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Bundesblatt 96. Jahrgang.

Bern, den 23. November 1944.

Band I.

Erscheint in der Segel alle 14 Tage. Preis HO Franken im Jahr, IO Franken im Haltjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellangsgeitthr.

EinrìtcJcnngsgetnhr; 50 Eappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. in Bern.

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Bericht des

Bandesrates an die Bundesversammlung über die Standesinitiative des Kantons Solothurn betreffend Landesplanungsmassnahmen.

(Vom 7. November 1944.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über das Initiativbegehren des Kantons Solothurn betreffend Landesplanungsmassnahmen Bericht zu erstatten.

I.

Auf dem Wege der Initiative gernäss Art. 98, Abs. 2, der Bundesverfassung richtet der Kanton Solothurn auf Grund eines Beschlusses seines Kantonsrates vom 27. Mai 1943 an die eidgenössischen Eäte das Begehren : Es seien «einheitliche und verbindliche Grundlagen zu schaffen für ein gesamtschweizerisches Verkehrsnetz, welches die interkantonalen Eisenbahn-, Schiffahrts-, Flug- und Strassenverkehrsanlagen und die elektrischen Kraftübertragungsanlagen umfasst».

Die Begründung dieses Begehrens und die näheren Darlegungen über seinen Gegenstand sind enthalten im «Bericht und Antrag des Eegierungsrates an den Kantonsrat von Solothurn über den Verwaltungsauftrag betreffend Förderung der Eegional- und Landesplanung und über ein entsprechendes Initiativbegehren an die eidgenössischen Eäte», vom 16. April 1943.

Daraus ist vorerst hinsichtlich der grundsätzlichen rechtspolitischen Einstellung, welche der Initiative zugrunde liegt, folgendes hervorzuheben: Eine Betätigung des Bundes in der Landesplanung, welche eine Eevision der Bundesverfassung zur Voraussetzung hat, wird nicht verlangt. Es wird anerkannt, dass gemäss der verfassungsmässigen Ausscheidung der Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen den letzteren auf wichtigen Gebieten der Landesplanung die Hauptaufgabe zufällt. Aber es wird die Auffassung vertreten, dass eine [umfassende Förderung der Landes- und Eegionalplanung durch die Kantone Bundeablatt. 96. Jahrg. Bd. I.

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1302 die Festlegung eines gesamtschweizerischen Verkehrsnetzes durch den Bund zur Voraussetzung habe. Eine eidgenössische Verkehrsplanung sei notwendig und lasse sich durchführen, ohne dass es dazu einer zentralistischen Landesplanungsgesetzgebung bedürfe.

Im übrigen lässt sich der Inhalt des Berichtes des solothurnischen Begierungsrates, soweit er sich auf die Initiative bezieht, in folgende Hauptpunkte zusammenfassen : 1. Die Grundlage für ein gesamtschweizerisches Verkehrsnetz im Sinne des Initiativbegehrens soll in einem Programm bestehen, dessen Ausarbeitung von den eidgenössischen Eäten beschlossen werden möge.

2. Dieses Programm soll die Werke des Eisenbahn-, Schiffahrts-, Luftund Strassenverkehrs umfassen, welche der Bund selber errichten wird und welche durch die Kantone und Gemeinden mit Unterstützung des Bundes erstellt werden.

3. Das Programm hat diese Werke räumlich derart festzulegen, dass es als Grundlage für die Eegional- und Landesplanung in den Kantonen dienen kann, und hat die Bauausführung nach den Bedingungen zu normieren, an welche die Ausrichtung von Bundesbeiträgen geknüpft ist.

4. Es sind Vorschriften zu erlassen, welche Gewähr bieten, dass die zuständigen Bundesbehörden ihre Kompetenzen zur Bestimmung des Standortes und der Ausführung von Verkehrsanlagen nach den Grundsätzen der Landesplanung ausüben, und zwar auch mit Bezug auf die elektrischen Kraftübertragungsleitungen .

