Vollzugsprobleme bei der Umsetzung des Geldwäschereigesetzes: Die Aufsicht über die Finanzintermediäre gemäss Artikel 2 Absatz 3 GwG Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 29. Juni 2001

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2001-1706

Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

Das am 10. Oktober 1997 von der Bundesversammlung beschlossene Gesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor (Geldwäschereigesetz, GwG) trat am 1. April 1998 in Kraft1. Es hat zum Zweck, die Geldwäscherei im Finanzsektor zu bekämpfen und die diesbezügliche Sorgfalt der Finanzintermediäre bei Finanzgeschäften zu gewährleisten. Artikel 2 GwG teilt die Finanzintermediäre in unterschiedliche Kategorien auf. Eine erste Kategorie gemäss Absatz 2 untersteht spezialgesetzlichen Aufsichtsbehörden. Für die Aufsicht über die zweite Kategorie von Finanzintermediären gemäss Absatz 3 ist die Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei (Kst) zuständig. Bei dieser Kategorie handelt es sich um Finanzintermediäre, «die berufsmässig fremde Vermögenswerte annehmen oder aufbewahren oder helfen, sie anzulegen oder zu übertragen». Das Gesetz zählt im selben Absatz illustrativ die wichtigsten, darunter fallenden Tätigkeiten auf. Die Finanzintermediäre gemäss Artikel 2 Absatz 3 GwG (im Folgenden nur noch FI genannt) hatten mit Ausnahme der Anwälte und Notare bis zum 31. März 2000 die Wahl, sich entweder der Kst direkt zu unterstellen (so genannte direkt unterstellte FI) oder sich einer anerkannten Selbstregulierungsorganisation (SRO) anzuschliessen. Diese üben gegenüber den ihnen unterstellten FI die gleiche Aufsicht wie die Kst gegenüber den direkt unterstellten FI aus. Kst und SRO haben für die Einhaltung der Sorgfaltspflichten wie auch der Pflichten der FI bei Verdacht auf Geldwäscherei zu sorgen.

Die Kst konkretisiert für die ihr direkt unterstellten Finanzintermediäre die Sorgfaltspflichten und legt fest, wie diese zu erfüllen sind. Sie bewilligt Gesuche von Personen, die nach dem 31. März 2001 als FI tätig werden wollen. Sie entzieht FI, welche die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen oder ihre gesetzlichen Pflichten wiederholt und grob verletzen, die Bewilligungen. Des Weiteren führt sie ein Register über die ihr direkt unterstellten FI sowie über die Personen, denen sie die Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit als FI verweigert hat.

Nebst diesen mit den SRO vergleichbaren Tätigkeiten übt die Kst auch die Aufsicht über die SRO selber aus. Dies beinhaltet insbesondere die Anerkennung (sowie gegebenenfalls die Aberkennung) der SRO, die Aufsichtstätigkeit der SRO gegenüber den ihr unterstellten FI,
die Genehmigung der Reglemente der SRO und ihrer Änderungen, die Einhaltung der Informationspflichten der SRO gegenüber der Kst, die Verwaltung der SRO-Listen (angeschlossene und abgelehnte FI).

Die Einführung von gesetzlichen Sorgfaltspflichten für die FI ist eine Neuerung. Sie trifft eine sehr heterogene Gruppe von Personen, die bisher praktisch nicht reglementiert war. Aus diesem Grund sah der Gesetzgeber Übergangsfristen vor. Die SRO hatten sich bis zum 31. März 1999 zu bilden, bei der Kst ein Anerkennungsgesuch zu stellen sowie ihr Reglement zur Bewilligung einzureichen. Es wurde 12 SRO die Anerkennung erteilt, während eine Gesuchstellerin diese nicht erhielt.

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SR 955.0

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Die FI ihrerseits hatten zwei Jahre Zeit, nämlich bis am 31. März 2000, um entweder einer SRO angeschlossen zu sein oder sich der Kst direkt zu unterstellen. Für die Anwältinnen/Anwälte sowie für die Notarinnen/Notare galt, dass sie sich bis am 31. März 2000 ihrer SRO anschliessen. Zum heutigen Zeitpunkt sind ca. 6000 FI den SRO angeschlossen, während die Kst um die 550 Gesuche für Direktunterstellung erhielt. Es treffen weiterhin Gesuche sowohl bei der Kst wie auch bei den SRO ein. Gesuchsteller sind z.T. schon tätige FI, die sich durch die verspätete Gesuchseinreichung strafbar machen.

Straftatbestände des GwG sind in den folgenden Fällen gegeben: Geschäftsführung eines FI ohne Bewilligung (Art. 36 GwG), Unterlassung einer Meldung bei Verdacht auf Geldwäscherei (Art. 37 GwG), Widerhandlungen gegen Verfügungen (Art. 38 GwG). Die Kst hat bis Ende Oktober 2000 28 Anzeigen eingereicht. Verfolgende und urteilende Behörde ist das Eidgenössische Finanzdepartement, genauer der Rechtsdienst des Departements.

1.2

Auftrag und Ziel der Inspektion

In der Praxis ergaben sich schon kurz nach dem Inkrafttreten des GwG Anhaltspunkte, dass der Vollzug des Gesetzes nicht mühelos vonstatten gehen würde. Probleme bei der Schaffung der SRO, fehlende Akzeptanz bei breiten Schichten der FI, Ressourcenprobleme der Kst bestätigten die Berechtigung des Interesses der GPK, die den Vollzug des GwG seit seinem Inkrafttreten verfolgte.

Nachdem sich die GPK anlässlich der Beratung des Geschäftsberichts des Bundesrates für das Jahr 1998 mit dem Thema auseinander setzte, wurde es durch die Subkommission EFD/EVD der GPK-N, bestehend aus den Nationalräten und Nationalrätinnen Brigitta M. Gadient (Präsidentin), Stephanie Baumann, Serge Beck, Walter Bosshard, Maurice Chevrier, Walter Decurtins, Hugo Fasel, Rudolf Imhof, Peter Jossen-Zinsstag, Otto Laubacher und René Vaudroz, weiter verfolgt, dies im Sinne einer begleitenden Oberaufsicht über die involvierte Bundesverwaltung.

Dementsprechend war das Ziel dieser Untersuchungen, den Vollzug durch die Behörden zu begleiten und zu bewerten. Dabei sollten die Problemkreise des Vollzugs aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht identifiziert und bei Bedarf im Rahmen der Möglichkeiten der GPK ein Beitrag zum Funktionieren des GwG geleistet werden.

Nachdem die Hauptprobleme ­ z.T. schon seit längerem ­ identifiziert sind und die Subkommission mit den bisherigen Kontakt- und Stellungnahmen nur beschränkt auf die nach wie vor sehr unbefriedigende Vollzugssituation Einfluss nehmen konnte, gelangte sie Mitte Mai 2001 zur Einsicht, die Situation und ihren Werdegang sowie die Empfehlungen der Subkommission in einem Bericht zusammenzufassen und der GPK-N zu unterbreiten.

1.3

Vorgehen

Im Mai 2000 wurde anlässlich der Aussprache mit Bundesrat Kaspar Villiger über den Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 1999 die Situation bei der

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Selbstregulierung wieder diskutiert sowie die Lage bei der Kst ein erstes Mal in der GPK-N erörtert: Die Subkommission EFD/EVD brachte auf Grund der am 31. März 2000 abgelaufenen Frist und der immer noch problembehafteten Umsetzung des GwG die Thematik ein. Sie stellte ihre Fragen auf den Tätigkeitsbericht 1998/1999 der Kst ab sowie auf einen eingeforderten kurzen Situationsbericht zur Kst (Stand Ende April 2000). In der Folge wurden nebst Einholung von zusätzlichen Informationen auf dem schriftlichen Weg Anhörungen an den folgenden Daten durchgeführt: ­

24. November 2000 mit Peter Siegenthaler (Direktor Eidgenössische Finanzverwaltung, EFV) und Raoul Sidler (juristischer Mitarbeiter der Kst)

­

27. Februar 2001 mit zwei Fachexperten, Vertretern von drei SRO und Niklaus Huber (Leiter der Kst)

­

10. Mai 2001 mit Barbara Schaerer (Vizedirektorin, Leiterin des Rechtsdienstes des EFD), Niklaus Huber (Leiter der Kst bis Mitte Juni 2001), Peter Siegenthaler (Direktor EFV) und Prof. Peter Nobel (Präsident des Beirats)

­

26. Juni 2001 mit Armand A. Meyer (neuer Leiter ad interim der Kst)

Des Weiteren führte die Präsidentin im Auftrag der Subkommission mit Bundesrat Kaspar Villiger am 14. Mai 2001 ein Gespräch, indem sie ihn über die Erkenntnisse der Subkommission informierte und den dringlichen Handlungsbedarf aus Sicht der Subkommission zur Sprache brachte. Anlässlich der Prüfung des Geschäftsberichts des Bundesrates für das Jahr 2000 machte Bundesrat Villiger eine aktualisierte Standortbestimmung.

