausgaben an die finanzielle Abwicklung besondere Anforderungen, denen das Management mangels einschlägiger
Erfahrung nicht zu genügen vermochte.

Zu den Finanzproblemen beigetragen haben das Misstrauen, die Zurückhaltung und die Skepsis eines Teils der Privatwirtschaft gegenüber dem Projekt. Dieses Misstrauen wurde noch verschärft durch die ­ bereits im Bericht von Hayek Engineering erwähnte ­ Überheblichkeit und teilweise sogar Arroganz der Generaldirektion gegenüber Wirtschaft und Sponsoren.

Bereits die Landesausstellung im Jahre 1964 hatte mit schweren Finanzierungsproblemen zu kämpfen. Daher die Empfehlung der damaligen Direktion, einen jährlichen Beitrag in den Budgets des Bundes, der Kantone und Gemeinden vorzusehen, um die Finanzierung von Anfang an sicherzustellen. Die Eidgenössische Finanzkontrolle wies auch darauf hin, dass bei kulturellen Veranstaltungen Kostenüberschreitungen öfters festzustellen sind und erinnerte an die 700-Jahr-Feier der Schweizerischen Eidgenossenschaft, bei welcher der Kanton Schwyz bei seinem Festspiel eine massive Kostenüberschreitung ausweisen musste.

2560

3.3.4

Probleme auf Bundesebene

Die verantwortlichen Bundesstellen sehen die Schwierigkeiten nicht nur auf Ebene der Konzeption und Geschäftsführung der Vereinsorgane. Auch die Begleitung der Expo.01 durch die Bundesbehörden wird als unzureichend bezeichnet. Das Parlament setzt ebenfalls in diesem Bereich mit seiner Selbstkritik ein25. Die für den Bund massgebende Person, der Delegierte des Bundesrates im Strategischen Ausschuss, führte ein isoliertes Dasein. Es herrscht die Ansicht, dass der Bundesrat das Projekt Expo.01 nicht unter seine Prioritäten eingestuft hat. Der Bundesrat setzte auf Vertrauen in die Vereinsorgane. Bis zum Ausbruch der Krise im Sommer 1999 zeigte er ein distanziertes Interesse an den Vorgängen der Expo.01 und eine skeptische Geduld. Der Delegierte des Bundesrates stellte auch innerhalb der Verwaltung eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Projekt fest. Die Generalsekretärenkonferenz, die der Bundeskanzler zweimal für den Delegierten zu Informationszwecken einberufen hatte, brachte dem zukunftsträchtigen Projekt kaum Interesse entgegen. Den im Projekt Expo.01 eingebundenen Mitarbeitern der Bundesverwaltung fehlte in der Regel der direkte Zugang zu den vorgesetzten Stellen auf Departementsebene. Auf Grund all dieser Umstände war der Informationsfluss innerhalb der Bundesverwaltung ungenügend. Auf allfällige Informationen gab es in der Regel kein Feedback.

Vom Delegierten des Bundesrates wird schliesslich eingeräumt, dass die Bundesvertretung im Strategischen Ausschuss nicht genügend stark war, vor allem um sich gegenüber der Generaldirektion durchzusetzen. Der Vorsteher EVD ist der Ansicht, dass die Bundesvertreter in der Überprüfung der Folgen, welche die Generaldirektion ihren Interventionen gegeben hat, zu wenig insistiert haben. Eine solche Verifizierung sei indessen teilweise schwierig gewesen, weil die Generaldirektion grosse Zurückhaltung in Sachen Informationen übte und darauf bedacht war, die volle Verantwortung für ihre operationellen Kompetenzen für sich zu bewahren.

Ein wesentlicher Mangel auf Bundesebene betrifft die Führung der bundeseigenen Projekte. Einleitend einige Hintergrundinformationen zu den Bundesprojekten: In der Botschaft vom Jahre 1996 zum Bundesbeitrag für die Landesausstellung waren 20 Millionen Franken für die Realisierung bundeseigener Projekte vorgesehen. Derselbe
Geldbetrag wurde bereits an der Landesausstellung 1964 für die Bundesprojekte eingestellt. Der Bundesrat hat am 15. Juni 1998 je ein Bundesprojekt an jedem Expo-Standort gutgeheissen und die Interdepartementale Koordinationsgruppe (GIC) und den Delegierten mit der allfälligen Anpassung des finanziellen Engagements und der Information an den Bundesrat beauftragt. Die GIC hat am 16. November 1998 mit dem Verein EXPO 2001 eine Kollaborationsvereinbarung («Convention de collaboration pour la réalisation du projet d exposition de la Confédération») abgeschlossen. Darin wird der Verein als verantwortlich für den Kredit von 20 Millionen bezeichnet. Entscheide mit finanzieller Auswirkung auf die Bundesprojekte sollten von der GIC und dem Verein gemeinsam getroffen werden. Die GIC sollte gemäss Vereinbarung die Kontrolle ausüben (v.a. hinsichtlich Terminen, Kosten und Qualität). Sie sollte auch über die generellen Bedingungen wachen, die gemäss Beitrag für die Landesausstellung vorausgesetzt wurden. Im Herbst 1999 hat Hayek Engineering auf die mangelnde Professionalität und unklare Verantwortlichkeit bei der Führung der Bundesprojekte hingewiesen. Die hohen Ansprüche des 25

Vgl. etwa AB 1999 S 940 (Votum Onken) oder AB 2000 S 248

2561

Bundes an die eigenen Projekte standen im Widerspruch zu den ursprünglich vorgesehenen Bundesmitteln. Es wurde sodann bekannt, dass an Stelle des vorgesehenen Bundesbeitrags von 20 Millionen Franken neu 50 Millionen nötig sind, um die bis dahin konkretisierten Bundesprojekte zu realisieren. Als Folge dieser Kostenüberschreitung hat der Bundesrat die Interdepartementale Arbeitsgruppe IDA-EXPO.01 beauftragt, auch die Projektorganisation und das Management bei den Bundesprojekten zu überprüfen und anzupassen.

Die Analyse durch IDA-EXPO.01 bestätigte, dass es bei den Bundesprojekten an Erfahrung und professionellem Projektmanagement fehlte. Die Verantwortung für die Bundesprojekte durch die oben erwähnte Kollaborationsvereinbarung war letztlich unklar. Die künstlerische Gesamtverantwortung lag bei der Expo-Leitung. Der Verein EXPO 2001 hat die Aufträge an Dritte vergeben und Rechnungen für die Bundesprojekte bezahlt. Die Projekte waren teilweise überdimensioniert, weil man nicht mit verbindlichen Kostenvorgaben gearbeitet hat. Die Expo-Leitung hat es abgelehnt, mit den Gestaltern solche Kostendächer zu vereinbaren. Zum einen, weil sie mit zusätzlichen Sponsoringgeldern gerechnet hat, und zum andern, weil sie die künstlerische Gestaltungsfreiheit der Projektleiter nicht einschränken wollte. Die Überschreitung der vorgesehenen Kosten wird zudem mit den vielen Unbekannten (Standort, Anzahl Ausstellungsorte, exakte Mietkosten, Resultat des Architekturwettbewerbs, keine präzisen Projektkosten) erklärt. Man ging auch von grosszügigeren Mietbedingungen aus. Es existierte ausserdem weder eine Finanzplanung noch ein Controlling. Auf Seiten der GIC lief die Abwicklung des Projekts in einer adhoc-Struktur und damit ausserhalb der ordentlichen Verwaltungsabläufe ab.

Gemäss neuer Projektorganisation liegt die Verantwortung für die Bundesprojekte beim Bund. Die vier Projektleiter arbeiten neu im Auftrag des Bundes und werden von je einem Autorenteam inhaltlich begleitet. Die finanziellen Mittel werden auf die Projekte nach Budget aufgeteilt und von den Projektleitern verwaltet. Die Bundesprojekte erhielten eine Aufsicht. Projektleiter und Projektaufsicht tragen auf ihrer Stufe je die integrale Verantwortung (Zeit, Qualität, Finanzen). Der Projektablauf ist in bestehende Verwaltungsstrukturen integriert, die über
Projekterfahrung verfügen.

Es handelt sich dabei um die Gruppe Rüstung im VBS. Die EXPO-Leitung hat lediglich noch die Möglichkeit eines «künstlerischen Vetorechts» (wie bei den privaten Projekten). Die Geschäftsprüfungskommission konnte feststellen, dass sich die Gruppe Rüstung durch eine straffe Führung und ein gutes Controlling der Bundesprojekte auszeichnet. Mehrere Gestalter mussten unter dieser neuen Projektführung ausgewechselt werden, weil sie sich nicht an den vorgegebenen Rahmen halten konnten oder wollten.

Im Zusammenhang mit der Führung der Bundesprojekte ist auch zu erwähnen, dass der Delegierte des Bundesrates, der gleichzeitig Präsident der GIC war, unter zunehmende Arbeitslast geriet. Um seine Funktion als Delegierter nicht zu vernachlässigen und um die Arbeit bei den Bundesprojekten zu professionalisieren, bemühte er sich beim EVD um die Unterstützung durch einen professionellen Projektleiter. Diese Bemühungen fanden beim EVD keinerlei Echo.

2562

3.3.5

Kurzbeurteilung der Probleme durch die Geschäftsprüfungskommission

Die Geschäftsprüfungskommission kann die oben dargestellte Sichtweise der Probleme bei der Expo.01 ohne weiteres nachvollziehen. Es bedeutet aber nicht, dass nicht noch weitere bedeutende Schwierigkeiten die Vorarbeiten der Expo.01 begleiteten. Es ist durchaus möglich, dass die Vereinsorgane, Kantone oder die Wirtschaft weitere oder andere Schwerpunkte setzen.

Der Hauptmangel bestand nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission im Fehlen einer professionellen Führung und eines professionellen Projektmanagements.

Davon waren sowohl die Vereinsebene als auch die Projektorganisation und Führung der Bundesprojekte betroffen. Mit zu berücksichtigen sind aber auch die schwierigen Rahmenbedingungen, die von Seiten der Politik gesetzt wurden (Finanzierung nicht gewährleistet, Planung unvollständig, Verantwortlichkeiten nicht klar festgelegt, zeitlicher Druck).

Was das Funktionieren des Strategischen Ausschusses angeht, darf man eigentlich an ein Gremium, das die Rolle einer Generalversammlung wahrnimmt, keine besonderen Anforderungen stellen. Indessen wurde vom Strategischen Ausschuss erwartet, dass er die Ausrichtung des Projekts definiert, effizient führt und kontrolliert.

Hinsichtlich der Erwartungen entsprach die Verantwortung des Strategischen Ausschusses damit jener eines Verwaltungsrates. Um diese Verantwortung wahrzunehmen, war dieser Ausschuss aber zweifelsohne falsch besetzt und organisiert. Eine effiziente Führung und Aufsicht in diesem vorwiegend mit Politikern besetzten Milizgremium war zu wenig möglich. Als politische Begleitgruppe konnte der Ausschuss seine Funktionen nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission teilweise wahrnehmen. Hingegen dürfte auch ein solches Gremium der Generaldirektion nicht unkritisch und ohne Grundlage vertrauen. Der Expo.01 fehlte insgesamt ein eigentlicher Verwaltungsrat, ein Steuerungskomitee, wie es erst für die Expo.02 geschaffen wurde.

4

Beurteilung der Rolle der Eidgenossenschaft und ihrer Behörden bei der Vorbereitung und Organisation der Landesausstellung «Expo.01»

In diesem Kapitel beurteilt die Geschäftsprüfungskommission die Rolle und den Einfluss der Eidgenossenschaft und ihrer hauptsächlich beteiligten Organe in Bezug auf die Expo.01. Es wird demnach zur Geschäftsführung Stellung genommen unter Einbezug der Rahmenbedingungen, die sich den eidgenössischen Behörden stellten.

4.1

Die Rolle der Eidgenossenschaft bei der Expo.01 im Allgemeinen

Die Rolle der Eidgenossenschaft bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01 hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Die Geschäftsprüfungskommission stellt fest, dass oft Unklarheit über diese Rolle herrschte. Sollte sich die Eidgenossenschaft auf

2563

die Finanzierung eines Beitrags beschränken, das Projekt begleiten (aktiv oder passiv) oder kontrollieren (wie eng und mit welchen Instrumenten)?

Bei der Projektinitialisierung kam der Eidgenossenschaft eine bedeutende Rolle zu.

Der Bundesrat hat das Projekt ausgewählt, den Zeitpunkt der Landesausstellung festgelegt, die Machbarkeit geprüft, die globale operationelle und strategische Verantwortung für die Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Landesausstellung an einen Verein delegiert, die Organisationsstruktur des Vereins gutgeheissen und die finanzielle Beteiligung des Bundes bestimmt. Das Parlament hat diese Rahmenbedingungen mit dem Beschluss über einen Bundesbeitrag für die Landesausstellung am 10. Dezember 1996 genehmigt.

Die Analyse der parlamentarischen Beratung des Bundesbeitrages zu Gunsten der Landesausstellung 2001 im Jahre 1996 zeigt, dass Bundesrat und Bundesversammlung die Rolle und Verantwortung der Eidgenossenschaft nicht klar definiert haben.

Vor allem die Organisationsstruktur ­ selbst nach deren Präzisierung im Ergänzungsbericht zur Botschaft ­ warf Fragen auf, die Bundesrat und Parlament unbeantwortet liessen. Der damalige Vorsteher EVD betonte, dass der Bund die Kontrolle über das Projekt behält, auch wenn die Verantwortung massgebend an den Verein delegiert wird26. Das Parlament war sich der politischen Verantwortung der Eidgenossenschaft zwar bewusst. Bei der Festlegung dieser Verantwortung ging man aber unterschiedlich weit. Man sprach davon, dass die Wirtschaft und die Sponsoren mit der partnerschaftlichen Mitverantwortung der Eidgenossenschaft rechnen dürften27. Es wurde aber auch klar festgehalten, dass die Hauptverantwortung für die Expo.01 gewiss nicht bei der Eidgenossenschaft liegt. Es handle sich vielmehr um ein Gemeinschaftswerk28. Die politische und finanzielle Verantwortung sollte bei den Trägern der Landesausstellung liegen, d.h. bei den 5 Kantonen, 4 Städten und bei der Eidgenossenschaft. Ebenfalls umstritten war das Verhältnis zur Verantwortung des Strategischen Ausschusses. Nicht immer ging aus den Beratungen klar hervor, dass der «Verein Expo 2001» ­ und nur er ­ die Verantwortung trägt und verantwortlicher Ansprechpartner für die Körperschaften und Behörden ist, die das Projekt mittragen, und dass der Bund über den Bundesrat, bzw. die von
ihm bezeichneten kompetenten Persönlichkeiten dort ein gewichtiges Wort mitspricht.»29.

Das festgestellte Liquiditätsmanko beim Verein EXPO 2001 führte zum Zusatzkredit (250 Millionen Franken) und der Defizitgarantie (338 Millionen Franken). Trotz der privatrechtlichen Organisationsstruktur ging der Bundesrat von einer wesentlichen politischen Verantwortung der Eidgenossenschaft aus30. Die gesteigerte Verantwortung der Eidgenossenschaft zeigte sich auch nachher, als der Bundesrat den Zusatzkredit freigab, obschon der Verein die Auflagen nicht vollumfänglich erfüllte (insbesondere was die Sponsoringzusagen betraf). Schliesslich weist in der Frage, wer ein mögliches Defizit trägt, der Vorsteher EVD darauf hin, dass wegen der faktischen politischen Verantwortung der Eidgenossenschaft wohl der Bund für ein Defizit einstehen würde und in zweiter Linie die Kantone hinzugezogen werden müssten 31.

26 27 28 29 30 31

Protokoll der Sitzung der WBK-S vom 26./27.8.96 AB 1996 S 709 AB 1996 S 709 AB 1996 S 709, vgl. auch AB 1996 S 719 BBl 1999 S. 9215f. (Ziff. 522.22 und 522.23) AB 2000 N 708

2564

Nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission ist damit die Verantwortung der Eidgenossenschaft in Bezug auf die Landesausstellung noch nicht geklärt. Immerhin scheint man aber heute von einer grösseren Verantwortung auszugehen, als dies im Jahre 1996 der Fall war. Dies zeigt sich auch daran, dass der damalige Vorsteher EVD im Jahre 1996 versicherte, dass die 130 Millionen Bundesbeitrag in keinem Fall überschritten werden und es für die Organisatoren keinerlei Hoffnung gäbe, vom Bund mehr Gelder zu bekommen32.

Fazit: Die politische Verantwortung der Eidgenossenschaft in Bezug auf die Expo.01 war und ist wohl immer noch unklar. Erst mit der Krise der Expo.01 stellte sich heraus, dass die Eidgenossenschaft eine massgebende Verantwortung am Erfolg oder Misserfolg einer Landesausstellung trägt. Die Ereignisse belegen, dass diese Verantwortung nicht gesehen und unterschätzt wurde.

4.2

Die Rolle der eidgenössischen Räte und ihrer Organe

Es gehört nicht zur Kompetenz der Geschäftsprüfungskommission als Organ des Parlaments, die Rolle der eidgenössischen Räte zu beurteilen. Dies drängt sich nachfolgend aber trotzdem auf, um die Geschäftsführung des Bundesrates zu beurteilen und die Rahmenbedingungen bei der Vorbereitung der Expo.01 darzustellen.

Die Rolle bei den politischen Leitentscheiden ist bereits unter Kapitel 4.1 dargestellt.

Insgesamt gesehen haben die eidgenössischen Räte eine kritische Haltung im Zusammenhang mit der Expo.01 an den Tag gelegt. Dies bedeutet aber keineswegs, dass sie gegenüber dem Projekt der Landesausstellung negativ eingestellt waren. Im Gegenteil: dem vom Bundesrat vorgelegten Projekt kam im Grundsatz eine breite Unterstützung zu. Allerdings gaben die teilweise ungenügenden Entscheidgrundlagen bei der Beratung des Bundesbeitrags für die Landesausstellung zu Kritik Anlass.

Lücken und offene Fragen sah das Parlament bei den fehlenden Inhalten, der unklaren Organisationsstruktur und vor allem auch in der Frage des Umweltschutzes und Verkehrs.

Auch wenn die vorberatenden Kommissionen und die eidgenössischen Räte kritische Fragen stellten und Zusatzberichte zu verschiedenen Fragen (definitive Verantwortlichkeit für Projektorganisation, in welchen Gremien und mit welchen Kompetenzen wird der Bund vertreten sein?, welche Bundesstellen werden mit welchen Mitteln die Subventionsbedingungen überwachen?, Umweltschutzkonzept, Verkehrs- Finanz- und Organisationsfragen) verlangten, setzten sie sich nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission nicht kritisch genug mit den Antworten auseinander. Tatsache ist, dass vieles unklar und offen blieb. Liest man die Materialien zum Bundesbeschluss über einen Bundesbeitrag im Jahre 1996, wird rasch klar, dass die Rolle des Parlaments jene war, Vertrauen für eine Landesausstellung 2001 zu schaffen und eine positive Initialzündung zu geben, ohne dass alle Fragen geklärt waren und ohne dass der Enthusiasmus der Organisatoren durch allzu grosse Kritik zerstört wird.

Durchaus haben die eidgenössischen Räte in einzelnen Fragen eine gewisse Klärung herbeigeführt (z.B. betreffend Organisationsstruktur, Umwelt- und Verkehrsfragen).

32

Protokoll der Sitzung der WBK-N vom 17.10.1996, S. 24

2565

Auch hat das Parlament eine Berichterstattungspflicht des Bundesrates im Rahmen des Geschäftsberichts eingefügt, damit es regelmässig über den Stand des Projekts orientiert wird. Es sollte damit auch ein Diskurs über das Vorhaben ermöglicht werden, der vom ganzen Volk mitgetragen werden muss. Diese Berichterstattung des Bundesrates ist in der Folge hingegen weder substanziell ausgefallen noch hat sie irgendwelche Aufmerksamkeit erregt oder den gewünschten Diskurs ausgelöst33.