5. Dem aufzustellenden Programm ist die Kraft der Eechtsverbindlichkeit zu verleihen.

Wir möchten betonen, dass diese Postulate nicht im Text des Initiativbegehrens formuliert sind, sondern sich uns aus dem Bericht des Begierungsrates an den Kantonsrat von Solothurn, also aus den Motiven des Initiativbegehrens, zu ergeben scheinen.

II.

Nach dem Text des Initiativbegehrens sollen die eidgenössischen Eäte «einheitliche und verbindliche Grundlagen schaffen für ein gesamtschweizerisches Verkehrsnetz, welches die interkantonalen Eisenbahn-, Schiffahrts-, Flug- und Strassenverkehrsanlagen und die elektrischen Kraftübertragungsleitungen umfasst». Worin diese Grundlagen bestehen sollen, kann, wie dies hievor geschehen ist, nur durch Analysierung des regierungsrätlichen Berichtes an den Kantonsrat ermittelt werden. Das Begehren als solches ist so allgemein gehalten, dass es lediglich als Einladung an den Bundesrat gelten kann, Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen. Wenn auch grundsätzlich die Frage aufgeworfen werden könnte, ob ein solches Begehren noch als Entwurf eines Beschlusses gelten kann, in welchem der Vorschlag (Initiative) gemäss Art. 93 der Bundesverfassung bestehen soll (vgl. Sie B u r c k h a r d t , Kommentar der

1303 Bundesverfassung, 3. Aufl., S. 721), glauben wir doch, darauf nicht näher eingehen zu müssen, da Sie in Ihrer bisherigen Praxis keinen Anstand genommen haben, auf Vorschläge von Kantonen in dieser allgemeinen Form einzutreten.

Dementsprechend sei im nachfolgenden dargelegt, unter welchen Gesichtspunkten dieses Begehren nach unserer Auffassung zu beurteilen ist und in welchem Sinne ihm zugestimmt werden könnte.

III.

1. Der Forderung des Kantons Solothurn, dass für die Bundesbehörden bei der Ausübung ihrer Kompetenzen in der Gestaltung des interkantonalen Verkehrsnetzes die Grundsätze der Landesplanung wegleitend sein sollen, kann zugestimmt werden. Der Bundesrat hat seine Anerkennung der Ziele der Landesplanung durch Unterstützung von Bestrebungen zur Förderung der Landesplanung mit Beiträgen und durch Mitwirkung in der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung bekundet. Er hat dem Gedanken der Landesplanung für einen wichtigen Tätigkeitsbereich des Bundes auch bereits rechtliche Geltung verliehen. In seinem Beschluss vom 29. Juli 1942 über die Eegelung der Arbeitsbeschaffung in der Kriegskrisenzeit ist die Aufstellung eines Gesamtplanes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorgesehen, welchem die ordentlichen und ausserordentlichen Arbeiten und Aufträge des Bundes, der Kantone, der Gemeinden, anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften sowie von Verbänden und Unternehmungen einzuordnen sind, wobei den G r u n d s ä t z e n der allgemeinen L a n d e s p l a n u n g nach Möglichkeit E e c h n u n g zu tragen ist (Art. 2 des Beschlusses). Der Delegierte des Bundesrats für Arbeitsbeschaffung ist auch zum Delegierten für Landesplanung ernannt worden. Auf dessen Initiative ist eine Koordinationskommission zur Überwachung der Verteilung der Arbeitsbeschaffungskredite auf dem Gebiete des Verkehrswesens geschaffen worden, welche im Sinne der Verkehrsplanung tätig ist.

Wir werden noch Gelegenheit haben, auf Bestimmungen der ordentlichen Gesetzgebung hinzuweisen, welche den Forderungen der Landesplanung weitgehend entsprechen, obwohl dieser Begriff bei ihrem Erlass noch nicht geprägt war. Dass die Grundsätze der Landesplanung innerhalb der bestehenden Kompetenzgrenzen und der dem Bunde zustehenden materiellen Befugnisse durch die Bundesbehörden nach Möglichkeit zur Geltung gebracht und in der Bechtsetzung beachtet werden, entspricht durchaus der Auffassung des Bundesrates.

