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4493 XXVIII. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die gemäss Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933 erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland.

(Vom 9. März 1944.)

Herr Präsident!

Sehr geehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen nachfolgend von den weitern Massnahmen Kenntnis zu geben, die wir auf Grund des Bundesbeschlusses vom 14. Oktober 1933 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland, in der Passung vom 22. Juni 1939, getroffen haben.

I. Massnahmen zum Schutze der nationalen Produktion.

Schuhindustrie.

Die immer noch zunehmende Verknappung der für die Schuhindustrie notwendigen Eohstoffe, wie Leder und Gummi, ferner das fast völlige Fehlen von Exportmöglichkeiten zwangen bereits eine Anzahl Unternehmen zu Kurzarbeit und zu zeitweiliger Einstellung des Betriebes. Den Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 30. Dezember 1935/18. Dezember 1942 über das Verbot der Eröffnung und Erweiterung von Betrieben der Schuhindustrie kommt daher wieder erhöhte Bedeutung zu. Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit hat Gesuchen, welche die Modernisierung der Fabrikationseinrichtungen betrafen (Auswechslung alter Maschinen) weitgehend entsprochen.

Gesuche um Erhöhung der Produktion lehnte es im Hinblick auf die Versorgungslage und den Beschäftigungsgrad der übrigen Betriebe ab.

1 II. Clearingverkehr.

.

a. Deutschland, Belgien, Holland und Norwegen.

Nach äusserst langwierigen Verhandlungen, von denen bereits im XXVII.

Bericht die Kede war, gelang es am 1. Oktober 1943 in Bern eine neue vertragliche Eegelung über den Waren- und Zahlungsverkehr zwischen der Schweiz

173

und Deutschland abzuschliessen. Durch das Dritte Zusatzabkommen zum Abkommen über den deutsch-schweizerischen Verrechnungsverkehr vom 9. August 1940 wurde festgelegt, dass dieses Abkommen, das auch in der vertragslosen Zeit autonom angewendet worden war, mit Buckwirkung auf den 1. August 1943 bis einschliesslich 31. Dezember 1943 mit gewissen Veränderungen weiter in Kraft bleiben sollte. Infolge der unübersichtlichen Verhältnisse war es nicht möglich, ein Abkommen von längerer Geltungsdauer abzuschliessen.

Zur Aufrechterhaltung eines geordneten Waren- und Zahlungsverkehrs mit Deutschland erwies es sich als unumgänglich, die Clearingforderungen auch weiterhin unter bestimmten Voraussetzungen unter die Transfergarantie des Bundes zu stellen, um damit die Möglichkeit der Diskontierbarkeit der Guthaben zu schaffen. Im Gegensatz zu der bis zum 15. Januar 1943 geltenden Regelung wurde jedoch der Transfergarantie des Bundes eine Auszahlungsfrist von neun Monaten statt von drei Monaten zugrunde gelegt. Ein weiterer wesentlicher Unterschied gegenüber der frühem Begelung besteht darin, dass die Transfergarantie für den Warenexport bei jeder Position auf ein sogenanntes Transferkontingent beschränkt wird. Es wurde damit die gesamte schweizerische Ausfuhr nach Deutschland einer zahlungsmässigen Kontingentierung unterworfen. Als Ausweis für die Berechtigung an der Bundestransfergarantie dient die Transferkontingentsbescheinigung. Grundsätzlich sind diejenigen Stellen mit der Verwaltung der Transferkontingente und der Ausstellung der Transferkontingentsbescheinigungen betraut worden, die auch die Ausfuhrkontingente für die betreffenden Positionen verwalten. Die Vorlage einer Transferkontingentsbescheinigung erübrigt sich lediglich für Forderungen, welche sogenannte «alte» Geschäfte betreffen (vgl. unsern XXVII. Bericht), bei welchen die Ware vor dem 1. August 1943 exportiert und für welche der entsprechende Zahlungsauftrag der Deutschen Verrechnungskasse vor dem 1. August 1943 bei der Schweizerischen Verrechnungsstelle eingetroffen ist.

Keine Transferkontingentsbescheinigung ist ferner erforderlich für Forderungen, welche nicht den Gegenwert von Warenforderungen darstellen, wie Zahlungen für Veredlungslöhne, Frachten, Zölle, Lizenzen, Begiespesen, Honorare, Kommissionen.

Wie bis anhin kann die Clearingeinzahhing
in Deutschland nur auf Grund einer Devisenbescheinigung der zuständigen Beichsstelle erfolgen. Das für die Erteilung der Devisenbescheinigung massgebende Wertgrenzensystem, welches seit Einführung des Clearings bis heute ziemlich unverändert aufrechterhalten werden konnte, wurde ersetzt durch eine neue Wertgrenzenliste, worin die wichtigsten angestammten schweizerischen Exportprodukte so weit als möglich berücksichtigt worden sind. Es war jedoch nicht zu vermeiden, dass auch diese Positionen von dem notwendigen generellen Abbau der Ausfuhr betroffen wurden.

Die beidseitigen landwirtschaftlichen Lieferungen werden wie bis anhin auf Grund besonderer Begelungen über das Landwirtschaftskonto abgewickelt.

Es ist gelungen, im Bahmen dieses Austausches landwirtschaftlicher Produkte

174 die Zufuhr besonders wertvoller, für den Mehranbau unerlässlicher Waren -wie Saatgut, Düngemittel, Zucker usw. sicherzustellen.

Durch die neuen Vereinbarungen konnte wiederum erreicht werden, weitere Kohlen- und Eisenzufuhren aus Deutschland sicherzustellen. Diese sind nicht nur zur Sicherung der Landesversorgung unerlässlich, sondern sie bilden auch gleichzeitig den Eckpfeiler der Alimentierung des Clearings.

Auch hinsichtlich der Durchfuhr von Import- ,und Exportgütern durch Deutschland und die von Deutschland besetzten Gebiete brachte das neue Vertragswerk gewisse Verbesserungen.