Die Subkommission zog des Weiteren Informationen aus dem Bericht der NOVO Business Consultants bei und befasste sich mit dem am 21. Februar 2001 erschienenen Bericht der französischen «Mission d'information commune sur les obstacles au contrôle et à la répression de délinquance financière et du blanchiment des capitaux en Europe». Für die Abklärung gewisser Rechtsfragen gab sie beim Bundesamt für Justiz (BJ) ein Rechtsgutachten in Auftrag, das hier im Kapitel 2.3 Eingang findet.

Nachdem der Departementsvorsteher des EFD formell und inhaltlich Stellung nehmen konnte, unterbreitete die Subkommission ihren Bericht der GPK-N am 29. Juni 2001. Dieser wurde einstimmig genehmigt und seine Publikation beschlossen.

Die Struktur des hier vorliegenden Berichts orientiert sich an den durch die Untersuchungen festgestellten, wichtigsten Problemkreisen. Chronologische Darstellungen werden nur dort verwendet, wo die zeitliche Entwicklung von besonderer Bedeutung ist.

2

Identifizierte Problemkreise

Die nachfolgend zu erläuternden Problemkreise stehen z.T. in engem Zusammenhang. Sie akzentuierten sich oft gegenseitig.

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2.1

Aufgabenvielfalt und Ressourcenproblematik bei der Kontrollstelle

2.1.1

Aufgaben der Kontrollstelle

Die schon in der Einleitung erwähnten Aufgaben der Kst ergeben kein vollständiges Bild der in der Praxis durch sie ausgeübten Tätigkeiten bzw. ihrer Belastung. Einerseits übt sie noch weitere Tätigkeiten aus wie beispielsweise die Amtshilfe, andererseits verursachen die in der Einleitung erwähnten Tätigkeiten oft einen grossen administrativen Aufwand der Kst. So wurden die personellen Ressourcen der Kst insbesondere durch die Ausarbeitung von Mindeststandards für die Reglemente der SRO, die eigentliche Anerkennung der SRO und insbesondere für die Durchsetzung der Pflichten der SRO bis Anfang 2001 stark in Anspruch genommen. Die Mehrheit der SRO musste in ihren Aufbauprozessen von der Kst begleitet und einzelne SRO mussten wiederholt gemahnt werden, damit sie die bei ihrer Anerkennung erstellten Auflagen erfüllten. Einzelne SRO rekurrierten gegen gewisse Auflagen. Zwischen der Kst und gewissen SRO gestaltete sich die Kommunikation als schwierig. Teilweise fehlte es an Kooperationsbereitschaft seitens dieser SRO. Dies manifestierte sich beispielsweise in Anfragen über den Unterstellungsumfang des Gesetzes, obwohl die Fragen aus der Sicht der Kst schon geklärt und auch publiziert waren. Eine SRO scheint sogar soweit gegangen zu sein, dass sie ihren angeschlossenen FI eine nicht gesetzmässige Fristverlängerung bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten verkündete und bei der Amtsspitze Druck gegen entsprechende Sanktionen seitens der Kst auszuüben versuchte. Bei anderen SRO fehlten schlichtweg die notwendigen personellen Ressourcen (angespannter Arbeitsmarkt, Fehlen von Spezialisten), um eine ordnungsgemässe Pflichterfüllung gewährleisten zu können. Dementsprechend wurden bisher von den SRO auch nur sehr wenige Sanktionsverfahren gegen ihnen unterstellte FI eröffnet.

An dieser Stelle muss zum besseren Verständnis der Situation auf die besondere Stellung der SRO hingewiesen werden. Die SRO hatten sich zu einem grossen Teil in einem wirtschaftlichen Umfeld zu bilden, wo die Akzeptanz des GwG bei den FI nicht vorhanden war und oft auch die Sensibilität für das Problem der Geldwäscherei fehlt2. Diese FI mussten die SRO als «Kunden» gewinnen. Des Weiteren mussten sie sich auch von Anfang an durch die Beiträge der angeschlossenen FI selbst finanzieren. Die SRO üben gegenüber den ihnen angeschlossenen FI eine
gesetzlich verankerte Aufsicht aus. Fehlt das Verständnis der FI für die Notwendigkeit dieser Aufsicht, so ist aus dieser Optik kein durch die SRO geschaffener Mehrwert für die FI vorhanden, und dementsprechend gering ist ihre Motivation, sich einer SRO (bzw.

auch der Kst) anzuschliessen. Die SRO stehen also in einem Spannungsverhältnis zwischen den durch die Kst bei ihnen durchzusetzenden Gesetzespflichten und dem Wunsch der FI, möglichst wenig reglementiert zu werden bzw. wenig administrativen Aufwand zu haben. Insbesondere der letzte Punkt ist für die KMU wichtig. Es erstaunt deshalb nicht, dass einzelne SRO die Interessen der FI in den Vordergrund stellten und dadurch Korrekturaufwand für die Kst resultierte. Befand sich das Selbstregulierungssystem bisher noch in der Aufbauphase, so sind nach Ansicht der GPK-N in Zukunft durch die Kst gerügte SRO beim Namen zu nennen, so wie dies 2

Hier besteht einer der wesentlichen Unterschiede zum Bankensektor, wo die Sorgfaltspflichtvereinbarung aus eigenem Antrieb entstand und dementsprechend akzeptiert war.

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bei der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) und den ihr unterstellten Banken der Fall ist.

Auch die Behandlung der Gesuche um Direktunterstellung muss näher betrachtet werden. Hatten die FI bis zum 31. März 2000 die Wahl, sich zwischen der Unterstellung unter eine SRO oder die Kst zu entscheiden, haben auch die verbliebenen oder neu zu gründenden Finanzintermediäre seit dem 1. April 2000 dieselbe Wahl zwischen Kst oder SRO. Nebst durchaus legitimen Gründen dürften sich in dieser ersten Phase relativ viele FI um eine Direktunterstellung bei der Kst beworben haben, weil sie entweder gewisse Voraussetzungen nicht erfüllten, um bei einer SRO aufgenommen zu werden, und deshalb dort zurückgewiesen wurden, oder sie im Wissen um die Überbelastung der Kst die Aufsicht möglichst lange hinausschieben wollten. Dementsprechend fielen bei der Kst viele heikle Fälle an, deren Prüfungsaufwand gross ist. In sehr vielen Fällen enthielten die Gesuche auch nur rudimentärste und dadurch ungenügende Angaben, sodass die Kst die Vervollständigung der Daten bei jedem einzelnen Gesuchsteller verlangen musste. Weit über 100 Gesuche trafen nach Ablauf der Frist ein. Es ist zu bezweifeln, dass sich auch zum heutigen Zeitpunkt alle unter das GwG fallenden FI schon um eine Unterstellung bemüht haben.

Gemäss Artikel 18 Absatz 2 GwG kann die Kst Kontrollen sowohl bei SRO wie auch bei FI direkt vor Ort durchführen. Einzelne solcher Kontrollen wurden beispielsweise bei Tankstellen und Hotels vorgenommen. Verschiedene führten zu Anzeigen, weil die Kst eine dem GwG unterstellte Tätigkeit als Finanzintermediär feststellte.

Die Kst muss sich als Aufsichtsorgan auch mit Unterstellungsfragen ­ ob eine Person bzw. ihre Tätigkeit unter den Anwendungsbereich des GwG fällt ­ auseinander setzen. Die dabei entstandenen Probleme werden weiter unten erläutert, doch kann hier schon auf die dadurch resultierende bedeutende Ressourcenbindung hingewiesen werden.

Als weiterer, wichtiger Aufgabenbereich der Kst gerade auf Grund der neuen gesetzlichen Vorschriften ist auch die Information der SRO und der FI zu erwähnen.

Um homogene Mindeststandards im Zeitverlauf und die Akzeptanz des GwG gewährleisten zu können, muss koordiniert und immer wieder informiert werden. Des Weiteren ist es auch sinnvoll, die Kommunikation nicht nur zwischen der Kst
und den SRO sowie zwischen der Kst und den FI, sondern auch unter den SRO selbst zu fördern. Die Kst misst diesem Aspekt ihres Aufgabenbereichs eine grosse Bedeutung zu. So unterhält sie schon seit Anfang eine informative Homepage, erliess mehrere Rundschreiben an die SRO wie auch an die ihr unterstellten FI, stellte Musterreglemente für die SRO und Checklisten für die FI zur Verfügung. Unter Mithilfe von Niklaus Huber, Leiter der Kst, wurde auch das Forum der SRO als Informationsplattform gegründet. Es hatte seit der Gründung schon verschiedentlich getagt und u.a. der Kst resp. der EFV die Möglichkeit geboten, zu informieren und wichtige Punkte mit den SRO-Vertretern zu diskutieren. Dadurch konnte auch die anfänglich nicht optimale Kommunikation zwischen SRO und Kst/EFV verbessert werden.

Gerade wenn ein Bereich zum ersten Mal reglementiert wird ­ wie es hier der Fall ist ­, tauchen im Verlauf der Umsetzung bei den Betroffenen oft Unklarheiten auf.

Die Kst hatte als verantwortliche Behörde die Fragen zu klären und eine entsprechende Praxis aufzubauen, die den Betroffenen zu erläutern war. Dadurch schaffte

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sie Rechtssicherheit. Auf die dabei aufgetretenen Probleme wird weiter unten noch vertieft eingegangen.

