Kernenergiegesetz

Entwurf

(KEG) vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 90 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 20012, beschliesst:

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Gegenstand und Zweck

Dieses Gesetz regelt die friedliche Nutzung der Kernenergie. Es bezweckt insbesondere den Schutz von Mensch und Umwelt vor ihren Gefahren.

Art. 2 1

2

3

1 2 3

Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für: a.

nukleare Güter;

b.

Kernanlagen;

c.

radioaktive Abfälle: 1. die in Kernanlagen anfallen, oder 2. die nach Artikel 27 Absatz 1 des Strahlenschutzgesetzes vom 22. März 19913 (StSG) abgeliefert worden sind.

Der Bundesrat kann vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausnehmen: a.

nukleare Güter, die nicht der Nutzung der Kernenergie dienen;

b.

Kernanlagen mit kleinen oder ungefährlichen Mengen von Kernmaterialien oder radioaktiven Abfällen;

c.

nukleare Güter und radioaktive Abfälle mit geringer Strahlenwirkung.

Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten die Vorschriften des StSG.

SR 101 BBl 2001 2665 SR 814.50

2001-0233

2829

Kernenergiegesetz

Art. 3

Begriffe

In diesem Gesetz bedeuten: a.

Beobachtungsphase: längerer Zeitraum, während dessen ein geologisches Tiefenlager vor dem Verschluss überwacht wird und die radioaktiven Abfälle ohne grossen Aufwand zurückgeholt werden können;

b.

Entsorgung: Konditionierung, Zwischenlagerung und Lagerung der radioaktiven Abfälle in einem geologischen Tiefenlager;

c.

geologisches Tiefenlager: Anlage im geologischen Untergrund, die verschlossen werden kann, sofern der dauernde Schutz von Mensch und Umwelt durch passive Barrieren sichergestellt wird;

d.

Kernanlagen: Einrichtungen zur Nutzung von Kernenergie, zur Gewinnung, Herstellung, Verwendung, Bearbeitung oder Lagerung von Kernmaterialien sowie zur Entsorgung von radioaktiven Abfällen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c;

e.

Kernenergie: jede Art von Energie, die bei der Spaltung oder Verschmelzung von Atomkernen frei wird;

f.

Kernmaterialien: Stoffe, die zur Energiegewinnung mittels Kernspaltungsprozessen benutzt werden können;

g.

Nukleare Güter: 1. Kernmaterialien, 2. Materialien und Ausrüstungen, die zur Nutzung der Kernenergie bestimmt sind oder benötigt werden, 3. Technologie, die zur Entwicklung, Herstellung und Anwendung von Gütern nach den Ziffern 1 und 2 erforderlich ist;

h.

Radioaktive Abfälle: radioaktive Stoffe oder radioaktiv kontaminierte Materialien, die nicht weiter verwendet werden;

i.

Umgang: Forschung, Entwicklung, Herstellung, Lagerung, Transport, Ein-, Aus-, Durchfuhr und Vermittlung;

j.

Vermittlung: 1. die Schaffung von wesentlichen Voraussetzungen für den Abschluss von Verträgen betreffend das Anbieten, Erwerben oder Weitergeben von nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen, ungeachtet des Ortes, wo sich nukleare Güter und radioaktive Abfälle befinden, 2. der Abschluss solcher Verträge, wenn die Leistung durch Dritte erbracht werden soll, 3. der Handel von schweizerischem Territorium aus mit nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen im Ausland.

2830

Kernenergiegesetz

2. Kapitel: Grundsätze der nuklearen Sicherheit Art. 4

Grundsätze für die Nutzung der Kernenergie

1

Bei der Nutzung der Kernenergie dürfen Mensch und Umwelt keiner unzulässigen Strahlung ausgesetzt und radioaktive Stoffe nur in erlaubtem Umfang freigesetzt werden. Es muss insbesondere Vorsorge getroffen werden gegen eine unzulässige Freisetzung radioaktiver Stoffe sowie gegen eine unzulässige Bestrahlung von Personen im Normalbetrieb und bei Störfällen.

2

Im Sinne der Vorsorge sind alle Vorkehren zu treffen, die: a.

nach der Erfahrung und dem Stand von Wissenschaft und Technik notwendig sind;

b.

zu einer weiteren Verminderung der Gefährdung beitragen, soweit sie angemessen sind.

Art. 5

Schutzmassnahmen

1

Bei der Auslegung, beim Bau und beim Betrieb der Kernanlagen sind Schutzmassnahmen nach international anerkannten Grundsätzen zu treffen. Die Schutzmassnahmen umfassen insbesondere den Einsatz qualitativ hochwertiger Bauteile, gestaffelte Sicherheitsbarrieren, die mehrfache Ausführung und die Automation von Sicherheitssystemen, den Aufbau einer geeigneten Organisation mit qualifiziertem Personal sowie die Förderung eines ausgeprägten Sicherheitsbewusstseins.

2 Für den Fall, dass gefährliche Mengen radioaktiver Stoffe freigesetzt werden, sind Notfallschutzmassnahmen zur Begrenzung des Schadenausmasses vorzubereiten.

3

Um zu verhindern, dass die nukleare Sicherheit von Kernanlagen und Kernmaterialien durch unbefugtes Einwirken beeinträchtigt oder Kernmaterialien entwendet werden, müssen Sicherungsmassnahmen getroffen werden. Diese Massnahmen sind, soweit erforderlich, zu klassifizieren.

4

Der Bundesrat regelt, welche Schutzmassnahmen erforderlich sind.

3. Kapitel: Nukleare Güter Art. 6

Bewilligungspflichten

1

Wer mit Kernmaterialien umgeht, braucht eine Bewilligung der vom Bundesrat bezeichneten Behörde.

2

Der Bundesrat kann die Bewilligungspflicht einführen für: a.

den Umgang mit Materialien und Ausrüstungen, die für die Nutzung der Kernenergie bestimmt sind oder benötigt werden;

b.

die Ausfuhr oder Vermittlung von Technologie im Sinne von Artikel 3 Buchstabe g Ziffer 3.

2831

Kernenergiegesetz

3

Die Bewilligung wird befristet.

4

Der Bundesrat regelt das Verfahren.

Art. 7

Bewilligungsvoraussetzungen

Die Bewilligung wird erteilt, wenn: a.

der Schutz von Mensch und Umwelt und die nukleare Sicherheit und Sicherung gewährleistet sind;

b.

keine Gründe der Nichtverbreitung von Kernwaffen entgegenstehen;

c.

der vorgeschriebene Versicherungsschutz nach dem Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 18. März 19834 besteht;

d.

keine völkerrechtlichen Verpflichtungen entgegenstehen und die äussere Sicherheit der Schweiz nicht berührt wird;

e.

die verantwortlichen Personen die erforderliche Sachkunde haben.

Art. 8

Massnahmen im Einzelfall und gegenüber einzelnen Bestimmungsländern, Ausnahmen von der Bewilligungspflicht

1 Unabhängig davon, ob eine Bewilligungspflicht besteht, kann der Bundesrat oder die vom ihm bezeichnete Behörde die Einfuhr, Ausfuhr, Durchfuhr und Vermittlung von nuklearen Gütern im Einzelfall verbieten oder mit Bedingungen oder Auflagen versehen, wenn dies im Interesse der Nichtverbreitung von Kernwaffen geboten ist.

2

Zur Durchführung von internationalen Abkommen kann der Bundesrat vorsehen, dass für einzelne Bestimmungsländer oder eine Gruppe von Ländern keine Bewilligungen erteilt werden.

3 Der Bundesrat kann Erleichterungen und Ausnahmen von der Bewilligungspflicht vorsehen, insbesondere für Lieferungen in Länder, die Vertragsparteien von internationalen Abkommen über die Nichtverbreitung von Kernwaffen sind oder die sich an von der Schweiz unterstützten Kontrollmassnahmen beteiligen.

Art. 9

Wiederaufarbeitung und Ausfuhr zur Wiederaufarbeitung

1

Abgebrannte Brennelemente sind als radioaktive Abfälle zu entsorgen. Sie dürfen nicht wieder aufgearbeitet oder zur Wiederaufarbeitung ausgeführt werden.

3 Der Bundesrat kann zu Forschungzwecken Ausnahmen vorsehen. Es gilt sinngemäss Artikel 33 Absätze 2 und 3.

Art. 10

Lufttransport von plutoniumhaltigen Kernmaterialien

Plutoniumhaltige Kernmaterialien dürfen nicht innerhalb des schweizerischen Luftraums transportiert werden.

4

SR 732.44

2832

Kernenergiegesetz

Art. 11

Melde- und Buchführungspflichten

1

Besondere Tätigkeiten und Ereignisse im Umgang mit nuklearen Gütern, welche die nukleare Sicherheit oder die Sicherung beeinträchtigen können, muss der Bewilligungsinhaber unverzüglich den Aufsichtsbehörden melden. Der Bundesrat bezeichnet diese Tätigkeiten und Ereignisse.

2

Der Bundesrat kann eine Meldepflicht für den Besitz von nuklearen Gütern einführen.

3 Der Besitzer von Kernmaterialien muss seine Bestände kontrollieren und darüber Buch führen.

4. Kapitel: Kernanlagen 1. Abschnitt: Rahmenbewilligung Art. 12

Bewilligungspflicht

1

Wer eine Kernanlage bauen oder betreiben will, braucht eine Rahmenbewilligung des Bundesrates.

2 Kernanlagen mit geringem Gefährdungspotenzial bedürfen keiner Rahmenbewilligung. Der Bundesrat bezeichnet diese Anlagen.

Art. 13 1

Voraussetzungen für die Erteilung der Rahmenbewilligung

Die Rahmenbewilligung kann erteilt werden, wenn: a.

der Schutz von Mensch und Umwelt sichergestellt werden kann;

b.

keine anderen von der Bundesgesetzgebung vorgesehenen Gründe, namentlich des Umweltschutzes, des Natur- und Heimatschutzes und der Raumplanung, entgegenstehen;

c.

ein Konzept für die Stilllegung oder für die Beobachtungsphase und den Verschluss der Anlage vorliegt;

d.

der Nachweis für die Entsorgung der anfallenden radioaktiven Abfälle erbracht ist;

e.

die äussere Sicherheit der Schweiz nicht berührt wird;

f.

keine völkerrechtlichen Verpflichtungen entgegenstehen;

g.

bei geologischen Tiefenlagern zudem, wenn die Ergebnisse der erdwissenschaftlichen Untersuchungen die Eignung des Standortes bestätigen.

2

Die Rahmenbewilligung wird Aktiengesellschaften, Genossenschaften und juristischen Personen des öffentlichen Rechts erteilt. Eine ausländische Unternehmung muss eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung haben. Soweit keine internationalen Verpflichtungen entgegenstehen, kann der Bundesrat nach ausländischem Recht organisierten Unternehmen die Rahmenbewilligung verweigern, wenn der Staat, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, kein Gegenrecht gewährt.