Das Interesse der eidgenössischen Räte an den Vorarbeiten zur Expo.01 war nach dem Beschluss über den Bundesbeitrag ebenso distanziert wie jenes des Bundesrates. Es gab lediglich eine informelle parlamentarische Gruppe, die sich regelmässig über die Arbeiten des Vereins orientieren liess. Das Interesse an den Vorgängen der Expo.01 nahm zu, als sich die Probleme innerhalb des Vereins EXPO 2001 allmählich offenbarten. Einige der daraufhin eingereichten parlamentarischen Vorstösse34 lassen erkennen, dass die Probleme im Zusammenhang mit der Expo.01 innerhalb des Parlaments schon in einer frühen Phase ernst genommen wurden. Die beschwichtigenden Antworten des Bundesrates gaben hingegen keinen Anlass zu dringlichen Beschlüssen.

Selbst die parlamentarischen Kontrollkommissionen mussten zunächst ihre Rolle in Bezug auf die Arbeiten zur Expo.01 finden. Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates befasste sich erst in der ersten Hälfte 1998 mit der Frage, welches ihre Rolle und ihre Kompetenzen in Bezug auf die Expo.01 sind. Die diesbezüglichen Schlussfolgerungen ihres Sekretariates hat sie am 9. Juli 1998 verabschiedet. Gegen Ende 1998 sah sich die parlamentarische Präsidentenkonferenz der Kontrollkommissionen veranlasst, an die Bedeutung der Aufsichtstätigkeit der Eidgenössischen Finanzkontrolle in Bezug auf die Expo.01 zu appellieren35. Auf Grund der Probleme bei der Vorbereitung der Expo.01 führte die zuständige Subkommission der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Ende April 1999 eine Aussprache mit dem Delegierten des Bundesrates. Dabei nahm sie von den schwierigen Rahmenbedingungen der Tätigkeit des Delegierten und einigen Problemen Kenntnis, die aber mehr oder weniger bekannt waren. Die erhaltenen Informationen gaben jedenfalls keinen Anlass zu konkreten Massnahmen. Auch ein Gespräch mit dem Vorsteher EVD anlässlich
der Beratung des Geschäftsberichts 1998 im Mai 1999 führte noch nicht dazu, dass der Ernst der Lage wirklich erkannt wurde. Es gab im Gegenteil positive Signale für eine Realisierung der Expo.01. Eine direkte Interventionsmöglichkeit bestand auf Grund der rechtlichen Kompetenzen der Geschäftsprüfungskommission gegenüber dem Verein nicht.

Die Akten der Finanzdelegation wurden im Rahmen dieser Untersuchung nicht im Einzelnen durchgearbeitet. Die globale Durchsicht der Akten sowie die Jahresberichte der Finanzdelegation zeigen aber, dass es mit dem Einfluss und den Interventionen der Finanzdelegation nicht anders steht als mit dem übrigen Parlament und seinen Organen. Die Finanzdelegation stützte sich vor allem auf die Prüfungsergebnisse der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Diese Berichte wurden anfangs zur Kenntnis genommen, da keine wesentlichen Beanstandungen vorlagen und die Expo-Leitung bereit war, die aufgeführten Mängel anzugehen.

33 34

35

Vgl. die Geschäftsberichte des Bundesrates zu den Jahren 1997 bis 1999 Vgl. beispielsweise 98.3350 (Postulat Baumann J. Alexander), 99.3024 (Interpellation Seiler Bernhard), 99.1017 (Dringliche Einfache Anfrage der Fraktion der Schweiz. Volkspartei) Schreiben vom 17. Dezember 1998 an die EFK

2566

Nach Bekanntwerden der Finanzierungs- und Führungsprobleme des Vereins EXPO 2001 fühlte sich das Parlament wohl immer mehr in die Rolle gedrängt, die Voraussetzungen und das Vertrauen für ein Projekt zu schaffen, für das es sich im Jahre 1996 eingesetzt hat und in das schon viel Geld investiert wurde. Dies zeigen zumindest die Beratungen zum Zusatzkredit und noch eindeutiger zur Defizitgarantie. Eine echte Auswahl zwischen Abbruch oder Zusatzfinanzierung der Landesausstellung bestand wohl kaum. Die politische Verantwortung des Bundes wurde gleich nach der Verantwortung der Vereinsleitung angesprochen, der Ruf der Schweiz als Willensnation im In- und Ausland stand auf dem Spiel, der «point of no return» war schon längst erreicht. Diese Umstände lösten im Parlament ein Unbehagen aus, als es den Zusatzkredit und die Defizitgarantie beschloss.

Fazit zur Rolle des Parlaments: Obschon das Parlament eine kritische Haltung einnahm, schuf es im Jahre 1996 Vertrauen für eine Landesausstellung 2001 und hiess den Bundesbeitrag gut, auch wenn noch viele Fragen offen waren. Die Vorarbeiten der Expo.01 verfolgte es ebenso distanziert wie der Bundesrat. Auch die parlamentarischen Kontrollorgane mussten ihre Rolle und Aufsicht in Bezug auf die Expo.01 zunächst definieren. In der Krise der Expo.01 sah sich das Parlament in die Rolle hineinmanövriert, die Landesausstellung durch zusätzliche Bundesbeiträge zu retten.

4.3

Die Rolle des Bundesrates und des Vorstehers EVD

4.3.1

Rolle und Verantwortung im Allgemeinen

Von den politischen Leitentscheiden des Bundesrates war bereits unter Kapitel 4.1 die Rede. Auch schon erwähnt wurde, dass die Entscheidgrundlagen bei der Projektinitialisierung unvollständig und ungenügend waren. Nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission hat sich der Bundesrat nicht kritisch genug mit den Grundlagen der Expo.01 (Organisationsstruktur, Finanzierung und übrige Machbarkeit) auseinander gesetzt. In den Anhörungen wurde wiederholt betont, dass die Bundesverwaltung nicht über genügend Zeit und Fachwissen verfügte, um die Machbarkeitsanalyse der Organisatoren zu überprüfen. Auch hat der Bundesrat die vom Verein vorgeschlagene Organisationsstruktur ohne weiteres übernommen, obschon er noch in der Botschaft zum Bundesbeitrag für die Landesausstellung davon ausging, dass eine Lösung in Form einer Aktiengesellschaft getroffen werden soll. Theoretisch hätte der Bundesrat bei der Festlegung der Organisationsstruktur ein gewichtiges Wort mitsprechen können. Wesentlicher Teil des Ergänzungsberichts vom 6. September 1996 zur Botschaft vom 22. Mai 1996 über einen Beitrag des Bundes an die Landesausstellung 2001 waren Fragen der Organisationsstruktur und Verantwortlichkeiten. Ebenfalls hat die Möglichkeit bestanden, dass der Bundesrat auf die Statuten des Vereins Einfluss nimmt. Der Bundesrat hat diese am 25. November 1996 ohne weitere Bemerkungen zur Kenntnis genommen und den Delegierten des Bundesrates instruiert, die Statuten gutzuheissen. Immerhin möchte die Geschäftsprüfungskommission an dieser Stelle festhalten, dass der Bundesrat die Vereinsorganisation damals als einfach und glaubwürdig beurteilt hat. Glaubwürdig, weil sie die Repräsentativität und Verantwortung des politischen Kollektivs betonte. Der Verein als solcher scheint denn auch nicht das Hauptproblem zu sein, denn diese Rechtsform wurde bei der Neuausrichtung zur Expo.02 übernommen. Hingegen war bei dieser Struktur die Kompetenzordnung innerhalb des Vereins unklar, eine effiziente 2567

Leitung und Kontrolle durch das oberste Gremium, d.h. den Strategischen Ausschuss, nicht gewährleistet.

Der Bundesrat hat kaum besondere organisatorische Vorkehren getroffen, um eine umfassende Begleitung und Kontrolle der Vorarbeiten des Vereins sicherzustellen.

Es wurde auf bestehende Einheiten zurückgegriffen (z.B. auf die Eidgenössische Finanzkontrolle oder verschiedene Ämter der Bundesverwaltung), die für die zusätzlichen Aufgaben in Bezug auf die Vorbereitung der Expo.01 nicht freigestellt wurden. Eine Ausnahme bildet die Schaffung des Postens eines Delegierten des Bundesrates für die Landesausstellung. Damit sollte die Koordination und Verbindung zum Verein EXPO 2001 gewährleistet werden. Wie bereits bemerkt, hatte dieser Delegierte eine sehr selbstständige und sogar isolierte Stellung inne. Von einer Verbindung zum Bundesrat kann deshalb nach Auffassung der Geschäftsprüfungskommission nicht gesprochen werden. Wie die Geschäftsprüfungskommission erfahren hat, gestaltete sich auch die Verbindung des Delegierten zum neuen Departementsvorsteher EVD schwierig. Eine gute Verbindung hatte der Delegierte hingegen zum vormaligen Departementsvorsteher, dessen persönlicher Berater er war.

Bis zum offensichtlichen Ausbruch der tief greifenden Finanzierungs- und Vertrauenskrise hat sich der Bundesrat an das Prinzip gehalten, dass er einen Auftrag an einen privaten Verein gegeben hat, und dass er sich nicht weiter einmischt. Der Bundesrat setzte auf Vertrauen. Die Geschäftsprüfungskommission konnte nicht feststellen, dass sich der Bundesrat besonders für die Vorbereitungsarbeiten zur Landesausstellung interessiert hatte. Die wiederholt geäusserte Ansicht, dass der Bundesrat das Projekt nicht unter seinen Prioritäten eingestuft hat, ist auf Grund der Abklärungen der Geschäftsprüfungskommission ohne weiteres zutreffend. Die Haltung des Bundesrates, dem Verein zu vertrauen und sich nicht einzumischen, wird mit der Delegation der Durchführung der Landesausstellung an den privaten Verein begründet. Dennoch hätte dieser Umstand nicht ausgeschlossen, dass sich der Bundesrat mehr für die Landesausstellung interessiert. Ein grösseres Engagement des Bundesrates für dieses nationale und zukunftsgerichtete Grossereignis wäre nach Auffassung der Geschäftsprüfungskommission unbedingt angezeigt gewesen.

Erst nachdem
Ende 1998 gewisse vereinsinterne Probleme bekannt wurden, verfolgten der Bundesrat und vor allem das EVD als federführendes Departement das Geschehen genauer. Der Bundesrat bildete Ende Januar 1999 eine Delegation aus den Vorstehern EVD, VBS und UVEK, die für eine bessere Information des Bundesrates sorgen sollte. Die Delegation tagte bis Ende 1999 zweimal und liess sich durch Vertreter des Vereins über den Stand der Dinge orientieren. Hat der Bundesrat in einer ersten Phase mehr oder weniger passiv vertraut, sah er sich ab Beginn 1999 veranlasst, aktiv Vertrauen zu schaffen. Vertrauen für einen Verein und eine Landesausstellung, die in einer Vertrauenskrise steckten. Zu Beginn der Krise hat sich der Bundesrat vorwiegend auf die Verantwortung der Vereinsorgane berufen36. Als schliesslich der Ernst der Lage im Sommer 1999 erkannt wurde und die Finanzierungsprobleme offen lagen, hat der Bundesrat seine Rolle der skeptischen Geduld und Infragestellung abgelegt und hat direkt in den operationellen Geschäftsablauf37 36

37

Vgl. etwa Antwort zur Interpellation Seiler Bernhard, 99.3024. Bundesrat Pascal Couchepin stellte auch beim Treffen mit der Expo.01-Leitung vom 22. Januar 1999 klar, dass der Bundesrat nur eine gewisse politische Verantwortung trägt.

Der Vorsteher EVD hat den Präsidenten des Strategischen Ausschusses auch in dessen Absicht unterstützt, die Generaldirektorin zu entlassen (vgl. AB 1999 S 943).

2568

der Expo.01 eingegriffen, insbesondere hinsichtlich der Organisation und Finanzierung. Für den Bundesrat bedurfte es demnach einer Krise, um eine Eingriffsmöglichkeit bejahen zu können. Der Vorsteher EVD hat erklärt, dass er die Krise nach der Sitzung mit der Expo-Leitung im Juni 1999 gewünscht hat, um schliesslich seine politische Verantwortung voll wahrnehmen zu können38.

Zusammenfassend erscheint der Geschäftsprüfungskommission die Rolle des Bundesrates bei der Vorbereitung und Begleitung der Expo.01 nicht als ein Beispiel für politische Führungsstärke. Die (allerdings zum grössten Teil selbst gesetzten) Rahmenbedingungen waren aber auch nicht einfach bzw. nicht von Anfang an auf eine Führungsrolle ausgerichtet: ­

Der Bundesrat hat im Einverständnis mit dem Parlament die globale Verantwortung zur Organisation und Durchführung der Expo.01 an einen Verein delegiert.

­

Die politische Verantwortung blieb unklar.

­

Vor dem Debakel gab es nur die Möglichkeit, den Beauftragten Vertrauen entgegenzubringen39.

­

Als die Expo Ende 1998/Anfang 1999 in einer Vertrauenskrise steckte, sah sich der Bundesrat zu Vertrauen erweckenden Reaktionen veranlasst. Durch wiederholte Aussprache des Vertrauens in die Leitenden Vereinsorgane wollte der Bundesrat das Vertrauen der Wirtschaft in die Expo.01 zurückgewinnen. Hinzu gekommen ist mit grosser Wahrscheinlichkeit die Angst, die Situation durch «Einmischung» oder eine kritische Haltung noch zu verschlimmern. In diesem Fall hätte das Scheitern der Expo.01 leicht dem Bundesrat zugeschoben werden können, indem man sein Verhalten so gedeutet hätte, dass er sich nicht hinter die Landesausstellung stellt.

Freilich hätten sich diese Unsicherheiten nicht in gleichem Ausmass ausgewirkt, wenn der Bundesrat seine Rolle und Verantwortung in Bezug auf die Expo.01 von Anfang an klar definiert hätte. Indessen hat der Bundesrat seine Rolle und Verantwortung vorwiegend aus bestehenden externen Meinungen oder Erwartungshaltungen hergeleitet (z.B. auch aus der Notiz der GPK-S vom 9. Juli 1998, welche die Rolle der parlamentarischen Oberaufsicht klärte).

4.3.2

Beurteilung der Interventionen von Bundesrat und EVD anlässlich der Probleme der Expo.01

Die Geschäftsprüfungskommission ging im Rahmen ihrer Abklärungen auch der Frage nach, wie der Bundesrat und der Vorsteher EVD auf die Probleme der Expo.01 reagiert haben, ob rechtzeitig reagiert wurde oder ob sich auf Grund der damaligen Umstände andere oder dringendere Massnahmen aufdrängten.

Die Geschäftsprüfungskommission kann keine schlüssige Antwort auf diese Frage geben. Für die Geschäftsprüfungskommission steht fest: der Bundesrat hat im Nachhinein gesehen der Expo-Leitung zu lange und zu unkritisch vertraut. Es gab immer 38 39

AB 1999 N 1948 Votum des Vorstehers EVD, AB 1999 S 945

2569

wieder Signale, die auf nahende schwerwiegende Finanzprobleme hinwiesen40. Die Generaldirektion hat aber auch immer wieder signalisiert, dass alles unter Kontrolle ist. Zudem haben die verantwortlichen Organe auf Vereinsstufe und der Delegierte die zeitliche und finanzielle Machbarkeit im April 1999 bestätigt. Erst im Mai 1999 sah das Sponsoring auf einmal nicht mehr so positiv aus. Die Generaldirektion bestätigte am 28.5.1999 dem Büro des Strategischen Ausschusses eine Verspätung von drei oder vier Monaten.

Die oben geschilderten Rahmenbedingungen sowie der jeweilige Informationsstand machen durchaus verständlich, wie Bundesrat und EVD damals die Lage beurteilt und die Schlüsse daraus gezogen haben. Ausgehend vom System der Delegation der Verantwortung erklärt sich das Vertrauen und die mangelnde kritische Haltung. In diesem Sinne besteht das Problem wiederum darin, dass der Bundesrat seine Rolle und Verantwortung nicht von Anfang an klar festgelegt und er die Geschehnisse nicht intensiver begleitet und kontrolliert hat.

Die Geschäftsprüfungskommission hat keine Hinweise gefunden, dass der Bundesrat auf Grund klarer und eindeutiger Informationen nicht gehandelt hat. Gewisse Probleme wurden wohl auch vom Bundesrat erkannt, wenn auch in ihrer Bedeutung nicht richtig eingeschätzt. Es gab aber auch widersprüchliche Signale: Risiken einerseits, Relativierungen anderseits und immer wieder positive Stimmung. Positive Feststellungen konnten auch externen Analysen entnommen werden. Als Beispiel sei der Bericht von PriceWaterhouseCoopers über das Gesamtprojektcontrolling vom 5. März 1999 erwähnt. Die Studie kam zum Schluss, dass die bisherigen Controllinginstrumente geeignet waren, die zeit-, kosten- und qualitätsgerechte Vorbereitung der Expo.01 zu unterstützen. Sie verwies zwar auch auf Mängel, die aber einerseits bereits bekannt waren (Informationsprobleme innerhalb des Vereins) oder sich erst in der Realisierungsphase niederschlagen werden. Letztlich ist wohl auch der Bundesrat der von Hayek Engineering festgestellten «Beschönigungsstrategie» der Generaldirektion verfallen, die die Mängel nicht sehen wollte.

Nun zu den Interventionen und der damaligen Lagebeurteilung durch den Bundesrat und das EVD im Einzelnen.

Nach den ersten Zeichen einer Krise innerhalb der Expo-Führung wollte der Vorsteher EVD
Anfang 1999 eine unabhängige Finanzexpertise in die Wege leiten. Der Präsident des Vereins sträubte sich in diesem Zeitpunkt gegen eine vom EVD in Auftrag gegebene Untersuchung, so dass die umfassende unabhängige Expertise um mehrere Monate verzögert wurde.

Am 22. Januar 1999 traf sich der Vorsteher EVD mit der Expo-Leitung zwecks Orientierung über den Stand der Vorbereitung der Expo.01. Auf Grund dieser Aussprache mit der Expo-Leitung kam der Vorsteher EVD zum Schluss, dass die Verschiebung der Expo.01 nicht in Frage kommt. Dabei stützte er sich weitgehend auf die Aussagen der verantwortlichen Organisatoren der Expo.01, die den Abschluss von Sponsoringverträgen als realistisch, das Controlling als wirksam beurteilten und auf

40

Beispielsweise hat das Generalsekretariat EVD am 26. März 1999 aus Anlass der Vorbereitung der Sitzung der Delegation des Bundesrates und auf Grund der Beurteilung des Zwischenberichts der Generaldirektion vom Februar 1999 in einer Notiz festgehalten: «incontestablement, c'est à ce niveau, celui du financement, que la Direction générale va devoir affronter les plus graves problèmes. Cela est déjà perceptible».

2570

getroffene personelle Massnahmen hinwiesen, die das Vertrauen wiederherstellen werden.

Im April 1999 hat der Vorsteher EVD mit dem Delegierten des Bundesrates die Möglichkeit eines Abbruchs erörtert. Der Delegierte erachtete dieses Szenario aus politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Überlegungen für ausgeschlossen.