2.1.2

Personelle Ressourcen der Kontrollstelle

Für diese Aufgabenvielfalt der Kst waren ursprünglich 10 Stellen vorgesehen. Auch wenn der Vergleich zur EBK nur beschränkt zulässig ist, da sie im Gegensatz zur Kst eine umfassende prudentielle Aufsicht ausübt, so erstaunt doch der markante Unterschied in den personellen Ressourcen3.

Im Frühjahr 2000 arbeitete die Kst mit 6,5 besetzten Stellen, wovon die halbe Stelle nur temporär besetzt war. Vorübergehend wurde sie auch mit Personen aus dem Rechtsdienst EFV verstärkt. Die Suche nach qualifizierten Kandidaten zwecks Besetzung der noch freien Stellen gestaltete sich aus verschiedenen Gründen als sehr schwierig. Einerseits war der Arbeitsmarkt auf Grund der gut gehenden Konjunktur ausgetrocknet. Wirtschaftlich interessierte Juristen und Ökonomen ­ insbesondere wenn sie Berufserfahrung aufwiesen ­ wurden auch durch Banken, Wirtschaftskanzleien usw. dringend gesucht. Bei den durchschnittlichen Löhnen konnte die Bundesverwaltung nicht mithalten. Dies machte sich besonders bei den Bemühungen um die Anstellung eines erfahrenen Revisors bemerkbar. Nach Auskunft von Departementschef Kaspar Villiger (27. Juni 2001) ist es unterdessen gelungen, einen qualifizierten Mitarbeiter für diesen Bereich zu engagieren. Dieser wird seine Tätigkeit in der Kst am 1. August 2001 aufnehmen.

Es ist aber zu keinem Zeitpunkt gelungen, den bewilligten Sollbestand für die Kst vollständig auszuschöpfen. Nach diversen Abgängen bestand im Frühjahr 2001 das Kst-Personal nur noch aus Niklaus Huber und zwei Sekretariatsmitarbeiterinnen.

Die Gründe für die Abgänge waren meist vielschichtig. Wie aus den Schreiben ehemaliger Mitarbeitender zu entnehmen ist, spielte die sehr hohe Arbeitsbelastung eine zentrale Rolle bei den Kündigungsentscheiden. Dazu kam, dass die Arbeit bei der Kst von ausserhalb wenig gewürdigt wurde und unterschiedliche Auffassungen über gewisse Aspekte des GwG innerhalb der mit der Bekämpfung der Geldwäscherei betrauten Verwaltungsstellen auch zu Frustrationen bei den Mitarbeitenden führten.

Sodann spielten sicher auch die besseren finanziellen Bedingungen der Privatwirtschaft eine Rolle. Die vielen, in der Presse kommentierten Abgänge dürften die Attraktivität der Kst als Arbeitgeberin noch weiter vermindert haben.

Durch diese Abgänge ergaben sich verschiedene Probleme: Vorab führten sie zu einem Know-how-Abfluss
bzw. einer Know-how-Konzentration auf Niklaus Huber.

Dies wiederum schränkte faktisch das Tätigkeitsfeld der Kst noch mehr ein und verlangsamte den Abbau des Pendenzenbergs. Neue Mitarbeitende können am Anfang vieles noch nicht selbst erledigen. Aber auch Niklaus Huber konnte sein Knowhow nicht voll der direkten Aufgabenerledigung widmen, da er die neuen Leute entsprechend auszubilden hatte. Diese substanzielle Wissenskonzentration beim Leiter der Kst machte die Umsetzung des GwG massgeblich von einer Person abhängig.

Die Kündigung von Niklaus Huber Mitte Juni 2001 akzentuierte die Know-howProblematik noch zusätzlich, doch kann durch die vorläufige beratende Stellung des ehemaligen Leiters der Kst die Situation entschärft werden.

3

Das Sekretariat der Eidgenössischen Bankenkommission weist ca. 100 Angestellte auf.

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Das Missverhältnis von Aufgaben und personellen Ressourcen (Ist- und Soll-Bestand) ist aus Sicht der GPK einer der Hauptgründe für die verzögerte und heute noch nicht vollumfänglich gewährleistete Umsetzung des GwG. Bis Mitte Mai 2000 war beispielsweise noch kein Gesuch um Direktunterstellung abschliessend behandelt worden.

Niklaus Huber sprach schon zum Zeitpunkt der Besprechung des Geschäftsberichts 1999 der GPK mit Bundesrat Kaspar Villiger von einem Pendenzenberg, für dessen Abarbeitung er 6­8 Monate Zeitaufwand prognostizierte. Die GPK unterstrich die Bedeutung des eingetretenen Problems und die Dringlichkeit einer Lösung. Bundesrat Villiger führte dazu aus, dass die Erhöhung des Sollbestandes, sowie die Aufwertung bzw. die Reorganisation der Kst überprüft werde. In der Folge betraute Peter Siegenthaler im Juli 2000 ­ nach seinem Amtsantritt als Direktor EFV ­ eine externe Beratungsfirma, die u.a. die notwendige Personaldotierung eruieren sollte.

Die Studie wurde Ende September 2000 mit folgenden Vorschlägen abgeschlossen: den Personal-Sollbestand für ein Jahr auf 18 Stellen zu erhöhen und ihn nach einem Jahr bei mindestens 11,5 Stellen zu belassen. Dies unter der Bedingung, dass die Revision der FI extern vergeben werde. Ansonsten wären noch 3 bis 4 zusätzliche Stellen vonnöten. Empfohlen wurde auch die Aufwertung der Kst zu einer Abteilung sowie das Outsourcing der Revisionstätigkeit.

Auf den 1. Januar 2001 wurde die Kst zu einer Abteilung aufgewertet und die Dotierung auf 11,5 Stellen erhöht. Dadurch werden den Mitarbeitenden Perspektiven sowohl in hierarchischer Hinsicht wie auch bezüglich der Löhne eröffnet. Dieser neue Status ist bei der zukünftigen Personalsuche klar zu kommunizieren. Auf den 1. Januar 2001 wurden sodann die Mittel für den Aufbau einer «Taskforce-Bewilligung» gesprochen. Die nach wie vor prekäre Personalsituation sowohl im Ist- wie auch im Soll-Zustand führte aber dazu, dass die GPK-N bei der Besprechung des Geschäftsberichts 2000 des Bundesrats, Mitte Mai 2001, die Bedeutung des Problems und die Dringlichkeit einer Lösung gegenüber Bundesrat Kaspar Villiger nochmals unterstrich.

Ab dem 1. Mai 2001 wurde schliesslich eine Taskforce mit neun Studierenden eingesetzt, für deren Aufbau die Mittel gleichzeitig mit der Aufwertung der Kst bewilligt wurden, um den Pendenzenberg
bei den Direktunterstellungsgesuchen (unterdessen etwa 550 Gesuche) auf Grund detaillierter Arbeitsanweisungen und Checklisten möglichst schnell abbauen zu können. Der Kontakt mit den Finanzintermediären sowie die Entscheide über die Gesuche bleiben in der ausschliesslichen Kompetenz der Kontrollstelle. Die Kommission zweifelt angesichts des bei den SRO zur Erledigung dieser Aufgabe verwendeten qualifizierten Personals daran, dass die Studierenden insbesondere für die teils komplizierten Unterstellungsgesuche das notwendige Fachwissen aufweisen. Unter diesem Blickwinkel erscheint auch die rasche Erledigung dieser Gesuche nicht gewährleistet. Bezüglich der Revisionstätigkeit wurde gemäss Auskunft des Departementschefs Kaspar Villiger vom 27. Juni 2001 unterdessen ein Revisor angestellt und Vorarbeiten für das Outsourcing der Revision in Angriff genommen.

Mitte Juni 2001 kündigte Niklaus Huber im gegenseitigen Einvernehmen sein Anstellungsverhältnis. Unterschiedliche Auffassungen über Rolle und Führungsschwerpunkte des Kst-Leiters zwischen ihm und dem Direktor der EFV und seiner durch die zunehmende öffentliche Exposition seiner Funktion tangierten späteren Berufsaussichten führten ihn zu diesem Entscheid. Als Leiter ad interim der Kst wurde 6353

Armand Meyer, früherer Präsident des Zürcher Handelsgerichts, ernannt. Er wird zusätzlich durch einen Rechtskonsulenten und einen Referenten aus dem persönlichen Stab des Departementschefs unterstützt, sodass die Leitung der Kst vorerst gewährleistet scheint. Die Subkommission EFD/EVD hörte den neuen Kst-Leiter vor Abschluss ihres Berichts am 26. Juni 2001 an. Armand Meyer erläuterte der Subkommission seine zu verfolgenden Schwerpunkte. So will er beispielsweise die Kst prozessorientiert reorganisieren. Wichtige Dossiers wurden von ihm zur Chefsache ernannt. Darunter fällt u.a. das Dossier von Nationalratspräsident Peter Hess. Wie anlässlich der Fragestunde im Nationalrat durch Departementsvorsteher Kaspar Villiger zugesagt, sollen die Resultate der Untersuchung zu diesem Fall dann umfassend veröffentlicht werden. Die Kommission erwartet von der Kst rasche, aber fundierte Entscheide und eine offene Kommunikation. Armand Meyer stellte der Subkommission glaubhaft dar, diesen Anforderungen genügen zu können.