Die neuen Vereinbarungen weisen mit Bezug auf den Transfer von Vermögenserträgnissen (Transfer von Zinsen und Dividenden) sowie auf den Versicherungs- und Eeisezahlungsverkehr gegenüber dem frühem Abkommen keine wesentlichen Änderungen auf. Darüber hinaus ist es gelungen, Vereinbarungen zu treffen, die den Transferbedürfnissen von Schweizerbürgern in Deutschland sowie schweizerischer Rückwanderer aus Deutschland besser Eechnung tragen.

Die Wiederherstellung einer vertraglichen Eegelung im Zahlungsverkehr mit Deutschland wirkte sich ebenfalls auf den Zahlungsverkehr mit Belgien, Holland und Norwegen aus. Um unter den gegebenen Verhältnissen diesen Verkehr in sich selbst auszugleichen, erweist sich auch weiterhin eine Überwachung und starke Beschränkung der Ausfuhr nach diesen Gebieten als notwendig. Für die Durchführung und Auszahlung von Clearingüberweisungen aus diesen Gebieten gilt grundsätzlich die gleiche Eegelung wie für Deutschland.

Die Mitte Dezember 1943 in Bern aufgenommenen Verhandlungen für die Eegelung des Waren- und Zahlungsverkehrs mit Deutschland nach dem 31. Dezember 1943 konnten mit Eücksicht auf die gegebene Situation nicht innert nützlicher Frist zu Ende geführt werden. Es wurden deshalb zwischen den Vorsitzenden der schweizerischen und der deutschen Verhandlungsdelegation am 31. Dezember 1943 Briefe ausgetauscht, wodurch das Verrechnungsabkommen bis zum 31. Januar 1944 verlängert worden ist. Die Verlängerung erfolgte im grossen und ganzen auf der frühern Basis. Die Transferkontingente für den Monat Januar, innerhalb welcher die Zahlungsüberweisungen für nach Deutschland ausgeführte schweizerische Waren weiterhin unter Transfergarantie gestellt werden können, betrugen grundsätzlich 1je der
bisherigen Transferkontingente. Eine Eegelung für längere Dauer konnte jedoch bis zum 31. Januar 1944 nicht erreicht werden. Infolgedessen musste das Verrechnungsabkommen wiederum durch Briefwechsel zwischen den Delegationsvorsitzenden kurzfristig, d. h. vom 1. Februar bis zum 15. Februar und alsdann bis zum 29. Februar verlängert werden. Eine weitere Verlängerung wurde vorläufig nicht vereinbart. Die Verhandlungen über ein Vertragswerk von längerer Dauer werden fortgeführt.

Die seit Beginn des Verrechnungsverkehrs mit Deutschland, d. h. seit 1. August 1934, an schweizerische Gläubiger aus dem Verrechnungskonto ausbezahlten Beträge belaufen sich per 31. Januar 1944 auf folgende Summen:

175 Für Waren und Nebenkosten im Warenverkehr . . .

Für Zinsen gemäss Transferabkommen Für den Reiseverkehr, einschliesslich Unterstützungen Total

Fr. 3 647 076 638.63 » 494 735 437.33 » 318595889.-- Fr. 4460407964.96

b. Frankreich.

In Anbetracht der Schrumpfung der Einfuhr aus Frankreich in die Schweiz und des sich daraus ergebenden Anwachsens des Clearingdefizites sahen wir uns veranlasst, die Erhebung einer Prämienabgabe auf allen Clearingauszahlungen anzuordnen. Diese Abgabe, die bis auf weiteres 12 vom Hundert beträgt, wird gemäss Bundesratsbeschluss vom 29. Dezember 1943 und Verfügung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 12. Februar 1944 durch die Schweizerische Verrechnungsstelle erhoben und zur Ausrichtung von Preisüberbrückungszuschüssen (Prämien) auf preislich sonst nicht möglichen Wareneinfuhren aus Frankreich verwendet. Die Höhe der den Importeuren zu vergütenden Prämie ist verschieden, je nach den in Frage kommenden Waren.

Auf Grund einer mit der französischen Regierung getroffenen Vereinbarung werden Regiespesen (Beiträge der Tochterunternehmungen in Frankreich an die Verwaltungsunkosten des Haupt«itzes in der Schweiz) inskünftig über Clearing transferiert.

i c. Dänemark.

Am 15. November 1943 wurde in Bern eine Zusatzvereinbarung zum Abkommen vom 19. August 1943 über den Warenverkehr zwischen der Schweiz und Dänemark unterzeichnet. Mit diesem Zusatzabkommen konnte für die Schweiz eine Reihe von versorgungswichtigen landwirtschaftlichen Produkten gesichert werden, was auch eine Steigerung unserer Lieferungen ermöglichte.

Durch eine Vereinbarung vom 15. Februar 1944 wurde der gegenseitige Warenverkehr im ersten Halbjahr 1944 geregelt. Es ist in Aussicht genommen, auch hiezu eine Zusatzvereinbarung zu treffen. An der Regelung über den Zahlungsverkehr wurde nichts geändert.

d. Finnland.

Im Verkehr mit Finnland sind in bezug auf den Zahlungsverkehr keine Änderungen eingetreten. Am 15. Dezember 1943 wurde ein neues Abkommen über den finnisch-schweizerischen Warenaustausch im Jahre 1944 unterzeichnet.

Die neue Vereinbarung hält die Struktur der gegenseitigen Lieferungen in der früheren Vertragsperiode ungefähr aufrecht unter Anpassung des Volumens des Warenaustausches an die vorhandenen Geschäftsmöglichkeiten.

e. Slowakei.

Der mit dem Protokoll vom 20. Juli 1943 für das zweite Halbjahr 1943 geregelte Waren- und Zahlungsverkehr mit der Slowakei nahm im allgemeinen

176 weiterhin eine günstige Entwicklung, indem die Einfuhr aus diesem Land und vor allem die Ausfuhr dorthin sich neuerdings erhöhten. Es besteht nach wie vor eine ansehnliche Clearingspitze zugunsten der Slowakei.