2833

Kernenergiegesetz

Art. 14 1

Inhalt

Die Rahmenbewilligung legt fest: a.

den Bewilligungsinhaber;

b.

den Standort;

c.

den Zweck der Anlage;

d.

die Grundzüge des Projektes;

e.

die maximal zulässige Strahlenexposition für Personen in der Umgebung der Anlage;

f.

für geologische Tiefenlager zudem: 1. Kriterien, bei deren Nichterfüllung ein vorgesehener Lagerbereich wegen fehlender Eignung ausgeschlossen wird, 2. einen vorläufigen Schutzbereich.

2

Als Grundzüge des Projektes gelten die ungefähre Grösse und Lage der wichtigsten Bauten sowie insbesondere: a.

bei Kernreaktoren: das Reaktorsystem, die Leistungsklasse, das Hauptkühlsystem;

b.

bei Lagern für Kernmaterialien oder radioaktive Abfälle: die Kategorien des Lagergutes und die maximale Lagerkapazität.

3

Der Bundesrat setzt eine Frist für die Einreichung des Baugesuchs fest. Er kann diese Frist in begründeten Fällen verlängern.

2. Abschnitt: Bau Art. 15

Bewilligungspflicht

Wer eine Kernanlage errichten will, braucht eine Baubewilligung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Departement).

Art. 16 1

Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung

Die Baubewilligung wird erteilt, wenn: a.

der Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet wird;

b.

das Projekt den Grundsätzen der nuklearen Sicherheit und Sicherung entspricht;

c.

keine anderen von der Bundesgesetzgebung vorgesehenen Gründe, namentlich des Umweltschutzes, des Natur- und Heimatschutzes und der Raumplanung, entgegenstehen;

d.

eine fachgerechte Projektausführung gewährleistet ist und ein Programm für qualitätssichernde Massnahmen für sämtliche Bautätigkeiten vorliegt;

2834

Kernenergiegesetz

e.

ein Plan für die Stilllegung oder ein Projekt für die Beobachtungsphase und ein Plan für den Verschluss der Anlage vorliegt.

2

Für Anlagen, die einer Rahmenbewilligung bedürfen, wird die Baubewilligung zudem nur erteilt, wenn: a.

der Gesuchsteller eine rechtskräftige Rahmenbewilligung hat;

b.

das Projekt die Bestimmungen der Rahmenbewilligung einhält.

3

Für Anlagen ohne Rahmenbewilligung gelten zusätzlich die Anforderungen nach Artikel 13 Absatz 1 Buchstaben d­f und Absatz 2.

Art. 17

1

Inhalt der Baubewilligung

Die Baubewilligung legt fest: a.

den Bewilligungsinhaber;

b.

den Standort;

c.

die geplante Reaktorleistung oder Kapazität der Anlage;

d.

die wesentlichen Elemente der technischen Verwirklichung;

e.

die Grundzüge des Notfallschutzes;

f.

diejenigen Bauten und Anlageteile, die erst nach Freigabe durch die Aufsichtsbehörden ausgeführt beziehungsweise eingebaut werden dürfen.

2

Das Departement setzt eine Frist für den Beginn der Bauarbeiten fest. In begründeten Fällen kann es diese erstrecken.

Art. 18

Projektausführung

Der Bewilligungsinhaber muss eine vollständige Dokumentation über die technischen Einrichtungen sowie die durchgeführten Kontrollen und Prüfungen anlegen.

3. Abschnitt: Betrieb Art. 19

Bewilligungspflicht

Wer eine Kernanlage betreiben will, braucht eine Betriebsbewilligung des Departements.

Art. 20 1

Voraussetzungen für die Erteilung der Betriebsbewilligung

Die Betriebsbewilligung wird erteilt, wenn: a.

der Gesuchsteller Eigentümer der Kernanlage oder, soweit das kantonale Recht dies vorsieht, Inhaber einer bergrechtlichen Sondernutzungskonzession ist;

b.

die Bestimmungen der Rahmen- und der Baubewilligung eingehalten sind;

c.

der Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet wird; 2835

Kernenergiegesetz

d.

die Anlage und der vorgesehene Betrieb den Anforderungen der nuklearen Sicherheit und Sicherung entsprechen;

e.

die Anforderungen an Personal und Organisation erfüllt werden können;

f.

qualitätssichernde Massnahmen für sämtliche im Betrieb ausgeübten Tätigkeiten vorbereitet sind;

g.

die Notfallschutzmassnahmen vorbereitet sind;

h.

der vorgeschriebene Versicherungsschutz nach dem Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 18. März 19835 besteht.

2 Die Betriebsbewilligung kann gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb bereits zu diesem Zeitpunkt abschliessend beurteilt werden können.

3 Der Eigentümer eines Kernreaktors kann mit einer Bewilligung des Departements Kernmaterialien in seine Anlage einlagern, bevor die Betriebsbewilligung erteilt ist.

Für diese Bewilligung gelten die Artikel 20­24 sinngemäss.

Art. 21 1

2

Inhalt der Betriebsbewilligung

Die Betriebsbewilligung legt fest: a.

den Bewilligungsinhaber;

b.

die zulässige Reaktorleistung oder Kapazität der Anlage;

c.

die Limiten für die Abgabe von radioaktiven Stoffen an die Umwelt;

d.

die Massnahmen zur Überwachung der Umgebung;

e.

die Sicherheits-, Sicherungs- und Notfallschutzmassnahmen, die der Bewilligungsinhaber während des Betriebs zu treffen hat;

f.

die Stufen der Inbetriebnahme, deren Beginn einer vorgängigen Freigabe durch die Aufsichtsbehörden bedarf.

Die Betriebsbewilligung kann befristet werden.

Art. 22

Allgemeine Pflichten des Bewilligungsinhabers

1

Der Bewilligungsinhaber ist für die Sicherheit der Anlage und des Betriebs verantwortlich.

2

5

Dazu muss er insbesondere: a.

der nuklearen Sicherheit stets den gebotenen Vorrang beim Betrieb der Kernanlage einräumen, namentlich die vorgegebenen betrieblichen Grenzen und Bedingungen einhalten;

b.

eine geeignete Organisation aufbauen und geeignetes und fachlich ausgewiesenes Personal in genügender Zahl beschäftigen. Der Bundesrat legt die Mindestanforderungen fest und regelt die Ausbildung des Fachpersonals;

SR 732.44

2836

Kernenergiegesetz

c.

Massnahmen treffen, um die Anlage in einem guten Zustand zu erhalten;

d.

Nachprüfungen sowie systematische Sicherheits- und Sicherungsbewertungen während der ganzen Lebensdauer der Anlage durchführen;

e.

für ein Kernkraftwerk periodisch eine umfassende Sicherheitsüberprüfung vornehmen;

f.

den Aufsichtsbehörden periodisch über den Zustand und den Betrieb der Anlage berichten und ihr Ereignisse unverzüglich melden;

g.

die Anlage soweit nachrüsten, als dies nach der Erfahrung und dem Stand der Nachrüstungstechnik notwendig ist, und darüber hinaus, soweit dies zu einer weiteren Verminderung der Gefährdung beiträgt und angemessen ist;

h.

die Entwicklung von Wissenschaft und Technik sowie die Betriebserfahrungen vergleichbarer Anlagen verfolgen;

i.

eine vollständige Dokumentation über die technischen Einrichtungen und den Betrieb führen und den Sicherheitsbericht und den Sicherungsbericht wenn nötig anpassen;

j.

qualitätssichernde Massnahmen für sämtliche im Betrieb ausgeübten Tätigkeiten durchführen;

k.

den Plan für die Stilllegung oder das Projekt für die Beobachtungsphase und den Plan für den Verschluss der Anlage nachführen.

Art. 23

Betriebswache

1

Zur Sicherung der Kernanlagen vor unbefugtem Einwirken kann das Departement den Bewilligungsinhaber verpflichten, eine bewaffnete Betriebswache zu unterhalten.

2

Der Bundesrat regelt die Anforderungen an die Betriebswache und legt nach Anhörung der Kantone deren Aufgaben und Befugnisse fest.

3

Der Standortkanton regelt die Ausbildung der Betriebswache in Zusammenarbeit mit der zuständigen Bundesstelle.

Art. 24

Zuverlässigkeitskontrollen

1

Personen, die in Funktionen eingesetzt werden, welche für die nukleare Sicherheit und die Sicherung der Kernanlage wesentlich sind, müssen sich einer periodischen Zuverlässigkeitskontrolle unterziehen.

2

Im Rahmen dieser Prüfung können besonders schützenswerte Personendaten über die Gesundheit und die psychische Eignung sowie sicherheitsrelevante Daten über die Lebensführung der betroffenen Person bearbeitet werden; es kann darüber eine Datensammlung angelegt werden.

3

Die Daten dürfen dem Eigentümer der Kernanlage und der Aufsichtsbehörde bekannt gegeben werden.

2837

Kernenergiegesetz

4 Der Bundesrat legt fest, wer dieser Kontrolle untersteht und regelt das Prüfverfahren. Er bezeichnet die Stelle, die das Prüfverfahren durchführt und die Daten bearbeitet und die Datensammlung anlegt.

Art. 25

Massnahmen in ausserordentlichen Lagen

Der Bundesrat kann in ausserordentlichen Lagen das vorsorgliche Abstellen von Kernkraftwerken anordnen.

4. Abschnitt: Stilllegung Art. 26 1

2

Stilllegungspflichten

Der Eigentümer muss seine Anlage stilllegen, wenn: a.

er sie endgültig ausser Betrieb genommen hat;

b.

die Betriebsbewilligung nicht erteilt oder entzogen wurde oder nach Artikel 67 Absatz 1 Buchstaben a und b erloschen ist und das Departement die Stilllegung anordnet.

Er muss dabei insbesondere: a.

die Anforderungen der nuklearen Sicherheit und Sicherung erfüllen;

b.

die Kernmaterialien in eine andere Kernanlage verbringen;

c.

die radioaktiven Teile dekontaminieren oder als radioaktive Abfälle behandeln;

d.

die radioaktiven Abfälle entsorgen;

e.

die Anlage bewachen, bis alle nuklearen Gefahrenquellen daraus entfernt sind.

Art. 27

Stilllegungsprojekt

1

Der Eigentümer der Anlage muss den Aufsichtsbehörden ein Projekt für die vorgesehene Stilllegung vorlegen. Die Aufsichtsbehörde setzt ihm dafür eine Frist.

2

Das Projekt legt dar: a.

die Phasen und den Zeitplan;

b.

die einzelnen Schritte von Demontage und Abbruch;

c.

die Schutzmassnahmen;

d.

den Personalbedarf und die Organisation;

e.

die Entsorgung der radioaktiven Abfälle.

2838

Kernenergiegesetz

Art. 28

Stilllegungsverfügung

Das Departement ordnet die Stilllegungsarbeiten an. Es legt fest, welche Arbeiten einer Freigabe durch die Aufsichtsbehörden bedürfen.