Empfehlung 1: Der Bundesrat wird eingeladen, möglichst schnell für die Wahrung und eine bessere Verteilung des Vollzugs-Know-how innerhalb der Kst zu sorgen. Dazu ist insbesondere ein Kader auf Sektionsleiterstufe zu schaffen und entsprechend auszubilden.

Empfehlung 2: Die Personaldotierung erscheint der Kommission angesichts der Dringlichkeit einer glaubwürdigen und schnellen Umsetzung des GwG immer noch als unzureichend.

Der Bundesrat wird deshalb eingeladen, insbesondere auch mit Blick auf den dringlichen Abbau des Pendenzenberges bei den Direktunterstellungsgesuchen, für eine baldige, substanzielle Erhöhung der Personaldotierung zu sorgen.

Empfehlung 3: Der Bundesrat wird eingeladen, noch dieses Jahr die Revisionsaufgabe der Kst operativ umzusetzen.

2.2

Unterstellungsproblematik

Artikel 2 Absatz 3 GwG erstreckt den Geltungsbereich des GwG auf «Personen, die berufsmässig fremde Vermögenswerte annehmen oder aufbewahren oder helfen, sie anzulegen oder zu übertragen [....]» (FI). Nicht abschliessend führt der Absatz dann sieben unterstellungspflichtige Tätigkeiten auf. Gemäss Artikel 13 GwG sind diese FI Aufsichtsobjekt der Kst bzw. der SRO. Die Konkretisierung des so definierten Geltungsbereichs des GwG führte in der Praxis zu unterschiedlichen Auffassungen bei den betroffenen Personen und den Aufsichtsorganen. Auf Grund der Neuartigkeit dieser Bestimmungen muss die Klärung dieser Fragen durch die Praxis der mit dem Vollzug beauftragten Behörden bzw. der Beschwerdebehörden erfolgen. Eine solche Praxisentwicklung braucht Zeit. Im Hinblick auf die Rechtssicherheit hingegen, ist möglichst schnell eine Klärung dieser Fragen anzustreben. Diese unter-

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schiedliche Interessenlage kann grob in den nachfolgend beschriebenen zwei Kategorien zusammengefasst werden.

2.2.1

Grundsätzlich strittige Tätigkeiten

Hier geht es um juristische und natürliche Personen, welche die Unterstellung ihrer Tätigkeit unter das GwG grundsätzlich bestreiten, weil sie der Meinung sind, die Tätigkeit falle nicht unter die Definition des Artikels 2 Absatz 3 GwG. Bekannte Beispiele sind die Rohwarenhändler oder die Warenhäuser mit Kundenkarten. Gut ein Jahr nach Ablauf der Übergangsfrist für die Unterstellung der FI unter die Aufsicht der Kst bzw. der SRO sind diese Fragen immer noch ungeklärt, obwohl der Gesetzestext klar zu sein scheint.

Empfehlung 4: Der Bundesrat wird eingeladen, diese Unterstellungsfragen rasch und mit dem notwendigen Mitteleinsatz zu behandeln.

2.2.2

Strittige Unterstellung auf Grund eines relativ kleinen Umfangs der grundsätzlich dem GwG unterstellten Tätigkeiten

In der Praxis sahen sich gewisse Personen nicht veranlasst, sich der Kst oder einer SRO zu unterstellen, weil die dem GwG unterstellte Tätigkeit nur einen kleinen Teil ihrer Gesamttätigkeit ausmacht und deshalb auch nicht in grossem Umfang stattfindet. So beispielsweise bei Anwältinnen und Anwälten mit wenigen kleinen Mandaten, die unter das GwG fallen könnten. Dabei geht es insbesondere auch um die Konkretisierung des Begriffes «berufsmässig» gemäss Artikel 2 Absatz 3 Ingress GwG. Die Kst hat dazu einen Kriterienkatalog erarbeitet, der in der Anwendung den unterschiedlichen Sektoren Rechnung trägt4.

Auf Ersuchen des Schweizer Hotelier-Vereins erfolgte am 5. Januar 2001 durch die EFV eine Präzisierung dieses Begriffs im Hotelbereich. Als nicht berufsmässiger bzw. unentgeltlicher Geldwechsel gilt demnach der Wechsel, wenn er zum Tageskurs für den Noten-Ankauf/Verkauf der lokalen Kantonalbank zum Zeitpunkt des Geldwechselgeschäftes erfolgt, eine Spesenpauschale von maximal 3 Prozent des gewechselten Betrags, höchstens jedoch 15 Franken sowie keine minimale Spesenpauschale von 5 Franken pro Wechseltransaktion erhoben wird. Des Weiteren gilt die Vermutung, dass ab einem Wechselbetrag oder Checkinkasso von 5000 Franken dem Hotelier zumindest ein indirekter wirtschaftlicher Vorteil anfällt, der das Wechselgeschäft oder Checkinkasso zum entgeltlichen und damit berufsmässigen Geschäft macht. Diese Präzisierung wurde dem Schweizer Hotelier-Verein brieflich mitgeteilt. Die SRO erfuhren aus den Medien von ihr und fühlten sich entsprechend vor den Kopf gestossen. Auch FI mit einer ähnlichen Ausgangssituation wie die Hoteliers (z.B. Tankstellen mit Geldwechselservice) fühlten sich ungerecht behan4

Unter http://wwwe.root.admin.ch/efv/gwg/d/zufragen.htm abrufbar.

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delt. Die Präzisierung erschien vielen zudem als Aufweichung der bis zu diesem Zeitpunkt harten Haltung der Kst. Die Präzisierung ist unter dem Aspekt einer Verfeinerung des Vollzugs des GwG grundsätzlich positiv zu würdigen, erweckt aber unter den Aspekten der rechtsgleichen Behandlung, von Treu und Glauben und der besonders wichtigen Transparenz im Vollzug Bedenken.

Die nötige Verbesserung der Vollzugspraxis hat sich des dafür vorgesehenen, rechtlichen Instrumentariums wie etwa Vollzugsverordnung, Feststellungsverfügungen, Richtlinien, etc. zu bedienen.

Empfehlung 5: Der Bundesrat wird eingeladen, eine Vollzugspraxis zu gewährleisten, die durch eine rechtsgleiche Behandlung aller FI und der SRO und die Einhaltung des Grundsatzes von Treu und Glauben geprägt ist. Allfällige Präzisierungen und Änderungen der Vollzugspraxis haben transparent zu erfolgen und mitgeteilt zu werden.

2.2.3

Zuständige Entscheidinstanz

Erste Entscheidinstanz ist auf jeden Fall die vollziehende Behörde, also hier die Kst.

Sie hat die Aufgabe, das GwG umzusetzen, und besitzt auch die grösste praktische Erfahrung bzw. das Know-how. Das Abklären der Unterstellungspflicht ist in gewissen Fällen sehr aufwendig und verlangt profundes, auf Erfahrung basierendes Wissen, insbesondere auch, wenn die Unterstellungspflicht gegen unwillige Grossunternehmungen erfolgreich durchgesetzt werden soll. Eines der zentralen Probleme bei der Umsetzung des GwG stellt das Fehlen von Schwellenwerten dar. Per Gesetz ist die Kst gezwungen, die Unterstellungs- und Sorgfaltspflichten bei allen unter Artikel 2 Absatz 3 GwG fallenden FI ­ unabhängig vom Umfang der bewilligungspflichtigen Tätigkeit ­ durchzusetzen. Dadurch werden die Ressourcen der Kst auch durch viele unwichtige Fälle gebunden. Da diese FI für die Einhaltung des GwG einen verhältnismässig grossen Aufwand betreiben müssen (in Bezug auf den kleinen Umfang der unter das GwG fallenden Tätigkeiten), sind sie oft mit der Unterstellung nicht einverstanden.

2.2.4

Schwellenwerte

Das Fehlen von Schwellenwerten setzt der auf Grund der knappen Ressourcen der Kst dringend notwendigen Prioritätensetzung Grenzen. Eine undifferenzierte Beaufsichtigung aller FI ist sehr ressourcenintensiv, führt zu Unverständnis bei nur marginal tangierten FI und dementsprechend auch zu fehlender Akzeptanz des GwG. Es ist auch fraglich, ob eine so breit angelegte Bekämpfung der Geldwäscherei ihren modernen Erscheinungsformen gerecht wird. Das Problem wurde durch die EFV erkannt. Prof. Peter Nobel wurde in der Folge mit einem Gutachten zur Frage beauftragt, ob für die Einführung von Schwellenwerten eine Revision des GwG notwendig ist. Die auch seit kurzem durch die EFV verfolgte Möglichkeit einer Bagatellfallregelung, die mit den Empfehlungen der Financial Action Task Force kompatibel ist, zielt nach Auffassung der Kommission in die richtige Richtung.

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Empfehlung 6: Der Bundesrat wird eingeladen, die Einführung einer Bagatellfallregelung voranzutreiben und damit die Ressourcen im Sinne einer Optimierung des Vollzugs auf die für die Geldwäschereibekämpfung relevanten FI zu konzentrieren.