2. Das Initiativbegehren des Kantons Solothurn kann nach den Ausführungen im Bericht des Begierungsrates nur dadurch erfüllt werden, dass ein verbindlicher Plan des interkantonalen Verkehrsnetzes durch den Bund festgesetzt wird. Es trifft zu, dass die Eouten des Durchgangsverkehrs zu Land, zu Wasser und in der Luft mit ihren mannigfachen Anlagen gewissermassen das feste Gerüst für die Landes- und Eegionalplanung der Kantone

1304 sollten bilden können und dass deren räumliche Festlegung nicht Aufgabe der einzelnen Kantone sein kann, sondern nur unter der Führung und entscheidenden Mitwirkung des Bundes durchgeführt werden kann. Eine umfassende Landes- und Eegionalplanung der Kantone setzt die eidgenössische Verkehrsplanung voraus. Solange diese fehlt, müssen sich die Kantone in den Landesgegenden, welche für Anlagen des interkantonalen oder internationalen Verkehrs, deren Standort nicht durch die Natur bestimmt ist, in Frage kommen, grösste Zurückhaltung in ihren Planungsmassnahmen auferlegen. Ihr Huf nach eidgenossischer Verkehrsplanung ist deshalb verständlich und in der Natur der Sache begründet. Eine sichere Grundlage der kantonalen Planung kann ein eidgenössischer Plan der Verkehrslinien und Verkehrsanlagen nur bilden, wenn die Gewahr besteht, dass er auch durchgesetzt wird. Deshalb geht das Begehren des Kantons Solothurn dahin, dass diesem Plan rechtsverbindliche Kraft verliehen werde.

3. Ob und wieweit diesem Begehren entsprochen werden kann, hängt von mannigfachen Voraussetzungen tatsächlicher und rechtlicher Natur ab.

Welche Verkehrslinien auszubauen seien, welche Verkehrsanlagen zu erstellen seien, welches ihr Standort sei und wie sie auszuführen seien, kann der Bund nur für die Gebiete bestimmen, welche die Bundesverfassung als Bundessache erklärt. In beschranktem Umfang steht ihm diese Befugnis auf Gebieten zu, welche seiner Oberaufsicht unterstellt sind. Ausserdem gibt ihm die Leistung von Bundesbeiträgen an den Bau von Verkehrsanlagen die Möglichkeit, Verkehrsraum- und Bauausführungspläne durchzusetzen, indem er von deren Einhaltung die Ausrichtung seiner Beiträge abhängig macht.

Endlich kann der Bund die Grundsätze der Landesplanung durchsetzen, wenn er selber Verkehrs anlagen erstellt.

Die Schwierigkeiten oder gar die Unmöglichkeit der Festsetzung eines Planes der Verkehrslinien und Verkehrsanlagen kann aber ebensosehr in den tatsächlichen Verhältnissen ihren Grund haben. Auch die Schweiz stellt nicht ein in sich geschlossenes Verkehrsgebiet dar. Wie die Kantone in ihrer Verkehrsplanung vom Bund, so ist der Bund von der internationalen Gestaltung der Verkehrsverhältnisse abhängig. Diese Abhängigkeit wirkt sich besonders auf den Gebieten der Schiffahrt und des Luftverkehrs entscheidend aus.

Man hat
sich ferner bewusst zu sein, dass die vom Bund geforderte Planung für die Landes- und Begionalplanung der Kantone nur dann eine sichere Grundlage sein kann, wenn durch sie nicht nur die Verkehrslinien in grossen Zügen, sondern auch die einzelnen Verkehrsanlagen, wie Bahnhöfe, See- und Flusshäfen, Flugplätze, nach Standort, räumlicher Ausdehnung und Bauausführung samt den Zufahrtswegen festgelegt werden. Eine solche Planung kann nur auf Grund von sorgfältig ausgearbeiteten Projekten durchgeführt werden.