Die im Januar gegründete Delegation des Bundesrates traf sich erstmals am 21. April 1999 mit der Expo-Leitung, welche über die bestehenden Risiken orientierte. Der Zeitpunkt war insofern schlecht gewählt, als der nächste Meilenstein und damit eine Projektübersicht erst Ende April vorlag. Dies gab der Generaldirektorin des Vereins Gelegenheit, für nähere Informationen auf diesen Zeitpunkt zu verweisen. Die Generaldirektorin führte aus, dass der Dialog innerhalb des Vereins und mit den potenziellen Partnern unterschätzt wurde. Die Verspätung in den Terminen sei im Moment nicht kritisch. An dieser Aussprache versicherte jedes Direktionsmitglied und auch der Delegierte des Bundesrates, dass die Landesausstellung zeitlich und finanziell machbar ist. Am 27. April 1999 hat der Vorsteher EVD in einer Notiz den Gesamtbundesrat über dieses Treffen orientiert. Der Tenor dieser Notiz war: Die Schwierigkeiten von Ende 1998 sind überwunden, kürzliche Fortschritte im Sponsoring lassen auf genügend Finanzen für den Bau im Sommer hoffen, der technische Bereich bereitet keine Probleme (jedoch verfügte Biel immer noch nicht über eine Baubewilligung). Der künstlerische Bereich ist im Termin. Keine besonderen Probleme bei Marketing und Kommunikation.

Am 22. Juni 1999 fand das zweite Treffen der Bundesratsdelegation mit der Expo.01-Leitung statt. Die Notiz des Vorstehers EVD an den Bundesrat gibt den Tenor der Aussprache wieder: Die Atmosphäre innerhalb des Vereins ist noch nie so gut gewesen. Die Beziehungen zur Wirtschaft haben sich verbessert, alle Kantone nehmen Teil an Projekten und die Generaldirektion ist verstärkt. Risiken sind die Finanzierung der Sicherheit, das Ticketing und die Frist für den Abschluss der Sponsoringverträge. Es fehlen 100 Millionen bis zur Erreichung der 350 Millionen. Mit den Bauarbeiten muss aber begonnen werden. Der Bundesrat wird seine Unterstützung der Expo.01 durch die Präsenz des Vorstehers EVD bei der Grundsteinlegung am 29. Juni 1999 in Cornaux manifestieren.
Solche positive Lagebeurteilungen der Regierung tauchen auch in Antworten zu parlamentarischen Vorstössen auf. Als Beispiel sei hier aus der Antwort vom 26. Mai 1999 auf die Interpellation Seiler Bernhard41 zitiert: «...Die Projektleitung schreitet mit der Beschaffung der Mittel planmässig voran ....die Einhaltung des ehrgeizigen Zeitplans ist gewährleistet ....die Expo.01 ist auf gutem Wege». Oder aber aus der Antwort vom 26. Mai 1999 auf die Dringliche Einfache Anfrage42 der Fraktion der SVP: «...Heute, nachdem die vakanten Direktionsstellen neu besetzt, das Kommunikationskonzept geklärt und der Projektstand durch externe Fachleute überprüft wurden, kann gesagt werden, dass die Expo wieder über eine effiziente Führungs- und Kommunikationsstruktur verfügt». Solche Beispiele zeigen aber auch, dass sich der Bundesrat auf die Einschätzung der Generaldirektion bezüglich Fristen und Finanzen verlassen hat, ohne diese Beurteilung kritisch zu hinterfragen.

41 42

99.3024 99.1017

2571

Erst nach dem Ultimatum der Direktoren gegenüber der Generaldirektorin und deren Entlassung hat sich der Bundesrat in den operationellen Ablauf der Expo.01 eingeschaltet. In zahlreichen Treffen mit Vertretern des Strategischen Ausschusses und der Wirtschaft im Sommer 1999 wirkt der Vorsteher EVD auf eine Organisationsänderung hin und veranlasst eine Expertise, die vom Strategischen Ausschuss an Hayek Engineering vergeben wurde.

Was nachher geschah (Vorbereitung der Botschaft für einen Zusatzkredit für die Landesausstellung), ist bekannt.

Fazit zur Rolle des Bundesrates: Der Bundesrat hat sich nicht hinreichend mit den Grundlagen der Expo.01 befasst. Er hat seine Vorstellungen über die Organisationsstruktur nicht durchgesetzt, die Finanzierung falsch beurteilt und auch die übrige Machbarkeitseinschätzung unkritisch und vorschnell übernommen. Die Herausforderungen der Vorbereitung der Landesausstellung hat er (auch verwaltungsintern) unterschätzt. Er hat die Verantwortung nicht qualifiziert genug delegiert.

Ferner hat der Bundesrat das Projekt nicht unter seinen Prioritäten eingestuft, die Vorarbeiten kaum begleitet und die politische Verantwortung des Bundes in Bezug auf die Landesausstellung verkannt. Auf Grund dieser Fehleinschätzung hat der Bundesrat der Vereinsleitung der Expo.01 sehr lange vertraut und sich zurückgehalten.

4.4

Rolle der Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss (insbesondere des Delegierten des Bundesrates)

Begleitet wurde die Expo.01 von Bundesseite vor allem durch die Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss des Vereins EXPO 2001. Diese haben die Koordination und Verbindung vom Bund zum Verein hergestellt. Innerhalb des Strategischen Ausschusses hatten sie sich dafür einzusetzen, dass die vom Parlament anlässlich der Kreditgewährung gestellten Bedingungen respektiert werden, insbesondere auf dem Gebiet des Umweltschutzes, des Transports und der Verwendung der Bundesgelder. Die Geschäftsprüfungskommission hat im Rahmen dieser Untersuchung Auftrag und Rolle der Bundesvertreter sowie ihre Informationspolitik gegenüber Bundesverwaltung und Bundesrat abgeklärt. Um die Rolle und den Einfluss innerhalb des Strategischen Ausschusses beurteilen zu können, hat die Geschäftsprüfungskommission dem Vorsteher EVD und den Bundesvertretern entsprechende Fragen unterbreitet. Wichtig für eine Beurteilung ist auch der Einbezug der Rahmenbedingungen, unter welchen die Bundesvertreter ihr Mandat ausübten.

4.4.1

Auftrag und Rolle der Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss

Die Ernennung der drei Vertreter des Bundes in den Strategischen Ausschuss erfolgte auf Grund eines Antrags des EVD an den Bundesrat vom 31. Dezember 1996.

Die Wahl der Vertreter des Bundes fiel auf Personen, die bereits seit Beginn im Zusammenhang mit der Landesausstellung in der interdepartementalen Koordinationsgruppe (Groupe interdépartemantale de coordination; GIC) Einsitz hatten. Der Ver2572

treter des EVD betreute das Dossier Landesausstellung bereits seit September 1995, zunächst in seiner Funktion als Berater des damaligen Vorstehers EVD, danach als Delegierter des Bundesrates (mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom Oktober 1998).

Als Delegierter des Bundesrates war er bis Ende Juni 2000 eingesetzt. Sein Pensum betrug 50% (daneben stand ihm ein Stellvertreter teilzeitmässig zur Seite). Die andern zwei Vertreter gehörten dem EFD und dem EDI bzw. ­ nach dem Departementswechsel des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) ­ dem UVEK an. Diese Vertreter wurden von keiner ihrer regulären Aufgaben in der Bundesverwaltung entbunden.

Betreffend das Pflichtenheft hielt das EVD im erwähnten Antrag fest, dass die Finanzierung der Landesausstellung und insbesondere der Beitrag von 130 Millionen Franken eine permanente und qualifizierte Beobachtung der Dienste der Bundesverwaltung während der ganzen Dauer der Landesausstellung verlange. Auch müsse die Aufteilung des Kredits von 20 Millionen Franken für die Bundesprojekte koordiniert werden. Ebenfalls eng begleitet werden müssen gemäss EVD die Bereiche Kultur und Umweltschutz. Generell sind die Interessen der allgemeinen Bundesverwaltung wahrzunehmen.

Konkretisiert wird das Pflichtenheft des Delegierten des Bundesrates im Strategischen Ausschuss durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag vom Oktober 1998 (der retrospektiv auf den 1. April 1998 in Kraft getreten ist). Dieser Vertrag enthält im Wesentlichen folgende Aufgaben: ­

Sicherstellen der Verbindung zwischen Bund und Organisation der Landesausstellung

­

Präsidium der interdepartementalen Koordinationsgruppe (GIC)

­

Führung und Vorbereitung ­ mit den interessierten Diensten der Bundesverwaltung ­ der Arbeiten im Zusammenhang mit der Landesausstellung (insbesondere Beteiligung des Bundes als Aussteller)

­

Information der Öffentlichkeit gemäss Bedarf (in Zusammenarbeit mit dem Pressedienst des EVD)

­

Erstellen von Vorschlägen, Aussprache- oder angeforderten Informationspapieren über den Fortgang der Arbeiten und den fixierten Kalender zuhanden des Bundesrates (über den Vorsteher EVD).

Die Vertreter des Bundes teilten sich in ihren Aufgaben, je nach Geschäften, die zu behandeln waren. Der Vertreter des EFD widmete sich besonders den Finanzaspekten, jener des UVEK nahm sich vor allem der Umweltschutzfragen an.

Die Geschäftsprüfungskommission hat festgestellt, dass eine starke Rolle der Bundesvertreter von Anfang an und von verschiedenen Seiten nicht erwünscht war. Der Delegierte des Bundesrates hat bereits bei seinem Amtsantritt vom damaligen Vorsteher EVD die Empfehlung erhalten, nicht den «politischen Kommissär» zu spielen oder zu versuchen, im Strategischen Ausschuss eine Führungsrolle auszuüben. Die Bundesvertreter sollten auch nicht als Oberkontrolleure hinsichtlich der Finanzen auftreten, da dieses Mandat von der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) wahrgenommen würde. Die Mitglieder des Strategischen Ausschusses sind ihrerseits nicht auf den wiederholten Vorschlag des Delegierten eingetreten, ihm im Büro des Strategischen Ausschusses den gleichen Status mit allen Rechten einzuräumen. Damit blieb es dabei, dass der Delegierte des Bundesrates im Büro des Strategischen 2573

Ausschusses lediglich einen Beobachterstatus ohne Stimmrecht inne hatte. Auch auf andere Forderungen der Bundesvertreter sind die Vereinsorgane nicht eingetreten mit der Begründung der privaten Natur des Mandats und dem bescheidenen finanziellen Engagement des Bundes (90 Millionen von insgesamt 1,4 Milliarden). Sie waren der Ansicht, dass damit die Stellung des Bundes in den leitenden Organen der Expo unverhältnismässig gestärkt worden wäre.

Bei der Beurteilung der Rolle, welche die Bundesvertreter ausübten, hat die Geschäftsprüfungskommission festgestellt, dass die Bundesvertreter mit ungünstigen Rahmenbedingungen zu kämpfen hatten. Allem voran ist auf das Funktionieren des Strategischen Ausschusses selbst und dessen Arbeitsweise zu verweisen. In Kapitel 3.3.2 wurde bereits erwähnt, dass der Strategische Ausschuss gegenüber der Generaldirektion keine Führungs- und Kontrollfunktion wahrgenommen hat. Entsprechend fiel es auch den Bundesvertretern schwer, sich gegenüber der Generaldirektion durchzusetzen. Sie fühlten sich durch das Umfeld in vielen Fragen moralisch zur Zurückhaltung verpflichtet oder sogar machtlos. Dennoch konnten sie in wichtigen Bereichen ihren Einfluss geltend machen (siehe dazu den folgenden Abschnitt).

Die Vertreter beurteilten die Arbeitsweise im Strategischen Ausschuss als sehr schwierig. Anfangs fehlte eine Traktandierung, die Unterlagen wurden zu kurzfristig zugestellt. Hinzu kamen Informationsdefizite und mangelnder Einbezug in die Entscheidungsabläufe wegen der Zurückhaltung der Generaldirektion. Für die Überwachung der Finanzen stand ihnen wohl auch zu wenig Kapazität zur Verfügung.

Schliesslich hatten sie wenig Erfahrungen mit solchen Projekten.

4.4.2

Hauptsächliche Einfluss- und Interventionsbereiche der Bundesvertreter im Strategischen Ausschuss

In sachlichen Fragen hatten die Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss vor allem Einfluss auf die Umwelt- und Raumplanungsfragen, Dienste der Armee und die Finanzfragen (in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Finanzkontrolle).

Im organisatorischen Bereich hat sich der Vertreter des EFD sofort nach Antritt seines Mandats um den Aufbau einer ordnungsgemässen Finanzaufsicht bemüht. Bereits Mitte 1997 wurde die Eidgenössische Finanzkontrolle (gemeinsam mit Vertretern der Finanzkontrolle der Kantone Bern und Jura) mit dieser Aufgabe betraut.

Es wurde ein Pflichtenheft erstellt und das Reportingwesen organisiert. Bei andern wichtigen Fragen hatten die Bundesvertreter keinen Einfluss, da diese bereits festgelegt waren (z.B. die Finanzmethode des «simultaneous engineering» oder die Zweiteilung des Budgets in ein internes und externes).

Auch betreffend die vereinsinternen Probleme und Mängel bei der Vorbereitung der Expo.01 sind die Bundesvertreter interveniert. Sie haben angegeben, verschiedentlich wegen der finanziellen Situation, der ungenügenden Qualität der Dokumente (insbesondere der mangelnden Transparenz des Budgets) sowie wegen der Kommunikationsabsenz zwischen der Generaldirektion und dem Strategischen Ausschuss eingeschritten zu sein. Immer wieder haben sie sich für geordnete Abläufe, für genügend Vorbereitungszeit und mehr Seriosität bei der Arbeit gewehrt. Auch an das Generalsekretariat des Strategischen Ausschusses ist man gelangt und stellte dann fest, dass auch dieses von der Generaldirektion nicht entsprechend informiert wird (auf Grund eines gegenseitigen Vertrauensmankos). Die Vertreter des Bundes 2574

mussten mit den aufkommenden Finanzierungsproblemen auch verschiedentlich daran erinnern, dass die bewilligte Defizitgarantie (20 Millionen) keinesfalls eine Reserve darstelle und nicht erwartet werden soll, dass diese Garantie aufgestockt wird. Die Bundesvertreter intervenierten im Mai 1999, nachdem die Generaldirektion ein Budget mit einem Anstieg der Infrastrukturkosten von über 100 Millionen Franken vorgelegt hatte und die Mehrkosten entweder durch höheres Sponsoring oder Outsourcing von Risikoposten auffangen wollte. Diese Kostensteigerung wurde überhaupt erst ersichtlich auf Grund der erstmals konkretisierten Kostenvoranschläge der Vorprojekte und des Businessplanes. Anlässlich der Sitzung des Strategischen Ausschusses vom 18. Juni 1999 beantragten die Bundesvertreter konkrete Massnahmenvorschläge betreffend das «finanzielle Riskmanagement» sowie betreffend Einhaltung des Budgets 8. Sie forderten innerhalb des Strategischen Ausschusses ein besser abgesichertes Sponsoring sowie nötigenfalls Redimensionierungsvorschläge. Der Strategische Ausschuss erteilte der Generaldirektion den klaren Auftrag, bis Ende Juli 1999 Vorschläge für die Einhaltung des Budgets 8 zu präsentieren sowie die Lage über das Sponsoring zu analysieren.

Was die Erkennung der tatsächlichen Tragweite der Probleme der Expo.01 betrifft, ist es den Vertretern des Bundes auch nicht anders ergangen als den übrigen Mitgliedern des Strategischen Ausschusses und später dem Bundesrat. Sie haben ihr Vertrauen immer wieder erneuert (nicht zuletzt, nachdem der Vorsteher EVD dem Verein im Mai 1999 selbst das Vertrauen ausgesprochen hat). Zu den Gründen dieses Vertrauens ist in diesem Bericht bereits wiederholt etwas gesagt worden (Informationsdefizite, positive oder widersprüchliche Signale usw.). Nach Angaben der Bundesvertreter hat damals nichts darauf hingewiesen, dass die erkannten und identifizierten Risiken nicht hätten gemeistert werden können, oder noch weniger, dass eine Häufung der Risiken das Projekt mit Sicherheit in Gefahr bringen würde. Jedenfalls wurden die Bundesvertreter wie auch die Mitglieder des Strategischen Ausschusses im Sommer 1999 überrascht vom tatsächlichen Eintreten und Ausmass des Liquiditätsengpasses und den schlechten Finanzperspektiven.

Die Geschäftsprüfungskommission teilt auf Grund der Abklärungen die
Auffassung des Vorstehers EVD, dass die Bundesvertreter in den Folgen, die die Generaldirektion ihren Interventionen gegeben hat, zu wenig insistiert haben. Die Geschäftsprüfungskommission hat ausserdem festgestellt, dass die Vereinsleitung in technischen Fragen den Vertretern des Bundes durchaus gefolgt ist, nicht aber in operativen Fragen.

4.4.3

Informationen und Interventionen der Bundesvertreter gegenüber Bundesrat und Bundesverwaltung

Die Geschäftsprüfungskommission kann sich in diesem Kapitel kurz fassen, denn bereits in Kapitel 3.3.4 wurde ausgeführt, dass der Informationsfluss zwischen den Bundesvertretern und dem Bundesrat sowie der Bundesverwaltung ungenügend war.

Auch zu den Gründen wurde dort etwas gesagt. Vorneweg sei erwähnt, dass die Information des Bundesrates bzw. Vorstehers EVD vor allem Aufgabe des Delegierten des Bundesrates war. Die andern Vertreter haben sich darauf beschränkt, in ihren Departementen zu informieren. In diesem Kapitel wird ausschliesslich der Informa2575

tionsfluss vom Delegierten zum Bundesrat bzw. federführenden Departement (EVD) beurteilt.

Auf die Frage des Informationsflusses geben der Schlussbericht des Delegierten sowie dessen Informationsnotizen Antwort. In Ersterem führt der Delegierte aus, dass er anfangs regelmässige mündliche Kontakte zum ehemaligen Vorsteher EVD hatte, diese Kontakte später bedingt durch die Krankheit des Vorstehers rarer wurden.

Beim heutigen Vorsteher spürte der Delegierte wenig Interesse. Auf Bundesebene hätten seine Interventionen keine Reaktion ausgelöst.

Was die Information über vereinsinterne Probleme betrifft, wurde sich der Strategische Ausschuss selbst erst sehr spät dieser Probleme bewusst. Entsprechend spät (gegen Ende 1998) setzte die diesbezügliche Information des Delegierten ein. Die personellen Probleme innerhalb der Generaldirektion wurden bereits im Frühjahr 1997 erkannt. Ende 1998 wurde sich der Strategische Ausschuss des erhöhten Risikos, der Kostenentwicklung im Baubereich und der ungenügenden Bereitschaft der Privatwirtschaft zur Finanzierung der Ausstellungsprojekte bewusst. In der Anfangphase der Vorbereitungen hat der Delegierte es nicht für nötig gehalten, den Bundesrat über die Mängel zu alarmieren, da der Präsident des Vereins sich für eine verbesserte Arbeitsweise des Strategischen Ausschusses einsetzte43. Nachher, insbesondere seit dem Frühjahr 1999, sah sich der Delegierte umso mehr der Informationspflicht entbunden, da der Vorsteher EVD direkte persönliche Kontakte mit den Führungsgremien des Vereins pflegte und sich «aus erster Hand» informierte. Inhalt der Informationsnotizen des Delegierten waren in erster Linie die (heute bekannten) vereinsinternen Probleme, der Stand der Dinge, Stellungnahmen zu aufgeworfenen Fragen oder die Vorbereitung der Treffen des Bundesrates mit der Expo-Leitung. Betreffend die Ende 1998 bekannt gewordenen Führungsprobleme (nach dem Ausscheiden des technischen Direktors sowie der künstlerischen Direktorin) hat der Delegierte kein drastisches Einschreiten des Bundes empfohlen. Er begründete dies mit der Einsicht und den versichernden Zusagen der Generaldirektion und dem offenbarten Willen des Strategischen Ausschusses, die Kontrolle zu verstärken. Keine der Informationsnotizen kann nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission als echtes Alarmzeichen gewertet
werden. Dies bedeutet keineswegs, dass man sich der Tragweite der kommenden Probleme nicht bewusst war. Das Generalsekretariat EVD hat beispielsweise am 26. März 1999 aus Anlass der Vorbereitung der Sitzung der Delegation des Bundesrates und auf Grund der Beurteilung des Zwischenberichts der Generaldirektion vom Februar 1999 in einer Notiz festgehalten: «incontestablement, c'est à ce niveau, celui du financement, que la Direction générale va devoir affronter les plus graves problèmes. Cela est déjà perceptible». In der Folge ist es der Generaldirektion ­ wie bekannt ist ­ gelungen, solche Bedenken zu zerstreuen und positive Signale zu streuen.