2.3

Praxis des Rechtsdienstes / Rechtsweg / Sanktionen einer Verletzung des GwG

Die Kst zeigte zwischen Mai und Oktober 2000 28 FI beim zuständigen Rechtsdienst des EFD (Rechtsdienst) an. Im Gegensatz zu den SRO, die ­ zwar auf privatrechtlicher Basis ­ direkte Sanktionen gegen ihre Mitglieder verhängen können, muss die Kst auf dem Weg der Anzeigen gegen gesetzesverletzende FI vorgehen.

Im November 2000 folgte ein knapp einen Monat dauernder, durch den Direktor der EFV verordneter, Anzeigestopp. Dieser wurde durch den Direktor EFV mit den ersten Entscheiden der Rekursinstanz (Nichteintreten auf Anzeigen) begründet und sollte einer Klärung der rechtlichen Situation dienen. Danach wurden bis zu den Anhörungen Anfang Mai 2001 keine neuen Anzeigen gemacht. Mit einer Ausnahme (Art. 38 GwG) wurde immer eine Verletzung von Artikel 36 GwG gerügt (Geschäftsführung ohne Bewilligung). Bei diesen verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren trat der Rechtsdienst in 9 Fällen nicht ein, in 11 Fällen wurde das Verfahren ausgesetzt, 5 Fälle waren am 10. Mai 2001 noch pendent und in 3 Fällen erfolgte eine Verurteilung zu Bussen in Höhe von 100 Franken, 500 Franken und 1000 Franken.

Anzeigen sollten ein effizientes Mittel sein, um die Umsetzung des GwG zu garantieren und Verstösse zu ahnden. Die aktuelle Rechtsprechungspraxis hat jedoch auf Grund der geringen Anzahl Verurteilungen und der kleinen Bussenbeträge sicher keine abschreckende Wirkung. Die Subkommission EFD/EVD der GPK-N forderte zur Abklärung der dieser Praxis zu Grunde liegenden Ursachen die anonymisierten, abgeschlossenen Entscheide des Rechtsdienstes (Tendenzkontrolle) an und hörte die Leiterin des Rechtsdienstes sowie den Leiter der anzeigenden Behörde, d.h. der Kst, an.

2.3.1

Nichteintretensentscheide

Bei den Nichteintretensentscheiden handelt es sich einerseits um Fälle von FI, die vor Ablauf der Frist, also vor dem 31. März 2000, mit der Kst in Kontakt traten. Der Rechtsdienst geht hier davon aus, dass ein Bewilligungsgesuch dieser FI bei der Kst hängig war und damit die FI die Fristvorschrift nicht verletzt haben. Grundsätzlich ist bei dieser Kategorie dem Rechtsdienst zuzustimmen, kann doch dem gutgläubigen FI der noch ausstehende Abschluss des Bewilligungsverfahrens nicht angelastet werden. Bei der zweiten Kategorie geht es um FI, die nach dem 31. März 2000, aber vor dem 31. Mai 2000 ein Unterstellungsgesuch bei der Kst einreichten. Hier geht der Rechtsdienst davon aus, dass die Übergangsbestimmung des GwG, welche die

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Frist bis zum 31. März 2000 beinhaltet5, auslegungsbedürftig sei. Die Bestimmung lautet: «Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes unterstehen Finanzintermediäre nach Artikel 2 Absatz 3, sofern sie keiner anerkannten Selbstregulierungsorganisation angeschlossen sind, der direkten Aufsicht durch die Kontrollstelle und müssen ein Gesuch um Bewilligung nach Artikel 14 stellen.» Gemäss Wortlaut wäre es denkbar, dass zwar die direkte Aufsicht durch die Kst am 1. April 2000 beginnt, aber die Gesuchstellung noch nach dem 31. März 2000 erfolgen kann. Der Rechtsdienst löste die Problematik, indem er Artikel 28 Absatz 2 GwG analog anwendete und so den FI noch 2 Monate mehr Zeit gab, ihr Gesuch zu stellen.

Gegen diese Argumentation, die eine Verlängerung der gesetzlichen Frist zur Folge hat, spricht, dass eine zweite Frist in der Logik des Artikels 42 Absatz 3 GwG nicht sinnvoll ist. Des Weiteren wurde von behördlicher Seite6, insbesondere von der Kst7, immer im Sinne einer Frist, nämlich der zwei Jahre, auch für die Gesuchstellung informiert. Auch der Presse war nichts anderes zu entnehmen. Diese Stellungnahmen beugten der vom Rechtsdienst angeführten möglichen Rechtsunsicherheit vor.

Aus diesen Gründen erscheint diese Rechtsprechung des Rechtsdienstes zweifelhaft.

Das durch das Verhalten der Behörden bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und insbesondere bei der Umsetzung geschaffene Bild erhielt dadurch zusätzliche Heterogenität. Da auch diese Frist nun schon einige Zeit zurückliegt, ist sie aber nicht mehr von praktischer Bedeutung.

2.3.2

Ausgesetzte Entscheide

Bei den ausgesetzten Entscheiden trat der Rechtsdienst auf die Anzeigen bisher nicht ein, weil aus seiner Sicht die Unterstellungsfrage durch die Kst noch nicht geklärt sei. Der Rechtsdienst stellte sich auf den Standpunkt, dass das verwaltungsstrafrechtliche Verfahren und der Rechtsdienst als verfolgende und urteilende Behörde sich nicht für die Klärung von Unterstellungsfragen eignen. In diesen Fällen solle die Kst die Unterstellungsfrage klären und das Resultat dem betroffenen FI in Form einer anfechtbaren Verfügung eröffnen. Ficht der FI seine Unterstellung an, so ist der Rechtsweg verwaltungsrechtlicher Natur8.

Dazu ist zu bemerken, dass wohl nur in expliziten Zweifelsfällen die Rückweisung der Unterstellungsfrage an die Kst in Frage kommt. Wäre bei jeder Anzeige zuerst die Unterstellung unter das GwG dem FI in einer formellen Verfügung zu eröffnen, so würde in diesen klaren Fällen nur ein zusätzlicher Aufwand anfallen und daraus unnötige Verzögerungen resultieren. Interessant ist, dass auch beim verwaltungsrechtlichen Verfahren der Rechtsdienst für die Erledigung der Beschwerde zuständig 5 6 7 8

Artikel 42 Absatz 3 GwG.

Vgl. z.B. Pressemitteilung des EFD vom 19. April 2000.

Vgl. Informationsschreiben Nr. 7 der Kst vom 8. Oktober 1999.

Das Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren ist anwendbar. Im Gegensatz zum verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren, wo das Verwaltungsstrafrecht zur Anwendung gelangt.

6358

ist. Dementsprechend entscheidet schlussendlich der gleiche Rechtsdienst, welcher die Anzeige zuerst zur weiteren Abklärung der Unterstellungsfrage an die Kst zurückgewiesen hat. Gemäss Rechtsgutachten des BJ setzt die gesetzlich vorgesehene strikte Verfahrenstrennung zwischen verwaltungsrechtlichem und verwaltungsstrafrechtlichem Rechtsmittelweg einer Verfahrensrationalisierung enge Grenzen. Insbesondere kann im Verwaltungsstrafverfahren die Unterstellungspflicht des FI nicht vorfrageweise überprüft werden. Wird die Unterstellungspflicht durch den FI bestritten, so hat die Kst eine Feststellungsverfügung zu erlassen. Die Kst kann aber schon vor Abschluss dieses Verfahrens Anzeige beim Rechtsdienst erheben. Die Feststellungsverfügung muss jedoch spätestens mit dem Strafentscheid erlassen werden. In diesem Licht betrachtet, erscheint die Sistierungspraxis des Rechtsdienstes als fragwürdig. Das geltende Recht bietet nebst der Anzeigeerhebung vor Erlass der Feststellungsverfügung keine Möglichkeiten der Verfahrensrationalisierung. Solche Vereinfachungen sind jedoch bei zukünftigen Gesetzesänderungen zu prüfen. Insbesondere wäre, wie vom BJ vorgeschlagen, prüfenswert, ob die Verfolgung und Beurteilung der Verwaltungsstrafbestände des GwG nicht der Kst anzuvertrauen wären.

Bei den unter Kapitel 2.2.2 erläuterten Unterstellungsfragen, also wenn die Unterstellung einer Tätigkeit als solche nicht strittig ist, ihr Ausmass beim betroffenen FI jedoch sehr klein ist bzw. sich die Frage stellt, ob sie berufsmässig ausgeübt wird, hat der Rechtsdienst auf Grund aus seiner Sicht ungenügender, durch die Kst erbrachter Beweise das Verfahren eingestellt. Hier stellt sich die Frage nach der Beweisfeststellungsverantwortlichkeit. Während der Rechtsdienst die Beweisfeststellung ausschliesslich bei der Kst sieht, geht die Kst auf Grund von Artikel 39 Absatz 1 zweiter Satz GwG davon aus, dass der Rechtsdienst als verfolgende und urteilende Behörde bei aus seiner Sicht ungenügender Beweislage den Sachverhalt ergänzend feststellen muss. Die beiden Dienststellen weisen sich die Aufgabe der umfassenden Beweiserhebung somit gegenseitig zu.