Endlich darf nie ausser acht gelassen werden, dass ein solcher Verkehrsplan immer nur mit dem Vorbehalt aufgestellt werden kann, dass er auf Grund

1305 neuer internationaler Abkommen, neuer Verkehrsbedurfnisse und Projektverbesserungen den veränderten Verhältnissen muss angepasst werden können.

Die Eechtsverbindlichkeit des Planes muss dadurch notwendigerweise eine Abschwächung erfahren.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich die grundlegende Feststellung, dass ein verbindlicher Plan vom Bund nur aufgestellt werden kann für Verkehrsarten und Verkehrsanlagen, für welche sowohl die rechtlichen als auch die tatsächlichen Voraussetzungen, wie sie hievor umschrieben wurden, zutreffen.

Es müsste also für jedes Verkehrsgebiet untersucht werden, ob und wieweit diese Voraussetzungen erfüllt sind. Dies kann jedoch nicht die Aufgabe dieses Berichtes sein. Wir beschränken uns deshalb darauf, Ihnen einige kurze Hinweise zu unterbreiten.

4. a. Eisenbahnwesen.

Die Gesetzgebung über den Bau und Betrieb der Bisenbahnen ist Bundessache (Art. 26 der Bundesverfassung). Von dieser Kompetenz hat der Bund in einer umfangreichen Gesetzgebung Gebrauch gemacht. Durch die Verstaatlichung des Haupteisenbahnnetzes und dessen Ausbau hat der Bund seine eigenen Bahnen erhalten, deren Betrieb und weiterer Ausbau in seiner Befugnis steht, so dass rechtliche Hindernisse für die Aufstellung eines dafür massgebenden Planes nicht bestehen. Durch die Eisenbahngesetzgebung sind auch die übrigen Bahnen unter Einschluss von Standseilbahnen, Strassenbahnen und Trolleybus einer weitgehenden Aufsicht des Bundes unterstellt worden. Für den Bau ist in jedem einzelnen Fall eine Konzession des Bundes erforderlich, der Bauplan in seiner Gesamtheit sowie in den Einzelheiten unterliegt der Genehmigung des Bundesrates. Wenn das Gesetz die Berücksichtigung anderer als der Verkehrs- und Landesverteidigungsinteressen im Plangenehmigungsverfahren auch nicht ausdrücklich vorschreibt, so ist doch die Berücksichtigung anderer Interessen, welche nach den Grundsätzen der Landesplanung notwendig ist, nicht ausgeschlossen, so dass auch hier die rechtlichen Voraussetzungen der Planung gegeben sind, wobei allerdings die wichtige Einschränkung zu machen ist, dass für die Bundesbehörden nicht die Aufstellung eines allgemeinen Planes für den Bau und Ausbau von Privatbahnen in Frage kommen kann, sondern nur die Durchsetzung von Grundsätzen der Landesplanung von Fall zu Fall im Konzessions- und
Plangenehmigungsverfahren. Frei von dieser Einschränkung ist nur die Planung von Anlagen der Bundesbahnen. Unter den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen kann es sich hier jedoch nicht mehr um die Planung neuer Verkehrslinien in erheblichem Unifang handeln, sondern nur um die Planung des Ausbaues bestehender Linien. Diese ist denn auch bereits weitgehend durchgeführt worden, und zwar durchaus nicht bloss unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsbeschaffung, wenn auch im Zusammenhang mit dieser.

Für die Landes- und Eegionalplanung der Kantone sind jedoch auch Bauten von mehr lokaler Bedeutung wichtig, wie die Verlegung von Linien

1306 auf kurze Strecken und die Erweiterung oder Verlegung von Bahnhöfen und anderen Anlagen der S. B. B. Dafür können Pläne indessen nur aufgestellt werden, wenn wenigstens generelle Projekte ausgearbeitet sind. Zudem müsste am Vorbehalt künftiger Abänderungen festgehalten werden. Die Planung könnte deshalb nur darin bestehen, dass für solche Bauten ein vorläufiges Programm nach den Grundsätzen der Landesplanung aufgestellt und den interessierten Behörden der Kantone zur Kenntnis gebracht würde.

b. Die Schiffahrt.