Fazit zur Rolle der Bundesvertreter im Strategischen Ausschuss: Die Bundesvertreter im Strategischen Ausschuss hatten keine starke Rolle inne und es fehlte ihnen an Durchsetzungskraft. Sie verfügten nicht über ein operationelles Pflichtenheft. Die Rahmenbedingungen für die Ausübung ihres sehr offenen Mandats waren denkbar ungünstig. Die Voraussetzungen für eine wirksame Vertretung der Bundesinteressen 43

Der Delegierte ist zwar betr. die mangelnde Information des Strategischen Ausschusses durch die Generaldirektion zweimal an den ehemaligen Vorsteher EVD gelangt, ohne dass dies allerdings unmittelbare Folgen gehabt hätte.

2576

waren aus verschiedenen Gründen nicht gegeben. Die Bundesvertreter wurden teilweise von Seiten des Bundes, teilweise von Seiten des Vereins zur Zurückhaltung ermahnt und auf die geringe finanzielle Beteiligung des Bundes verwiesen. Die Bundesvertreter waren selbst Teil eines Gremiums, welches die Führungs- und Kontrollfunktion gegenüber der Generaldirektion nicht wahrnahm und unter Informationsdefiziten litt. Daneben fehlten den Bundesvertretern die Erfahrung im Umgang mit solchen Grossprojekten und die zeitlichen Kapazitäten. Ausserdem fehlte ihnen die Abstützung durch den Bundesrat. Ihre Arbeit hat auf Bundesebene keine Reaktionen ausgelöst. Der Informationsfluss zwischen den Bundesvertretern und dem Bundesrat (inklusive Bundesverwaltung) hat nicht funktioniert.

4.5

Die Rolle der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK)

4.5.1

Auftrag und Rahmenbedingungen der Finanzaufsicht der EFK über die Expo.01

Die Leistungen des Bundes im Rahmen des Bundesbeschlusses vom 10. Dezember 1996 über einen Bundesbeitrag an die Landesausstellung 2001, nämlich Direktbeiträge und Defizitgarantie, stellen Finanzhilfen im Sinne des Subventionsgesetzes (SR 616.1) dar. Gemäss Artikel 8 Absatz 1 Bestimmung b Finanzkontrollgesetz (SR 614.0) erstreckt sich die Aufsicht der EFK auch über die Empfänger der Finanzhilfen. Diese wird nach den Kriterien der Ordnungsmässigkeit, der Rechtmässigkeit und der Wirtschaftlichkeit wahrgenommen (Art. 5 FKG). In der Gestaltung der ihr zustehenden Finanzaufsicht ist die EFK frei.

Die Rolle der EFK war indessen auch nicht von Anfang an klar definiert. Die EFK hat im ersten Quartal 1997 mit der Vereinsleitung und den beteiligten Kantonen die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten geklärt. Die Finanzaufsicht wurde bei der EFK als Kontrollorgan des grössten Finanzhilfeleisters konzentriert. Folgende Abgrenzungen wurden vorgenommen: ­

Die Finanzaufsicht der EFK umfasst keine Navigationshilfen im Sinne eines mitschreitenden Einnahmen- und Ausgabencontrollings. Dies ist Aufgabe des internen Kontrollsystems. Die EFK berücksichtigt indessen die entsprechenden Berichte der Revisionsstelle, der Kontrollkommission für das Vergabewesen und des Controllings bei der Beurteilung des Finanzgebarens.

­

Verantwortlich für die interne Organisation und Mittelverwendung und somit für ein wirkungsvolles internes Kontrollsystems ist die Leitung des Vereins (Strategischer Ausschuss, Büro und Generaldirektion).

­

Die EFK steht ausserhalb des Vereins und hat keine Weisungskompetenzen.

Die Abklärungen der EFK erfolgen in der Regel ex post. Sie ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften selbstständig und unabhängig. Um den kantonalen Anliegen nachzukommen, arbeitet die EFK eng mit den Finanzkontrollen der Kantone Bern und Jura zusammen.

­

Bei ihren Prüfungen stützt sich die EFK auf die Ergebnisse der anderen zuständigen Kontrollorgane. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Generaldirektion über eine Reihe von Controlling- und Kontrollinstrumenten verfügte

2577

(insbesondere die «Rapports du Planing stratégique», die «Analyses Milestones», das «Controlling financier», die Budgetkontrolle, die Baukostenund Qualitätskontrolle sowie die Gesamt-Terminplanung und Kontrolle).

Unabhängige Aufsichts- und Kontrollorgane waren neben der EFK die Revisionsstelle (1996/97 ATAG Ernst & Young SA, seit 1998 PricewaterhouseCoopers SA), die «Commission d'adjudication des mandats (Kontrollkommission für die Vergabe der Aufträge). Sämtliche Controlling- und Kontrollorgane sind im Bericht von PricewaterhouseCoopers vom 5. März 1999 über die Überprüfung des Gesamtprojektcontrollings aufgeführt und näher umschrieben. Das Ungenügen all dieser Kontrollinstrumente und -organe hat Hayek Engineering in seiner Standortbestimmung vom September 1999 festgestellt (Fehlen eines zentralen Controllings und kein Beizug gewisser Kontrollorgane usw.).

Diese Rahmenbedingungen machen ersichtlich, dass die EFK keine unmittelbaren Einflussmöglichkeiten auf das Finanzgebaren des Vereins EXPO 2001 hatte. Ausserdem erachtete es die EFK angesichts der Mittel, die der Bund anfangs für die Expo.01 einsetzte (1996: 1,5 Mio. Fr.; 1997: 19,6 Mio. Fr.; 1998: 30 Mio. Fr.) als nicht angebracht, einen unverhältnismässigen Revisionsaufwand zu betreiben. Das Schwergewicht lag deshalb 1998/99 bei Konzeptprüfungen. Die Präsidentenkonferenz der Kontrollkommissionen der eidgenössischen Räte hat wohl damals die Rolle der EFK überschätzt, als sie die zentrale Bedeutung der EFK bei der Aufsicht über die von der öffentlichen Hand bereitgestellten Mittel in einem Schreiben vom 17. Dezember 1998 festhielt. Um Missverständnisse und falsche Erwartungen zu vermeiden, hat die EFK mit Schreiben vom 19. Januar 1999 ihre Rolle allerdings im obigen Sinne präzisiert.

Gemäss Aussagen der EFK erachtete sie die dezentralen Strukturen, die mangelnde Transparenz und Disponibilität der Auskunftspersonen im Verein als die grössten Schwierigkeiten bei der Ausübung ihres Mandats.

4.5.2

Feststellungen und Interventionen der EFK

Die EFK stellte keine besonderen Vorkommnisse oder Mängel von grundsätzlicher oder erheblich finanzieller Bedeutung fest, die eine direkte Orientierung des Vorstehers EVD oder des Vorstehers EFD im Sinne von Artikel 15 Absatz 3 FKG verlangt hätten. Die schriftlichen Berichte der EFK gingen an den Präsidenten des Strategischen Ausschusses zur Stellungnahme, an den Delegierten des Bundesrates sowie die Leiter der Finanzkontrollen der Kantone Bern und Jura zur Orientierung der vorgesetzten Stellen. Eine Zusammenfassung der Prüfungsergebnisse ging an die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (mit Beilage aller einschlägigen Akten).

Diese Orientierung der Finanzdelegation ist anfangs auf den Widerstand der Vereinsleitung gestossen. Nach Vorstellung des Strategischen Ausschusses sollte die Finanzdelegation nur im äussersten Fall («dernière extrémité») orientiert werden.

Dies zeugt von dem bereits festgestellten Misstrauen gegenüber einer zu grossen Einflussnahme der Bundespolitik und der Angst, dass Internas ungefiltert nach aussen dringen. Die Abwehrhaltung gegenüber der EFK ging in einem Fall sogar so weit, dass dem Vertreter der EFK mit rechtlichen Schritten im Zusammenhang mit einer Aussage betreffend Spesenregelung im Bericht der EFK gedroht wurde.

2578

Die wesentlichsten Feststellungen der EFK betrafen folgende Punkte: Bei der Prüfung der Rechnung 1996/97 stellte die EFK fest, dass der Verwaltung der Finanzen nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird. Ausserdem beanstandete sie, dass viele Verträge zu Festpreisen abgeschlossen wurden, obwohl im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses das Ausmass der Leistungen noch nicht genau definiert werden konnte. Daraus resultierte die Gefahr von übersetzten Preisen. Gemäss EFK hat die Vereinsleitung in der Folge die nötigen Massnahmen getroffen, um die beanstandeten Punkte zu bereinigen.

Bei der Prüfung der Rechnung 1997 wurden Schwachstellen im internen Kontrollsystem geortet: Die Abteilungsverantwortlichen visierten z.T. ihre persönlichen Rechnungen und die ihrer eigenen Firmen, die Visa-Regelung bei Dienstreisen vermochte nicht zu befriedigen, die Benützung der Kreditkarten war nicht klar geregelt. Bei verschiedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Vereins EXPO 2001 fehlten die Anstellungsverträge. In Einzelfällen stellte die EFK eine grosszügige Abgeltungspraxis fest. Die Spesenabgeltung der Mitglieder der Generaldirektion war unterschiedlich geregelt. In einem Fall wurde nicht nach Vertrag abgerechnet. Unklar war zudem der Zugriff der Vereinsleitung auf Instrumente der finanziellen Führung.

Der Präsident des Strategischen Ausschusses begrüsste diese Anregungen der EFK und stellte insbesondere eine Regelung der Visaberechtigung und die Aufarbeitung der Verträge in Aussicht.

Bei der Prüfung der Rechnung 1998 stellte die EFK im Mai 1999 jedoch fest, dass der zeitgerechte Abschluss der schriftlichen Verträge in verschiedenen Fällen immer noch nicht realisiert wurde. Bei der Abrechnung von Aufträgen vermisste sie eine unabhängige Stelle, welche die vertragskonforme Abrechnung sicherstellt. Ferner hat sie auf die Aufgaben des Einnahmen- und Ausgaben-Controllings mit entsprechendem Informationsbedürfnis des Strategischen Ausschusses aufmerksam gemacht. Die EFK hatte zudem den Eindruck, das die Finanzdirektion den Strategischen Ausschuss nur summarisch und in der Regel kurzfristig über Entwicklungen mit finanziellen Auswirkungen und über allfällige Budgetanpassungen orientiert. Sie vermisste die Bereitschaft der Finanzdirektion der EXPO 2001, die Transparenz der Rechnung zu verbessern und den Bedürfnissen
der Informationsempfänger gerecht zu werden. Der Bericht von PricewaterhouseCoopers vom 5. März 1999 bestätigte, dass die Aufbereitung der Zahlen und vor allem die Orientierung der strategischen Organe nicht zu befriedigen vermochten. Besonders wichtig war schliesslich der Hinweis der EFK, dass das Budget 1999 keine Reserven mehr enthielt. Mehrkosten mussten durch Mehreinnahmen oder durch Abstriche bei andern Kosten ausgeglichen werden. Mit dieser Feststellung zeigte die EFK die unbefriedigende Situation bei den Finanzen auf.

Fazit zur Rolle der EFK: Die EFK hat ihre Rolle zurückhaltend definiert. Es fehlte ein Auftrag, wie er für die Begleitung der Expo.02 nun vorgesehen ist. Trotz der eingeschränkten Prüfungstätigkeit hat die EFK wesentliche Mängel aufgedeckt. Ihre Feststellungen werfen ein fragwürdiges Licht auf die Geschäftsführung der Vereinsorgane in Sachen Finanzen. Obschon die EFK auf verschiedene Mängel hinwies und auch auf die unbefriedigende Situation bei den Finanzen aufmerksam machte, hat sie keine eigentliche Alarmierung von Bundesrat oder Parlament vorgenommen. Tatsache ist aber, dass auch keines der bestehenden internen Controlling-Organe die Alarmglocke läutete. Auf Grund ihrer Stellung und den erwähnten Rahmenbedin-

2579

gungen kann der EFK kein Vorwurf gemacht werden, die Situation nicht erkannt oder falsch reagiert zu haben.

4.6

Rolle der Interdepartementalen Koordinationsgruppe (GIC)

Die interdepartementale Koordinationsgruppe (Groupe interdépartemental de coordination; GIC) musste im Laufe der Zeit grundlegend verschiedene Aufgaben wahrnehmen.

Der Bundesrat hat im Jahre 1995 eine interdepartementale Koordinationsgruppe eingesetzt, um die Botschaft über einen Beitrag des Bundes an die Landesausstellung 2001 vorzubereiten und um stets über einen Ansprechpartner aus jedem Departement und der Bundeskanzlei zu verfügen. In einer zweiten Phase hatte die GIC die Aufgabe, die Machbarkeitsstudie des Vereins auszuwerten und einen Antrag an den Bundesrat vorzubereiten. Die GIC äusserte sich mehrheitlich positiv zum Konzept.

Kritische Stimmen gab es vor allem zum Verkehrs- und Umweltbereich. Für die Analyse der Machbarkeitsstudie standen ihr allerdings sehr wenig Zeit und Mittel zur Verfügung. Sie konnte deshalb die Machbarkeitsstudie nicht vertieft prüfen und musste sich auf Bereiche der Bundeskompetenzen oder jene Bereiche begrenzen, welchen der Bundesrat bei der Auswahl der Landesausstellung wesentlich Gewicht beigemessen hatte. Nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission kann man bereits die Machbarkeitsstudie an sich in Frage stellen. Das damalige Vereinskomitee verfügte nicht über die nötigen Mittel, um die Machbarkeit sorgfältig abzuklären. In einer dritten Phase nahm die GIC die Aufgabe wahr, die Kontakte zwischen der Bundesverwaltung und der Generaldirektion der Expo.01 zu koordinieren. In einer vierten Phase schliesslich bestand die Aufgabe der GIC darin, die Ausstellungen des Bundes vorzubereiten. Diese Aufgabe beanspruchte in der Folge die GIC vollumfänglich.

Gemäss Beurteilung des Vorstehers EVD litt die GIC zweifellos an einem Mangel an Einfluss. Vor allem fehlte ihren Mitgliedern in der Regel der direkte Zugang zu den Vorgesetzten auf Departementsstufe. Deshalb gelangten die Informationen nicht an die Adressaten, sei es weil die Mitglieder der GIC das Interesse der Departementsvorsteher oder der Vorgesetzten nicht wecken konnten oder weil diese den Informationen keinen besonderen Stellenwert beimassen. Die Effizienz der GIC litt unter dem Milizcharakter dieses Gremiums, denn ausser dem Präsidenten (dieser war gleichzeitig der Delegierte des Bundesrates) konnten die Mitglieder nur einen kleinen Teil ihrer Arbeitszeit dieser Aufgabe widmen.

Angesichts des Milizcharakters
ist die Geschäftsprüfungskommission umso mehr erstaunt, dass die GIC ganz unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen musste (politische Entscheidvorbereitung, Koordinations-, Kontroll- und Managementfunktionen).

Auf Grund der Abklärungen ist die Geschäftsprüfungskommission überzeugt, dass das Gremium nicht für alle Aufgaben geeignet war. Für die inhaltliche Entwicklung der Ausstellungen des Bundes hat die GIC bestimmt eine beachtliche Arbeit geleistet. Es fehlte den Mitgliedern der GIC in keiner Weise an Kreativität und Engagement. Im Bereich des Projektmanagements verfügte hingegen die GIC über zu wenig Erfahrung, um die Kosten, Zeit und Qualität bei der Projektentwicklung integral

2580

zu kontrollieren. Es genügt an dieser Stelle ein Hinweis auf die Ausführungen in Kapitel 3.3.4.

Fazit zur Rolle der GIC: Die GIC hatte grundlegend verschiedene Aufgaben wahrzunehmen. Das Gremium war nicht für alle Aufgaben geeignet. Die GIC litt an einem Mangel an Einfluss und unter ihrem Milizcharakter. Die Prüfung der Machbarkeitsstudie erfolgte lediglich oberflächlich. Bei der Begleitung der Bundesprojekte mangelte es der GIC an Projekterfahrung und einer klaren Zuteilung der Verantwortung, um die Kosten, Zeit und Qualität der Projektentwicklung zu kontrollieren.

Bei der inhaltlichen Betreuung der Bundesprojekte fehlte es aber keineswegs an Kreativität und Engagement.

5

Exkurs: Rückblick auf die Landesausstellungen von 1883, 1896, 1914, 1939 und 1964

Die Subkommission EFD/EVD der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates hat am 17. November 2000 dem Bundesarchiv einige Fragen zu den vergangenen Landesausstellungen seit 1883 unterbreitet (betreffend die Trägerschaften, die Vorbereitung, die Verschiebungen, die Finanzierung, die organisatorischen Probleme und die öffentliche Rezeption der Landesausstellungen).

Das Bundesarchiv hat die Fragen soweit beantwortet, als dies in der zur Verfügung stehenden Zeit (bis am 10. Januar 2001) und beim heutigen Stand der historischen Forschung möglich war.

Die Geschäftsprüfungskommission dankt an dieser Stelle dem Bundesarchiv für seine Bereitschaft, dass es diese Informationen in so kurzer Zeit aufbereitet hat. Die Kommission betrachtet den historischen Beitrag des Bundesarchivs als eine wertvolle Ergänzung der vorliegenden parlamentarischen Untersuchung. Ohne weitere Bemerkungen zu machen, verweist die Geschäftsprüfungskommission auf den Bericht des Bundesarchivs im Anhang zum vorliegenden Kommissionsbericht.

6

Zusammenfassende Beurteilung

Die vorangehenden Ausführungen und bereits existierende Berichte44 sowie die bereits geführte politische Diskussion zeigen, dass eine Vielzahl von einzelnen Problemen, Umständen und Fehlentscheidungen auf unterschiedlichen Gebieten und Stufen zum Scheitern der Expo.01 führten. Nur sehr langsam setzte sich bei den verantwortlichen Organisatoren, im Bundesrat und schliesslich auch in der Öffentlichkeit die Erkenntnis durch, dass das Projekt Expo.01 nicht über die nötige Organisation und die erforderlichen finanziellen Mittel verfügte, um die anspruchsvollen Aufgaben zu meistern. Von Krise war bei der Expo-Leitung nie die Rede, obschon die Finanzierungsprobleme bekannt waren. Erst Mitte 1999 wurde man sich bewusst, dass das massive Ausgabenwachstum nicht mit dem Sponsoring ausgeglichen werden kann.