Hierzu führt das BJ aus, dass die Kst auf Grund von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b und f GwG i.V.m. Artikel 12 VwVG für die vollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes
bei der Feststellung der Unterstellungspflicht zuständig ist. Wird hingegen ein Verwaltungsstrafverfahren vor Abschluss dieses Verwaltungsverfahrens eröffnet, so muss der Rechtsdienst soweit nötig strafprozessuale Massnahmen gemäss Artikel 37 ff. VStrR ­ insbesondere zur Beweissicherung ­ ergreifen.

Eine Beteiligung des Rechtsdiensts am Erlass der Feststellungsverfügung zur Klärung der Unterstellungspflicht erscheint unter dem Blickwinkel der Vorbefassung (Art. 10 VwVG) als heikel. Gleiches gilt für ihr Tätigwerden als Verwaltungsbeschwerdeinstanz, falls ihr Strafbescheid direkt im Anschluss an den Erlass einer Feststellungsverfügung ergeht.

2.3.3

Verurteilungen

In drei Fällen wurde eine Busse ausgesprochen. Im ersten Fall handelte es sich um eine Autobahnraststätte, die einen Geldwechsel betrieb (1000 Fr. Busse). Im zweiten Fall ging es um eine verspätete Gesuchstellung eines FI (500 Fr. Busse). Im letzten Fall wurde eine Finanzierungsgesellschaft wegen fehlender Bewilligung ge6359

büsst. Auf Grund der nicht schwer wiegenden Situation betrug die Busse nur 100 Franken. Die minimalen Bussenbeträge sind angesichts der Maximalbusse von 200 000 Franken oder eines SRO-Jahresbeitrags von ca. 2000 bis 3000 Franken sicher nicht geeignet, die gewünschte Wirkung der Strafe und vor allem der Prävention zu erzielen. Zukünftige Fälle werden sich jedoch nicht mehr auf die knapp verpasste Frist zur Gesuchstellung berufen können, sodass markant höhere Bussenbeträge erwartet werden dürfen.

2.3.4

Fazit

Die sich daraus ergebende Situation ist für den Vollzug des GwG unbefriedigend.

Die Kst versucht mit ihren wenigen Mitteln u.a. auf dem ihr ebenfalls obliegenden Weg von Anzeigen die Glaubwürdigkeit des Gesetzesvollzugs zu stärken. Durch die unterschiedlichen Auffassungen resultierte eine Patt-Situation, die weder für die Kst noch für den Rechtsdienst befriedigend ist, und, soweit der GPK bekannt, nicht durch die vorgesetzten Stellen geklärt wurde. Zusätzlich wird die Glaubwürdigkeit des Vollzugs des GwG durch eine solche behördliche Praxis stark in Mitleidenschaft gezogen. Dies wirkt sich einerseits auf das Verhalten gewisser FI und SRO, anderseits aber auch auf die internationale Wahrnehmung der Geldwäschereibekämpfung in der Schweiz negativ aus. Aus diesem Grund erscheint es der Kommission als dringend, die grundsätzlichen Unterstellungsfragen möglichst schnell zu klären und die Verantwortlichkeiten zwischen dem Rechtsdienst und der Kst definitiv festzulegen. Je nach Ausgang dieser Abklärungen wäre die zuständige Dienststelle personell zu verstärken. Im Bericht der NOVO Business Consultants wird der Rechtsdienst oder die Kst entsprechend für die Bewältigung der Anzeigen als personell unvorbereitet bezeichnet. Des Weiteren müssen die Möglichkeiten einer Verfahrensrationalisierung geprüft werden.

Empfehlung 7: Der Bundesrat wird eingeladen, die Zuständigkeitsfrage einerseits bei der Klärung der Unterstellungspflicht für FI mit strittiger berufsmässiger Ausübung ihrer Tätigkeit und andererseits für die Sachverhaltsfeststellung und Beweiserhebung bei Anzeigen definitiv zu beantworten. Die Auswirkungen dieser Antwort auf die Personaldotierung der betroffenen Dienststelle sind zu berücksichtigen. Mögliche Verfahrensrationalisierungen zwischen dem verwaltungsrechtlichen und dem verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsweg sind umzusetzen.

Einen weiteren Mangel stellte die GPK-N in der fehlenden Weiterzugsmöglichkeit der Kst fest. Ist die anzeigende Behörde mit einem Urteil des Rechtsdienstes nicht einverstanden, so hat sie keine Möglichkeit, den Fall weiterzuziehen. Die FI selber besitzen diese Möglichkeit, doch hatten die angezeigten FI bisher auf Grund der Rechtsprechung kein Interesse, den jeweiligen Fall weiterzuziehen (wohl auch nicht die drei gebüssten FI). Hier wäre die gesetzliche Verankerung eines Weiterzugsrechts der Kst zu prüfen.

6360

Empfehlung 8: Der Bundesrat wird eingeladen, eine Revision des GwG zu prüfen, die eine Weiterzugsmöglichkeit für die Kst bei aus ihrer Sicht unbefriedigenden Entscheiden des Rechtsdienstes EFD schaffen würde.

Zur dargestellten Problematik kamen erschwerend persönliche Animositäten zwischen den beteiligten Dienststellen hinzu. Die Rechtsprechung des Rechtsdienstes war nicht zuletzt einer der Gründe für die Frustrationen von Mitarbeitenden der Kst.

2.4

Beirat

Der ständige Beirat wurde Anfang 2001 als Expertenkommission vom EFD ins Leben gerufen und besteht aus Prof. Peter Nobel (Präsident des Beirates, Zürich), Prof.

Paolo Bernasconi, (Rechtsanwalt in Lugano, Vizepräsident), Dr. iur. Jean-Marc Futterknecht (Zürich), Dr. iur. Peter R. Isler, (Rechtsanwalt, Zürich), Paul Perraudin (Rechtsanwalt, Untersuchungsrichter in Genf), Prof. Mark Pieth (Strafrechtsprofessor, Universität Basel) und Dr. iur. René Schwarzenbach (Rechtsanwalt, Zürich).

Beim Beirat handelt es sich um ein durch das EFD eingesetztes, unabhängiges Beratungsorgan. Es untersteht also dem Departement und nicht der EFV. Zu den Aufgaben gehören gemäss Einsetzungsverfügung die Beratung der EFV beim Vollzug des GwG und bei der Erarbeitung und Aktualisierung der Strategie der Kst.

Bei den Anhörungen der Experten wie auch der Vertreter der SRO wurde die Zusammensetzung des Beirats z.T. kritisch kommentiert. Insbesondere wurde die fehlende Praxisnähe wie auch die Absenz von SRO-Vertretern bemängelt. Grösstenteils seien die Mitglieder auch bei den FI unter dem Aspekt der Geldwäschereibekämpfung wenig bekannt, sodass sie kaum eine bessere Akzeptanz des GwG bewirken könnten. Des Weiteren wurde auch auf das Risiko von Interessenskollisionen hingewiesen, dass der Beirat mit seinem direkten Zugang zur EFV als Anlaufstelle für Lobbyisten missbraucht werden könnte. In der kurzen Praxis des Beirats können diese Bedenken durch die Kommission noch nicht gewürdigt werden. Bis Anfang Juni tagte der Beirat entsprechend seiner jungen Existenz erst zwei Mal. An seiner ersten Sitzung erarbeitete er seine Sicht der anstehenden Probleme und setzte Prioritäten in der Behandlung derselben. In seiner zweiten Sitzung kam der Beirat u.a.

zum Schluss, dass die Kst personell verstärkt werden müsste.

Die Subkommission war erstaunt, feststellen zu müssen, dass bei den Schlussfolgerungen des Beirats allem Anschein nach dabei nicht auf die aus der bisherigen Praxis der Kst resultierenden Erkenntnisse abgestützt wurde. Die Prioritätenliste enthielt sodann stark operative Aspekte. Dadurch bewirkte der Beirat schon früh Zuständigkeitskonflikte zwischen sich und der Kst. Gewisse Beiratsmitglieder, insbesondere der Präsident, gingen mit Äusserungen in der Presse weit über ihre Rolle als Mitglieder eines beratenden Gremiums
hinaus. Dies erachtet die Kommission als untragbar. Des Weiteren erscheint der Kommission die Tagungsfrequenz des Beirats von vier Mal im Jahr als im jetzigen Zeitpunkt völlig unzureichend für die anstehende Aufgabenerledigung. Somit erstaunt es auch nicht, dass die Grundsatzfragen bisher nicht angegangen wurden. Die Kommission zweifelt auf Grund dieser negativen Erfahrungen am Nutzen des Beirats.

6361

Empfehlung 9: Der Bundesrat wird eingeladen, auf Grund der negativen Erfahrungen, den Sinn und die Notwendigkeit der Institution des Beirats grundsätzlich zu überprüfen und gegebenenfalls den Beirat wieder abzuschaffen.