Im einzelnen verlief die Entwicklung des Warenverkehrs jedoch ziemlich ungleichmässig. So stiess der Bezug verschiedener slowakischer Waren wegen zu hoher Preise auf vermehrte Schwierigkeiten, deren Überbrückung nur durch eine zusätzliche Inanspruchnahme der im Prämienfonds verfügbaren Mittel möglich war.

Auch bei der schweizerischen Ausfuhr nach der Slowakei haben sich die an das Protokoll vom 20. Juli 1943 geknüpften Erwartungen nicht überall erfüllt. Dies gilt vor allem für das Textilgebiet. Eine ganze Eeihe der vereinbarten Kontingente konnte nicht ausgenützt werden, da die slowakischen Einfuhrbewilligungen ausserordentlich schwer erhältlich waren. Die Bemühungen, die slowakischen Behörden zu einer entgegenkommenderen Haltung zu bewegen, brachten bis jetzt keine fühlbare Besserung.

Auf dem Gebiete des Zahlungsverkehrs sind keine Änderungen zu verzeichnen.

Da die Gültigkeitsdauer der Kontingentsvereinbarungen vom 20. Juli 1943 mit dem Ende des Jahres ablief, waren für den Januar 1944 Verhandlungen über eine neue Eegelung vorgesehen. Wegen anderweitiger Inanspruchnahme der beiden Delegationen mussten diese jedoch auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Vorläufig wurde das Protokoll vom 20. Juli 1943 mit den nötigen Anpassungen und Ergänzungen bis zum 30. Juni 1944 verlängert, womit der Umfang des beiderseitigen Warenverkehrs bis dahin ungefähr im bisherigen Ausmasse sichergestellt sein dürfte.

î. Italien.

Die Entwicklung der Verhältnisse in Italien nach dem mit den Alliierten am 9. September 1943 abgeschlossenen Waffenstillstand brachte auch für unsere wirtschaftlichen Beziehungen mit diesem Lande eine vollkommen neue Situation.

Das A^olumen der italienischen Ausfuhr nach der Schweiz schmolz nach den Ereignissen des Septembers rapid zusammen. In den vergangenen Monaten kamen in der Hauptsache nur solche italienische Waren in die Schweiz, welche schon früher bezahlt worden waren oder den Besetzungsbehörden kein besonderes Interesse boten. Im weitern war es nur im Eahmen von Kompensationsgeschäften möglich, in ganz bescheidenem Ausmass interessante Güter aus Italien zu
erhalten. Unser Export nach dem südlichen Nachbarland kam angesichts der Unsicherheit im Zahlungsverkehr praktisch zum Stillstand.

Die Clearingrückstände, auf deren bedenkliches Ansteigen wir schon in unserem letzten Bericht hinweisen mussten, konnten bei dieser Sachlage natürlich nicht vermindert werden, und es war notwendig, zum Schutze der schweizerischen Gläubiger besondere Massnahmen zu ergreifen. So verfügten wir

177 am 1. Oktober 1943 für sämtliche Zahlungen nach Italien die Einzahlungspflicht an die Schweizerische Nationalbank, sowie die Verfügungssperre über die italienischen Vermögenswerte in der Schweiz.

Mit Bücksicht auf die vollständig ungenügend gewordenen Einzahlungen auf das Clearingkonto sahen ïùr un? ausserdem veranlagst, mit Wirkung ab 8. September 1943 die im zweiten Zusatzabkommen vom 22. November 1942 zum Clearingvertrag vorgesehene Vorwegnahme einer Summe von monatlich 4,2 Millionen Franken zur Verwendung gemäss besonderen Vereinbarungen zwischen den beiden Begierungen bis auf weiteres zu sistieren.

Die Schweizerische Verrechnungsstelle in Zürich musste angesichts der zusammengeschrumpften Disponibilitäten den regulären Auszahlungsdienst einstellen. Angesichts der unklaren Verhältnisse in Italien können wir auch keine Zahlungsaufträge mehr an die italienische Verrechnungsstelle weiterleiten. Im Bahmen.der noch vorhandenen gültigen Zahlungsaufträge erfolgen anlasten der einzelnen Konten, nach Massgabe der vorhandenen Disponibilitäten, nur noch Auszahlungen in sogenannten Härtefällen, und zwar auf Grund unseres Beschlusses vom 12. Oktober 1943 betreffend die Abüiiderung des Bundesratsbeschlusscs vorn 28. Juni 1935 über die Zulassung von Warenforderungen zum Zahlungsverkehr mit dem Ausland, womit die Handelsabteilung grundsätzlich ermächtigt worden ist, von der chronologischen Beihenfolgé der Zahlungsaufträge abweichende Vorschriften über die Auszahlungen aus Clearingkonten zu erlassen.

Die Neuregelung des Benezahlungsverkehrs mit Italien, von welcher im vorhergehenden Bericht die Bede wai. konnte sich bei den geschilderten Verhältnissen natürlich nicht mehr voll auswirken. Immerhin war es aber möglich, diesen Verkehr, dank dem Entgegenkommen der bis Jahresende in Born weiter tätigen italienischen Verrechnungsstelle, in gewissem Umfange aufrechtzuerhalten. Die Auszahlung der Beisekreclitdokurnente in der Schweiz erfolgt ebenfalls nach Härtefallkriterien.

Hinsichtlich der künftigen Entwicklung unserer wirtschaftlichen Beziehungen mit Italien lässt sich nichts voraussagen.

g. Ungarn.

Infolge des Ablaufes der Geltungsdauer des bisherigen Abkommens über den Waren- und Zahlungsverkehr mit Ungarn sowie seiner ergänzenden Vereinbarungen am 30. September 1948 musste das Vertragsverhältnis neu
geregelt werden. Die zu diesem Zweck Ende September in Budapest aufgenommenen Verhandlungen führten am 20. Oktober 1943 zur Unterzeichnung eines neuen Protokolls zum Abkommen vom 11. Oktober 1941 über den gegenseitigen Waren- und Zahlungsverkehr. Die bisherigen Vereinbarungen wurden im wesentlichen unverändert um ein weiteres Jahr verlängert.