Art. 29

Abschluss der Stilllegung

1

Wenn die Stilllegungsarbeiten ordnungsgemäss abgeschlossen sind, stellt das Departement fest, dass die Anlage keine radiologische Gefahrenquelle mehr darstellt und somit nicht mehr der Kernenergiegesetzgebung untersteht.

2

Die stilllegungspflichtige Gesellschaft darf sich nur mit Zustimmung des Departements auflösen.

5. Kapitel: Radioaktive Abfälle 1. Abschnitt: Allgemeines Art. 30

Grundsätze

1

Mit radioaktiven Stoffen ist so umzugehen, dass möglichst wenig radioaktive Abfälle entstehen.

2

Die in der Schweiz anfallenden radioaktiven Abfälle müssen grundsätzlich im Inland entsorgt werden.

3

Radioaktive Abfälle müssen so entsorgt werden, dass der dauernde Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet ist.

Art. 31

Pflicht zur Entsorgung

1

Wer eine Kernanlage betreibt oder stilllegt, ist verpflichtet, die aus der Anlage stammenden radioaktiven Abfälle auf eigene Kosten sicher zu entsorgen. Zur Entsorgungspflicht gehören auch die notwendigen Vorbereitungsarbeiten wie Forschung und erdwissenschaftliche Untersuchungen sowie die rechtzeitige Bereitstellung eines geologischen Tiefenlagers.

2

Die Entsorgungspflicht ist erfüllt, wenn die Abfälle in ein geologisches Tiefenlager verbracht worden sind und die finanziellen Mittel für die Beobachtungsphase und den allfälligen Verschluss sichergestellt sind.

3

Wird die Rahmenbewilligung für ein Kernkraftwerk auf einen neuen Inhaber übertragen (Art. 65 Abs. 2), sind der bisherige und der neue Inhaber für die bis zur Übertragung der Bewilligung angefallenen Betriebsabfälle und abgebrannten Brennelemente entsorgungspflichtig.

4

Die entsorgungspflichtige Gesellschaft darf sich nur mit Zustimmung des Departements auflösen.

2839

Kernenergiegesetz

Art. 32 1

2

Entsorgung durch den Bund

Der Bund entsorgt: a.

die radioaktiven Abfälle, die nach Artikel 27 Absatz 1 des StSG6 abgeliefert worden sind;

b.

die übrigen radioaktiven Abfälle auf Kosten des Entsorgungsfonds, wenn der Entsorgungspflichtige seinen Pflichten nicht nachkommt.

Er kann zu diesem Zweck: a.

sich an erdwissenschaftlichen Untersuchungen beteiligen oder selber solche durchführen;

b.

sich am Bau und Betrieb einer Entsorgungsanlage beteiligen oder selber eine solche errichten und betreiben.

Art. 33

Umgang mit radioaktiven Abfällen

1

Für den Umgang mit radioaktiven Abfällen ausserhalb von Kernanlagen gelten die Artikel 6­11 sinngemäss.

2

Für die Einfuhr von radioaktiven Abfällen aus Kernanlagen, die nicht aus der Schweiz stammen, aber in der Schweiz entsorgt werden sollen, kann ausnahmsweise eine Bewilligung erteilt werden, wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen nach Artikel 7: a.

die Schweiz in einer völkerrechtlichen Vereinbarung der Einfuhr der radioaktiven Abfälle zur Entsorgung zugestimmt hat;

b.

in der Schweiz eine geeignete, dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Kernanlage zur Verfügung steht;

c.

die Durchfuhrstaaten der Durchfuhr zugestimmt haben;

d.

der Empfänger mit dem Absender der radioaktiven Abfälle mit Zustimmung des Ursprungsstaates verbindlich vereinbart hat, dass der Absender sie nötigenfalls zurücknimmt.

3

Für die Ausfuhr von radioaktiven Abfällen zur Konditionierung wird eine Bewilligung erteilt, wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen nach Artikel 7:

6

a.

der Empfängerstaat in einer völkerrechtlichen Vereinbarung der Einfuhr der radioaktiven Abfälle zur Konditionierung zugestimmt hat;

b.

im Empfängerstaat eine geeignete, dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Kernanlage zur Verfügung steht;

c.

die Durchfuhrstaaten der Durchfuhr zugestimmt haben;

d.

der Absender mit dem Empfänger der radioaktiven Abfälle mit Zustimmung der vom Bundesrat bezeichneten Behörde verbindlich vereinbart hat, dass der Absender die konditionierten und die bei der Konditionierung entstehen-

SR 814.50

2840

Kernenergiegesetz

den oder allenfalls die noch nicht konditionierten radioaktiven Abfälle zurücknimmt.

4

Für die Ausfuhr von radioaktiven Abfällen zur Lagerung kann ausnahmsweise eine Bewilligung erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 Buchstaben a­c erfüllt sind und zudem der Absender mit dem Empfänger der radioaktiven Abfälle mit Zustimmung der vom Bundesrat bezeichneten Behörde verbindlich vereinbart hat, dass der Absender sie nötigenfalls zurücknimmt.

2. Abschnitt: Erdwissenschaftliche Untersuchungen Art. 34

Bewilligungspflicht und -voraussetzungen

1

Erdwissenschaftliche Untersuchungen in möglichen Standortregionen, die dazu dienen, Kenntnisse im Hinblick auf ein geologisches Tiefenlager zu verschaffen, bedürfen einer Bewilligung des Departements.

2

Die Bewilligung wird erteilt, wenn: a.

die geplanten Untersuchungen geeignet sind, die erforderlichen Grundlagen für die spätere Beurteilung der Sicherheit eines geologischen Tiefenlagers zu erbringen, ohne die Eignung eines Standortes zu beeinträchtigen;

b.

keine anderen von der Bundesgesetzgebung vorgesehenen Gründe, namentlich des Umweltschutzes, des Natur- und Heimatschutzes und der Raumplanung, entgegenstehen.

3

Der Bundesrat kann Untersuchungen nach Absatz 1, die nur geringfügige Beeinträchtigungen zur Folge haben, von der Bewilligungspflicht nach diesem Gesetz ausnehmen.

Art. 35

1

2

Inhalt der Bewilligung für erdwissenschaftliche Untersuchungen

Die Bewilligung legt fest: a.

die Grundzüge der Untersuchungen, insbesondere die ungefähre Lage und Ausdehnung von Bohrungen und Untertagebauten;

b.

die Untersuchungen, die erst nach Freigabe durch die Aufsichtsbehörden ausgeführt werden dürfen;

c.

den Umfang der erdwissenschaftlichen Dokumentation.

Die Bewilligung wird befristet.

3. Abschnitt: Besondere Bestimmungen für geologische Tiefenlager Art. 36

Betriebsbewilligung

1

Für geologische Tiefenlager wird die Betriebsbewilligung erteilt, wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen nach Artikel 20 Absatz 1: 2841

Kernenergiegesetz

a.

die während des Baus gewonnenen Erkenntnisse die Eignung des Standortes bestätigen;

b.

die Rückholung der radioaktiven Abfälle bis zu einem allfälligen Verschluss ohne grossen Aufwand möglich ist.

2 Die Betriebsbewilligung legt den definitiven Schutzbereich des geologischen Tiefenlagers fest.

3 Sie legt Anforderungen, insbesondere Grenzwerte für die Aktivität der einzulagernden Abfälle fest. Für die Einlagerung der einzelnen Abfallsorten bedarf es der Freigabe durch die Aufsichtsbehörden.

Art. 37

Besondere Pflichten des Inhabers einer Betriebsbewilligung für ein geologisches Tiefenlager

1

Der Bundesrat kann den Inhaber einer Betriebsbewilligung für ein geologisches Tiefenlager verpflichten, die aus der Schweiz stammenden radioaktiven Abfälle zu kostendeckenden Entschädigungen zu übernehmen, sofern sie den in der Betriebsbewilligung umschriebenen Anforderungen entsprechen.

2 Der Bewilligungsinhaber muss eine vollständige Dokumentation über die bis zum Abschluss der Beobachtungsphase gewonnenen und für die Sicherheit wesentlichen Erkenntnisse, die Pläne des geologischen Tiefenlagers und das Inventar der radioaktiven Abfälle führen.

3 Solange das geologische Tiefenlager der Kernenergiegesetzgebung untersteht, darf sich die Betreibergesellschaft nur mit Zustimmung des Departements auflösen.

Art. 38

Beobachtungsphase und Verschluss

1

Der Eigentümer des geologischen Tiefenlagers oder der Inhaber einer bergrechtlichen Sondernutzungskonzession muss ein aktualisiertes Projekt für die Beobachtungsphase und ein Projekt für den allfälligen Verschluss vorlegen, wenn: a.

die Einlagerung der radioaktiven Abfälle abgeschlossen ist;

b.

die Betriebsbewilligung entzogen wurde oder nach Artikel 67 Absatz 1 Buchstaben a und b erloschen ist.

2 Der Bundesrat ordnet nach Ablauf der Beobachtungsphase die Verschlussarbeiten an, wenn:

a.

der dauernde Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet ist;

b.

die Zustimmung des Standortkantons zum Verschluss vorliegt.

3

Nach ordnungsgemässem Verschluss kann der Bundesrat eine weitere, befristete Überwachung anordnen.

4 Nach ordnungsgemässem Verschluss oder nach Ablauf der Überwachungsfrist nach Absatz 3 stellt der Bundesrat fest, dass das Lager nicht mehr der Kernenergiegesetzgebung untersteht. Der Bund kann weiter gehende Massnahmen nach diesem Zeitpunkt, insbesondere eine Umweltüberwachung, durchführen.

2842

Kernenergiegesetz

Art. 39

Schutz des geologischen Tiefenlagers

1

Der Schutzbereich ist der Raum im Untergrund, in dem Eingriffe die Sicherheit des Lagers beeinträchtigen könnten. Der Bundesrat legt die Kriterien für den Schutzbereich fest.

2

Wer Tiefbohrungen, Stollenbauten, Sprengungen und andere Vorhaben, durch die ein Schutzbereich berührt wird, durchführen will, braucht eine Bewilligung der vom Bundesrat bezeichneten Behörde.

3

Die vom Bundesrat bezeichnete Behörde meldet nach Erteilung der Rahmenbewilligung den vorläufigen, nach Erteilung der Betriebsbewilligung den definitiven Schutzbereich beim Grundbuchamt zur Anmerkung im Grundbuch an. Die Kantone nehmen die vom Schutzbereich betroffenen Grundstücke, die nicht im Grundbuch aufgenommen sind, in das Grundbuch auf. Grundstücke, über die keine anerkannte Vermessung besteht, müssen hierfür vermessen werden (Erstvermessung oder Erneuerung der Vermessung). Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

4

Die Kantone sorgen dafür, dass der Schutzbereich im Richt- und im Nutzungsplan eingetragen wird.