2.5

Unabhängigkeit der Kst

Gemäss Artikel 17 GwG ist die Kst der EFV zugeordnet. Als reguläre Verwaltungseinheit der EFV untersteht sie dem Direktor der EFV nicht nur administrativ, sondern auch materiell und ist als Teil der EFV auch dem EFD unterstellt. Verschiedentlich wurde nun die Unabhängigkeit der Kst als zu gering bezeichnet. Gerade bei Unterstellungsfragen, aber auch bei gewissen Auflagen der Kst gegenüber den SRO kamen der Subkommission Gerüchte über Beeinflussungsversuche betroffener FI bzw. Branchenverbände wie auch einzelner SRO bei den der Kst vorgesetzten Stellen zu Ohren. Die Kst ist zwar mit ihrer bisherigen Praxis z.T. angeeckt, doch waren sich die angehörten Experten und Vertreter der SRO einig, dass die harte Linie auch eine klare Linie war und damit zur Rechtssicherheit beitrug. Der Brief der EFV an die Hoteliers, wo die nicht unter das GwG fallenden Hotelbetriebe spezifiziert wurden, erfolgte, nachdem sich die Branche gegen die Unterstellung gewehrt hatte. Obwohl genau die Klärung der noch offenen Unterstellungsfragen eine wichtige Priorität der Kst und der EFV ist, wurde der Brief teilweise als Aufweichung der harten Linie der Kst gewertet. Das Problem hier ist somit ein Problem der Wahrnehmung, aber auch ein Problem der Kommunikation und des homogenen Auftretens der involvierten Dienststellen gegen aussen.

Ist der Unabhängigkeitsgrad der Kst für die Durchsetzung ihrer Praxis für sich betrachtet nicht ausreichend, so kommt dem Verhalten der vorgesetzten Stellen eine besondere Bedeutung bei der Unterstützung der Kst zu. Aus den Anhörungen der verwaltungsexternen Personen, des Berichts der NOVO Business Consultants9, aber auch der Kst geht jedoch hervor, dass die Kst verschiedentlich wenig Rückhalt bei ihren vorgesetzten Stellen erhielt. Dies wurde unterdessen von den vorgesetzten Stellen erkannt. Bei wichtigen Entscheiden wird nun immer der Direktor der EFV mit einbezogen. Seit kurzem wird auch der Departementsvorsteher mehr involviert.

So traf er beispielsweise am 14. Mai 2001 Vertreter der SRO zu einer Aussprache.

Durch die Stellung des neuen Kst-Leiters ad interim als direkter Beauftragter des Departementchefs erfährt die Kst-Leitung zumindest vorübergehend auch eine hierarchische Stärkung.

Wie bei der personellen Dotierung wird auch bei der Frage des Unabhängigkeitsgrades der Kst oft eine
Parallele zur EBK gezogen. Die EBK nimmt wie die Kst eine Aufsichtsfunktion über FI wahr. Sie ist für die Aufsicht über die Banken und weitere Bereiche des Finanzsektors zuständig. Sie hat insbesondere auch die Einhaltung der Vorschriften für die Bekämpfung der Geldwäscherei bei Banken zur Aufgabe. Daraus ergibt sich, dass die beiden Organe eine ähnliche Exponiertheit aufweisen. Aus diesem Grund liegt der Schluss nahe, die Stellung dieser beiden Organe zu vergleichen.

9

S. 21.

6362

Die EBK besteht aus einer vom Bundesrat gewählten Kommission mit einem ständigen Sekretariat. Dessen Direktorium wird nach Anhörung der Bankenkommission durch den Bundesrat gewählt, während das restliche Sekretariatspersonal durch die Bankenkommission bzw. durch das Sekretariat gewählt wird10. Sie ist als eine von Einzelweisungen des Bundesrates unabhängige Verwaltungsbehörde des Bundes ausgestaltet, welche nicht in die Zentralverwaltung eingegliedert, sondern lediglich administrativ dem EFD zugeordnet ist. Es steht ausser Frage, dass die EBK durch ihre organisatorische Stellung wesentlich unabhängiger ist als die Kst und dadurch auch ein homogeneres Auftreten der Aufsichtsbehörde ermöglicht wird.

Aus der Sicht des Direktors der EFV ist eine Eingliederung der Kst in die EFV von der Sache her nicht zwingend. Die Kommission geht jedoch mit ihm einig, dass eine eventuelle Revision dieser Stellung erst im Zusammenhang mit einer Neuordnung der Finanzmarktregulierung und -aufsicht in der Schweiz11 geprüft werden sollte.

Bis dahin sollte die Glaubwürdigkeit der Kst und ihrer Praxis beim Vollzug des GwG durch eine klare Praxis, verbesserte Koordination und gegenseitige Unterstützung der Bemühungen der Kst, der EFV und des Beirates gestärkt werden. Des Weiteren ist die Kst und ihre Praxis auch auf politischer Ebene verstärkt zu stützen.

Dabei ist insbesondere auch der Departementsvorsteher gefordert.

Empfehlung 10: Der Bundesrat wird eingeladen, für ein homogenes Auftreten der bei der Bekämpfung der Geldwäscherei involvierten Dienststellen der Bundesverwaltung zu sorgen.

Dem Aspekt des Vollzugs des GwG ist auf Stufe des Departements grösseres Gewicht beizumessen.

2.6

Information und Kommunikation

2.6.1

Behörden und SRO

Die Kommunikation zwischen der Kst und den SRO wurde beiderseits als z.T. nicht einfach bezeichnet. Während die Kst die auf Grund der Obstruktionspraxis gewisser SRO schlechte Kommunikation bemängelte, beklagten sich die SRO über den in der Sache zwar korrekten, aber in der Form oft harschen Umgang der Kst. Gerade die SRO, die kooperationswillig waren und die Auflagen des GwG bzw. der Kst pflichtbewusst umsetzten, fühlten sich ungerecht behandelt.

Nebst dem erwähnten Fall der Sonderbedingungen für die Hotelbranche bei der Unterstellungspflicht können auch die dieses Jahr aufgekommenen Probleme bei der Gebührenerhebung für die Registerführung als Beispiel für die Notwendigkeit einer verbesserten Kommunikation aufgeführt werden. Obwohl die Gebühren schon im GwG vorgesehen sind, wurden die SRO gemäss ihren Aussagen Anfang dieses Jahres durch die Gebührenforderungen der Kst überrascht. Als weitere Beispiele wurde

10 11

Artikel 51 Absätze 1 und 2 Verordnung über die Banken und Sparkassen (Bankenverordnung, BankV), SR 952.02.

Dazu wurde im Herbst 2000 ein Bericht von einer Expertengruppe unter dem Vorsitz von Prof. Jean-Baptiste Zufferey fertiggestellt. Der Bundesrat will zu den dort enthaltenen Empfehlungen bis Sommer 2001 Stellung nehmen.

6363

das Fehlen einer Konsultierung der SRO bei der Schaffung des Beirates oder beim Agendasetting bezüglich der Schaffung eines Leitbilds für die SRO genannt. Deshalb wird auch die Haltung des Direktors der EFV teilweise als patronal kritisiert.

Obwohl die Behörden eine hoheitliche Aufsichtsfunktion wahrnehmen und dementsprechend unabhängig von den von ihnen beaufsichtigten SRO und FI sein müssen, ist im Interesse einer möglichst guten Akzeptanz und Umsetzung des GwG ein sachlich begründbarer Miteinbezug der SRO, die ja selbst eine quasibehördliche Aufsicht wahrnehmen, und, wo sinnvoll, der FI anzustreben.

Ein positiver Schritt in diese Richtung wurde mit der Aussprache des Departementsvorstehers mit den SRO bezüglich des Leitbilds wie auch mit den für dieses Jahr geplanten Workshops unternommen. Die EFV und die Kst müssen in Zukunft diesem Aspekt noch stärker Rechnung tragen, um die SRO (zumindest die kooperationswilligen SRO) besser in die Strategie zur Bekämpfung der Geldwäscherei zu integrieren.

Als Informationsplattform drängt sich insbesondere die anfänglich nicht vorhanden gewesene Dachorganisation der SRO, das so genannte Forum, auf.

2.6.2

Behörden und FI

Das Bewusstsein der einzelnen FI, dem GwG unterstellt zu sein, und die Akzeptanz des Gesetzes durch die FI sind für die Durchsetzung der GwG-Normen bei einem bisher bezüglich der Bekämpfung der Geldwäscherei nicht reglementierten Wirtschaftssektor besonders wichtig. Die Kommission geht mit den Fachkreisen einig, dass ziemlich sicher auch heute noch unterstellungspflichtige FI noch kein Gesuch bei der Kst eingereicht haben. Deshalb muss einmal ganz allgemein informiert werden. Dazu hat die Kst, aber sicher auch die SRO und die Branchenverbände schon einiges beigetragen. In einem gewissen Sinn haben auch die diversen Medienmitteilungen über die Probleme bei der Bekämpfung der Geldwäscherei für eine grössere Öffentlichkeit des GwG gesorgt. Diese Informationstätigkeit muss gezielt für sich in Verzug befindliche Kategorien von FI weitergeführt werden. Negativ ins Gewicht fielen die schon erwähnten Unterstellungsprobleme und das z.T. heterogene Auftreten der Behörden, die bei gewissen FI zu einer Rechtsunsicherheit bezüglich ihrer Unterstellungspflicht führten. In die Kategorie der Negativpunkte fallen auch die fehlenden Sanktionen auf Grund von Verstössen gegen das GwG, insbesondere gegen die Unterstellungspflicht. Auf Grund der praktisch fehlenden Kontrollen und der Sanktionslosigkeit einer Geschäftsführung ohne Bewilligung ist der Anreiz zur Unterstellung bei renitenten FI sehr klein. Hier ist nebst einer möglichst schnell umzusetzenden Sanktionierung von Verstössen auch auf die, auf Grund des nun schon mehr als ein Jahr zurückliegenden Fristenablaufs, mit grösster Wahrscheinlichkeit massiv höher ausfallenden Bussen klar hinzuweisen. Die zukünftige Sanktionierung muss allen FI glaubhaft gemacht werden.