Mit Bezug auf den Warenverkehr wurden die historisch begründeten Ergebnisse der früheren Verhandlungen beibehalten mit der erforderlichen Anpassung an die neuen Verhältnisse und Bedürfnisse.

Bundesblatt. 96. Jahrg. Bd. I.

U

178 Für die Schweiz handelte es sich vor allem darum, durch eine Steigerung der künftigen ungarischen Lieferungen dem Zahlungsverkehr vermehrte Mittel zu verschaffen und damit die eigene Ausfuhr zu fördern. Die von Ungarn in dieser Beziehung gewährten Zugeständnisse umfassen verschiedene für die schweizerische Landesversorgung wertvolle Produkte. Die grösste Bedeutung kommt der Wiederaufnahme der ungarischen Getreidelieferungen zu, nachdem diese bekanntlich seit längerer Zeit ausgeblieben waren.

Leider wird der Export aus Ungarn nach der Schweiz stark behindert durch die überaus hohen Preise der meisten ungarischen Waren. Um die Lieferungen dennoch zustande zu bringen, waren verschiedentlich ungarischerseits Preisüberbrückungsmassnahmen erforderlich. Auch das Transportproblem verursachte Schwierigkeiten und Verzögerungen in der Abwicklung grösserer Lieferungen.

In der schweizerischen Ausfuhr nach Ungarn wurde weitgehend, soweit es die bestehenden Ausfuhrvorschriften und die eigene Versorgungslage zuliessen, den ungarischen Bezugswünschen entsprochen. Die grosse Nachfrage nach schweizerischen Waren machte jedoch angesichts der beschränkten Mittel im Zahlungsverkehr die Beibehaltung der vorsorglichen zahlungsmässigen Ausfuhrkontingentierung unumgänglich.

Das System des Zahlungsverkehrs erfuhr keine grundsätzliche Änderung.

Lediglich über einige Einzelfragen kam es zu ergänzenden Vereinbarungen.

Gewisse Verbesserungen wurden im Versicherungszahlungsverkehr erzielt.

Schliesslich konnte auch die Weiterbedienung des ungarischen Finanzschuldendienstes gegenüber der Schweiz auf grundsätzlich gleicher Basis wie bisher sichergestellt werden.

h. Rumänien.

Auf Grund des Abkommens vom 19, April 1943 liess sich der Warenund Zahlungsverkehr zwischen den beiden Ländern bisher in angemessenem Eahmen aufrechterhalten. Immerhin stellten sich dem gegenseitigen Güteraustausch in verschiedenen Sektoren eine Eeihe zeitbedingter Schwierigkeiten entgegen, die laufend besonderer Überwachung bedurften. Die Preisentwicklung in Eumänien wirkt sich nach wie vor erschwerend auf die schweizerischen Bezüge verschiedener rumänischer Produkte aus, deren Preise oft auch nicht mit Hilfe der im Verkehr mit Eumänien schweizerischerseits zur Erhebung gelangenden Ausgleichsabgabe (Prämie) auf ein tragbares Mass herabgesetzt werden
konnten. Anderseits waren auch einer unbegrenzten Entwicklung der schweizerischen Ausfuhr nach Eumänien durch die im Gebiete der Überwachung der Ein- und Ausfuhr getroffene Eegelung gewisse Schranken gesetzt, über die mit den zuständigen rumänischen Begierungsstellen Fühlung genommen wurde. Die Entwicklung der internationalen Lage brachte auch zunehmende Transporthemmnisse mit sich, die ebenfalls zu besonderen Verhandlungen mit den massgebenden Behörden des in Betracht fallenden Transitlandes Anlass gaben.

179 i. Kroatien.

Unter dem Abkommen vom 19. März 1943 haben sich die Handelsbeziehungen zu Kroatien anfänglich recht günstig entwickelt, zumal die Transportmöglichkeiten auf den Südrouten voll ausgenützt werden konnten. Mit dem Ausfall Italiens als Transitland entstanden jedoch erneut Schwierigkeiten.

Diese konnten durch direkte Fühlungnahme mit den zuständigen Stellen teilweise behoben werden. Ebenso sind durch Besprechungen zwischen einer kroatischen und einer schweizerischen Kommission, die im Februar dieses Jahres stattgefunden haben, gewisse Fragen der technischen Durchführung des Abkommens bereinigt worden, so dass bis auf weiteres mit einem, wenn auch bescheidenen Warenaustausch zwischeii den beiden Ländern sollte gerechnet werden können.

k. Türkei.

Die Durchführung des in unserem XXVI. Bericht besprochenen Protokolls vom 9. Dezember 1942 betreffend den Warenaustausch zwischen der Schweiz und der Türkei stösst auf schwerwiegende Hindernisse. Da die gemäss Protokoll der Schweiz zugestandene Aktivität von 5 Millionen Schweizerfranken zurzeit erreicht ist, bereitet die Finanzierung der in dem Protokoll vorgesehenen türkischen Lieferungen Schwierigkeiten. Um zu verhindern, dass diese Aktivität überschritten wird, erteilen die türkischen Behörden keine Ausfuhrlizenzen mehr nach der Schweiz. Dieses Vorgehen hat zur Folge, dass die schweizerischen Einzahlungen auf das im Protokoll vorgesehene Clearingkonto zusammenschrumpfen, dessen Alimentiemng durchaus ungenügend ist. Um einen Ausweg aus dieser Situation zu suchen, mussten durch Vermittlung unserer Gesandtschaft in Ankara erneute Besprechungen aufgenommen werden. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.

Immerhin ermöglichte das Abkommen vom 4. August 1943 den gegenseitigen Warenverkehr auf einem mit Bücksicht auf die Transportschwierigkeiten und die geographische Lage beider Länder relativ hohen Niveau zu halten.