Die Gesetzgebung über die Schiffahrt ist Bundessache (Art. 24ter). Diese Kompetenz ist vom Bunde jedoch bis heute nicht in umfassender Weise ausgeübt worden. Wohl hat der Bund die Schiffahrtsinteressen in der Wasserrechtsgesetzgebung sorgfältig gewahrt und sich im Bundesgesetz vom 28. September 1923 über die Einführung des Schiffsregisters vorbehalten, «alle zum Betrieb der Schiffahrt erforderlichen, durch internationale Verträge oder das internationale Becht im allgemeinen bedingten öffentlich-rechtlichen Vorschriften aufzustellen». Aber das in dieser Bestimmung erwähnte Bundesgesetz über die öffentlich-rechtlichen Verhältnisse der Schiffahrt ist noch nicht erlassen worden. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass die binnenschweizerischen Verbindungen die internationalen voraussetzen und die letzteren noch nicht genügend geklärt sind. Es dürfte ohne weiteres klar sein, dass es aus diesem Grunde verfrüht wäre, den Plan für die schweizerischen Verkehrslinien und Anlagen der Schiffahrt verbindlich festzulegen. Auch auf diesem Gebiet müssen der Verbindlicherklärung eines Ausbauplanes eingehende Projektstudien vorangehen. Im gegenwärtigen Zeitpunkt besteht die Aufgabe des Bundes in erster Linie darin, die Projektierungsarbeiten auch an den im Innern des Landes liegenden Gewässerstrecken unter Einschluss der neu zu schaffenden Schiffahrtswege (Kanalstrecken) weiterzuführen. Dabei soll den Anforderungen der Landesplanung mit aller Sorgfalt Rechnung getragen werden. Nur auf dieser Grundlage wird es möglich sein, die gesetzliche Regelung in Ausführung von Art. 24ter der Bundesverfassung zu treffen und in ihrem Rahmen die verbindliche Planung der Schiffahrtswege und Hafenanlagen durchzuführen, wenn und soweit die internationalen Schiffahrtsfragen die erforderliche Abklärung erfahren haben. Die
Schweiz muss vor allem bereit sein, wenn sich international die Gelegenheit bietet, weitere Anschlüsse vom Meer her zu finden.

c. Der Luftverkehr.

Die Gesetzgebung über die Luftschiffahrt ist Sache des Bundes (Art.37ter der Bundesverfassung). Auf diesem Gebiet hat der Bundesrat jedoch schon vor dem Inkrafttreten des Verfassungsartikels auf Grund seiner ausserordentlichen Vollmachten im Jahre 1920 seinen Beschluss betreffend die Ordnung des Luftverkehrs in der Schweiz erlassen, welcher heute noch in Kraft steht.

Innert kurzer Zeit wird dieser Beschluss ersetzt werden durch ein Bundesgesetz über die Luftfahrt, zu welchem ein von einer Expertenkommission durch-

1307 beratener Entwurf bereits vorliegt. Die rechtliche Grundlage für die planmassige Förderung und Eegelung der Luftfahrt, welche Aufgabe von den zuständigen Bundesbehörden, schon bisher mit Erfolg durchgeführt worden ist, wird dadurch erweitert und gefestigt werden. Ein verbindlicher Gesamtplan kann jedoch nur auf Grund der internationalen Luftverkehrsbedingungeu aufgestellt werden und muss sich aus dem ausserordentlich vielgestaltigen Studium aller in Frage kommenden Flugplatzprojekte und der Verständigung zwischen dem Bund und den beteiligten Gemeinwesen und privaten Organisationen ergeben. Daran wird ständig gearbeitet. Gegen das Begehren, dass diese Arbeiten mit aller Umsicht und möglichster Beschleunigung fortgesetzt werden, ist materiell nichts einzuwenden, doch ist es insofern überflüssig, als der Wille dazu beim Bundesrat ohnehin besteht.

d. Das Strassenwesen.