5

Wird das Lager nicht gebaut oder nicht in Betrieb genommen, hebt die vom Bundesrat bezeichnete Behörde den vorläufigen Schutzbereich auf und ersucht das Grundbuchamt, die Anmerkung zu löschen. Die Kantone sorgen dafür, dass der Richt- und der Nutzungsplan angepasst werden.

6

Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Informationen über das Lager, die eingelagerten Abfälle und den Schutzbereich aufbewahrt werden und die Kenntnisse darüber erhalten bleiben. Er kann entsprechende Daten anderen Staaten oder internationalen Organisationen mitteilen.

7

Der Bundesrat kann die Markierung des Lagers vorschreiben.

Art. 40

Abgabe und Verwendung von erdwissenschaftlichen Daten

1

Rohdaten und Ergebnisse, die aus den erdwissenschaftlichen Untersuchungen und während des Baus eines geologischen Tiefenlagers gewonnen wurden, sind dem Bund auf Verlangen unentgeltlich abzugeben.

2

Der Bundesrat regelt den Zugang und die Verwendung dieser Daten. Er wahrt dabei die Interessen der Eigentümer.

2843

Kernenergiegesetz

6. Kapitel: Verfahren und Aufsicht 1. Abschnitt: Rahmenbewilligung Art. 41

Einleitung des Verfahrens

Das Rahmenbewilligungsgesuch ist mit den erforderlichen Unterlagen bei der zuständigen Stelle7 (Bundesamt) einzureichen. Dieses prüft das Gesuch auf seine Vollständigkeit und verlangt allenfalls Ergänzungen.

Art. 42 1

Gutachten und Stellungnahmen

Das Bundesamt holt die erforderlichen Gutachten ein, namentlich über: a.

den Schutz von Mensch und Umwelt;

b.

die Entsorgung der radioaktiven Abfälle.

2

Es fordert die Kantone und die Fachstellen des Bundes auf, innerhalb von drei Monaten zum Gesuch und zu den Gutachten Stellung zu nehmen. Vorbehalten bleiben abweichende Fristen für die Umweltverträglichkeitsprüfung. Es kann die Frist in begründeten Fällen verlängern.

3

Das Bereinigungsverfahren in der Bundesverwaltung richtet sich nach Artikel 62b des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19978.

Art. 43

Zustimmung des Standortkantons, Vorbehalt der Wasserrechtskonzession

1

Eine Rahmenbewilligung für ein geologisches Tiefenlager erfordert die Zustimmung des Standortkantons für die Nutzung des Untergrundes.

2

Die Erteilung einer Rahmenbewilligung für eine Kernanlage setzt voraus, dass das zuständige Gemeinwesen allenfalls eine Konzession für die Nutzung der Wasserrechte erteilt hat.

Art. 44

Publikation und Auflage

1

Das Gesuch und die Schlussfolgerungen der Stellungnahmen der Kantone und Fachstellen sowie der Gutachten sind in den amtlichen Publikationsorganen der betroffenen Kantone und Gemeinden sowie im Bundesblatt zu publizieren.

2 Das Gesuch und die Stellungnahmen der Kantone und Fachstellen sowie die Gutachten sind während dreier Monate öffentlich aufzulegen.

Art. 45

Einwendungen und Einsprachen

1

Innert dreier Monate seit der Publikation kann jedermann beim Bundesamt schriftlich und begründet Einwendungen gegen eine Erteilung der Rahmenbewilligung erheben. Das Bundesamt kann die Einwendungsfrist auf begründetes Gesuch hin um 7 8

Zurzeit Bundesamt für Energie SR 172.010

2844

Kernenergiegesetz

höchstens drei Monate verlängern. Einwendungen sind kostenlos; es besteht kein Anspruch auf Parteientschädigung.

2

Wer nach den Vorschriften des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19689 über das Verwaltungsverfahren (VwVG) Partei ist, kann innert dreier Monate seit der Publikation beim Bundesamt Einsprache erheben. Die Gemeinden wahren ihre Interessen mit Einsprache. Im Übrigen finden die Bestimmungen des VwVG Anwendung.

3

Parteien, die im Ausland wohnen, müssen in der Schweiz ein Zustelldomizil bezeichnen. Unterlässt dies eine Partei, so können Zustellungen unterbleiben oder im Bundesblatt publiziert werden.

Art. 46

Stellungnahmen zu Einwendungen und Einsprachen

1

Das Bundesamt lädt die Kantone, Fachstellen und Gutachter ein, zu den Einwendungen und Einsprachen zuhanden des Bundesrates Stellung zu nehmen.

2

Das Bereinigungsverfahren in der Bundesverwaltung richtet sich nach Artikel 62b des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199710.

Art. 47

Entscheid

1

Der Bundesrat entscheidet über das Gesuch sowie über die Einwendungen und Einsprachen.

2

Er unterbreitet die Erteilung der Rahmenbewilligung der Bundesversammlung zur Genehmigung.

3

Der Beschluss der Bundesversammlung untersteht dem fakultativen Referendum.

Ausgenommen sind Beschlüsse betreffend die Rahmenbewilligung für geologische Tiefenlager.

2. Abschnitt: Baubewilligung für Kernanlagen und Bewilligung für erdwissenschaftliche Untersuchungen Art. 48

Allgemeines

1

Das Verfahren für die Baubewilligung von Kernanlagen und die Bewilligung für erdwissenschaftliche Untersuchungen richtet sich nach diesem Gesetz und subsidiär nach dem VwVG11 und dem Bundesgesetz vom 20. Juni 193012 über die Enteignung (EntG).

2 Mit der Bewilligung werden sämtliche nach Bundesrecht notwendigen Bewilligungen erteilt.

9 10 11 12

SR 172.021 SR 172.010 SR 172.021 SR 711

2845

Kernenergiegesetz

3 Kantonale Bewilligungen und Pläne sind nicht erforderlich. Das kantonale Recht ist zu berücksichtigen, soweit es das Projekt nicht unverhältnismässig einschränkt.

4

Bewilligungen für den Bau von Sondierstollen und -schächten erfordern hingegen die Zustimmung des Standortkantons für die Nutzung des Untergrundes.

5 Zur Kernanlage gehören auch die mit dem Bau und dem Betrieb zusammenhängenden Erschliessungsanlagen und Installationsplätze. Zu den erdwissenschaftlichen Untersuchungen und zum geologischen Tiefenlager gehören zusätzlich die Standorte für die Verwertung und Ablagerung von Ausbruch-, Aushub- oder Abbruchmaterial, die in einem engen räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit dem Projekt stehen.

Art. 49

Einleitung des Verfahrens

Das Gesuch ist mit den erforderlichen Unterlagen beim Bundesamt einzureichen.

Dieses prüft die Unterlagen auf ihre Vollständigkeit und verlangt allenfalls Ergänzungen.

Art. 50

Enteignungsrecht

Dem Gesuchsteller steht das Enteignungsrecht zu für: a.

den Bau, den Betrieb und die Stilllegung einer Kernanlage, für die eine Rahmenbewilligung erforderlich ist;

b.

bewilligungspflichtige erdwissenschaftliche Untersuchungen;

c.

den Bau der mit Projekten nach Buchstaben a und b zusammenhängenden Erschliessunganlagen und Installationsplätze;

d.

Standorte für die Verwertung und Ablagerung von Ausbruch-, Aushub- oder Abbruchmaterial, die in einem engen räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit dem Projekt stehen.

Art. 51

Aussteckung

1

Vor der öffentlichen Auflage des Gesuchs muss der Gesuchsteller die Veränderungen, welche die geplante Anlage oder die geplanten Untersuchungen im Gelände bewirken, sichtbar machen, indem er sie aussteckt; bei Hochbauten hat er Profile aufzustellen.

2 Einwände gegen die Aussteckung oder die Aufstellung von Profilen sind sofort, jedenfalls aber vor Ablauf der Auflagefrist beim Bundesamt vorzubringen.

Art. 52 1

Anhörung, Publikation und Auflage

Das Bundesamt übermittelt das Gesuch den betroffenen Kantonen und fordert sie auf, innerhalb von drei Monaten dazu Stellung zu nehmen. Es kann die Frist in begründeten Fällen verlängern.

2846

Kernenergiegesetz

2

Das Gesuch ist in den amtlichen Publikationsorganen der betroffenen Kantone und Gemeinden sowie im Bundesblatt zu publizieren und während 30 Tagen öffentlich aufzulegen.

3

Die öffentliche Auflage hat den Enteignungsbann nach den Artikeln 42­44 EntG13 zur Folge.

Art. 53

Persönliche Anzeige

Spätestens mit der öffentlichen Auflage des Gesuchs muss der Gesuchsteller den Entschädigungsberechtigten nach Artikel 31 EntG14 eine persönliche Anzeige über die zu enteignenden Rechte zustellen.

Art. 54

Einsprache

1

Wer nach den Vorschriften des VwVG15 oder des EntG16 Partei ist, kann während der Auflagefrist beim Bundesamt Einsprache erheben. Wer keine Einsprache erhebt, ist vom weiteren Verfahren ausgeschlossen.

2

Innerhalb der Auflagefrist sind auch sämtliche enteignungsrechtlichen Einwände sowie Begehren um Entschädigung oder Sachleistung geltend zu machen. Nachträgliche Einsprachen und Begehren nach den Artikeln 39­41 EntG sind beim Bundesamt einzureichen.

3

Die betroffenen Gemeinden wahren ihre Interessen mit Einsprache.

4 Für

Parteien, die im Ausland wohnen, gilt Artikel 45 Absatz 3.

Art. 55

Bereinigung in der Bundesverwaltung

Das Bereinigungsverfahren in der Bundesverwaltung richtet sich nach Artikel 62b des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199717.

Art. 56

Bewilligungserteilung

Mit der Erteilung der Bewilligung entscheidet das Departement gleichzeitig auch über enteignungsrechtliche Einsprachen.

Art. 57

Schätzungsverfahren, vorzeitige Besitzeinweisung

1

Nach Abschluss des Bewilligungsverfahrens wird, soweit erforderlich, das Schätzungsverfahren vor der Eidgenössischen Schätzungskommission (Schätzungskommission) nach den Bestimmungen des EntG18 durchgeführt. Es werden nur angemeldete Forderungen behandelt; Artikel 38 EntG bleibt vorbehalten.

13 14 15 16 17 18

SR 711 SR 711 SR 172.021 SR 711 SR 172.010 SR 711

2847

Kernenergiegesetz

2

Das Bundesamt übermittelt dem Präsidenten der Schätzungskommission die genehmigten Pläne, den Enteignungsplan, die Grunderwerbstabelle und die angemeldeten Forderungen.

3 Der Präsident der Schätzungskommission kann gestützt auf einen vollstreckbaren Bewilligungsentscheid die vorzeitige Besitzeinweisung bewilligen. Dabei wird vermutet, dass dem Enteigner ohne die vorzeitige Besitzeinweisung bedeutende Nachteile entstünden. Im Übrigen gilt Artikel 76 EntG.