44

Zu erwähnen sind insbesondere die Standortbestimmung von Hayek Engineering vom 23. September 1999, Bericht PriceWaterhouseCoopers vom 5. März 1999, Schlussberichte des Delegierten sowie des Präsidenten der GIC, beide vom 20. Juni 2000

2581

Die Rahmenbedingungen für die Vorarbeiten zur Expo.01 waren von Anfang an problematisch. Die mangelnde Professionalität des strategischen und operativen Managements musste zwangsläufig Probleme provozieren. Vor allem betreffend die Finanzierung wurden unrealistische Annahmen getroffen. Eine besser durchdachte Finanzierung zu Beginn hätte ohne Zweifel Kosten erspart. Das von Anfang an bekannte Liquiditätsproblem und die in Frage gestellte Kreditwürdigkeit führte schliesslich zu teuren Bankkrediten. Von einer ursprünglichen Beteiligung mit 130 Millionen Franken ist das Engagement des Bundes auf 718 Millionen (inklusive Defizitgarantie) gestiegen. Nicht eingeschlossen sind die zusätzlichen Leistungen der Bundesverwaltung (Beratung in Fragen des Sach- und Verkehrsplans, Kooperation im Rahmen der Bundesprojekte sowie Einsatzdienste durch Armee und Zivilschutz). Die Expo.01 stand von Anfang an unter einem grossen Zeit- und Realisierungsdruck. Die eidgenössischen Räte haben zwar bei der Beratung des Bundesbeitrags im Jahre 1996 auf verschiedene wichtige Probleme und offene Fragen hingewiesen. Aus politischen Überlegungen wurde der Beitrag aber schliesslich bewilligt, ohne dass offene Punkte wirklich geklärt wurden. Im Umfeld von Bundesrat und Parlament hat sich niemand wirklich über die Komplexität des Projekts Rechenschaft gegeben. Es galt, eine rasche und enthusiastische Initialzündung zu geben.

Offene Fragen wurden in Kauf genommen.

Das Finanzierungs- und Ausstellungskonzept stellte sehr hohe Anforderungen an die Organisatoren. Allerdings interessierten sich die Organisatoren nicht in erster Linie für die Kosten, sondern kümmerten sich um die Vision einer grossartigen Kunstausstellung. Es fehlte die betriebswirtschaftliche Sicht innerhalb der entscheidungstragenden Organe. Die Budgets sind dann dem jeweiligen Wunschdenken angepasst worden.

Bundesrat und Parlament haben die globale Verantwortung für die Vorbereitung und Durchführung der Expo.01 an einen Verein delegiert. Auf Grund seiner Struktur, Zusammensetzung und auf Grund vereinsinterner Probleme eignete sich das oberste Organ des Vereins, d.h. der Strategische Ausschuss, nicht, die ihm zugedachte Verantwortung wahrzunehmen. Insbesondere unklare Kompetenzen zwischen Generaldirektion und Strategischem Ausschuss sowie die zurückhaltende
Informationspolitik der Generaldirektion gegenüber dem Strategischen Ausschuss führten zu einem Führungs- und Kontrolldefizit.

Die strategischen und operationellen Fragen des Milliardenprojekts Expo.01 wurden unterschätzt. Das oft nur teilzeitliche Engagement wichtiger Funktionsträger stand sowohl auf Ebene des Vereins als auch auf Bundesebene im Widerspruch zur Komplexität des Projekts. Hinzu kam die mangelnde Erfahrung in der Führung von solchen Grossprojekten. Wohl hinter jeder Landesausstellung steht eine enorm hohe Erwartungshaltung von Politik und Öffentlichkeit, dass sie ein Erfolg wird. Es braucht sehr viel Erfahrung, um die mit einer Grossveranstaltung notwendigerweise verbundenen Probleme richtig einschätzen zu können. Bei der Vorbereitung der Expo.01 war eine entsprechende Professionalität offensichtlich nicht vorhanden. Auftauchende Schwierigkeiten wurden unterdrückt, positiven Signalen mehr Beachtung geschenkt als erkannten Risiken. Das Wissen für die Grundsätze des Projektmanagements (unabhängig von der Art und Ausgestaltung eines Projekts) wäre durchaus vorhanden gewesen und wurde zu Unrecht vernachlässigt. Nicht einfach war ferner die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Politik, Wirtschaft und Kultur.

2582

Für den Bund hatte vor allem negative Auswirkungen, dass er seine Rolle und Verantwortung in Bezug auf die Expo.01 nicht von Anfang an realistisch und klar definiert hat. Dies liess im Laufe der Vorarbeiten immer wieder Fragen des «zulässigen» oder notwendigen Engagements des Bundes und seiner Organe aufkommen. Es führte auch dazu, dass die Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss eine schwache Stellung und ungünstige Rahmenbedingungen für die Wahrnehmung ihrer Verantwortung hatten. In der Krise der Expo.01 bewirkte es schliesslich, dass der Bund eine faktische politische Verantwortung übernehmen musste, die ihm anfangs nicht zugedacht war und die nicht der rechtlichen Verantwortung entsprach. Erst eine Krise bildete überhaupt die Legitimation dazu, dass der Bund seinen Einfluss geltend machen und die faktische politische Verantwortung für die Durchführung der von ihm beschlossenen Landesausstellung wahrnehmen konnte. Unabhängig von der Definition der Rolle und Verantwortung hätten Bundesrat und Parlament mehr Interesse für die Vorbereitung der Landesausstellung aufbringen sollen. Die «liebenswürdige Gleichgültigkeit» war dem Projekt einer Landesausstellung gewiss nicht angemessen. Die Delegation der Verantwortung und das dem Verein entgegengebrachte Vertrauen hätten zudem eine Kontrolle durch den Bund als Auftraggeber nicht ausgeschlossen.

Die Geschäftsprüfungskommission muss ernüchtert feststellen, dass neben dem offensichtlichen Versagen des Managements auch die Politik in Sachen Expo.01 insgesamt ihre Aufgaben unzureichend wahrgenommen hat. In erster Linie müssen die verantwortlichen Organe daraus ihre Schlussfolgerungen ziehen. Nachfolgend zieht die Geschäftsprüfungskommission die aus ihrer Sicht angezeigten politischen Schlussfolgerungen.

7

Schlussfolgerungen, parlamentarische Vorstösse und Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

Die Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission sind darauf ausgerichtet, einen Lernprozess zu ermöglichen und im Hinblick auf die Organisation zukünftiger Grossprojekte die aus heutiger Sicht angezeigten Massnahmen zu treffen. Die Kommission ist sich dabei bewusst, dass auch das nächste Grossprojekt, vielleicht die nächste Landesausstellung, ihre ganz eigenen Herausforderungen und Probleme stellen wird. Wichtig scheint ihr, in allererster Linie das Bewusstsein in Politik und Öffentlichkeit zu schärfen, dass die Organisation einer Grossveranstaltung naturgemäss eine Reihe von schwierigen Problemen mit sich bringt. Man muss also davon ausgehen, dass es nicht ohne Probleme geht. Wichtig ist das Problemmanagement (Problemerkennung, -einschätzung und Massnahmen). Jedenfalls dürfen Probleme nicht unterschätzt werden.

7.1

Aufarbeitung und Sicherung der Erfahrungen

Wichtigste Voraussetzung für einen Lernprozess ist, dass sämtliche Erfahrungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Expo.01 aufgearbeitet werden. Dieses Ziel ist mit den bereits bestehenden Berichten nicht erreicht. Auch die vorliegende Auf-

2583

arbeitung im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht vermag nur einen begrenzten Einblick in die Probleme und Fehlleistungen betreffend die Expo.01 zu geben. Sie gibt einerseits nur die Sicht des Bundes wieder ohne die Beurteilung der in die Vorbereitung der Expo.01 einbezogenen Kantone, Städte, Vereinsorgane oder der Wirtschaft. Auch ist die Geschäftsführung der Vereinsorgane ­ wie in Kapitel 1.2 erwähnt ­ nur am Rande Gegenstand dieser Untersuchung, nämlich soweit eine Beurteilung durch die zuständigen Bundesorgane rechtlich und faktisch möglich ist.

Es handelt sich dabei vorwiegend um die Beurteilung bereits erkannter Mängel, die Hayek Engineering festgestellt hatte. Die Geschäftsprüfungskommission ist überzeugt, dass noch zahlreiche kleine Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Expo.01 (vor allem im Bereich des Expo-Managements) im Dunkeln liegen. Auch das Wissen über das Verhalten in Krisenfällen muss angereichert werden. Die Geschäftsprüfungskommission empfiehlt deshalb, dass eine Bilanz zu ziehen ist, bei der alle massgebend Beteiligten ihre Erfahrungen eingeben. Die Geschäftsprüfungskommission überlässt die Einzelheiten grundsätzlich dem Bundesrat, wie er eine Schlussbilanz ziehen will. Nach ihrer Auffassung sollten aber auf jeden Fall die Erfahrungen der Vereinsleitung (Strategischer Ausschuss, Generaldirektion und Direktionen), der externen Kontrollorgane und der Wirtschaft einbezogen werden. Ausserdem sind auch die Erfahrungen mit der Vorbereitung der Expo.02 zu berücksichtigen, die in die vorliegende Untersuchung nicht Eingang fanden. Im Rahmen der Schlussbilanz sind auch allfällige straf- oder zivilrechtliche Verantwortlichkeiten aufzuzeigen. Die Geschäftsprüfungskommission weist ausdrücklich auf Verjährungsfristen hin. Der Bundesrat hat entsprechende Massnahmen zu treffen, um diese Fristen zu wahren. Damit bei Projektabschluss möglichst wenig vergessen geht, sollte eine Checkliste erstellt werden.

Der Bundesrat soll schliesslich dafür sorgen, dass die Erfahrungen in geeigneter Form festgehalten und gesichert werden, damit in Zukunft bei ähnlichen Projekten gleiche Fehler vermieden werden können. Die beiliegenden Abklärungen des Bundesarchivs haben ergeben, dass in der Regel nicht oder nur ungenügend auf das Archiv zurückgegriffen wird. Die Managementanalyse muss
ausserdem möglichst objektiv sein. Bei den traditionellen Rückblicken auf die Landesausstellungen mangelte es an Selbstkritik. Für die Verarbeitung der Erfahrungen der Organisatoren drängt sich deshalb eine externe Begleitung auf.

Empfehlung 1: Aufarbeitung der Erfahrungen betreffend die Vorbereitung und Organisation der Expo.01 und der Expo.02 Der Bundesrat sorgt dafür, dass sämtliche Probleme bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01 und Expo.02 in geeigneter Form festgehalten und die Erfahrungen gesichert werden, damit in Zukunft bei ähnlichen Projekten Fehler vermieden werden können. Die Erfahrung aller am Landesausstellungsprojekt Beteiligten soll in die Bilanz einfliessen können. Dabei sind auch allfällige strafoder zivilrechtliche Verantwortlichkeiten aufzuzeigen.

Ohne eine solche detaillierte Aufarbeitung abzuwarten, können nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission bereits heute eine Reihe von grundsätzlichen Schlussfolgerungen auf politischer Ebene gezogen werden (siehe nachfolgend).

2584

7.2

Gesetzliche Grundlage für die Unterstützung von Grossanlässen durch die Eidgenossenschaft

Für die Unterstützung der Expo.01 hat der Bund anfänglich 130 Millionen Franken bewilligt. Damit war er einer der grössten Geldgeber, auch wenn 80% durch private Sponsoren finanziert werden sollten. Trotz der Vertretung der Bundesinteressen war die Rolle und Verantwortung des Bundes in Bezug auf die Expo.01 von Anfang an unklar. Daraus resultierte ein geringer Einfluss und eine Verunsicherung in der Geschäftsführung der Bundesvertreter. Sie mussten sich vorhalten lassen, dass der von ihnen geltend gemachte Einfluss nicht dem finanziellen Engagement des Bundes entspricht. Auch das Interesse des Bundes an der Vorbereitung der Expo.01 war angesichts seiner unklaren politischen Verantwortung sehr gering. Infolge der unklaren Rolle konnte es geschehen, dass sich der Bund in eine faktische politische Verantwortung hineinmanövrieren liess, die beim Beschluss der Landesausstellung im Jahre 1996 verkannt wurde.

In der Zwischenzeit hat auch der Bundesrat erkannt, dass er bei Grossanlässen, die er mitfinanziert, in Zukunft mehr Einfluss nehmen und die diesbezüglichen Vorbereitungen näher begleiten und kontrollieren will45. Nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission gibt dabei aber nicht ausschliesslich das finanzielle Engagement den Ausschlag. Der Bundesrat muss die faktische politische Verantwortung, das daraus resultierende potenzielle Finanzengagement sowie die Interessenlage an der Durchführung der kulturellen Veranstaltung ebenso miteinbeziehen.

Die Geschäftsprüfungskommission stellt sich die Frage, ob die Rolle der Eidgenossenschaft bei der Unterstützung und Begleitung von Grossanlässen von gesamtschweizerischer Bedeutung in einem Bundesgesetz festzulegen ist. Dies würde ermöglichen, die Voraussetzungen, die Verantwortung und den Einfluss des Bundes bei der Unterstützung von Grossanlässen in allgemeiner Form festzuhalten. Auch die föderalistische Zusammenarbeit sowie jene zwischen Politik, Kultur und Wirtschaft könnte damit geklärt werden. Das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für die Unterstützung der Expo.01 wurde bereits bei der parlamentarischen Beratung des Bundesbeitrags im Jahre 1996 bemängelt. In allgemeiner Form wurde angeregt, die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für zukünftige Projekte zu prüfen. Die beiliegenden Abklärungen des Bundesarchivs haben zudem ergeben, dass die Bedeutung
des Bundes bei der direkten Finanzierung der Landesausstellungen kontinuierlich zugenommen hat (Subventionen, Beiträge an Ausstellungsprojekte, Defizitgarantie). Dies und auch das zunehmende internationale Engagement des Bundes bei Grossprojekten rechtfertigen eine gesetzliche Grundlage umso mehr. Ebenso der Umstand, dass es bei der Unterstützung von Grossanlässen häufig zu massiven Kosten- oder sogar Kreditüberschreitungen kommt. Mit dieser Begründung und unter Berücksichtigung der im vorliegenden Bericht enthaltenen Informationen wird die Geschäftsprüfungskommission folgendes Postulat einreichen:

45

Vgl. Antwort auf die Interpellation Bignasca Giuliano, 99.3594

2585

Postulat der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates. Unterstützung von Grossanlässen durch den Bund: Schaffung eines Rahmengesetzes Der Bundesrat wird eingeladen zu prüfen, ob dem Parlament ein Bundesgesetz über die Unterstützung von Grossanlässen durch den Bund vorzulegen ist. Das Gesetz könnte in allgemeiner Form die Rolle, die politische Verantwortung, die Einflussmöglichkeiten und Instrumente des Bundes bei der Unterstützung, Vorbereitung und Begleitung von Grossanlässen regeln. Zudem könnte es umschreiben, unter welchen Voraussetzungen sich der Bund für ein Projekt engagiert.

7.3

Professionalisierung der Vorbereitung und Organisation von Grossanlässen

Soweit sich der Bund an der Vorbereitung und Organisation von Grossanlässen beteiligt, muss er die Voraussetzungen für eine professionelle Projektorganisation schaffen und sich gleichzeitig für professionelle Rahmenbedingungen bei der internen Projektbegleitung einsetzen.

Bereits am Anfang müssen gut abgestützte Entscheidgrundlagen für eine allfällige Beteiligung des Bundes erarbeitet werden. Die Machbarkeitsstudien sind kritisch und allenfalls von neutraler Seite zu überprüfen. Sämtliche Kostenelemente aller Projektphasen müssen bekannt sein, auch wenn sie noch nicht im Einzelnen quantifiziert werden können. Ebenso bekannt sein müssen Beteiligungen, Risiken, Gesamtkosten, Restfinanzierungen, Verantwortlichkeiten, politische Bedeutung und Organisationsstrukturen. Auch Aussteller- und Besucherinteressen müssen kritisch hinterfragt werden. Die Rahmenbedingungen sind so weit als möglich zu vereinfachen. Die Vorbereitung eines Grossprojektes darf von politischer Seite nicht einem Zeitdruck ausgesetzt werden. Schliesslich braucht es eine effiziente, straffe und transparente Organisationsstruktur und eine wirksame, permanente Überprüfung von Betrieb und Entscheidungsprozessen durch interne und externe Experten. Der Verlauf des Sponsorings als ein wesentlicher Teil einer Finanzierung muss ein zentraler Punkt eines ständigen Controllings sein. Es stellt sich auch die Frage, ob nicht von vorneherein mit absoluten Kostendächern gearbeitet werden muss.

Das Engagement der Bundesverwaltung bei der Vorbereitung von Grossprojekten ist grundsätzlich sehr begrüssenswert. Wie diese und andere Untersuchungen zeigten, waren allerdings die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für ein solches Engagement bei der Expo.01 alles andere als günstig. Die Komplexität und der Aufwand wurden unterschätzt. Es fehlte an Projektführungserfahrung. Der Bundesrat muss bei künftigen Grossanlässen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesverwaltung, welche sich an der Projektorganisation beteiligen oder Projekte (mit)entwickeln, in entsprechendem Ausmass von den übrigen Aufgaben freistellen. Der Bundesrat hat auch die Voraussetzungen für ein professionelles Projektmanagement und eine hinreichende Projektaufsicht zu schaffen. Die Führung muss über Durchsetzungskraft verfügen. Auf Grund der Abklärungen der Geschäftsprüfungskommission
ist es ratsam, Projektmanagement und -aufsicht bestehenden Strukturen innerhalb der Bundesverwaltung anzugliedern, die bereits Erfahrungen mit der Führung und Betreuung von Grossprojekten haben. Ad-hoc-Organisationen sind für die Vor2586

bereitung eines Grossprojekts in der Regel wesentlich anfälliger als bestehende Einheiten mit ausgewiesener Projekterfahrung. Allenfalls muss der Bundesrat die vorhandene Erfahrung breiter streuen, beispielsweise durch Ausbildungsoffensiven. Auf jeden Fall muss er dafür sorgen, dass Regeln für den Umgang mit Grossprojekten geschaffen oder bereits vorhandene Regeln und Checklisten in der Bundesverwaltung entsprechend bekannt werden.

Empfehlung 2: Schaffung professioneller Rahmenbedingungen für die Vorbereitung und Organisation von Grossprojekten Soweit der Bund die Vorbereitung oder Organisation von Grossprojekten unterstützt oder darin einbezogen ist, sorgt der Bundesrat für professionelle Rahmenbedingungen eines solchen Engagements. Dazu gehören insbesondere die Bereitstellung sorgfältig erarbeiteter und überprüfter Entscheidgrundlagen sowie die Schaffung professioneller Organisations- und Aufsichtsstrukturen.

7.4

Begleitung und Kontrolle von Grossprojekten durch die politischen Behörden

Die verantwortlichen Organe der Expo.01 haben sich sehr schwer getan mit der Kontrolle bzw. näheren Begleitung der Vorbereitungsarbeiten durch die politischen Behörden. Daran mögen in erster Linie unklare Kompetenzregelungen, mangelhafte Transparenz, fehlende Instrumente und eine unzureichende Zusammenarbeit Schuld gewesen sein. Nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission liegt es aber ebenso sehr an der fehlenden Akzeptanz einer kritischen Begleitung der Vorarbeiten zu einer Landesausstellung durch die Politik. Kritische Stimmen waren während der ganzen Vorbereitungsarbeiten nicht gerne gehört. Im Jahre 1996 liessen die Organisatoren auf kritische Einwände aus den Reihen des Bundesparlaments verlauten, dass man den Enthusiasmus der Organisatoren nicht brechen solle. Beim Aufbau der Finanzaufsicht wehrte sich die Vereinsleitung insbesondere gegen eine offene Berichterstattung an die politischen Gremien.