Die Gesetzgebung über den Bau und Unterhalt ' der Strassen ist nicht Sache des Bundes. Der Bund hat nur die O b e r a u f s i c h t über die Strassen und Brücken, an deren Erhaltung die Eidgenossenschaft ein Interesse hat (Art. 37 der Bundesverfassung). Das sind die Strassen und Brücken, welche in den Dienst der Erfüllung von Bundesaufgaben gestellt sind, also vor allem dem Postverkehr und militärischen Zwecken dienen. Der Bund kann die Kantone und Gemeinden anhalten, diese Strassen und Brücken gehörig zu unterhalten. Aber weder auf Grund dieser noch anderer Verfassungsbestimmungen, wie z. B. Art. 37Ws und Art. 23, steht dem Bunde das Eecht zu, den Kantonen den Bau bestimmter neuer Strassen oder den Ausbau bestehender Strassen vorzuschreiben. Diese Befugnis müsste der Bund haben, um ein verbindliches Programm aufstellen zu können. Der Bund könnte sich diese Kompetenz auch nicht durch gesetzlichen Erlass geben, ohne dass vorher die Bundesverfassung revidiert würde.

Durch das indirekte Mittel der Ausrichtung von Bundesbeiträgen unter bestimmten Bedingungen hat der Bund aber gerade auf diesem Gebiet, auf dem seine verfassungsmässigen Kompetenzen so beschränkt sind, den grössten Planungserfolg herbeiführen können. Dafür konnten allerdings die Benzinzollanteile der Kantone, die ohne besondere Bedingungen festgesetzt und ausgerichtet werden, nicht fruchtbar gemacht, sondern es mussten dafür besondere Kredite eingesetzt werden. Darauf
wird weiter unten noch zurückzukommen sein.

e. Elektrisclie Kraftübertragungsleitungen.

Diese Leitungen sind Anlagen, welche vom Bunde weder erstellt noch subventioniert werden. In einem Programm des Bundes kann nicht zum voraus festgelegt werden, welche Leitungen zu bauen seien und wie sie anzulegen seien. Eine Planung in diesem Sinne wäre nur im Zusammenhang mit einer planmässigen Lenkung der Nutzbarmachung der Wasserkräfte möglich, wofür indessen ausreichende rechtliche Grundlagen fehlen. Ein verbindlicher Plan

1308 für den Bau von elektrischen Kraftübertragungsleitungen kann deshalb vom Bund nicht aufgestellt werden.

Ähnlich wie beim Bau von Privatbahnen sind die Bundesbehörden jedoch in der Lage, von Fall zu Fall ihren Einfluss auf die Führung und bauliche Gestaltung der Kraftübertragungsleitungen geltend zu machen. Für die Erstellung solcher Leitungen erteilt der Bundesrat das Expropriationsrecht.

Das dafür massgebende eidgenössische Elektrizitätsgesetz vom Jahre 1902 mit Ergänzung aus dem Jahre 1930 enthält verschiedene Vorschriften, welche ganz auf der Linie der Landesplanungsbestrebungen liegen, ebenso das eidgenössische Enteignungsgesetz vom Jahre 1930. Aber auch wenn keine Enteignung nötig ist, bedürfen doch die Pläne für die Erstellung von Starkstromanlagen der Genehmigung der eidgenössischen Kontrollstellen. Schon seit dem Jahre 1932 werden gemäss Weisung des eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartementes alle wichtigeren Vorlagen von Plänen für Starkstromleitungen auch der eidgenössischen Kommission für elektrische Anlagen zur Prüfung und Begutachtung auf ihre Zweckmässigkeit und Einordnung in das Landesnetz unterbreitet. Das Plangenehmigungsverfahren ist vom Bundesrat in einer Weise ausgestaltet worden, dass in ihm die Gesichtspunkte der Landesplanung weitgehend zur Geltung kommen können (vgl. insbsondere Art. 73 der Verordnung des Bundesrates vom 26. Mai 1989 über die Vorlagen für elektrische Starkstromanlagen). Dass alle diese Bestimmungen im Sinn und Geist der Landesplanung angewendet werden, ist alles, was unter der Zielsetzung der solothurnischen Standesinitiative auf diesem Gebiet nötig ist und verlangt werden kann.