Art. 58

Enteignungsrechtliche Forderungen auf Grund des Schutzbereiches

1

Kommen Eigentumsbeschränkungen im Zusammenhang mit der Festlegung des Schutzbereichs einer Enteignung gleich, so sind sie voll zu entschädigen. Für die Bemessung der Entschädigung sind die Verhältnisse beim Inkrafttreten der Eigentumsbeschränkung massgebend.

2

Entschädigungspflichtig ist der Inhaber des geologischen Tiefenlagers.

3

Der von einer Eigentumsbeschränkung Betroffene hat seine Ansprüche innert fünf Jahren nach erfolgter definitiver Anmerkung (Art. 39 Abs. 3) schriftlich beim Inhaber des Lagers anzumelden. Werden die Ansprüche ganz oder teilweise bestritten, so ist nach den Artikeln 57­75 EntG19 vorzugehen.

4

In diesem Verfahren werden nur angemeldete Forderungen behandelt. Nachträgliche Einsprachen gegen die Beschränkung des Grundeigentums sind ausgeschlossen.

5

Die Entschädigung wird vom Zeitpunkt an verzinst, indem die Eigentumsbeschränkung wirksam wird.

Art. 59

Mitwirkung der Kantone bei der Entsorgung von Ausbruch-, Aushub- oder Abbruchmaterial

1 Fallen bei den erdwissenschaftlichen Untersuchungen und beim Bau von geologischen Tiefenlagern erhebliche Mengen von Ausbruch-, Aushub- oder Abbruchmaterial an, die nicht in der Nähe verwertet oder abgelagert werden können, so bezeichnen die betroffenen Kantone die erforderlichen Standorte für die Entsorgung des Materials.

2

Liegt im Zeitpunkt der Baubewilligung oder der Bewilligung für erdwissenschaftliche Untersuchungen keine rechtskräftige Bewilligung des Kantons vor, so kann das Departement den Standort für ein Zwischenlager bezeichnen und dessen Nutzung mit Bedingungen und Auflagen verbinden. Es gelten die Verfahrensbestimmungen dieses Abschnitts. Der Kanton bezeichnet innerhalb von fünf Jahren die Standorte für die Entsorgung des Materials.

19

SR 711

2848

Kernenergiegesetz

3. Abschnitt: Betriebsbewilligung für Kernanlagen, Stilllegung von Kernanlagen sowie Verschluss eines geologischen Tiefenlagers Art. 60

Betriebsbewilligung für Kernanlagen

Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 48 Absätze 1­3, 49, 50 und 52­58.

Art. 61

Stilllegung von Kernanlagen

Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 48 Absätze 1­3, 49­57 und 59.

Art. 62

Verschluss eines geologischen Tiefenlagers

Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 48 Absätze 1­3, 49, 52 und 54.

4. Abschnitt: Andere Verfügungen einschliesslich Freigaben Art. 63 1

Für andere Verfügungen nach diesem Gesetz gilt das VwVG20.

2

Für Parteien, die im Ausland wohnen, gilt Artikel 45 Absatz 3.

3

Im Verfahren der von den Aufsichtsbehörden zu erteilenden Freigaben hat nur der Gesuchsteller Parteistellung.

5. Abschnitt: Änderung, Übertragung, Entzug und Erlöschen von Verfügungen Art. 64

Änderung

1

Für eine Änderung des Zwecks oder der Grundzüge einer rahmenbewilligungspflichtigen Kernanlage ist eine Änderung der Rahmenbewilligung nach dem Verfahren für deren Erteilung erforderlich. Ausgenommen ist die Stilllegung oder der Verschluss einer Kernanlage.

2

Für wesentliche Abweichungen von der Bau- oder Betriebsbewilligung, der Bewilligung für erdwissenschaftliche Untersuchungen und von der Stilllegungs- oder Verschlussverfügung ist eine Änderung der Bewilligung oder Verfügung nach dem Verfahren für deren Erlass erforderlich.

3

Für Änderungen, die nicht wesentlich von einer Bewilligung oder Verfügung nach Absatz 2 abweichen, jedoch einen Einfluss auf die nukleare Sicherheit oder Sicherung haben können, braucht der Inhaber eine Freigabe der Aufsichtsbehörden.

4

Übrige Änderungen sind den Aufsichtsbehörden zu melden.

20

SR 172.021

2849

Kernenergiegesetz

5

Im Zweifelsfall entscheiden: a.

der Bundesrat, ob eine Änderung der Rahmenbewilligung erforderlich ist;

b.

das Departement, ob eine Änderung einer Bewilligung oder Verfügung nach Absatz 2 erforderlich ist;

c.

die Aufsichtsbehörden, ob eine Freigabe erforderlich ist.

Art. 65

Übertragung

1

Die Bewilligungsbehörde kann eine Bewilligung auf einen neuen Inhaber übertragen, wenn dieser die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt.

2 Die Rahmenbewilligung für ein Kernkraftwerk kann übertragen werden, wenn zudem der bisherige Inhaber die Stilllegungs- und die Entsorgungskosten entsprechend der Betriebsdauer sichergestellt hat.

3

Für die Übertragung der Rahmenbewilligung ist der Bundesrat zuständig. Er holt vorher die Stellungnahme des Standortkantons ein.

4 Mit der Rahmenbewilligung werden auch die Bau- und die Betriebsbewilligung übertragen. Die Bau- und die Betriebsbewilligung können nicht allein übertragen werden.

5

Im Verfahren für die Übertragung der Rahmenbewilligung haben nur der Gesuchsteller und der bisherige Bewilligungsinhaber Parteistellung. Es finden die Bestimmungen des VwVG21 Anwendung.

6

Die Bewilligungen für den Umgang mit nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen sind nicht übertragbar.

Art. 66

1

2

Entzug

Die Bewilligungsbehörde entzieht die Bewilligung, wenn: a.

die Voraussetzungen für die Erteilung nicht oder nicht mehr erfüllt sind;

b.

der Bewilligungsinhaber eine Auflage oder eine verfügte Massnahme trotz Mahnung nicht erfüllt.

Über den Entzug der Rahmenbewilligung entscheidet der Bundesrat.

3

Der Entscheid des Bundesrates unterliegt der Genehmigung durch die Bundesversammlung.

4 Mit der Rahmenbewilligung wird auch die Bau- und die Betriebsbewilligung entzogen.

5 Beim Entzug der Rahmenbewilligung finden die Bestimmungen des VwVG22 Anwendung.

21 22

SR 172.021 SR 172.021

2850

Kernenergiegesetz

Art. 67 1

Erlöschen

Die Bewilligung erlischt, wenn: a.

die in der Bewilligung gesetzte Frist abläuft;

b.

der Bewilligungsinhaber gegenüber der Bewilligungsbehörde den Verzicht erklärt;

c.

das Departement oder nach Artikel 38 Absatz 4 der Bundesrat feststellt, dass die Anlage nicht mehr der Kernenergiegesetzgebung untersteht.

2

Die Rahmenbewilligung erlischt, wenn das Baugesuch nicht innert der gesetzten Frist eingereicht wird. Die Baubewilligung erlischt, wenn mit den Bauarbeiten nicht innert der gesetzten Frist begonnen wird.

3

Mit der Rahmenbewilligung erlöschen auch die Bau- und die Betriebsbewilligung.

Art. 68

Weiterbestehen von Bewilligungsbestimmungen

1

Die in der Betriebsbewilligung enthaltenen Bestimmungen, die zur Sicherheit der Kernanlage auch nach der Ausserbetriebnahme erforderlich sind, bleiben nach dem Entzug oder Erlöschen der Bewilligung bis zur Anordnung der Stilllegungs- und der Verschlussarbeiten bestehen.

2

Absatz 1 gilt sinngemäss auch für den Entzug und das Erlöschen einer Bewilligung nach Artikel 20 Absatz 3.

6. Abschnitt: Aufsicht Art. 69

Aufsichtsbehörden

1

Der Bundesrat bezeichnet die Aufsichtsbehörden.

2

Diese sind in fachlicher Hinsicht nicht weisungsgebunden.

Art. 70 1

Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen

Der Bundesrat ernennt eine Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen.

2

Die Kommission ist beratendes Organ des Bundesrates und des Departementes. Sie prüft insbesondere grundsätzliche Fragen der Sicherheit, verfolgt den Betrieb der Kernanlagen und nimmt Stellung zu Bewilligungsgesuchen für Kernanlagen.

Art. 71

Aufgaben und Befugnisse der Aufsichtsbehörden

1

Die Aufsichtsbehörden prüfen eingereichte Projekte und wachen darüber, dass die Inhaber von Bewilligungen und von nuklearen Gütern ihre Pflichten nach diesem Gesetz einhalten.

2

Sie ordnen alle zur Einhaltung der nuklearen Sicherheit und Sicherung notwendigen und verhältnismässigen Massnahmen an.

2851

Kernenergiegesetz

3

Droht eine unmittelbare Gefahr, so können sie umgehend Massnahmen anordnen, die von der erteilten Bewilligung oder Verfügung abweichen.

4

Wenn nötig, können sie nukleare Güter oder radioaktive Abfälle beschlagnahmen und die Gefahrenquellen auf Kosten des Inhabers beseitigen.

5

Sie können die Polizei der Kantone und Gemeinden sowie die Untersuchungsorgane der Zollverwaltung beiziehen. Bestehen Hinweise auf Widerhandlungen gegen dieses Gesetz, so können sie die zuständigen Polizeiorgane des Bundes beiziehen.

Die Kontrolle an der Grenze obliegt den Zollorganen.

Art. 72

Auskunftspflicht, Pflicht zur Herausgabe von Unterlagen, Zugang

1

Soweit es der Vollzug dieses Gesetzes, der Ausführungsbestimmungen oder der gestützt darauf erlassenen Verfügungen erfordert, sind den Aufsichtsbehörden sämtliche Auskünfte zu geben und Unterlagen einzureichen oder auf Verlangen herauszugeben, die für eine umfassende Beurteilung oder Kontrolle erforderlich sind.

2

Die Aufsichtsbehörden sind befugt, Grundstücke, Gebäude und Anlagen der auskunftspflichtigen Personen und die Orte, an denen erdwissenschaftliche Untersuchungen nach Artikel 34 vorgenommen werden, ohne Voranmeldung zu betreten, Überwachungsgeräte und Siegel anzubringen, Material- und Bodenproben zu nehmen sowie die einschlägigen Unterlagen einzusehen. Sie beschlagnahmen belastendes Material.

Art. 73

Information der Öffentlichkeit

1

Die zuständigen Behörden informieren die Öffentlichkeit regelmässig über den Zustand der Kernanlagen und über Sachverhalte, welche die nuklearen Güter und radioaktiven Abfälle betreffen.

2

Sie informieren die Öffentlichkeit über besondere Ereignisse.

3

Das Fabrikations- und Geschäftsgeheimnis bleibt gewahrt.

Art. 74

Datenschutz

1

Die Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden können im Rahmen der Zweckbestimmung dieses Gesetzes Personendaten bearbeiten.