Auf Seiten der Politik hatte man ebenfalls Probleme im Umgang mit einer kritischen Haltung gegenüber den sich stellenden Fragen bei der Vorbereitung und Organisation der Landesausstellung. Bereits bei den parlamentarischen Beratungen im Jahre 1996 und auch wieder bei jenen zum Zusatzkredit und der Defizitgarantie in den Jahren 1999 und 2000 haben sich kritische Stimmen dagegen verwahrt, gegen die Landesausstellung zu sein. Eine kritische Haltung in Einzelfragen bedurfte ständiger Rechtfertigung und Klarstellung, dass die Bemerkungen nicht gegen die Landesausstellung an sich zielen. Wer seine Stimme erhob, riskierte, als Gegner oder Verhinderer der Landesausstellung abgestempelt zu werden. Der Bundesrat war seinerseits bei der Begleitung der Expo.01 in der Krisenphase hin- und hergerissen zwischen Vertrauen einerseits und Infragestellung andererseits. Eine gewisse Angst, die Situation in der Vertrauenskrise der Expo.01 durch Kritik noch zu verschärfen, hat zu einer abwartenden Haltung geführt. Der Bundesrat stützte sich dabei so lange auf die positiven Signale, bis das Scheitern der Expo.01 offensichtlich war. Es bedurfte einer Krise, um ein Eingreifen legitimieren zu können.

2587

Diesen Erfahrungen der politischen Behörden im Umgang mit den Problemen der Vorbereitung und Organisation der Landesausstellung muss unbedingt Rechnung getragen werden. Für die Geschäftsprüfungskommission ist die Legitimität einer politischen Begleitung der Vorarbeiten zu einer Landesausstellung unbestritten. Im Sinne eines politischen Controllings muss überprüft werden, ob die politischen Vorgaben erfüllt und die öffentlichen Mittel wirtschaftlich eingesetzt werden. Eine solche Begleitung muss als Selbstverständlichkeit wahrgenommen werden.

Bundesrat und Parlament sind aufgerufen, die Begleitung und das politische Controlling entsprechend zu organisieren. Dabei sollte nicht in erster Linie die Vertretung aller politischen Interessen den Ausschlag geben, sondern ebenfalls die Professionalität und Effizienz ein wichtiges Kriterium sein. Der Kontrollauftrag kann einer unabhängigen Person oder Institution gegeben werden, die der Politik nahe steht oder zumindest ein grosses Vertrauen geniesst. Es braucht auf jeden Fall eine Art «advocatus diaboli», d.h. jemand, der ohne weiteres legitimiert ist, zu kontrollieren, konstruktiv zu kritisieren und dadurch Vertrauen zu schaffen. Ausserdem ist ein direkter Zugang sowohl zur politischen Behörde als auch zum Management zu gewährleisten. Es ist gewiss nicht eine leichte Aufgabe, die Möglichkeit der Kommunikation zwischen Politik und Projektmanagement zu schaffen, ohne dass das Projektmanagement an seiner professionellen Tätigkeit gehindert wird und Verantwortlichkeiten verwischt werden.

Eine Oberaufsicht der Bundesbehörden muss unabhängig von der rechtlichen Organisationsstruktur der Trägerschaft des Grossprojekts gewährleistet sein, sofern finanzielle Mittel der Eidgenossenschaft investiert wurden und das Projekt von nationalem Interesse ist.

Eine politische Begleitung und Kontrolle eines Grossprojekts genügt indessen nicht.

Das hat nicht zuletzt das Beispiel der Expo.01 mit dem Strategischen Ausschuss gezeigt. Es braucht professionelle Controlling- und Kontrollinstrumente sowohl auf Managementebene als auch durch externe Spezialisten. Von besonderer Bedeutung ist ein zentrales Controlling. Die politische Begleitung und Aufsicht soll auf der Einschätzung externer Spezialisten aufbauen können. Sie darf es aber nicht dabei bewenden lassen. Selbst die
Beurteilung durch namhafte Experten muss kritisch hinterfragt werden. Im Fall von Expo.01 stellt sich die Geschäftsprüfungskommission die Frage nach der Verantwortlichkeit der externen Controlling-Organe. Erwähnt sei etwa der Bericht von PricewaterhouseCoopers vom 5. März 1999, der die damaligen Controlling-Instrumente als zweckmässig und ausreichend für die Wahrnehmung der Führungs- und Überwachungsfunktionen bezeichnete. In der Folge wurde diese Expertenmeinung herangezogen, um die kritischen Gemüter zu beruhigen.

Empfehlung 3: Politische Begleitung und Kontrolle von Grossprojekten Der Bundesrat trifft geeignete Massnahmen, um die vom Bund unterstützten Grossprojekte enger zu begleiten und ein politisches Controlling sicherzustellen ­ dies bereits für die Expo.02.

2588

8

Weiteres Vorgehen

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates ersucht den Bundesrat, zu den Feststellungen und Schlussfolgerungen in diesem Bericht bis Ende Juni 2001 Stellung zu nehmen. Ausserdem erwartet die Geschäftsprüfungskommission, dass ihren Erkenntnissen bereits im Rahmen der Expo.02 Rechnung getragen wird.

27. März 2001

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Die Präsidentin: Ständerätin Helen Leumann Der Präsident der Subkommission EFD/EVD: Ständerat Peter Briner Der Stellvertretende Sekretär der Geschäftsprüfungskommissionen: Martin Albrecht

Anhang: ­

Liste der angehörten Personen

­

Abkürzungsverzeichnis

­

Bericht des Schweizerischen Bundesarchivs vom 9. Januar 2001 zu den Landesausstellungen 1883, 1896, 1914, 1939 und 1964 2589

Liste der angehörten Personen Aeschimann Stefan

Präsident der damaligen interdepartementalen Arbeitsgruppe IDA-Expo.01 und Generalsekretär des EVD

Couchepin Pascal

Vorsteher des EVD

Götschmann Erwin

Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss des Vereins EXPO 2001

Grüter Kurt

Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle

Margot Daniel

Delegierter des Bundesrates im Strategischen Ausschuss des Vereins EXPO 2001 und Präsident der interdepartementalen Koordinationsgruppe der Bundesverwaltung Expo.01 (GIC)

Nyffeler Alfred

Projektleiter Bundesprojekte Expo.02

Wallimann Bruno

Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss des Vereins EXPO 2001

Wicki Toni J.

Verantwortlicher für die Projektaufsicht über die Bundesprojekte bei Expo.02

2590

Abkürzungsverzeichnis AB

Amtliches Bulletin (Zitierweise: AB 1996 N 334 = Jahr 1996, Nationalrat, Seite 334) Abs.

Absatz AG Aktiengesellschaft Art.

Artikel BBl Bundesblatt Betr.

Betreffend BUWAL Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101) EDI Eidgenössisches Departement des Innern EFD Eidgenössisches Finanzdepartement EFK Eidgenössische Finanzkontrolle eidg.

eidgenössisch EVD Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement EXPO 2001 Verein EXPO 2001 Expo.01 Projekt Expo.01 FKG Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle vom 28. Juni 1967 (SR 614.0) GIC Interdepartementale Koordinationsgruppe GPK Geschäftsprüfungskommission GPK-S Geschäftsprüfungskommission des Ständerates IDA-EXPO.01 Interdepartementale Arbeitsgruppe EXPO.01 Mio.

Millionen N Nationalrat S Ständerat S.

Seite SA Société anonyme SBB Schweizerische Bundesbahnen SR Systematische Sammlung des Bundesrechts UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation VBS Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport vgl.

vergleiche WBK Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur WBK-N Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates WBK-S Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates ZGB Zivilgesetzbuch Ziff.

Ziffer 2591

Schweizerisches Bundesarchiv

Die Landesausstellungen 1883, 1896, 1914, 1939 und 1964 Bericht zuhanden der GPK-SR46 Zusammenfassung Die schweizerischen Landesausstellungen stiessen seit je auf ein grosses öffentliches Interesse. Dies zeigt sich u.a. an den Besucherzahlen. Nahezu 2 Millionen sahen die erste Landesausstellung 1883 in Zürich, 12 Millionen die Expo 64 in Lausanne. Die grosse Aufmerksamkeit wurde aber sehr oft durch scharfe Kritik begleitet, welche sich zum einen auf organisatorische Mängel und auf die Gestaltung einzelner Ausstellungsteile bezog. Sie konnte zum andern aber auch grundsätzliche Züge annehmen: So geriet die Landesausstellung von 1914 unter heftigen Beschuss von Seiten der Romandie, von der die beabsichtigte Integrationswirkung in Frage gestellt wurde. Mit dem Vorschlag zum Bau einer Musterstadt wurde das Konzept einer thematischen Ausstellung 1964 radikal in Frage gestellt.

Die Anstösse zu den Landesausstellungen kamen in der Regel von lokalen Behörden und Verbänden, die auch die Hauptverantwortung für die Organisation und Durchführung der Ausstellungen übernahmen. Eine grosse Ausstellungskommission, welche jeweils von einem Vertreter des Bundesrats präsidiert wurde, sorgte für eine breite politische Abstützung.

Mit Ausnahme der Expo 64 wurden alle Landesausstellungen um mindestens ein Jahr verschoben.

Die für eine Landesausstellung aufgewendeten Mittel stiegen zwischen 1883 und 1964 von 3,6 auf 187 Millionen Franken. Die Ausstellungen von 1883 und 1914 schlossen mit einem bescheidenen Gewinn von 23 000, respektive 34 000 Franken, diejenige von 1939 mit einem beträchtlichen Gewinn von 6,4 Millionen Franken ab.

Die Ausstellung von 1896 wies ein Defizit von 270 000 Franken, diejenige von 1964 ein Defizit von 45 Millionen Franken aus. In der Regel erfolgte eine kombinierte Finanzierung durch den Verkauf von Eintrittskarten, öffentliche Subventionen, Beiträge privater Geldgeber, Lotterieerträge und die Herausgabe von Anteilscheinen. 1964 traten als neue Finanzierungsmittel Defizitgarantien und Darlehen der öffentlichen Hand in den Vordergrund. Die Rolle des Bundes bei der direkten Finanzierung der Landesausstellungen nahm mit jeder Ausstellung zu (Subventionen, Beiträge an konkrete Ausstellungsprojekte, Defizitgarantie). Vor allem die Landesausstellungen von 1939 und 1964 kamen mit starker finanzieller
Beteiligung des Bundes zu Stande. An allen Ausstellungen, in verstärktem Masse aber 1939 und 1964, beteiligte sich der Bund ebenfalls selbst als Aussteller und unterstützte einzelne private Aussteller.

46

Antwort des Bundesarchivs auf die Anfrage der GPK-SR (Subkommission EFD/EVD) vom 17. November 2000 betr. Informationen über finanzielle und organisatorische Aspekte der früheren Landesausstellungen.

2592

Alle Ausstellungsleitungen verarbeiteten ihre Erfahrungen in ausführlichen administrativen Berichten zuhanden ihrer Nachfolger; nur bei der «Expo 64» ist explizit nachweisbar, dass in grösserem Umfang auf das Archiv der «Landi 39» zurückgegriffen wurde.47

47

Das Schweizerische Bundesarchiv und die Leitung der Expo.02 stehen seit längerem in Verhandlungen betr. die Archivierung der Unterlagen der Expo.02.

2593

3 182 880 Fr. 1.-- Fr. 0.27

2 864 025 Fr. 1.-- Fr. 0.43 3 638 000 Fr.

3 615 000 Fr.

+23 000 Fr.

Einnahmen Ausgaben Gewinn / Defizit

12 315 000 Fr.

12 281 000 Fr.

+34 000 Fr.

3 804 104 Fr. 1.50 Fr. 0.36

3 196 000 (84%)

1907 1913 1

1914

1956 1964 ­

1964

25 472 000 Fr.

19 072 000 Fr.

+6 400 000 Fr.

4 229 466 Fr. 2.-- Fr. 0.43

142 519 000 Fr.

187 682 000 Fr.

­45 163 000 Fr.

5 765 350 Fr. 6.-- Fr. 0.73

10 500 000 (248%) 11 700 000 (202%)

1925 1933 3

1939

2594

* Dieser Vergleich soll zeigen, wie teuer im Vergleich zu Alltagsprodukten ein Ausstellungsbesuch war. Kleinhandelspreise in Zürich, jeweils günstigste Brotsorte.

Vgl. Heiner Ritzmann-Blickensdorfer (Hg.), Historische Statistik der Schweiz, S. 508­510.

7 430 000 Fr.

7 430 000 Fr.

(­270 000 Fr.)

2 289 000 (72%)

1 758 000 (61%)

Anzahl Besucher (in % der Wohnbevölkerung) Wohnbevölkerung der Schweiz Regulärer Eintrittspreis Preisvergleich: Preis für 1 kg Brot*

1885 1888 1

1880 1882 1

1896

Beginn der Planung, erste Vorstösse Ursprünglich geplante Durchführung Anzahl der Verschiebungen

1883

Die wichtigsten Fakten und Zahlen auf einen Blick

Bericht 1

Einleitung

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (Subkommission EFD/EVD) hat das Bundesarchiv am 17. November 2000 um Informationen über die schweizerischen Landesausstellungen von 1883, 1896, 1914, 1939 und 1964 ersucht. Insbesondere interessiert sich die GPK für die folgenden Aspekte: ­

Trägerschaft und Vorarbeiten;

­

Allfällige Verschiebungen;

­

Finanzierung und finanzielle Beteiligung des Bundes;

­

Probleme und Kritik bei der Vorbereitung und Durchführung;

­

Verarbeitung der Erfahrungen.

Die vorliegende Zusammenstellung gibt Antworten auf diese Fragen. Die Aspekte werden im Folgenden für jede Landesausstellung einzeln behandelt. Alle Angaben zur Finanzierung der Landesausstellungen beruhen auf den von den Ausstellungsleitungen selbst veröffentlichten Zahlen. Diese Zahlen sind auf Grund unterschiedlicher Buchführungsprinzipien zustande gekommen; sie sind deshalb nur bedingt miteinander vergleichbar. Kopien der Rechnungsabschlüsse der Landesausstellungen befinden sich im Anhang.

2

Die Landesausstellung 1883 in Zürich

Die erste schweizerische Landesausstellung, die diesen Titel für sich beanspruchte, fand vom Mai bis Oktober 1883 in Zürich statt. Direkte Vorläufer der Landesausstellungen waren die Industrie- und Landwirtschaftsausstellungen des 19. Jahrhunderts wie die 1857 in Bern organisierte «Dritte schweizerische Industrieausstellung».

Diese Ausstellungstradition stand zudem in engem Zusammenhang mit den Weltausstellungen, deren erste 1851 in London stattfand. Den Anlass für die erste Landesausstellung gab die 1882 erfolgte Eröffnung der Gotthardbahn. Ziele der Ausstellung waren die Darstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes, der Bedeutung der (Export-)Industrie und die Vermittlung von Fortschrittsglaube als Klammer des nationalen Zusammenhalts.

Trägerschaft und Vorarbeiten Die ersten Anstösse zur Landesausstellung kamen vom Gewerbeverein Zürich und der Kaufmännischen Gesellschaft Zürich. Im Herbst 1880 wurde eine kantonale Kommission gebildet, die für die Unterstützung des Vorhabens auf kantonaler und Bundesebene warb. Im März 1881 wurde eine Schweizerische Ausstellungskommission unter Vorsitz von Bundesrat Numa Droz eingesetzt, als Exekutivorgan amtierte ein Zentralkomitee unter der Leitung von Oberst Adolf Vögeli-Bodmer.

2595

Verschiebungen Verschiedene Mitglieder der Ausstellungskommission sprachen sich für eine Durchführung im Jahre 1882, andere für ein Verschieben auf 1883 oder später aus. Die Kommission beschloss im Juni 1881, die Ausstellung erst 1883 durchzuführen.

Finanzierung und finanzielle Beteiligung des Bundes Die Landesausstellung war von Beginn an nicht auf das Erzielen eines Gewinns ausgerichtet. Das provisorische Budget vom April 1882 sah ausgeglichene Einnahmen und Ausgaben von jeweils 1 241 000 Franken vor. Die Rechnung schloss schliesslich mit Einnahmen von 3 638 000 Franken, Ausgaben von 3 615 000 Franken und einem Gewinn von 23 000 Franken ab.48 Der Gewinn wurde dem Eidgenössischen Landwirtschaftsdepartement zur Verfügung gestellt.49 Die wichtigsten Finanzierungsquellen stellten der Verkauf von Eintrittskarten, öffentliche Subventionen (Bund, Kantone, Gemeinden) und Beiträge privater Geldgeber, die Veranstaltung einer Lotterie und die Herausgabe von Anteilscheinen dar: Verkauf von Eintrittskarten50 Öffentliche Subventionen und private Beiträge Lotterie51 Betriebskapital in Anteilscheinen

1 075 000 Franken 732 000 Franken (Bund: 430 000 Franken) 600 000 Franken 400 000 Franken

Die direkte finanzielle Beteiligung des Bundes erfolgte in Form von Subventionen.

Am 22. Dezember 1881 gewährten die eidgenössischen Räte eine erste Tranche von 430 000 Franken, wovon 30 000 zur Erstellung einer Schulstatistik bestimmt waren.

Am 30. Juni 1882 bewilligten sie eine zweite Subvention von 100 000 Franken, welche aber wegen den damit verbundenen Auflagen nicht in Anspruch genommen werden konnte.52 In diesen Beträgen nicht eingeschlossen sind die Ausgaben des Bundes als Aussteller, allfällige finanzielle Zuschüsse an einzelne Aussteller und Ausgaben der Post.

Probleme und Kritik bei der Vorbereitung und Durchführung Die Idee einer Landesausstellung musste sich zunächst gegen ein Projekt für eine «internationale Fachausstellung» durchsetzen. Im Laufe der Vorbereitungen bot vor allem die Frage der Patentgesetzgebung Anlass zu Konflikten. Die Ausstellungskommission setzte sich gegenüber dem Bundesrat dafür ein, dass ein entsprechendes Gesetz noch vor der Eröffnung der Ausstellung erlassen werde. Als die erste Vorlage für ein Patentgesetz aber 1882 in einer Volksabstimmung scheiterte, verlangten zahlreiche Industrielle eine Verschiebung der Ausstellung. Nur das Versprechen des Bundesrats, das Verständnis für die Bedeutung des Patentschutzes zu fördern, ver48 49 50 51 52

Bericht über die Verwaltung der Schweizerischen Landesausstellung Zürich 1883, Zürich 1884, Beilagen, S. 128­130, 146.

Ebd., S. 196.

Regulärer Eintrittspreis für Erwachsene: 1 Franken; Anzahl Besucherinnen und Besucher: 1 758 000.

Aus der Lotterie resultierte ein Nettoertrag von 152 000 Franken.

Die Organisatoren der Landesausstellung bezeichneten im Nachhinein die Erfüllung der mit dieser Subvention verbundenen Auflagen als «illusorisch». Die Landesausstellung behalf sich im Folgenden mit einer Erhöhung des Betriebskapitals sowie der Veranstaltung der Lotterie.

2596

hinderte die Verschiebung. Im Rahmen der Ausstellung fand schliesslich ein schweizerischer Patentkongress statt. Die Ausstellung selbst stiess auf ein weitgehend positives Echo. In der jüngeren Forschung wird sie sogar als «Katalysator für einen Prozess der Konsensbildung und Reintegration nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik und Gesellschaft» bezeichnet.53 Vereinzelt stiess man sich am Unterhaltungsangebot, das einer nationalen Veranstaltung «unwürdig» befunden wurde, an der Höhe der Eintrittspreise und an Entscheiden des Schiedsgerichts. Die Ausstellung an sich geriet kaum zum Gegenstand des politischen Parteienstreits. Kritische Töne waren vereinzelt aus dem Lager der KatholischKonservativen und der Arbeiterschaft zu vernehmen.54 Auswertung der Erfahrungen Die Organisatoren blickten im 1884 erschienenen Bericht über die Verwaltung der Schweizerischen Landesausstellung 1883 stolz auf ihr Werk zurück. Als «bitteren Nachgeschmack» bezeichneten sie lediglich die Erfahrungen mit der Lotterie, deren unterhaltenden Charakter sie als einer nationalen Veranstaltung unwürdig empfanden. Weniger auf die Ausstellung selbst als auf die Qualität der präsentierten Waren bezog sich die Kritik der so genannten Fachberichte. Die Veranstalter der Landesausstellung von 1896 bezogen sich bereitwillig auf das Vorbild von 1883. Ebenfalls diente Ihnen der Rechnungsabschluss von 1883 als Grundlage für das Budget.