1. Bulgarien.

In unserem XXVII. Bericht gaben wir der Hoffnung Ausdruck, dass es gelingen werde, den in Stocken geratenen Import bulgarischer Waren zu intensivieren und den Clearingausgleich wieder herzustellen. Leider ist auch in der Zwischenzeit im Clearingstaiid keine Besserung eingetreten, da in den vergangenen Monaten der Import bulgarischer Waren in die Schweiz weiterhin ganz unbedeutend blieb. Zu den bestehenden Schwierigkeiten, auf die Bulgarien bei der Belieferung unseres Landes stösst, gesellen sich in immer stärkerem Masse auch Schwierigkeiten transporttechnischer Natur, die nur teilweise saisonbedingt sind.

Im Bestreben, die schweizerische Ausfuhr nach Bulgarien wiederum in Gang zu bringen -- hauptsächlich an Erzeugnissen unserer Textil-. Maschinen-

180 sowie der chemisch-pharmazeutischen Industrie besteht dort ein grosses Interesse --, sind die Bulgaren in letzter Zeit dazu übergegangen, die Durchführung vonPrivatkompensationen vorzuschlagen, wie sie gemäss Art.10 des schweizerischbulgarischen Clearingabkommens vom 22. November 1941 durch die zuständigen Stellen beider Länder in Ausnahmefällen im gegenseitigen Einvernehmen bewilligt werden können. Wohl hätte sich dadurch der gegenseitige Warenverkehr wieder etwas beleben lassen, indessen würden die schweizerischen Gläubiger, deren Forderungen bis dahin noch nicht ausbezahlt werden konnten, das Nachsehen gehabt haben, indem der Gegenwert der bulgarischen Lieferungen sofort wieder zur Bezahlung neuer schweizerischer Exporte nach Bulgarien beansprucht worden wäre. Um den Interessen der schweizerischen Gläubiger möglichst gerecht zu werden, kann daher die schweizerische Ausfuhr im Wege von Privatkompensationen nur unter gewissen Bedingungen zugelassen werden, nämlich dann, wenn mindesten 50 % des Gegenwertes der bulgarischen Lieferungen für den Clearing zur Abtragung des Saldos abgezweigt werden können und der Best, nach Abzug einer allfälligen Quote in freien Devisen, die der Bulgarischen Nationalbank gemäss der Bulgarischen Allgemeinen Verordnung über die Ein- und Ausfuhr eingeräumt werden muss, für die Bezahlung des schweizerischen Exportes ausreicht. Die bulgarischen Behörden haben sich mit dieser vorläufigen Begelung, die bis zur Normalisierung des Clearings Anwendung finden soll, einverstanden erklärt.

Im übrigen stehen wir teils direkt, teils durch Vermittlung unserer Gesandtschaft in Sofia in ständiger Fühlungnahme mit den bulgarischen Behörden, um Mittel und Wege zu prüfen, die allenfalls geeignet sind, in noch wirksamerer Weise zur Abtragung des bestehenden Clearingsaldos beizusteuern.

m. Spanien.

Das Clearingabkommen vom 16. März 1940 wurde am 4. Dezember 1943 neuerdings durch Zusatzvereinbarungen ergänzt. Sie regeln den Austausch der von beiden Seiten als besonders wichtig erachteten Warenkategorien für das vom 1. Oktober 1943 bis 31. März 1944 laufende Vertragssemester.

Gleichzeitig gelang es, die Liste der spanischen Einfuhrkontingente für schweizerische Waren, insbesondere für Stickereien, Gewebe, Uhren und pharmazeutische Spezialitäten, wesentlich zu erweitern.

Die erwähnten
Abkommen sehen ferner den vollen Transfer der Kapitalerträgnisse für das Jahr 1944 vor, sowie die sofortige Überweisung des Bestes der noch rückständigen Warenforderungen und einer zweiten Quote von 20 % auf den rückständigen Finanzforderungen.

181

Bis Ende Januar 1944 sind worden Davon entfallen: auf den Verrechnungsverkehr mit auf den Verrechnungsverkehr mit auf den Verrechnungsverkehr mit

im Clearingverkehr insgesamt ausbezahlt ". . . . Fr. 7 589 874 473.89 Deutschland. . . .

Italien andern Staaten . .

» 4460407964.96 » 1340148330.63 » l 789 318 178.30

Gestützt auf unsere Ausführungen beantragen wir Ihnen. Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschließen, dass sie TV eiter in Kraft bleiben sollen.

Genehmigen Sie. Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 9. März 1944.

Ina Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Stampli.

6013

Der Bundeskanzler:

Leimgruber

182

Beilagen.

1. Drittes Zusatzabkommen vom I.Oktober 1943 zum Abkommen vom 9. August 1940 über den deutsch-schweizerischen Verrechnungsverkehr.

2. Briefwechsel vom 81. Dezember 1943 über die Verlängerung des Abkommens über den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr.

3. Briefwechsel vom I.Februar 1944 über die Verlängerung des Abkommens über den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr.

4. Briefwechsel vom 15. Februar 1944 über die Verlängerung des Abkommens über den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr.

5. Bundesratsbeschluss vom 29. Dezember 1943 über den Zahlungsverkehr mit Frankreich.

6. Bundesratsbeschluss vom 1. Oktober 1943 über die vorläufige Eegelung des Zahlungsverkehrs mit Italien.

7. Bundesratsbeschluss vom 12. Oktober 1943 betreffend die Abänderung des Bundesratsbeschlusses über die Zulassung von Warenforderungen zum Zahlungsverkehr mit dem Ausland.

8. Protokoll vom 20. Oktober 1943 zum Abkommen über den Waren- und Zahlungsverkehr zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Ungarn, vom 11. Oktober 1941.

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Beilage 1.

Drittes Zusatzabkommen Abkommen vom 9. August 1940 über den deutsch-schweizerischen Verrechnungsverkehr.

Abgeschlossen in Bern am 1. Oktober 1943.

Datum des provisorischen Inkrafttretens: I.Oktober 1943.

Artikel I.