2

Von den besonders schützenswerten Personendaten dürfen nur solche über administrative oder strafrechtliche Verfolgungen und Sanktionen bearbeitet werden.

Weitere besonders schützenswerte Personendaten dürfen bearbeitet werden, wenn dies zur Behandlung des Einzelfalls unentbehrlich ist.

3

Die Daten können elektronisch aufbewahrt werden.

2852

Kernenergiegesetz

7. Abschnitt: Rechtsschutz Art. 75 Gegen Verfügungen des Departementes, der vom Bundesrat bezeichneten Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden und der Verwaltungskommissionen nach Artikel 80 Absatz 2 kann bei der Rekurskommission UVEK Beschwerde geführt werden.

7. Kapitel: Sicherstellung der Finanzierung der Stilllegung und der Entsorgung Art. 76

Stilllegungsfonds und Entsorgungsfonds

1

Der Stilllegungsfonds stellt die Finanzierung der Stilllegung und des Abbruchs von ausgedienten Kernanlagen sowie der Entsorgung der dabei entstehenden Abfälle (Stilllegungskosten) sicher.

2

Der Entsorgungsfonds stellt die Finanzierung der Entsorgung der radioaktiven Betriebsabfälle und abgebrannten Brennelemente nach Ausserbetriebnahme der Kernanlagen (Entsorgungskosten) sicher.

3

Die Eigentümer von Kernanlagen leisten Beiträge an den Stilllegungs- und an den Entsorgungsfonds. Der Bundesrat kann Eigentümer von Anlagen mit geringen Stilllegungs- und Entsorgungskosten von der Beitragspflicht befreien.

Art. 77

Ansprüche

1

Jeder Beitragspflichtige hat gegenüber den Fonds einen Anspruch im Umfang seiner geleisteten Beiträge, einschliesslich des Kapitalertrags und abzüglich des Aufwands. Dieser Anspruch kann nicht veräussert, verpfändet, gepfändet oder zur Konkursmasse gezogen werden.

2 Übersteigt der Anspruch eines Beitragspflichtigen gegenüber einem Fonds die geleistete Zahlung, wird ihm der Überschuss innerhalb eines Jahres nach der Schlussabrechnung zurückerstattet.

3

Wird eine Kernanlage aus einer Konkursmasse übernommen, geht der Anspruch gegenüber den Fonds auf den neuen Eigentümer über; dieser hat diejenigen Beiträge zu leisten, welche die konkursite Gesellschaft den Fonds schuldet.

4

Wird die Gesellschaft nach Abschluss eines Konkursverfahrens mit Zustimmung des Departements im Handelsregister gelöscht und wird die Anlage nicht von einer anderen Gesellschaft übernommen, so fallen die eingezahlten Beiträge an die Fonds.

Die Fonds verwenden die Gelder zur Finanzierung der Stilllegungs- und Entsorgungsarbeiten für die betreffende Anlage. Der Bundesrat legt fest, wie ein allfälliger Überschuss verwendet wird.

2853

Kernenergiegesetz

Art. 78

Leistungen der Fonds

1

Reicht der Anspruch eines Beitragspflichtigen zur Deckung der Kosten nicht aus, deckt dieser die verbleibenden Kosten aus seinen Mitteln.

2 Weist der Beitragspflichtige nach, dass seine Mittel nicht ausreichen, deckt der Stilllegungs- oder der Entsorgungsfonds die verbleibenden Kosten mit den gesamten Mitteln. Dies gilt ebenfalls im Falle von Artikel 77 Absatz 4.

3 Der Entsorgungsfonds deckt die Kosten, die dem Bund durch die Entsorgungsleistungen nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe b entstehen, aus den Beiträgen, die der Entsorgungspflichtige in den Fonds einbezahlt hat. Reichen diese Beiträge nicht aus, deckt der Fonds die verbleibenden Kosten mit seinen gesamten Mitteln.

Art. 79

Nachschusspflicht

1

Übersteigen die Zahlungen eines Fonds zu Gunsten eines Berechtigten dessen Anspruch, muss dieser dem Fonds den Differenzbetrag samt einem marktüblichen Zins zurückbezahlen.

2 Kann der Berechtigte die Rückerstattung innert einer vom Bundesrat festzulegenden Frist nicht leisten, so müssen die übrigen Beitragspflichtigen und Anspruchsberechtigten den Differenzbetrag im Verhältnis ihrer Beiträge durch Nachschüsse decken, sofern sie bezüglich dieses Fonds beitragspflichtig oder anspruchsberechtigt sind.

3

Die Nachschusspflicht besteht auch: a.

im Fall von Artikel 77 Absatz 4, wenn die an den Fonds verfallenen Gelder zur Deckung der Stilllegungs- oder Entsorgungskosten nicht ausreichen;

b.

im Fall von Artikel 78 Absatz 3, wenn der Entsorgungspflichtige den Differenzbetrag nicht dem Fonds zurückerstattet.

4

Ist die Deckung des Differenzbetrages für die Nachschusspflichtigen wirtschaftlich nicht tragbar, beschliesst die Bundesversammlung, ob und in welchem Ausmass sich der Bund an den nicht gedeckten Kosten beteiligt.

Art. 80

Rechtsform und Organisation der Fonds

1

Die Fonds haben eigene Rechtspersönlichkeit und stehen unter Aufsicht des Bundes.

2 Der Bundesrat ernennt für jeden Fonds eine Verwaltungskommission als leitendes Organ. Die Kommissionen legen im Einzelfall die Beiträge an die Fonds und deren Leistungen fest.

3

Wenn nötig, können die Fonds unter sich oder der Bund den Fonds Vorschüsse gewähren; diese sind zu marktüblichen Bedingungen zu verzinsen.

4 Die Fonds sind von allen direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden befreit.

2854

Kernenergiegesetz

5 Der Bundesrat regelt die Einzelheiten; er setzt die Bemessungsgrundlagen für die Erhebung der Beiträge und die Grundzüge der Anlagepolitik fest. Er kann die Fonds zusammenlegen.

Art. 81

Sicherstellung der Finanzierung der übrigen Entsorgungstätigkeiten

1

Für die vor der Ausserbetriebnahme der Kernanlagen anfallenden Entsorgungskosten müssen die Eigentümer Rückstellungen entsprechend Artikel 669 des Obligationenrechts23 und gestützt auf die Berechnung der Entsorgungskosten des Entsorgungsfonds vornehmen.

2

Die Eigentümer müssen ferner: a.

den Rückstellungsplan der vom Bundesrat bezeichneten Behörde zur Genehmigung unterbreiten;

b.

den Rückstellungen entsprechende Aktiven bezeichnen, die für die Entsorgungskosten zweckgebunden sind;

c.

der vom Bundesrat bezeichneten Behörde den Prüfbericht der Revisionsstelle über die Einhaltung des Rückstellungsplanes und die zweckgebundene Verwendung von Rückstellungen vorlegen.

3

Die Revisionsstelle nimmt Einsicht in die langfristigen Finanz- und Investitionspläne und prüft, ob für die vor der Ausserbetriebnahme der Kernanlagen entstehenden Entsorgungskosten die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen bzw. die Rückstellungen gemäss Rückstellungsplan getätigt wurden.

8. Kapitel: Abgaben, Entschädigungen, Fördermassnahmen Art. 82

Gebühren und Aufsichtsabgaben des Bundes

1

Die zuständigen Behörden des Bundes erheben von den Gesuchstellern und den Inhabern von Kernanlagen, nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen Gebühren und verlangen den Ersatz von Auslagen, insbesondere für: a.

die Erteilung, die Übertragung, die Änderung, die Anpassung und den Entzug von Bewilligungen;

b.

die Erstellung von Gutachten;

c.

die Ausübung der Aufsicht;

d.

vom Bund im Rahmen der Aufsicht für einzelne Kernanlagen durchgeführte oder veranlasste Forschungs- und Entwicklungsarbeiten.

2

Zur Deckung der Kosten für die Aufsichtstätigkeit, die nicht bestimmten Kernanlagen zurechenbar sind, erheben die zuständigen Behörden des Bundes von den Inhabern der Kernanlagen zudem eine jährliche Aufsichtsabgabe. Die Höhe der Aufsichtsabgabe richtet sich nach dem Durchschnitt der Kosten der letzten fünf Jahre;

23

SR 220

2855

Kernenergiegesetz

sie wird auf die einzelnen Kernanlagen im Verhältnis der gegenüber diesen erbrachten gebührenpflichtigen Leistungen verteilt.

3

Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

Art. 83

Gebühren der Kantone

Die Kantone können von den Inhabern von Kernanlagen, nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen Gebühren und den Ersatz von Auslagen verlangen insbesondere für: a.

Planung und Durchführung von Notfallschutzmassnahmen;

b.

den polizeilichen Schutz der Kernanlagen und des Transportes von Kernmaterialien und radioaktiven Abfällen;

c.

die Ausbildung der Betriebswache;

d.

die Vermessung der Grundstücke im Schutzbereich, ihre Aufnahme ins Grundbuch und die Grundbucheinträge.

Art. 84

Entschädigung für kantonale Regalrechte

1

Wird durch erdwissenschaftliche Untersuchungen nach Artikel 34, durch geologische Tiefenlager oder durch Schutzbereiche die Nutzung kantonaler Regalrechte beeinträchtigt, so hat der Inhaber der Bewilligung dem Kanton eine Entschädigung zu bezahlen.

2

Im Streitfall bestimmt die Schätzungskommission die Entschädigung im Verfahren nach den Artikeln 57­75 und 77­86 EntG24.

Art. 85

Förderung der Forschung und der Ausbildung von Fachleuten

1

Der Bund kann die angewandte Forschung über die friedliche Nutzung der Kernenergie, insbesondere über die Sicherheit der Kernanlagen und die nukleare Entsorgung, fördern.

2

Er kann die Ausbildung von Fachleuten unterstützen oder selbst durchführen.

3

Private erhalten in der Regel nur dann Finanzhilfen, wenn sie Eigenleistungen von mindestens 50 Prozent der Kosten erbringen.

Art. 86

Beiträge an internationale Organisationen und Beteiligung an internationalen Projekten

Der Bund kann auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie, insbesondere in den Bereichen Nichtverbreitung von Kernwaffen, Sicherheit, Gesundheit und Umwelt, Beiträge an internationale Organisationen ausrichten und sich an internationalen Projekten beteiligen.

24

SR 711

2856

Kernenergiegesetz

9. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 87 1

Missachtung von Sicherheits- und Sicherungsmassnahmen

Mit Gefängnis oder mit Busse bis 500 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

Bestandteile einer Kernanlage, die für die nukleare Sicherheit oder Sicherung wesentlich sind, fehlerhaft herstellt oder liefert;

b.

in einer Kernanlage eine Vorrichtung, die für die nukleare Sicherheit oder Sicherung wesentlich ist, beschädigt, beseitigt, unbrauchbar macht, vorschriftswidrig betätigt oder ausser Betrieb setzt, nicht anbringt oder nicht betriebsbereit macht;

c.

beim Umgang mit Kernmaterialien oder radioaktiven Abfällen Schutzmassnahmen, die für die nukleare Sicherheit oder Sicherung wesentlich sind, ausser Acht lässt.