53 54

Thomas Widmer, Die Schweiz in der Wachstumskrise der 1880er Jahre, Zürich 1992, S. 48.

Hermann Büchler, Drei schweizerische Landesausstellungen. Zürich 1883­Genf 1896­ Bern 1914, Zürich 1970, S. 50, 58­61.

2597

3

Die Landesausstellung 1896 in Genf

Die zweite Landesausstellung fand vom Mai bis Oktober 1896 in Genf statt. Ein direkter Anlass wie in Zürich lässt sich nicht eruieren. Ziel der Ausstellung war es, «ein übersichtliches Bild der Leistungsfähigkeit des Schweizer Volkes» zu präsentieren. Im Gegensatz zu 1883 stand dabei aber nun die Förderung der Inlandnachfrage im Vordergrund. Genf wartete mit neuen Ideen auf, wie dem Village suisse, dem Village nègre oder den Kantonaltagen.

Trägerschaft und Vorarbeiten Der erste Anstoss ging 1885 vom Genfer Stadtpräsidenten Eugène Empeyta aus. Ein Organisationskomitee unter seiner Leitung setzte sich für die Durchführung einer Landesausstellung im Jahre 1888 ein. Angesichts der 1889 in Paris stattfindenden Weltausstellung und auf Wunsch des Bundesrats wurde das Projekt jedoch verschoben. 1892 griffen die Genfer Behörden den Vorschlag wieder auf. Im Juni 1893 konstituierte sich unter dem Vorsitz von Bundesrat Adolf Deucher eine Schweizerische Ausstellungskommission. Die Organisation lag in den Händen eines Zentralkomitees unter der Leitung des Genfer Stadtpräsidenten.

Allfällige Verschiebungen Die Ausstellung war zunächst für 1888 geplant, wurde jedoch wegen der Pariser Weltausstellung von 1889 und auf Wunsch des Bundesrats auf 1896 verschoben.

Finanzierung und finanzielle Beteiligung des Bundes Das erste Budget vom 22. Juni 1893 sah ausgeglichene Ausgaben und Einnahmen von jeweils 2 835 000 Franken vor. Die Schlussabrechnung vom 22. November 1897 wies schliesslich Ausgaben von 7 430 000 Franken bei einem effektiven Defizit von 270 000 Franken aus. Das Defizit wurde durch zusätzliche Subventionen des Kantons und der Stadt Genf getragen.55 Die Organisatoren führten das Defizit primär auf die schlechte Witterung im Sommer 1896 zurück, welche sich negativ auf die Zahl der Besucher ausgewirkt haben soll.

Die Finanzierung erfolgte nach dem ähnlichen Muster wie bereits 1883. Die wichtigsten Finanzierungsquellen stellten öffentliche Subventionen (Bund, Kantone und Gemeinden) und Beiträge privater Geldgeber, der Verkauf von Eintrittskarten, die Veranstaltung einer Lotterie und die Herausgabe von Anteilscheinen dar:

55

Vgl. Exposition nationale Suisse Genève 1896. Rapport administratif, Genève 1898, S. 191. Das Defizit von 270 000 Franken wurde in der Schlussrechnung selbst nicht ausgewiesen.

2598

Öffentliche Subventionen und private Beiträge Verkauf von Eintrittskarten56 Verkauf von Eintrittskarten ins Village suisse Lotterie57 Betriebskapital in Anteilscheinen

1 872 000 Franken (Bund: 1 000 000 Franken) 1 302 000Franken 853 000 Franken 800 000 Franken 570 000 Franken

Die direkte finanzielle Beteiligung des Bundes erfolgte in Form einer Subvention von 1 000 000 Franken. In diesem Betrag sind die Ausgaben des Bundes als Aussteller, allfällige Zuschüsse an einzelne Aussteller und Ausgaben der Post nicht inbegriffen.58 Probleme und Kritik bei der Vorbereitung und Durchführung Die Leitung benannte rückblickend verschiedene Problembereiche. Zunächst hatte sie den Zeitpunkt der Ausstellung mit anderen schweizerischen Projekten, vor allem mit der Schweizerischen Landwirtschaftsausstellung von 1895 in Bern zu koordinieren. Im Laufe der Vorbereitungen wurde die geplante schweizerische Elektroausstellung gestrichen. Hingegen gelang es der Leitung, die für 1896 vorgesehene eidgenössische Kunstausstellung nach Genf zu holen.

Obwohl das Budget 1894 und 1895 überarbeitet wurde, divergierte die Schlussabrechnung beträchtlich von den Voranschlägen. Probleme ergaben sich vor allem bei der Infrastruktur. Die Ablehnung des Baus eines Eisenbahnanschlusses durch die Genfer Stimmberechtigten zwang die Organisatoren zudem dazu, das Erschliessungskonzept zu überarbeiten. Kurz vor Ausstellungseröffnung streikten schliesslich die Genfer Maler und Gipser, so dass die Leitung auswärtige Arbeiter rekrutierte.59 Die Landesausstellung von 1896 stiess in der Öffentlichkeit weitgehend auf ein positives Echo, trotzdem wurde vereinzelt Kritik geübt. So äusserten viele Aussteller ihre Unzufriedenheit über organisatorische und technische Unzulänglichkeiten. Auch Kritik am Unterhaltungscharakter einzelner Ausstellungsteile tauchte erneut auf. Teile der Arbeiterschaft kritisierten die in ihren Augen vernachlässigte Darstellung sozialer Missstände an der Ausstellung. Auf grosse gesellschaftliche Resonanz stiessen vor allem die Kunstausstellung und die damit zusammenhängenden Fragen einer nationalen Kunst. Wie bereits jene von 1883 war auch die Ausstellung von 1896 politisch nicht umstritten. Die Genfer Parteien hielten sich während der Ausstellungsdauer sogar an einen eigentlichen «Burgfrieden», um das Bild der Einheit nicht zu stören.60

56 57 58 59 60

Regulärer Eintrittspreis für Erwachsene: 1 Franken; Anzahl Besucherinnen und Besucher: 2 288 000.

Aus der Lotterie resultierte ein Nettoertrag von 250 000 Franken Rapport administratif 1896 (wie Anm. 55), S. 183­191, Annexes 98­102.

Ebd., S. 11­24.

Büchler (wie Anm. 54), u.a. S. 98­101, 107­112.

2599

Auswertung der Erfahrungen Die Organisatoren blickten im 1898 erschienenen Rapport administratif ebenfalls stolz auf ihr Werk zurück, Selbstkritik übten sie kaum. Der Ausstellungsmacher Eduard Boos-Jegher verarbeitete die Erfahrungen der Landesausstellung kritisch in einem gedruckt vorliegenden Referat.61 Die Veranstalter der Berner Ausstellung bezogen sich unter anderem auch auf diese Schrift.

4

Die Landesausstellung 1914 in Bern

Die Berner Landesausstellung stand in verschiedener Hinsicht an der Schwelle zwischen dem «langen» 19. und dem «kurzen» 20. Jahrhundert. Anlass war die für 1913 vorgesehene Eröffnung der Lötschbergbahn. Ziel der Ausstellung war es unter anderem, «ein übersichtliches Bild der Leistungsfähigkeit des Schweizervolkes zu bieten», der «gegenseitigen Belehrung und zur richtigen Würdigung der eigenen Kraft» zu dienen und den Absatz schweizerischer Produkte im In- und Ausland zu fördern.

Mitten in die Landesausstellung in Bern fiel der Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

Die Ausstellung blieb für zwei Wochen geschlossen. Die aussen- und innenpolitische Konstellation, namentlich die Spannungen zwischen Romandie und Deutschschweiz, prägte ihre Gestaltung und Rezeption massgeblich.

Trägerschaft und Vorarbeiten In Berner Handels- und Gewerbekreisen war bereits zu Beginn der 1890er Jahre der Gedanke an die Durchführung einer Landesausstellung aufgetaucht. Als feststand, dass diese 1896 in Genf stattfinden sollte, wurde dieser Plan zurückgestellt. Erst 1907 machte man sich in Bern erneut Gedanken über die Veranstaltung einer Landesausstellung. 1909 hiess der Bundesrat eine Bewerbung der Berner Regierung gut.

An der Projektierung und den Vorbereitungen waren die Organisationen und Vereine des Handels und des Gewerbes massgeblich beteiligt.62 Die Organisation erfolgte nach dem bewährten Muster. Die Gesamtverantwortung lag in den Händen einer Grossen Ausstellungskommission unter dem Vorsitz der Bundesräte Adolf Deucher (bis 1912) und Eduard Schulthess (ab 1912). Für die Realisierung war dagegen ein Zentralkomitee verantwortlich, dem vor allem Gewerbetreibende und Politiker aus dem Kanton Bern angehörten.

Allfällige Verschiebungen Die Landesausstellung war zunächst für 1913 geplant. Da bei der Betriebsaufnahme der Lötschbergbahn mit Verzögerungen gerechnet wurde und der Aufbau der Ausstellungsorganisation langsamer als geplant voranschritt, wurde eine Verschiebung auf 1914 beschlossen.63 61 62

63

Eudard Boos-Jegher, Die Landesausstellungen in der Schweiz mit besonderer Berücksichtigung jener in Genf und einer später in Bern abzuhaltenden, Bern 1897.

Claudio Jörg, «Die Schweizerische Landesausstellung 1914 in Bern: zwischen Fortschrittsglaube und Kulturkritik», in: expos.ch ­ ideen, interessen, irritationen (Bundesarchiv Dossier 12), Bern 2000, S. 131­149, hier S.134 f.

Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914. Administrativer Bericht, Bern 1917, S. 5.

2600

Finanzierung und finanzielle Beteiligung des Bundes Die Organisatoren bezogen sich bei ihren Planungen auf den Rechnungsabschluss der Genfer Ausstellung. Das erste Budget vom Dezember 1910 sah ausgeglichene Einnahmen und Ausgaben von jeweils 8 570 000 Franken vor. Der Rechnungsabschluss vom 21. Mai 1917 wies schliesslich Einnahmen von 12 315 000 Franken, Ausgaben von 12 281 000 Franken und einen Überschuss von 34 000 Franken aus.

Dieser Überschuss wurde der Kunsthalle Bern sowie dem Alpinen Museum in Bern zur Verfügung gestellt.

Die Finanzierung erfolgte weitgehend nach dem erprobten Muster. Stärker als noch 1883 und 1896 liess die Leitung eigene Infrastrukturleistungen durch die Aussteller abgelten und trat auch selbst als Betreiberin von Regie- und Restaurationsbetrieben auf. Die wichtigsten Finanzierungsquellen waren öffentliche Subventionen (Bund, Kantone, Gemeinden) und Beiträge privater Geldgeber, Eintrittsgelder, die Veranstaltung einer Lotterie, Einnahmen aus Regie- und Restaurationsbetrieben, Platzgelder der Aussteller und ein Garantiekapital: Öffentliche Subventionen und private Beiträge Eintrittsgelder64 Lotterie65 Einnahme der Regie- und Restaurationsbetriebe Platzgelder der Aussteller Garantiekapital in Anteilscheinen

3 155 000 Franken (Bund: 2 050 000 Franken) 2 488 000 Franken 1 528 000 Franken 1 451 000 Franken 1 342 000 Franken 1 220 000 Franken (Bund: 400 000 Franken)

Die direkte finanzielle Beteiligung des Bundes erfolgte in Form einer Subvention von 2 050 000 Franken, wovon 300 000 für die Landwirtschaftsausstellung bestimmt waren, und in Form der Übernahme von Garantiekapital in der Höhe von 400 000 Franken.66 In diesen Beträgen nicht eingeschlossen sind die Ausgaben des Bundes als Aussteller und Beiträge des Bundes an einzelne Aussteller. Ebenfalls nicht inbegriffen sind Ausgaben der Regiebetriebe (PTT, SBB).

Probleme und Kritik bei der Vorbereitung und Durchführung Die Landesausstellung von 1914 wurde im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen bereits in der Vorbereitungsphase heftig kritisiert. Sowohl auf Seiten der Industrie, als auch auf Seiten der organisierten Arbeiterschaft hielt sich die Begeisterung über das Projekt in Grenzen. Die Maschinenindustriellen erwogen sogar einen Boykott der Ausstellung, als der Auftrag zum Bau des zweiten Simplontunnels an ein ausländisches Unternehmen ging. Ebenfalls kritisierten sie die «einseitige» Sozialpolitik des Bundes zu Gunsten der Arbeiterschaft. Die bürgerliche Presse stiess sich zudem daran, dass der Auftritt des Arbeiterbunds vom Bund unterstützt wurde. Die Arbeiterschaft sah ihrerseits keinen Grund, sich für diesen nationalen Anlass zu engagieren.

64 65 66

Regulärer Eintrittspreis für Erwachsene: 1 Franken 50; Anzahl Besucherinnen und Besucher: 3 196 000.

Aus der Lotterie resultierte ein Nettoertrag von 576 000 Franken.

Administrativer Bericht 1914 (wie Anm. 19), S. 328­389.

2601

Auf heftige Kritik stiess überdies der Unterhaltungsteil, insbesondere die von einem deutschen Aussteller betriebene «Szeneriebahn», die Kunstausstellung sowie die Gestaltung des Plakats von Emil Cardinaux mit dem grünen Pferd.67 Nebst diesen bereits im Vorfeld manifesten Konflikten wurde die Landesausstellung auch im Rahmen des zugespitzten Konflikts zwischen der Romandie und der Deutschschweiz kritisiert. Die Westschweizer Presse bemängelte vor allem, dass Gestaltung und Auswahl der Aussteller zu stark auf Deutschland ausgerichtet seien.68 Auswertung der Erfahrungen Die Organisatoren verarbeiten ihre Erfahrungen in einem ausführlichen Administrativen Bericht, der 1917 erschien.

5

Die Landesausstellung 1939 in Zürich

Die «Landi 1939» gilt bis heute als Inbegriff der «Geistigen Landesverteidigung».

Im Vergleich zu den früheren Landesausstellungen dominierte 1939 erstmals eine thematische Ausstellungsgestaltung. Die Ausstellung vermochte traditionelle und moderne Elemente zu einer konsensfähigen Synthese zusammenzufügen. Wie bei der Landesausstellung von Genf lässt sich für diejenige von 1939 kein eigentlicher Anlass eruieren. Ziel war es, ein «Bild schweizerischer Eigenart und Kultur, schweizerischen Denkens und Schaffens» zu vermitteln und die «vorwärtsstrebenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Kräfte unseres Landes» zu «sammeln».

Trägerschaft und Vorarbeiten Ein erster Vorstoss erfolgte 1925. Drei Jahre später warb der Zürcher Verkehrsdirektor für die Durchführung einer Landesausstellung unter dem Motto «Qualität und Arbeit». Trotz der Zurückhaltung von Seiten des Gewerbes, des Handels, der Industrie und der Finanzwelt trieb der Zürcher Verkehrsverein das Projekt voran. 1930 konstituierte sich eine Studienkommission unter dem Vorsitz des Zürcher Stadtpräsidenten Emil Klöti. Diese Kommission war auch für die zweimalige Verschiebung der Ausstellung verantwortlich. Im Mai 1935 stimmte der Bundesrat der Landesausstellung in Zürich zu und stellte finanzielle Unterstützung in Aussicht. Im Januar und Februar 1936 wurden eine Grosse Ausstellungskommission unter dem Vorsitz von Bundesrat Hermann Obrecht und ein Organisationskomitee gebildet. In der Kommission sassen Abgeordnete des Bundesrats, der Kantone sowie der wichtigsten Wirtschaft- und Interessenverbände. Das ebenfalls breit abgestützte Organisationskomitee bestand dagegen hauptsächlich aus Zürcher Vertretern. Als ausführendes Organ wurde im April 1936 eine Direktion unter der Leitung von Armin Meili eingesetzt.69

67 68 69

Jörg (wie Anm. 62), S. 137­144.

Jörg (wie Anm. 62), S. 145­147.

Schweizerische Landesausstellung 1939 Zürich. Administrativer Bericht, Zürich 1942, S. 3­12.

2602

Allfällige Verschiebungen Die Landesausstellung war zunächst für 1933, zum fünfzigsten Jubiläum der Landesausstellung von 1883, geplant. Damit sie nicht mit andern Ausstellungen kollidierte, wurde sie zunächst auf 1936 verschoben. Zur weiteren Verschiebung auf 1938 und dann auf 1939 kam es schliesslich wegen der Wirtschaftskrise.70 Finanzierung und finanzielle Beteiligung des Bundes Die Organisatoren erstellten insgesamt vier Budgets. Das erste Budget vom Juni 1936 sah gleichmässige Einnahmen und Ausgaben von jeweils 17 740 000 Franken bei einer Reserve von 340 000 Franken vor.71 In der Schlussabrechnung wurde bei Einnahmen von 25 472 000 Franken und Ausgaben von 19 072 000 Franken ein Gewinn von 6 400 000 Franken ausgewiesen.72 Dieser Gewinn wurde zur einen Hälfte an die Subvenienten, zur anderen Hälfte an karitative Organisationen ausgeschüttet.73 Die wichtigsten Finanzierungsquellen waren Eintrittsgebühren, öffentliche Subventionen (Bund, Kantone, Gemeinden) und Beiträge privater Geldgeber, eine Lotterie und ein Garantiekapital: Eintrittsgelder74 10 033 000 Franken Öffentliche Subventionen 7 141 000 Franken (Bund: 2 400 000 Franken) und private Beiträge75 Lotterie76 4 888 000 Franken Garantiekapital in Anteilscheinen 1 960 000 Franken (Bund: 600 000 Franken) Die direkte finanzielle Beteiligung des Bundes fiel 1939 komplexer als bei den früheren Landesausstellungen aus. Der Bund beteiligte sich durch allgemeine Subventionen, zweckgebundene Leistungen, Arbeitsbeschaffungskredite und durch die Übernahme von Garantiekapital: Allgemeine Subventionen Leistungen für besondere Zwecke77 Arbeitsbeschaffungskredite Übernahme von Garantiekapital

70 71 72 73 74 75 76 77

2 400 000 Franken 1 340 000 Franken 800 000 Franken 600 000 Franken

Ebd., S. 3.

Ebd., S. 427.

Ebd., S. 428 f.

Ebd., S. 425 f.

Regulärer Eintrittspreis für Erwachsene: 2 Franken; Anzahl Besucherinnen und Besucher: 10 500 000.

In diesem Betrag enthalten sind allgemeine Subventionen, Bundesbeiträge für bestimmte Zwecke und Arbeitsbeschaffungskredite.

Bei diesem Betrag handelt es sich bereits um einen Nettoertrag; vgl. Administrativer Bericht 1939 (wie Anm. 69), S. 418 f.

In diesem Betrag enthalten sind ein Prämienkredit für die Landwirtschaft sowie Kredite für Verkehrswerbung. Der dafür insgesamt vorgesehene Kredit betrug 1 490 000 Franken, wurde aber nicht ausgeschöpft.