Das Abkommen vom 9. August 1940 über den deutsch-schweizerischen Verrechnungsverkehr in der Fassung des Musatzabkommens vom 18. Juli 1941 -- das von den vertragschliessenden Parteien auch in der Zeit vom 16. Januar 1943 bis zum 31. Juli 1943 autonom weiter angewendet worden ist -- bleibt für die Zeit vom 1. August 1943 bis einschliesslich 31. Dezember 1943 mit folgenden Änderungen weiter in Kraft: 1. Dem Konto landwirtschaftliche Erzeugnisse werden mit Wirkung ab 1. August 1943 ausschliesslich die bei der Schweizerischen Nationalbank erfolgenden Einzahlungen für deutsche landwirtschaftliche Erzeugnisse der schweizerischen Tarifnummern l--18, 23 b, 45, 45 a, 53, 57 a, 67, 68 b, 103, 103 b, 114 o--b, 117 a1--b2, 119 b, 125, 166, 203, 205, 208 a1--210, 211 a--b, 220 und 978 gutgeschrieben. Die auf Grund von Artikel V des Abkommens vom 9. August 1940 über den deutsch-schweizerischen Verrechnungsverkehr in der Fassung des Zusatzabkommens vom 18. Juli 1941 dem Konto landwirtschaftliche Erzeugnisse bisher gutgeschriebene Quote von 4 % der Einzahlungen wird ab 1. August 1943 dem Warenkonto zugeführt.

2. Von der auf Grund von Artikel V. Abschnitt A, Ziffer l, des Abkommens vom 9. August 1940 über den deutsch-schweizerischen Verrechnungsverkehr in der Fassung vom 18. Juli 1941 aus don monatlich erfolgenden Einzahlungen bei der Schweizerischen Nationalbank ausgeschiedenen Summe von 2,8 Millionen Schweizerfranken monatlich werden bis auf weiteres 2 000 000 Schweizerfranken dem Reiseverkehrskonto gutgeschrieben. Der verbleibende Betrag von 800 000 Schweizerfranken wird dem Warenkonto zugeführt. Dementsprechend werden in dem zweiten Absatz die Zahl 1,3 abgeändert in 0,8 und die Worte «Konto landwirtschaftliche Erzeugnisse» in «Warenkonto».

Artikel II.

Dieses Abkommen soll ratifiziert werden und tritt am 15. Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden, der in Berlin stattfinden soll, in Kraft.

Die vertragschliessenden Teile werden es jedoch vor der Ratifikation vom Tage der Unterzeichnung an rückwirkend vorläufig anwenden.

184 Beilage 2.

Albkommen über

den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr.

Der Vorsitzende der schweizerischen und der Vorsitzende der deutschen Verhandlungsdelegation haben am 31. Dezember 1943 Briefe ausgetauscht über die Verlängerung des Abkommens betreffend den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr vom 9. August 1940 in der Fassung vom 1. Oktober 1943.

Der Wortlaut des schweizerischen Briefes, der inhaltlich mit dem deutschen übereinstimmt, ist folgender: «Herr Vorsitzender!

Hiermit beehre ich mich, Ihnen zu bestätigen, dass zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Deutschen Regierung Einverständnis darüber erzielt worden ist, das Abkommen über den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr vom 9. August 1940, in der Fassung des Dritten Zusatzabkommens vom 1. Oktober 1943, bis zum 81. Januar 1944 zu verlangern.

Genehmigen Sie, Herr Vorsitzender, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.» 4417

---SE«-

185 Beilage 3.

Abkommen über

den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr,

Der Vorsitzende der schweizerischen und der Vorsitzende der deutschen Verhandlungsdelegation haben am 1. Februar 1944 Briefe ausgetauscht über die Verlängerung des Abkommens betreffend den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr vom 9. August 1940 in der Fassung vom I.Oktober 1943. Der Wortlaut des schM eizerischen Briefes, der inhaltlich mit dem deutschen übereinstimmt, ist folgender: «Herr Vorsitzender.

Hiermit beehre ich mich. Ihnen zu bestätigen, dass zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Deutschen Eegiemng Einverständnis darüber erzielt worden ist, das Abkommen über den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr vom 9. August 1940, in der Fassung des Dritten Zusatzabkommens vom 1. Oktober 1943. bis zum 15. Februar 1944 zu verlängern.

Genehmigen Sie, Herr Vorsitzender, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.»

186 Beilage 4.

Abkommen über

den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr.

Der Vorsitzende der schweizerischen und der Vorsitzende der deutschen Verhandlungsdelegation haben am 15. Februar 1944 Briefe ausgetauscht über eine weitere Verlängerung des Abkommens betreffend den schweizerischdeutschen Verrechnungsverkehr vom 9. August 1940, in der Fassung vom 1. Oktober 1943. Der Wortlaut des schweizerischen Briefes, der inhaltlich mit dem deutschen übereinstimmt, ist folgender: «Herr Vorsitzender, Hiermit beehre ich mich, Ihnen zu bestätigen, dass zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Deutschen Eegierung Einverständnis darüber erzielt worden ist, das Abkommen über den schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr vom 9. August \ 940, in der Fassung des Dritten Zusatzabkommens vom 1. Oktober 1943, bis zum 29. Februar 1944 zu verlangern.

Genehmigen Sie, Herr Vorsitzender, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.»

187 Beilaqe 5.

Bimdesratsbeschluss über

den Zahlungsverkehr mit Frankreich.

(Vom 29. Dezember 1943.)

Der schweizerische B u n d e s r a t beschliesst : Art. 1.

Dem Art. 12 des Bundesratsbeschlusses vom 13. November 1940 *) über die Bezahlung von Waren, Nebenkosten und anderen gleichgestellten Verbindlichkeiten im Verkehr zwischen der Schweiz und Frankreich werden folgende Bestimmungen als Abs. 2 beigefügt : Art. 12, Abs. 2. Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement wird ermächtigt, die Zulassung von Forderungen zum Zahlungsverkehr mit Frankreich von besonderen Bedingungen abhangig zu machen. Diese Ermächtigung gilt auch für die Auszahlung von Forderungen, deren Clearingberechtigung nach den bisher geltenden Bestimmungen bereits anerkannt wurde.

Art. 2.

Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 1944 in Kraft.

*) A S. 56, 1799 4393

188 Beilage 6.

ßundesratsfoeschluss über

die vorläufige Regelung des Zahlungsverkehrs mit Italien.