2

Wer dadurch wissentlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit vieler Menschen oder für fremdes Eigentum von erheblichem Wert verursacht, wird mit Zuchthaus bestraft. Damit kann eine Busse bis zu 500 000 Franken verbunden werden.

3

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis oder Busse bis zu 100 000 Franken.

Art. 88 1

Widerhandlungen bei nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen

Mit Gefängnis oder mit Busse bis zu 1 Million Franken wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

ohne entsprechende Bewilligung mit nuklearen Gütern oder radioaktiven Abfällen umgeht oder die in einer Bewilligung festgesetzten Bedingungen oder Auflagen nicht einhält;

b.

in einem Gesuch Angaben, die für die Erteilung einer Bewilligung wesentlich sind, unrichtig oder unvollständig macht oder ein von einem Dritten verfasstes Gesuch dieser Art verwendet;

c.

nukleare Güter oder radioaktive Abfälle falsch deklariert oder bei der Ein-, Aus- oder Durchfuhr nicht anmeldet;

d.

nukleare Güter oder radioaktive Abfälle an einen anderen als an den in der Bewilligung genannten Enderwerber oder Bestimmungsort liefert, überträgt, vermittelt oder dies tun lässt;

e.

jemandem nukleare Güter oder radioaktive Abfälle zukommen lässt, von dem er weiss oder annehmen muss, dass er sie direkt oder indirekt an einen Enderwerber weiterleitet, an den dies nicht zulässig wäre;

f.

bei der finanziellen Abwicklung eines illegalen Geschäfts mit nuklearen Gütern oder radioaktiven Abfällen mitwirkt oder dessen Finanzierung vermittelt.

2 In schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu zehn Jahren. Damit kann eine Busse bis zu 5 Millionen Franken verbunden werden.

2857

Kernenergiegesetz

3

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse bis zu 100 000 Franken.

Art. 89 1

Missachtung der Bewilligungspflichten bei Kernanlagen

Mit Gefängnis oder mit Busse bis 500 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

ohne Bewilligung eine Kernanlage erstellt oder betreibt;

b.

die Pflichten aus einer Betriebsbewilligung einer Kernanlage (Art. 22 und 37), die Stilllegungspflichten (Art. 26) oder die Pflicht zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle und zum Verschluss eines geologischen Tiefenlagers (Art. 31 und 38 Abs. 1 und 2) missachtet;

c.

ohne Bewilligung Handlungen ausführt, durch die der Schutzbereich eines geologischen Tiefenlagers berührt wird;

d.

eine freigabepflichtige Handlung ohne Freigabe vornimmt.

2

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse bis zu 100 000 Franken.

3

Wer vorsätzlich oder fahrlässig andere Handlungen ohne Bewilligung vornimmt, die nach diesem Gesetz oder einer Ausführungsverordnung bewilligungspflichtig sind, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft.

Art. 90 1

Geheimnisverletzung

Mit Gefängnis oder mit Busse bis 500 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

geheime Tatsachen oder Vorkehren, die dem Schutz von Kernanlagen, Kernmaterialien oder radioaktiven Abfällen vor Einwirkungen Dritter oder vor kriegerischen Einwirkungen dienen, auskundschaftet, um sie Unbefugten bekannt oder zugänglich zu machen oder die so erhaltenen Kenntnisse selbst unbefugt zu verwenden;

b.

solche Tatsachen oder Vorkehren Unbefugten bekannt oder zugänglich macht.

2

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse bis zu 100 000 Franken.

Art. 91

Besitzaufgabe

1

Wer vorsätzlich den Besitz an Kernmaterialien oder radioaktiven Abfällen aufgibt, ohne dazu ermächtigt zu sein, wird mit Gefängnis oder mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft.

2

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse.

2858

Kernenergiegesetz

Art. 92 1

Übertretungen

Mit Haft oder Busse bis zu 100 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

die Auskünfte, die Vorlage von Unterlagen, den Zutritt zu den Geschäftsräumen und die Einsicht in Unterlagen nach Artikel 72 verweigert oder in diesem Zusammenhang falsche Angaben macht;

b.

eine Meldepflicht, eine Pflicht zu Kontrolle und Buchführung oder eine Dokumentationspflicht nach diesem Gesetz oder einer Ausführungsverordnung verletzt;

c.

auf andere Weise einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer Ausführungsvorschrift, deren Übertretung für strafbar erklärt wird, oder einer unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels erlassenen Verfügung zuwiderhandelt, ohne dass ein strafbares Verhalten nach einem anderen Straftatbestand vorliegt.

2

Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

3

Wird die Tat fahrlässig begangen, so ist die Strafe Busse bis 40 000 Franken.

Art. 93

Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben

Auf Widerhandlungen nach diesem Gesetz ist Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 22. März 197425 über das Verwaltungsstrafrecht anwendbar.

Art. 94

Auslandtat, Teilnahme an einer Auslandtat

1

Der Schweizer, der im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen nach den Artikeln 88 und 90 verübt, ist strafbar, auch wenn die Tat am Begehungsort nicht unter Strafe gestellt ist.

2 Hat der Teilnehmer an einer Auslandtat in der Schweiz gehandelt, so gilt für die Teilnahme das schweizerische Strafrecht, sofern die Haupttat in der Schweiz strafbar wäre, unabhängig vom Recht des Staates, wo die Haupttat begangen wurde.

Art. 95

Verjährung von Übertretungen

Die Verfolgung von Übertretungen verjährt nach fünf Jahren. Die Verjährung kann durch Unterbrechung nicht um mehr als die Hälfte hinausgeschoben werden.

Art. 96

Einziehung von Gegenständen

Der Richter verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung der betreffenden Gegenstände, wenn keine Gewähr für eine rechtmässige weitere Verwendung geboten wird. Die eingezogenen Gegenstände sowie ein allfälliger Verwertungserlös verfallen dem Bund.

25

SR 313.0

2859

Kernenergiegesetz

Art. 97

Einziehung von Vermögenswerten oder Ersatzforderungen

Die eingezogenen Vermögenswerte oder die Ersatzforderungen verfallen dem Bund.

Art. 98

Verhältnis zum Strafgesetzbuch

Im Übrigen sind für die Einziehung nach den Artikeln 96 und 97 die Artikel 58 und 59 des Strafgesetzbuches26 anwendbar.

Art. 99

Gerichtsbarkeit, Anzeigepflicht

1

Die Verfolgung und Beurteilung der Verbrechen und Vergehen nach den Artikeln 87­91 unterstehen der Bundesstrafgerichtsbarkeit.

2 Übertretungen nach Artikel 92 werden vom Bundesamt verfolgt und beurteilt. Für das Verfahren gilt das Bundesgesetz vom 22. März 197427 über das Verwaltungsstrafrecht.

3

Die Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden, die Polizeiorgane der Kantone und Gemeinden sowie die Zollorgane sind verpflichtet, in ihrer dienstlichen Tätigkeit wahrgenommene oder zur Kenntnis gelangte Widerhandlungen gegen dieses Gesetz der Bundesanwaltschaft anzuzeigen.

10. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 100 1

Vollzug

Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.

2

Er kann den Erlass von Vorschriften unter Berücksichtigung von deren Tragweite an das Departement oder nachgeordnete Stellen übertragen.

3

Die vom Bundesrat bezeichnete Behörde unterhält eine Zentralstelle, die Daten beschafft, bearbeitet und weitergibt, soweit es der Vollzug dieses Gesetzes, die Deliktsverhütung und die Strafverfolgung erfordern.

4 Die Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden sind zur Wahrung des Amtsgeheimnisses verpflichtet und treffen in ihrem Bereich alle zur Verhinderung der Wirtschaftsspionage nötigen Vorsichtsmassnahmen.

5

Der Bundesrat kann die Kantone zum Vollzug heranziehen.

6

Die Vollzugsbehörde kann im Rahmen ihrer Zuständigkeit Dritte für den Vollzug dieses Gesetzes, insbesondere für die Durchführung von Prüfungen und Kontrollen, beiziehen.

26 27

SR 311.0 SR 313.0

2860

Kernenergiegesetz

Art. 101

Amtshilfe in der Schweiz

Die zuständigen Bundesstellen sowie die Polizeiorgane der Kantone und Gemeinden können einander und den Aufsichtsbehörden Daten bekanntgeben, soweit dies für den Vollzug dieses Gesetzes notwendig ist.

Art. 102

Amtshilfe mit ausländischen Behörden

1

Die für Vollzug, Kontrolle, Deliktsverhütung oder Strafverfolgung zuständigen Behörden des Bundes können mit den zuständigen ausländischen Behörden sowie internationalen Organisationen und Gremien zusammenarbeiten und die Erhebungen koordinieren, soweit dies zum Vollzug dieses Gesetzes oder diesem Gesetz entsprechender ausländischer Vorschriften erforderlich ist und die ausländischen Behörden oder internationalen Organisationen beziehungsweise Gremien an das Amtsgeheimnis oder eine entsprechende Verschwiegenheitspflicht gebunden sind.

2

Sie können ausländische Behörden sowie internationale Organisationen oder Gremien namentlich um Herausgabe der erforderlichen Daten ersuchen. Zu deren Erlangung können sie ihnen Daten bekanntgeben über: a.

Beschaffenheit, Menge, Bestimmungs- und Verwendungsort, Verwendungszweck sowie Empfänger von nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen;

b.

Personen, die an der Herstellung, Lieferung, Vermittlung oder Finanzierung von nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen beteiligt sind;

c.

die finanzielle Abwicklung des Geschäfts;

d.

Unfälle und andere sicherheitsrelevante Ereignisse.

3

Hält der ausländische Staat Gegenrecht, so können sie die Daten nach Absatz 2 zu Gunsten des Auslandes auch von sich aus oder auf Ersuchen hin bekannt geben, wenn die ausländische Behörde zusichert, dass die Daten: a.

nur für Zwecke bearbeitet werden, die diesem Gesetz entsprechen; und

b.

nur dann in einem gerichtlichen Strafverfahren verwendet werden, wenn sie nachträglich nach den Bestimmungen über die internationale Rechtshilfe beschafft worden sind.

4

Sie können die Daten auch internationalen Organisationen oder Gremien unter den Voraussetzungen von Absatz 3 bekannt geben, wobei auf das Erfordernis des Gegenrechts verzichtet werden kann.

5

Die Bestimmungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen bleiben vorbehalten.

2861

Kernenergiegesetz

Art. 103

Völkerrechtliche Vereinbarungen

1

Der Bundesrat kann bilaterale völkerrechtliche Vereinbarungen abschliessen betreffend: a.

den Umgang mit nuklearen Gütern und radioaktiven Abfällen;

b.