5. Wir haben oben bereits auf die Möglichkeit hingewiesen, die Unterstützung des Baues von Verkehrsanlagen in den Dienst der Landesplanung zu stellen. Sie hat schon vor dem gegenwärtigen Kriege grosse Bedeutung erlangt und erhält in der Eegelung der Arbeitsbeschaffung in der Kriegskrisenzeit den Vorrang vor allen anderen Mitteln zur Förderung der Landesplanung. Vor der Einräumung der ausserordentlichen Vollmachten an den Bundesrat wurde die Subventionierung von Anlagen des Verkehrs durch den Bund auf Art. 23 der Bundesverfassung gestützt. Nach dieser Verfassungsbestimmung können Werke, welche im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teiles des Landes liegen,
vom Bunde auf eigene Kosten errichtet oder durch die Ausrichtung von Beiträgen ermöglicht werden. Bei der Aufnahme des Artikels in die Bundesverfassung hatte man hauptsächlich den Eisenbahnbau im Auge, der dann aber der privaten Initiative überlassen wurde. Dagegen wurde der Artikel in zahlreichen Fällen auf Strassen und Brücken angewendet, vereinzelt auch auf Gewässerregulierungen im Interesse der Schiffahrt, ferner auf Hafenanlagen und Schiffahrtsschleusen. Aber der Bund hat solche Werke nicht selber auf eigene Kosten errichtet, sondern sich bisher darauf beschränkt, ihre Erstellung durch Bewilligung von Beiträgen zu ermöglichen. Auch in Zukunft wird dies die Kegel bleiben. Durch die Festlegung der Bedingungen, welche von den Kantonen und Gemeinden ein-

1309 gehalten werden müssen, um eines Beitrages auf Grund von Art. 28 der Bundesverfassung teilhaftig zu werden, kann der Bund Grundsätze der Landesplanung durchsetzen, indem er sie zur Richtschnur für die Aufstellung der Subventionsbedingungen nimmt. Unmittelbare EechtsVerbindlichkeit erhalten diese Grundsätze dadurch zwar nicht, aber mittelbar kommt ihnen die gleiche Wirkung insofern zu, als die Kantone auf die erhältlichen Bundesbeiträge angewiesen sind. Nicht daran zu denken ist, dass der Bund die Anwendung des Art. 23 der Bundesverfassung für alle in Frage kommenden Gebiete auf eine längere Zeitspanne planend regeln könnte. Er wird nicht zu bestimmen in der Lage sein, welche konkreten Werke in Zukunft subventioniert werden, welche nicht. Er wird in der Eegel die Initiative den Kantonen überlassen müssen und erst bei der Prüfung der von ihnen vorgelegten Projekte die Bedingungen der Subventionierung nach Gesichtspunkten der Landesplanung von Fall zu Fall festsetzen. Er wird auch nicht die Ausrichtung von Bundesbeiträgen für Werke in Aussicht nehmen, welche von den Kantonen ohne solche errichtet werden können, bloss um dadurch Gelegenheit zur Planung zu erhalten. Ein solches Vorgehen würde dem Sinn und Geist der Verfassung durchaus widersprechen. Auch die finanziellen Auswirkungen würden ihm dieses Vorgehen verbieten. Art. 23 der Bundesverfassung kann deshalb grundsätzlich nicht als Basis für eine generelle Planung von. Verkehrslinien und Verkehrsanlagen betrachtet werden. Wenn sich indessen zur Behebung von Notständen die generelle Unterstützung von solchen Werken durch den Bund zwingend aufdrängt und die dafür erforderlichen Kredite bereitgestellt werden können, ist die Berufung auf Art. 23 der Bundesverfassung gerechtfertigt unter der Voraussetzung, dass Werke in Frage stehen, die im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teiles des Landes liegen. In einer solchen Situation ist der Bundesbeschluss vom 4. April 1935 über den Ausbau der Strassen und des Strassennetzes im Alpengebiet, ergänzt durch den Bundesbeschluss vom 6. April 1939, erlassen worden. «Zur Förderung des Fremdenverkehrs und der Arbeitsbeschaffung unterstützt der Bund» danach «vorübergehend den Ausbau von Strassen im Alpengebiet im Sinne der Anpassung an die Anforderungen des Automobilverkehrs; zum gleichen Zweck
und im gleichen Sinn unterstützt der Bund auch den Bau neuer Strassen im Alpengebiet». Auf dieser Grundlage konnte der Bund eigentliche Planungsarbeit leisten, indem er die Strassenzüge bestimmte, welche mit Bundessubventionen gebaut oder ausgebaut werden können, und indem er sich die Genehmigung der Baupläne und Bauprogramme der Kantone vorbehielt und die Bewilligung der Beiträge an weitere besondere Bedingungen knüpfte. So konnte auch die Einhaltung einheitlicher Strassenbaunormalien bewirkt werden. Durch den Bundesratsbeschluss vom 29. Juli 1942 über die Regelung der Arbeitsbeschaffung in der Kriegskrisenzeit haben diese Möglichkeiten eine umfassende Erweiterung erfahren. Dem Alpenstrassenausbauprogramm konnte ein Talstrassenausbauprogramm zur Seite gestellt werden (Bundesratsbeschlüsse vom 21. Juni 1943, vom 6. August 1943 und 3. Dezember 1943). Durch diese