(Vom 1. Oktober 1943.)

Der schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf den Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933/22. Juni 1939 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland im Sinne einer vorsorglichen Verfügung, beschliosst :

Art. 1.

Sämtliche Zahlungen, die von in der Schweiz domiziiierten natürlichen oder juristischen Personen direkt oder indirekt an natürliche oder juristische Personen geleistet werden, welche ihren Wohnsitz oder ihren Sitz oder den Ort der geschäftlichen Leitung in Italien haben oder am 8. September 1943 hatten, dürfen nur durch Einzahlung an die Schweizerische Nationalbank erfolgen.

Art. 2.

Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind: a. Zahlungen im kleinen Grenzverkehr einschliesslich Zahlungen für Löhne, Gehälter, Buhegehälter, Honorare und dergleichen, welche von den im schweizerischen Grenzgebiet wohnenden Personen an die im italienischen Grenzgebiet wohnenden Personen zu leisten sind; &. Zahlungen, die mit Zustimmung der Schweizerischen Verrechnungsstelle in anderer Weise erledigt werden.

Art. 3.

Zahlungen für in die Schweiz eingeführte oder einzuführende Waren mit Ursprung in Italien sind auch an die Schweizerische Nationalbank zu leisten, wenn die Waren über ein Drittland oder durch einen nicht in Italien domiziiierten Zwischenhändler geliefert werden, desgleichen dann, wenn die Forderungen von einer nicht in Italien domiziiierten Person geltend gemacht werden.

189

Art. 4.

Die Verfugung über Vermögenswerte irgendwelcher Art (Guthaben, insbesondere Konten in Schweizer- oder ausländischer Währung, Wertpapiere, Beteiligungen aller Art. Immobilien usw.), die für Rechnung oder zugunsten von natürlichen oder juristischen Personen, die ihren Wohnsitz oder Sitz oder Ort der geschäftlichen Leitung in [tauen haben oder am S. September 1943 hatten, in der Schweiz liegen oder verwaltet werden, darf vorbehaltlich von Art. 5 nur mit Genehmigung der Schweizerischen Verrechnungsstelle erfolgen.

Diese Bestimmung findet auch Anwendung auf die in der Schw eiz liegenden oder verwalteten Vermögenswerte von juristischen Personen oder Vermögensverwaltungen mit Sitz oder Ort der geschäftlichen Leitung in der Schweiz, an welchen natürliche oder juristische Personen maßgebend interessiert sind, die ihren Wohnsitz oder Sitz oder Ort der geschäftlichen Leitung in Italien haben oder am 8. September 1948 hatten.

Art. 5.

Die Veräusserung der in Art. 4 genannten Vermögenswerte ist ohne Genehmigung zulässig. Über den Gegenwert kann jedoch ohne Genehmigung nur zum Zwecke der Wiederanlage in Vermögenswerte, die Auf die bisherige oder auf schweizerische Währung lauten, oder in schweizerische Immobilien oder zum Zwecke der Einzahlung an die Schweizerische Nationalbank verfügt werden.

Pfandrechte schweizerischer Glaubiger an d. u in Art. 4 genannten Vermögenswerten können ohne Genehmigung vollstrec kt werden. Ein sich aus der Verwertung des Pfandgegenstandes ergebender Überschuss über die pfaudversicherten Forderungen ist, soweit er dein Schuldner oder einem in Italien domizilierten Gläubiger zufällt, gemäss Art. l an die Schweizerische Nationalbank einzuzahlen.

Dasselbe gilt für sämtliche Zahlungen als Folge eines in der Schweiz durchgeführten ' Betreibungs- oder Konkursverfahrens, wenn der Berechtigte seinen Wohnsitz, Sitz oder Ort der geschäftlichen Leitung in Italien bat.

Art. 6.

Wer über Vermögenswerte unter Missachtung der Bestimmungen von Art. 4 und 5 verfügt, ist verpflichtet, den von der Schweizerischen Verrechnungsstelle festzusetzenden Gegenwert der betreffenden Vermögenswerte au die Schweizerische Nationalbank einzuzahlen.

Art. 7.

Die Zahlungen an die Schweizerische Nationalbank können auch indirekt durch Vermittlung einer Bank oder der Post geleistet werden. Die Schweizerische Verrechnungsstelle bestimmt die Formalitäten, die bei der Einzahlung an die Schweizerische Nationalbank zu beobachten sind.

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Art. 8.

Zahlungen und Verfügungen, die entgegen den Bestimmungen dieses Bundesratsbeschlusses vorgenommen werden, entbinden nicht von der Einzahlungspflicht an die Schweizerische Nationalbank.

Art. 9.

Die eidgenössische Oberzolldirektion, die Generaldirektion der Post- und Telegraphenverwaltung und die schweizerischen Transportanstalten haben die erforderlichen Massnahmen anzuordnen, um bei der Sicherstellung der Einzahlungen an die Schweizerische Nationalbank mitzuwirken.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement wird ermächtigt, die zur Durchführung dieses Bundesratsbeschlusses erforderlichen Verfugungen zu erlassen.

Die Schweizerische Verrechnungsstelle wird ermächtigt, von jedermann die für die Abklärung des Tatbestandes, soweit er für die Durchführung dieses Bundesratsbeschlusses von Bedeutung sein kann, erforderliche Auskunft zu verlangen. Sie kann durch besondere sachverständige Beamte Bücherrevisionen und Warenkontrollen bei denjenigen Firmen und Personen vornehmen, die ihr gegenüber der Auskunftspflicht nicht oder nicht in genügender Weise nachkommen oder gegen die begründeter Verdacht besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen den vorliegenden Bundesratsbeschluss begangen haben.

Der Bundesratsbeschluss vom 31. Mai 1937 über die von der Schweizerischen Verrechnungsstelle zu erhebenden Gebühren und Kostenbeiträge, abgeändert durch den Bundesratsbeschluss vom 23. Juli 1940 über die Erhöhung der von der Schweizerischen Verrechnungsstelle zu erhebenden Auszahlungskommission, findet Anwendung.