Sicherungs- und Kontrollmassnahmen für nukleare Güter und radioaktive Abfälle;

c.

den Informationsaustausch über den Bau und Betrieb von Kernanlagen.

2

Er kann im Rahmen bewilligter Kredite Abkommen über die Beteiligung an internationalen Projekten nach Artikel 86 abschliessen.

Art. 104

Übergangsbestimmungen

1

In Betrieb stehende, nach diesem Gesetz rahmenbewilligungspflichtige Kernanlagen dürfen ohne entsprechende Bewilligung weiter betrieben werden, so lange weder der Zweck noch die Grundzüge der Anlage geändert werden. Bei einer Änderung des Zwecks oder der Grundzüge ist Artikel 64 Absatz 1 massgebend.

2

Die Eigentümer der bestehenden Kernkraftwerke müssen innert einer vom Bundesrat festzulegenden Frist den Nachweis für die Entsorgung der anfallenden radioaktiven Abfälle erbringen, soweit der Bundesrat den Nachweis nicht bereits als erfüllt beurteilt hat.

3

Die Betriebsbewilligung für ein bestehendes Kernkraftwerk kann ohne Rahmenbewilligung auf einen neuen Inhaber übertragen werden. Die Artikel 13 Absatz 2, 31 Absatz 3 und 65 Absatz 2 sind sinngemäss anwendbar.

4 Abgebrannte

Brennelemente dürfen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zur Wiederaufarbeitung ausgeführt werden, wenn deren Wiederaufarbeitung vor dem 31. Dezember 2000 vertraglich vereinbart wurde und die Bewilligungsvoraussetzungen nach den Artikeln 7 und 33 Absatz 3 sinngemäss erfüllt sind.

Art. 105

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

11371

2862

Kernenergiegesetz

Anhang

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts I Folgende Erlasse werden aufgehoben: 1. Atomgesetz vom 23. Dezember 195928 2. Bundesbeschluss zum Atomgesetz vom 6. Oktober 197829 II Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert: 1. Bundesrechtspflegegesetz vom 16. Dezember 194330 Art. 99 Abs. 1 Bst. e 1

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist unzulässig gegen: e. die Erteilung oder Verweigerung von Bau- oder Betriebsbewilligungen für Fahrzeuge oder für technische Anlagen, ausser für Anlagen der Luftfahrt und für Kernanlagen;

Art. 100 Abs. 1 Bst. u 1

Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist ausserdem unzulässig gegen: u. auf dem Gebiet der Kernenergie: 1. Verfügungen über Rahmenbewilligungen für Kernanlagen, 2. Verfügungen über den Verschluss von geologischen Tiefenlagern, 3. Verfügungen über das Erfordernis einer Freigabe oder der Änderung einer Bewilligung oder Verfügung, 4. Verfügungen über die Genehmigung eines Plans für Rückstellungen für die vor Ausserbetriebnahme einer Kernanlage anfallenden Entsorgungskosten, 5. Freigaben.

28 29 30

AS 1960 541, 1987 544, 1993 901, 1994 1933, 1995 4954 AS 1979 816, 1990 1646 SR 173.110

2863

Kernenergiegesetz

2. Strafgesetzbuch31 Art. 226bis (neu) Gefährdung durch Kernenergie, Radioaktitivät und ionisierende Strahlen

1

Wer vorsätzlich durch Kernenergie, radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlen eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für fremdes Eigentum von erheblichem Wert verursacht, wird mit Zuchthaus oder Gefängnis sowie mit Busse bis zu 500 000 Franken bestraft.

2

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis bis zu fünf Jahren und Busse bis zu 100 000 Franken.

Art. 226ter Strafbare Vorbereitungshandlungen

1

Wer planmässig konkrete technische oder organisatorische Vorbereitungen zu Handlungen trifft, um durch Kernenergie, radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlen eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für fremdes Eigentum von erheblichem Wert zu verursachen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis sowie mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft.

2

Wer radioaktive Stoffe, Anlagen, Apparate oder Gegenstände, die radioaktive Stoffe enthalten oder ionisierende Strahlen aussenden können, herstellt, sich verschafft, einem anderen übergibt, von einem anderen übernimmt, aufbewahrt, verbirgt oder weiterschafft, wird, wenn er weiss oder annehmen muss, dass sie zu strafbarem Gebrauch bestimmt sind, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder Gefängnis sowie mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft.

3

Wer jemanden zur Herstellung von solchen Stoffen, Anlagen, Apparaten oder Gegenständen anleitet, wird, wenn er weiss oder annehmen muss, dass sie zu strafbarem Gebrauch bestimmt sind, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis sowie mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft.

Art. 340 Ziff. 1 viertes Lemma 1. Der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen: die Verbrechen und Vergehen der Artikel 224-226ter;

31

SR 311.0

2864

Kernenergiegesetz

3. Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 18. März 198332 Art. 16 Abs. 1 Bst. c­e (neu) 1

Der Bund deckt, sofern der Geschädigte den Schaden nicht absichtlich verursacht hat, aus allgemeinen Mitteln bis zu dem in Artikel 12 genannten Betrag ausser den Nuklearschäden: c.

wenn der Schaden durch ein geologisches Tiefenlager verursacht worden ist, das nicht mehr der Kernenergiegesetzgebung untersteht;

d.

Bisheriger Bst. c

e.

Bisheriger Bst. d

4. Strahlenschutzgesetz vom 22. März 199133 Art. 2 Abs. 2 und 3 2 Als Umgang gelten das Gewinnen, Herstellen, Bearbeiten, Vertreiben, Einrichten, Verwenden, Lagern, Transportieren, Entsorgen, Ein-, Aus- und Durchführen und jede andere Form des Weitergebens.

3 Auf Tätigkeiten, für die nach dem Kernenergiegesetz vom ...34 eine Bewilligung nötig ist, sind die Artikel 28­38 nicht anwendbar.

Art. 3 Bst. a Ergänzend zu den Bestimmungen dieses Gesetzes sind insbesondere anwendbar: a.

für Kernanlagen, nukleare Güter und radioaktive Abfälle das Kernenergiegesetz vom ...35;

Art. 25 Abs. 3 und 4 3 Die

in der Schweiz anfallenden radioaktiven Abfälle müssen grundsätzlich im Inland entsorgt werden. Für die Ausfuhr von radioaktiven Abfällen zur Entsorgung kann ausnahmsweise eine Bewilligung erteilt werden, wenn:

32 33 34 35

a.

der Empfängerstaat in einer völkerrechtlichen Vereinbarung der Einfuhr der radioaktiven Abfälle zur Entsorgung zugestimmt hat;

b.

im Empfängerstaat eine geeignete, dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Kernanlage zur Verfügung steht;

c.

die Durchfuhrstaaten der Durchfuhr zugestimmt haben;

SR 732.44 SR 814.50 SR ...; AS ... (BBl 2001 2829) SR ...; AS ... (BBl 2001 2829)

2865

Kernenergiegesetz

d.

der Absender mit dem Empfänger der radioaktiven Abfälle mit Zustimmung der vom Bundesrat bezeichneten Behörde verbindlich vereinbart hat, dass der Absender sie nötigenfalls zurücknimmt.

4

Für die Einfuhr von radioaktiven Abfällen, die nicht aus der Schweiz stammen, aber in der Schweiz entsorgt werden sollen, kann ausnahmsweise eine Bewilligung erteilt werden, wenn: a.

die Schweiz in einer völkerrechtlichen Vereinbarung der Einfuhr der radioaktiven Abfälle zur Entsorgung zugestimmt hat;

b.

in der Schweiz eine geeignete, dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechende Kernanlage zur Verfügung steht;

c.

die Durchfuhrstaaten der Durchfuhr zugestimmt haben;

d.

der Empfänger mit dem Absender der radioaktiven Abfälle mit Zustimmung des Ursprungsstaates verbindlich vereinbart hat, dass der Absender sie nötigenfalls zurücknimmt.

Art. 26 Abs. 3 3

Radioaktive Abfälle, die nicht an die Umwelt abgegeben werden dürfen, müssen in geeigneter Weise zurückgehalten oder sicher eingeschlossen, allenfalls verfestigt, gesammelt und an einem von der Aufsichtsbehörde genehmigten Ort bis zur Ablieferung oder Ausfuhr gelagert werden.

Art. 27 Sachüberschrift und Abs. 2­4 Ablieferung

2

Er muss für die Kosten der Entsorgung aufkommen.

3

Der Bundesrat regelt die Behandlung der Abfälle im Betrieb und deren Ablieferung.

4 Ist eine sofortige Ablieferung oder Entsorgung nicht möglich oder aus Gründen des Strahlenschutzes nicht zweckmässig, so müssen die Abfälle unter Kontrolle zwischengelagert werden.

Art. 30

Bewilligungsbehörden

Der Bundesrat bezeichnet die Bewilligungsbehörden.

Art. 43

Ungerechtfertigte Bestrahlung von Personen

1

Mit Gefängnis oder mit Busse bis 100 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich jemanden einer offensichtlich ungerechtfertigten Strahlung aussetzt.

2

Mit Zuchthaus oder mit Gefängnis wird bestraft, wer vorsätzlich jemanden einer offensichtlich ungerechtfertigten Strahlung aussetzt, in der Absicht, dessen Gesundheit zu schädigen.

2866

Kernenergiegesetz

3

Mit Gefängnis oder mit Busse wird bestraft, wer fahrlässig jemanden einer offensichtlich ungerechtfertigten Strahlung aussetzt.

Art. 43a (neu) Vorschriftswidriger Umgang mit radioaktiven Stoffen, ungerechtfertigte Bestrahlung von Sachen

1

Mit Gefängnis oder mit Busse bis 100 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

radioaktive Stoffe in vorschriftswidriger Weise lagert, entsorgt oder an die Umwelt abgibt;

b.

fremde Sachen von erheblichem Wert einer offensichtlich ungerechtfertigten Strahlung aussetzt, in der Absicht, ihre Brauchbarkeit zu beeinträchtigen.

2

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse.

Art. 44 Abs. 1 Bst. a 1 Mit

a.

Haft oder mit Busse wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig: bewilligungspflichtige Handlungen ohne Bewilligung vornimmt, eine Bewilligung unrechtmässig erwirkt oder die in einer Bewilligung festgesetzten Bedingungen oder Auflagen nicht einhält;

Art. 46 Abs. 1 1

Verbrechen und Vergehen nach den Artikeln 43 und 43a unterstehen der Bundesstrafgerichtsbarkeit.

Art. 47 Abs. 2 und 3 (neu) 2

Er kann den Erlass von Vorschriften über den Strahlenschutz für Tätigkeiten, für die nach dem Kernenergiegesetz vom ...36 eine Bewilligung nötig ist, an das zuständige Departement oder an nachgeordnete Stellen übertragen. Er berücksichtigt dabei die Tragweite der Vorschriften.

3

Bisheriger Abs. 2

11371

36

SR ...; AS ... (BBl 2001 2829)

2867