2603

Insgesamt weist die Rechnung der Landesausstellung somit eine direkte finanzielle Beteiligung des Bundes von 5 140 000 Franken aus.78 Darin nicht eingeschlossen sind Ausgaben des Bundes als Aussteller und Beiträge an einzelne Aussteller.79 Ebenfalls nicht inbegriffen sind Ausgaben der Regiebetriebe (PTT, SBB). Vom Reingewinn erhielt der Bund 1 600 000 Franken.

Probleme und Kritik bei der Vorbereitung und Durchführung Probleme ergaben sich in der Vorbereitungsphase bei der Koordination mit andern Ausstellungen, insbesondere mit der Hygiene- und Sportausstellung in Bern (1931), der internationalen Volkskunstausstellung in Bern (1934) und der zunächst in St. Gallen geplanten 10. Schweizerischen Landwirtschaftsausstellung. Im Mai 1935 stimmte der Bundesrat der Zusammenlegung der Landes- und der Landwirtschaftsausstellung zu.80 Überliefert sind für die «Landi» verschiedene Konflikte bezüglich der inhaltlichen Gestaltung. So sahen etwa die Frauenverbände ihre Anliegen zu wenig berücksichtigt.81 Auch bei der Auswahl des offiziellen Festspiels kam es zu einer längeren Auseinandersetzung.82 Die «Landi 1939» gilt bis heute als Ausdruck eines breit abgestützten gesellschaftlichen Konsens. Dies wurde durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Sommer 1939 noch gefördert. Als Bestandteil der «Geistigen Landesverteidigung» bot die «Landi» ein Identifikationsangebot für alle Schichten und politischen Gruppen. Grundsätzliche öffentliche Kritik, wie sie etwa 1914 laut geworden war, lässt sich für die «Landi» nicht nachweisen. Erst in den 1980er Jahren setzte eine zunehmend kritische Beurteilung der mit der «Landi» eng verbundenen «Geistigen Landesverteidigung» ein.83 Auswertung der Erfahrungen Die Organisatoren der «Landi 1939» legten ihre Erfahrungen ebenfalls in einem umfangreichen Administrativen Bericht vor. Das Archiv der «Landi 39» wurde nach 1956 teilweise von der Leitung der Expo 64 gesichtet.84

78

79 80 81

82 83 84

Administrativer Bericht 1939 (wie Anm. 69), S. 428­434. Vgl. auch die Zusammenstellung in BBl, 1961 II, S. 625. Der Bundesbeschluss vom 27. Oktober 1937 (AS 1937, S. 866 f.; BBl 1937 II, S. 217­237) deckte lediglich die allgemeinen Subventionen, das Garantiekapital, die Kredite für den Innenausbau der Abteilungen Landwirtschaft, Forst, Fischerei und Jagd, sowie einen Teil des Kredits für Verkehrswerbung ab.

Das Parlament bewilligte allein für die Darstellung des Wehrwesens 215 000 Franken.

Administrativer Bericht 1939 (wie Anm. 69), S. 3 f.

Regula Zürcher, «Das Unbehagen im Staat: Die schweizerische Frauenbewegung, die Landesausstellung 1939 und das Bundesstaatsjubiläum», in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, 48, 1998, S. 444­470.

Vgl. Pierre-Alain Tschudi, «Die Konstruktion der christlichen Nation im offiziellen Festspiel der Landi 39», in: expos.ch (wie Anm. 62), S. 179­199.

Vgl. z.B. Hans Ulrich Jost in der 1983 erschienenen Geschichte der Schweiz und der Schweizer.

Ruth Stalder, «Die Archive der schweizerischen Landesausstellungen», in: expos.ch (wie Anm. 62), S. 81­94, hier S. 89.

2604

6

Die Landesausstellung 1964 in Lausanne

Für die Schweiz der 1950er und 1960er Jahre war es eine Selbstverständlichkeit, dass 25 Jahre nach der «Landi» wieder eine Landesausstellung stattfinden sollte. Die Expo 64 war bestrebt, das Ausstellungskonzept den Bedürfnissen der modernen Konsumgesellschaft und des Individualverkehrs anzupassen. Gleichzeitig sollten aber unter dem Motto Croire et créer die künftigen Grundlagen des schweizerischen Staats- und Kulturverständnisses diskutiert und dadurch der nationale Zusammenhalt gefestigt werden.

Trägerschaft und Vorarbeiten Erste Vorstösse zur Durchführung einer Landesausstellung in Lausanne gingen vom Comptoir Suisse und der Stadt Lausanne aus. Im März 1956 hiess der Bundesrat die Kandidatur Lausannes gut. Kurz darauf nahm ein Comité d'initiative unter der Leitung von Staatsrat Gabriel Despland die Vorbereitungen in die Hand. Das Komitee führte im Sommer 1956 einen öffentlichen Wettbewerb über die thematische Ausrichtung, den Standort und den Namen der Ausstellung durch. Im Frühjahr 1958 wurde das Komitee durch die definitiven Ausstellungsorgane bestehend aus einer Haute commission unter dem Vorsitz des jeweiligen Vorstehers des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements und einem Comité d'organisation abgelöst. In der Haute commission waren der Bund, die Kantone und Gemeinden sowie schweizerische und regionale Verbände vertreten. Das Comité d'organisation repräsentierte dagegen vor allem die lokalen Behörden und Verbände. Für die Ausführung verantwortlich war eine Direction, bestehend aus einem Directeur administratif (Edmond Henry), einem Directeur des finances (Paul Ruckstuhl) und einem Architecte en chef (Alberto Camenzind).85 Allfällige Verschiebungen Keine.

Finanzierung und finanzielle Beteiligung des Bundes Im Laufe der Vorbereitungen erstellte die Ausstellungsleitung drei Budgets. Das erste Budget vom Mai 1962 sah ausgeglichene Ein- und Ausgaben von jeweils 135 770 000 Franken vor. Die Voranschläge vom Mai 1963 und April 1964 wiesen dann Ausgaben von 179 486 000 Franken, respektive 187 782 000 Franken aus. Dabei wurden Defizite von 9 538 000 Franken, respektive 13 970 000 Franken vorgesehen. Die Schlussrechnung wies schliesslich Einnahmen von 142 519 000 Franken, Ausgaben von 187 682 000 Franken und ein Defizit von 45 163 000 Franken aus. In den Augen der Leitung war das Defizit vor
allem auf die unter den Erwartungen gebliebenen Besucherzahlen zurückzuführen (11,7 statt 13,5 Millionen gemäss dem Voranschlag von 1964).

Das Defizit von 45 163 000 Franken war durch die Defizitgarantien von Bund, Kantonen und Gemeinden von insgesamt 12 500 000 und durch Darlehen der öffentlichen Hand von 39 000 000 genügend gedeckt.

85

Exposition nationale suisse Lausanne 1964. Rapport final, 4 Bände, hier Band 1.

2605

Die wichtigsten Finanzierungsquellen der Expo 64 waren der Verkauf von Eintrittskarten, die Abgeltung von Leistungen durch die Aussteller, Erträge aus Konzessionen, öffentliche Subventionen (Bund, Kantone, Gemeinden) und Beiträge privater Geldgeber und Erträge aus Transportleistungen.86 Auf die Herausgabe eines Garantiekapitals wurde verzichtet: Verkauf von Eintrittskarten87 Entgelt für Leistungen an die Aussteller Erträge aus Konzessionen Öffentliche Subventionen und private Beiträge Erträge aus Transportleistungen

34 215 000 Franken 31 790 000 Franken 21 385 000 Franken 20 080 000 Franken (Bund: 10 000 000 Franken) 12 691 000 Franken

Die direkte finanzielle Beteiligung des Bundes gestaltete sich 1964 äusserst komplex. Erstmals wurde zum Mittel der Defizitgarantie gegriffen, welche die traditionelle Finanzierungsform mittels Garantiekapital ablöste. Bereits im März 1960 verhandelte die Leitung mit den Bundesbehörden um die Zuteilung von Subventionen.88 Gemäss Bundesbeschluss vom 15. September 1961 beteiligte sich der Bund schliesslich wie folgt: ­

Defizitgarantie von 10 000 000 Franken zur Deckung eines Defizits von maximal 17 000 000 Franken;

­

Defizitgarantie von 7 500 000 Franken zur Deckung eines zusätzlichen Defizits von mehr als 17 000 000 Franken;

­

Beitrag zur späteren Sektion «Terre et fôret» sowie für Tierprämierungen von insgesamt 3 500 000 Franken.89

1963 und erneut im Sommer 1964 geriet die Expo 64 in eine Liquidationskrise, die durch die Aufnahme von staatlichen und privaten Krediten überbrückt werden musste. Im März 1963 gewährte das Parlament der Expo 64 deshalb ein erstes zusätzliches Darlehen von 18 000 000 Franken.90 Im Juli 1964 unterstützte der Bundesrat die Expo 64 mit einem weiteren Vorschuss von 10 000 000 Franken.91 Beide Leistungen dienten dazu, die privaten Bankgläubiger der Expo zu entlasten.

86 87 88 89 90 91

Ebd., Band 3, S. 90 f.

Regulärer Eintrittspreis für Erwachsene: 6 Franken; Anzahl Besucherinnen und Besucher: 11 700 000.

Fréderic Sardet, «Organiser l'Expo 64: espace, argent et pouvoirs», in: expos.ch (wie Anm. 62), S. 219­235, hier S. 228.

BBl 1961 II, S. 620­632, 1357 f.

BBl 1962 II, S. 1428­1433, BBl 1963 I, S. 747.

BBl 1964 II, S. 589­594, 840 f.

2606

Die direkten Leistungen des Bundes an die Expo 64 können wie folgt zusammengefasst werden: Defizitgarantien gemäss BB 196192 Beitrag zu «Terre et fôret» Darlehen März 1963 Vorschuss Juli 1964

17 500 000 Franken 3 500 000 Franken 18 000 000 Franken 10 000 000 Franken

Total

49 000 000 Franken

In den erwähnten Subventionen und Leistungen sind nicht eingeschlossen: die Ausgaben des Bundes als Aussteller in der Höhe von «gegen» 17 000 000 Franken (Militärauftritt), Beiträge an einzelne Aussteller und ein Kredit von 1 800 000 Franken für Werbemassnahmen im Ausland.93 Ebenfalls nicht inbegriffen sind Ausgaben der Regiebetriebe (PTT, SBB).

Der Bund, der Kanton Waadt und die Stadt Lausanne erhielten aus der Überdeckung des Defizits zusammen 6 347 000 Franken zurück.94 Probleme und Kritik bei der Vorbereitung und Durchführung Die Vorgeschichte der Expo 64 war durch verschiedene Konflikte geprägt. Bereits in den 1950er Jahren hatten Max Frisch, Luzius Burckhardt und Markus Kutter mit ihrer Broschüre Achtung: die Schweiz eine Debatte über die Funktion und Form einer künftigen Landesausstellung ausgelöst und an Stelle einer traditionellen Ausstellung den Bau einer Musterstadt vorgeschlagen. Zu Beginn der Projektierungsphase stiess vor allem der Wettbewerb des Comité d'initiative auf Kritik, als bekannt wurde, dass die Expo 64 Anspruch auf das geistige Eigentum der eingegangenen Ideen erhob und nur eine geringe Entschädigung vorsah. Ebenfalls kontrovers fiel die Diskussion der Standortwahl aus. Dem Standort in Vidy stand das unterlegene dezentrale Projekt EXNAL gegenüber, das ebenfalls den Bau einer Musterstadt vorsah. Aus konzeptuellen Überlegungen, aber auch aus Zeit- und Kostengründen entschloss sich die Leitung schliesslich für eine Ausstellung an nur einem Standort.95 Der Bundesrat war bei der Leitung der Expo 64 durch einen Delegierten, Hans Giger, vertreten. Im Laufe der Vorbereitungen intervenierte Giger verschiedentlich in inhaltlicher und gestalterischer Hinsicht. So erreichte er eine in politischer Hinsicht entschärfte Variante der so genannten Gulliver-Umfrage. Ebenfalls gelang es ihm und dem Militärdepartement, eine Verlegung des Armeeauftritts vom Comptoir nach Vidy durchzusetzen, wo im Winter 1963/64 die Armee in Rekordzeit den bekannten Armeepavillon in Igel-Form errichtete. Der dort gezeigte Film und die Tatsache, dass ihn eine ausländische Firma produziert hatte, stiess ebenfalls auf öffentliche Kritik.96

92

93 94 95 96

In der Schlussabrechnung der Expo 64 wurde die erste Tranche der Defizitgarantie des Bundes in der Höhe von 10 000 000 Franken als «Subvention» und nicht als «Defizitgarantie» ausgewiesen.

BBl 1964 II, S. 592.

Rapport final 1964 (wie Anm. 85), Band 3, S. 83 Sardet (wie Anm. 88), S. 223­226.

Vgl. Roger Sidler, «Pour la Suisse de demain. Croire et créer. Das Selbstbild der Schweiz an der Expo 64», in: Mario König et. al (Hg.), Dynamisierung und Umbau. Die Schweiz in den 60er und 70er Jahren, Zürich 1998, S. 39­50.

2607

Im Vergleich zu den Auseinandersetzungen im Vorfeld hielt sich die öffentliche Kritik an der Ausstellung selbst in Grenzen. Die Organisatoren vermeinten allerdings zumindest zu Beginn eine gewisse Reserviertheit von Seiten der Deutschschweizer Presse feststellen zu können. Vereinzelt wurde die als zu modern und zu wenig «heimelig» empfundene Gestaltung kritisiert.

Auswertung der Erfahrungen Kritischer als die früheren Ausstellungsleitungen diskutierte die Leitung der Expo 64 ihre Erfahrungen im Rapport final.97 Insbesondere wies sie auf die zentrale Rolle der Beteiligung des Bundes bei der Organisation und Finanzierung einer künftigen Landesausstellung hin, welche ihrer Ansicht nach im Jahre 1991 stattfinden sollte.

Sie forderte insbesondere den Bundesrat auf, selbst die Initiative zu ergreifen und schlug eine neuartige Finanzierung durch eine jährliche Abgabe vor: «Si notre proposition est reprise, il importe cependant de se mettre au travail sans délai. L'exposition est un acte politique de portée nationale. A ce titre, elle doit revendiquer non seulement l'aide matérielle de l'Autorité fédérale, mais un soutien moral complet, se traduisant par des mesures pratiques sortant du cadre de la routine.

Il appartient donc au Conseil fédéral d'en prendre l'initiative, d'en choisir le lieu, de façon que le canton organisateur puisse réserver les terrains et préparer l'infratructure nécessaire en les englobant dans un plan général d aménagement. Il conviendra aussi de revoir le mode de financement, d'inscrire une contribution annuelle dans les budgets fédéraux et cantonaux et d'éviter ainsi les aléas des procédures extraordinaires.»98

Für diese Notiz: 11418

97 98

Rapport final 1964 (wie Anm. 85), Band 5, S. 2­24.

Ebd., S. 23.

2608

Schweizerisches Bundesarchiv U. Germann

Anhang Offizielle Rechnungsabschlüsse der schweizerischen Landesausstellungen ­ Bericht über die Verwaltung der Schweizerischen Landesausstellung Zürich 1883, Zürich 1884, Beilagen, S. 146.

­ Exposition nationale Suisse Genève 1896. Rapport administratif, Genève 1898, Annexes, S. 258.

­ Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914. Administrativer Bericht, Bern 1917, Beilagen S. 388 f.

­ Schweizerische Landesausstellung 1939 Zürich. Administrativer Bericht, Zürich 1942, S. 428­434.

­ Exposition nationale suisse Lausanne 1964. Rapport final, 4 Bände, o. O., Band 1, S. 83­91.

2609

Bericht über die Verwaltung der Schweizerischen Landesausstellung Zürich 1883, Zürich 1884, Beilagen, S. 146.

2610

Exposition nationale Suisse Genève 1896. Rapport administratif, Genève 1898, Annexes, S. 258.

2611

Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914. Administrativer Bericht, Bern 1917, Beilagen S. 388 f.

2612

Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914. Administrativer Bericht, Bern 1917, Beilagen S. 388 f.

2613

Schweizerische Landesausstellung 1939 Zürich. Administrativer Bericht, Zürich 1942, S. 428­434.

2614

Schweizerische Landesausstellung 1939 Zürich. Administrativer Bericht, Zürich 1942, S. 428­434.

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2619

2620

Exposition nationale suisse Lausanne 1964. Rapport final, 4 Bände, o. O., Band 1, S. 83­91.

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2626

2627

2628

2629

Inhaltsverzeichnis Bericht

2542

1 Umfeld der Abklärungen durch die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates 2546 1.1 Anlass und Vorgehen 2546 1.2 Rahmen und Gegenstand der Untersuchung 2547 2 Ablauf der Ereignisse 2.1 Wichtigste Ereignisse im Zusammenhang mit der Expo.01 2.2 Übergang zur Expo.02

2549 2549 2550

3 Die hauptsächlichen Probleme bei der Vorbereitung und Organisation der Expo.01 2552 3.1 Vorbemerkung 2552 3.2 Einige wesentliche Feststellungen gemäss Bericht von Hayek Engineering vom 23. September 1999 2553 3.3 Hauptsächliche Probleme aus der Sicht des Bundes 2555 3.3.1 Probleme bei der Konzeption und Planung der Expo.01 2555 3.3.2 Probleme auf Stufe der Organisation und der Vereinsorgane 2557 3.3.3 Probleme im Bereich der Finanzierung der Expo.01 2559 3.3.4 Probleme auf Bundesebene 2561 3.3.5 Kurzbeurteilung der Probleme durch die Geschäftsprüfungskommission 2563 4 Beurteilung der Rolle der Eidgenossenschaft und ihrer Behörden bei der Vorbereitung und Organisation der Landesausstellung «Expo.01» 2563 4.1 Die Rolle der Eidgenossenschaft bei der Expo.01 im Allgemeinen 2563 4.2 Die Rolle der eidgenössischen Räte und ihrer Organe 2565 4.3 Die Rolle des Bundesrates und des Vorstehers EVD 2567 4.3.1 Rolle und Verantwortung im Allgemeinen 2567 4.3.2 Beurteilung der Interventionen von Bundesrat und EVD anlässlich der Probleme der Expo.01 2569 4.4 Rolle der Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss (insbesondere des Delegierten des Bundesrates) 2572 4.4.1 Auftrag und Rolle der Vertreter des Bundes im Strategischen Ausschuss 2572 4.4.2 Hauptsächliche Einfluss- und Interventionsbereiche der Bundesvertreter im Strategischen Ausschuss 2574 4.4.3 Informationen und Interventionen der Bundesvertreter gegenüber Bundesrat und Bundesverwaltung 2575 4.5 Die Rolle der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) 2577 4.5.1 Auftrag und Rahmenbedingungen der Finanzaufsicht der EFK über die Expo.01 2577 4.5.2 Feststellungen und Interventionen der EFK 2578 4.6 Rolle der Interdepartementalen Koordinationsgruppe (GIC) 2580

2630

5 Exkurs: Rückblick auf die Landesausstellungen von 1883, 1896, 1914, 1939 und 1964

2581

6 Zusammenfassende Beurteilung

2581

7 Schlussfolgerungen, parlamentarische Vorstösse und Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates 2583 7.1 Aufarbeitung und Sicherung der Erfahrungen 2583 7.2 Gesetzliche Grundlage für die Unterstützung von Grossanlässen durch die Eidgenossenschaft 2585 7.3 Professionalisierung der Vorbereitung und Organisation von Grossanlässen 2586 7.4 Begleitung und Kontrolle von Grossprojekten durch die politischen Behörden 2587 8 Weiteres Vorgehen

2589

Liste der angehörten Personen

2590

Abkürzungsverzeichnis

2591

Schweizerisches Bundesarchiv. Landesausstellungen 1883, 1896, 1914, 1939 und 1964. Bericht zuhanden der GPK-SR

2592

2631