Art. 10.

Wer auf eigene Rechnung oder als Stellvertreter oder Beauftragter einer in der Schweiz domizilierten natürlichen oder juristischen Person oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person eine unter diesen Bundesratsbeschluss fallende Zahlung anders als an die Schweizerische Nationalbank leistet, wer eine solche Zahlung, die er in der in Absatz l genannten Eigenschaft zuhanden des Begünstigten angenommen hat, nicht an die Schweizerische Nationalbank abführt, wer in der Schweiz eine solche Zahlung als Begünstigter oder Stellvertreter, Beauftragter oder Mitglied eines Organs zuhanden des Begünstigten annimmt, wer unter Missachtung der Bestimmungen von Art. 4 und 5 über Vermögenswerte verfügt, wer Verfügungen über Vermögenswerte, welche unter Missachtung der Bestimmungen von Art. 4
und 5 getroffen werden, ausführt, wer den vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement erlassenen Verfügungen zuwiderhandelt oder in irgendeiner Weise in der Schweiz die zur

191 Durchführung dieses Bundesratsbeschlusses getroffenen behördlichen Massnahmen hindert oder zu hindern versucht, wird mit Busse bis zu Fr. 10 000 oder Gefängnis bis zu 12 Monaten bestraft; die beiden Strafen können verbunden werden.

Die allgemeinen Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 finden Anwendung.

Strafbar ist auch die fahrlässige Handlung.

Art. 11.

Die Verfolgung und die Beurteilung der Widerhandlungen liegen den kantonalen Behörden ob, so^\ eit nicht der Bundesrat einzelne Fälle an das Bundesstrafgericht verweist.

Die Kantonsregierungen haben Gerichtsurteile, Finstellungsbeschlüsse und Strafbescheide der Verwaltungsbehörde sofort nach deren Erlass dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement mitzuteilen.

Art. 12.

"Unter «Italien» im Sinne des vorliegenden Bundesratsbeschlusses sind diejenigen Gebiete verstanden, für die der Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 1935/1. Juli 1940 über die Durchführung der mit Italien abgeschlossenen Vereinbarungen betreffend die Eegelung des gegenseitigen Zahlungsverkehrs Geltung hat.

Art. 13.

Art. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1935/1. Juli 1940 über die Durchführung des schweizerisch-italienischen Abkommens vom 3. Dezember 1935 betreffend die Eegelung des gegenseitigen Zahlungsverkehrs wird aufgehoben. Im übrigen bleiben die Bestimmungen dieses Bundesratsbeschlusses in Geltung, soweit sie nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen des vorliegenden Bundesratsbeschlusses stehen.

Art. 14.

Gemäss dem Zollunionsvertrag vom 29. März 1923 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein findet dieser Beschluss auch Anwendung auf das Gebiet des Fürstentums Liechtenstein.

Art. 15.

Dieser Beschluss tritt am 1. Oktober 1943 in Kraft.

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192 Beilage 7.

Bunde sratsbeschluss betreifend

die Abänderung des Bundesratsbeschlusses über die Zulassung von Warenforderungen zum Zahlungsverkehr mit dem Ausland.

(Vom

12. Oktober 1943.)

Der schweizerische Bundesrat, gestutzt auf den Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933/22. Juni 1939 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland, Beschliesst :

Art. 1.

Der Bundesratsbeschluss vom 28. Juni 1935 ") über die Zulassung von Warenforderungen zum Zahlungsverkehr mit dem Ausland wird ergänzt durch einen Artikel 3bis. welcher folgenden Wortlaut hat: Art. 3bis. Die Handelsabteilung des eidgenossischen Volkswirtschaftsdepartements kann Vorschriften aufstellen über dieReihenfolgee der Auszahlung clearingberechtigterForderungenn im Warenverkehr Diese Ermächtigung bezieht sich auch auf Zahlungen für Nebenkosten im Warenverkehr und verwandte Zahlungen.

Art. 2.

Dieser Bundesratsbeschluss tritt am 15. Oktober 1943 in Kraft.

*) A. S. 51, 495.

4258

193 Beilage 8.

Protokoll zum

Abkommen über den Waren- und Zahlungsverkehr zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Ungarn vom 11. Oktober 1941.

Abgeschlossen in Budapest am 20. Oktober 1943.

Datum des Inkrafttretens : 1. Oktober 1943.

Die Verhandlungen zwischen einer schweizerischen und einer ungarischen Delegation haben zu folgender Vereinbarung geführt: Artikel 1.

Das Protokoll vom 17. Oktober 1942 zum Abkommen über den Warenund Zahlungsverkehr zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Ungarn vom 11. Oktober 1941, sowie die beiden Briefwechsel vom 10. Februar und 29. Mai 1943 werden aufgehoben und ersetzt durch das heute unterzeichnete Protokoll.

Artikel 2.

Artikel 10 des Abkommens vom 11. Oktober 1941 wird durch folgende Bestimmung ersetzt: Das Abkommen vom 11. Oktober 1941 bleibt unter Vorbehalt der Genehmigung durch die beiden Begierungen zunächst bis zum 30. September 1944 in Geltung. Wird das Abkommen vom 11. Oktober 1941 nicht unter Einhaltung einer Frist von zwei Monaten erstmals auf den 30. September 1944 gekündigt, so verlängert sich seine Gültigkeit jeweilen um drei Monate.

Artikel 3.

Das vorliegende Protokoll, das einen integrierenden Bestandteil des Abkommens vom 11. Oktober 1941 bildet, tritt vorbehaltlich der Genehmigung durch die beiden Begierungen rückwirkend auf den 1. Oktober 1943 in Kraft.

Bundesblatt.

96. Jahrg.

Bd. I.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

XXVIII. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die gemäss Bundesbeschluss vom 14. Oktober 1933 erlassenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland. (Vom 9. März 1944.)

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Jahr

1944

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

06

Cahier Numero Geschäftsnummer

4493

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.03.1944

Date Data Seite

172-193

Page Pagina Ref. No

10 035 044

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