6364

2.6.3

Behörden und die nationale und internationale Öffentlichkeit

Das GwG und sein Vollzug haben über das Gesagte hinaus noch eine übergeordnete Bedeutung, indem sie mit dem Willen und der Fähigkeit der Schweiz, die Geldwäscherei effektiv zu bekämpfen, identifiziert werden. Dies gilt einerseits für die Bevölkerung der Schweiz, aber auch besonders für die EU-Länder, die USA und die internationalen Gremien, die sich der Bekämpfung der Geldwäscherei widmen. Die Schweiz hat mit dem GwG im Vergleich zu vielen Ländern die fortschrittlichste Reglementierung erlassen. Mit der weitgehenden Abdeckung des Nichtbankenbereichs nimmt die Schweiz im internationalen Bereich eindeutig eine Pionierrolle ein.

Viele Länder sind bei der Bekämpfung der Geldwäscherei im Nichtbankensektor vergleichsweise weniger weit gekommen. Doch das GwG ist nur so gut, wie sein Vollzug. Die Schweiz kann sich dementsprechend keinen schlechten Vollzug des GwG leisten. Auf der anderen Seite ist es in diesem Kontext wichtig, dass die Behörden und die SRO die bisherigen Errungenschaften beim Vollzug auch in der Öffentlichkeit adäquat würdigen. So sind beispielsweise die Existenz von 12 SRO mit gut 6000 beaufsichtigten FI nach drei Jahren durchaus eine Leistung, die sich sehen lassen kann. Das Selbstregulierungssystem hat als solches nicht versagt. Es sind einzelne SRO, deren Kooperation zu wünschen übrig lässt. In der Information und Kommunikation der Behörden muss klar zwischen den gut funktionierenden, kooperativen SRO und schlecht funktionierenden, renitenten SRO differenziert werden, um wegen weniger «schwarzer Schafe» nicht das ganze System zu diskreditieren.

Wie schon erwähnt, werden nun bei der Bereinigung der Selbstregulierungslandschaft die gerügten SRO auch im Sinne eines transparenten Vollzugs beim Namen zu nennen sein.

Empfehlung 11: Der Bundesrat wird eingeladen, eine Informationstätigkeit des EFD, der EFV und der Kst zu gewährleisten, die den positiven Errungenschaften im Vollzug des GwG vermehrt auch Rechnung trägt. Diese Informationstätigkeit ist in ein Informationskonzept einzubetten.

2.6.4

Kommunikation zwischen den Behörden

Die Kommunikation und Information zwischen der Kst, dem Rechtsdienst, der EFV und dem Beirat muss weiterhin verbessert werden. Nachdem insbesondere Differenzen zwischen der Kst und dem Beirat seit Anfang 2001 regelmässig in die Presse gelangten, sollte hier Zurückhaltung geübt und zuerst die interne, sachliche Diskussion gesucht werden. Dies ist im Sinne der Sache und damit auch der Öffentlichkeit. Die Neubesetzung der Kst-Leitung und ihre neu beschlossene Teilnahme im Beirat setzen dafür gute Voraussetzungen.

Auch zwischen dem Rechtsdienst und der Kst scheinen kommunikative Probleme vorhanden gewesen zu sein. Nachdem auf einen grossen Teil der Anzeigen der Kst durch den Rechtsdienst nicht eingegangen wurde und sich beide Dienststellen die Verantwortung dafür gegenseitig zuschoben, resultierte eine Patt-Situation, die von den Betroffenen und ihren vorgesetzten Stellen hätte erkannt werden müssen. Mass6365

nahmen zur Verbesserung der Kommunikation, welche die Grundlage für eine Deblockierung der Situation darstellen, wurden, soweit uns bekannt ist, keine ergriffen.

Die fachliche Kommunikation und Information zwischen diesen beiden Dienststellen muss, nötigenfalls durch den Departementsvorsteher, gewährleistet und auf die Problemlösung ausgerichtet werden.

3

Zusammenfassende Würdigung der Massnahmen der EFV und des EFD

Die GPK beurteilt auf Grund ihrer Oberaufsichtsfunktion über die Bundesverwaltung nur das Verhalten der hier involvierten Verwaltungsstellen. Ergänzend zu den vorhergehenden Ausführungen soll hier noch zusammenfassend auf die Behandlung der Problematik durch die der Kst und dem Rechtsdienst vorgesetzten Stellen eingegangen werden. Die Amtsleitung der EFV, die auf den 1. Juli 2000 gewechselt hat, hat diverse Massnahmen ergriffen, um den Problemen zu begegnen. Nachdem die Kst, aber auch die GPK die Personalknappheit Anfang 2000 thematisierten, wurde die NOVO Business Consultants mit der Situationsanalyse bei der Kst beauftragt.

Diese lieferte ihren Bericht Ende September 2000 der EFV ab. Ende November 2000 legte die Amtsleitung einen Massnahmenplan zur Umsetzung der Empfehlungen des Berichts und u.a. zur Aufwertung der Kst zur Abteilung vor. Wie schon erwähnt, wurde dieser Schritt zusammen mit einer Erhöhung der Personaldotierung auf 11,5 Stellen auf Anfang 2001 vollzogen. Im Frühjahr 2001 nahmen die Taskforce wie auch der Beirat ihre Arbeit auf. Die Arbeiten zu einem Leitbild der Selbstregulierung wurden initiiert und sollen bis Ende 2001 abgeschlossen werden. Ein Kommunikationskonzept wurde vom Direktor EFV im November 2000 angekündigt und auch die Strategie für das weitere Vorgehen unter Festlegung von Prioritäten sollte Mitte 2001 vorhanden sein (wird mit dem Beirat erarbeitet). Das EFD kann also nicht als passiv bezeichnet werden. Grundsätzlich wurden die Probleme erkannt.

Nebst den in den vorherigen Kapiteln erwähnten Lücken erweckt aber die Entwicklung des GwG-Vollzugs den Eindruck, dass vor allem reagiert wurde und dies mit zum Teil zu grossen zeitlichen Verzögerungen. Diese Verzögerungen waren mit ein Grund, wieso teilweise am Umsetzungswillen der vorgesetzten Behörden der Kst gezweifelt wurde. Auch der Departementsvorsteher hätte den in der Öffentlichkeit bekannten Gegebenheiten mehr Aufmerksamkeit widmen müssen. Schon im Frühling 2000 war sodann beispielsweise die Aufwertung der Kst zu einer Abteilung Diskussionsthema zwischen der GPK und dem Departementsvorsteher; es vergingen jedoch sieben Monate bis die Aufwertung effektiv beschlossen wurde. Des Weiteren wird er erst seit kurzem aktiv in die Sensibilisierung der SRO mit einbezogen. Als Vorgesetzter des Rechtsdienstes, aber natürlich
auch der EFV und der Kst hätte er auch die oben beschriebene Anzeigenproblematik einer Lösung zuführen und eine optimale Zusammenarbeit zwischen dem Rechtsdienst und der Kst gewährleisten müssen.

4

Zukunftsaussichten

Auch wenn die Neuregelung der Finanzmarktaufsicht als Ganzes zurzeit geprüft wird und sich mittelfristig daraus auch für die Bekämpfung der Geldwäscherei im 6366

Nichtbankensektor Konsequenzen ergeben könnten, muss das aktuell geltende GwG möglichst schnell umfassend umgesetzt werden. Das GwG ist ein Gesetz, dass dem Problem der Geldwäschereibekämpfung durchaus gerecht wird, auch wenn aus den Erfahrungen des Vollzugs das Gesetz im Sinne einer verbesserten Geldwäschereibekämpfung noch optimiert werden kann.

5

Weiteres Vorgehen

Die GPK bittet den Bundesrat, ihr bis Ende 2001 mitzuteilen, was er auf Grund dieses Berichtes zu unternehmen und welche Massnahmen er zu treffen gedenkt.

29. Juni 2001

Im Namen der Subkommission EFD/EVD: Die Präsidentin: Brigitta M. Gadient, Nationalrätin Der Sekretär: Christoph Albrecht Im Namen der Geschäftsprüfungskommission:

11626

Der Präsident: Rudolf Imhof, Nationalrat

6367

Abkürzungsverzeichnis Abs.

Absatz

Art.

Artikel

BJ

Bundesamt für Justiz

bzw.

beziehungsweise

EBK

Eidgenössische Bankenkommission

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

EVD

Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement

FI

Finanzintermediäre

Fr.

Franken

GPK

Geschäftsprüfungskommission

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

GwG

Geldwäschereigesetz

Hr.

Herr

KMU

Klein- und Mittelunternehmen

Kst

Kontrollstelle

Nr.

Nummer

Prof.

Professor

SRO

Selbstregulierungsorganisation

u.a.

unter anderem

usw.

und so weiter

vgl.

vergleiche

VStrR

Verwaltungsstrafrecht

z.B.

zum Beispiel

z.T.

zum Teil

11626

6368