1310 Programme und ihre Verbindung wird im Strassenwesen eine Hauptverkehrslinienplanung erreicht. Auf diesem Gebiete kann also das Initiativbegehren des Kantons Solothurn weitgehend als erfüllt oder in Erfüllung begriffen gelten. Der Kanton Solothurn verlangt denn auch nicht, dass hier ein anderer Weg eingeschlagen werde. Sein Begehren geht nur dahin, dass die vorhandenen Strassenbauprogramme des Bundes weiter ausgebaut und in konsequenter Verfolgung der Ziele der Landesplanung näher ausgestaltet werden. Gegen diese Forderung ist nichts einzuwenden, zumal im Bundesratsbeschluss vom 29. Juli 1942 der Grundsatz der Planung auf lange Sicht unter dem Gesichtspunkt der Landesplanung niedergelegt ist. An der Verwirklichung dieser Forderung wird denn auch im Eahmen der bestehenden Möglichkeiten an den hiefür zuständigen Stellen des Bundes weitergearbeitet. Die Durchsetzung dieser Pläne hängt indessen vollständig ab von der Möglichkeit der Ausrichtung namhafter Beiträge unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsbeschaffung. Eine über diese Möglichkeit hinwegschreitende Planung hinge in der Luft und könnte keine Grundlage für die Eegional- und Landesplanung der Kantone bilden IV.

Unsere Ausführungen drängen zum Schluss, dass die vom Kanton Solothurn vorgeschlagene Aufstellung eines verbindlichen Programmes der Verkehrsraumgestaltung durch den Bund nur in bestimmten durch die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse gezogenen Grenzen möglich ist. Innert diesen Grenzen haben die Grundsätze der Landesplanung in der Tätigkeit der dem Bundesrat unterstellten Amtsstellen bisher schon Beachtung gefunden und werden in Zukunft vermehrte Bedeutung erhalten.

Gestützt auf diese Erwägungen gestatten wir, der Bundesversammlung zu beantragen : Es sei vom Bericht des Bundesrates über die Standesinitiative des Kantons Solothurn betreffend Landesplanungsmassnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 7. November 1944.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Stampfli.

6460

Der Bundeskanzler:

Leimgrnber.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Standesinitiative des Kantons Solothurn betreffend Landesplanungsmassnahmen. (Vom 7. November 1944.)

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23.11.1944

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1301-1310

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